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8. WOCHE: HANSE HEUTE
Hanse und Geschichte heute
Noch heute finden sich überall Spuren der Hanse – nicht nur in Gebäuden, sondern auch in
kulturellen, wirtschaftlichen,sozialen und vielen weiteren Organisationen.
Auch die heutige Zeit ist in großem Ausmaß von der Geschichte geprägt – teilweise in einem
viel größeren, als uns bewusst ist. Um die Vergangenheit in Ehren und am Leben zu
erhalten, gibt es umfangreiche "Folgeprojekte" in nahezu jedem Bereich des kulturellen und
wirtschaftlichen Lebens.
Mythen, Sagen und Legenden stellen einen bis heute erhaltenen großen Teil unseres
Kulturguts und Wissens über die Vergangenheit dar. Neben vielen bekannten Heldensagen
weisen ebenfalls viele Städte Geschichten über ihre Vergangenheit auf – so auch die
Hansestadt Lübeck.
Oftmals dienen Sagen der Erklärung scheinbar unerklärlicher Sachverhalte. Vieles lässt sich
mit heutigem Wissen leicht in diesem Zusammenhang deuten. Dennoch sind Sagen und
Legenden in der Regel mit einer gewissen Vorsicht zu genießen. Meist steckt in jeder Sage
oder Legende ein kleiner Funken Wahrheit, den es bei historischen Betrachtungen zu finden
gilt.
Obstanbau zur Hansezeit
Innerhalb der Hansezeit und im Mittelalter im Allgemeinen war das Obst von großer
Bedeutung. Wie der Dörrfisch zählt auch der Dörrapfel zu den Fastenspeisen. Zudem sind
Äpfel vergleichsweise lange haltbar. Bereits in dieser Zeit wurde mit Obst gehandelt.
1829 gab es innerhalb der Stadt Lübeck nachweislich 212 Gärtner und Apfelhöker,
außerhalb weitere über 200 Gärtner. Diese stellten eine Dreifachfunktion für die Stadt dar.
Neben dem Obst- und Hopfenanbau waren sie für die wöchentliche Leerung der
Fäkalienbehälter zuständig. Zudem besagte die Zunftrolle, dass sie in kriegerischen Fällen
ihre Pferdegespanne bereitstellen mussten.
Einige wichtige Senatoren oder Ratsmitglieder waren Gärtner, so zum Beispiel Heinrich
Behrens. Auch einige Straßennamen weisen auf die Gärtnerei und Transport der Waren in
Lübeck hin, wie die Gärtnergasse.
Der Hanse-Apfel
Der Beginn der Obsttradition liegt in Lübeck weit zurück. Als Erste haben Mönche
Obstbäume gezüchtet, später wurde dies zur Aufgabe der Stadt – eine Besonderheit! Das
Jahr 1829 stellt eine Hochphase dar, da über 3000 Obstbäume an den Lübecker Straßen
gepflanzt wurden. Die letzte große Pflanzaktion fand 1919 statt.
Als Quellen werden Dokumente aus dem Stadtarchiv zugezogen. Diese belegen den Handel
mit Obst bereits zur Hansezeit, aber auch den hohen Stellenwert, die der Obstanbau und
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Handel für den Senat hatte. Der Hanse-Apfel ist ein Projekt, bei dem in Anlehnung auf die
Tradition alte Apfelsorten auf einer Fläche von 70 ha in und um Lübeck rekultiviert werden
sollen.
Die Tesdorpfs
Gegründet wurde das Unternehmen „Carl Tesdorpf“ im Jahr 1678 von dem damaligen
Bürgermeister Lübecks Peter Hinrich Tesdorpf. Es befindet sich noch heute in der
Mengstraße, ist seit dem Gründungsjahr allerdings fünfmal innerhalb dieser Straße
umgezogen. In seiner Kindheit war Tesdorpf häufig in Frankreich, was seine Affinität für
französische Weine erklärt.
Dank vieler Söhne, die in Europa verteilt gelebt haben, konnte er sich ein Handelsnetzwerk
vom günstig gelegenen Lübeck aus errichten. Heute befindet sich das Unternehmen in der 9.
Generation. Der Einfluss der Familie ist in der Lübecker Geschichte groß gewesen. Neben
zwei Bürgermeistern findet die Familie auch in Thomas Manns Werk „Die Buddenbrooks“ als
Kistenmaker Erwähnung.
Hansetage früher und heute
Lübeck und den wendischen Städten war das Recht vorbehalten, zu den Hanstagen
einzuladen. Dazu wurde auch die Tagesordnung schriftlich versandt. Alle Städte, die an der
Beratung der anstehenden Probleme teilnehmen wollten, schickten einen Ratssendeboten,
einen Abgesandten.
Die Städte, die an der Tagesordnung nicht interessiert waren, musstennicht teilnehmen. Aus
diesem Grund lag die Teilnehmerzahl meistens bei 10 bis 20. Selten waren 30 Städte
vertreten und nur einmal 63. Heute wird der Hansetag in Gedenken an die Vergangenheit
unter wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Aspekten gestaltet und ausgerichtet.
Die Sage zum Bau der Marienkirche
Als der Bau der Marienkirche begann, wurde der Teufel aufmerksam. Er hoffte auf ein
Wirtshaus, einen Ort der Sünden und des Triebes. Als dies von den Bauleuten bestätigt
wurde, freute sich der Teufel sehr und half mit. So wuchs die Kirche in kurzer Zeit und bald
bemerkte er, dass er bei dem Bau einer Kirche geholfen hatte. Wütend wollte er einen
großen Felsbrocken auf den Bau werfen, um ihn zu zerstören. Die Bauleute aber konnten ihn
mit der Aussicht auf ein neues Wirtshaus besänftigen, das genau gegenüber errichtet
werden sollte.
So entstand neben der Marienkirche der Ratskeller.
Das Männlein Steinalt
Die Sage um das Männlein Steinalt handelt von einem Mann, der nicht sterben wollte. Als
jedoch seine Verwandten und Freunde nach und nach starben, wurde er immer einsamer.
Auf der Suche nach dem Tod begab er sich in die Kirche. Nachdem er ihn dort nicht fand,
stieg er eine Leiter hoch, die ein Arbeiter dort vergessen hatte, und setzte sich in eine
Mauernische an einem Strebepfeiler. Dort wartete er so lange, bis er versteinerte.
Noch heute kann man das Männlein Steinalt an der Außenseite der Kirche sitzen sehen.
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Die Maus und der Rosenstock
Zu Beginn des 13. Jahrhunderts wurde Lübeck von den Dänen belagert. Die Lübecker
wehrten sich jedoch tapfer, da sie Folgendes wussten: Solange die Rose vor der
Marienkirche blüht, bleibt Lübeck frei.
Eines Tages aber begann die Rose zu welken. Die Lübecker verloren ihren Mut und
befanden sich schon bald unter dänischer Herrschaft. Bei der Suche nach der Ursache für
das Welken stießen sie auf ein Nest, das eine Maus an den Wurzeln errichtet hatte. Die
Maus floh in die Marienkirche, wo sie noch heute zu sehen ist.
Das Streicheln der Maus bringt heute Glück und bedeutet zudem, dass man noch einmal
nach Lübeck kommen wird. Die Rose blüht übrigens wieder vor der Marienkirche.