SlideShare uma empresa Scribd logo
1 de 4
INTERVIEW

Die moderne Version des Wettlaufs zwischen Hase und Igel



Volker Brose im Gespräch mit Ute Rahlves zur aktuellen Alltagssituation der Beschäf-
tigten in Betrieben, öffentlichen Einrichtungen und Behörden sowie zu alltagstaugli-
chen und nachhaltigen Wegen zur Reduzierung hoher Belastungen im Arbeitsalltag.



UR:         „Jeder 2. Arbeitnehmer leidet unter hohen Belastungen.“ Dieses erschreckende
            Ergebnis legte eine Studie der DAK aus dem Jahr 2009 offen. Ist die Arbeitswelt so
            unmenschlich geworden oder wie sind solche Erkenntnisse zu interpretieren?
VB:        Die Studie beschreibt die Alltagssituation in Unternehmen, öffentlichen Ein-
           richtungen und Behörden ziemlich genau. Sicherlich kann und muss man diese
           Problematik auch unter gesellschafts- und kulturpolitischen Aspekten betrach-
           ten. Ob eine Bewertung dann zu der Erkenntnis kommt, dass die Arbeitswelt
           zunehmend unmenschlicher wird, sei dahingestellt. Denn ich bin mir nicht si-
           cher, ob die Arbeitsbedingungen in der Vergangenheit jemals wirklich besser
           waren. Eigentlich haben die Beschäftigten zu allen Zeiten wenig erfreut auf
           wachsende Anforderungen am Arbeitsplatz reagiert. Allerdings ist für diesel-
           ben Menschen als Kunden und Konsumenten gleichzeitig auch immer schon
           der Ruf nach niedrigeren Preisen, besserer Qualität und höherem Service ge-
           nau so selbstverständlich. Dieses Spannungsfeld zwischen der eigenen Leis-
           tungsverpflichtung als Arbeitnehmer und der persönlichen Leistungserwar-
           tung als Kunde kennzeichnet den Rahmen, in dem sich aber zwangsläufig die
           Anforderungen an die Menschen am Arbeitsplatz definieren. Unternehmen
           und zunehmend auch öffentliche Einrichtungen und Behörden müssen sich
           diesem Spagat stellen, der mit leerer werdenden Kassen natürlich noch an zu-
           sätzlicher Brisanz gewinnt, denn eine Erhöhung des Ressourceneinsatzes als
           Ausweg wird so immer seltener möglicher. Und auch die zunehmende Globa-
           lisierung, die mittlerweile auch vor standortgebundenen Dienstleistungen
           nicht mehr Halt macht, trägt einerseits zu einer Verschärfung und anderer-
           seits zu einer zusätzlichen Einschränkung der lokalen Reaktionsfähigkeit bei.
           Aber für die Arbeitssituation der einzelnen Menschen am Arbeitsplatz ist die-
           se Diskussion wenig hilfreich, denn sie entlastet sie im Arbeitsalltag kein biss-
           chen und stoppt den Prozess der zunehmenden, individuellen Überlastung
           mit Sicherheit für viele Betroffenen nicht rechtzeitig.
UR:         Heißt das, dass diese Diskussion überflüssig ist?
VB:         Nein, auf keinen Fall. Aber sie gehört nicht an den Arbeitsplatz sondern muss
            in der Gesellschaft aktiv ausgetragen werden. Gewerkschaften, politische Par-
            teien, gesellschaftliche Gruppierungen und nicht zuletzt die politischen Instan-
            zen stehen hier in der Verantwortung, nach Wegen zu suchen, die mittel- und
            langfristig solche Rahmenbedingungen sichern, die Leben und Arbeiten in Ba-
            lance ermöglichen. Im Arbeitsalltag in den Unternehmen, öffentlichen Einrich-
            tungen und Behörden gleichermaßen muss es jedoch darum gehen, Wege zu
            finden, wie die Betroffenen kurzfristig mit der Arbeitsrealität angemessen und
            zufrieden stellend umgehen können. Philosophische Betrachtungen haben
            noch keinen konkreten Vorgang am Schreibtisch schneller erledigt. Die zeit-
            nah nutzbaren Reserven und Potenziale, die zur Bewältigung der Situation er-
            forderlich sind, ruhen vielmehr ungenutzt an den einzelnen Arbeitsplätzen
            und müssen von den Beschäftigten vor Ort identifiziert und eingelöst werden.


                                                                                                 ©   der-effizienz-coach.de
UR:   Bedeutet das, dass die Beschäftigten schlichtweg mehr und schneller arbeiten
      müssen?
VB:   Wieder ein klares nein! Sicherlich gibt es den einen oder anderen Beschäftig-
      ten, der nicht mit vollem Einsatz bei der Sache ist. Aber das sind die großen
      Ausnahmen. Vielerorts arbeiten die Menschen vielmehr schon seit geraumer
      Zeit an und teilweise auch weit über ihrer persönlichen Leistungsgrenze.
      Nicht selten sind Arbeitszeitkonten über einen langen Zeitraum deutlich ü-
      berzogen und stillschweigend werden immer wieder gesetzliche oder tarif-
      vertragliche Regelungen umgangen, um der Arbeitsmengen Herr zu werden.
      Aus meiner Sicht ist das auf Dauer ein unhaltbarer Zustand, denn die Unter-
      nehmen und Organisationen gehen damit Hypotheken gegenüber ihren Be-
      schäftigten ein, die irgendwann unvermittelt fällig werden. Sei es in Form ü-
      berlastungsbezogener Ausfälle, motivationsbedingter Leistungseinbrüche oder
      schlichtweg Erschöpfung und burn out.
UR:   Aber wenn es nicht durch mehr Arbeit gehen soll, wie soll es dann gehen?
VB:   In meiner Arbeit mit Fach- und Führungskräften der verschiedensten Bran-
      chen und Organisationen ist seit vielen Jahren die Frage der individuellen Ar-
      beitsüberlastung allgegenwärtig. Bei den im Rahmen der verschiedenen Pro-
      jekte mit den Beteiligten durchgeführten Vorgangsstrukturanalysen, mit denen
      wir Ansatzpunkte für individuelle Verbesserungen identifizieren, ist ein Befund
      über die Jahre nahezu unverändert auffällig. Sowohl Fach- als auch Führungs-
      kräfte verwenden nicht selten 40 bis 60 % ! ihrer Arbeitszeit damit, mit Er-
      satzprozessen alles das im Arbeitsalltag zu retten, was schlichtweg nicht glatt
      läuft, schief gegangen ist oder nicht so funktioniert, wie es aufgrund der ei-
      gentlich definierten Prozesse und Arbeitsabläufe eigentlich laufen sollte. Die
      Art der Ersatzprozesse ist dabei in den beobachteten Organisationen durch-
      aus verschieden und vielschichtig, aber Aktionen, die durch fehlende Termin-
      treue zuarbeitender Bereiche, unzureichende Kommunikationsflüsse, fehlen-
      de Arbeitsqualität oder Störungen in der Kooperation zwischen Kollegen oder
      Teams ausgelöst werden, sind nahezu immer vertreten. Auch in Mitarbeiter-
      befragungen sind diese Aspekte ja immer wieder Anlass zu Unzufriedenheit
      und Motivationsstörungen. Und das ist auch verständlich, denn wenn jemand
      die Arbeit erledigt, die ein Anderer schon lange hätte machen müssen, einem
      Kollegen hinterher läuft oder hinterher telefoniert, kommt er eben nicht zu
      seiner eigenen Arbeit. So geht täglich wertvolle Produktivzeit verloren, die
      den Betroffenen zwar für ihre Kernaufgaben fehlt, die aber weder in Statisti-
      ken noch in Ressourcenplanungen Berücksichtigung findet und oder sichtbar
      wird. Und deshalb bleibt bei den Entscheidern oftmals der Eindruck, dass die
      Beschäftigten ihren Job nicht ordentlich machten.
UR:   Aber wie lässt sich hier etwas verändern?
VB:   Stellen sie sich einen Sprinter bei den Olympischen Spielen vor, der seine 100
      Meter in Schlangenlinien läuft und deshalb trotz höchster Geschwindigkeit
      hinter der Konkurrenz ins Ziel kommt. Schnell aber dumm gelaufen! Mit dem
      werde ich zunächst auch nicht daran arbeiten, dass er noch schneller läuft
      sondern dass er sich Umwege spart und den direkten Weg zum Ziel sucht. So
      absolviert er seine 100 Meter – eben seine Kernaufgabe! - sofort deutlich
      schneller – und er läuft obendrein noch weniger, spart also deutlich Energie
      ein. Und genau darum geht es auch im betrieblichen Alltag. Nicht schnelleres
      Arbeiten ist der Weg sondern intelligenteres Arbeiten und der konsequente
      Verzicht auf Schlangenlinien und Umwege. Ersatzprozesse sind genau solche
      „Umwege und Schlangenlinien“, die es gilt gezielt zu reduzieren. Daneben
      bieten eine konsequentere Ausrichtung der Arbeit auf größtmögliche tätig-
      keitsbezogene Wertschöpfung und das regelmäßige Hinterfragen eigener
      Routinen und Arbeitsgewohnheiten weitere lukrative Ansatzpunkte für die

                                                                                        ©   der-effizienz-coach.de
Entfrachtung der Alltagsarbeit von überflüssigen, wenig wertschöpfenden o-
      der Ressourcen vernichtenden Aktivitäten. Genug Zeit für die eigenen Kern-
      aufgaben ist im Regelfall vorhanden – es gilt sie nur auch dafür zu nutzen und
      nicht mit Nebenaktivitäten zu vergeuden.
UR:   Das klingt ja erstmal sehr einfach. Aber warum fällt es so schwer, das im Alltag
      umzusetzen?
VB:   Hier spielen viele Faktoren zusammen. Zum einen fehlen beispielsweise das
      Bewusstsein und die methodischen Kenntnisse, um sich in regelmäßigen Ab-
      ständen kritisch und reflektierend mit seinem Alltagshandeln auseinanderzu-
      setzen. Im täglichen „Kampfgetümmel“ geht so naturgemäß schnell der Über-
      blick verloren und den Blick vom „Feldherrenhügel“ auf den eigenen Arbeits-
      alltag, der viele dieser Dinge sofort sichtbar machen würde, verschiebt man
      dann auf einen Zeitpunkt, wo „mal ein bisschen Luft“ ist, der dann aber doch
      nie kommt. Zum anderen kann der unreflektierte und spontane Verzicht auf
      Ersatzprozesse durchaus auch problematisch sein, da die beschrittenen Er-
      satzprozesse derzeit in vielen Fällen der einzige Weg sind, ein anstehendes
      Problem kurzfristig zufrieden stellend zu lösen. Der Betroffene ist also in ei-
      nem Dilemma. Opfert er die Erledigung des aktuell anstehenden Falles für ei-
      ne grundsätzliche und nachhaltige Verbesserung der Arbeitssituation, also für
      zukünftigen Nutzen oder opfert er die grundsätzliche und nachhaltige Verbes-
      serung der Arbeitssituation dem Druck des aktuellen Vorgangs, also für den
      quick win. Wenn Kunden, Chefs oder Prozesspartner nur laut und intensiv
      genug drängeln ist klar, wie die Entscheidung meist ausfällt. Gleichzeitig be-
      deutet die Entscheidung für die Nichtbeseitigung von Ursachen für Ersatzpro-
      zesse aber auch, dass diese auch beim nächsten vergleichbaren Fall wieder
      notwendig werden. Mit der Entscheidung für einen Umweg heute trifft man
      also gleichzeitig die Entscheidung, dass man auch morgen den gleichen Um-
      weg wieder laufen wird. Mehr Umwege lassen aber noch weniger Zeit für die
      Kernaufgaben und irgendwann ist die Situation kaum noch aufzulösen und es
      kommt zum Kollaps. Die Betroffenen können zuletzt nur noch reagieren und
      laufen ihrem eigenen Alltag hinterher. Ein bisschen erscheint dieser Mecha-
      nismus als die moderne Version der Geschichte vom Wettlauf zwischen Hase
      und Igel - und der Beschäftigte ist nicht der Igel! Ich denke der Ausgang, den
      dieser Wettlauf nehmen wird, wenn es nicht gelingt, die Spirale zu stoppen,
      ist hinlänglich bekannt.
UR:   Was kann smac!* working 7.0 den Beschäftigten bieten, um hier eine nachhal-
      tige Besserung herbei zu führen?
VB:   Der Ansatz smac!* working 7.0 ist mit Sicherheit kein Wundermittel son-
      dern ein Konzept, das strukturierte Vorgehensweisen, einfache und im Alltag
      mit geringem Aufwand einzusetzende Handwerkszeuge und vor allem Konse-
      quenz und Systematik in der Umsetzung zu einem pragmatischen Weg für vie-
      le Beschäftigte verknüpft. Grundvoraussetzung für den Erfolg ist die Bereit-
      schaft der Betroffenen, nicht nur nach leichten Hilfsmitteln zu suchen sondern
      auch selbst aktiv zu werden. Dazu gehört es, Situationen und Mechanismen
      zu verstehen, auch den eigenen Anteil am Entstehen von Überlastungssituati-
      onen zu hinterfragen und persönliche Verhaltensweisen genau so kritisch zu
      überprüfen wie auch belastungstreibende Verhaltensweisen von Kollegen bei
      diesen konstruktiv-kritisch anzusprechen und mit ihnen zu klären. Überlas-
      tung entsteht in Situationen, in denen Menschen miteinander arbeiten. Wer
      sich also auf diesen Weg macht, muss sich darüber im Klaren sein, dass eine
      Veränderung der eigenen Arbeitssituationen zwangsläufig zu Klärungsbedar-
      fen mit Kollegen und Vorgesetzten aber auch zur Veränderung eigener Ver-
      haltensweisen führen wird. Die Aufgabe des begleitenden Coaches ist es, das
      notwendige Hintergrund- und Methodenwissen zu vermitteln, die individuel-
      len Klärungsprozesse zu begleiten und mit den Betroffenen Wege zu erarbei-
      ten, wie diese Veränderungen am Arbeitsplatz umgesetzt werden können.

                                                                                         ©   der-effizienz-coach.de
Große Bedeutung kommt dabei auch der Vorbereitung auf den Umgang mit
      schwierigen Situationen, Hindernissen und Widerständen im Kollegenkreis zu.
      Denn wenn ein Beschäftigter sich nicht mehr so bereitwillig wie früher jeden
      Affen auf die Schulter setzen lässt, dann wird es auch andere Betroffene ge-
      ben, die das erst mal nicht so lustig finden.
UR:   Kann denn der Einzelne überhaupt etwas bewirken?
VB:   Auch Seminarteilnehmer verstecken sich anfangs sehr häufig dahinter, dass ja
      eigentlich erstmal die Organisation oder die Prozesse verbessert werden
      müssten, dass die Führung erstmal grundsätzliche Voraussetzungen schaffen
      müsste oder dass ja eigentlich hauptsächlich die anderen sich ändern müssten.
      Aber sie erkennen sehr schnell, dass es hinreichend viele Ansatzpunkte im ei-
      genen Verantwortungs- und Gestaltungsbereich gibt, die für sich genommen
      schon erhebliche Potenziale bergen. Natürlich gibt es auch genau so viele As-
      pekte, die allein nicht aufzulösen sind. Aber entscheidend für die tatsächliche
      Chance auf eine deutlich spürbare und nachhaltige Verbesserung der eigenen
      Arbeitssituation ist die Bereitschaft, nicht erstmal auf die Anderen zu warten
      sondern mit dem anzufangen, was sich schnell und unabhängig umsetzen lässt.
      Wenn jeder die von ihm beeinflussbaren Faktoren in den Griff bekommt und
      vielleicht gleichzeitig selbst als Vorgangsverursacher im Zusammenspiel mit
      Kollegen und Partnern ein Stück verantwortungsvoller agiert, so ist nicht nur
      für den einzelnen Betroffenen sondern auch für die Organisation schon eini-
      ges an Belastungstreibern reduziert. Wenn dann ein solcher Prozess auch
      noch von den Vorgesetzten getragen oder sogar innerhalb einer Organisati-
      onseinheit durchgängig umgesetzt wird, so sind die einlösbaren Potenziale
      selbstverständlich noch einmal um einiges höher. Aber ein Grund, lieber
      erstmal nichts zu tun, lässt sich daraus mit Sicherheit nicht konstruieren.
      smac!* working 7.0 ist dabei kein Alternativansatz zu Prozessverbesserung
      und Organisationsentwicklung sondern ein eigenständiger, ergänzender Hand-
      lungsansatz, der den Schwerpunkt auf die individuellen Gestaltungs- und Än-
      derungsmöglichkeiten der einzelnen Beschäftigten legt und auf für den Einzel-
      nen zeitnah und konkret spürbaren Nutzen ausgerichtet ist.
UR:   Wie sieht Ihr Ausblick zur Problematik der Überlastung am Arbeitsplatz aus?
VB:   Die betroffenen Beschäftigten brauchen dringend Unterstützung durch wirk-
      same Herangehensweisen und Hilfestellungen. Organisationsweite Ansätze
      durch Prozessverbesserung oder Organisationsanpassungen sind dabei ein
      Baustein, mindestens genau so wichtig ist es aber, die Betroffenen direkt vor
      Ort zu unterstützen, denn das Warten auf die große Lösung kann für viele Be-
      schäftigte zu lange dauern. Wenn die von Ihnen oben schon zitierte Studie der
      DAK ausweist, dass heute schon 2 Mio. Beschäftigte regelmäßig mittels Medi-
      kamenten „Doping am Arbeitsplatz“ betreiben, um den täglichen beruflichen
      Anforderungen gewachsen zu sein, dann zeigt dies nur zu deutlich, dass drin-
      gend und schnell etwas getan werden muss. Die Potenziale für eine signifikan-
      te nachhaltige Reduzierung der individuellen Arbeitsbelastung sind da, sie zu
      nutzen erfordert allerdings ein Umdenken bei Beschäftigten und Entschei-
      dungsträgern gleichermaßen und die unbedingte Bereitschaft zum Handeln.
      Auch wenn damit Unbequemlichkeiten verbunden sind, ist es allemal der bes-
      sere Weg als zukünftig mühsam mit den Folgen der überlastungsbedingten
      Störungen und Ausfälle kämpfen zu müssen. Und er ist auch ein Beitrag zur
      positiven Entwicklung der Arbeitsbedingungen und der Kultur der Zusam-
      menarbeit in den Unternehmen, Organisationen und öffentlichen Einrichtun-
      gen.




                                                                                        ©   der-effizienz-coach.de

Mais conteúdo relacionado

Destaque

Destaque (15)

Alo_B_Gemeinden-mit-zkT_Geschlecht+Alter_ZehM_201008.pdf
Alo_B_Gemeinden-mit-zkT_Geschlecht+Alter_ZehM_201008.pdfAlo_B_Gemeinden-mit-zkT_Geschlecht+Alter_ZehM_201008.pdf
Alo_B_Gemeinden-mit-zkT_Geschlecht+Alter_ZehM_201008.pdf
 
pi968.pdf
pi968.pdfpi968.pdf
pi968.pdf
 
Correo electronico
Correo electronicoCorreo electronico
Correo electronico
 
20120608-Rohstoffreport.pdf
20120608-Rohstoffreport.pdf20120608-Rohstoffreport.pdf
20120608-Rohstoffreport.pdf
 
PM_CEWE_Weihnachten2012.pdf
PM_CEWE_Weihnachten2012.pdfPM_CEWE_Weihnachten2012.pdf
PM_CEWE_Weihnachten2012.pdf
 
Presseinformation 1. Vollversammlung Handwerkskammer Niederbayern-Oberpfalz B...
Presseinformation 1. Vollversammlung Handwerkskammer Niederbayern-Oberpfalz B...Presseinformation 1. Vollversammlung Handwerkskammer Niederbayern-Oberpfalz B...
Presseinformation 1. Vollversammlung Handwerkskammer Niederbayern-Oberpfalz B...
 
myReturn Texte.pdf
myReturn Texte.pdfmyReturn Texte.pdf
myReturn Texte.pdf
 
Portafolio
PortafolioPortafolio
Portafolio
 
Blog
BlogBlog
Blog
 
Mapa mental
Mapa mentalMapa mental
Mapa mental
 
Veranstaltungshinweis_Women Days_Mai 2012.pdf
Veranstaltungshinweis_Women Days_Mai 2012.pdfVeranstaltungshinweis_Women Days_Mai 2012.pdf
Veranstaltungshinweis_Women Days_Mai 2012.pdf
 
Portafolio de servicios
Portafolio de serviciosPortafolio de servicios
Portafolio de servicios
 
Practica 1 mod quimica
Practica 1 mod quimicaPractica 1 mod quimica
Practica 1 mod quimica
 
pi1012.pdf
pi1012.pdfpi1012.pdf
pi1012.pdf
 
Guia 8
Guia 8Guia 8
Guia 8
 

Semelhante a smac_Interview.pdf

CW2_2015_Veränderungsmanagement
CW2_2015_VeränderungsmanagementCW2_2015_Veränderungsmanagement
CW2_2015_Veränderungsmanagement
frhentsch
 
DIGITAL CROSSROADS - Module 4 de.pptx
DIGITAL CROSSROADS - Module 4 de.pptxDIGITAL CROSSROADS - Module 4 de.pptx
DIGITAL CROSSROADS - Module 4 de.pptx
Aine42
 

Semelhante a smac_Interview.pdf (20)

Journal Impulse EpicWork 5
Journal Impulse EpicWork 5Journal Impulse EpicWork 5
Journal Impulse EpicWork 5
 
CW2_2015_Veränderungsmanagement
CW2_2015_VeränderungsmanagementCW2_2015_Veränderungsmanagement
CW2_2015_Veränderungsmanagement
 
"New Work" - Revolution der Arbeitswelt?
"New Work" - Revolution der Arbeitswelt?"New Work" - Revolution der Arbeitswelt?
"New Work" - Revolution der Arbeitswelt?
 
Interview zum Buch
Interview zum BuchInterview zum Buch
Interview zum Buch
 
Debatte Bewerbungsgespräch: Geht’s auch ohne die «klassischen» Fragen?
Debatte Bewerbungsgespräch: Geht’s auch ohne die «klassischen» Fragen?Debatte Bewerbungsgespräch: Geht’s auch ohne die «klassischen» Fragen?
Debatte Bewerbungsgespräch: Geht’s auch ohne die «klassischen» Fragen?
 
Anforderungen: Stolpersteine und Einflussfaktoren
Anforderungen: Stolpersteine und EinflussfaktorenAnforderungen: Stolpersteine und Einflussfaktoren
Anforderungen: Stolpersteine und Einflussfaktoren
 
FUTURE WORK - Arbeite doch wo willst ...
FUTURE WORK - Arbeite doch wo willst ...FUTURE WORK - Arbeite doch wo willst ...
FUTURE WORK - Arbeite doch wo willst ...
 
Zeit und Raum für den Blick in die Zukunft
Zeit und Raum für den Blick in die ZukunftZeit und Raum für den Blick in die Zukunft
Zeit und Raum für den Blick in die Zukunft
 
Journal Impulse EpicWork 10
Journal Impulse EpicWork 10Journal Impulse EpicWork 10
Journal Impulse EpicWork 10
 
DIGITAL CROSSROADS - Module 4 de.pptx
DIGITAL CROSSROADS - Module 4 de.pptxDIGITAL CROSSROADS - Module 4 de.pptx
DIGITAL CROSSROADS - Module 4 de.pptx
 
Das neue Mitarbeitergespräch - Nur die Zukunft zählt
Das neue Mitarbeitergespräch - Nur die Zukunft zähltDas neue Mitarbeitergespräch - Nur die Zukunft zählt
Das neue Mitarbeitergespräch - Nur die Zukunft zählt
 
Artikel 50 plus
Artikel 50 plusArtikel 50 plus
Artikel 50 plus
 
10 Handlungsfelder die Leistungsmanagement und Feedback optimieren Dr Frats...
10 Handlungsfelder die Leistungsmanagement und Feedback optimieren   Dr Frats...10 Handlungsfelder die Leistungsmanagement und Feedback optimieren   Dr Frats...
10 Handlungsfelder die Leistungsmanagement und Feedback optimieren Dr Frats...
 
Meetup Agile Verwaltung
Meetup Agile VerwaltungMeetup Agile Verwaltung
Meetup Agile Verwaltung
 
Agile Verwaltung – agile Spielfelder in nicht-agilen Umfeldern
 Agile Verwaltung – agile Spielfelder in nicht-agilen Umfeldern Agile Verwaltung – agile Spielfelder in nicht-agilen Umfeldern
Agile Verwaltung – agile Spielfelder in nicht-agilen Umfeldern
 
Feedback als strukturierte Entwicklungsgrundlage nutzen
Feedback als strukturierte Entwicklungsgrundlage nutzenFeedback als strukturierte Entwicklungsgrundlage nutzen
Feedback als strukturierte Entwicklungsgrundlage nutzen
 
Human Resources Manager - Employee Experience: HR muss denken und handeln wie...
Human Resources Manager - Employee Experience: HR muss denken und handeln wie...Human Resources Manager - Employee Experience: HR muss denken und handeln wie...
Human Resources Manager - Employee Experience: HR muss denken und handeln wie...
 
Dienstleister nein danke?!
Dienstleister nein danke?!Dienstleister nein danke?!
Dienstleister nein danke?!
 
Abegglen: Unternehmensentwicklung als Oberziel eines Integrierten Managements...
Abegglen: Unternehmensentwicklung als Oberziel eines Integrierten Managements...Abegglen: Unternehmensentwicklung als Oberziel eines Integrierten Managements...
Abegglen: Unternehmensentwicklung als Oberziel eines Integrierten Managements...
 
Flexibles Arbeiten
Flexibles ArbeitenFlexibles Arbeiten
Flexibles Arbeiten
 

Mais de unn | UNITED NEWS NETWORK GmbH

Mais de unn | UNITED NEWS NETWORK GmbH (20)

Über den Valentinstag.pdf
Über den Valentinstag.pdfÜber den Valentinstag.pdf
Über den Valentinstag.pdf
 
PM.pdf
PM.pdfPM.pdf
PM.pdf
 
130124_zoll_weltzolltag.pdf
130124_zoll_weltzolltag.pdf130124_zoll_weltzolltag.pdf
130124_zoll_weltzolltag.pdf
 
AL-KO Pressemeldung Vertragsverlaengerung FCA.pdf
AL-KO Pressemeldung Vertragsverlaengerung FCA.pdfAL-KO Pressemeldung Vertragsverlaengerung FCA.pdf
AL-KO Pressemeldung Vertragsverlaengerung FCA.pdf
 
Presseinformation Honda Modelle auf der Motorradwelt Boden….pdf
Presseinformation Honda Modelle auf der Motorradwelt Boden….pdfPresseinformation Honda Modelle auf der Motorradwelt Boden….pdf
Presseinformation Honda Modelle auf der Motorradwelt Boden….pdf
 
Presseinformation MSX125 auf den HMT 23-01-13.pdf
Presseinformation MSX125 auf den HMT 23-01-13.pdfPresseinformation MSX125 auf den HMT 23-01-13.pdf
Presseinformation MSX125 auf den HMT 23-01-13.pdf
 
130121RettedeinenNächstenRotary.pdf
130121RettedeinenNächstenRotary.pdf130121RettedeinenNächstenRotary.pdf
130121RettedeinenNächstenRotary.pdf
 
Verkostungen bei der ProWein 2013 Gemeinschaftsstand Pfalz.pdf
Verkostungen bei der ProWein 2013 Gemeinschaftsstand Pfalz.pdfVerkostungen bei der ProWein 2013 Gemeinschaftsstand Pfalz.pdf
Verkostungen bei der ProWein 2013 Gemeinschaftsstand Pfalz.pdf
 
ZLB_PM_IsraellnachderWahl.pdf
ZLB_PM_IsraellnachderWahl.pdfZLB_PM_IsraellnachderWahl.pdf
ZLB_PM_IsraellnachderWahl.pdf
 
V.COM_PIAGET_MINUTE_REPEATER_DE-email.pdf
V.COM_PIAGET_MINUTE_REPEATER_DE-email.pdfV.COM_PIAGET_MINUTE_REPEATER_DE-email.pdf
V.COM_PIAGET_MINUTE_REPEATER_DE-email.pdf
 
V.COM_PIAGET_ALTIPLANO_SIHH_2013_DE-email.pdf
V.COM_PIAGET_ALTIPLANO_SIHH_2013_DE-email.pdfV.COM_PIAGET_ALTIPLANO_SIHH_2013_DE-email.pdf
V.COM_PIAGET_ALTIPLANO_SIHH_2013_DE-email.pdf
 
4549 - Pflanzenroller-Modellreihe.pdf
4549 - Pflanzenroller-Modellreihe.pdf4549 - Pflanzenroller-Modellreihe.pdf
4549 - Pflanzenroller-Modellreihe.pdf
 
Prinz_Charles_besucht_Halewood.pdf
Prinz_Charles_besucht_Halewood.pdfPrinz_Charles_besucht_Halewood.pdf
Prinz_Charles_besucht_Halewood.pdf
 
PI Daimler Mobility Services.pdf
PI Daimler Mobility Services.pdfPI Daimler Mobility Services.pdf
PI Daimler Mobility Services.pdf
 
PM.pdf
PM.pdfPM.pdf
PM.pdf
 
36_imm cologne_Schlussbericht.pdf
36_imm cologne_Schlussbericht.pdf36_imm cologne_Schlussbericht.pdf
36_imm cologne_Schlussbericht.pdf
 
01-21-AI-Graziano.pdf
01-21-AI-Graziano.pdf01-21-AI-Graziano.pdf
01-21-AI-Graziano.pdf
 
Presseinformation Honda Neue Führerscheinregularien 18-01-….pdf
Presseinformation Honda Neue Führerscheinregularien 18-01-….pdfPresseinformation Honda Neue Führerscheinregularien 18-01-….pdf
Presseinformation Honda Neue Führerscheinregularien 18-01-….pdf
 
Text EÖ-PK 2013 .pdf
Text EÖ-PK 2013 .pdfText EÖ-PK 2013 .pdf
Text EÖ-PK 2013 .pdf
 
PM4 INVENTA Garden.pdf
PM4 INVENTA Garden.pdfPM4 INVENTA Garden.pdf
PM4 INVENTA Garden.pdf
 

smac_Interview.pdf

  • 1. INTERVIEW Die moderne Version des Wettlaufs zwischen Hase und Igel Volker Brose im Gespräch mit Ute Rahlves zur aktuellen Alltagssituation der Beschäf- tigten in Betrieben, öffentlichen Einrichtungen und Behörden sowie zu alltagstaugli- chen und nachhaltigen Wegen zur Reduzierung hoher Belastungen im Arbeitsalltag. UR: „Jeder 2. Arbeitnehmer leidet unter hohen Belastungen.“ Dieses erschreckende Ergebnis legte eine Studie der DAK aus dem Jahr 2009 offen. Ist die Arbeitswelt so unmenschlich geworden oder wie sind solche Erkenntnisse zu interpretieren? VB: Die Studie beschreibt die Alltagssituation in Unternehmen, öffentlichen Ein- richtungen und Behörden ziemlich genau. Sicherlich kann und muss man diese Problematik auch unter gesellschafts- und kulturpolitischen Aspekten betrach- ten. Ob eine Bewertung dann zu der Erkenntnis kommt, dass die Arbeitswelt zunehmend unmenschlicher wird, sei dahingestellt. Denn ich bin mir nicht si- cher, ob die Arbeitsbedingungen in der Vergangenheit jemals wirklich besser waren. Eigentlich haben die Beschäftigten zu allen Zeiten wenig erfreut auf wachsende Anforderungen am Arbeitsplatz reagiert. Allerdings ist für diesel- ben Menschen als Kunden und Konsumenten gleichzeitig auch immer schon der Ruf nach niedrigeren Preisen, besserer Qualität und höherem Service ge- nau so selbstverständlich. Dieses Spannungsfeld zwischen der eigenen Leis- tungsverpflichtung als Arbeitnehmer und der persönlichen Leistungserwar- tung als Kunde kennzeichnet den Rahmen, in dem sich aber zwangsläufig die Anforderungen an die Menschen am Arbeitsplatz definieren. Unternehmen und zunehmend auch öffentliche Einrichtungen und Behörden müssen sich diesem Spagat stellen, der mit leerer werdenden Kassen natürlich noch an zu- sätzlicher Brisanz gewinnt, denn eine Erhöhung des Ressourceneinsatzes als Ausweg wird so immer seltener möglicher. Und auch die zunehmende Globa- lisierung, die mittlerweile auch vor standortgebundenen Dienstleistungen nicht mehr Halt macht, trägt einerseits zu einer Verschärfung und anderer- seits zu einer zusätzlichen Einschränkung der lokalen Reaktionsfähigkeit bei. Aber für die Arbeitssituation der einzelnen Menschen am Arbeitsplatz ist die- se Diskussion wenig hilfreich, denn sie entlastet sie im Arbeitsalltag kein biss- chen und stoppt den Prozess der zunehmenden, individuellen Überlastung mit Sicherheit für viele Betroffenen nicht rechtzeitig. UR: Heißt das, dass diese Diskussion überflüssig ist? VB: Nein, auf keinen Fall. Aber sie gehört nicht an den Arbeitsplatz sondern muss in der Gesellschaft aktiv ausgetragen werden. Gewerkschaften, politische Par- teien, gesellschaftliche Gruppierungen und nicht zuletzt die politischen Instan- zen stehen hier in der Verantwortung, nach Wegen zu suchen, die mittel- und langfristig solche Rahmenbedingungen sichern, die Leben und Arbeiten in Ba- lance ermöglichen. Im Arbeitsalltag in den Unternehmen, öffentlichen Einrich- tungen und Behörden gleichermaßen muss es jedoch darum gehen, Wege zu finden, wie die Betroffenen kurzfristig mit der Arbeitsrealität angemessen und zufrieden stellend umgehen können. Philosophische Betrachtungen haben noch keinen konkreten Vorgang am Schreibtisch schneller erledigt. Die zeit- nah nutzbaren Reserven und Potenziale, die zur Bewältigung der Situation er- forderlich sind, ruhen vielmehr ungenutzt an den einzelnen Arbeitsplätzen und müssen von den Beschäftigten vor Ort identifiziert und eingelöst werden. © der-effizienz-coach.de
  • 2. UR: Bedeutet das, dass die Beschäftigten schlichtweg mehr und schneller arbeiten müssen? VB: Wieder ein klares nein! Sicherlich gibt es den einen oder anderen Beschäftig- ten, der nicht mit vollem Einsatz bei der Sache ist. Aber das sind die großen Ausnahmen. Vielerorts arbeiten die Menschen vielmehr schon seit geraumer Zeit an und teilweise auch weit über ihrer persönlichen Leistungsgrenze. Nicht selten sind Arbeitszeitkonten über einen langen Zeitraum deutlich ü- berzogen und stillschweigend werden immer wieder gesetzliche oder tarif- vertragliche Regelungen umgangen, um der Arbeitsmengen Herr zu werden. Aus meiner Sicht ist das auf Dauer ein unhaltbarer Zustand, denn die Unter- nehmen und Organisationen gehen damit Hypotheken gegenüber ihren Be- schäftigten ein, die irgendwann unvermittelt fällig werden. Sei es in Form ü- berlastungsbezogener Ausfälle, motivationsbedingter Leistungseinbrüche oder schlichtweg Erschöpfung und burn out. UR: Aber wenn es nicht durch mehr Arbeit gehen soll, wie soll es dann gehen? VB: In meiner Arbeit mit Fach- und Führungskräften der verschiedensten Bran- chen und Organisationen ist seit vielen Jahren die Frage der individuellen Ar- beitsüberlastung allgegenwärtig. Bei den im Rahmen der verschiedenen Pro- jekte mit den Beteiligten durchgeführten Vorgangsstrukturanalysen, mit denen wir Ansatzpunkte für individuelle Verbesserungen identifizieren, ist ein Befund über die Jahre nahezu unverändert auffällig. Sowohl Fach- als auch Führungs- kräfte verwenden nicht selten 40 bis 60 % ! ihrer Arbeitszeit damit, mit Er- satzprozessen alles das im Arbeitsalltag zu retten, was schlichtweg nicht glatt läuft, schief gegangen ist oder nicht so funktioniert, wie es aufgrund der ei- gentlich definierten Prozesse und Arbeitsabläufe eigentlich laufen sollte. Die Art der Ersatzprozesse ist dabei in den beobachteten Organisationen durch- aus verschieden und vielschichtig, aber Aktionen, die durch fehlende Termin- treue zuarbeitender Bereiche, unzureichende Kommunikationsflüsse, fehlen- de Arbeitsqualität oder Störungen in der Kooperation zwischen Kollegen oder Teams ausgelöst werden, sind nahezu immer vertreten. Auch in Mitarbeiter- befragungen sind diese Aspekte ja immer wieder Anlass zu Unzufriedenheit und Motivationsstörungen. Und das ist auch verständlich, denn wenn jemand die Arbeit erledigt, die ein Anderer schon lange hätte machen müssen, einem Kollegen hinterher läuft oder hinterher telefoniert, kommt er eben nicht zu seiner eigenen Arbeit. So geht täglich wertvolle Produktivzeit verloren, die den Betroffenen zwar für ihre Kernaufgaben fehlt, die aber weder in Statisti- ken noch in Ressourcenplanungen Berücksichtigung findet und oder sichtbar wird. Und deshalb bleibt bei den Entscheidern oftmals der Eindruck, dass die Beschäftigten ihren Job nicht ordentlich machten. UR: Aber wie lässt sich hier etwas verändern? VB: Stellen sie sich einen Sprinter bei den Olympischen Spielen vor, der seine 100 Meter in Schlangenlinien läuft und deshalb trotz höchster Geschwindigkeit hinter der Konkurrenz ins Ziel kommt. Schnell aber dumm gelaufen! Mit dem werde ich zunächst auch nicht daran arbeiten, dass er noch schneller läuft sondern dass er sich Umwege spart und den direkten Weg zum Ziel sucht. So absolviert er seine 100 Meter – eben seine Kernaufgabe! - sofort deutlich schneller – und er läuft obendrein noch weniger, spart also deutlich Energie ein. Und genau darum geht es auch im betrieblichen Alltag. Nicht schnelleres Arbeiten ist der Weg sondern intelligenteres Arbeiten und der konsequente Verzicht auf Schlangenlinien und Umwege. Ersatzprozesse sind genau solche „Umwege und Schlangenlinien“, die es gilt gezielt zu reduzieren. Daneben bieten eine konsequentere Ausrichtung der Arbeit auf größtmögliche tätig- keitsbezogene Wertschöpfung und das regelmäßige Hinterfragen eigener Routinen und Arbeitsgewohnheiten weitere lukrative Ansatzpunkte für die © der-effizienz-coach.de
  • 3. Entfrachtung der Alltagsarbeit von überflüssigen, wenig wertschöpfenden o- der Ressourcen vernichtenden Aktivitäten. Genug Zeit für die eigenen Kern- aufgaben ist im Regelfall vorhanden – es gilt sie nur auch dafür zu nutzen und nicht mit Nebenaktivitäten zu vergeuden. UR: Das klingt ja erstmal sehr einfach. Aber warum fällt es so schwer, das im Alltag umzusetzen? VB: Hier spielen viele Faktoren zusammen. Zum einen fehlen beispielsweise das Bewusstsein und die methodischen Kenntnisse, um sich in regelmäßigen Ab- ständen kritisch und reflektierend mit seinem Alltagshandeln auseinanderzu- setzen. Im täglichen „Kampfgetümmel“ geht so naturgemäß schnell der Über- blick verloren und den Blick vom „Feldherrenhügel“ auf den eigenen Arbeits- alltag, der viele dieser Dinge sofort sichtbar machen würde, verschiebt man dann auf einen Zeitpunkt, wo „mal ein bisschen Luft“ ist, der dann aber doch nie kommt. Zum anderen kann der unreflektierte und spontane Verzicht auf Ersatzprozesse durchaus auch problematisch sein, da die beschrittenen Er- satzprozesse derzeit in vielen Fällen der einzige Weg sind, ein anstehendes Problem kurzfristig zufrieden stellend zu lösen. Der Betroffene ist also in ei- nem Dilemma. Opfert er die Erledigung des aktuell anstehenden Falles für ei- ne grundsätzliche und nachhaltige Verbesserung der Arbeitssituation, also für zukünftigen Nutzen oder opfert er die grundsätzliche und nachhaltige Verbes- serung der Arbeitssituation dem Druck des aktuellen Vorgangs, also für den quick win. Wenn Kunden, Chefs oder Prozesspartner nur laut und intensiv genug drängeln ist klar, wie die Entscheidung meist ausfällt. Gleichzeitig be- deutet die Entscheidung für die Nichtbeseitigung von Ursachen für Ersatzpro- zesse aber auch, dass diese auch beim nächsten vergleichbaren Fall wieder notwendig werden. Mit der Entscheidung für einen Umweg heute trifft man also gleichzeitig die Entscheidung, dass man auch morgen den gleichen Um- weg wieder laufen wird. Mehr Umwege lassen aber noch weniger Zeit für die Kernaufgaben und irgendwann ist die Situation kaum noch aufzulösen und es kommt zum Kollaps. Die Betroffenen können zuletzt nur noch reagieren und laufen ihrem eigenen Alltag hinterher. Ein bisschen erscheint dieser Mecha- nismus als die moderne Version der Geschichte vom Wettlauf zwischen Hase und Igel - und der Beschäftigte ist nicht der Igel! Ich denke der Ausgang, den dieser Wettlauf nehmen wird, wenn es nicht gelingt, die Spirale zu stoppen, ist hinlänglich bekannt. UR: Was kann smac!* working 7.0 den Beschäftigten bieten, um hier eine nachhal- tige Besserung herbei zu führen? VB: Der Ansatz smac!* working 7.0 ist mit Sicherheit kein Wundermittel son- dern ein Konzept, das strukturierte Vorgehensweisen, einfache und im Alltag mit geringem Aufwand einzusetzende Handwerkszeuge und vor allem Konse- quenz und Systematik in der Umsetzung zu einem pragmatischen Weg für vie- le Beschäftigte verknüpft. Grundvoraussetzung für den Erfolg ist die Bereit- schaft der Betroffenen, nicht nur nach leichten Hilfsmitteln zu suchen sondern auch selbst aktiv zu werden. Dazu gehört es, Situationen und Mechanismen zu verstehen, auch den eigenen Anteil am Entstehen von Überlastungssituati- onen zu hinterfragen und persönliche Verhaltensweisen genau so kritisch zu überprüfen wie auch belastungstreibende Verhaltensweisen von Kollegen bei diesen konstruktiv-kritisch anzusprechen und mit ihnen zu klären. Überlas- tung entsteht in Situationen, in denen Menschen miteinander arbeiten. Wer sich also auf diesen Weg macht, muss sich darüber im Klaren sein, dass eine Veränderung der eigenen Arbeitssituationen zwangsläufig zu Klärungsbedar- fen mit Kollegen und Vorgesetzten aber auch zur Veränderung eigener Ver- haltensweisen führen wird. Die Aufgabe des begleitenden Coaches ist es, das notwendige Hintergrund- und Methodenwissen zu vermitteln, die individuel- len Klärungsprozesse zu begleiten und mit den Betroffenen Wege zu erarbei- ten, wie diese Veränderungen am Arbeitsplatz umgesetzt werden können. © der-effizienz-coach.de
  • 4. Große Bedeutung kommt dabei auch der Vorbereitung auf den Umgang mit schwierigen Situationen, Hindernissen und Widerständen im Kollegenkreis zu. Denn wenn ein Beschäftigter sich nicht mehr so bereitwillig wie früher jeden Affen auf die Schulter setzen lässt, dann wird es auch andere Betroffene ge- ben, die das erst mal nicht so lustig finden. UR: Kann denn der Einzelne überhaupt etwas bewirken? VB: Auch Seminarteilnehmer verstecken sich anfangs sehr häufig dahinter, dass ja eigentlich erstmal die Organisation oder die Prozesse verbessert werden müssten, dass die Führung erstmal grundsätzliche Voraussetzungen schaffen müsste oder dass ja eigentlich hauptsächlich die anderen sich ändern müssten. Aber sie erkennen sehr schnell, dass es hinreichend viele Ansatzpunkte im ei- genen Verantwortungs- und Gestaltungsbereich gibt, die für sich genommen schon erhebliche Potenziale bergen. Natürlich gibt es auch genau so viele As- pekte, die allein nicht aufzulösen sind. Aber entscheidend für die tatsächliche Chance auf eine deutlich spürbare und nachhaltige Verbesserung der eigenen Arbeitssituation ist die Bereitschaft, nicht erstmal auf die Anderen zu warten sondern mit dem anzufangen, was sich schnell und unabhängig umsetzen lässt. Wenn jeder die von ihm beeinflussbaren Faktoren in den Griff bekommt und vielleicht gleichzeitig selbst als Vorgangsverursacher im Zusammenspiel mit Kollegen und Partnern ein Stück verantwortungsvoller agiert, so ist nicht nur für den einzelnen Betroffenen sondern auch für die Organisation schon eini- ges an Belastungstreibern reduziert. Wenn dann ein solcher Prozess auch noch von den Vorgesetzten getragen oder sogar innerhalb einer Organisati- onseinheit durchgängig umgesetzt wird, so sind die einlösbaren Potenziale selbstverständlich noch einmal um einiges höher. Aber ein Grund, lieber erstmal nichts zu tun, lässt sich daraus mit Sicherheit nicht konstruieren. smac!* working 7.0 ist dabei kein Alternativansatz zu Prozessverbesserung und Organisationsentwicklung sondern ein eigenständiger, ergänzender Hand- lungsansatz, der den Schwerpunkt auf die individuellen Gestaltungs- und Än- derungsmöglichkeiten der einzelnen Beschäftigten legt und auf für den Einzel- nen zeitnah und konkret spürbaren Nutzen ausgerichtet ist. UR: Wie sieht Ihr Ausblick zur Problematik der Überlastung am Arbeitsplatz aus? VB: Die betroffenen Beschäftigten brauchen dringend Unterstützung durch wirk- same Herangehensweisen und Hilfestellungen. Organisationsweite Ansätze durch Prozessverbesserung oder Organisationsanpassungen sind dabei ein Baustein, mindestens genau so wichtig ist es aber, die Betroffenen direkt vor Ort zu unterstützen, denn das Warten auf die große Lösung kann für viele Be- schäftigte zu lange dauern. Wenn die von Ihnen oben schon zitierte Studie der DAK ausweist, dass heute schon 2 Mio. Beschäftigte regelmäßig mittels Medi- kamenten „Doping am Arbeitsplatz“ betreiben, um den täglichen beruflichen Anforderungen gewachsen zu sein, dann zeigt dies nur zu deutlich, dass drin- gend und schnell etwas getan werden muss. Die Potenziale für eine signifikan- te nachhaltige Reduzierung der individuellen Arbeitsbelastung sind da, sie zu nutzen erfordert allerdings ein Umdenken bei Beschäftigten und Entschei- dungsträgern gleichermaßen und die unbedingte Bereitschaft zum Handeln. Auch wenn damit Unbequemlichkeiten verbunden sind, ist es allemal der bes- sere Weg als zukünftig mühsam mit den Folgen der überlastungsbedingten Störungen und Ausfälle kämpfen zu müssen. Und er ist auch ein Beitrag zur positiven Entwicklung der Arbeitsbedingungen und der Kultur der Zusam- menarbeit in den Unternehmen, Organisationen und öffentlichen Einrichtun- gen. © der-effizienz-coach.de