1. FAU-Proseminar: Die Copernicanische Wende – Ein Motiv zur Entstehung der
neuzeitlichen Naturwissenschaft, 13. Sitzung, Do 26.01.12, Pierre Leich
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Galileis Mechanik
Im Dialogo sopra i due massimi sistemi del mondo, Tolemaico e Copernicano von
1632 formulierte Galilei ein Beharrungsprinzip für Kugeloberflächen. Die Bewegung
eines Körpers entlang einer unbegrenzten horizontalen Ebene nennt er gleichförmig
und unaufhörlich. Er erkennt die Trägheit als Eigenschaft der Materie, seine Träg-
heitsbahnen bleiben jedoch kreisförmig. Galilei hielt die Kreisbewegung wegen ihrer
symmetrischen Form für eine natürliche Bewegung, d.h. Körper können ihr kräftefrei
folgen.
Ein Gedankenexperiment, das der Widerlegung der aristotelischen Behauptung galt,
wonach Körper um so schneller fallen je schwerer sie sind, war schon 1563 von
Giovanni Battista Benedetti angestellt worden. Denkt man sich ein Zwillingspaar von
Körpern gleicher Größe und gleicher stofflicher Beschaffenheit und lässt es einmal
durch eine gewichtslose Kette miteinander verbunden fallen und einmal ohne eine
solche Verbindung, so ist nicht einzusehen, warum die Körper in beiden Fällen nicht
nach gleicher Zeit die gleiche Strecke zurückgelegt haben sollten.
Angesichts dessen kam Galilei zu der Überzeugung, dass, wenn man den
Widerstand der Luft ganz aufheben würde, alle Körper gleich schnell fielen.
Nun befasste er sich mit der Art des Falls. Nachdem Galilei zunächst der Meinung
war, dass das Holz am Anfang seiner Bewegung schneller abwärts getragen wird als
das Blei; etwas später jedoch die Bewegung des Bleis dermaßen beschleunigt wird,
dass es das Holz hinter sich lässt und ihm, wenn man beide von einem hohen Turm
herabfallen lässt, um eine große Strecke vorangeht, und er später eine
Proportionalität der Geschwindigkeit mit der Strecke favorisiert, findet er um 1609 in
Padua die richtige Proportionalität der Geschwindigkeit mit (dem Quadrat) der Zeit.
In den Discorsi e dimostrazioni matematiche, intorno a due nuove scienze, attenenti
alla meccanica et i movimenti locali von 1638 schreibt er am dritten Tag über die
natürlich beschleunigte Bewegung:
Obgleich es durchaus gestattet ist, irgend eine Art der Bewegung beliebig zu ersinnen
[…], so haben wir uns dennoch entschlossen, diejenigen Erscheinungen zu betrachten,
die bei den frei fallenden Körpern in der Natur vorkommen, und lassen die Definition
der beschleunigten Bewegung zusammenfallen mit dem Wesen einer natürlich
beschleunigten Bewegung. […]
Gleichförmig oder einförmig beschleunigte Bewegung nenne ich diejenige, die von
Anfang an in gleichen Zeiten gleiche Geschwindigkeitszuwüchse ertheilt.1
Unter Verzicht auf eine ursächliche Erklärung der Erscheinung gelang es Galilei
damit die kinematischen Gesetze für eine gleichförmig beschleunigte Bewegung
theoretisch abzuleiten und anschließend für das Rollen von Kugeln in Fallrinnen
experimentell zu bestätigen.
1 Galileo Galilei, Unterredungen und mathematische Demonstrationen über zwei neue
Wissenszweige, die Mechanik und die Fallgesetze betreffend, hg. v. Arthur von Oettingen,
Darmstadt 1985, S. 147f.
2. Unter Benutzung des Superpositionsprinzips, das später seinen Ausdruck in der
Kräfteparallelogrammregel findet, beschreibt Galilei mathematisch die
Wurfbewegung als zusammengesetzte Bewegung.