3. Lesart I
In seinem ebenso amüsanten wie vielschichtigen
Selbstporträt geht Fellini schonungslos mit seinesgleichen
und dem Kino ins Gericht; ein Dokument der Ratlosigkeit,
zugleich aber auch ein Stück filmischer Selbsttherapie. Ein
klug durchdachter "Film im Film", der in die Vision einer
solidarischen, erlösten Welt mündet.
(Lexikon des internationalen Films, 2001)
6. „Es ist eine Geschichte eines Intellektuellen, der dazu neigt, alles
auszudörren, das Leben einzufrieren. Die Geschichte eines
Gebundenen, verstrickten, gefangenen Menschen, der versucht,
aus einer Art Stagnation herauszukommen, der sich abmüht zu
verstehen, der zum Schluss aber feststellt, daß es gar nicht viel zu
verstehen gibt: Für ihn ist es notwendiger, sich dem Leben zu
überlassen, als es zu problematisieren.“
(Fellini 1963: 160)
18. Ist Guido eine autobiographische Figur?
„Für mich sind die Dinge am realsten, die ich in meinen
Filmen erfunden habe.“
(Fellini 1992: 12f)
19. Sukzessionslogik?
Plotstruktur „linear“
Beziehen sich Bewegungs-Bilder und ihre
sensomotorischen Verknüpfungen auf die aktuellen
Bewegungen der Materie, deuten die Zeit-Bilder und
ihre Kombinationen auf die Domäne des Virtuellen hin.
(Volland 2009: 98)
20.
21. Lesart II
Fellini setzt in 8½ das Vorhandensein von
Er schafft es in Perfektion den Zugang zur
Virtualität zu öffnen, indem er potentiell
Denkbares audiovisualisiert und es von der
Aktualität ununterscheidbar macht.
Simultanzeit voraus.
22. Zeit nach Deleuze
Die Zeit bringt nach Deleuze zwei
Wirklichkeitsordnungen hervor:
materieller Verkörperungen
denkbarer Möglichkeiten
Koexistenz
Aktualität
Virtualität
24. Virtualität
Das Virtuelle lässt sich nicht in sinnlich-
konkreten Gegenwarten Verkörpern
‣ Es mündet nicht in der Sukzessionsordnung
des Aktuellen
‣ Das Aktuelle vergeht, das Virtuelle nicht
25. Lesart II
Fellini setzt in 8½ das Vorhandensein von
Er schafft es in Perfektion den Zugang zur
Virtualität zu öffnen, indem er potentiell
Denkbares audiovisualisiert und es von der
Aktualität ununterscheidbar macht.
Simultanzeit voraus.
26. Das Erinnerungsbild
„Erinnerungsbilder halten Rückschau auf eine zurückliegende
Chronologie vormals aktueller Momente, nicht aber Ausschau
auf die äonische Zeitlichkeit des Virtuellen, in der sich die
Vergangenheit des ebenfalls Denkbaren ausbreitet. Letztlich
sind also auch Erinnerungsbilder immer noch der aktuellen
Seite der Zeit verhaftet.“
(Volland 2009: 98)
27. Das Erinnerungsbild
„Erinnerungsbilder halten Rückschau auf eine zurückliegende
Chronologie vormals aktueller Momente, nicht aber Ausschau
auf die äonische Zeitlichkeit des Virtuellen, in der sich die
Vergangenheit des ebenfalls Denkbaren ausbreitet. Letztlich
sind also auch Erinnerungsbilder immer noch der aktuellen
Seite der Zeit verhaftet.“
(Volland 2009: 98)
31. Das Erinnerungsbild
„[Das Erinnerungsbild] repräsentiert einzig die
vergangene Gegenwart, welche die Vergangenheit
gewesen ist.“
(Deleuze 1999: 77)
„... nicht aber all die Formierungen, die auch möglich
gewesen wären.“
(Volland 2009: 99)
33. Zeitbild
„Genauso wie gegen sensomotorische
Verkettungen leisten Zeit-Bilder Widerstand
gegen zeitliche Fixierungen. Zeit-Bilder
verweigern sich der Chronologie, während
mentale Erinnerungsbilder sie respektieren.“
(Volland 2009: 99)
34.
35.
36. Kristallbild
„Kristallbilder überschreiten das Aktuelle auf den
Raum des Denkbaren hin.“
(Volland 2009: 102)
„Diese äonische Zeitlichkeit des Virtuellen formt im
Kristallbild eine eigenständige, abgekapselte Realität
aus. Sie wird in das Aktuelle hineinreflektiert, ohne
sich mit ihm zu vermengen. Vielmehr beginnt das
Kristallbild zwischen beiden Polen zu changieren.“
40. „Anders als Erinnerungsbilder sind Kristallbilder echte Zeit-
Bilder, die Temporalität in ihrer originären Komplexität – als
Koexistenz von Aktualität und Virtualität – in sich
einschließen.“
(Volland 2009: 102)
Aktualität Virtualität
41. „Anders als Erinnerungsbilder sind Kristallbilder echte Zeit-
Bilder, die Temporalität in ihrer originären Komplexität – als
Koexistenz von Aktualität und Virtualität – in sich
einschließen.“
(Volland 2009: 102)
Aktualität VirtualitätVirtualität Aktualität
42. Lesart II
Fellini setzt in 8½ das Vorhandensein von
Simultanzeit voraus.
Er schafft es in Perfektion den Zugang zur
Virtualität zu öffnen, indem er potentiell
Denkbares audiovisualisiert und es von der
Aktualität macht.ununterscheidbar>> <<
43. Das Ununterscheidbarkeitsprinzip
„... Das Wesentlich liegt jedenfalls darin, daß die
beiden innerhalb dieser Beziehung stehenden Terme
[Aktualiät und Virtualität] ihrem Wesen nach
verschieden und dennoch immer nacheinander
erscheinen, aufeinander verweisen, sich reflektieren -
ohne daß man sagen könnte, welche der erste wäre -
und dazu tendieren, im Grenzfall sich miteinander zu
v e r m i s c h e n , a n e i n e m g e w i s s e n P u n k t
ununterscheidbar zu werden.“
(Deleuze 1997: 66)
49. Das Ununterscheidbarkeitsprinzip
„... man weiß nicht mehr was imaginär oder
real, körperlich oder mental in der Situation ist,
nicht weil man diese Merkmal vermengt,
sondern weil man es nicht mehr zu wissen
braucht und es auch keinen Anlass mehr gibt
danach zu fragen.“
(Deleuze 1997: 19)
50.
51. Abschließend...
„Einmal sind es, wie es oft vorkommt, subjektive Bilder,
Kindheitserinnerungen, hörbare und sichtbare Träume
oder Phantasien, in denen die Figur nicht handelt, ohne
sich gleichzeitig beim Handeln zuzuschauen, sozusagen
- nach Art Fellinis - als selbstgefälliger Zuschauer der von
ihr selbst gespielten Rolle.“
(Deleuze 1997: 17)
52. Literatur
Deleuze, Gilles (1997): Das Zeit-Bild Kino 2, 1.Auflage.
Frankfurt am Main: Suhrkamp, 2008.
Volland, Kerstin (2009): Zeitspieler - Inszenierungen des
Temporalen bei Bergson, Deleuze und Lynch. 1.Auflage.
Wiesbaden: VS Verlag.
Bordwell, David / Thompson, Kristin (2006): Film art. An
introduction. 8.ed.,international ed. Boston: McGraw Hill.
Beller, Hans (2009): „Verkürzte und gedehnte Augenblicke“.
In „Das Filmmagazine Schnitt“ 04/2009.