Historische Dokumentation und Archivierung - Folien zur gleichnamigen Übung im Studiengang "Europäische Geschichte" (BA) an der Universität Bayreuth im Wintersemester 2014/15
2. Inhalte
Deutsche Archivlandschaft
Was ist ein Archiv?
Bestandsbildung und Erschließung
Digitale Archivierung
Archiv 2.0: Crowdsourcing etc.
Bestandserhaltung für analoges Archivgut
4. Archive: Was ist das?
Wann fragen wir nach Archiven?
Was für Antworten erwarten wir von
Archiven?
Wie und wo fragen wir die Archive?
Wie antworten uns die Archive?
Archive unter Archiven: die Archivlandschaft
Archivgut in Findmittelsystemen
5. Archivlandschaft Deutschland
- Sparten und Sprengel
- Institutionsarchive
- Sammlungsverwahrende
Einrichtungen
- Beispiel Bayern: 943 Archive,
davon 9 Staatsarchive und 10
Universitätsarchive
Quelle: Bundesarchiv (www.bundesarchiv.de/zwangsarbeit/)
6. Das heutige Bayreuth in der
deutschen Archivlandschaft
- Bundesarchiv Koblenz:
Schriftgut von
Bundesbehörden:
Bundesnetzagentur,
Außenstelle Bayreuth
- Staatsarchiv Bamberg:
Landesbehörden
- Stadtarchiv Bayreuth:
Dienststellen der
Stadtverwaltung
- Landeskirchliches Archiv
Nürnberg: Unterlagen des
evang.-luth. Dekanats und
Kreisdekanats Bayreuth
- Erzbischöfliches Archiv
Bamberg: Unterlagen des
röm.-kath. Dekanats Bayreuth
- Universitätsarchiv Bayreuth:
Unterlagen der Universität
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By Thomas Kees
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Wikimedia Commons
7. Das historische Bayreuth in der
deutschen Archivlandschaft
- Staatsarchiv Bamberg:
Markgräfliche Bestände (bis
1792), hohenzollersches
Fürstentum und Kgr. Preußen
(1792-1810), Regierungen des
kgl.-bayer. Obermainkreises
und Oberfrankens (ab 1810),
staatliche Behörden.
- Geheimes Staatsarchiv
Preußischer Kulturbesitz,
Berlin: preußische Bestände
(insb. 1792-1810)
- Universitätsarchiv Erlangen-
Nürnberg
- …
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/comm
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Detroit Publishing Company, Detroit,
Michigan [Public domain or Public domain],
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8. Oberfranken in der
deutschen
Archivlandschaft
- Bundesarchiv Koblenz, Berlin,
Freiburg
- Bayerisches Hauptstaatsarchiv
- Staatsarchive Bamberg und
Coburg
- Erzbischöfliches Archiv
Bamberg
- Landeskirchliches Archiv
Nürnberg
- Geheimes Staatsarchiv
Preußischer Kulturbesitz,
Berlin
9. Die „freien“ und ungewöhnlichen
Archive
Archiv der Jugendkulturen e.V.
Lesbenarchiv Frankfurt
Schwulenarchiv Schweiz
Gesangbucharchiv Frankfurt
Internet Archive (http://archive.org)
„Freie Archive bewahren die Geschichte von unten: die Dokumente der
Spontis und der Autonomen, der linken Polit- und Basisgruppen, der
Frauen und der Schwulen, der Friedens- und der Umweltbewegungen,
der Internationalismusinitiativen und der Jugendszenen, der DDR-
Oppositionsgruppen, der Selbsthilfebewegungen und vieles mehr.“
(Archiv der Jugendkulturen, 2013)
10. Archivbestände und Sammlungen
Fonds Collection
Archivbestände von Unterlagen
derselben Herkunft
(Bestandsbildungskriterium:
Herkunft (Provenienz))
Institutioneller Bestand
(Zuständigkeit)
Amtlicher Nachlass
(Sonderregistraturen von
(ehemaligen) Amtsträgern)
Privater Nachlass (jeweils als
eigner Fonds verstanden;
Sammlungsprofil)
Sammlungsbestände von
Unterlagen derselben oder
unterschiedlicher Herkunft
(Bestandsbildungskriterium:
beliebig)
Vorarchivische Sammlung
(Sammlungsprofil)
Archivische Sammlung
(Sammlungsprofil)
Gattungsbestand (z.B.
Karten, Fotos, Filme)
11. IAH versus CHI
Institutions with Archival
Holdings (IAH)
Collection(s) Holding
Institutions (CHI)
Staatliche Archive
Parlamentsarchive
Kommunale Archive
Kirchliche Archive
Archive von Hochschulen und
wiss. Institutionen
Wirtschaftsarchive
Literaturarchive
Medienarchive
Archive politischer Parteien und
Verbände
Adels- und Privatarchive
Sammlungen von wiss.
Institutionen
Sammlungen von
Gedenkstätten
Sammlungen von
humanitären Einrichtungen
mit personenbezogenem
Auswertungsauftrag (z.B. KZ-
Gedenkstätten, Suchdienste)
Sammlungen von musealen
Einrichtungen
15. Was ist ein Archiv?
An agency or institution responsible for the preservation
and communication of records selected for permanent
preservation.
(The InterPARES 1 Project Glossary)
Weitere Definitionen:
http://www.ciscra.org/mat/termdb/term/64/1371
16. Bayerisches Archivgesetz
„Archivgut“, „archivwürdig“, „Archivierung“ (Art. 2)
Aufgaben der staatlichen Archive (Art. 4)
Benützung der staatlichen Archive (Art. 10)
Kommunale Archive und andere öffentliche Archive
(Art. 13, Art. 14)
19. Archivische Kernaufgaben
Archivierung umfasst die Aufgaben, das Archivgut zu
erfassen, zu übernehmen, auf Dauer zu verwahren
und zu sichern, zu erhalten, zu erschließen, nutzbar
zu machen und auszuwerten.
20. Archivische Kernaufgaben
Erfassen, Bewerten und Übernehmen: Anbietung und
Aussonderung (geregelt in Art. 6 und 7 BayArchivG)
Verwahren, Sichern, Erhalten auf Dauer
(Bestandserhaltung: ISO 11799 „Information und
Dokumentation - Anforderungen an die
Aufbewahrung von Archiv- und Bibliotheksgut“)
Erschließen (insb. Erschließungsstandard ISAD(G))
Nutzbar machen
Auswerten
22. Bewertung (1): Kriterien für
Archivwürdigkeit
Unterlagen müssen der Wahrnehmung einer Funktion des Erzeugers der
Unterlagen entsprungen sein.
Akten zu Angelegenheiten des Hochschulsports = Aufgabe nach Art. 2
BayHSchG => grundsätzlich archivwürdig.
Die aus der Wahrnehmung einer Funktion entstandenen Unterlagen müssen
eine inhaltliche Aussagekraft besitzen, die über die Definition der Funktion
hinausgeht.
Bsp. Vorlesungsverzeichnisse: Funktion Lehre, Aussagekraft: nicht nur, dass,
sondern auch, was/worüber gelehrt wurde.
Bsp. Rechnungen der Beschaffungsstelle: Aussagekraft: Es wurde für den
Dienstbetrieb erforderliches Material beschafft = belegt Funktion Betriebserhalt,
Inhalte durch die Funktion vordefiniert.
Die Unterlagen müssen von der jeweils federführenden (= die Bearbeitung
leitenden) Stelle stammen („horizontal-vertikale“ Bewertung).
Bsp. Hochschulentwicklungsplanung: federführende Stelle(n): Hochschulleitung,
Präsident => Unterlagen aus anderen Stellen (Fakultäten etc.) dazu sind nicht
archivwürdig.
25. Das Provenienzprinzip
Grundsatz zur Bildung und Abgrenzung der Bestände
nach dem historisch bedingten Entstehungs- und
Überlieferungszusammenhang des Archivguts:
Archivgut eines Bestands stammt vom selben Erzeuger
(„Schriftgutbildner / Registraturbildner“)
28. Definition „Bestand“ („Fonds“)
Zentrales Strukturierungselement des
Archivgutes eines Archivs. Ein Bestand umfasst
idealerweise eine zusammengehörende Gruppe
von Archivgut meist aus einer Behörde. Er ist auf
der ersten Gliederungsstufe unter der
umfassenden Tektonik eines Archivs angesiedelt.
Ein Bestand, der nur Archivgut unter Wahrung
der Entstehungszusammenhänge umfasst, wird
als Fonds bezeichnet.
The whole of the documents, regardless of form
or medium, automatically and organically created
and/or accumulated and used by a particular
individual, family, or corporate body in the course
of that creator's activities or functions.
The entire body of records of an organization,
family, or individual that have been created and
accumulated as the result of an organic process
reflecting the functions of the creator.
29. Definition „Serie“ („Series“)
Gleichförmige Schriftstücke,
Amtsbücher oder Akten in
alphabetischer, numerischer
oder chronologischer Folge in
einer Registratur ohne innere
Anhaltspunkte zu
Systematisierung.
Documents arranged
systematically or maintained as
a unit because they relate to a
particular function or subject,
result from the same activity,
have a particular form, or
because of some other
relationship arising from their
creation, receipt, and use.
30. Relation „Bestand“ : „Serie“
Bestand/Fonds
= Einheit von Produkten eines bestimmten Akteurs
(Corporation, Person, Family (CPF))
Serie
= Einheit von gleichförmigen Produkten ohne innere
Gemeinsamkeiten (soz. Klammer um die pyhsisch
bedingte Zerstückelung einer konzeptualen Einheit)
= Einheit von Produkten mit innerer Gemeinsamkeit
hinsichtlich ihres Bezugs oder ihrer
Entstehungsursachen
32. Erschließung nach ISAD(G)
1. Identifikation
2. Kontext: Ursprung und Aufbewahrung
3. Inhalt und Ordnung
4. Zugangs- und Nutzungsbedingungen
5. Sachverwandte Unterlagen
6. Anmerkungen
7. Kontrolle (Zeitpunkt, Verfahren und Autor der
Verzeichnung)
33. Minimalset für Metadaten
3.1 IDENTITY STATEMENT AREA (vollständig!)
3.1.1 Reference code(s)
3.1.2 Title
3.1.3 Date(s)
3.1.4 Level of description
3.1.5 Extent and medium of the unit of description
(quantity, bulk, or size)
3.2 CONTEXT AREA
3.2.1 Name of creator(s)
34. Erschließung von Fotos
SIGNATUR:
Sie sollte kurz gehalten werden, da sie vom
Archiv noch ergänzt wird. Sie muss eindeutig
sein und darf auch in anderen Sammlungen
nicht noch einmal vorkommen.
FORMAT:
Maße des Fotos in cm
AUFNAHMEDATUM:
Bei Fotoalben von-bis-Angabe in zwei
separaten Feldern (JJJJ-MM-TT)
TITEL:
Kurzbezeichnung des Objekts
INHALTSBESCHREIBUNG:
Beschreibung des Objekts, ggf. des Kontexts
der Entstehung
FOTOGRAF:
Name des Fotografen
RECHTEINHABER:
Name des Rechteinhabers (Person oder
Institution)
MATERIALTYP:
z.B. Digitale, Digitalisat, Papier, Diapositiv,
Negativ, Glasnegativ etc.
SPERRINFORMATION:
Gesperrt bis und Grund der Sperrung (z.B.
UrhG)
(VERWEISE:
Verweise auf andere Fotos oder Sammlungen)
INDEX:
Sachindex: Gebäude etc.
Geographischer Index: Landschaften etc.
Personenindex: Personen
Für jeden Eintrag ein separates Feld innerhalb
der einzelnen Indextypen
NAME DES BEARBEITERS
Name der Person, die die Beschreibung
erstellt hat
DATUM DER BESCHREIBUNG
Datum der Erstellung der Beschreibung
35. Erschließung digitaler Fotos
Zusätzlich zur Erschließung
analoger Fotos:
DATEINAME
DATUM DES IMPORTS IN DIE DATENBANK
DATEIGRÖSSE
SPEICHERORT(E)
Getrennt nach JPEG oder PNG- und TIFF-Speicherort
ERSTELLDATUM
LETZTES SPEICHERDATUM
XMP-DATEN:
Daten über Aufnahmegerät, Resolution-Werte, Farbraum etc.
41. Preservation Strategies
Migration Emulation
Ursprungsdateiformate werden
zugunsten archivfähiger
Speicherformate aufgegeben
und in neue Formate
„migriert“. Es werden nur die
Informationen, die im
jeweiligen Ursprungs- oder
Erzeugersystem zur Verfügung
standen, erhalten. (D.h.: nicht
die Funktionalitäten des
Erzeugersystems!).
Strategie, die Funktionen und
Ergebnisse eines elektronischen
Systems mittels eines anderen
elektronischen Systems zu
reproduzieren und auf diese
Weise archivierbar zu machen.
(Bisher keine sicheren Wege
zur langfristigen Umsetzbarkeit
dieser Strategie!)
42. Archivtaugliche Formate
Metadaten: XML
Texte: PDF/A
Datenbanken: CSV, XML
Rasterbilder: TIFF, PNG, JPEG2000
Vektordaten (GIS): GML, ESRI/Shape (mit
Einschränkungen)
CAD: keine Lösung
Audio: WAVE
Video: datenträgerabhängig
45. „If we build it, will they come?“
Joy Palmer, in: Ariadne 60 (2009)
Archivnutzer als Prosument
Archivblogs (Archivalia, Archive 2.0:
http://archive20.hypotheses.org/)
Wikis
Crowdsourcing-Projekte (http://youtu.be/F0-UtNg3ots)
Findbuch 2.0
Integration ins Kerngeschäft
Kollaborative Erschließungsprojekte mit Nutzerkreisen und
anderen Archiven
Kollaborative Bewertung
Neue Accesspoints
Direkteinstieg in Archivnutzung von Facebook & Co.
Zugang zum Cloud-Repository
46. Richtungsbestimmung Archive 2.0
(nach Sebastian Gillner, 2013)
Virtueller Lesesaal
Archivalien digital im Netz
Virtuelle Forschungsinfrastruktur inkl.
Beschreiben, Favorisieren, Kommentieren, Vernetzen durch
Nutzer
Interaktion mit dem Nutzer
Vernetzte Informationssphären
47.
48.
49. Norm für Bestandserhaltung
ISO 11799: Information und Dokumentation –
Anforderungen an die Aufbewahrung von Archiv- und
Bibliotheksgut
50. End of the Course
Danke für die aufmerksame
Mitarbeit!
Notas do Editor
cit [ DAT III ]
cit [ Bureau of Canadian Archivists - Planning Committee on Descriptive Standards, "Appendix D: Glossary," Rules for Archival Description (Ottawa: Bureau of Canadian Archivists, 1990, rev. ed. July 2008) ]
cit [ Pearce-Moses, Richard. A Glossary of Archival and Records Terminology. Chicago: Society of American Archivists, 2005. http://www.archivists.org/glossary/index.asp ]