2. Wo kommt die Theorie U her? Wo kommt die Theorie U her? Prof. Dr. Otto Scharmer Massachusetts Institute of Technology
3. Wozu ist die Theorie U gut? Herkunft der Theorie U Wann immer ein Prozess auf einer Handlungsebene stockt, ist es wichtig, anstatt mehr von demselben zu tun, die gleiche Herausforderung anders anzugehen und sich auf die nächst tiefere Ebene von Komplexität und Emergenz zu begeben. ” Wozu ist die Theorie U gut? Prof. Dr. Otto Scharmer Massachusetts Institute of Technology
5. 1. Ebene: Hinnehmen und reagieren Was tun wir? Hinnehmen und reagieren Fokus: Tagesgeschäft, Handeln in der gegebenen Organisation Konform gehen, Meinungen und Regeln reproduzieren Sagen, was andere hören wollen: Den Sinn nicht hinterfragen
6. 2. Ebene: Hinsehen und umgestalten Hinsehen und umgestalten Fokus: Art der Kooperation, Kommunikation und Entscheidung Handeln an den Organisationsgrenzen Auf Abweichungen und Unterschiede achten, Regeln kontextualisieren Sagen, was ich denke: Debatte, konfrontativ
7. 3. Ebene: Hinspüren und umdeuten Wie denken wir? Hinspüren und umdeuten Fokus: Überzeugungen, Denkmodelle, Glaubenssätze Handeln von jenseits der Organisationsgrenzen her Den Anderen erkunden, Regeln ändern, sich selbst reflektieren Von sich als einem Teil des Ganzen her sprechen: Dialog
8. 4. Ebene: Anschließen und gewahr werden Woher/wohin ziehen wir? Anschließen und gewahr werden Fokus: Kollektive Aufmerksamkeitsstruktur, Regeln erzeugen Handeln von der Organisationssphäre her Schöpferisch und authentisch das gemeinsame Feld erkunden Vergegenwärtigung der Möglichkeiten
14. Zielgruppe Zielgruppe - Führungskräfte, die das eigene Selbst als Hebel und Werkzeug ihrer Arbeit begreifen - Berater und Coaches für Individuen oder Organisationen bzw. soziale Systeme - Aktionsforscher und Sozialwissenschaftler
15. it-camp Dieses Werk steht unter einer Creative Commons Namensnennung-Keine Bearbeitung 3.0 Deutschland Lizenz. Bernd Oestereich Einführung in die Theorie U Dieser Kurzvortrag als Video: http://vimeo.com/oose/theorieu [email_address] Das Buch zur Theorie U erschienen im Carl-Auer Verlag
Notas do Editor
Die Theorie U ist ein neuer Blickwinkel, um auf soziale Situationen zu gucken: - in Arbeitssituationen von Teams - im Kontext von Organisationsentwicklung - aber ebenso auch auf gesellschaftlicher Ebene. Die Theorie U ermöglicht damit sowohl eine neue Führungstheorie als auch eine neue Gesellschaftstheorie.
Begründer der Theorie U ist der Aktionsforscher Otto Scharmer, - der in Norddeutschland aufgewachsen ist - und die Theorie U am MIT entwickelte dem Ort und in dem Kontext, in dem auch Peter Senge, Edgar Schein oder seinerzeit Kurt Lewin arbeiteten.
Die Theorie U ist entstanden und notwendig geworden, weil in den letzten Jahren in verschiedensten gesellschaftlichen und organisatorischen Bereichen eine tiefere Ebene von Veränderung hervorgetreten ist. Immer mehr Menschen spüren dies und die bisherigen Theorien berücksichtigen dieses Phänomen zu wenig. Sowohl in der Systemtheorie als auch in gängigen Führungstheorien ist dies mehr oder weniger ein blinder Fleck.
Bei der Theorie U geht es um den inneren Ort, aus dem heraus wir handeln. Was ist die innere Quelle, der Ursprung unseres Handelns? - Sowohl als Einzelner, - als auch als soziales System. Dabei geht es nicht darum, WAS wir tun oder WIE wir etwas tun - es geht nicht um Prozesse. Sondern es geht um die Qualität, die Struktur und die Steuerung unserer Aufmerksamkeit! Also um die Frage: Worauf richten wir unsere Aufmerksamkeit in sozialen Interaktionen? Die Theorie U beschreibt hierzu vier Ebenen bzw. Felder, die ich nun näher darstellen werde.
Die erste Ebene ist die des Hinnehmens und Reagierens. Wie gucken auf das, WAS wir tun, also unser Tagesgeschäft und alltägliches Handeln, in dem wir einfach - konform gehen, mit dem was passiert - wir vorhandene Meinungen, Urteile und Regeln reproduzieren Wann immer wir uns so verhalten, befinden wir uns auf dieser Ebene, in diesem Modus, den Otto Scharmer auch „Downloading“ nennt. Wir sehen in der Welt das, was unserem gewohnheitsmäßigen Denken entspricht, was wir schon immer sahen und wussten. Wir sagen, was andere hören wollen und hinterfragen den Sinn nicht.
Auf der zweiten Ebene geht es um das Hinsehen und Umgestalten. Wir gucken auf das, WIE wir etwas TUN und wir kreieren bewusste Unterscheidungen, wir achten auf Abweichungen: - Abweichungen von gegebenen und gewohnheitsmäßigen Abläufen und Strukturen. - Abweichungen von unseren vertrauten Vorstellungen und Überzeugungen. Diese ignorieren oder leugnen wir nicht mehr, wie auf der ersten Ebene, sondern wir hinterfragen und beobachten die Fakten und versuchen uns eine reale und objektive Beschaffenheit der Dinge zu erschließen. Wir nehmen Regeln nicht einfach hin, sondern kontextualisieren und adaptieren sie. Hierzu bedarf es der Kooperation, der Kommunikation und dem Treffen von Entscheidungen, d.h. wir sagen, was wir denken und gehen in Debatten und inhaltliche Konfrontationen. Damit bewegen wir uns durchaus bis an die Grenzen unserer Organisationen und sozialen Systeme.
Auf der dritten Ebene geht es um das Hinspüren und umdeuten Wir gucken auf das, WIE wir DENKEN, d.h. mit welchen Überzeugungen, Denkmodellen und Glaubenssätzn kreieren wir unsere Realität? Um von der Debatte der 2. Ebene in einen wirklichen Dialog zu gelangen, den Anderen zu erkunden und sich selbst zu reflektieren, bedarf es der Empathie. Wir versetzen uns in andere hinein und versuchen die Welt aus deren Augen zu betrachten, um die dann spürbar werdenden Unterschiede zu würdigen, zu schätzen, sie als bereichernde Sichtweisen zu unseren hinzuzunehmen, was uns damit gleichzeitig auch wesentlich verändern kann. Wir verschieben unsere Aufmerksamkeit aus uns selbst, aus unserer eigenen Organisation, unserem aktuellen sozialen System hinaus zum Anderen, zu Feldern und Orten, aus denen andere sehen, sprechen und handeln. Wir überschreiten die Grenzen und agieren von jenseits dieser Grenzen. Wir ermöglichen uns diese Fähigkeit, in dem wir die Liebe in uns aktivieren, unser Herz öffnen und uns Herz zu Herz mit anderen verbinden. Sobald wir mit dem Herzen beim Anderen angekommen sind, sehen wir die Welt anders, verändern und bereichern wir uns substanziell und wir verstehen andere auf einer tieferen Ebene, die es uns erlaubt, seine Handlungen und Äußerungen zu spüren, bevor wir sie – wie in der zweiten Ebene – analysieren und bewerten.
Auf der vierten Ebene geht es um das Anschließen und gewahr werden Wir gucken auf das, WOHER unser Denken kommt und WOHIN es uns treibt. Die vierte Ebene geht noch tiefer. Aus den in der dritten Ebene entstandenen Herzensverbindungen heraus treten wir über in das gemeinsame und emergente Feld, das uns umgibt. Es entsteht eine kollektive Aufmerksamkeitsstruktur. Wir sind nicht mehr empathisch verbunden, - weil wir unser Ego auflösen, ihm keine Aufmerksamkeit mehr widmen - weil wir nicht mehr außerhalb von uns Selbst suchen und fühlen, - weil wir nicht mehr analysieren, bewerten, vergleichen oder gar kontrollieren. sondern unser Selbst öffnen, berührbar machen und Teil eines gemeinsamen Feldes werden, d.h. uns mit einem größeren Selbst verbinden. Wir ermöglichen uns diesen Übertritt, in dem wir unseren Willen öffnen und uns erlauben, tief berührt zu werden von dem, was sein könnte, von den Möglichkeiten, die da sind. Wir spüren und erkunden in schöpferischer Weise das gemeinsame Feld uns lassen uns von den dabei zu entdeckenden Möglichkeiten berühren. Wenn wir dieses Feld wieder verlassen, nehmen wir diese Entdeckungen mit. Auch wenn sie nur schwach oder vage sind, geben sie uns und hinterlassen neue Richtungs- und Entwicklungsmöglichkeiten.
Es geht bei der Anwendung der Theorie U, Otto Scharmer verwendet hierfür den Kunstbegriff „Presencing“, zusammengesetzt aus „Presence“ (Anwesendheit) und „Sensing“ (spüren), also darum, Orte zu kreieren, an denen das Neue in die Welt kommen kann. Innovation kommt an bestimmten Orten in die Welt. Es sind dies vor allem die Räume zwischen den vorhandenen Akteuren und Organisationen. Keine Situationen, um individuelle und Sonderinteressen zu berücksichtigen, sondern Situationen, in denen wir eine gemeinsame Quelle finden, einen gemeinsamen Ursprung entdecken, und die es erlauben, sich selbst in einem größeren Zusammenhang zu sehen. Um zu sich den tieferen Ebenen zu bewegen, beschreibt Otto Scharmer drei innere Instrumente: 1. Öffnung des Denkens 2. Öffnung des Fühlens 3. Öffnung des Willens Jeder diese drei Öffnungsschritte stehen Hindernisse, innere Feinde gegenüber, die zu überwinden sind. Dies gucken wir uns jetzt einmal genauer an.
Der erste innere Feind hindert uns an der Öffnung des Denkens und es ist die Stimme des Urteilens. Solange wir nicht aufhören, über die Dinge, über die Welt, die uns umgibt, zu urteilen, werden wir unser Denken nicht öffnen können und nur die immer gleichen Realitäten reproduzieren. Wir müssen unsere verstandesmäßige Intelligenz, also das, was mit unserem IQ, unserem Intelligenzquotienten verbunden wird, aktivieren, um diesen Feind zu überwinden und unser Denken zu Öffnen.
Der zweite innere Feind hindert uns an der Öffnung des Fühlens und es ist die Stimme des Zynismus. Zynisch zu sein heißt, sich von den emotionalen Aspekten unserer Wahrnehmung zu distanzieren. Mit zynischem Gedanken oder Äußerungen schaffen wir eine Distanz zum Gegenüber. Gefühle, die auf dem Weg zu uns sind, blocken wir damit ab. Der große Nutzen für uns besteht darin, dass wir uns mit Zynismus schützen. Wir sind weniger verletzbar. Mit Zynismus machen wir es uns bequem und robust gegenüber tieferen Veränderungen. Aber wir behindern uns eben damit auch, in tiefere Ebenen vorzudringen. Wir müssen unsere emotionale Intelligenz aktivieren, um diesen Feind zu überwinden und unser Fühlen zu Öffnen.
Der dritte innere Feind hindert uns an der Öffnung des Willens und es ist die Stimme der Angst. Otto Scharmer sagt, es ist die Angst davor, das Loszulassen was wir haben und wer wir sind, bspw. die Angst davor, ausgelacht zu werden, ausgeschlossen und sozial isoliert zu werden, unsere Identität in Frage zu stellen – letztendlich die Angst zu sterben. Wenn wir aber das alte Selbst, d.h. uns, so wie wir uns gerade definieren, loslassen können, können wir das neue Selbst kommen lassen – was auch immer es sein wird. Wir müssen den Mut aufbringen, loszulassen, das Anklammern ans Bestehende aufzugeben. Zwischen dem Alten und dem Neuen liegt reines Gewahrsein.
Das U führt uns durch drei innere Orte: 1. Als erstes geht es um die Öffnungen Die gegenwärtige Realität anschauen, andere Perspektiven wahrnehmen und sich selbst schließlich mit den Augen und aus der Perspektive des Ganzen her zu sehen. 2. Dann geht es in eine gemeinsame, kollektive Wahrnehmung und die Entdeckung eines gemeinsamen Willens. Wir verbinden uns miteinander, entdecken gemeinsame Intention und wählen ein gemeinsames Handeln. 3. Und schließlich geht es auf der anderen Seite des U wieder hoch, dort geht es ums Kreieren. Wir entwickeln neue Denkweisen, neue mentale Modelle und Konzepte, konkretisieren diese zu neuen Tätigkeiten und neuen Prozessen und praktizieren schließlich neu Handlungen und wenden die neuen Strukturen operativ an.
Zielgruppe der Theorie U sind alle, die an Entwicklungsfragen arbeiten, also vor allem - Führungskräfte, die das eigene Selbst als Hebel und Werkzeug ihrer Arbeit begreifen - Berater und Coaches für Individuen oder Organisationen bzw. soziale Systeme - Aktionsforscher und Sozialwissenschaftler