1. [I N F O W el t be v ö l k e r u n g ]
» Mädchen im Fokus
Entwicklung braucht
starke Mädchen
Bereits in jungen Jahren wird das zukünftige Leben von Mädchen in den
Ländern des Südens nachhaltig geprägt. In vielen Entwicklungsländern
sind sie besonderen gesundheitlichen Gefahren ausgesetzt. Häufig werden
Mädchen benachteiligt und
«
d
iskriminiert. Das ist gravierend
Viele Frauen haben bereits mit 18 Jahren ein Kind für ihre Zukunft – und für die
Zukunft ihrer Familien und Länder.
Anteil der 20- bis 24-jährigen Frauen in Prozent,
die mit 18 Jahren Mutter waren
Ostasien und Pazifik 8
Teenagerschwangerschaften
Lateinamerika und Karibik 18 In Entwicklungsländern werden jedes Jahr
etwa 13 Millionen Teenager schwanger. Eine
Südasien 22 Schwangerschaft kann für sie schnell lebens
gefährlich werden: Kompli a ionen bei der
k t
Ost- und südliches Afrika 27 Schwangerschaft oder Geburt sind laut
Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen
(UNFPA) die Haupt odesursache für
t
West- und Zentralafrika 29
Mädchen im Teenageralter. Da ihr Körper
noch nicht reif genug für eine Schwanger
0 10 20 30 schaft ist, haben Teenager ein doppelt so
Grafik: Stiftung Weltbevölkerung hohes Risiko, während der Schwangerschaft
Quelle: UNICEF, 2011
oder bei der Geburt zu terben, wie Frauen
s
über 20 Jahre. Jedes Jahr sterben so etwa
70.000 Mädchen.
Bei Mädchen im Teenageralter treten
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ährend der Schwangerschaft häufiger als
bei erwachsenen Frauen gesundheitliche
Probleme wie Blut ochdruck und Blutarmut
h
auf. Diese Risiken könnten durch eine gute
Schwangeren etreuung und entsprechende
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Ernährung vermieden werden. In Entwick
lungs ändern aber haben viele Mädchen
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dazu keinen Zugang. Eine frühe Schwanger
schaft hat nicht nur gesundheitliche Risiken
zur Folge. Junge Mütter müssen zudem
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äufig die Schule oder Ausbildung abbrechen.
Damit verringert sich ihre Chance, ein
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igenständiges Leben führen zu können.
2. Unsachgemäße Abtreibungen Scheidenfisteln
Jedes Jahr werden in Entwicklungs Eine Folge von Teenagerschwanger unterbrochen wird. Es entstehen
ländern etwa 21 Millionen unsachge schaften in Entwicklungsländern Löcher zwischen Scheide, Blase und
mäße Abtreibungen durchgeführt. können Scheidenfisteln sein. Darm – eine Scheidenfistel. In der
Das heißt Abtreibungen, die unter Betroffen sind meistens Mädchen, Folge können die betroffenen Frauen
unhygienischen Bedingungen statt die bereits sehr jung schwanger ihre Aus cheidungen nicht mehr
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finden oder von Personen durchge w
erden – oft schon mit 13 oder k
ontrollieren und werden fast immer
führt werden, denen die notwendigen 14 Jahren. Weil ihr Körper noch nicht von ihren Familien verstoßen. Welt
Kenntnisse oder Fähigkeiten fehlen. ausgereift und die Gesundheits ür
f weit leben mindestens zwei Millionen
Etwa 47.000 Frauen sterben jährlich sorge vor allem in ländlichen Frauen mit Scheidenfisteln. Jedes Jahr
an den Folgen – fast ausschließlich Regionen unzureichend ist, kommt k
ommen 50.000 bis 100.000 junge
in Entwicklungsländern. Weitere es oft zu Geburts er etzungen: Das
v l Frauen hinzu. Viel wäre erreicht, wenn
Tausende erleiden schwere Kompli a
k Baby drückt zu lange auf die inneren Mädchen erst gar nicht sehr jung
tionen, die zu chronischen Schmerzen Organe, wodurch die Blutversorgung schwanger würden.
und Unfruchtbarkeit führen können.
Teenager zwischen 15 und 19 Jahren
machen mindestens ein Viertel der
unsicheren Abtreibungen und der
damit verbundenen Todes älle aus.
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Teenagerschwangerschaften und Schulbildung
Ein großer Teil der Mädchen, die eine
Prozent der 15- bis 19-Jährigen, die Mütter höhere Schulbildung
unsachgemäße Abtreibung durch
oder erstmals schwanger sind keine Schulbildung
führen lassen, wird aus Unwissenheit
oder mangelndem Zugang zu Ver
15,6
hütungsmitteln schwanger. Studien Madagaskar 2008/09
60
belegen, dass die Verhinderung von
ungewollten Schwangerschaften 23
Bangladesch 2007
durch einen verbesserten Zugang zu 48
Familienplanung der beste Weg ist,
15,3
die Zahl der Abtreibungen zu ver Uganda 2006
50,2
ringern: Drei von vier unsicheren
Abtreibungen könnten so verhindert 10
werden. Kenia 2008/09
32
Kolumbien 2010 10,5
55
4
Indonesien 2007
19
0 10 20 30 40 50 60
Grafik: Stiftung Weltbevölkerung
Quelle: ICF Macro, Demographic and Health Surveys, 2006–2010
Mangelnder Zugang zu Bildung
Bildung gehört zu den Faktoren, die entscheidend dazu beitragen, dass
Mädchen erst später ihr erstes Kind bekommen. Frauen, die eine Grund- und
insbesondere Sekundarbildung erhalten haben, laufen seltener Gefahr,
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ngewollt schwanger zu werden und bekommen insgesamt weniger Kinder.
Denn mit steigendem Bildungsniveau sind Mädchen wie Jungen eher über
Sexualität und Familienplanung informiert und wissen, wo sie Verhütungs
mittel erhalten können. Insgesamt erhalten Mädchen heute zwar mehr
Schulbildung als noch in der Generation ihrer Mütter. Weltweit sind sie jedoch
Foto: Andrea Künzig
auch weiterhin beim Zugang zu Schulbildung gegenüber Jungen benachteiligt:
Weniger als 50 Prozent der Mädchen besuchen eine weiterführende Schule.
[ 2 ] Weltbevölkerung ] Mädchen im Fokus
3. Gewalt gegen Mädchen Mädchen und die Millennium-Entwicklungsziele
Mädchen sind in besonders hohem Maße von sexueller, Im Jahr 2000 beschlossen die Vereinten Nationen acht
physischer und psychischer Gewalt betroffen. Ein Drittel Millennium-Entwicklungsziele (MDGs). Bei den Zielen
aller Mädchen und Frauen werden im Laufe ihres Lebens geht es darum, Armut zu bekämpfen, bessere Bildung s
geschlagen, zu sexuellen Handlungen gezwungen oder chancen zu eröffnen, Zugang zu Gesundheitsdiensten
missbraucht. Eine Form der Gewalt ist die Genitalv r e für jeden zu ermöglichen, Kindersterblichkeit zu senken,
stümmelung: Weltweit sind davon bis zu 140 Millionen Chancengleichheit der Geschlechter anzustreben und die
Mädchen und Frauen betroffen. Die meisten sind bei der Umwelt nachhaltig zu schützen. Bisher wurden jedoch zu
Beschneidung nicht inmal 15 Jahre alt. Bei der grau
e wenige Fortschritte gemacht, um die Ziele wie geplant bis
samen Praktik, die in einigen Kulturen Afrikas und Asiens 2015 zu erreichen. Die geringsten Erfolge wurden bisher
als wichtiges Initiationsritual gilt, wird die Klitoris teil bei MDG 5 verzeichnet: die Senkung der Müttersterb ich
l
weise oder vollständig entfernt. Meist wird der Eingriff keit um drei Viertel und der universelle Zugang zu
von Laien, ohne Narkose und mit primitiven Hilfsmitteln Maßnahmen reproduktiver Gesundheit. Mädchen im
durchgeführt. Für die Frauen und Mädchen bedeutet die Teenageralter sind davon besonders betroffen.
Genital er tümmelung neben lebenslangen Traumata
v s
oft Infektionen, Blutungen und Komplikationen bei der Die meisten der Millenniumsziele stehen in einem engen
Geburt, die zum Tod führen können. Die schädliche Zusammenhang zur Situation von Mädchen. Wer jung und
Praktik ist einer der Gründe für die hohen Müttersterb weiblich ist, hat nach wie vor die schlechtesten Chancen,
lichkeitsraten in Afrika und Asien. der extremen Armut und Krank eit zu entkommen und
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eine Schule zu besuchen. Dabei sind verbesserte Chancen
von Mädchen nicht nur für ein besseres und gesünderes
Leben der Mädchen selbst ichtig. Auch ihre Familie und
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ihre Gemeinschaft profitieren davon.
Verbreitung von HIV und Aids bei 15- bis 24-Jährigen
Anteil in Prozent der Altersgruppe
Afrika südlich Frauen 3,3
der Sahara Männer 1,4
Osteuropa/ 0,6
Zentralasien 0,5
Nordafrika/ 0,2
Mittlerer Osten 0,1
Süd- und 0,1
Südostasien 0,1
<0,1
Ostasien
<0,1
0 0,5 1 1,5 2 2,5 3 3,5
Grafik: Stiftung Weltbevölkerung
Quelle: UNAIDS, 2011
Mädchen und Menschenrechte
Mädchen werden in Anlehnung an die UN-Kinderrechts
konvention als weibliche Kinder unter 18 Jahren
v
erstanden. Die Fakten zeigen, dass Mädchen vielfach
Hohes HIV-Risiko benachteiligt und diskriminiert werden. Dabei sind sie
Mädchen in Entwicklungsländern sind besonders der Trägerinnen von Rechten, wie sie in zahlreichen inter
Gefahr ausgesetzt, sich mit HIV zu infizieren. Jede Minute nationalen Menschenrechtsabkommen festgelegt sind,
steckt sich eine junge Frau (15–24 Jahre) mit dem töd beispielsweise in: der Allgemeinen Erklärung der
lichen Virus an. Aus biologischen und gesellschaftlichen Menschenrechte von 1948, dem Übereinkommen zur
Gründen sind junge Frauen einem höheren Risiko ausge Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau
setzt als ihre männlichen Altersgenossen. Auch sexueller (CEDAW) von 1979 und der UN-Kinderrechtskonvention
Missbrauch und körperliche Gewalt sind Gründe für die von 1989.
hohe Infektionsrate von Mädchen. Häufig werden sie Um die Menschenrechte von Mädchen zu stärken und
mit einem mehrere Jahre älteren Mann ver eiratet. Damit
h zu chützen, ist verstärktes Engagement und politischer
s
steigt das Risiko, dass diese – oft sexuell erfahrenen – Wille notwendig.
Männer HIV-positiv sind und sie infizieren.
Mädchen im Fokus [ Weltbevölkerung [ 3 ]
4. Die Stiftung Weltbevölkerung ist eine international ätige Entwicklungshilfe
t
organisation. Sie hilft jungen Menschen in Afrika und Asien, sich selbst
aus ihrer Armut zu befreien. Ungewollte Schwanger chaften und Aids ver
s
schärfen die Armut und bedeuten für viele Jugendiche den Tod. Deshalb
l
unterstützt die Stiftung Aufklärungs- und Familienplanungsprojekte sowie
Gesundheitsinitiativen in Entwicklungsländern.
Herausgeber: Deutsche Stiftung Weltbevölkerung
Göttinger Chaussee 115, 30459 Hannover
www.weltbevoelkerung.de
Telefon: 0511 94373-0, Fax: 0511 94373-73 Spendenkonto: 38 38 38 0 Commerzbank Hannover BLZ 250 400 66
E-Mail: info@dsw-hannover.de
Redaktion: Janna Rassmann, V. i. S. d. P.: Ute Stallmeister, Gestaltung: Simone Schmidt, Stand: September 2012
Diese Veröffentlichung wird im Rahmen der europäischen Öffentlichkeitskampagne Sign of Life herausgegeben. Die Kampagne wird von der Europäischen Union
Klimaneutral gedruckt auf PEFC-zertifiziertem Papier – fördert die nachhaltige Waldbewirtschaftung
finanziell gefördert. Für den Inhalt dieser Veröffentlichung ist allein die Stiftung Weltbevölkerung verantwortlich; der Inhalt kann in keiner Weise als Standpunkt
der Europäischen Union angesehen werden.
Potenzial von Mädchen
Mädchen, die eine Grund- und Sekundarbildung erhalten haben, kennen ihre
Rechte und können sich besser vor Ausbeutung schützen. Sie entscheiden
sich mit höherer Wahr cheinlichkeit päter weniger Kinder zu bekommen.
s s
Gebildete Mütter setzen sich dafür ein, dass auch ihre Töchter Zugang zu
Bildung und Gesundheits ersorgung erhalten. Ihr Einkommen investieren
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Frauen fast vollständig (zu 90 Prozent) in ihre Familien – Männer tun dies
nur mit etwa einem Drittel ihres Einkommens. Zusätzlich verbessern
Investitionen in Mädchen auch die Ernährungslage in Entwicklungsländern:
Fortschritte bei der Ausbildung von Mädchen trugen nach einer Studie des
»
International Food Policy Research Institute zwischen 1970 und 1995 mehr
zur Minderung von Mangelernährung bei als die größere Verfügbarkeit
von Nahrungsmitteln.
Was ist zu tun?
Es wird deutlich: Investitionen in Bildung und Gesund Bedürfnisse von Mädchen stärker berücksichtigen
heit von Mädchen haben starke Multiplikator ffekte
e Die Studie betont, dass Mädchen als klar definierte
für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung ihrer Zielgruppe sowohl auf der strategischen Ebene als auch
Gemeinden und Länder. Wenn Geber- und Entwicklungs auf der Projektebene der deutschen Entwicklungs
länder extreme Armut und Krankheit besiegen wollen, zusammenarbeit stärker berücksichtigt werden üssen.
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ist es höchste Zeit für sie das Potenzial von Mädchen Nur so kann sichergestellt werden, dass sie mit alters
zu nutzen. gerechten Maßnahmen gefördert werden. Zusätzlich
s
ollte sich das BMZ dafür einsetzen, dass Mädchen ein
Deutschland muss sein Engagement für verbesserter Zugang zu Grund- und Sekundarschul ildung
b
Mädchen ausbauen ermöglicht wird und die Schulen ihren Bedürfnissen
Im Auftrag der Stiftung Weltbevölkerung hat SEEK e
ntsprechend ausgestattet sind (zum Beispiel: nach
Development die Studie „Entwicklung für Mädchen – Geschlechtern getrennte Toiletten). Schließlich empfiehlt
Mädchen für Entwicklung“ erstellt und das deutsche die Studie eine verstärkte Integration von Bildungs-,
e
ntwicklungspolitische Engagement für Mädchen unter Gesundheits- und auf Rechte bezogenen Projekten, da
sucht. Die Studie stellt heraus, dass es in der deutschen integrierte Projekte besonders gut auf die Bedürfnisse
Entwicklungszusammenarbeit keine um assende Strategie
f von Mädchen eingehen können.
und keine klare institutionelle Verankerung für das Thema
Mädchenförderung gibt. Auch die Strategie apiere des
p Die Studie „Entwicklung für Mädchen – Mädchen für Entwicklung“
Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit können Sie bei der Stiftung Weltbevölkerung per E-Mail unter
und Entwicklung (BMZ) in den Sektoren Rechte, Bildung info@dsw-hannover.de bestellen oder auf unserer Website
und Gesundheit weisen nur wenige explizite Bezüge zu h
erunterladen: www.weltbevoelkerung.de/maedchen-studie.html.
den besonderen Bedürf issen von Mädchen auf.
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[ 4 ] Weltbevölkerung ] Mädchen im Fokus