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Fr,   3.9. / Fr, 17.9. / Sa, 18.9. / So, 19.9.2010                             20.00 Uhr
Werner-Otto-Saal



Friedrich Goldmann (1941 – 2009) »R. Hot bzw. Die Hitze«
Opernphantasie in über einhundert dramatischen, komischen, phantastischen
Posen nach dem Stück »Der Engländer« von Jacob Michael Reinhold Lenz
Text: Thomas Körner

Friedemann Büttner Robert Hot, ein Eng-Länder
Nicholas Isherwood Lord Hot, sein Vater
Timur Bekbosunov Lord Hamilton, dessen Freund
Gloria Rehm Die Prinzessin Armida von Carignan/Eine Buhlerin
Marco Valerio Ein Major, in sardinischen Diensten/Ein Beichtvater
John Harrison Peter, Bedienter
Heiko Starke Williams, ein Bedienter/Ein Wundarzt

modern art ensemble

Ferenc Gábor Musikalische Leitung
Henriette Sehmsdorf Regie
Stefan Bleidorn Bühne
Sarah Rolke Kostüme
Jens Schubbe Dramaturgie
Peer Niemann Technische Einrichtung und Organisation
Arno Waschk, Clemens Flick Korrepetition
Ingo Schulz, Detlef Flex Lichteinrichtung
Heiko Starke Regieassistenz
Carito Maldonado Bühnenassistenz
Desiree Townley Kostümhospitanz




Dauer ca. 80 Minuten, keine Pause

Präsentiert von




Handy ausgeschaltet? Vielen Dank!
Bitte beachten Sie, dass Medien-Aufnahmen aller Art während des Konzertes nicht zulässig sind.
Die Handlung
1. Akt
Turin, vor dem Palast der Prinzessin von Carignan
Der Eng-Länder Robert Hot hat sich in Italien in die Dienste der Armee bege-
ben, um der von ihm angebeteten Prinzessin von Carignan nahe und seinem
Vater fern sein zu können, der ihn in seiner Heimat mit der Tochter seines
Freundes Lord Hamilton verheiraten will und eine offizielle Karriere für den
Sohn plant. Als der Vater ihn aus der Armee freizukaufen beabsichtigt, sieht
Hot keine andere Möglichkeit, der Prinzessin nahe zu bleiben, als sich selbst
als Deserteur anzuzeigen. Von der ihm unerreichbar scheinenden Prinzessin,
die durch einen von ihm abgefeuerten Schuss auf ihn aufmerksam wurde,
erbittet er zumindest Mitgefühl, wenn sie seine Liebe schon nicht erwidern
könne. Dem entspricht die Prinzessin. Kurz darauf wird Hot als Deserteur
verhaftet.


2. Akt
1. Szene: Der Prinzessin Palast
Die Prinzessin bewirkt im Gespräch mit dem Major, dass die Hot drohende
Todesstrafe zu lebenslanger Haft abgemildert wird.
2. Szene: Hots Gefängnis. In der Dämmerung
Hot schließt gerade mit seinem Leben ab, als die Prinzessin – verkleidet als jun-
ger Offizier – im Gefängnis erscheint, um Hot sein Urteil zu verkünden. Um
seine Einsamkeit zu mildern, übergibt sie Hot ein Amulett mit ihrem Bildnis.
    Lord Hot kommt, um seinen Sohn abzuholen, den er auch aus der Haft
freigekauft hat. Hot folgt ihm widerwillig.
Die Handlung




3. Akt ist
Es ist Mitternacht, mehr gegen die Morgenstunde. In Hots Zimmer, Turin.
Vergebens versuchen Lord Hot und Lord Hamilton, Hot durch allerlei Ver-
gnügungen und Verlockungen von seiner Leidenschaft für die Prinzessin
abzubringen.


4. Akt
In scheinbar sternheller Nacht
Hot, als Savoyard verkleidet, reflektiert unter dem Fenster der Prinzessin in
der Pose eines Troubadours seine Situation und resumiert: »Genieße nicht,
empfinde nicht. Handle!«


5. Akt
In Hots Zimmer
Hot liegt krank im Bett. Mit der fingierten Nachricht, die Prinzessin heirate
einen anderen und lade zur Hochzeit, versuchen Lord Hot und Lord
Hamilton erneut, Hots Leidenschaft für die Prinzessin abzukühlen. Die
Nachricht verschlimmert Hots Situation, der sich umzubringen versucht. Die
Prinzessin erscheint als Buhlerin verkleidet und gibt sich Hot zu erkennen.
In einer Farce täuschen beide Hots Selbstmord vor. Von Lord Hot gerufen,
erscheint ein Beichtvater. Der vermeintlich dem Tode nahe Hot springt plötz-
lich aus dem Bett und enteilt gemeinsam mit der Prinzessin: »Behaltet euren
Himmel für euch!«
Über Götz von Berlichingen
Wir werden geboren – unsere Eltern geben uns Brot und Kleid – unsere
Lehrer drücken in unser Hirn Worte, Sprachen, Wissenschaften, – irgend ein
artiges Mädchen drückt in unser Herz den Wunsch es eigen zu besitzen, es
in unsere Arme als unser Eigentum zu schließen, wenn sich nicht gar ein
tierisch Bedürfnis mit hineinmischt – es entsteht eine Lücke in der Republik
wo wir hineinpassen – unsere Freunde, Verwandte, Gönner setzen an und
stoßen uns glücklich hinein – wir drehen uns eine Zeitlang in diesem Platz
herum wie die andern Räder und stoßen und treiben – bis wir wenns noch so
ordentlich geht abgestumpft sind und zuletzt wieder einem neuen Rade Platz
machen müssen – das ist, meine Herren! ohne Ruhm zu melden unsere Bio-
graphie – und was bleibt nun der Mensch noch anders als eine vorzüglich-
künstliche kleine Maschine, die in die große Maschine, die wir Welt, Weltbe-
gebenheiten, Weltläufte nennen besser oder schlimmer hineinpaßt.
    Kein Wunder, daß die Philosophen so philosophieren, wenn die Menschen
s o l e b e n. Aber heißt das gelebt? Heißt das seine Existenz gefühlt, seine
selbstständige Existenz, den Funken von Gott? Ha er muß in was Besserm
stecken, der Reiz des Lebens: denn ein Ball anderer zu sein, ist ein trauriger
niederdrückender Gedanke, eine ewige Sklaverei, eine nur künstlichere, eine
vernünftige aber eben um dessentwillen desto elendere Tierschaft. Was lernen
wir hieraus? … Das lernen wir hieraus, daß handeln, handeln die Seele der
Welt sei, nicht genießen, nicht empfindeln, nicht spitzfündeln, daß wir
dadurch allein Gott ähnlich werden, der unaufhörlich handelt und unaufhör-
lich an seinen Werken sich ergötzt: das lernen wir daraus, daß die in uns han-
delnde Kraft, unser Geist, unser höchstes Anteil sei, daß die allein unserm
Körper mit allen seinen Sinnlichkeiten und Empfindungen das wahre Leben,
die wahre Konsistenz den wahren Wert gebe, daß ohne denselben all unser
Genuß all unsere Empfindungen, all unser Wissen doch nur ein Leiden, doch
nur ein aufgeschobener Tod sind. Das lernen wir daraus, daß diese unsre han-
delnde Kraft nicht eher ruhe, nicht eher ablasse zu wirken, zu regen, zu
toben, als bis sie uns Freiheit um uns her verschafft, Platz zu handeln, guter
Gott Platz zu handeln und wenn es ein Chaos wäre das du geschaffen, wüste
und leer, aber Freiheit wohnte nur da und wir könnten dir nachahmend drü-
ber brüten, bis was herauskäme — Seligkeit! Seligkeit! Göttergefühl das!

Verzeihen Sie meinen Enthusiasmus!

Nicht von Göte. Von Lenz
Handle
Ungefähr in der Mitte von Friedrich Goldmanns »R. Hot bzw. Die Hitze« gibt
es eine absurde Szene. Der Protagonist des Stückes macht sich daran, seiner
Angebeteten unter deren Fenster ein Ständchen zu singen. Als Begleitinstru-
ment benutzt er eines, das zwar ähnlich funktioniert wie die mittelalterliche
Leier, aber Klänge hervorbringt, die gänzlich ungeeignet scheinen, amourösen
Verlautbarungen zu sekundieren: eine Ratsche, der bekanntlich nur unsanft
knatternde Töne zu entlocken sind.
    Der vorgetragene Text ist denn auch weit entfernt von allem Romanti-
schen, sondern skizziert in prononcierten Worten das Bild einer die Indivi-
duen entmündigenden Gesellschaft und liefert gleich noch das Rezept, wie
der Einzelne solcherart ausgeübtem Zwang zu begegnen habe:

genieße nicht
empfinde nicht
Handle
Handle




Der Singende bedient sich dabei eines Tonfalls, der deutlich an die sogenann-
ten Kampflieder gemahnt, wie sie jedem, der im Osten Deutschlands vor
1989 gelebt hat, geläufig waren. Allein durch diesen Tonfall wurde klar, dass
die Worte weniger auf den unmittelbaren Kontext des Stückes sondern vorab
auf die Gegenwart zu beziehen waren.
    Der Autor dieser Zeilen ging bei der ersten Lektüre von Goldmanns
»Hot« und noch geraume Zeit später davon aus, dass es sich bei dem Text die-
ser Passage um eincollagierte Worte des Librettisten handle und musste sich
dann verblüfft belehren lassen, dass sie einem Text von Jacob Michael Rein-
hold Lenz entstammen: »Über Götz von Berlichingen«. Thomas Körner hatte
Teile dieses Textes nur geringfügig verändert in das Libretto eingearbeitet.
    Das provozierte Erinnerungen an jene Zeit – die 70er und 80er Jahre in
der DDR –, in welcher der Literatur im besonderen, aber auch den anderen
Künsten die Aufgabe zuwuchs, Wahrheiten, die nicht direkt ausgesprochen
werden konnten, chiffriert zu formulieren. Damals erwachte auch das Inter-
esse an der Literatur des Sturm und Drang, der Klassik, der Frühromantik
und des Vormärz neu. Vor allem die Außenseiter, die tragischen Figuren unter
den Dichtern – Lenz und Hölderlin, aber auch Kleist und Büchner – dienten
als Identifikationsfiguren und ihre Werke als Projektionsräume. Die Erfah-
rung von Perspektivlosigkeit, das Aufbegehren gegen normierte, fremdbe-
stimmte Lebensläufe schienen hier paradigmatisch formuliert, sie avancierten
zu Brüdern im Geiste. Friedrich Goldmanns 1974 komponierte Opernphan-
tasie »R. Hot bzw. Die Hitze« gehörte zu den ersten Werken, in denen sich
diese Tendenzen manifestierten.




Geschichten aus Absurdistan
Goldmann, Jahrgang 1941, hatte Ende der 50er Jahre sein Kompositionsstu-
dium in Dresden bei Johannes Paul Thilmann begonnen, einem erzkonserva-
tiven und politisch linientreuen Komponisten, der einen an Hindemith orien-
tierten Stil pflegte. Goldmann freilich pilgerte schon damals – noch waren die
Grenzen offen – zu den Darmstädter Ferienkursen und besuchte ein Seminar
bei Stockhausen, der der offiziellen Musikwissenschaft und Kulturpolitik im
Osten geradezu als Unperson und Inbegriff »westlicher Dekadenz« galt. 1962
ging Goldmann nach Berlin, nahm Unterricht bei Rudolf Wagner-Regeny (für
den er »der serielle Herr Goldmann« war) und arbeitete gleichzeitig für das
Berliner Ensemble. Hier knüpfte er Kontakte zu Heiner Müller, Ruth Berg-
haus und vor allem zu Paul Dessau, der ihm eine Art Mentor wurde. Im Laufe
der 60er Jahre, vor allem gegen Ende des Jahrzehnts, wurden die kulturpoliti-
Geschichten aus Absurdistan




schen Restriktionen partiell aufgeweicht, konnten die Komponisten allmäh-
lich avancierte musiksprachliche Mittel adaptieren und etablierte sich eine
unabhängige, kritische Avantgarde, repräsentiert beispielsweise durch Reiner
Bredemeyer, Paul-Heinz Dittrich, Georg Katzer, Friedrich Schenker, Tilo
Medek, Christfried Schmidt und eben auch Friedrich Goldmann. Denkwür-
dige Werke jener Jahre waren etwa Paul Dessaus zwölftönige Oper »Puntila«
(die, schon Ende der 50er Jahre fertiggestellt, erst 1966 uraufgeführt werden
konnte), die Sinfonie »In memoriam Martin Luther King« von Friedrich
Schenker (1969/70), die »Bagatellen für B.« (1970) von Reiner Bredemeyer
oder die Orchesteressays I – III von Friedrich Goldmann.
    Welch haarsträubenden Diskussionen sich die Komponisten damals den-
noch ausgesetzt sahen, sei durch wenigstens einen Zeitzeugenbericht doku-
mentiert. Er stammt von Gerhard Müller und bezieht sich zunächst auf Reiner
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Bredemeyer: »Wir begegneten uns zuerst auf einem der damaligen Kongresse
des Komponistenverbandes, und für mich, der ich über die unendlich salbungs-
vollen Reden, deren Wiederabdruck aus aufklärerischen Gründen zu fordern
wäre, für Zeitungen zu berichten hatte, war Bredemeyers Beitrag der einzige
Lichtpunkt. Dafür stand er später auch in keinem Protokoll. Schlicht unter-
schlagen hatte man ihn mit der Begründung, es handle sich um keine Rede. Er
zog einen Zettel aus der Tasche und sagte: ›Ich verlese einen Rundbrief des
Schweriner Bezirksverbandes an die Kulturfunktionäre des Bezirkes.‹ In dem
Brief aber stand in ungeschickten und lächerlich dummen Worten, dass der
Klassenfeind auch vor der Musik nicht halt mache und in Gestalt des Stralsun-
der Dirigenten Peter Gülke und des unreifen Berliner Komponisten Friedrich
Goldmann bis auf das Territorium der Volkswerft Stralsund vorgedrungen sei.
Denn dieser Gülke habe vor Arbeitern mit Erfolg in einer Werkhalle Gold-
manns avantgardistisches Orchesterstück ›Essay III‹ aufgeführt und erläutert.
Der begeisterte Beifall sei aber ein falscher gewesen. Solche Abweichungen
vom rechten Bitterfelder Weg hätten künftig zu unterbleiben. Das Auditorium,
solcherart mit dem wirklichen Mechanismus der Kulturpolitik konfrontiert,
schwieg peinlich berührt. Ich ließ mir den Brief geben und druckte ihn im
›Eulenspiegel‹ mit einem bissigen Kommentar ab. So trat, notabene, die
›Musik-Eule‹ ins Leben, die von Rechts wegen auch zu den Erfindungen Brede-
meyers und in die Paralipomena seines Werkverzeichnisses gehörte. Es gab
Gelächter, und Ärger, und dank Schwerin kam Goldmann ins Gerede, und die
Aufführungen, die man verhindern wollte, fanden nach und nach alle statt.«
    1975 erhielt dann der nicht lange zuvor von Walther Siegmund-Schultze
der »spätbürgerlichen Dekadenz« geziehene Goldmann für seine im Jahr
zuvor fertiggestellte Opernphantasie »R. Hot« den ersten Preis in der Sparte
Musikdramatik in einem vom Ministerium für Kultur aus Anlass des 25. Jah-
restages der DDR ausgelobten Wettbewerb. Hatte der Autor einen Kotau vor
dem Regime vollzogen? Ganz im Gegenteil! Was bewog dann aber die gewiss
nicht staatsfernen Juroren zur Preisverleihung? War es das Interesse, das man
dem »progressiven bürgerlichen Dichter Lenz« entgegenbrachte? War es Mut
oder schlicht Ahnungslosigkeit? Denn das Werk enthielt nichts weniger als
die verkappte Aufforderung, jenem Staat, der die Auszeichnung verlieh, den
Rücken zu kehren.
    Angeregt wurde »Hot« durch den Librettisten Thomas Körner, der sich –
nachdem ein auf dem Lenz-Drama »Der neue Menoza« beruhendes Opern-
projekt mit Reiner Bredemeyer nicht zustande gekommen war – an Friedrich
Goldmann mit dem Vorschlag wandte, Lenz’ dramatische Phantasie »Der
Engländer« zur Grundlage eines Musiktheater-Stückes zu machen. Sigrid
Neef, damals Dramaturgin an der Staatsoper, wurde involviert. Sie vermittelte
den Auftrag: »R. Hot« sollte in der von ihr betreuten Reihe »Neues im Apollo-
Das Konzerthausorchester Berlin
                                           beim musikfest berlin 2010
                                           am 16. September 2010 in der Philharmonie




                                           musik
                                           fest
                                           berlin
Philharmonie | Kammermusiksaal
Gethsemanekirche | Parochialkirche
                                           2. September
                                           bis 21. September
                                                                        1o
Konzerthaus Berlin


Berliner Festspiele in Zusammenarbeit      vollständiges Programm und Tickets unter
mit der Stiftung Berliner Philharmoniker   (030) 254 89 100 | www.musikfest-berlin.de
Geschichten aus Absurdistan




Saal« uraufgeführt werden. 1974 war die Komposition fertig, aber erst 1977
konnte die Uraufführung stattfinden. Wie uns Friedrich Goldmann in einem
Telefonat wenige Wochen vor seinem Tod mitteilte, war es vor allem der Hart-
näckigkeit und des diplomatischen Geschicks des damaligen Staatsopernin-
tendanten Hans Pischner zu verdanken, dass die Aufführung zustande kam.
Eine Konzession war freilich vonnöten. Das Werk endet mit einem vom Band
eingespielten Kinderchor mit dem nicht ganz jugendfreien Text:

Hot hat nun die Jungfrau
Die er ritzt
Heiß wie der Saft
Den er verspritzt
Und rot ist der Stern
Der auf uns blitzt

Nicht etwa die erotischen Anspielungen sondern die letzten beiden Zeilen
mussten elektronisch so verfremdet werden, dass sie unverständlich wurden.
Aber auch diese Maßnahme mutet absurd an, denn das Libretto war in der
Reihe Peters-Textbücher zu erwerben. Nach Mitteilung von Thomas Körner
wurden 4000 Exemplare abgesetzt.




»Der Engländer«
Lenz’ 1777 geschriebene dramatische Phantasie »Der Engländer« erzählt
vom Versuch eines jungen Menschen, den Anspruch auf ein selbstbestimmtes
Leben und auf eine erfüllte Liebe gegen die Generation der Väter und das
Funktionieren innerhalb der Koordinaten eines von ihnen bestimmten
Systems durchzusetzen. Um dem Vater zu entkommen, hat sich Hot in den
Dienst der Armee nach Turin begeben. Dort verliebt er sich in die Prinzessin
Carignan. Die freilich bleibt – aus Standesgründen und weil sie die Liebe nicht
erwidert – für Hot unerreichbar, der sich als Deserteur festnehmen lässt, um
wenigstens unter den Augen der Prinzessin sterben zu dürfen. Die Prinzessin,
die sich für das Geschehen verantwortlich fühlt, bewirkt eine Abmilderung der
Todes- zur Haftstrafe. Der vermögende Lord Hot kauft seinen Sohn frei, der
sich freilich weiterhin weigert, nach England zurückzukehren und sich den
Plänen des Vaters zu fügen. Als Lord Hamilton – ein Freund des Vaters, der
seine Tochter mit Hot vermählen möchte – eine Buhlerin zu Hot schickt, um
ihn von der Prinzessin abzulenken und ihm Freude am Leben zu schenken,
durchschaut Hot die Absicht und ersticht sich.
»Der Engländer«




In Lenz’ dramatische Phantasie dürfte viel Autobiographisches eingeflossen
sein. Schließlich war der Autor ebenso wie sein Held Robert Hot einem über-
mächtigen Vater entflohen. Das letztendliche Scheitern des Emanzipations-
versuchs Hots wirkt so gleichsam als erschreckend hellsichtige Prophetie von
Lenz’ eigenem tragischen Lebensweg.
    Der im »Engländer« dargestellte »Widerspruch zwischen dem Anspruch
des Menschen nach Autonomie und Handlungsfreiheit einerseits und seiner
täglich als ebenso empörend wie unvermeidbar erfahrenen Determination
andererseits« war Lenz’ zentrales Thema und wurde in seinen Dichtungen in
immer neuen Varianten eingekreist. Die Determination der menschlichen
Existenz wurde nach Lenz »sowohl durch äußere Kräfte bewirkt, besonders
die gesellschaftlichen und politischen Zustände als auch durch innere,
schwerer fassbare Mächte, die für Lenz alle in der ›Konkupiszenz‹ des
Menschen wurzeln – also in seiner Triebnatur, letztlich in seiner Sexualität.«
    Diese Sicht auf den Menschen und seine Existenz artikulierte Lenz’ in
einer unerhört radikalen und modernen Art und Weise, die »ihn nicht nur als
irritierendsten und wirkungsmächtigsten Dramatiker des Sturm und Drang
(zeigt), sondern auch als Vorbereiter einer modernen Dramatik der ›offenen
Form‹ (Volker Klotz), die das Bürgerliche Trauerspiel zum sozialen Drama
weitertreibt, sich gegen die aristotelischen Regeln an Shakespeare orientiert,
die strikte Trennung von Komödie und Tragödie aufhebt und eine neue, gesti-
sche Figurensprache präsentiert.« (Die Zitate stammen aus einem mit MR sig-
nierten Text auf einer Lenz gewidmeten Website der Uni Duisburg/Essen).
Im Geiste Brechts
Brecht knüpfte an Lenz an, als er seine Vorstellungen vom epischen Theater
entwarf: »Das epische Theater ist hauptsächlich interessiert an dem Verhal-
ten der Menschen zueinander, wo es sozialhistorisch bedeutend (typisch) ist.
Es arbeitet Szenen heraus, in denen Menschen sich so verhalten, daß die
sozialen Gesetze, unter denen sie stehen, sichtbar werden.« Der Brechtschen
Idee des epischen Theaters sahen sich auch Thomas Körner und Friedrich
Goldmann verpflichtet. In ihrer Version des Lenzschen Stückes griffen sie
Lenz’ Ansatz auf, radikalisierten ihn und modifizierten ihn an einer – freilich
entscheidenden – Stelle.
   Körner treibt die schon bei Lenz zu beobachtende Tendenz zu einer knap-
pen, pointierten Sprache auf die Spitze. So lautet der Beginn bei Lenz:

Robert:
Da steck ich nun im Musketierrock, ich armer Proteus. Habe die Soldaten und
ihre Knechtschaft und ihre Pünktlichkeit sonst ärger gehaßt wie den Teufel! –
Ha! Was täte man nicht um dich, Armida? Es ist kalt. Brennt doch ein ewiges
Feuer in dieser Brust, und wie vor einem Schmelzofen glüh ich, wenn ich
meine Augen zu jenen roten Gardinen erhebe. Dort schläft sie, dort schlum-
mert sie jetzt vielleicht.

Daraus wird bei Thomas Körner:

Hot:
Da steck ich nun
In Uniform
Ich – Soldat
Zum Teufel

Doch was tät
Man nicht um dich
Wunderbare
Armida

O ewiges Feuer
Schmelzofen Brust
Ich glühe
Sie schläft
Im Geiste Brechts




Diese Verknappung löst die syntaktischen Strukturen der Sätze teilweise auf
und tendiert zum Lyrischen – vor allem auch, weil gelegentlich die semanti-
sche Eindeutigkeit der sprachlichen Gebilde absichtsvoll aufgegeben wird.
Damit öffnet die Sprache der Musik und der Szene Freiräume, in denen sie
die assoziative Phantasie der Hörer befeuern können.
    Der sprachlichen Verknappung entspricht eine der szenischen Strukturen.
Die Kontinuität der Bühnenhandlung wird ersetzt durch eine Folge von
»Posen«: manchmal nur wenige Momente dauernden Kurzszenen, gleichsam
Tableaux vivants, die eine bestimmte Situation, Haltung, Emotion oder
Befindlichkeit pointiert ausstellen. Damit eignet dem szenischen Geschehen
eine betonte Künstlichkeit, die ganz im Brechtschen Sinne das distanzierte
Beobachten ermöglicht.
    Der entscheidende Eingriff in Lenz’ Vorlage betrifft den Schluss des
Stückes. Endet »Der Engländer« tragisch mit dem Freitod Robert Hots, so
gibt es in »R. Hot« ein lieto fine. Die Prinzessin erscheint im letzten Akt als
Buhlerin verkleidet und gibt sich Robert zu erkennen. Beide fingieren
Roberts Selbstmord, um dann im Angesicht der verdutzten Gesellschaft von
der Bühne zu tanzen. Damit wird die Figurenkonstellation gegenüber der
Vorlage neu akzentuiert. Die Prinzessin wird stärker zur Agierenden: sie gibt
ihre Macht und die Privilegien ihres Standes auf zugunsten eines selbstbe-
stimmten Daseins und des Versuchs, einer Liebe Realität zu geben. Autono-
mes Handeln siegt über fremdbestimmtes Funktionieren.
    Dieses happy end wirkt freilich extrem unwirklich, ein Eindruck, der
noch durch den per Band eingespielten, von Thomas Körner hinzugedichte-
ten Kinderchor verstärkt wird. Diese Künstlichkeit, die die »Positivität« des
Schlusses unter der Hand relativiert, griff schon unmerklich im vierten Akt
Raum, wenn Hot die eingangs zitierte Aufforderung zum Handeln artikuliert,
denn diese Szene soll in »scheinbar« sternheller Nacht spielen.
    Ein solches Spiel mit Vieldeutigem und Andeutungen wird in »R. Hot«
permanent entfacht. Auf der sprachlichen Ebene sind dafür auch Zitate, zita-
thafte Anspielungen und Paraphrasen verantwortlich, die Körner in den Text
integrierte. Das bedeutendste »Implantat« ist die erwähnte Passage aus der
Schrift »Über Götz von Berlichingen«, die Worte des Beichvaters hingegen
sind dem »Versuch über das erste Principum der Moral« entnommen. Fund-
stücke aus dem wirklichen Leben blitzen auf: den Spruch »Den Guten das
Beste, den Bösen die Reste« haben die Autoren auf einem Bierdeckel gelesen
und legten ihn der Prinzessin und Hot in den Mund. Biographisches wird ein-
gemischt. Der dem Wahnsinn nahe Hot agiert, wie es vom paranoiden Lenz
überliefert ist, etwa in Oberlins Darstellung über Lenz’ Aufenthalt im Steintal
und deren künstlerischer Umformung in Büchners Lenz-Novelle. (Pose 44:
Hot beißt sich in die Hände, Pose 66: Hot reißt sich an Haaren, Pose 67: Hot
Im Geiste Brechts




rennt mit dem Kopf gegen die Wand und sinkt zu Boden) »Der Effekt, der
durch das System von Zitaten und Anspielungen entsteht, ist dabei bedeut-
sam: es entsteht eine Unklarheit über die Grenzen zwischen eigentlichem
und uneigentlichem – zitathaften – Sprechen, ein Labyrinth von vom Rezi-
pienten geahnten oder gewussten Anspielungen, das einmal in Bewegung
gesetzt – Bedeutungen freisetzen kann und wohl auch soll (…).« (Dörte
Schmidt) Ein Beispiel: Bei Lenz spricht Robert im 4. Akt folgenden Satz:

Ich, der einzige meiner Familie, auf dessen sich entwickelnde Talente ganz
England harrte?

Thomas Körner modifiziert diesen Satz so, dass er unversehens klingt, als seien
Bruchstücke der DDR-offiziellen Phraseologie windschief zusammengesetzt
und so unter der Hand deutlich wird, welches Eng-Land gemeint ist:

Ich – das Vaterland
Ganz gestützt
Allseitig auf mein
Entwickeltes Talent
Permanentes »als ob«
Ohrenfälligste Eigenart der Musik zu »R. Hot« ist deren Heterogenität: Auf
engstem Raum wird Musik verschiedenster Faktur und Stilistik in oft hartem
Schnitt aneinandergesetzt. Da begegnen zwölftönige Strukturen, dann wieder
dominieren simple Dreiklänge oder modal gefärbte Episoden. Glutvolle
Ariosi und dicht gearbeitete Ensemblesätze scheinen auf wie Versatzstücke
aus dem Sprachrepertoire der Oper. Musik aus der Trivialsphäre wird einge-
blendet – seien das eine Rockparaphrase, Kampfliedintonationen, ein banaler
Walzer oder ein naives Kinderlied. In dieser Eigenart vor allem meinten wir –
und natürlich im Stoff, der einen Deserteur als Hauptfigur etabliert –, eine
Verwandtschaft zu Gustav Mahler zu erkennen und haben »R. Hot« in den
ersten Mahler-Schwerpunkt des Konzerthauses integriert. Das wir damit so
falsch nicht lagen, hat der Komponist selbst bestätigt.
     Ein unausgesetzter Wechsel der Tonfälle, von »eigentlichem« und »unei-
gentlichem« Sprechen wird etabliert. Mal verstärkt die Musik, mal kommen-
tiert, parodiert oder kontrapunktiert sie das Bühnengeschehen und imaginiert
einen manchmal verwirrenden Perspektivwechsel, ein fortwährendes Durch-
dringen verschiedenster Ebenen, ein Spiel mit Assoziationen, Allusionen und
Andeutungen.
     Nahezu jede der 112 Posen erhält ihre spezifische klangliche Färbung.
Dennoch gelingt es Goldmann, die zentrifugalen Kräfte, die solche Heteroge-
nität einschließt, zu bändigen: vor allem dadurch, dass bestimmte klangfarbli-
che, motivische, strukturelle Elemente jeweils größere szenische Einheiten
dominieren.
     Eingangs ist das der Ton d, der orgelpunktartig in den ersten Posen präsent
ist, in denen der unter dem Fenster der Prinzessin patrouillierende Hot seine
Situation reflektiert. Man ist unwillkührlich an Bernd Alois Zimmermann
erinnert, für den der Ton d eine symbolische Bedeutung hatte: als Todeston, als
Rezitationston der katholischen Liturgie. In der »Ekklesiastischen Aktion«, in
»Stille und Umkehr« und vor allem in »Die Soldaten« erhielt das d diese Prä-
senz. In »Hot« dominiert dieser Ton, wenn wir den Protagonisten in der Uni-
form des Soldaten gewahren – vielleicht eine Reverenz an Zimmermann.
     Mit dem Erscheinen der Prinzessin wird nachvollziehbar, wie instrumen-
tale Färbungen mit einzelnen Figuren korrespondieren können: ihr sind vor
allem Flöte und Oboe zugeordnet. Hot wird eher durch die Klarinette reprä-
sentiert, Lord Hot durch das »väterliche« Instrument per se, das Fagott, Lord
Hamilton durch das Horn. Dem Miniturensemble aus fünf Bläsern, denen
sich E-Orgel und Kontrabass als ein verfremdeter »Basso continuo« gesellen,
wird ein enormer Farbreichtum abgewonnen, zumal alle Bläser sich auch als
Permanentes »als ob«




Schlagzeuger zu betätigen haben und der Klang ihrer Instrumente gelegent-
lich drastisch verfremdet wird.
    Hots so sarkastischer wie verzweifelter Selbstreflexion im Gefängnis ent-
spricht ein erster, geradezu anarchischer Einbruch von Trivialmusik in Gestalt
einer vom Band eingespielten Rockparaphrase.
    Wenn die Prinzessin als Offizier verkleidet im Gefängnis erscheint, sekundie-
ren merkwürdige Verlautbarungen des Kontrabasses die Szene: Dreiklangsbre-
chungen im hohen Register, die klingen wie aus der Ferne ertönende, erstickte
Fanfaren. Fast ist man an Mahlers »Wo die schönen Trompeten blasen« erinnert,
ein Lied, das – so Friedrich Goldmann im schon erwähnten Telefongespräch – an
einer Stelle wörtlich (wenn auch unbewusst) zitiert sein soll.
    Mit dem Auftritt des Vaters greift ein greller, karikaturhafter Tonfall Raum,
werden die Klänge des Bläserquintetts denaturiert: ein extremer Kontrast zu
den von weiträumigen ariosen Gebilden beherrschten vorangegangenen Posen.
Wenn Hot nach der Auseinandersetzung mit dem Vater allein für sich sinniert
»diese Klarheit …«, entspricht dem eine gleichsam kristalline musikalische
Struktur: eine an Webernschen Modellen orientierte, aus einem dreitönigen
Motiv und seinen kontrapunktischen Varianten gewonnene Reihe, die in
merkwürdig fahler Färbung (E-Orgel, Fagott) den weiträumigen Satz prägt.
    Im dritten Akt wird das Quartintervall zum konstitutiven Element und
färbt auch jene Passage, in der Lord Hamilton in belcantohaftem Tonfall
Robert Hot die unwiderstehlichen Reize einer Italienerin schmackhaft zu
machen versucht: ein Arioso, das klingt, wie eine Mesalliance aus »Goldenem
Pavillon«, Strawinsky und Puccini.
    Die erwähnte Szene, in der Hot unter dem Fenster der Prinzessin den
Troubadour gibt und unversehens ins Kampfliedidiom verfällt, ist auch klang-
lich ins Groteske, Farcenhafte getrieben. Drei der Bläser haben sich im Spiel
der Maultrommeln zu versuchen, die beiden anderen sekundieren mit Mara-
cas und Claves, anfangs blitzen Cluster der E-Orgel auf, später dann obliegt es
dem Kontrabass, mit Hots Gesang zu duettieren: eine Arie aus Absurdistan.
    Im fünften Akt begegnen Texturen, die dem Klischee von Neuer Musik
entsprechen: weite Intervallsprünge, extreme dynamische Kontraste, kom-
plexe, kontrapunktische Verschränkung der Stimmen, zerklüftete Rhythmen.
Enorme spieltechnische Anforderungen haben die zunächst »ordinario« zu
spielenden Instrumente zu bewältigen. Hier wird gleichsam »ernst gemacht«.
Um so unwirklicher, unglaubhafter wirkt sodann das sich anbahnende happy
end: mit Erscheinen der Prinzessin wird ungetrübtes C-Dur etabliert. Wie in
einem Kaleidoskop werden die gegensätzlichsten Idiome auch fortan anein-
andergefügt. Auf dem Höhepunkt der Sterbefarce geben Prinzessin, Lord
Hamilton, Lord Hot und der Diener Peters in bester Opera buffa-Manier
simultan ihre jeweils konträren Statements ab:
Permanentes »als ob«




So   retten sie doch ihre Seele
So   rettest du nicht eine Seele
So   retten sie doch eine Seele
So   retten sie auch meine Seele

Die Szene wird als veritables Finale komponiert, als madrigaleskes Vokal-
quartett mit hinzutretenden Instrumenten – ein effektvoll ausgestellter Höhe-
punkt, vor dessen Hintergrund das Groteske des Schlusses erst recht zur
Wirkung kommt: Zu einem behäbig leiernden Walzer tanzen die Prinzessin
und Hot ab, kehren sie jener Republik den Rücken, aus welcher der Kinder-
chor ertönt und über der der rote Stern blitzt.
Porträt der Mitwirkenden
Timur Bekbosunov
stammt aus Kasachstan und lebt gegenwärtig in Los Angeles. Soloauftritte
führten ihn an folgende Institutionen: Los Angeles Philharmonic, Opera
Boston, Hollywood Bowl, Bang on a Can All-Stars, Long Beach Opera, Israeli
Opera/YAP, Santa Cecilia Academy, LOOS ensemble, Bakersfield Symphony,
Opera Kansas, Redcat Theater, American Repertory Theater, Zellerbach Hall,
Walt Disney Concert Hall, DeVotchKa band und Rosanna Gamson Dance
Company. Schwerpunkt seiner künstlerischen Arbeit ist die zeitgenössiche
Musik. So arbeitete er unter anderem mit Thomas Ades (»Powder Her Face«),
Evan Ziporyn (»A House in Bali«, »Oedipus«), Anne LeBaron (»Crescent
City«, »Silent Steppe Cantata«), Silvano Bussotti (»Silvano Sylvano«), Anthony
Davis (»Revolution of Forms«), Gian-Carlo Menotti (»Five Songs«), Meyer
Kupferman (»In a Garden«), Gil Shohat (»Songs of Darkness«) und Geoffrey
Pope (»The Stone House«) zusammen. Als Mitbegründer der Art Opera
Foundation, einer non profit Organisation, die sich der Förderung des zeitge-
nössischen Opernschaffens widmet, hat er die SZYMANOWSKI FANTASY,
ein Projekt auf der Grundlage von dessen »Liedern des verliebten Muezzins«
und DO_SCREAM, eine Multimedia-Installation nach Purcells »Dido und
Aeneas« mitgestaltet. Gemeinsam mit der Filmemacherin Sandra Powers hat
er den preisgekrönten Musikfilm »Autumn« erarbeitet.

Stefan Bleidorn
Nach seiner Ausbildung zum Tischler für Dekorationsbau an der Staatsoper
Berlin und zwei Jahren als Bühnentischler an der Volksbühne am Rosa-
Luxemburg-Platz begann Stefan Bleidorn sein Studium: Ab 1989 Fachober-
schule für Gestaltung in Wuppertal, ab 1991 Bergische Universität Wupper-
tal (Architektur), 1995 Wechsel an die Kunsthochschule Berlin-Weißensee.
Gastsemester im Fachbereich Bühnenbild bei Volker Pfüller, 1996/97 North
Carolina State University, Raleigh (Nebenfächer: Animation, Sculpture), 1998
Abschluss des Architekturstudiums, 1998–2001 Bühnenbildstudium an der
Kunsthochschule Berlin-Weißensee. Von 2001 bis 2004 war er Bühnenbild-
assistent am Residenz-Theater in München u. a. bei Stefan Hageneier, Silvia
Merlo, Ulf Stengel, Tom Schenk, Jürgen Rose und Sascha Groß. Seit 2004 ist
er als freier Bühnenbildner tätig und entwickelte u. a. Bühnenbild und
Kostüme für »Das kalte Kind« (von M. von Mayenburg im Marstall, Resi-
denztheater München), »Der Kick« (Theater Vorpommern), »Simplicius
Simplicissimus« (Karl Amadeus Hartmann), »Aus jüdischer Volkspoesie«/
»Rothschilds Geige« (Dmitri Schostakowitsch/Benjamin Fleischmann), »El
Porträt der Mitwirkenden




Cimarrón« (Hans Werner Henze), »The Io Passion« (Harrison Birtwistle, alle
Konzerthaus Berlin) sowie für die Opernwerkstatt Schloss Rheinsberg. Seit
2005 ist Stefan Bleidorn außerdem Dozent für CAD und Darstellungstechni-
ken im Fachbereich Bühnenbild an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee.

Friedemann Büttner
entstammt einer brandenburgischen Kantorenfamilie, die ihn seit frühester
Jugend musikalisch förderte. Zehnjährig wurde er in den Dresdner Kreuz-
chor aufgenommen und bald mit solistischen Aufgaben betraut. Sein
Gesangsstudium absolvierte er in Berlin und Oslo und nahm an Meisterkur-
sen bei Dietrich Fischer-Dieskau und Ingrid Bjoner teil. Seit seinem Studien-
abschluss ist er freischaffend tätig. Friedemann Büttner widmet sich allen
Epochen und Genres der klassischen Musik; sein Repertoire umfasst die
Oratorien von Bach, Schütz, Händel, Mendelssohn, Beethoven, Frank Mar-
tin und Puccini, aber auch Werke von Berio und Messiaen. Als Solist sang
er in bedeutenden Konzertsälen in Europa und den USA. Er arbeitete mit
Dirigenten wie Walter Weller, Hans-Christoph Rademann sowie Philippe
Herreweghe und mit Klangkörpern wie den Bamberger Symphonikern, der
Akademie für Alte Musik Berlin und dem Orchestre des Champs-Elysées
zusammen. In freien Produktionen sang er Opernpartien des lyrischen Tenor-
fachs, darunter den Ferrando, Ottavio und Tamino, den René in Leo Falls
»Pompadour«, den Ehemann in Hindemiths »Hin und zurück«, den Principe
in »Una Cosa Rara« von Martin y Soler und den Leukon in der Urauffüh-
rung der »Medea« von Frank Schwemmer.

Ferenc Gábor
In Transsylvanien (Rumänien) geboren. Studium bei Stefan Ruha. 1982 Emi-
gration nach Israel. Fortsetzung der Studien an der Tel Aviv Academy of
Music. Gründungsmitglied des Gertler String Quartet. 1986 trat er als Stu-
dent dem Israel Philharmonic Orchestra bei. Seit 1994 Solo-Bratschist beim
Konzerthausorchester Berlin. Dirigierstudium bei Rolf Reuter an der Hoch-
schule für Musik »Hanns Eisler« Berlin (Abschluss 2001). Internationale
Konzerttätigkeit als Solist und Dirigent. Leitung von Opernproduktionen im
In- und Ausland. Als Dirigent Zusammenarbeit mit den Berliner Sinfonikern,
Bochumer Sinfonikern, Budapester Kammerorchester und anderen.

John Harrison,
Jahrgang 1985, stammt aus Montana und machte seinen Bachelor im Fach
Musik an der University of Puget Sound (Gesang bei Chris McKim). Gegen-
wärtig arbeitet er an seinem Master an der University of Oregon in Eugene
und studiert Gesang bei Nicholas Isherwood. Er hat an Meisterklassen in
Porträt der Mitwirkenden




Washington, Oregon, Italien und Deutschland sowie an Wettbewerben in
Montana, Washington und Oregon teilgenommen. Auf der Bühne war er als
Sam in Bernsteins »Trouble in Tahiti«, Mikado in Gilbert und Sullivans »The
Mikado«, Sarastro in Mozarts »Zauberflöte« und als die Stimme von Audrey
2 in Alan Menkens »Little Shop of Horrors« zu erleben. John Harrison hat
kürzlich in Paris einen Liederabend mit einer Auswahl von Vokalkomposi-
tionen nach Cervantes’ »Don Quixote« gegeben (darunter Werke von Ana
Lara, Jacques Ibert, Maurice Ravel und Jules Massenet) und war im August
dieses Jahres Teilnehmer der Stockhausen Kurse in Kürten, wo er einen Preis
für seine Interpretation von UD aus SONNTAG aus LICHT gewann.

Nicholas Isherwood
gilt als einer der international führenden Interpreten alter sowie zeitgenössi-
scher Vokalmusik. Zusammenarbeit mit Joel Cohen, William Christie, Peter
Eötvös, Paul McCreash, Nicholas McGegan, Kent Nagano, Zubin Mehta,
Gennadi Rozhdestvensky sowie mit Giacinto Scelsi, Hans Werner Henze,
Karlheinz Stockhausen und Iannis Xenakis. Auftritte an renommierten Häu-
sern und internationalen Festivals: La Scala, Covent Garden, Théâtre des
Champs Elysées, Salzburger Festspiele, Concertgebouw Amsterdam, Berliner
Staatsoper, Wiener Konzerthaus, Tanglewood. Zu seinen Partien gehören:
Antinoo (Monteverdi »Il Ritorno di Ulisse«), Claudio (Händel »Agrippina«),
Satiro (Rossi »Orfeo«), Pan (Marais »Alcione«), Joas (Porpora »Il Gedeone«),
Frère Léone (Messiaen »Saint François d’Assise«), Der Tod (Ullmann »Der
Kaiser von Atlantis«), Il Testimone (Bussotti »Tieste«), Micro mégas (Mefano
»Micromégas«), Luzifer (Karlheinz Stockhausen MONTAG, DIENSTAG,
DONNERSTAG, FREITAG aus LICHT). Improvisationen mit Stave Lacy,
Joelle Léandre, Sainkho Namtchilak und David Moss. 50 CD-Einspielungen,
Mitwirkung in drei Filmen. Diverse Publikationen und vielfältige Unterrichts-
tätigkeit u. a. am Pariser Conservatoire, dem Salzburger Mozarteum und dem
Mailänder Konservatorium. Er ist gegenwärtig Professor für Gesang und
Oper an der University of Oregon.

Gloria Rehm
geboren 1985 in Fritzlar, studiert an der Hochschule für Musik »Hanns Eis-
ler« in Berlin bei KS Bernd Riedel sowie Oratorium bei Prof. Thomas Quast-
hoff und Lied bei Prof. Wolfram Rieger. Ihr Debüt gab sie in einer Hoch-
schulproduktion der Britten-Oper »The Turn of the Screw«. Im Mai 2007
sang sie in Augsburg die Partie der Mme. Herz in Mozarts »Der Schauspiel-
direktor«. In der Spielzeit 2007/08 war sie als Schäferin in »Das Kind und
der Zauberspuk« von Maurice Ravel an der Komischen Oper Berlin und als
Marcellina in Luigi Cherubinis »Der Wasserträger« im Schlosstheater
Porträt der Mitwirkenden




Rheinsberg zu erleben. Im Dezember 2008 und 2009 interpretierte sie die
Partie der Blauen Fee in Ottorino Respighis Oper »Dornröschen« im Kon-
zerthaus Berlin, im April 2009 die Drusilla in Monteverdis »Incoronazione
di Poppea« in der Hochschulproduktion der HfM »Hanns Eisler«. Sie war
2009 Stipendiatin des Richard Wagner-Verbands und arbeitet als Konzertsoli-
stin im Berliner Raum mit verschiedenen Chören, Orchestern und Kantoren
zusammen. Mit dem Berliner Gitarristen Philipp Niedrich hat sie 2010 das
Duo Scaramuz für Kammermusik mit Gitarre und Gesang gegründet.

Sarah Rolke
stammt aus Gießen. Nach dem Abitur arbeitete sie am Berliner Ensemble,
zuerst als Praktikantin für eine Spielzeit, später für einzelne Stücke als
Kostümassistentin. Dort lernte sie Achim Freyer kennen und arbeitete als
seine Kostümassistentin in Moskau (2005), am Teatr Wielki in Warschau
(2006), am Nationaltheater Mannheim (2007) und von 2006 –2010 bei Wag-
ners »Ring des Nibelungen« an der Los Angeles-Opera. Seit 2005 ist sie frei-
beruflich als Kostümbildnerin und -assistentin für Schauspiel, Oper und
Musiktheater tätig.

Henriette Sehmsdorf
wuchs in Ostberlin auf und studierte bis 1997 an der Hochschule für Musik
»Hanns Eisler« Opernregie. Wichtige Lehrer waren Peter Konwitschny und
Ruth Berghaus. Es folgten Tätigkeiten als Regieassistentin, Dramaturgin und
Regisseurin an verschiedenen Theatern, u.a. am Burgtheater Wien, den The-
atern in Lübeck, Görlitz, Greifswald, Stralsund, Rudolstadt, Halberstadt und
Dresden. Von 2002–2008 war sie Künstlerische Mitarbeiterin von Hartmut
Haenchen bei den Dresdner Musikfestspielen. Henriette Sehmsdorf brachte
mehr als zwei Dutzend Inszenierungen erfolgreich auf die Bühne, worunter
sich sowohl Opernklassiker wie »Tosca« und »Cavalleria rusticana« befin-
den als auch Sprechtheaterproduktionen. Ihr großes Interesse gilt der Oper
des 20. Jahrhunderts. Am Konzerthaus Berlin führte sie bereits Regie bei
»Dido und Aeneas« von Henry Purcell (1995); »Simplicius Simplicissimus«
von Karl Amadeus Hartmann (2005–2009) und »Aus jüdischer Volkspoesie«/
»Rothschilds Geige« von Dmitri Schostakowitsch und Benjamin Fleischmann
(2006). Henriette Sehmsdorf ist Dozentin für Szenischen Unterricht an der
Hochschule für Musik »Hanns Eisler« Berlin und der Hochschule für Musik
und Theater Rostock sowie die Initiatorin des Opernfestivals OPERNALE,
das mit einer Inszenierung von »Cosi fan tutte« von Wolfgang Amadeus
Mozart im Juli 2011 aus der Taufe gehoben wird. Die Regisseurin lebt mit
ihrer Familie in Vorpommern.
(www.henriette-sehmsdorf.de)
Porträt der Mitwirkenden




Heiko Starke,
gebürtig aus Radebeul, studierte von 2000 bis 2005 Musikwissenschaft und
Kunstgeschichte an der TU Dresden. Von 2006 bis 2009 arbeitete er als
Regieassistent und Inspizient an den Landesbühnen Sachsen in Radebeul,
2010 erhielt er ein Engagement am Theater Osnabrück. Mit Henriette
Sehmsdorf arbeitete er wiederholt zusammen, auch bei der von ihr insze-
nierten Oper »Simplicius Simplicissimus« am Konzerthaus Berlin, in der er –
ebenso wie nun bei »R. Hot« – auch als Darsteller mitwirkte.

Marco Valerio
studiert gegenwärtig an der Universität von Oregon Geschichte und Musik
mit dem Schwerpunkt Oper. Erste Theatererfahrungen sammelte er schon
während der Schulzeit. Während des Studiums war er sowohl an Opernpro-
duktionen der Universität Oregon als auch der Eugene Opera Company
beteiligt. Er ist Teilnehmer des Eugene Opera Company’s Artist Mentor Pro-
gram und war an mehreren von dessen Produktionen beteiligt, darunter als
Figaro in »Die Hochzeit des Figaro«, als Masetto in »Don Giovanni« und als
Wolf in Seymour Barabs »Little Red Riding Hood«. Ein Gastspiel mit der
UO Opera führte ihn nach New York (Antonio in Daron Hagens »Broken
Pieces«). 2010 war er gleich in mehreren Solorollen (Papageno, Sprecher,
1. Priester, 2. Geharnischter) in Mozarts »Zauberflöte« in einer Inszenierung
von Nicholas Isherwood an der Universität von Oregon zu erleben.

modern art ensemble
Das modern art ensemble wurde 1994 in Berlin in der Besetzung von Schön-
bergs »Pierrot lunaire« gegründet und hat sich seitdem ein weites Repertoire
zeitgenössischer Kammermusik erarbeitet – von den Klassikern der Moderne
bis hin zu multimedialen Konzertprojekten mit elektroakustischer Musik. Es
hat bei zahlreichen internationalen Festivals mitgewirkt, u. a in Berlin, Pots-
dam, Weimar, Tongyeong, Danzig und Warschau. Seinen Ruf als innovatives
Ensemble erlangte es durch die Uraufführung von mehr als sechzig Werken.
Zu den Komponisten, die für das modern art ensemble komponiert haben,
zählen u. a. Jin-Ah Ahn, Sidney Corbett, Conrado del Rosario, Gerald Humel,
Ellen Hünigen, Georg Katzer, Hideki Kozakura, Marc Lingk, Makiko Nishi-
kaze, Helmut Oehring, Rainer Rubbert, Benjamin Schweitzer und Helmut
Zapf. Seine CD »Haiku« mit 13 kurzen Kompositionen Berliner Komponi-
sten ist auf dem Label Edel Academy erschienen. Weitere Einspielungen lie-
gen auf den Porträt-CDs von Charlotte Seither (Wergo), Gabriel Iranyi (Hun-
garoton) und Il-Ryun Chung (kreuzberg records) vor. Im Konzerthaus Berlin
wirkte das Ensemble bei den Musiktheaterprojekten »Aus jüdischer Volks-
poesie«/»Rothschilds Geige« (Dmitri Schostakowitsch, Benjamin Fleisch-
Porträt der Mitwirkenden




mann) »Martinů -Trilogie«, »Das Märchen vom Popen und seinem Knecht
Balda« (Dmitri Schostakowitsch, Bearbeitung Jens Schubbe), »Dunkle Was-
ser« (Franz Schubert, Ernst Krenek) sowie bei den live begleiteten Auffüh-
rungen der Filme »Regen« (Joris Ivens, Musik von Lou Lichtveld und Hanns
Eisler), »Der Schatz« (Georg Wilhem Pabst, Musik von Max Deutsch) sowie
»Die Abenteuer des Prinzen Achmed« (Lotte Reiniger, Musik von Wolfgang
Zeller, Bearbeitung Jens Schubbe) mit.

Klaus Schöpp Flöte, Peter Michel Oboe, Helge Harding Klarinette
Alexander Hase Fagott, Bodo Werner Horn, Lars Burger Kontrabass
Yoriko Ikeya E-Orgel
Vorankündigung
Fr,19.11. / Sa, 20.11. / Do, 25.11. / Fr, 26.11. /
Sa, 27.11.2010 20.00 Uhr Werner-Otto-Saal

Adriana Hölszky »Bremer Freiheit« – Singwerk auf ein Frauenleben
Libretto von Thomas Körner nach dem gleichnamigen Stück von Rainer
Werner Fassbinder

Peter Aderhold Musikalische Leitung
Kay Kuntze Regie
Stefan Bleidorn Bühne
mit Annette Schönmüller, Peter Schoenaker, Regina Jakobi, David Schröder, Wilhelm
Adam, Andrew Mayor, Magdalena Durant, Éric Beillevaire, Angelika Weber

Rainer Werner Fassbinders Stück, das als Vorlage für das Libretto von »Bremer
Freiheit« diente, erzählt die Geschichte der neunfachen Giftmörderin Geesche
Gottfried, die 1831 in ihrer Heimatstadt Bremen öffentlich hingerichtet wurde.
Freilich konzentriert sich Fassbinder weniger auf den monströsen Mordfall, son-
dern thematisiert vor allem dessen soziale und psychologische Hintergründe.
Adriana Hölszkys Kammeroper von 1988 stellt sicher eines der stärksten Musik-
theaterstücke der letzten Jahrzehnte dar.

Eine Koproduktion von Berliner Kammeroper und Konzerthaus Berlin




NACHWEIS
Die Texte schrieb Jens Schubbe für dieses Heft.

BILDNACHWEIS
Alle Fotos wurden während der Proben aufgenomen und stammen von
Henriette Sehmsdorf und Sarah Rolke.


IMPRESSUM

Herausgeber Konzerthaus Berlin
Intendant Prof. Dr. Sebastian Nordmann
Redaktion Jens Schubbe, Tanja-Maria Martens
Titelfotografie Axel Gnad
Reinzeichnung und Herstellung REIHER Grafikdesign & Druck
2,30 €

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  • 1. Fr, 3.9. / Fr, 17.9. / Sa, 18.9. / So, 19.9.2010 20.00 Uhr Werner-Otto-Saal Friedrich Goldmann (1941 – 2009) »R. Hot bzw. Die Hitze« Opernphantasie in über einhundert dramatischen, komischen, phantastischen Posen nach dem Stück »Der Engländer« von Jacob Michael Reinhold Lenz Text: Thomas Körner Friedemann Büttner Robert Hot, ein Eng-Länder Nicholas Isherwood Lord Hot, sein Vater Timur Bekbosunov Lord Hamilton, dessen Freund Gloria Rehm Die Prinzessin Armida von Carignan/Eine Buhlerin Marco Valerio Ein Major, in sardinischen Diensten/Ein Beichtvater John Harrison Peter, Bedienter Heiko Starke Williams, ein Bedienter/Ein Wundarzt modern art ensemble Ferenc Gábor Musikalische Leitung Henriette Sehmsdorf Regie Stefan Bleidorn Bühne Sarah Rolke Kostüme Jens Schubbe Dramaturgie Peer Niemann Technische Einrichtung und Organisation Arno Waschk, Clemens Flick Korrepetition Ingo Schulz, Detlef Flex Lichteinrichtung Heiko Starke Regieassistenz Carito Maldonado Bühnenassistenz Desiree Townley Kostümhospitanz Dauer ca. 80 Minuten, keine Pause Präsentiert von Handy ausgeschaltet? Vielen Dank! Bitte beachten Sie, dass Medien-Aufnahmen aller Art während des Konzertes nicht zulässig sind.
  • 2. Die Handlung 1. Akt Turin, vor dem Palast der Prinzessin von Carignan Der Eng-Länder Robert Hot hat sich in Italien in die Dienste der Armee bege- ben, um der von ihm angebeteten Prinzessin von Carignan nahe und seinem Vater fern sein zu können, der ihn in seiner Heimat mit der Tochter seines Freundes Lord Hamilton verheiraten will und eine offizielle Karriere für den Sohn plant. Als der Vater ihn aus der Armee freizukaufen beabsichtigt, sieht Hot keine andere Möglichkeit, der Prinzessin nahe zu bleiben, als sich selbst als Deserteur anzuzeigen. Von der ihm unerreichbar scheinenden Prinzessin, die durch einen von ihm abgefeuerten Schuss auf ihn aufmerksam wurde, erbittet er zumindest Mitgefühl, wenn sie seine Liebe schon nicht erwidern könne. Dem entspricht die Prinzessin. Kurz darauf wird Hot als Deserteur verhaftet. 2. Akt 1. Szene: Der Prinzessin Palast Die Prinzessin bewirkt im Gespräch mit dem Major, dass die Hot drohende Todesstrafe zu lebenslanger Haft abgemildert wird. 2. Szene: Hots Gefängnis. In der Dämmerung Hot schließt gerade mit seinem Leben ab, als die Prinzessin – verkleidet als jun- ger Offizier – im Gefängnis erscheint, um Hot sein Urteil zu verkünden. Um seine Einsamkeit zu mildern, übergibt sie Hot ein Amulett mit ihrem Bildnis. Lord Hot kommt, um seinen Sohn abzuholen, den er auch aus der Haft freigekauft hat. Hot folgt ihm widerwillig.
  • 3. Die Handlung 3. Akt ist Es ist Mitternacht, mehr gegen die Morgenstunde. In Hots Zimmer, Turin. Vergebens versuchen Lord Hot und Lord Hamilton, Hot durch allerlei Ver- gnügungen und Verlockungen von seiner Leidenschaft für die Prinzessin abzubringen. 4. Akt In scheinbar sternheller Nacht Hot, als Savoyard verkleidet, reflektiert unter dem Fenster der Prinzessin in der Pose eines Troubadours seine Situation und resumiert: »Genieße nicht, empfinde nicht. Handle!« 5. Akt In Hots Zimmer Hot liegt krank im Bett. Mit der fingierten Nachricht, die Prinzessin heirate einen anderen und lade zur Hochzeit, versuchen Lord Hot und Lord Hamilton erneut, Hots Leidenschaft für die Prinzessin abzukühlen. Die Nachricht verschlimmert Hots Situation, der sich umzubringen versucht. Die Prinzessin erscheint als Buhlerin verkleidet und gibt sich Hot zu erkennen. In einer Farce täuschen beide Hots Selbstmord vor. Von Lord Hot gerufen, erscheint ein Beichtvater. Der vermeintlich dem Tode nahe Hot springt plötz- lich aus dem Bett und enteilt gemeinsam mit der Prinzessin: »Behaltet euren Himmel für euch!«
  • 4. Über Götz von Berlichingen Wir werden geboren – unsere Eltern geben uns Brot und Kleid – unsere Lehrer drücken in unser Hirn Worte, Sprachen, Wissenschaften, – irgend ein artiges Mädchen drückt in unser Herz den Wunsch es eigen zu besitzen, es in unsere Arme als unser Eigentum zu schließen, wenn sich nicht gar ein tierisch Bedürfnis mit hineinmischt – es entsteht eine Lücke in der Republik wo wir hineinpassen – unsere Freunde, Verwandte, Gönner setzen an und stoßen uns glücklich hinein – wir drehen uns eine Zeitlang in diesem Platz herum wie die andern Räder und stoßen und treiben – bis wir wenns noch so ordentlich geht abgestumpft sind und zuletzt wieder einem neuen Rade Platz machen müssen – das ist, meine Herren! ohne Ruhm zu melden unsere Bio- graphie – und was bleibt nun der Mensch noch anders als eine vorzüglich- künstliche kleine Maschine, die in die große Maschine, die wir Welt, Weltbe- gebenheiten, Weltläufte nennen besser oder schlimmer hineinpaßt. Kein Wunder, daß die Philosophen so philosophieren, wenn die Menschen s o l e b e n. Aber heißt das gelebt? Heißt das seine Existenz gefühlt, seine selbstständige Existenz, den Funken von Gott? Ha er muß in was Besserm stecken, der Reiz des Lebens: denn ein Ball anderer zu sein, ist ein trauriger niederdrückender Gedanke, eine ewige Sklaverei, eine nur künstlichere, eine vernünftige aber eben um dessentwillen desto elendere Tierschaft. Was lernen wir hieraus? … Das lernen wir hieraus, daß handeln, handeln die Seele der Welt sei, nicht genießen, nicht empfindeln, nicht spitzfündeln, daß wir dadurch allein Gott ähnlich werden, der unaufhörlich handelt und unaufhör- lich an seinen Werken sich ergötzt: das lernen wir daraus, daß die in uns han- delnde Kraft, unser Geist, unser höchstes Anteil sei, daß die allein unserm Körper mit allen seinen Sinnlichkeiten und Empfindungen das wahre Leben, die wahre Konsistenz den wahren Wert gebe, daß ohne denselben all unser Genuß all unsere Empfindungen, all unser Wissen doch nur ein Leiden, doch nur ein aufgeschobener Tod sind. Das lernen wir daraus, daß diese unsre han- delnde Kraft nicht eher ruhe, nicht eher ablasse zu wirken, zu regen, zu toben, als bis sie uns Freiheit um uns her verschafft, Platz zu handeln, guter Gott Platz zu handeln und wenn es ein Chaos wäre das du geschaffen, wüste und leer, aber Freiheit wohnte nur da und wir könnten dir nachahmend drü- ber brüten, bis was herauskäme — Seligkeit! Seligkeit! Göttergefühl das! Verzeihen Sie meinen Enthusiasmus! Nicht von Göte. Von Lenz
  • 5. Handle Ungefähr in der Mitte von Friedrich Goldmanns »R. Hot bzw. Die Hitze« gibt es eine absurde Szene. Der Protagonist des Stückes macht sich daran, seiner Angebeteten unter deren Fenster ein Ständchen zu singen. Als Begleitinstru- ment benutzt er eines, das zwar ähnlich funktioniert wie die mittelalterliche Leier, aber Klänge hervorbringt, die gänzlich ungeeignet scheinen, amourösen Verlautbarungen zu sekundieren: eine Ratsche, der bekanntlich nur unsanft knatternde Töne zu entlocken sind. Der vorgetragene Text ist denn auch weit entfernt von allem Romanti- schen, sondern skizziert in prononcierten Worten das Bild einer die Indivi- duen entmündigenden Gesellschaft und liefert gleich noch das Rezept, wie der Einzelne solcherart ausgeübtem Zwang zu begegnen habe: genieße nicht empfinde nicht Handle
  • 6. Handle Der Singende bedient sich dabei eines Tonfalls, der deutlich an die sogenann- ten Kampflieder gemahnt, wie sie jedem, der im Osten Deutschlands vor 1989 gelebt hat, geläufig waren. Allein durch diesen Tonfall wurde klar, dass die Worte weniger auf den unmittelbaren Kontext des Stückes sondern vorab auf die Gegenwart zu beziehen waren. Der Autor dieser Zeilen ging bei der ersten Lektüre von Goldmanns »Hot« und noch geraume Zeit später davon aus, dass es sich bei dem Text die- ser Passage um eincollagierte Worte des Librettisten handle und musste sich dann verblüfft belehren lassen, dass sie einem Text von Jacob Michael Rein- hold Lenz entstammen: »Über Götz von Berlichingen«. Thomas Körner hatte Teile dieses Textes nur geringfügig verändert in das Libretto eingearbeitet. Das provozierte Erinnerungen an jene Zeit – die 70er und 80er Jahre in der DDR –, in welcher der Literatur im besonderen, aber auch den anderen Künsten die Aufgabe zuwuchs, Wahrheiten, die nicht direkt ausgesprochen werden konnten, chiffriert zu formulieren. Damals erwachte auch das Inter- esse an der Literatur des Sturm und Drang, der Klassik, der Frühromantik und des Vormärz neu. Vor allem die Außenseiter, die tragischen Figuren unter den Dichtern – Lenz und Hölderlin, aber auch Kleist und Büchner – dienten als Identifikationsfiguren und ihre Werke als Projektionsräume. Die Erfah- rung von Perspektivlosigkeit, das Aufbegehren gegen normierte, fremdbe- stimmte Lebensläufe schienen hier paradigmatisch formuliert, sie avancierten zu Brüdern im Geiste. Friedrich Goldmanns 1974 komponierte Opernphan- tasie »R. Hot bzw. Die Hitze« gehörte zu den ersten Werken, in denen sich diese Tendenzen manifestierten. Geschichten aus Absurdistan Goldmann, Jahrgang 1941, hatte Ende der 50er Jahre sein Kompositionsstu- dium in Dresden bei Johannes Paul Thilmann begonnen, einem erzkonserva- tiven und politisch linientreuen Komponisten, der einen an Hindemith orien- tierten Stil pflegte. Goldmann freilich pilgerte schon damals – noch waren die Grenzen offen – zu den Darmstädter Ferienkursen und besuchte ein Seminar bei Stockhausen, der der offiziellen Musikwissenschaft und Kulturpolitik im Osten geradezu als Unperson und Inbegriff »westlicher Dekadenz« galt. 1962 ging Goldmann nach Berlin, nahm Unterricht bei Rudolf Wagner-Regeny (für den er »der serielle Herr Goldmann« war) und arbeitete gleichzeitig für das Berliner Ensemble. Hier knüpfte er Kontakte zu Heiner Müller, Ruth Berg- haus und vor allem zu Paul Dessau, der ihm eine Art Mentor wurde. Im Laufe der 60er Jahre, vor allem gegen Ende des Jahrzehnts, wurden die kulturpoliti-
  • 7. Geschichten aus Absurdistan schen Restriktionen partiell aufgeweicht, konnten die Komponisten allmäh- lich avancierte musiksprachliche Mittel adaptieren und etablierte sich eine unabhängige, kritische Avantgarde, repräsentiert beispielsweise durch Reiner Bredemeyer, Paul-Heinz Dittrich, Georg Katzer, Friedrich Schenker, Tilo Medek, Christfried Schmidt und eben auch Friedrich Goldmann. Denkwür- dige Werke jener Jahre waren etwa Paul Dessaus zwölftönige Oper »Puntila« (die, schon Ende der 50er Jahre fertiggestellt, erst 1966 uraufgeführt werden konnte), die Sinfonie »In memoriam Martin Luther King« von Friedrich Schenker (1969/70), die »Bagatellen für B.« (1970) von Reiner Bredemeyer oder die Orchesteressays I – III von Friedrich Goldmann. Welch haarsträubenden Diskussionen sich die Komponisten damals den- noch ausgesetzt sahen, sei durch wenigstens einen Zeitzeugenbericht doku- mentiert. Er stammt von Gerhard Müller und bezieht sich zunächst auf Reiner
  • 8. Geschichten aus Absurdistan Bredemeyer: »Wir begegneten uns zuerst auf einem der damaligen Kongresse des Komponistenverbandes, und für mich, der ich über die unendlich salbungs- vollen Reden, deren Wiederabdruck aus aufklärerischen Gründen zu fordern wäre, für Zeitungen zu berichten hatte, war Bredemeyers Beitrag der einzige Lichtpunkt. Dafür stand er später auch in keinem Protokoll. Schlicht unter- schlagen hatte man ihn mit der Begründung, es handle sich um keine Rede. Er zog einen Zettel aus der Tasche und sagte: ›Ich verlese einen Rundbrief des Schweriner Bezirksverbandes an die Kulturfunktionäre des Bezirkes.‹ In dem Brief aber stand in ungeschickten und lächerlich dummen Worten, dass der Klassenfeind auch vor der Musik nicht halt mache und in Gestalt des Stralsun- der Dirigenten Peter Gülke und des unreifen Berliner Komponisten Friedrich Goldmann bis auf das Territorium der Volkswerft Stralsund vorgedrungen sei. Denn dieser Gülke habe vor Arbeitern mit Erfolg in einer Werkhalle Gold- manns avantgardistisches Orchesterstück ›Essay III‹ aufgeführt und erläutert. Der begeisterte Beifall sei aber ein falscher gewesen. Solche Abweichungen vom rechten Bitterfelder Weg hätten künftig zu unterbleiben. Das Auditorium, solcherart mit dem wirklichen Mechanismus der Kulturpolitik konfrontiert, schwieg peinlich berührt. Ich ließ mir den Brief geben und druckte ihn im ›Eulenspiegel‹ mit einem bissigen Kommentar ab. So trat, notabene, die ›Musik-Eule‹ ins Leben, die von Rechts wegen auch zu den Erfindungen Brede- meyers und in die Paralipomena seines Werkverzeichnisses gehörte. Es gab Gelächter, und Ärger, und dank Schwerin kam Goldmann ins Gerede, und die Aufführungen, die man verhindern wollte, fanden nach und nach alle statt.« 1975 erhielt dann der nicht lange zuvor von Walther Siegmund-Schultze der »spätbürgerlichen Dekadenz« geziehene Goldmann für seine im Jahr zuvor fertiggestellte Opernphantasie »R. Hot« den ersten Preis in der Sparte Musikdramatik in einem vom Ministerium für Kultur aus Anlass des 25. Jah- restages der DDR ausgelobten Wettbewerb. Hatte der Autor einen Kotau vor dem Regime vollzogen? Ganz im Gegenteil! Was bewog dann aber die gewiss nicht staatsfernen Juroren zur Preisverleihung? War es das Interesse, das man dem »progressiven bürgerlichen Dichter Lenz« entgegenbrachte? War es Mut oder schlicht Ahnungslosigkeit? Denn das Werk enthielt nichts weniger als die verkappte Aufforderung, jenem Staat, der die Auszeichnung verlieh, den Rücken zu kehren. Angeregt wurde »Hot« durch den Librettisten Thomas Körner, der sich – nachdem ein auf dem Lenz-Drama »Der neue Menoza« beruhendes Opern- projekt mit Reiner Bredemeyer nicht zustande gekommen war – an Friedrich Goldmann mit dem Vorschlag wandte, Lenz’ dramatische Phantasie »Der Engländer« zur Grundlage eines Musiktheater-Stückes zu machen. Sigrid Neef, damals Dramaturgin an der Staatsoper, wurde involviert. Sie vermittelte den Auftrag: »R. Hot« sollte in der von ihr betreuten Reihe »Neues im Apollo-
  • 9. Das Konzerthausorchester Berlin beim musikfest berlin 2010 am 16. September 2010 in der Philharmonie musik fest berlin Philharmonie | Kammermusiksaal Gethsemanekirche | Parochialkirche 2. September bis 21. September 1o Konzerthaus Berlin Berliner Festspiele in Zusammenarbeit vollständiges Programm und Tickets unter mit der Stiftung Berliner Philharmoniker (030) 254 89 100 | www.musikfest-berlin.de
  • 10. Geschichten aus Absurdistan Saal« uraufgeführt werden. 1974 war die Komposition fertig, aber erst 1977 konnte die Uraufführung stattfinden. Wie uns Friedrich Goldmann in einem Telefonat wenige Wochen vor seinem Tod mitteilte, war es vor allem der Hart- näckigkeit und des diplomatischen Geschicks des damaligen Staatsopernin- tendanten Hans Pischner zu verdanken, dass die Aufführung zustande kam. Eine Konzession war freilich vonnöten. Das Werk endet mit einem vom Band eingespielten Kinderchor mit dem nicht ganz jugendfreien Text: Hot hat nun die Jungfrau Die er ritzt Heiß wie der Saft Den er verspritzt Und rot ist der Stern Der auf uns blitzt Nicht etwa die erotischen Anspielungen sondern die letzten beiden Zeilen mussten elektronisch so verfremdet werden, dass sie unverständlich wurden. Aber auch diese Maßnahme mutet absurd an, denn das Libretto war in der Reihe Peters-Textbücher zu erwerben. Nach Mitteilung von Thomas Körner wurden 4000 Exemplare abgesetzt. »Der Engländer« Lenz’ 1777 geschriebene dramatische Phantasie »Der Engländer« erzählt vom Versuch eines jungen Menschen, den Anspruch auf ein selbstbestimmtes Leben und auf eine erfüllte Liebe gegen die Generation der Väter und das Funktionieren innerhalb der Koordinaten eines von ihnen bestimmten Systems durchzusetzen. Um dem Vater zu entkommen, hat sich Hot in den Dienst der Armee nach Turin begeben. Dort verliebt er sich in die Prinzessin Carignan. Die freilich bleibt – aus Standesgründen und weil sie die Liebe nicht erwidert – für Hot unerreichbar, der sich als Deserteur festnehmen lässt, um wenigstens unter den Augen der Prinzessin sterben zu dürfen. Die Prinzessin, die sich für das Geschehen verantwortlich fühlt, bewirkt eine Abmilderung der Todes- zur Haftstrafe. Der vermögende Lord Hot kauft seinen Sohn frei, der sich freilich weiterhin weigert, nach England zurückzukehren und sich den Plänen des Vaters zu fügen. Als Lord Hamilton – ein Freund des Vaters, der seine Tochter mit Hot vermählen möchte – eine Buhlerin zu Hot schickt, um ihn von der Prinzessin abzulenken und ihm Freude am Leben zu schenken, durchschaut Hot die Absicht und ersticht sich.
  • 11. »Der Engländer« In Lenz’ dramatische Phantasie dürfte viel Autobiographisches eingeflossen sein. Schließlich war der Autor ebenso wie sein Held Robert Hot einem über- mächtigen Vater entflohen. Das letztendliche Scheitern des Emanzipations- versuchs Hots wirkt so gleichsam als erschreckend hellsichtige Prophetie von Lenz’ eigenem tragischen Lebensweg. Der im »Engländer« dargestellte »Widerspruch zwischen dem Anspruch des Menschen nach Autonomie und Handlungsfreiheit einerseits und seiner täglich als ebenso empörend wie unvermeidbar erfahrenen Determination andererseits« war Lenz’ zentrales Thema und wurde in seinen Dichtungen in immer neuen Varianten eingekreist. Die Determination der menschlichen Existenz wurde nach Lenz »sowohl durch äußere Kräfte bewirkt, besonders die gesellschaftlichen und politischen Zustände als auch durch innere, schwerer fassbare Mächte, die für Lenz alle in der ›Konkupiszenz‹ des Menschen wurzeln – also in seiner Triebnatur, letztlich in seiner Sexualität.« Diese Sicht auf den Menschen und seine Existenz artikulierte Lenz’ in einer unerhört radikalen und modernen Art und Weise, die »ihn nicht nur als irritierendsten und wirkungsmächtigsten Dramatiker des Sturm und Drang (zeigt), sondern auch als Vorbereiter einer modernen Dramatik der ›offenen Form‹ (Volker Klotz), die das Bürgerliche Trauerspiel zum sozialen Drama weitertreibt, sich gegen die aristotelischen Regeln an Shakespeare orientiert, die strikte Trennung von Komödie und Tragödie aufhebt und eine neue, gesti- sche Figurensprache präsentiert.« (Die Zitate stammen aus einem mit MR sig- nierten Text auf einer Lenz gewidmeten Website der Uni Duisburg/Essen).
  • 12. Im Geiste Brechts Brecht knüpfte an Lenz an, als er seine Vorstellungen vom epischen Theater entwarf: »Das epische Theater ist hauptsächlich interessiert an dem Verhal- ten der Menschen zueinander, wo es sozialhistorisch bedeutend (typisch) ist. Es arbeitet Szenen heraus, in denen Menschen sich so verhalten, daß die sozialen Gesetze, unter denen sie stehen, sichtbar werden.« Der Brechtschen Idee des epischen Theaters sahen sich auch Thomas Körner und Friedrich Goldmann verpflichtet. In ihrer Version des Lenzschen Stückes griffen sie Lenz’ Ansatz auf, radikalisierten ihn und modifizierten ihn an einer – freilich entscheidenden – Stelle. Körner treibt die schon bei Lenz zu beobachtende Tendenz zu einer knap- pen, pointierten Sprache auf die Spitze. So lautet der Beginn bei Lenz: Robert: Da steck ich nun im Musketierrock, ich armer Proteus. Habe die Soldaten und ihre Knechtschaft und ihre Pünktlichkeit sonst ärger gehaßt wie den Teufel! – Ha! Was täte man nicht um dich, Armida? Es ist kalt. Brennt doch ein ewiges Feuer in dieser Brust, und wie vor einem Schmelzofen glüh ich, wenn ich meine Augen zu jenen roten Gardinen erhebe. Dort schläft sie, dort schlum- mert sie jetzt vielleicht. Daraus wird bei Thomas Körner: Hot: Da steck ich nun In Uniform Ich – Soldat Zum Teufel Doch was tät Man nicht um dich Wunderbare Armida O ewiges Feuer Schmelzofen Brust Ich glühe Sie schläft
  • 13. Im Geiste Brechts Diese Verknappung löst die syntaktischen Strukturen der Sätze teilweise auf und tendiert zum Lyrischen – vor allem auch, weil gelegentlich die semanti- sche Eindeutigkeit der sprachlichen Gebilde absichtsvoll aufgegeben wird. Damit öffnet die Sprache der Musik und der Szene Freiräume, in denen sie die assoziative Phantasie der Hörer befeuern können. Der sprachlichen Verknappung entspricht eine der szenischen Strukturen. Die Kontinuität der Bühnenhandlung wird ersetzt durch eine Folge von »Posen«: manchmal nur wenige Momente dauernden Kurzszenen, gleichsam Tableaux vivants, die eine bestimmte Situation, Haltung, Emotion oder Befindlichkeit pointiert ausstellen. Damit eignet dem szenischen Geschehen eine betonte Künstlichkeit, die ganz im Brechtschen Sinne das distanzierte Beobachten ermöglicht. Der entscheidende Eingriff in Lenz’ Vorlage betrifft den Schluss des Stückes. Endet »Der Engländer« tragisch mit dem Freitod Robert Hots, so gibt es in »R. Hot« ein lieto fine. Die Prinzessin erscheint im letzten Akt als Buhlerin verkleidet und gibt sich Robert zu erkennen. Beide fingieren Roberts Selbstmord, um dann im Angesicht der verdutzten Gesellschaft von der Bühne zu tanzen. Damit wird die Figurenkonstellation gegenüber der Vorlage neu akzentuiert. Die Prinzessin wird stärker zur Agierenden: sie gibt ihre Macht und die Privilegien ihres Standes auf zugunsten eines selbstbe- stimmten Daseins und des Versuchs, einer Liebe Realität zu geben. Autono- mes Handeln siegt über fremdbestimmtes Funktionieren. Dieses happy end wirkt freilich extrem unwirklich, ein Eindruck, der noch durch den per Band eingespielten, von Thomas Körner hinzugedichte- ten Kinderchor verstärkt wird. Diese Künstlichkeit, die die »Positivität« des Schlusses unter der Hand relativiert, griff schon unmerklich im vierten Akt Raum, wenn Hot die eingangs zitierte Aufforderung zum Handeln artikuliert, denn diese Szene soll in »scheinbar« sternheller Nacht spielen. Ein solches Spiel mit Vieldeutigem und Andeutungen wird in »R. Hot« permanent entfacht. Auf der sprachlichen Ebene sind dafür auch Zitate, zita- thafte Anspielungen und Paraphrasen verantwortlich, die Körner in den Text integrierte. Das bedeutendste »Implantat« ist die erwähnte Passage aus der Schrift »Über Götz von Berlichingen«, die Worte des Beichvaters hingegen sind dem »Versuch über das erste Principum der Moral« entnommen. Fund- stücke aus dem wirklichen Leben blitzen auf: den Spruch »Den Guten das Beste, den Bösen die Reste« haben die Autoren auf einem Bierdeckel gelesen und legten ihn der Prinzessin und Hot in den Mund. Biographisches wird ein- gemischt. Der dem Wahnsinn nahe Hot agiert, wie es vom paranoiden Lenz überliefert ist, etwa in Oberlins Darstellung über Lenz’ Aufenthalt im Steintal und deren künstlerischer Umformung in Büchners Lenz-Novelle. (Pose 44: Hot beißt sich in die Hände, Pose 66: Hot reißt sich an Haaren, Pose 67: Hot
  • 14. Im Geiste Brechts rennt mit dem Kopf gegen die Wand und sinkt zu Boden) »Der Effekt, der durch das System von Zitaten und Anspielungen entsteht, ist dabei bedeut- sam: es entsteht eine Unklarheit über die Grenzen zwischen eigentlichem und uneigentlichem – zitathaften – Sprechen, ein Labyrinth von vom Rezi- pienten geahnten oder gewussten Anspielungen, das einmal in Bewegung gesetzt – Bedeutungen freisetzen kann und wohl auch soll (…).« (Dörte Schmidt) Ein Beispiel: Bei Lenz spricht Robert im 4. Akt folgenden Satz: Ich, der einzige meiner Familie, auf dessen sich entwickelnde Talente ganz England harrte? Thomas Körner modifiziert diesen Satz so, dass er unversehens klingt, als seien Bruchstücke der DDR-offiziellen Phraseologie windschief zusammengesetzt und so unter der Hand deutlich wird, welches Eng-Land gemeint ist: Ich – das Vaterland Ganz gestützt Allseitig auf mein Entwickeltes Talent
  • 15. Permanentes »als ob« Ohrenfälligste Eigenart der Musik zu »R. Hot« ist deren Heterogenität: Auf engstem Raum wird Musik verschiedenster Faktur und Stilistik in oft hartem Schnitt aneinandergesetzt. Da begegnen zwölftönige Strukturen, dann wieder dominieren simple Dreiklänge oder modal gefärbte Episoden. Glutvolle Ariosi und dicht gearbeitete Ensemblesätze scheinen auf wie Versatzstücke aus dem Sprachrepertoire der Oper. Musik aus der Trivialsphäre wird einge- blendet – seien das eine Rockparaphrase, Kampfliedintonationen, ein banaler Walzer oder ein naives Kinderlied. In dieser Eigenart vor allem meinten wir – und natürlich im Stoff, der einen Deserteur als Hauptfigur etabliert –, eine Verwandtschaft zu Gustav Mahler zu erkennen und haben »R. Hot« in den ersten Mahler-Schwerpunkt des Konzerthauses integriert. Das wir damit so falsch nicht lagen, hat der Komponist selbst bestätigt. Ein unausgesetzter Wechsel der Tonfälle, von »eigentlichem« und »unei- gentlichem« Sprechen wird etabliert. Mal verstärkt die Musik, mal kommen- tiert, parodiert oder kontrapunktiert sie das Bühnengeschehen und imaginiert einen manchmal verwirrenden Perspektivwechsel, ein fortwährendes Durch- dringen verschiedenster Ebenen, ein Spiel mit Assoziationen, Allusionen und Andeutungen. Nahezu jede der 112 Posen erhält ihre spezifische klangliche Färbung. Dennoch gelingt es Goldmann, die zentrifugalen Kräfte, die solche Heteroge- nität einschließt, zu bändigen: vor allem dadurch, dass bestimmte klangfarbli- che, motivische, strukturelle Elemente jeweils größere szenische Einheiten dominieren. Eingangs ist das der Ton d, der orgelpunktartig in den ersten Posen präsent ist, in denen der unter dem Fenster der Prinzessin patrouillierende Hot seine Situation reflektiert. Man ist unwillkührlich an Bernd Alois Zimmermann erinnert, für den der Ton d eine symbolische Bedeutung hatte: als Todeston, als Rezitationston der katholischen Liturgie. In der »Ekklesiastischen Aktion«, in »Stille und Umkehr« und vor allem in »Die Soldaten« erhielt das d diese Prä- senz. In »Hot« dominiert dieser Ton, wenn wir den Protagonisten in der Uni- form des Soldaten gewahren – vielleicht eine Reverenz an Zimmermann. Mit dem Erscheinen der Prinzessin wird nachvollziehbar, wie instrumen- tale Färbungen mit einzelnen Figuren korrespondieren können: ihr sind vor allem Flöte und Oboe zugeordnet. Hot wird eher durch die Klarinette reprä- sentiert, Lord Hot durch das »väterliche« Instrument per se, das Fagott, Lord Hamilton durch das Horn. Dem Miniturensemble aus fünf Bläsern, denen sich E-Orgel und Kontrabass als ein verfremdeter »Basso continuo« gesellen, wird ein enormer Farbreichtum abgewonnen, zumal alle Bläser sich auch als
  • 16. Permanentes »als ob« Schlagzeuger zu betätigen haben und der Klang ihrer Instrumente gelegent- lich drastisch verfremdet wird. Hots so sarkastischer wie verzweifelter Selbstreflexion im Gefängnis ent- spricht ein erster, geradezu anarchischer Einbruch von Trivialmusik in Gestalt einer vom Band eingespielten Rockparaphrase. Wenn die Prinzessin als Offizier verkleidet im Gefängnis erscheint, sekundie- ren merkwürdige Verlautbarungen des Kontrabasses die Szene: Dreiklangsbre- chungen im hohen Register, die klingen wie aus der Ferne ertönende, erstickte Fanfaren. Fast ist man an Mahlers »Wo die schönen Trompeten blasen« erinnert, ein Lied, das – so Friedrich Goldmann im schon erwähnten Telefongespräch – an einer Stelle wörtlich (wenn auch unbewusst) zitiert sein soll. Mit dem Auftritt des Vaters greift ein greller, karikaturhafter Tonfall Raum, werden die Klänge des Bläserquintetts denaturiert: ein extremer Kontrast zu den von weiträumigen ariosen Gebilden beherrschten vorangegangenen Posen. Wenn Hot nach der Auseinandersetzung mit dem Vater allein für sich sinniert »diese Klarheit …«, entspricht dem eine gleichsam kristalline musikalische Struktur: eine an Webernschen Modellen orientierte, aus einem dreitönigen Motiv und seinen kontrapunktischen Varianten gewonnene Reihe, die in merkwürdig fahler Färbung (E-Orgel, Fagott) den weiträumigen Satz prägt. Im dritten Akt wird das Quartintervall zum konstitutiven Element und färbt auch jene Passage, in der Lord Hamilton in belcantohaftem Tonfall Robert Hot die unwiderstehlichen Reize einer Italienerin schmackhaft zu machen versucht: ein Arioso, das klingt, wie eine Mesalliance aus »Goldenem Pavillon«, Strawinsky und Puccini. Die erwähnte Szene, in der Hot unter dem Fenster der Prinzessin den Troubadour gibt und unversehens ins Kampfliedidiom verfällt, ist auch klang- lich ins Groteske, Farcenhafte getrieben. Drei der Bläser haben sich im Spiel der Maultrommeln zu versuchen, die beiden anderen sekundieren mit Mara- cas und Claves, anfangs blitzen Cluster der E-Orgel auf, später dann obliegt es dem Kontrabass, mit Hots Gesang zu duettieren: eine Arie aus Absurdistan. Im fünften Akt begegnen Texturen, die dem Klischee von Neuer Musik entsprechen: weite Intervallsprünge, extreme dynamische Kontraste, kom- plexe, kontrapunktische Verschränkung der Stimmen, zerklüftete Rhythmen. Enorme spieltechnische Anforderungen haben die zunächst »ordinario« zu spielenden Instrumente zu bewältigen. Hier wird gleichsam »ernst gemacht«. Um so unwirklicher, unglaubhafter wirkt sodann das sich anbahnende happy end: mit Erscheinen der Prinzessin wird ungetrübtes C-Dur etabliert. Wie in einem Kaleidoskop werden die gegensätzlichsten Idiome auch fortan anein- andergefügt. Auf dem Höhepunkt der Sterbefarce geben Prinzessin, Lord Hamilton, Lord Hot und der Diener Peters in bester Opera buffa-Manier simultan ihre jeweils konträren Statements ab:
  • 17. Permanentes »als ob« So retten sie doch ihre Seele So rettest du nicht eine Seele So retten sie doch eine Seele So retten sie auch meine Seele Die Szene wird als veritables Finale komponiert, als madrigaleskes Vokal- quartett mit hinzutretenden Instrumenten – ein effektvoll ausgestellter Höhe- punkt, vor dessen Hintergrund das Groteske des Schlusses erst recht zur Wirkung kommt: Zu einem behäbig leiernden Walzer tanzen die Prinzessin und Hot ab, kehren sie jener Republik den Rücken, aus welcher der Kinder- chor ertönt und über der der rote Stern blitzt.
  • 18. Porträt der Mitwirkenden Timur Bekbosunov stammt aus Kasachstan und lebt gegenwärtig in Los Angeles. Soloauftritte führten ihn an folgende Institutionen: Los Angeles Philharmonic, Opera Boston, Hollywood Bowl, Bang on a Can All-Stars, Long Beach Opera, Israeli Opera/YAP, Santa Cecilia Academy, LOOS ensemble, Bakersfield Symphony, Opera Kansas, Redcat Theater, American Repertory Theater, Zellerbach Hall, Walt Disney Concert Hall, DeVotchKa band und Rosanna Gamson Dance Company. Schwerpunkt seiner künstlerischen Arbeit ist die zeitgenössiche Musik. So arbeitete er unter anderem mit Thomas Ades (»Powder Her Face«), Evan Ziporyn (»A House in Bali«, »Oedipus«), Anne LeBaron (»Crescent City«, »Silent Steppe Cantata«), Silvano Bussotti (»Silvano Sylvano«), Anthony Davis (»Revolution of Forms«), Gian-Carlo Menotti (»Five Songs«), Meyer Kupferman (»In a Garden«), Gil Shohat (»Songs of Darkness«) und Geoffrey Pope (»The Stone House«) zusammen. Als Mitbegründer der Art Opera Foundation, einer non profit Organisation, die sich der Förderung des zeitge- nössischen Opernschaffens widmet, hat er die SZYMANOWSKI FANTASY, ein Projekt auf der Grundlage von dessen »Liedern des verliebten Muezzins« und DO_SCREAM, eine Multimedia-Installation nach Purcells »Dido und Aeneas« mitgestaltet. Gemeinsam mit der Filmemacherin Sandra Powers hat er den preisgekrönten Musikfilm »Autumn« erarbeitet. Stefan Bleidorn Nach seiner Ausbildung zum Tischler für Dekorationsbau an der Staatsoper Berlin und zwei Jahren als Bühnentischler an der Volksbühne am Rosa- Luxemburg-Platz begann Stefan Bleidorn sein Studium: Ab 1989 Fachober- schule für Gestaltung in Wuppertal, ab 1991 Bergische Universität Wupper- tal (Architektur), 1995 Wechsel an die Kunsthochschule Berlin-Weißensee. Gastsemester im Fachbereich Bühnenbild bei Volker Pfüller, 1996/97 North Carolina State University, Raleigh (Nebenfächer: Animation, Sculpture), 1998 Abschluss des Architekturstudiums, 1998–2001 Bühnenbildstudium an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee. Von 2001 bis 2004 war er Bühnenbild- assistent am Residenz-Theater in München u. a. bei Stefan Hageneier, Silvia Merlo, Ulf Stengel, Tom Schenk, Jürgen Rose und Sascha Groß. Seit 2004 ist er als freier Bühnenbildner tätig und entwickelte u. a. Bühnenbild und Kostüme für »Das kalte Kind« (von M. von Mayenburg im Marstall, Resi- denztheater München), »Der Kick« (Theater Vorpommern), »Simplicius Simplicissimus« (Karl Amadeus Hartmann), »Aus jüdischer Volkspoesie«/ »Rothschilds Geige« (Dmitri Schostakowitsch/Benjamin Fleischmann), »El
  • 19. Porträt der Mitwirkenden Cimarrón« (Hans Werner Henze), »The Io Passion« (Harrison Birtwistle, alle Konzerthaus Berlin) sowie für die Opernwerkstatt Schloss Rheinsberg. Seit 2005 ist Stefan Bleidorn außerdem Dozent für CAD und Darstellungstechni- ken im Fachbereich Bühnenbild an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee. Friedemann Büttner entstammt einer brandenburgischen Kantorenfamilie, die ihn seit frühester Jugend musikalisch förderte. Zehnjährig wurde er in den Dresdner Kreuz- chor aufgenommen und bald mit solistischen Aufgaben betraut. Sein Gesangsstudium absolvierte er in Berlin und Oslo und nahm an Meisterkur- sen bei Dietrich Fischer-Dieskau und Ingrid Bjoner teil. Seit seinem Studien- abschluss ist er freischaffend tätig. Friedemann Büttner widmet sich allen Epochen und Genres der klassischen Musik; sein Repertoire umfasst die Oratorien von Bach, Schütz, Händel, Mendelssohn, Beethoven, Frank Mar- tin und Puccini, aber auch Werke von Berio und Messiaen. Als Solist sang er in bedeutenden Konzertsälen in Europa und den USA. Er arbeitete mit Dirigenten wie Walter Weller, Hans-Christoph Rademann sowie Philippe Herreweghe und mit Klangkörpern wie den Bamberger Symphonikern, der Akademie für Alte Musik Berlin und dem Orchestre des Champs-Elysées zusammen. In freien Produktionen sang er Opernpartien des lyrischen Tenor- fachs, darunter den Ferrando, Ottavio und Tamino, den René in Leo Falls »Pompadour«, den Ehemann in Hindemiths »Hin und zurück«, den Principe in »Una Cosa Rara« von Martin y Soler und den Leukon in der Urauffüh- rung der »Medea« von Frank Schwemmer. Ferenc Gábor In Transsylvanien (Rumänien) geboren. Studium bei Stefan Ruha. 1982 Emi- gration nach Israel. Fortsetzung der Studien an der Tel Aviv Academy of Music. Gründungsmitglied des Gertler String Quartet. 1986 trat er als Stu- dent dem Israel Philharmonic Orchestra bei. Seit 1994 Solo-Bratschist beim Konzerthausorchester Berlin. Dirigierstudium bei Rolf Reuter an der Hoch- schule für Musik »Hanns Eisler« Berlin (Abschluss 2001). Internationale Konzerttätigkeit als Solist und Dirigent. Leitung von Opernproduktionen im In- und Ausland. Als Dirigent Zusammenarbeit mit den Berliner Sinfonikern, Bochumer Sinfonikern, Budapester Kammerorchester und anderen. John Harrison, Jahrgang 1985, stammt aus Montana und machte seinen Bachelor im Fach Musik an der University of Puget Sound (Gesang bei Chris McKim). Gegen- wärtig arbeitet er an seinem Master an der University of Oregon in Eugene und studiert Gesang bei Nicholas Isherwood. Er hat an Meisterklassen in
  • 20. Porträt der Mitwirkenden Washington, Oregon, Italien und Deutschland sowie an Wettbewerben in Montana, Washington und Oregon teilgenommen. Auf der Bühne war er als Sam in Bernsteins »Trouble in Tahiti«, Mikado in Gilbert und Sullivans »The Mikado«, Sarastro in Mozarts »Zauberflöte« und als die Stimme von Audrey 2 in Alan Menkens »Little Shop of Horrors« zu erleben. John Harrison hat kürzlich in Paris einen Liederabend mit einer Auswahl von Vokalkomposi- tionen nach Cervantes’ »Don Quixote« gegeben (darunter Werke von Ana Lara, Jacques Ibert, Maurice Ravel und Jules Massenet) und war im August dieses Jahres Teilnehmer der Stockhausen Kurse in Kürten, wo er einen Preis für seine Interpretation von UD aus SONNTAG aus LICHT gewann. Nicholas Isherwood gilt als einer der international führenden Interpreten alter sowie zeitgenössi- scher Vokalmusik. Zusammenarbeit mit Joel Cohen, William Christie, Peter Eötvös, Paul McCreash, Nicholas McGegan, Kent Nagano, Zubin Mehta, Gennadi Rozhdestvensky sowie mit Giacinto Scelsi, Hans Werner Henze, Karlheinz Stockhausen und Iannis Xenakis. Auftritte an renommierten Häu- sern und internationalen Festivals: La Scala, Covent Garden, Théâtre des Champs Elysées, Salzburger Festspiele, Concertgebouw Amsterdam, Berliner Staatsoper, Wiener Konzerthaus, Tanglewood. Zu seinen Partien gehören: Antinoo (Monteverdi »Il Ritorno di Ulisse«), Claudio (Händel »Agrippina«), Satiro (Rossi »Orfeo«), Pan (Marais »Alcione«), Joas (Porpora »Il Gedeone«), Frère Léone (Messiaen »Saint François d’Assise«), Der Tod (Ullmann »Der Kaiser von Atlantis«), Il Testimone (Bussotti »Tieste«), Micro mégas (Mefano »Micromégas«), Luzifer (Karlheinz Stockhausen MONTAG, DIENSTAG, DONNERSTAG, FREITAG aus LICHT). Improvisationen mit Stave Lacy, Joelle Léandre, Sainkho Namtchilak und David Moss. 50 CD-Einspielungen, Mitwirkung in drei Filmen. Diverse Publikationen und vielfältige Unterrichts- tätigkeit u. a. am Pariser Conservatoire, dem Salzburger Mozarteum und dem Mailänder Konservatorium. Er ist gegenwärtig Professor für Gesang und Oper an der University of Oregon. Gloria Rehm geboren 1985 in Fritzlar, studiert an der Hochschule für Musik »Hanns Eis- ler« in Berlin bei KS Bernd Riedel sowie Oratorium bei Prof. Thomas Quast- hoff und Lied bei Prof. Wolfram Rieger. Ihr Debüt gab sie in einer Hoch- schulproduktion der Britten-Oper »The Turn of the Screw«. Im Mai 2007 sang sie in Augsburg die Partie der Mme. Herz in Mozarts »Der Schauspiel- direktor«. In der Spielzeit 2007/08 war sie als Schäferin in »Das Kind und der Zauberspuk« von Maurice Ravel an der Komischen Oper Berlin und als Marcellina in Luigi Cherubinis »Der Wasserträger« im Schlosstheater
  • 21. Porträt der Mitwirkenden Rheinsberg zu erleben. Im Dezember 2008 und 2009 interpretierte sie die Partie der Blauen Fee in Ottorino Respighis Oper »Dornröschen« im Kon- zerthaus Berlin, im April 2009 die Drusilla in Monteverdis »Incoronazione di Poppea« in der Hochschulproduktion der HfM »Hanns Eisler«. Sie war 2009 Stipendiatin des Richard Wagner-Verbands und arbeitet als Konzertsoli- stin im Berliner Raum mit verschiedenen Chören, Orchestern und Kantoren zusammen. Mit dem Berliner Gitarristen Philipp Niedrich hat sie 2010 das Duo Scaramuz für Kammermusik mit Gitarre und Gesang gegründet. Sarah Rolke stammt aus Gießen. Nach dem Abitur arbeitete sie am Berliner Ensemble, zuerst als Praktikantin für eine Spielzeit, später für einzelne Stücke als Kostümassistentin. Dort lernte sie Achim Freyer kennen und arbeitete als seine Kostümassistentin in Moskau (2005), am Teatr Wielki in Warschau (2006), am Nationaltheater Mannheim (2007) und von 2006 –2010 bei Wag- ners »Ring des Nibelungen« an der Los Angeles-Opera. Seit 2005 ist sie frei- beruflich als Kostümbildnerin und -assistentin für Schauspiel, Oper und Musiktheater tätig. Henriette Sehmsdorf wuchs in Ostberlin auf und studierte bis 1997 an der Hochschule für Musik »Hanns Eisler« Opernregie. Wichtige Lehrer waren Peter Konwitschny und Ruth Berghaus. Es folgten Tätigkeiten als Regieassistentin, Dramaturgin und Regisseurin an verschiedenen Theatern, u.a. am Burgtheater Wien, den The- atern in Lübeck, Görlitz, Greifswald, Stralsund, Rudolstadt, Halberstadt und Dresden. Von 2002–2008 war sie Künstlerische Mitarbeiterin von Hartmut Haenchen bei den Dresdner Musikfestspielen. Henriette Sehmsdorf brachte mehr als zwei Dutzend Inszenierungen erfolgreich auf die Bühne, worunter sich sowohl Opernklassiker wie »Tosca« und »Cavalleria rusticana« befin- den als auch Sprechtheaterproduktionen. Ihr großes Interesse gilt der Oper des 20. Jahrhunderts. Am Konzerthaus Berlin führte sie bereits Regie bei »Dido und Aeneas« von Henry Purcell (1995); »Simplicius Simplicissimus« von Karl Amadeus Hartmann (2005–2009) und »Aus jüdischer Volkspoesie«/ »Rothschilds Geige« von Dmitri Schostakowitsch und Benjamin Fleischmann (2006). Henriette Sehmsdorf ist Dozentin für Szenischen Unterricht an der Hochschule für Musik »Hanns Eisler« Berlin und der Hochschule für Musik und Theater Rostock sowie die Initiatorin des Opernfestivals OPERNALE, das mit einer Inszenierung von »Cosi fan tutte« von Wolfgang Amadeus Mozart im Juli 2011 aus der Taufe gehoben wird. Die Regisseurin lebt mit ihrer Familie in Vorpommern. (www.henriette-sehmsdorf.de)
  • 22. Porträt der Mitwirkenden Heiko Starke, gebürtig aus Radebeul, studierte von 2000 bis 2005 Musikwissenschaft und Kunstgeschichte an der TU Dresden. Von 2006 bis 2009 arbeitete er als Regieassistent und Inspizient an den Landesbühnen Sachsen in Radebeul, 2010 erhielt er ein Engagement am Theater Osnabrück. Mit Henriette Sehmsdorf arbeitete er wiederholt zusammen, auch bei der von ihr insze- nierten Oper »Simplicius Simplicissimus« am Konzerthaus Berlin, in der er – ebenso wie nun bei »R. Hot« – auch als Darsteller mitwirkte. Marco Valerio studiert gegenwärtig an der Universität von Oregon Geschichte und Musik mit dem Schwerpunkt Oper. Erste Theatererfahrungen sammelte er schon während der Schulzeit. Während des Studiums war er sowohl an Opernpro- duktionen der Universität Oregon als auch der Eugene Opera Company beteiligt. Er ist Teilnehmer des Eugene Opera Company’s Artist Mentor Pro- gram und war an mehreren von dessen Produktionen beteiligt, darunter als Figaro in »Die Hochzeit des Figaro«, als Masetto in »Don Giovanni« und als Wolf in Seymour Barabs »Little Red Riding Hood«. Ein Gastspiel mit der UO Opera führte ihn nach New York (Antonio in Daron Hagens »Broken Pieces«). 2010 war er gleich in mehreren Solorollen (Papageno, Sprecher, 1. Priester, 2. Geharnischter) in Mozarts »Zauberflöte« in einer Inszenierung von Nicholas Isherwood an der Universität von Oregon zu erleben. modern art ensemble Das modern art ensemble wurde 1994 in Berlin in der Besetzung von Schön- bergs »Pierrot lunaire« gegründet und hat sich seitdem ein weites Repertoire zeitgenössischer Kammermusik erarbeitet – von den Klassikern der Moderne bis hin zu multimedialen Konzertprojekten mit elektroakustischer Musik. Es hat bei zahlreichen internationalen Festivals mitgewirkt, u. a in Berlin, Pots- dam, Weimar, Tongyeong, Danzig und Warschau. Seinen Ruf als innovatives Ensemble erlangte es durch die Uraufführung von mehr als sechzig Werken. Zu den Komponisten, die für das modern art ensemble komponiert haben, zählen u. a. Jin-Ah Ahn, Sidney Corbett, Conrado del Rosario, Gerald Humel, Ellen Hünigen, Georg Katzer, Hideki Kozakura, Marc Lingk, Makiko Nishi- kaze, Helmut Oehring, Rainer Rubbert, Benjamin Schweitzer und Helmut Zapf. Seine CD »Haiku« mit 13 kurzen Kompositionen Berliner Komponi- sten ist auf dem Label Edel Academy erschienen. Weitere Einspielungen lie- gen auf den Porträt-CDs von Charlotte Seither (Wergo), Gabriel Iranyi (Hun- garoton) und Il-Ryun Chung (kreuzberg records) vor. Im Konzerthaus Berlin wirkte das Ensemble bei den Musiktheaterprojekten »Aus jüdischer Volks- poesie«/»Rothschilds Geige« (Dmitri Schostakowitsch, Benjamin Fleisch-
  • 23. Porträt der Mitwirkenden mann) »Martinů -Trilogie«, »Das Märchen vom Popen und seinem Knecht Balda« (Dmitri Schostakowitsch, Bearbeitung Jens Schubbe), »Dunkle Was- ser« (Franz Schubert, Ernst Krenek) sowie bei den live begleiteten Auffüh- rungen der Filme »Regen« (Joris Ivens, Musik von Lou Lichtveld und Hanns Eisler), »Der Schatz« (Georg Wilhem Pabst, Musik von Max Deutsch) sowie »Die Abenteuer des Prinzen Achmed« (Lotte Reiniger, Musik von Wolfgang Zeller, Bearbeitung Jens Schubbe) mit. Klaus Schöpp Flöte, Peter Michel Oboe, Helge Harding Klarinette Alexander Hase Fagott, Bodo Werner Horn, Lars Burger Kontrabass Yoriko Ikeya E-Orgel
  • 24. Vorankündigung Fr,19.11. / Sa, 20.11. / Do, 25.11. / Fr, 26.11. / Sa, 27.11.2010 20.00 Uhr Werner-Otto-Saal Adriana Hölszky »Bremer Freiheit« – Singwerk auf ein Frauenleben Libretto von Thomas Körner nach dem gleichnamigen Stück von Rainer Werner Fassbinder Peter Aderhold Musikalische Leitung Kay Kuntze Regie Stefan Bleidorn Bühne mit Annette Schönmüller, Peter Schoenaker, Regina Jakobi, David Schröder, Wilhelm Adam, Andrew Mayor, Magdalena Durant, Éric Beillevaire, Angelika Weber Rainer Werner Fassbinders Stück, das als Vorlage für das Libretto von »Bremer Freiheit« diente, erzählt die Geschichte der neunfachen Giftmörderin Geesche Gottfried, die 1831 in ihrer Heimatstadt Bremen öffentlich hingerichtet wurde. Freilich konzentriert sich Fassbinder weniger auf den monströsen Mordfall, son- dern thematisiert vor allem dessen soziale und psychologische Hintergründe. Adriana Hölszkys Kammeroper von 1988 stellt sicher eines der stärksten Musik- theaterstücke der letzten Jahrzehnte dar. Eine Koproduktion von Berliner Kammeroper und Konzerthaus Berlin NACHWEIS Die Texte schrieb Jens Schubbe für dieses Heft. BILDNACHWEIS Alle Fotos wurden während der Proben aufgenomen und stammen von Henriette Sehmsdorf und Sarah Rolke. IMPRESSUM Herausgeber Konzerthaus Berlin Intendant Prof. Dr. Sebastian Nordmann Redaktion Jens Schubbe, Tanja-Maria Martens Titelfotografie Axel Gnad Reinzeichnung und Herstellung REIHER Grafikdesign & Druck 2,30 €