2. 2 SPENDENAUFKOMMEN
2008-2010
Das Spendenjahr 2010 350 380 400
war geprägt von den bei-
den Naturkatastrophen in
Haiti und Pakistan. Diese 2008
2009
hatten einen wesentlichen Einfluss auf das Spenden-
2010
aufkommen 2010. Erfreulicherweise sind aber auch
Abb. Spendenaufkommen 2008-2010 in Mio. €
in anderen Bereichen die Spenden gestiegen.
Entgegen vieler Befürchtungen waren die Öster-
Die Einführung der steuerlichen Absetzbarkeit von
reicherInnen auch in der Krise solidarisch. So stiegen
Spenden für mildtätige Organisationen hat zu dieser
die Spendenaufkommen von 2008 auf 2009 bei den
positiven Entwicklung beigetragen. So stieg das
größten 50 Vereinen im Schnitt um 5% bis 10%.
Aufkommen 2009 und 2010 jeweils um rund 10%
an. Wermutstropfen ist aber weiterhin, dass Dies entspricht umgelegt auf ein geschätztes Spen-
Spenden für die zwei Spendenthemen Umwelt- und denvolumen von € 350 Millionen Euro (Privat- und
Tierschutz nach wie vor nicht absetzbar sind. Es sind Unternehmensspenden, 2008) einer Steigerung um 30
dadurch bereits erste Wettbewerbsnachteile Millionen Euro auf 380 Millionen Euro 2009. Für 2010
für NPOs in diesem Bereich zu bemerken. wird wiederum auf Basis der bisherigen Zahlen mit
Das Spendenaufkommen bleibt hier hinter dem einem weiteren Wachstum des Spendenaufkommens
Gesamttrend zurück. Mit verhältnismäßig geringen auf 400 Millionen Euro gerechnet. Die Spenden für
Kosten von einer Million Euro Steuerentfall könnte die Opfer der Naturkatastrophen in Haiti und Pakistan
diese Benachteiligung repariert werden. Der FVA beeinflussten dieses Ergebnis mit insgesamt 46,7 Mil-
fordert daher: Jede Spende muss gleich viel lionen maßgeblich. Nachdem das Spendenaufkommen
Wert sein! in den Jahren zuvor eher stagnierte, sind die beiden
vergangenen Jahre ein positives Zeichen für einen
Mit seinem ersten Spendenbericht möchte der Trendwechsel. Weiterhin spenden die Österreicher
Fundraising Verband eine fundierte und kompakte am liebsten mit Erlagschein, bei Sammlungen in der
Wissensquelle für das Spendenwesen schaffen. Kirche und an der Haustüre (Quelle: Public Opinion).
Der Spendenbericht liefert nicht nur aktuelle
Zahlen über das Spendenwesen, sondern bietet Hin-
tergrundwissen – etwa über Spendenmotive
und -themen sowie eine erste Einschätzung über
die Auswirkungen der steuerlichen Absetzbarkeit.
Dr. Günther Lutschinger,
Geschäftsführer Fundraising Verband Austria „Die Spendenbereitschaft
ist so hoch wie kaum in
einem anderen Land! Gerade wenn es darauf an-
kommt, wie heuer bei Haiti und Pakistan, zeigen die
ÖsterreicherInnen ihre ungebrochene Solidarität.“
Barbara Stöckl, Moderatorin und Fundraiserin 2010
3. SPENDENTREND – LAND DER KLEINSPENDER 1
Österreich ist ein Land der Kleinspender. Überpropor- Das Spendenaufkommen ist im Vergleich zu Deutsch-
tional viele Personen schwächerer Einkommensschich- land und der Schweiz geringer, während der Anteil der
ten spenden, während Großspenden beinahe fehlen. spendenden Bevölkerung teilweise wesentlich höher
Insgesamt haben in den vergangenen zwölf Monaten ist. Beide Länder haben allerdings die für Großspender
61 % der ÖsterreicherInnen gespendet (Public Opini- wichtige steuerliche Absetzbarkeit bereits seit Jahr-
on 2010). Damit hat sich der Anteil der SpenderInnen zehnten eingeführt.
gegenüber dem Vorjahr um 6% erhöht.
Land Spende/Einwohner (EURO) Spendenvolumen (EURO) Bevölkerung
USA 617 182,7 Mrd. 296,0 Mio.
UK 205 12,3 Mrd. 60,0 Mio.
Niederlande 116 1,9 Mrd. 16,4 Mio.
Schweiz 71 530,0 Mio. 7,5 Mio.
Deutschland 61 5,0 Mrd. 82,0 Mio.
Österreich 46 380,0 Mio. 8,2 Mio.
Tab. Spendenaufkommen im internationalen Vergleich
PHILANTHROPEN IM VORMARSCH?
Das philanthropische Engagement großer Spender ist hat, weltweit sozial orientierte Unternehmer zu finden
in Österreich im Unterschied zu Ländern wie den USA und zu fördern. Essl steht aber auch hinter einer
nicht sehr etabliert. Ersten Anzeichen nach könnte Initiative von sechs österreichischen Privatstiftungen
sich das in den nächsten Jahren wesentlich ändern. (Erste Stiftung, Essl Foundation, Humer Privatstiftung,
So brachte das Jahr 2010 eine der größten Einzel- Schweighofer Privatstiftung, Katharina Turnauer Pri-
spenden in Österreich seit langem! Das „Institute of vatstiftung und Unruhe Privatstiftung), die die gemein-
Science and Technology Austria“ in Maria Gugging in nützige Rolle der Stiftungen vermehrt betonen will.
Niederösterreich erhielt von der Invicta Stiftung des
Pharmaunternehmers Peter Bertalanffy im Zuge einer
Schenkung 10 Millionen Euro. Mit der Spende wird nun
ein Gebäude der Eliteuniversität errichtet.
Ein weiterer herausragender Philanthrop war 2010
wiederum Martin Essl. Er spendete mit dem Essl Social
Prize einen Betrag von 1 Mio. Euro. Der Preis ging die-
ses Jahr an das Projekt „Ashoka-Globalizer“. Ashoka
ist eine internationale NPO, die sich zum Ziel gesetzt
„Der Fundraising Verband
hat federführend an der
Einführung der steuerlichen Absetzbarkeit mitge-
wirkt. Bereits 2010 zeigen sich die ersten Erfolge!“
Monica Culen, Präsidentin FVA
4. 2 DIE AUSWIRKUNGEN DER SPENDENABSETZBARKEIT
Seit 1.1.2009 sind Spenden für mildtätige Zwecke hilfevereine abgesetzt werden. Betraf die Regelung
sowie für Entwicklungs- und Katastrophenhilfe steuer- für die Forschungsvereine nur rund 10% aller Spenden
lich absetzbar. Bis dahin waren nur Zuwendungen an in Österreich, so ist jetzt der Großteil aller Spenden
Forschungsvereine, Universitäten und Museen steuer- absetzbar. Ausgenommen sind aber weiterhin der
begünstigt. Damit können seither neben den Spenden Umwelt- und Tierschutz. Für diese erweist sich die
an die bestehenden rund 500 Forschungseinrichtungen fehlende Spendenabsetzbarkeit bereits jetzt als großer
auch Spenden an 516 mildtätige bzw. Entwicklungs- Nachteil.
Wie nutzen die Spender die Absetzbarkeit?
92.660 Abb. Anzahl der Spender, die 2009
Spenden steuerlich abgesetzt haben
83.070 (304.578 Spender), Quelle Bundes-
rechenzentrum – Auswertung FVA,
Stand 1.10.2010, endgültige Zahlen
liegen noch nicht vor.
45.764
31.122
30.142
21.859
2.00 0
0–1 20.00
0
0
12 – 30.00 0
20 – 40.00 0
30 – 50.00 0
Einkommensstufen 40 – 50.00
über
Nach einer ersten Auswertung der Lohn- und betrugen bisher rund € 15,7 Mio. Die Erweiterung
Einkommensteuerstatistik für 2010 haben rund auf den Umwelt- und Tierschutz würde auf Basis
10% aller steuerpflichtigen Österreicher Spenden dieser Zahlen knapp € 1 Mio. betragen!
für 2009 abgesetzt. Dies entspricht rund 304.000
Personen. Mittlere bis niedrige Einkommensschichten
nutzen diese Möglichkeit besonders. Auf Basis der € 251 bis € 550 € 551 bis € 6.000
10% 5%
Erfahrungen in Nachbarländern wird dieser Wert auf
rund 30-35% in den nächsten Jahren steigen.
Es werden hauptsächlich kleinere bis mittlere Spenden
abgesetzt. So sind 54% der abgesetzten Spenden
geringer als € 80.-. Nach wie vor wissen viele Spender
über die Möglichkeit der Spendenabsetzbarkeit nicht
ausreichend Bescheid.
0 bis € 80
€ 80 bis € 250 54%
Die Kosten für die Spendenabsetzbarkeit blieben
31%
daher auch weit hinter den € 100 Mio., die das Finanz-
ministerium ursprünglich budgetiert hatte, zurück, und Abb. Höhe der abgesetzten Spenden
5. Wie hat sich das Spendenaufkommen verändert? 3
Auswertungen des Spendenindex ergeben, dass Tierschutzorganisationen stagnierte bzw. in Einzel-
mildtätige und internationale Vereine 2009 und 2010 fällen sogar zurückging. Die Steigerung von 2008 auf
ihr Spendenaufkommen deutlich steigern konnten, 2009 kann zumindest teilweise mit der Einführung der
während das Spendenvolumen der Umwelt- und steuerlichen Absetzbarkeit erklärt werden, während
die von 2010 vor allem durch die beiden Naturkatast-
rophen in Haiti und Pakistan erklärbar ist. Insgesamt
sind seit der Einführung der steuerlichen Absetzbarkeit
die Durchschnittsspenden bei begünstigten NPOs eher
gestiegen.
Der Spendenindex wird monatlich von der Dialog
Marketing Agentur DIRECT MIND (www.directmind.at)
erhoben. Er beinhaltet die Spendeneingänge von
36 gemeinnützigen Vereinen mit einem Spenden-
volumen von rund 72 Mio. Euro oder 20% des
Okt. Gesamtspendenaufkommens Österreichs. Der Index
2008 2009 2010 Okt. ist damit ein repräsentativer, zeitnaher Indikator
2008 2009 2010
für Spendentrends.
Abb. Spendenindex 2008 – Okt. 2010: Vergleich Spendenent-
wicklung bei absetzbaren und nicht absetzbaren Spenden
Wie sehen die Organisationen die Folgen?
Eine vom FVA in Auftrag gegebene telefonische Befra- Vor allem Unternehmen und Großspender werden die
gung (durchgeführt von HUMUS – Agentur für Kom- steuerliche Absetzbarkeit nützen und dadurch ihre
munikation) unter 77 der größten begünstigten NPOs Spendenhäufigkeit oder ihr -volumen erhöhen. Den-
kommt zum Schluss, dass die steuerliche Absetzbar- noch wird darauf hingewiesen, dass Informationsmaß-
keit von Spenden einen positiven Effekt auf die Höhe nahmen notwendig sind, um das volle Potential dieser
der Spendeneinnahmen hat. 73% haben bereits posi- Errungenschaft auszuschöpfen.
tive Auswirkungen beobachtet. Keine befragte Organi-
sation gab an, dass es seit 2009 massive Rückgänge
(mehr als minus 10%) gab, nur 5% berichteten, dass
die Einnahmen durch Spenden gesunken sind (Rück-
gang von minus 1% - 9%). Demgegenüber stehen
41%, die eine leichte Zunahme (plus 1% - 9%) und
23%, die eine starke (mehr als 10%) Zunahme an
Spendeneingängen seit 2009 vermerken. Rund ein
Drittel (31%) der befragten Organisationen hat keine
Veränderung der Spendeneinnahmen wahrgenom- „Eine Million Euro Steuer-
men. In die Zukunft blickend sind 87% der Ansicht, ausfall stehen in keiner
dass die Absetzbarkeit innerhalb der nächsten fünf Relation zu dem Wunsch der Österreicher etwas
Jahre positive Effekte bringen wird. für den Umwelt- und Tierschutz zu tun!“
Gerhard Pock, Stellv. Geschäftsführer
WWF Österreich
6. 4 WOFÜR SPENDEN DIE ÖSTERREICHER?
Kinder
Tiere
Katastrophenhilfe im Inland
Kirchen, religiöse Verei
nigungen
Katastrophenhilfe im Aus
land
gegen den Hunger in
der Welt
Obdachlose, Bettler
geistig oder körperl
ich Behinderte
sozial Benachteilig
te
Natur- und Umwe
ltschutz
0% 5% 10% 15% 20% 25% 30%
Abb. Die beliebtesten Spendenthemen der Österreicher 2010 (Public Opinion: Spendenmarkt Österreich 2010)
Auch 2010 waren die Motive Sympathie gegenüber den 2010 spendeten die Österreicher wieder besonders
Organisationen, Solidarität mit den Armen und Schwa- gerne an Projekte für Kinder. Mit beachtlichem Abstand
chen und der überzeugende Aufruf einer Hilfsorganisa- folgen Tiere, Katastrophenhilfe im Inland sowie Kirchen/
tion die wichtigsten Faktoren für eine Spende. In den religiöse Vereinigungen. Frauen spenden tendenziell für
vergangenen Jahren wird ein Spendenmotiv immer Kinder, Tiere und Kirchen, Männer eher für Sport und
stärker: Immer mehr Österreicher spenden, da ihrer sozial Benachteiligte. Die Altersgruppe 50+ ist besonders
Meinung nach der Staat zu wenig für die Bedürftigen spendenfreudig. In den letzten Jahren ist zunehmend er-
macht. Die steuerliche Absetzbarkeit ist aufgrund der kennbar, dass die Spender sich genau überlegen, wofür
geringen Bekanntheit für die Österreicher noch nicht sie spenden.
sehr ausschlaggebend für eine Spende.
Haiti und Pakistan
Land Gesamt pro Einwohner Die österreichische Bevölkerung unterstützte die Opfer
des Erdbebens in Haiti im Jänner 2010 mit 32 Millio-
Schweiz 55 Mio. 7,10
nen Euro. Die ORF-Aktion „Nachbar in Not“ war mit
Niederlande 68 Mio. 4,10
fast 50% des Spendenvolumens daran beteiligt.
Österreich 32 Mio. 3,80
Die Spenden waren im internationalen Vergleich hoch
Kanada 110 Mio. 3,30 (Siehe Grafik).
Deutschland 195 Mio. 2,40
Im Juli 2010 verwüsteten katastrophale Überschwem-
Schweden 22 Mio. 2,40
mungen Pakistan. Die österreichische Bevölkerung
USA 653 Mio. 2,10
unterstützte die Hilfsorganisationen vor Ort mit 14,7
UK 100 Mio. 1,60
Millionen Euro. Dies entspricht rund drei Mal den Zu-
Spanien 69 Mio. 1,50 sagen der österreichischen Bundesregierung in der Höhe
Italien 55 Mio. 0,90 von 5 Millionen Euro. Rückblickend lässt sich sagen,
dass am Anfang die Dimension der Katastrophe nicht
Tabelle: Spenden für die Opfer des Erdbebens in Haiti – Interna- erkennbar war. Aus diesem Grund entwickelte sich das
tionaler Vergleich, Quelle: ICFO, DZI, FVA. Angaben in Euro –
Nur private Spenden, ohne staatliche Hilfsgelder (Stand: März 2010) Spendenaufkommen nur langsam. International gesehen
liegt Österreich mit einer Pro-Kopf-Spende von 1,75 Euro
knapp hinter Deutschland mit 1,96 Euro (Spendenauf-
kommen D: 161 Millionen Euro, Quelle: DZI).
7. DIE 25 GRÖSSTEN NGOS ÖSTERREICHS 2010 5
Organisation Spenden 2009
in Mill. Euro
1 Rotes Kreuz 48,70 *
2 Caritas 40,60
3 SOS Kinderdorf 34,20
4 Dreikönigsaktion 14,20
5 Ärzte ohne Grenzen 13,10
6 Missio 11,00
7 St. Anna Kinderkrebsforschung 10,50
8 Licht ins Dunkel 8,90
9 Licht für die Welt 8,10
10 Greenpeace 7,70
11 Vier Pfoten 7,60
12 World Vision 6,50
13 WWF 5,60
14 amnesty international 4,60
15 Rote Nasen Clowndoctors 3,70
16 Pro Juventute 3,50
17 MIVA 3,40
18 Steyler Missionare 3,20
19 Jugend Eine Welt – Don Bosco Aktion Austria 3,10
20 UNICEF 2,80
21 Menschen für Menschen 2,80
22 CARE 2,70
23 DEBRA Austria, Interessengemeinschaft Epidermolysis bullosa 2,30
24 Familienfasttag 2,30
25 GLOBAL 2000 2,20
Quelle: Recherche FVA, Stand 11.2010
* Spendenzahlen 2008
8. 6 KONTAKT UND INFORMATION
FVA - Fundraising Verband Austria
Herbeckstraße 27/10
1180 Wien
T: +43-1-2765298, F: +43-1-4787742
E: fva@fundraising.at
I: www.fundraising.at
Impressum:
Herausgeber: FVA - Fundraising Verband Austria, Herbeckstraße 27/10, 1180 Wien,
ZVR-Nr.: 994812845
Redaktion: Dr. Günther Lutschinger, Mag. Peter Steinmayer
Fotos: Cover: v.l.n.r.: Alex Wynter/IFRC, Caritas/Walter Luttenberger, IFRC/Eric Quintero,
Martin Harvey/WWF-Canon; Stöckl: Günther Pichlkostner, Culen: Giora Seeliger,
Pock: Krischanz und Zeiler, sowie Eigene; Grafiken: FVA, Public Opinion.
Grafik: Rudi Krammer, Langenzersdorf
Druck: Ferdinand Berger & Söhne GmbH, Horn