1. Helaba Volkswirtschaft/Research
Rohstoffreport 27. Januar 2012
33333
Die seit einigen Jahren sehr hohen Preise haben bei Rohstoffen zu umfangreichen Investi-
tionen in neue Kapazitäten und somit zu einem deutlich höheren Angebotspotenzial ge-
Autor: führt. Die Rohstoffnachfrage entwickelt sich auch kurzfristig wahrscheinlich weniger dy-
Heinrich Peters
namisch als noch 2011 von vielen Marktbeobachtern erwartet. Die strukturell bedingte
Telefon: 0 69/91 32-47 33
Dämpfung des Rohstoffverbrauchs der Industrieländer wird auch 2012 durch den Roh-
research@helaba.de
stoffappetit der Schwellenländer zumeist kaum deutlich mehr als ausgeglichen. Insgesamt
sind somit keine signifikanten Nachfrageüberhänge zu erwarten.
Die Geldpolitik wird im laufenden Jahr vermutlich die entscheidende Rolle für die Preis-
Redaktion: entwicklung im Rohstoffsektor spielen. Da sie auch in den großen Schwellenländern wohl
Markus Reinwand, CFA stärker auf die Wachstumsförderung als auf Inflationsbekämpfung ausgerichtet sein wird,
dürften – sofern keine exogenen Schocks eintreten – die meisten Produkte bei fundamen-
tal relativ ausbalancierten Märkten per Ultimo 2012 eher etwas höher notieren als zu Jah-
resbeginn.
Herausgeber:
Landesbank Hessen-Thüringen
Allmähliche Durchquerung des Konjunkturtals Mehr wachstumsorientierte Geldpolitik voraus
MAIN TOWER
Neue Mainzer Str. 52-58
annual. 6M-Rate % annual. 6M-Rate % annual. 6M-Rate % annual. 6M-Rate %
60311 Frankfurt a. Main
Telefon: 0 69/91 32-20 24
100 CRB (CCI)-Index (l.S.) 20 60 120
Telefax: 0 69/91 32-22 44 China Kreditw achstum
80 15
50 6M nach vorne
60 10 70
verschoben (l.S.)
40 40
5
20
0 30 20
0
-5
-20 20
-40 OECD-Frühindikator -10 -30
-60 für OECD- und 6 größte -15 10
-80 Schw ellenländer (r.S.) -20 0 CRB (CCI)-Index (r.S.) -80
05 06 07 08 09 10 11 12 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12
Quellen: Datastream, Helaba Volkswirtschaft/Research Quellen: Datastream, Helaba Volkswirtschaft/Research
US-Notenbank überwindet Zögerlichkeit Nachlassender Gegenwind durch US-Dollar
Mrd.$ Index Index Index
3000 750 130 Handelsgew ichteter Außenw ert USD 750
2800 CRB (CCI)-Index (r.S.) 650 120 650
2600 550 110 550
Die Publikation ist mit größter Sorgfalt 2400 450 100 450
bearbeitet worden. Sie enthält jedoch lediglich
2200 Fed-Bilanzsumme (l.S.) 350 90 350
unverbindliche Analysen und Prognosen zu
den gegenwärtigen und zukünftigen Markt- 2000 250 80 250
verhältnissen. Die Angaben beruhen auf CRB (CCI)-Index (r.S.)
1800 150 70 150
Quellen, die wir für zuverlässig halten, für
deren Richtigkeit, Vollständigkeit oder Aktua-
2009 2010 2011 2012 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12
lität wir aber keine Gewähr übernehmen kön-
Quellen: Datastream, Helaba Volkswirtschaft/Research Quellen: Datastream, Helaba Volkswirtschaft/Research
nen. Sämtliche in dieser Publikation getroffe-
nen Angaben dienen der Information. Sie
dürfen nicht als Angebot oder Empfehlung für
Anlageentscheidungen verstanden werden.
3. Rohstoffreport Januar 2012
Performance-Rückblick
Assetklassen Welt 2011/12: Rohstoffe weiter im hinteren Feld
Index (31.12.2010 = 100)
140 140
130 130
Gold
120 US-Immobilienaktien 120
Renten EM
US-Corporates
110 Renten Welt 110
Rohstoffe (SPGSCI-TR)
100 Aktien Welt 100
USD-Außenwert
90 90
80 80
Jan Feb Mrz Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez Jan Feb Mrz Apr Mai
Quellen: Datastream, Helaba Volkswirtschaft/Research
Einzelrohstoffe 2011/12: Verlierer in der Überzahl – Absturz bei Erdgas
%
30 Kumulierte Performance 2011/2012* (SPGSCI-TR, Gesamtertragsindex)
30
20 20
10 10
0 0
-10 -10
-20 -20
-30 -30
* 01.01.2011 =100; bis 26.01.2012
-40 -40
-50 -50
l
s c TI
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l
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ag
M
Quellen: Datastream, Helaba Volkswirtschaft/Research
Rohstoffgruppen 2011/12: Zuletzt auch Edelmetalle wieder „über Wasser“
Index (31.12.2010 = 100)
130 130
120 CRB (CCI)-Energie 120
110 CRB (CCI)-Tierprodukte 110
CRB (CCI)-Edelmetalle
100 100
CRB (CCI)-Index
90 CRB (CCI)-Genussmittel 90
CRB (CCI)-Getreide
80 80
CRB (CCI)-Industrie**
70 70
**Baumwolle, Kupfer
60 60
Jan Feb Mrz Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez Jan Feb Mrz Apr Mai
Quellen: Datastream, Helaba Volkswirtschaft/Research
Helaba Volkswirtschaft/Research ·27. Januar 2012 Helaba 3
4. Rohstoffreport Januar 2012
Überblick Rohstoffgruppen
Energie Zyklische Korrektur weitgehend vollzogen
Im Gegensatz zu vielen Industrierohstoffen ist der zyklische
Veränderung in % ggü. Preisrückgang bei Mineralölprodukten bislang relativ mo-
Aktuell* -1M -3M -12M -60M derat ausgefallen. Hierzu hat vor allem auch die Prämie
WTI** $/bbl 99,5 -1,8 5,9 16,2 79,5 aufgrund von Angebotsrisiken angesichts anhaltender poli-
tischer Spannungen in den wichtigen Förderregionen Afrika
Brent $/bbl 110,6 1,2 -1,3 13,6 100,1
und Naher Osten beigetragen. Da das makroökonomische
Heizöl** $¢/gal 304,5 4,7 -1,7 14,7 91,3 Umfeld wohl den Boden erreicht hat, die Saudis als „Öl-
Gasöl $/t 945,8 2,3 -2,5 15,8 91,4 Zentralbank“ inzwischen eine Preisuntergrenze von
Benzin $¢/gal 284,7 5,9 3,8 19,5 91,9 100 $/bbl anstreben und die Asiaten das tendenziell wach-
sende Angebot zum Ausbau strategischer Reserven nutzen,
Erdgas** $/MMBtu 2,59 -16,7 -26,4 -39,9 -63,9
ist eher mit weiter steigenden Notierungen zu rechnen.
*Kontrakt laufender Monat;
** Mitglieder des CRB (CCI)-Energy
Quellen: CME Group, ICE, Bloomberg, Helaba Volkswirtschaft/Research
C
Edelmetalle Neuer Rückenwind durch Notenbanken
Edelmetalle haben zuletzt eine eindrucksvolle Wende voll-
Veränderung in % ggü. zogen. Gold kehrte dabei sogar astrein in den mittel-
fristigen Aufwärtstrendkanal zurück. Auslöser waren mas-
Aktuell* -1M -3M -12M -60M
sive Signale der Notenbanken, dass die Stabilisierung des
Finanzsystems und Wachstumsförderung gegenwärtig Prio-
Gold** $/oz 1717,9 7,8 -1,5 30,7 165,9 rität haben. Die konjunktursensitiven „Quasi-Industrie-
metalle“ Silber und Platin beflügelt auch, dass die Kon-
Silber** $/oz 33,4 16,6 -4,7 24,2 150,2 junkturerwartungen das Tief wohl erst einmal markiert
haben. Zusammen mit einem wahrscheinlich leichter ten-
Platin** $/oz 1605,0 12,0 -2,0 -10,1 36,6
dierenden US-Dollar gibt dies den Edelmetall-Preisen noch
Luft nach oben.
*Bloomberg Spot; ** Mitglieder des CRB (CCI)-Precious Metals
Quellen: Bloomberg, Helaba Volkswirtschaft/Research
Industrie Hoffnungen auf Konjunkturwende sorgen für Auftrieb
Veränderung in % ggü. Das Gespenst eines Konjunkturabsturzes in China, dem mit
Aktuell* -1M -3M -12M -60M Abstand größten Verarbeiter von Industrierohstoffen,
Aluminium $/t 2231,8 12,1 1,7 -5,5 -23,0 scheint vertrieben zu sein. Gleichzeitig hält sich das Verar-
beitende Gewerbe in den USA recht wacker. Selbst in der
Kupfer** $/t 8557,5 12,8 10,8 -8,7 49,8
Eurozone drehen die Geschäftserwartungen nach oben. Die
Blei $/t 2276,8 14,7 17,5 -6,8 32,6 ifo-Indikatoren als Barometer für das weltweite Konjunk-
Nickel $/t 21347,5 14,6 8,7 -18,4 -47,2
turklima zeigen auch wieder in Richtung Norden. Wenn
gleichzeitig die Produzenten bei den Kapazitäten etwas
Zink $/t 2178,3 18,0 18,2 -2,7 -40,0
vorsichtiger als bislang erwartet operieren, wäre eine weite-
Baumwolle** $¢/lb 95,6 8,7 -8,4 -43,6 76,6 re Erholung der Preise durchaus drin.
*LME Cash, Baumwolle: Kontrakt laufender Monat
**Mitglieder des CRB (CCI)-Industrials
Quellen: LME, ICE, Bloomberg, Helaba Volkswirtschaft/Research
Helaba Volkswirtschaft/Research ·27. Januar 2012 Helaba 4
5. Rohstoffreport Januar 2012
Getreide Moderate Preisrückgänge bei Rekordernten
Die Getreideernte 2011/2012 fällt in der südlichen Hemi-
Veränderung in % ggü. sphäre trotz Wetterproblemen in Südamerika offensichtlich
Aktuell* -1M -3M -12M -60M besser aus als erwartet. Auch in den nördlichen Breiten ist
mit Rekordernten zu rechnen. Allein höhere Ernten in den
USA, in Russland und der Ukraine sowie in Europa werden
Mais** $¢/bu 634,3 0,2 -2,6 -2,5 56,4 mögliche Ausfälle etwa in Argentinien mehr als ausglei-
chen. Andererseits wird insbesondere China ähnlich wie bei
Sojabohnen* $¢/bu 1219,5 1,6 -1,3 -12,9 71,6 anderen Rohstoffen niedrigere Notierungen immer wieder
nutzen, um antizyklisch Reserven zu bilden. Auch ange-
Weizen** $¢/bu 647,0 0,3 0,5 -23,5 39,6 sichts wieder höherer Bioenergienachfrage dürften somit
weitere mögliche Preisrückgänge nicht so stark ausfallen.
*Kontrakt laufender Monat; ** Mitglieder des CRB (CCI)-Grains
Quellen: CME Group, Bloomberg, Helaba Volkswirtschaft/Research
Genussmittel Zwischenerholung bei temporären Ernteunsicherheiten
Wetterkapriolen in Brasilien und Indien (Zucker), Kolum-
Veränderung in % ggü. bien (Kaffee) sowie Westafrika (Kakao) haben den Preis-
Aktuell* -1M -3M -12M -60M abwärtstrend bei Genussmitteln zuletzt erst einmal ge-
stoppt. Allerdings dürften die hierbei ausschlaggebenden
Wetterphänomene bald ein Ende finden. Das Angebot wird
Zucker** $¢/lb 24,7 4,8 -6,1 -25,4 130,7 somit im laufenden Jahr wohl wieder reichlich ausfallen.
Bei insgesamt eher gestiegenen Lagerbeständen wird daher
Kaffee** $¢/lb 219,7 0,0 -6,0 -7,5 88,9 in den kommenden Monaten die Entwicklung des Ver-
brauchs wieder in den Fokus rücken. Insbesondere hinsicht-
lich der Nachfrage seitens des sehr großen Genussmittel-
Kakao** $/t 2452,0 10,6 -8,9 -26,8 55,4
verbrauchers Europa nehmen die Fragezeichen noch zu.
*Kontrakt laufender Monat; **Mitglied im CRB (CCI)-Softs
Quellen: ICE, Bloomberg, Helaba Volkswirtschaft/Research
Tierprodukte Teure Rinder schlagen weiterhin Schweine
Veränderung in % ggü. Risikoadjustiert waren Tierprodukte 2011 das attraktivste
Anlagesegment in unserem Rohstoffuniversum. Während
Aktuell* -1M -3M -12M -60M
bei Rindern die Aussichten auch für 2012 günstig erschei-
nen, fällt bei Magerschweinen der fundamentale Ausblick
Lebendrind** $¢/lb 124,6 1,1 3,1 16,5 38,0
weniger gut aus. Trotz günstigerer Futtermittelpreise blei-
ben die Rinder-Notierungen wegen eines deutlich geringe-
Mastrind $¢/lb 153,9 4,6 10,0 22,0 63,5 ren Angebots aufwärts gerichtet. Erhöhte Exporte dürften
den Rückgang der Inlandsnachfrage mehr als kompensie-
ren. Bei Magerschweinen dämpft die geringere Auslands-
Magerschwein** $¢/lb 86,3 0,6 -0,4 2,8 35,1 nachfrage aufgrund der Produktionsausweitung in China.
*Kontrakt laufender Monat; **Mitglieder des CRB (CCI)-Livestock
Quellen: CME Group, Bloomberg, Helaba Volkswirtschaft/Research
Helaba Volkswirtschaft/Research ·27. Januar 2012 Helaba 5
6. Rohstoffreport Januar 2012
Ausgewählte Rohstoffgruppen
Energie: Allmählich günstigeres Makroumfeld sticht wachsendes Angebot – Geopolitik als Faktor X
Energieprodukte unseres Universums schlossen mit Ausnahme von US-Erdgas 2011 positiv ab.
Der Durchschnittspreis von Brent lag mit 111 $/bbl deutlich über Vorjahr und erstmals oberhalb
Schwellenländer und von 100 $/bbl. Henry Hub-Erdgas verzeichnete angesichts der US-Gasschwemme dagegen den
politische Ereignisse niedrigsten Durchschnittspreis seit 2002. Die Rohölnachfrage aus den Schwellenländern traf nach
trugen Rohölpreis 2011 dem Ausfall von Libyen (1,5 Mio. bbl/d) temporär auf ein spürbar geringeres Angebot. Der hier-
durch ausgelöste Preisschub ebbte angesichts der deutlich höheren Produktion Saudi Arabiens und
zunehmender Konjunkturunsicherheiten nach dem Frühjahr ab. Vornehmlich aufgrund von Trans-
portengpässen eingeschränkter Arbitrage koppelte sich die Rohölsorte WTI zeitweilig deutlich ab.
2011: Robuste Mineralölprodukte, Abwärtsdrift bei Erdgas 2012: Allmählich wieder zunehmende Nachfragedynamik
Index, in USD Mio. bbl/d Mio. bbl/d
160 160 95 5,5
Flüssigbrennstoffverbrauch Welt (EIA) EIA-Prognose 5,0
90 Gesamtverbrauch
140 140 (l.S.)
4,5
Gasöl 85 4,0
Heizöl 3,5
120 Benzin 120 80
Brent 3,0
WTI 75 2,5
100 100 Jahreswachstum (r.S.) 2,0
70 Andere 1,5
80 80 1,0
65
0,5
0,0
60 Erdgas 60
60 China
USA -0,5
55 -1,0
40 Kontrakt laufender Monat; indexiert, 03.01.2011 = 100 40
50 -1,5
Jan Feb Mrz Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez Jan Feb Mrz -2,0
45 -2,5
2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013
Quellen: CME Group, ICE, Bloomberg, Helaba Volkswirtschaft/Research Quellen: EIA (STEO Januar 2012), Helaba Volkswirtschaft/Research
Die Rohölnachfrage ist 2011 entgegen den meisten Schätzungen vermutlich das erste Mal seit
2008/2009 gesunken. Ursache waren Konjunkturberuhigung, der zuletzt relativ milde Winter und
das anhaltend hohe Preisniveau. Das wohl unerwartet moderate Verbrauchswachstum in Asien
Nachfragedynamik konnte die Rückgänge in anderen Regionen scheinbar nicht mehr ausgleichen. Auch aufgrund
allmählich wieder höher umfangreicher neuer Raffineriekapazitäten und angesichts erhöhter geopolitischer Risiken zu
niedriger strategischer Reserven dürften gerade China und Indien 2012 stärker als Abnehmer an
den Märkten auftreten. Zusammen mit der zu erwartenden Konjunkturerholung in den OECD-
Staaten dürfte dies zu einer Wiederbelebung der Rohölnachfrage führen.
Ausfall von Iran-Lieferungen durchaus schmerzhaft Südländer in Europa neben Asien besonders betroffen
Mio. bbl/d, Monatsendwerte Tsd. bbl/d, Durchschnitt Januar-Juni 2011
ITA 183
7 7
China 543 ESP 137
6 6
FRA 49
Rohölproduktion Iran NLD 33
5 5 Andere 50
Taiw an 33
4 4 Sri Lanka 39
3 3 Süd Afrika 98
2 2
Japan 341 Turkei 182
1 1
*bis 1988 Jahresendw erte
0 0
Süd Korea 244
62 68 73 78 83 88 93 98 03 08 13 Indien 328
Quellen: Bloomberg, Helaba Volkswirtschaft/Research Quellen: EIA, Helaba Volkswirtschaft/Research
Helaba Volkswirtschaft/Research ·27. Januar 2012 Helaba 6
7. Rohstoffreport Januar 2012
Das Angebot bei Energieprodukten wird auch 2012 im Fokus stehen: Bei Rohöl sind nicht nur
aufgrund zusätzlicher Kapazitäten außerhalb der OPEC-Staaten Produktionssteigerungen zu er-
Schockrisiko
warten. Die OPEC 11 hat sich auf ein höheres Förderziel von 30 Mio. bbl/d nach 24,85 Mio. bbl/d
konterkariert erhöhtes
verständigt, was deutlich über der jüngsten Rohölproduktion (ca. 28 Mio. bbl/d; inklusive Irak
Angebotspotenzial
30,7 Mio. bbl/d) liegt. Da die OPEC-Länder zumeist unter erheblichen budgetpolitischen Zwängen
stehen, dürfte dieses Ziel somit nicht nur wegen Libyen schon bald erreicht werden. Die freien
Kapazitäten werden u. E. im Gegensatz zu 2008 dennoch hinreichend sein. Allerdings sorgt das
politische Geschehen nicht nur im Nahen Osten für erhebliche Unsicherheit. Sollte sich die politi-
sche Führung im Iran nicht – wie in unserem Basisszenario unterstellt – rational verhalten, könnte
eine Eskalation des Konflikts zu größeren Lieferausfällen über einen längeren Zeitraum führen,
dem zumindest die großen Importeure aus Asien – ca. 85 % der Öltransporte durch die Strasse von
Hormus in Höhe von ca. 17 Mio. bbl/d gehen nach Asien – aufgrund selbst sehr kurzfristig unzu-
reichender „strategischer Reserven“ kaum gewachsen wären. Der Ölpreis würde vermutlich wie
bei früheren Schocks zeitweilig um 50 bis 100 % in die Höhe schießen.
Totaler Iran-Ausfall nicht leicht zu kompensieren USA mittlerweile Nettoexporteur bei Mineralölprodukten
Tsd. bbl/d, Wochenwerte Tsd. bbl/d, Wochenwerte
5000 5000
US- Handelssaldo Mineralölprodukte (IM-EX)
34000 34000
OPEC 11-Kapazitäten* 4000 4000
32000 32000
30000 OPEC 11- 30000 3000 3000
Rohölproduktion*
28000 28000 2000 2000
26000 26000 1000 1000
24000 24000
0 0
OPEC 11-Förderquotenziel*
22000 22000
-1000 -1000
20000 20000
00 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12 -2000 -2000
*Schätzung, ohne Irak (Produktion ca. 2,7 Mio. bbl/d, Kapazität ca. 2,8 Mio. bbl/d) 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12
Quellen: Bloomberg, Helaba Volkswirtschaft/Research Quellen: EIA, Helaba Volkswirtschaft/Research
Neben politischen Verwerfungen schlagen sich weiterhin strukturelle Veränderungen in den Ener-
giepreisen nieder. Nicht nur der Energiehunger der Schwellenländer, sondern auch die Anpassung
Wachstumsorientierte
der Industrieländer an das hohe Preisniveau sowie neue Technologien zeigen inzwischen Wirkung.
Wirtschaftspolitik gibt
Nachdem 2011 offensichtlich überzogene Knappheitsängste den Mineralölpreisen zeitweilig deut-
leichten Rückenwind
lich Auftrieb verliehen, werden 2012 wahrscheinlich die allmählich günstigeren makroökono-
mischen Perspektiven und nicht zuletzt die lockere Geldpolitik den Preisen Halt geben.
Erdgas als Alternative nicht nur in den USA Aufwärtsbewegung in engem Rahmen
Quotient, $/bbl zu ($/MMBtu x 5,8)
8 8
Helaba-Prognosen
7 7
WTI / Henry Hub Aktuell Q4/2011 Q1/2012 Q2/2012
6 6
5 5 WTI $/bbl 99,5 102 (93) 106 (99) 110 (104)
4 4 Brent $/bbl 110,6 112 (100) 114 (105) 116 (110)
3 3
Heizöl $¢/gal 304,5 310 (285) 315 (290) 320
2 2
Gasöl $/t 945,8 960 (900) 980 (920) 1000
1 1
Benzin $¢/gal 284,7 290 (240) 310 (255) 320
0 0
00 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12 Erdgas $/MMBtu 2,6 2,90 (3,70) 3,00 (3,80) 3,10
Quellen: CME Group, Bloomberg, Helaba Volkswirtschaft/Research Quellen: Helaba Volkswirtschaft/Research, CME Group, ICE, Bloomberg
Helaba Volkswirtschaft/Research ·27. Januar 2012 Helaba 7
8. Rohstoffreport Januar 2012
Edelmetalle: Monetäre Impulse und Erholung der Wachstumserwartungen stimulieren
Nach einem schwierigen vierten Quartal, in dem die „Industriemetalle“ Silber und Platin gegen-
über Jahresbeginn 2011 sogar in die Verlustzone abtauchten, sind Edelmetalle fulminant ins neue
Prächtiger Jahresauftakt
Jahr gestartet. Gold erlebte dabei den stärksten Januar seit über drei Jahrzehnten. Noch im Oktober
2012 nach ausgeprägter hatten umfangreiche Gewinnmitnahmen auch zur Deckung von Verlusten in anderen Anlagseg-
Konsolidierungsphase
menten und zur Beseitung von Liquiditätsengpässen ähnlich wie während der Finanzkrise das
gelbe Metall zeitweilig bis in den Bereich des mittelfristigen Aufwärtstrends gedrückt.
2011: Silber erst Top dann Flop, Platin nahe am Crash Hoher Bedarf an Dollar-Liquidität bremst Gold temporär aus
Index, in USD $/oz Index, invers
160 160 2000 65
Gold (linke Skala)
140 140 1600 70
75
120 Gold 120 1200
Silber 80
100 100 800
85
Platin
80 80 400
90
Dollarindex, invertiert (r.S.)
Bloomberg-Spot; indexiert, 03.01.2011=100
60 60 0 95
Jan Feb Mrz Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez Jan Feb Mrz 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012
Quellen: Bloomberg, Helaba Volkswirtschaft/Research Quellen: Bloomberg, Helaba Volkswirtschaft/Research
Angesichts kurzfristig nachlassender Teuerung fallen die Realzinsen zwar nicht mehr ganz so tief
aus. Gleichwohl werden die Opportunitätskosten der Goldanlage auch angesichts der jüngsten
Gold profitiert von
Operationen und Signale der großen Notenbanken wohl noch sehr lange Zeit außergewöhnlich
erneuter Befeuerung der
niedrig bleiben. So hat die Fed die Festschreibung der Niedrigzinsen auf 2014 ausgeweitet und
Inflationserwartungen
deren Präsident Bernanke zudem auf die Notwendigkeit erneuter quantitativer Maßnahmen ange-
spielt. Mit der Aussicht auf weitere Lockerungsrunden und angesichts der robusten Charttechnik
hat das gelbe Metall erhebliche Chancen, den Aufwärtstrend dynamischer als von uns zwischen-
zeitlich erwartet fortzusetzen. Auch die Finanzinvestoren werden sich wahrscheinlich nicht mehr
so zurückhaltend wie in den letzten Monaten zeigen und auf den fahrenden Zug aufspringen. Au-
ßerdem dürfte die Goldnachfrage in den Schwellenländern aufgrund des voraussichtlich allmählich
wieder nachgebenden Außenwerts des US-Dollar wieder an Fahrt gewinnen, zumal Gold dort
weiterhin als „Reservewährung“ gefragt sein wird. Ähnlich wie Basismetalle haben Silber und
Platin mit Überwindung des Konjunkturtals weiteres Aufwärtspotenzial.
Industriemetallcharakter bei Platin 2011 klarer Nachteil Edelmetalle noch mit Chancen
$/oz $/oz
1400 1400 Helaba Prognosen
1200 1200
Platin- minus Goldpreis Aktuell Q4/2011 Q1/2012 Q2/2012
1000 1000
800 800
600 600 Gold $/oz 1717,9 1750 (1650) 1800 (1700) 1850 (1750)
400 400
200 200
Silber $/oz 33,4 34,0 35,0 36,0
0 0
-200 -200
-400 -400
Platin $/oz 1605,0 1650 (1600) 1700 (1650) 1750
88 90 92 94 96 98 00 02 04 06 08 10 12
Quellen: State Street Global Advisors, Bloomberg, Helaba Volkswirtschaft/Research Quellen: Helaba Volkswirtschaft/Research, Bloomberg
Helaba Volkswirtschaft/Research ·27. Januar 2012 Helaba 8
9. Rohstoffreport Januar 2012
Industrie: Wechselspiel zwischen fragiler Nachfragerholung und kontrollierter Angebotsausweitung
Die schwache Nachfrage in Europa und Japan sowie temporär erhöhte Befürchtungen eines „Hard-
Landing“ in China haben 2011 einen Preisrutsch bei Industrierohstoffen ausgelöst. Besonders
Konjunkturtief
elastisch zeigten sich dabei Baumwolle, Kupfer und Nickel – Produkte die stark vom privaten
2011 verarbeitet
Konsum und von China beeinflusst werden. Die Nachfrageimpulse aus den zumeist intensiv mit
der Inflationsbekämpfung beschäftigten Schwellenländern reichten nicht, das wachsende Angebot
aufzunehmen. Auch die ziemlich hoffnungsvoll ins Jahr 2011 gestarteten Finanzinvestoren
bekamen rasch kalte Füße. Ein Teil der Preiseinbußen konnte in den letzten Wochen wettgemacht
werden, nachdem sich der Eindruck verstärkte, dass die Geldpoltik auch in China bald wieder
lockerer werde und die Konjunkturerwartungen selbst in Europa das Schlimmste hinter sich haben.
Tief ausgelotet Schwellenländer-Aktien machen Hoffnungen
Index; in USD Index in Tsd. Index
75 BOVESPA (linke Skala) 500
160 160
70
450
65
130 130 400
60
55 350
100 100
Aluminum
Zink 50 300
Blei
70 Kupfer 70 45
Nickel 250
Baumwolle 40
LME Cash; Baumwolle:Kontrakt laufender Monat, indexiert, 03.01.2011 = 100 200
40 40 35
MG-Basismatall-Index (rechte Skala)
Mrz
Mrz
Apr
Nov
Dez
Apr
Mai
Aug
Okt
Jan
Feb
Jun
Jul
Sep
Jan
Feb
30 150
2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012
Source: Thoms on Reuters Datas tream
Quellen: LME, ICE, Bloomberg, Helaba Volkswirtschaft/Research Quellen: Datastream, Helaba Volkswirtschaft/Research
China wird für Industrierohstoffe wahrscheinlich auch 2012 Hauptimpulsgeber bleiben. Aufgrund
der noch laufenden Bereinigungen im Immobiliensektor und der zuletzt nicht mehr ganz so gut
Erholungsansätze nicht geölten Exportschiene sind die Wachstumszweifel im Reich der Mitte zwar noch nicht ausge-
nur in Schwellenländern räumt. Andererseits scheint sich das chinesische Verbrauchervertrauen insbesondere aufgrund
deutlich verbesserter Einkommensperspektiven sichtbar zu erholen. Die Wende der ifo-
Geschäftserwartungen gibt der Konjunkturzuversicht ebenfalls gewisse Nahrung. Um aus der
Wachstumsfalle herauszukommen, brauchen allerdings nicht nur die USA vor allem höhere
Infrastruktur- und Bauinvestitionen. Der Kapitalstock der Industrieländer ist inzwischen ja auch
zum Teil erschreckend veraltet. Genügend Finanzierungsmittel sind eigentlich vorhanden. Sieht
man einmal von bestimmten Teilen der Finanzindustrie ab, so schwimmt der Unternehmenssektor
nicht nur in den USA, sondern auch in Europa im Geld. Die Wirtschaftspolitik muss nur handeln.
ifo-Geschäftserwartungen haben nach oben gedreht Kupfermarkt durch China etwas überfordert
Indexpunkte, 3Monatsveränderung Index Tsd. t, Monatswerte $/t
15 500 250 12000
MG-Basismetall-Index (rechte Skala) Kupfersaldo, Weltproduktion minus -verbrauch (linke Skala)
200
10 450 10000
150
400 100
5
8000
50
350 0 6000
0
-50
300 4000
-100
-5
250 -150 2000
Kupfer LME-Cash (rechte Skala)
ifo-Erwartungen (linke Skala) -200
-10 200 -250 0
-15 150 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12
2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011
Source: Thoms on Reuters Datas tream
Quellen: WBMS, LME, Bloomberg, Helaba Volkswirtschaft/Research Quellen: WBMS, LME, Bloomberg, Helaba Volkswirtschaft/Research
Helaba Volkswirtschaft/Research ·27. Januar 2012 Helaba 9
10. Rohstoffreport Januar 2012
Die schlechten Erfahrungen des vergangenen Jahres, als vor allem die Entwicklung des
Verbrauchs von Industrierohstoffen deutlich überschätzt wurde, lassen die Metallproduzenten
Wahrscheinlich fahren
2012 scheinbar einen vorsichtigeren Kurs fahren. Infolge unerwartet niedriger Verkaufspreise und
Metallproduzenten
sehr hoher Energiekosten dürften neue Kapazitäten relativ behutsam an den Markt gebracht
2012 auf Sicht
werden. Vor allem aber dürften Fazilitäten, die beim aktuellen Preisniveau nahe der
Verlustschwelle operieren, zurückgefahren werden. So versuchen etwa die großen Aluminium-
hersteller die vorhandenen Überkapazitäten durch Schließung zuletzt wenig lukrativer Aktivitäten
abzubauen. Ähnliches dürfte sich für Zink anbahnen, wo genauso wie bei Aluminium noch hohe
Lagerbestände existieren. Allenfalls bei Kupfer könnten kurzfristig Verspannungen auftreten, da
vor 2013 kaum zusätzliches Angebot vorhanden sein wird und der – nicht zuletzt wegen der
Verquickung des roten Metalls mit Finanzgeschäften – massive chinesische Nachfragesog immer
wieder für Kapriolen sorgt.
Nicht nur verbrauchsbedingte Nachfrage im Reich der Mitte Produzenten begrenzen wohl auch bei Zink das Angebot
Tsd. t, Monatswerte Tsd. t, Monatswerte
550 550 150 5000
Zinksaldo, Weltproduktion minus -verbrauch (linke Skala)
500 500 120
450 450 4000
China-Kupferimporte 90
400 400
60 3000
350 350
30
300 300
0 2000
250 250
200 200 -30
1000
150 150 -60 Zink LME-Cash
(rechte Skala)
100 100 -90 0
50 50 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12
01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12
Quellen: CGA China, Bloomberg, Helaba Volkswirtschaft/Research Quellen: WBMS, LME, Bloomberg, Helaba Volkswirtschaft/Research
Die Bodensuche der Notierungen scheint bei Industrierohstoffen zunächst einmal abgeschlossen
zu sein. Eine allmähliche Erholung der globalen Industrieproduktion aufgrund des robusten
Allmählich wieder Wachstums in den USA und wieder höherer Dynamik in den Schwellenländern, die zunehmend
besseres Umfeld positiv auf Europa abfärben, dürfte den Metallpreisen etwas Rückenwind geben. Mit Ausnahme
für Basismetalle von Aluminium weisen Basismetalle mittlerweile auch wieder tendenziell rückläufige
Lagerbestände auf. So mag zwar einiges, aber eben nicht alles von den nächsten geldpolitischen
Schritten der Chinesen abhängen.
Weiteres Erholungspotenzial
Helaba-Prognosen
Aktuell Q4/2011 Q1/2012 Q2/2012
Alum inium $/t 2231,8 2270 (2000) 2320 (2200) 2400
Kupfer $/t 8557,5 8700 (7350) 8900 (8000) 9200
Blei $/t 2276,8 2400 (1950) 2500 (2050) 2600
Nickel $/t 21347,5 22500 (16800) 23600 (18500) 24500
Zink $/t 2178,3 2250 (1950) 2300 (2100) 2450
Baum w olle $¢/lb 95,6 97 (85) 99 (90) 102
Quellen Helaba Volkswirtschaft/Research, LME, ICE, Bloomberg
Helaba Volkswirtschaft/Research ·27. Januar 2012 Helaba 10