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Integrative Förderpädagogik in Fördersituationen des
Übergangssystems



     Integrative Förderpädagogik in
          Fördersituationen des
           Übergangssystems
    lea -Teilprojekt: Prozessbegleitende Diagnostik am Übergang Schule-
                          Beruf und in der Arbeitswelt:
                           Eine Dokumentenanalyse

                       Prof. Dr. Eva Quante-Brandt
                             Dr. Eva Anslinger
                      Dipl. Soz. Wiss. Theda Grabow
                               Moritz Müller
Integrative Förderpädagogik in Fördersituationen des
Übergangssystems

                          Was sie erwartet

    1.   Ausgangspunkte der Untersuchung
    2.   Perspektive lea.-Projekt
    3.   Auswertungsgrundlage
    4.   Blick auf die TeilnehmerInnen
    5.   Auswertungskriterien
    6.   Ergebnisse der Auswertung
    7.   Praxisbeispiele
    8.   Fazit
Integrative Förderpädagogik in Fördersituationen des
Übergangssystems

        Ausgangspunkte der Untersuchung
   • Pisa: Leseverständnis bei 15-jährigen SchülerInnen
     kritisch
   • Literalitätskompetenzen werden im Übergangssystem
     lediglich unsystematisch bearbeitet
   • Kompetenzfeststellungsverfahren am Übergang Schule-
     Beruf bilden Literalität nur marginal ab
   • Probleme bei der Erfassung von Literalitätskompetenzen:
      – kein geeignetes kompetenzbasiertes
         Diagnostikinstrument
Integrative Förderpädagogik in Fördersituationen des
Übergangssystems

        Forschungsperspektive lea.-Projekt
   • Ziel des Projektes: Entwicklung einer berufsbezogenen,
     sonderpädagogischen, erwachsenengerechten
     Förderdiagnostik (Schwerpunkt Literalität)
   • Diagnostik findet prozess- und kompetenzorientiert statt

     Fragestellungen des TP4:
   • Wie schreiben junge Erwachsene am Übergang Schule-Beruf?
     (Textverständnis, Textproduktion)
   • Lassen sich die Literalitätskenntnisse der TN in das lea.-
     Kompetenzmodell einordnen?
   • Welche Förderung kann daraus abgeleitet werden? (Anschluss
     an die Diagnostik)
Integrative Förderpädagogik in Fördersituationen des
Übergangssystems

                       lea.-Kompetenzmodell
                        (am Beispiel der Dimension Schreiben)
    α1            α2             α3             α4             α5             α6
 Logographi- Alphabetische Alphabetische      Orthogra-    Orthographi- Wortübergrei-
sche Strategie Strategie   & beginnende        phische      sche und       fende
                            orthographi-      Strategie    beginnende    Strategie
                           sche Strategie                  morphemati-
                                                          sche Strategie



  Schreibung   Schreibung    Konsonanten-    Orthogra-     Beherrschung Komplexerer
      nach     nach Lauten   häufungen mit phisch richtige       der           Text,
   einfachen   und Silben,    Dauerkonso-   Schreibung      Orthographie    Grammatik-
  Lauten und    Satzebene     nanten, Satz   mehrerer      (Interpunktion) kompetenzen,
    Silben,                  bis Textebene     Sätze,                       Fremdwörter
  Wortebene                                 Textebene
Integrative Förderpädagogik in Fördersituationen des
Übergangssystems

                  Auswertungsgrundlage
 • Analyse von Deutschprüfungen in der schulischen
   Berufsorientierung
 • 81 Aufsätze zum Thema „Schuluniform“
 • Arbeitsauftrag:
    – Zeitungsartikel lesen,
    – Inhaltsangabe,
    – eigene Stellungnahme verfassen.

     Auswertung anhand des kleinen Fehlerregisters (Nickel
     1998), Übertrag auf das lea.-Kompetenzmodell
     Einordnung der Kompetenzen in Schriftsprach-
     entwicklungsmodell (Spitta 1988)
Integrative Förderpädagogik in Fördersituationen des
Übergangssystems

             Blick auf die TeilnehmerInnen
   • Junge, schulpflichtige Erwachsene aus BO-Klassen mit
     dem Ziel HSA
   - Alter ca. 16-19 Jahre
   - Ausgeglichene Geschlechterverteilung (jeweils ca. 50%)
   - mit Migrationshintergrund (54%) und ohne
     Migrationshintergrund (46%)
   - Heterogene schulische Leistungsstände
   - Brüchige Bildungsbiographien
   - Oft problematische soziale Lebenslagen
Integrative Förderpädagogik in Fördersituationen des
Übergangssystems

       Auswertungskriterien (nach Nickel 1998)
   •    Auswertung fokussiert auf Fehler der
         – Phonetik und Phonologie (lea.-Dimension Schreiben-
           Rechtschreibung)
         – Regelfehler/ Ausnahmeschreibungen (lea.-Dimension
           Schreiben-Rechtschreibung)
         – Grammatik (lea.-Dimension Schreiben-Gestaltung, Schreiben-
           Rechtschreibung, Sprachempfinden)
   •    Auswertung ergänzt um
         –   Interpunktion (Punkt- und Kommasetzung)
         –   Textproduktion
         –   Textverständnis
         –   Transferleistung
   •    Unberücksichtigt bleiben z.B. Pluralbildung, Satzbau
Integrative Förderpädagogik in Fördersituationen des
Übergangssystems

                Erste Ergebnisse und
            Auffälligkeiten der Auswertung



   • Arbeiten zwischen 67-650 Wörtern
      – Unterschiedliche Textlänge
      – Unterschiedliche Textproduktion
           • 33 selbstständig formulierte Inhaltsangaben
           • 31 abgeschriebene Inhaltsangaben
           • 17 nicht zuzuordnen
   • Fehlerhäufigkeiten sind bei abgeschriebenen und
     selbstständig formulierten Texten gleich
Integrative Förderpädagogik in Fördersituationen des
Übergangssystems

       Ergebnis: Phonetisch/-phonologische
                     Fehler
   • Phonetische Fehler stellen eine vergleichsweise geringe
     Fehlerquelle in den Arbeiten dar (von insgesamt 182)
   • 64% (118) Fehler in Phonetik/Phonologie durch
     Vergessen von Buchstaben
   • Auslassungen häufiger als „willkürliche“ Buchstaben

   Einordnung der phonetisch/-phonologischen Fehler:
     phonetische Wortdurchgliederung wird im Alter von 5-7
     Jahren (1. Klasse) entwickelt (Spitta, 1988)
Integrative Förderpädagogik in Fördersituationen des
Übergangssystems

                              Ergebnis: Regelfehler und
                               Ausnahmeschreibungen
                                      Regelfehler und Ausnahm eschreibungen
                                                    (543 Fehler)

                                                                            380
    Fehleranzahl




                   400
                   300
                   200           81                     49
                   100
                     0
                             Schärfungs-          Ableitungs- und   Groß- /Kleinschreibung
                           /Dopplungsfehler       Dehnungsfehler
                         (Konsonanten zu viel/
                              zu w enig)
                                                 Fehlerkategorien


      Erwerb der Groß-/Kleinschreibung in ca. 2./3. Klasse im Alter von 8-9 Jahren
      (Spitta 1988)
Integrative Förderpädagogik in Fördersituationen des
Übergangssystems

                         Ausgewählte Grammatikfehler
                              Grammatikalische Fehler (346 Fehler)



                        300
                        250
         Fehleranzahl




                        200          178

                        150
                        100                                         56

                         50
                          0
                              Wortpaar (das/dass)        Zusammen-/Getrenntschreiben
                                               Fehlerkategorien


   Wortpaar „das/dass“ übernimmt mehrere Funktionen (Artikel, Demonstrativpronomen,
 Konjunktion), Bedeutung von Haupt- und Nebensätzen
Integrative Förderpädagogik in Fördersituationen des
Übergangssystems

                                       Interpunktion
                             Interpunktion und Kommasetzung (695 Fehler)


                                       605
                       600
                       500
        Fehleranzahl




                       400
                       300
                       200
                       100                                                     55

                         0
                               Kom m ata (zu wenig)                     Punkte (zu wenig)
                                                  Fe hle rk ate gorie
Integrative Förderpädagogik in Fördersituationen des
Übergangssystems

     Zwischenergebnis Dokumentenanalyse

      Brüche im Schriftspracherwerb ca. zweite bis dritte Klasse
      Kompetenzen der Schriftsprache stellen sich als Puzzle dar

   • Stufe der phonematischen Schreibung z.T. nicht verlassen
     Förderung muss z.T. an phonetisch-phonologischer Phase
     anknüpfen
   • Mangelndes Regelwissen        Entwicklung individueller
     Regelhilfen (Interpunktion, Groß-Kleinschreibung, Konjunktionen)
   • Lernende benötigen Förderung im Textverständnis und in der
     Textproduktion     kurze eigene Texte/Satzkonstruktionen

      Systematisierung des individuellen Übungsprozesses
Integrative Förderpädagogik in Fördersituationen des
Übergangssystems

                       lea.-Kompetenzmodell
                        (am Beispiel der Dimension Schreiben)
    α1            α2             α3             α4             α5             α6
 Logographi- Alphabetische Alphabetische      Orthogra-    Orthographi- Wortübergrei-
sche Strategie Strategie   & beginnende        phische      sche und       fende
                            orthographi-      Strategie    beginnende    Strategie
                           sche Strategie                  morphemati-
                                                          sche Strategie



  Schreibung   Schreibung    Konsonanten-    Orthogra-     Beherrschung Komplexerer
      nach     nach Lauten   häufungen mit phisch richtige       der           Text,
   einfachen   und Silben,    Dauerkonso-   Schreibung      Orthographie    Grammatik-
  Lauten und    Satzebene     nanten, Satz   mehrerer      (Interpunktion) kompetenzen,
    Silben,                  bis Textebene     Sätze,                       Fremdwörter
  Wortebene                                 Textebene
Integrative Förderpädagogik in Fördersituationen des
Übergangssystems

     Zuordnung zum lea.-Kompetenzmodell
   Phonetisch/-phonologische Fehler
       • Vergessen von Buchstaben (ist erlernt auf α3)
   Regelfehler und Ausnahmeschreibungen
       • Groß- und Kleinschreibung (ist erlernt auf α3)
       • Schärfungsfehler (ist erlernt auf α4)
       • Ableitungs- und Dehnungsfehler (ist erlernt auf α5)
   Grammatikfehler
       • Wortpaar das/dass (ist erlernt auf α6)
       • Zusammen- und Getrenntschreibung (ist erlernt auf α6)
   Interpunktionsfehler
       • Kommasetzung (ist erlernt auf α6)
       • Punktsetzung (ist erlernt auf α4)
Integrative Förderpädagogik in Fördersituationen des
Übergangssystems

           Ressourcenorientierung der
               Förderdiagnostik
   • Aufdecken des Kompetenzpuzzles im Schreiben
   • Aufdecken der Könnensstände erfolgt nicht über
     Fehleranalyse
      – weniger Zeitintensiv
      – negative Lern- und Diagnostikerfahrungen werden
        vermieden
   • Feststellung der Zone der nächsten Entwicklung
   • Gezielter Förderprozess kann an Diagnostik anschließen
Integrative Förderpädagogik in Fördersituationen des
Übergangssystems

                     Praxisbeispiele
              integrativer Förderpädagogik
  •   In zwei Lerngruppen im schulischen und außerschulischen
      Übergangssystem erprobt
  •   Methoden:
       – Kleingruppenarbeit
       – Binnendifferenzierung
       – Integration des Lernprozesses in die Arbeits- und Lebenswelt
       – Literalitätsförderung in der arbeitsweltlichen Praxis

      Einsatz der Methoden gelingt in beiden Gruppen
      Lernende nehmen Angebote wahr
      Stress, Zeitdruck, Nachlassen der Konzentration verursachen Rückgriff
      auf einfachere Strategien (Risel 2008)
Integrative Förderpädagogik in Fördersituationen des
Übergangssystems

                                      1. Werkzeugfolie mit 71 Werkzeugen
                                      Mögliche Arbeitsaufträge:
                                      •Benennen der einzelnen Werkzeuge auf
                                      der Folie in der Gruppe / in Partnerarbeit /
                                      in Einzelarbeit, mit / ohne Unterstützung
                                      •Wortkarten mit Werkzeugbeschreibungen
                                      als Domino / Memory
                                      •Werkzeuge raten (Was bin ich?)
                                      •Artikelübungen (der Trichter, die Feile…)
                                      •Präpositionsübungen („Wo ist der
                                      Trichter? Der Trichter liegt auf der
                                      Werkbank!“)
Integrative Förderpädagogik in Fördersituationen des
Übergangssystems

             Unterschiede der Fördergruppen
Schulisch (BO-Klasse einer Berufsschule)   Außerschulisch (Quartierszentrum)
Gruppenstärke: 6 SchülerInnen              Gruppenstärke: 6-10 Lernende
Freiwillig                                 Zuweisung über BAgIS od. Maßnahmen
Alter der SchülerInnen zw. 16-19           Alter der Lernende zwischen 25-60
homogene Gruppe erleichtert Förderung      birgt Probleme im Förderprozess
Ausgeglichenes Geschlechterverhältnis      Überwiegend weibliche Lernende
Selbstwahrnehmung über eigene              Entwicklung von Strategien um fehlende
Kenntnisstände verzerrt                    Literalität zu verbergen (vor allem bei
                                           Lernenden ohne Migrationshintergrund)
Motivation ist die Aufnahme einer          Motivation ist der Einstieg in den
Ausbildung                                 Arbeitsmarkt/ um Kinder bei HA zu helfen
Keine Angst vor Überforderung,             Misserfolgsbiografie verstärkt die Angst
reagieren aber sensibel auf Misserfolge    vor Überforderung im Förderprozess
Integrative Förderpädagogik in Fördersituationen des
Übergangssystems

       Erkenntnisse aus dem Förderunterricht
   •   Lernprozesse und Ziele mit den Teilnehmenden abstimmen
   •   Binnendifferenzierung über angepasste Aufgabenstellungen
   •   Unterschiedliche Lernausgangslagen bleiben auch nach Förderung
       bestehen
   •   Schreibanlässe individuell entwickeln
   •   Mehr Zeit zur Entwicklung von Schreibroutinen / Regelerwerb
   •   Enger Kontakt zur Lehrperson förderlich für den Lernprozess
   •   Angenehmes Arbeitsklima: kein Mobbing innerhalb der Gruppen
   •   MigrantInnen haben geringere Hemmschwelle Literalitätsprobleme
       zuzugeben/ sich auf Förderung einzulassen
   •   Aktuelle Anlässe haben Vorrang und wirken motivierend (Schreiben
       einer Kündigung)
   •   Oft fehlende Unterstützung durch die Familie
       Organisatorische und lebensweltliche Probleme belasten die
       Fördersituationen!
Integrative Förderpädagogik in Fördersituationen des
Übergangssystems

                    Schlussfolgerungen
     Kompetenzfeststellungsverfahren sollten Literalitätsdiagnostik beinhalten,
     damit möglichst früh ein Nachlernprozess eingeleitet wird und
     Erfolgserlebnisse hergestellt werden     Prävention von funktionalem
     Analphabetismus
     Strukturierter und individueller Förderprozess schließt eine adaptive
     Diagnostik mit ein
     Diagnostik ersetzt nicht den pädagogischen Prozess
     Heterogenität in den Leistungsständen erfordert Binnendifferenzierung
     Biographieorientierte Arbeitsweise notwendig, hohe Sensibilität der
     Lehrkräfte im Förderprozess
     Nachlernprozesse bedürfen einer hohen finanziellen und personellen
     Ausstattung
     Zeit einjähriger Bildungsgänge reicht für die Lernenden nicht aus
     Detaillierter, individueller und methodisch-didaktisch aufbereiteter
     Förderrahmen für Lernende notwendig
Integrative Förderpädagogik in Fördersituationen des
Übergangssystems

                              Literatur
      1. Jacobs, E.-M.(2009):http://www.schriftlernen.ch/myUploadData%
      5Cfiles%5CJakobs.pdf (letzter Zugriff: 10.01.2010)
      2. Maas, U. (1992): Grundzüge der deutschen Orthographie.
      Tübingen: Niemeyer.
      4. Nickel, S. (1998). Ein „kleines Fehlerregister“ zur ersten
      Orientierung. In: Alfa-Forum 37, 14f. (Wiederabdruck in: Alfa-Forum
      50/2002.) http://www.ewi-psy.fu-berlin.de/einrichtungen/
      arbeitsbereiche/grundschulpaed/2_deutsch/publikationen/snickel/me
      dia/nickel_37_1998_s_14-15.pdf (letzter Zugriff: 10.01.2010)
      3. Risel, H. (2008): Arbeitsbuch Rechtschreibdidaktik.
      Baltmannsweiler: Schneiderverlag.
      4. Spitta, G. (1988). Kinder schreiben eigene Texte: Klasse 1 und 2.
      Frankfurt a.M.
Integrative Förderpädagogik in Fördersituationen des
Übergangssystems




  Vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit
                                  Kontakt:

                        Prof. Dr. Eva Quante-Brandt
                              Dr. Eva Anslinger
                       Dipl. Soz. Wiss. Theda Grabow
                                Moritz Müller



                      www.workforce.uni-bremen.de
                        www.aap.uni-bremen.de

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Integrative förderpädagogik in fördersituationen des übergangssystems

  • 1. Integrative Förderpädagogik in Fördersituationen des Übergangssystems Integrative Förderpädagogik in Fördersituationen des Übergangssystems lea -Teilprojekt: Prozessbegleitende Diagnostik am Übergang Schule- Beruf und in der Arbeitswelt: Eine Dokumentenanalyse Prof. Dr. Eva Quante-Brandt Dr. Eva Anslinger Dipl. Soz. Wiss. Theda Grabow Moritz Müller
  • 2. Integrative Förderpädagogik in Fördersituationen des Übergangssystems Was sie erwartet 1. Ausgangspunkte der Untersuchung 2. Perspektive lea.-Projekt 3. Auswertungsgrundlage 4. Blick auf die TeilnehmerInnen 5. Auswertungskriterien 6. Ergebnisse der Auswertung 7. Praxisbeispiele 8. Fazit
  • 3. Integrative Förderpädagogik in Fördersituationen des Übergangssystems Ausgangspunkte der Untersuchung • Pisa: Leseverständnis bei 15-jährigen SchülerInnen kritisch • Literalitätskompetenzen werden im Übergangssystem lediglich unsystematisch bearbeitet • Kompetenzfeststellungsverfahren am Übergang Schule- Beruf bilden Literalität nur marginal ab • Probleme bei der Erfassung von Literalitätskompetenzen: – kein geeignetes kompetenzbasiertes Diagnostikinstrument
  • 4. Integrative Förderpädagogik in Fördersituationen des Übergangssystems Forschungsperspektive lea.-Projekt • Ziel des Projektes: Entwicklung einer berufsbezogenen, sonderpädagogischen, erwachsenengerechten Förderdiagnostik (Schwerpunkt Literalität) • Diagnostik findet prozess- und kompetenzorientiert statt Fragestellungen des TP4: • Wie schreiben junge Erwachsene am Übergang Schule-Beruf? (Textverständnis, Textproduktion) • Lassen sich die Literalitätskenntnisse der TN in das lea.- Kompetenzmodell einordnen? • Welche Förderung kann daraus abgeleitet werden? (Anschluss an die Diagnostik)
  • 5. Integrative Förderpädagogik in Fördersituationen des Übergangssystems lea.-Kompetenzmodell (am Beispiel der Dimension Schreiben) α1 α2 α3 α4 α5 α6 Logographi- Alphabetische Alphabetische Orthogra- Orthographi- Wortübergrei- sche Strategie Strategie & beginnende phische sche und fende orthographi- Strategie beginnende Strategie sche Strategie morphemati- sche Strategie Schreibung Schreibung Konsonanten- Orthogra- Beherrschung Komplexerer nach nach Lauten häufungen mit phisch richtige der Text, einfachen und Silben, Dauerkonso- Schreibung Orthographie Grammatik- Lauten und Satzebene nanten, Satz mehrerer (Interpunktion) kompetenzen, Silben, bis Textebene Sätze, Fremdwörter Wortebene Textebene
  • 6. Integrative Förderpädagogik in Fördersituationen des Übergangssystems Auswertungsgrundlage • Analyse von Deutschprüfungen in der schulischen Berufsorientierung • 81 Aufsätze zum Thema „Schuluniform“ • Arbeitsauftrag: – Zeitungsartikel lesen, – Inhaltsangabe, – eigene Stellungnahme verfassen. Auswertung anhand des kleinen Fehlerregisters (Nickel 1998), Übertrag auf das lea.-Kompetenzmodell Einordnung der Kompetenzen in Schriftsprach- entwicklungsmodell (Spitta 1988)
  • 7. Integrative Förderpädagogik in Fördersituationen des Übergangssystems Blick auf die TeilnehmerInnen • Junge, schulpflichtige Erwachsene aus BO-Klassen mit dem Ziel HSA - Alter ca. 16-19 Jahre - Ausgeglichene Geschlechterverteilung (jeweils ca. 50%) - mit Migrationshintergrund (54%) und ohne Migrationshintergrund (46%) - Heterogene schulische Leistungsstände - Brüchige Bildungsbiographien - Oft problematische soziale Lebenslagen
  • 8. Integrative Förderpädagogik in Fördersituationen des Übergangssystems Auswertungskriterien (nach Nickel 1998) • Auswertung fokussiert auf Fehler der – Phonetik und Phonologie (lea.-Dimension Schreiben- Rechtschreibung) – Regelfehler/ Ausnahmeschreibungen (lea.-Dimension Schreiben-Rechtschreibung) – Grammatik (lea.-Dimension Schreiben-Gestaltung, Schreiben- Rechtschreibung, Sprachempfinden) • Auswertung ergänzt um – Interpunktion (Punkt- und Kommasetzung) – Textproduktion – Textverständnis – Transferleistung • Unberücksichtigt bleiben z.B. Pluralbildung, Satzbau
  • 9. Integrative Förderpädagogik in Fördersituationen des Übergangssystems Erste Ergebnisse und Auffälligkeiten der Auswertung • Arbeiten zwischen 67-650 Wörtern – Unterschiedliche Textlänge – Unterschiedliche Textproduktion • 33 selbstständig formulierte Inhaltsangaben • 31 abgeschriebene Inhaltsangaben • 17 nicht zuzuordnen • Fehlerhäufigkeiten sind bei abgeschriebenen und selbstständig formulierten Texten gleich
  • 10. Integrative Förderpädagogik in Fördersituationen des Übergangssystems Ergebnis: Phonetisch/-phonologische Fehler • Phonetische Fehler stellen eine vergleichsweise geringe Fehlerquelle in den Arbeiten dar (von insgesamt 182) • 64% (118) Fehler in Phonetik/Phonologie durch Vergessen von Buchstaben • Auslassungen häufiger als „willkürliche“ Buchstaben Einordnung der phonetisch/-phonologischen Fehler: phonetische Wortdurchgliederung wird im Alter von 5-7 Jahren (1. Klasse) entwickelt (Spitta, 1988)
  • 11. Integrative Förderpädagogik in Fördersituationen des Übergangssystems Ergebnis: Regelfehler und Ausnahmeschreibungen Regelfehler und Ausnahm eschreibungen (543 Fehler) 380 Fehleranzahl 400 300 200 81 49 100 0 Schärfungs- Ableitungs- und Groß- /Kleinschreibung /Dopplungsfehler Dehnungsfehler (Konsonanten zu viel/ zu w enig) Fehlerkategorien Erwerb der Groß-/Kleinschreibung in ca. 2./3. Klasse im Alter von 8-9 Jahren (Spitta 1988)
  • 12. Integrative Förderpädagogik in Fördersituationen des Übergangssystems Ausgewählte Grammatikfehler Grammatikalische Fehler (346 Fehler) 300 250 Fehleranzahl 200 178 150 100 56 50 0 Wortpaar (das/dass) Zusammen-/Getrenntschreiben Fehlerkategorien Wortpaar „das/dass“ übernimmt mehrere Funktionen (Artikel, Demonstrativpronomen, Konjunktion), Bedeutung von Haupt- und Nebensätzen
  • 13. Integrative Förderpädagogik in Fördersituationen des Übergangssystems Interpunktion Interpunktion und Kommasetzung (695 Fehler) 605 600 500 Fehleranzahl 400 300 200 100 55 0 Kom m ata (zu wenig) Punkte (zu wenig) Fe hle rk ate gorie
  • 14. Integrative Förderpädagogik in Fördersituationen des Übergangssystems Zwischenergebnis Dokumentenanalyse Brüche im Schriftspracherwerb ca. zweite bis dritte Klasse Kompetenzen der Schriftsprache stellen sich als Puzzle dar • Stufe der phonematischen Schreibung z.T. nicht verlassen Förderung muss z.T. an phonetisch-phonologischer Phase anknüpfen • Mangelndes Regelwissen Entwicklung individueller Regelhilfen (Interpunktion, Groß-Kleinschreibung, Konjunktionen) • Lernende benötigen Förderung im Textverständnis und in der Textproduktion kurze eigene Texte/Satzkonstruktionen Systematisierung des individuellen Übungsprozesses
  • 15. Integrative Förderpädagogik in Fördersituationen des Übergangssystems lea.-Kompetenzmodell (am Beispiel der Dimension Schreiben) α1 α2 α3 α4 α5 α6 Logographi- Alphabetische Alphabetische Orthogra- Orthographi- Wortübergrei- sche Strategie Strategie & beginnende phische sche und fende orthographi- Strategie beginnende Strategie sche Strategie morphemati- sche Strategie Schreibung Schreibung Konsonanten- Orthogra- Beherrschung Komplexerer nach nach Lauten häufungen mit phisch richtige der Text, einfachen und Silben, Dauerkonso- Schreibung Orthographie Grammatik- Lauten und Satzebene nanten, Satz mehrerer (Interpunktion) kompetenzen, Silben, bis Textebene Sätze, Fremdwörter Wortebene Textebene
  • 16. Integrative Förderpädagogik in Fördersituationen des Übergangssystems Zuordnung zum lea.-Kompetenzmodell Phonetisch/-phonologische Fehler • Vergessen von Buchstaben (ist erlernt auf α3) Regelfehler und Ausnahmeschreibungen • Groß- und Kleinschreibung (ist erlernt auf α3) • Schärfungsfehler (ist erlernt auf α4) • Ableitungs- und Dehnungsfehler (ist erlernt auf α5) Grammatikfehler • Wortpaar das/dass (ist erlernt auf α6) • Zusammen- und Getrenntschreibung (ist erlernt auf α6) Interpunktionsfehler • Kommasetzung (ist erlernt auf α6) • Punktsetzung (ist erlernt auf α4)
  • 17. Integrative Förderpädagogik in Fördersituationen des Übergangssystems Ressourcenorientierung der Förderdiagnostik • Aufdecken des Kompetenzpuzzles im Schreiben • Aufdecken der Könnensstände erfolgt nicht über Fehleranalyse – weniger Zeitintensiv – negative Lern- und Diagnostikerfahrungen werden vermieden • Feststellung der Zone der nächsten Entwicklung • Gezielter Förderprozess kann an Diagnostik anschließen
  • 18. Integrative Förderpädagogik in Fördersituationen des Übergangssystems Praxisbeispiele integrativer Förderpädagogik • In zwei Lerngruppen im schulischen und außerschulischen Übergangssystem erprobt • Methoden: – Kleingruppenarbeit – Binnendifferenzierung – Integration des Lernprozesses in die Arbeits- und Lebenswelt – Literalitätsförderung in der arbeitsweltlichen Praxis Einsatz der Methoden gelingt in beiden Gruppen Lernende nehmen Angebote wahr Stress, Zeitdruck, Nachlassen der Konzentration verursachen Rückgriff auf einfachere Strategien (Risel 2008)
  • 19. Integrative Förderpädagogik in Fördersituationen des Übergangssystems 1. Werkzeugfolie mit 71 Werkzeugen Mögliche Arbeitsaufträge: •Benennen der einzelnen Werkzeuge auf der Folie in der Gruppe / in Partnerarbeit / in Einzelarbeit, mit / ohne Unterstützung •Wortkarten mit Werkzeugbeschreibungen als Domino / Memory •Werkzeuge raten (Was bin ich?) •Artikelübungen (der Trichter, die Feile…) •Präpositionsübungen („Wo ist der Trichter? Der Trichter liegt auf der Werkbank!“)
  • 20. Integrative Förderpädagogik in Fördersituationen des Übergangssystems Unterschiede der Fördergruppen Schulisch (BO-Klasse einer Berufsschule) Außerschulisch (Quartierszentrum) Gruppenstärke: 6 SchülerInnen Gruppenstärke: 6-10 Lernende Freiwillig Zuweisung über BAgIS od. Maßnahmen Alter der SchülerInnen zw. 16-19 Alter der Lernende zwischen 25-60 homogene Gruppe erleichtert Förderung birgt Probleme im Förderprozess Ausgeglichenes Geschlechterverhältnis Überwiegend weibliche Lernende Selbstwahrnehmung über eigene Entwicklung von Strategien um fehlende Kenntnisstände verzerrt Literalität zu verbergen (vor allem bei Lernenden ohne Migrationshintergrund) Motivation ist die Aufnahme einer Motivation ist der Einstieg in den Ausbildung Arbeitsmarkt/ um Kinder bei HA zu helfen Keine Angst vor Überforderung, Misserfolgsbiografie verstärkt die Angst reagieren aber sensibel auf Misserfolge vor Überforderung im Förderprozess
  • 21. Integrative Förderpädagogik in Fördersituationen des Übergangssystems Erkenntnisse aus dem Förderunterricht • Lernprozesse und Ziele mit den Teilnehmenden abstimmen • Binnendifferenzierung über angepasste Aufgabenstellungen • Unterschiedliche Lernausgangslagen bleiben auch nach Förderung bestehen • Schreibanlässe individuell entwickeln • Mehr Zeit zur Entwicklung von Schreibroutinen / Regelerwerb • Enger Kontakt zur Lehrperson förderlich für den Lernprozess • Angenehmes Arbeitsklima: kein Mobbing innerhalb der Gruppen • MigrantInnen haben geringere Hemmschwelle Literalitätsprobleme zuzugeben/ sich auf Förderung einzulassen • Aktuelle Anlässe haben Vorrang und wirken motivierend (Schreiben einer Kündigung) • Oft fehlende Unterstützung durch die Familie Organisatorische und lebensweltliche Probleme belasten die Fördersituationen!
  • 22. Integrative Förderpädagogik in Fördersituationen des Übergangssystems Schlussfolgerungen Kompetenzfeststellungsverfahren sollten Literalitätsdiagnostik beinhalten, damit möglichst früh ein Nachlernprozess eingeleitet wird und Erfolgserlebnisse hergestellt werden Prävention von funktionalem Analphabetismus Strukturierter und individueller Förderprozess schließt eine adaptive Diagnostik mit ein Diagnostik ersetzt nicht den pädagogischen Prozess Heterogenität in den Leistungsständen erfordert Binnendifferenzierung Biographieorientierte Arbeitsweise notwendig, hohe Sensibilität der Lehrkräfte im Förderprozess Nachlernprozesse bedürfen einer hohen finanziellen und personellen Ausstattung Zeit einjähriger Bildungsgänge reicht für die Lernenden nicht aus Detaillierter, individueller und methodisch-didaktisch aufbereiteter Förderrahmen für Lernende notwendig
  • 23. Integrative Förderpädagogik in Fördersituationen des Übergangssystems Literatur 1. Jacobs, E.-M.(2009):http://www.schriftlernen.ch/myUploadData% 5Cfiles%5CJakobs.pdf (letzter Zugriff: 10.01.2010) 2. Maas, U. (1992): Grundzüge der deutschen Orthographie. Tübingen: Niemeyer. 4. Nickel, S. (1998). Ein „kleines Fehlerregister“ zur ersten Orientierung. In: Alfa-Forum 37, 14f. (Wiederabdruck in: Alfa-Forum 50/2002.) http://www.ewi-psy.fu-berlin.de/einrichtungen/ arbeitsbereiche/grundschulpaed/2_deutsch/publikationen/snickel/me dia/nickel_37_1998_s_14-15.pdf (letzter Zugriff: 10.01.2010) 3. Risel, H. (2008): Arbeitsbuch Rechtschreibdidaktik. Baltmannsweiler: Schneiderverlag. 4. Spitta, G. (1988). Kinder schreiben eigene Texte: Klasse 1 und 2. Frankfurt a.M.
  • 24. Integrative Förderpädagogik in Fördersituationen des Übergangssystems Vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit Kontakt: Prof. Dr. Eva Quante-Brandt Dr. Eva Anslinger Dipl. Soz. Wiss. Theda Grabow Moritz Müller www.workforce.uni-bremen.de www.aap.uni-bremen.de