Wie schafft man in vier Wochen eine Immobiliensuche auf dem iPad, die Spaß macht und die Nutzer begeistert?
Durch die schlanke Verbindung von Design Thinking, UX-Konzeption, Rapid Prototyping, User Testing
und iterativer Entwicklung?
Gezeigt wird am Beispiel der von Apple als zweitbeste iPad in 2012 ausgezeichneten Immonet iPad
App, wie erfolgreiche digitale Produkt-Entwicklung auf Basis kurzer Entwicklungszyklen funktionieren
kann.
1. immonet iPad-App: Zweitbeste iPad-App 2012
eparo unterstützt immonet bei der Produkt-Konzeption
iico Konferenz 2013
Dr. Rolf Schulte Strathaus, eparo GmbH
Eine kurze Geschichte, wie die immonet iPad-App konzipiert wurde. Vier Wochen, um die Kernidee der
zweitbesten iPad-App 2012 zu entwickeln und durch User-Tests zu validieren.
2. „Zweitbeste iPad App in 2012
iTunes Redaktion“
Die iPad-App wurde von der deutschen iTunes-Redaktion zur zweitbesten iPad-App in 2012 gewählt. Auf
Platz 1 ist eine in den USA entwickelte App gelandet.
Ein schöner Erfolg für immonet und eine Wertschätzung für ein innovatives Produktkonzept.
3. Zwei Beispiele
Der Screenshot zeigt einige der Key-Features der App:
- Der User kann mehrere Bereiche auf der Karte einzeichnen, wo er Objekte suchen möchte.
- Suchergebnisse können vom User wegsortiert werden. Entweder als Favoriten („Find ich gut“) oder als
uninteressant („mag ich nicht“).
4. „In vier Wochen von der Idee zum Prototyp“
16.11.2011 Konzeptworkshop: Ziele, Nutzer, Kernidee
22.-23.11.2011 Paper-Prototyping
28.11. - 6.12.2011 Erste Layouts
8.-18.11.2011 Klickdummy
19.12.2011 Usability-Test
Januar 2012 Beginn der technischen Umsetzung
Sommer 2012 Die App kommt in den App-Store
Wenn das Ergebnis sich grundsätzlich schon gut sehen lassen kann, dann wird es durch die Tatsache, dass
die gesamte Konzeption, Prototyping, erste Gestaltung und User-Testing in vier Wochen durchgeführt
wurden, zu einer besonderen Leistung.
Diese besondere Geschwindigkeit war erforderlich, da die Entwicklerressourcen bereits geblockt waren und
der Beginn der agilen Umsetzungsphase abhängig von der Entwicklung des Produktkonzepts war.
5. Warum hat es so gut funktioniert?
Im folgenden werden die Gründe für den Erfolg bei der App-Entwicklung beschrieben.
6. „Eine Kernidee entwickeln“
„Die App ersetzt den
DIN A4-Zettel, den jeder
Wohnungssucher auf dem
Küchentisch liegen hat.“
Der Kern des Erfolges lag sicherlich darin begründet, dass initial noch einmal Hausaufgaben gemacht wurden.
Von der Review der möglichen Zielgruppen (Bedürfnisse, Anforderungen, Probleme), der Einengung auf
relevante Personas bis zur Definition von Nutzungsszenarien. Als Ergebnis wurde eine Kernidee für die
zukünftige App herausgearbeitet: „Die App ersetzt den DIN A4-Zettel, den jeder Wohnungssucher auf dem
Küchentisch liegen hat.“
Diese Kernidee war dann die Basis für alle weiteren Überlegungen und Konzepte. Das hat die Entwicklung
stark fokussiert und das „Feature-Denken“ stark reduziert.
7. „Kleines, fokussiertes, schlankes Team.
2/3 immonet, 1/3 eparo“
Sämtliche Konzeptüberlegungen wurden in einem sehr schlanken, kompetenten und sehr fokussierten Team
entwickelt. Wichtig hierbei war die richtige Mischung aus Produktmanagement, Entwicklung, Design und UX-
Kompetenz.
8. „Paper-Prototyping“
Auf der Basis der Kernidee wurden dann im Kernteam in zwei Tagen verschiedenste Interface-Ansätze als
Papierprototypen entwickelt. Am Anfang stand hier „Masse statt Klasse“. Es wurden möglichst viele
unterschiedliche Ansätze entwickelt. Aus diesen ergaben sich dann die innovativen Navigationsansätze und
Features, die später den besonderen Charakter der App ausmachen sollten.
9. „Schnell zum klickbaren Prototyp!“
Auf der Grundlage der finalen Papierprototypen wurden dann iterativ ein detaillierter klickbarer Prototyp und
ein Basis-Design entwickelt. Mit dem Basis-Design wurde der Prototyp dann noch weiter detailliert, um als
Basis für einen ersten User-Test dienen zu können.
10. „Ohne lange Diskussionen in den User-Test“
Schon einen Tag nach Fertigstellung des Prototypen wurde ein erster User-Test durchgeführt. Hierfür wurden
Probanden rekrutiert, die sich aktuell gerade auf Wohnungssuche befanden, um ein möglichst authentisches
Test-Szenario zu haben. Es wurde mit fünf Probanden an einem Tag getestet.
Insgesamt war der Test sehr erfolgreich. Alle Kern-Features wurden von den Usern direkt verstanden und sehr
gelobt. Alle User hätten sogar Geld für die App bezahlt - jedenfalls haben sie das gesagt :-)
11. Wegsortieren
Das „Wegsortieren“ der Ergebnisse wurde direkt verstanden und mit Begeisterung genutzt. Wichtig für das
Verständnis waren die kleinen Details im Prototyp: Das Hochzählen bei den Ergebnissen, ein Text-Feedback
nach dem Wegsortieren und das „Verschwinden“ des Eintrags.
12. „Engere Wahl ist detaillierter...“
Auch das Konzept der „Engeren Wahl“ wurde gut verstanden. Besonders wichtig war hier, dass die „Engere
Wahl“ die Ergebnisse prominenter dargestellt hat als bei den aussortierten Suchergebnissen.
13. „Weg isses“
Ein kleines, aber mit Begeisterung aufgenommenes Element war das Text-Feedback „Weg isses“, wenn
Ergebnisse in den Container „Kommt nicht in Frage“ geschoben wurden.
14. Mein neues Zuhause
Der Bereich „Mein neues Zuhause“ hingegen wurde von den Usern kollektiv abgelehnt. Wenn man ein Objekt
gefunden hat und voraussichtlich auch bekommt, dann legen die User keinen Wert mehr auf die App. Sagen
sie zumindest. Ein proaktives Handeln liegt nicht im Interesse der User. Hier muss das Produktkonzept andere
Wege gehen, um die User zu animieren, die App auch nach dem Mieten/Kauf des Objekts weiter zu nutzen.
15. „Alles in allem ein tolles Projekt:-)
Insgesamt hat das Projekt großen Spaß gemacht. Das Timing war schon sehr sportlich. Insbesondere die
Erstellung des klickbaren Prototypen hat einige lange Nächte gekostet, da der Termin für den User-Test früh
feststand und nicht verschoben werden konnte.
16. 048 // weave 03.12 // PROJECTS // Immonet
AGENTURen eparo GmbH,
Hamburg (www.eparo.de)
KUNDE Immonet GmbH,
Hamburg (www.immonet.de)
Zeitraum November 2011 bis
April 2012
TECHNIK Objective-C,
Beziérpfade, Douglas-Peucker-
Algorithmus
ZIEL iPad-App mit Zeichen-
funktion auf der Landkarte
Ralf Buttgereit,
Projektmanager bei
Immonet, und Rolf
Schulte Strathaus,
UX-Designer und
Geschäftsführer der
eparo GmbH, bespre-
chen die Ergebnisse
ihres Kreativworkshops
bei eparo. Der helle
Raum mit den groß-
zügigen Wandflächen
lädt zum freien
Brainstorming ein
048 // weave 03.12 // PROJECTS // Immonet fürs iPad
Sie kamen, um zu testen – und fingen noch mal ganz von vorne an. WEAVE
erzählt eine wahre Geschichte vom Nutzen frühzeitiger UX-Tests und
iPad-gerechter App-Konzeption. Am Ende kam – neben einer erstaunlichen
Übersichtlichkeit – ein konkurrenzlos userfreundliches Feature mit
neuen Kundenbindungseffekten heraus: Auf der Immonet-iPad-App kann
der User das Gebiet seines Interesses mit dem Finger einkreisen
IMMONET GEHT iPAD
Wer mehr wissen will...
www.53nord.de/immonet
Weitere Informationen zum Projektvorgehen findet sich um UX-Blog 53nord.de (www.53nord.de). Dort findet
sich auch ein WEAVE-Artikel zum Projekt als PDF zum Download.
17. „Aber alles in allem ein tolles Projekt:-)
Nur ein Angeberbild am Ende: Es hilft sehr, wenn man die geeigneten Arbeitsmaterialien griffbereit. Wir
glauben, dass wir ein ziemlich einzigartiges Post-it-Regal haben. 22 Farben, übersichtlich sortiert, helfen sehr
dabei, schnell und strukturiert zu arbeiten.
18. Noch ein neues Arbeitswerkzeug: Eine Magnetwand (4,5 m x 2,5 m). Direkt nutzbar als Whiteboard, aber
natürlich auch zum Anhängen von Zetteln und Ausdrucken mit Magneten. Man sieht auch gut die DIN A4-
Magnetfolien, die wir in letzter Zeit zum Paper-Prototyping (besser „Magneto-Protyping“) nutzen.