2. Spiegel Online schreibt im November 2013:
„Union und SPD haben sich bei ihren
Koalitionsgesprächen auf eine Mietbremse
geeinigt. Doch das gutgemeinte Projekt
verfehlt sein Ziel: Statt Wohnraum auch für
Geringverdiener erschwinglich zu machen,
werden attraktive Wohnlagen noch stärker
zum Biotop der Wohlhabenden.“
3. Die Begründung:
„Dank der gedeckelten Preise werden die
Wohnungen in beliebten Lagen nicht mehr
nur für Top-Verdiener, sondern auch für die
Schicht darunter viel attraktiver.“
Und:
„Den Zuschlag erhält der solventeste Bieter.“
4. Stimmt‘s?
Spontane Einwände:
• „Vermieter entscheiden sich gar nicht immer für den
solventesten Mieter.“
• „Viele Wohnungen sind aufgrund der Ausstattung für
Besserverdienende nicht interessant.“
• „Die Mietpreisbremse hat nicht nur Effekte auf die
Neuvermietung, sondern – über den
Mietpreisspiegel – auch auf die Bestandsmieten.“
6. • Das Argument wird präsentiert als Einwand auf
eine These, welche wiederum Auskunft auf eine
Frage gibt
• Das Argument operationalisiert die These: aus
„die Situation ... verbessert/verschlechtert sich“
wird „ der Anteil von Geringverdienern im
Quartier steigt/sinkt“
• Das Argument enthält eine Reihe von mehr oder
weniger offensichtlichen Annahmen. Diese
werden im Folgenden weiter ausgeführt...
7. Die Annahmen (1)
und (2) müssen
gleichzeitig zutreffen,
damit das Argument
funktioniert.
8. Annahme (2) wird
durch zwei weitere
Überlegungen
gestützt:
Am Ende der
Überlegungskette wird
deutlich, welche Art von
Beweislasten erbracht
werden müssen:
9. Ein Gegenargument
zur These „Weniger
stark steigende
Preise... führen zu
weniger Chancen...“
10. Eine weitere Überlegung:
„Das bisherige Argument bezieht sich
ausschließlich auf die Entwicklung der
Preise bei Neuvermietung. Was ist mit
den Bestandsmieten? Auf diese hat die
Mietpreisbremse doch auch einen
Einfluss. Und ist deren Entwicklung
nicht viel wichtiger als die Höhe der
Preise bei Neuvermietung?“
11. Die Überlegung ist eine versteckte
Voraussetzung im Argument des
Mietpreisbremsen-Skeptikers!
12. Die Verdeutlichung der
verborgenen Annahme im
Argument des Mietpreisbremsen-
Skeptikers erlaubt es, einen
Einwand zu platzieren:
13. Jedoch:
„Es mag schon sein, dass steigende
Bestandsmieten dazu führen, dass Mieter
ihre Wohnung kündigen müssen. Aber es
kündigen doch auch Mieter aus ganz anderen
Gründen! Womöglich sogar noch häufiger.
Deshalb trifft die Behauptung nicht zu, dass
die Entwicklung der Bestandsmieten
wichtiger sei als die Preise für neu vermietete
Wohnung. “
14. Die Bedenken machen deutlich: Der Befürworter muss viel
weitergehende Annahmen schultern, als zuvor dargestellt!
Es muss heißen: „Nur dann...“. - Darauf folgend ein
Einwand sowie die Aufforderung, Beweise zu erbringen.
15. Um zu herauszufinden, ob nun
die (mutmaßlichen)
Verdrängungseffekte bei der
Neuvermietung wichtiger sind
oder die Auswirkungen von
steigenden Bestandsmieten,
ist noch etwas anderes
relevant:
16. Eine Beispielrechnung:
Angenommen, ohne Mietpreisbremse wechseln
10 % der Mieter jährlich ihre Wohnung. Mit
Mietpreisbremse (und entsprechend geringem
Anstieg in den Bestandsmieten) sind es nur 7 %.
17. Angenommen weiter: Ohne Mietpreis-bremse
stehen die Chancen für Gering-verdiener,
bei der Bewerbung auf eine
Wohnung den Zuschlag zu erhalten, bei 1:5.
Mit Mietpreisbremse (bedingt durch
stärkere Konkurrenz) stehen die Chancen
nur noch bei 1:7.
18. Das Resultat: Mit Mietpreisbremse
verliert das Quartier jährlich neun
Prozent Geringverdiener. Ohne
Mietpreisbremse verliert es nur
acht.
19. Fazit:
• Selbst dann, wenn der von dem
Mietpreisbremsen-Skeptiker behauptete
Mechanismus wirklich greifen sollte, führt dieser
nur in unter sehr bestimmten Umständen dazu,
dass der Anteil von Geringverdienern im Quartier
sinkt (statt steigt).
• Dass der Mechanismus greift, ist in Anbetracht
der aufgezeigten Einwände sehr fraglich.
20. Die Dialogue Map zeigt das
Resultat im Überblick. Zur
Verdeutlichung sind Argumente
der Mietpreisbremsen-Skeptiker
rot markiert, Argumente der
Befürworter grün. Das Lupen-
Zeichen markiert Beweislücken.
Fehlen Punkte? Gibt es
Missverständnisse? Auf der Karte
kann man darauf mit Finger
zeigen!