Fast die Hälfte der Weltbevölkerung ist heute jünger als 25 Jahre. Besonders viele junge Menschen leben in Entwicklungsländern: Von den 1,2 Milliarden Erdbewohnern, die derzeit zwischen 15 und 24 Jahre alt sind, leben hier fast 90 Prozent. Jugendliche sind die Eltern von morgen und der Schlüssel zur Entwicklung ihres Landes. Welche Entscheidungen sie in Bezug auf ihre Sexualität treffen und welche Vorstellungen sie von ihrem zukünftigen Familienleben haben, ist mit ausschlaggebend für die Zukunft der Erde.
Infoblatt Jugendliche und sexuelle und reproduktive Gesundheit
1. [I n F O DSW
WeLtBeVöLkerunG]
» Jugendliche
Let’s Talk About Sex
Fast die Hälfte der Weltbevölkerung ist heute jünger als 25 Jahre. Besonders
viele junge Menschen leben in Entwicklungsländern: Von den 1,2 Milliarden
Erdbewohnern, die derzeit zwischen 15 und 24 Jahre alt sind, leben hier fast
90 Prozent. Jugendliche sind die Eltern von
morgen und der Schlüssel zur Entwicklung
«
Durchschnittliche Kinderzahl
ihres Landes. Welche Entscheidungen sie in
und Schulbildung
Bezug auf ihre Sexualität treffen und welche
Ägypten durchschnittliche Kinderzahl pro Frau Vorstellungen sie von ihrem zukünftigen
höhere Schulbildung 3,0
Grundschulbildung 3,4
Familienleben haben, ist mit ausschlag
keine Schulbildung 3,8 gebend für die Zukunft der Erde.
Bolivien
höhere Schulbildung 2,7
Grundschulbildung 4,9
keine Schulbildung 6,8
Honduras
höhere Schulbildung 2,2
Grundschulbildung 3,6
keine Schulbildung 4,9
Malawi
Fotos: Andrea künzig
höhere Schulbildung 3,8
Grundschulbildung 5,8
keine Schulbildung 6,9
Nicaragua
höhere Schulbildung 2,7
Grundschulbildung
keine Schulbildung
3,8
5,7
tabus und ihre konsequenzen
Uganda In vielen Gesellschaften wird Sex vor der Ehe missbilligt
höhere Schulbildung 4,4 und Aufklärung über Sexualität und Verhütung als un-
Grundschulbildung 7,2 moralisch angesehen. Dabei werden die meisten Menschen
keine Schulbildung 7,7
vor ihrem 20. Geburtstag sexuell aktiv. In Entwicklungs-
0 1 2 3 4 5 6 7 8 ländern werden Kondome und andere Verhütungsmittel
Grafik: Deutsche Stiftung Weltbevölkerung (DSW) wenig benutzt, weil sie oft schwer zu bekommen oder zu
Quelle: Measure DHS: Demographic and Health Surveys 2001–2006.
teuer sind – gerade für junge Menschen. Nur fünf Prozent
der ärmsten Heranwachsenden, die sexuell aktiv sind,
benutzen Kondome. Dabei sind es insbesondere die
15- bis 24-Jährigen, die unter sexuell übertragbaren
Infektionskrankheiten leiden.
2. Die Gesundheit von Mädchen
Mädchen sind besonders gefährdet. Ihre sexuelle und
reproduktive Gesundheit ist weitaus größeren Risiken
ausgesetzt als dies bei Jungen der Fall ist. Das liegt sowohl
an biologischen als auch an gesellschaftlichen Gründen.
Zudem ist weltweit jede dritte Frau schon einmal zum Sex
gezwungen oder auf andere Weise missbraucht worden.
Häufig kennen die Betroffenen die Täter, da es sich etwa
um den Ehemann oder einen anderen männlichen
Verwandten handelt.
Viele Frauen haben bereits mit 18 Jahren ein Kind
Jedes Jahr werden mehr als 14 Millionen Mädchen im
Anteil der 20- bis 24-jährigen Frauen in Prozent, Alter von 15 bis 19 Jahren schwanger. Etwa die Hälfte
die mit 18 Jahren Mutter waren dieser Teenagerschwangerschaften ist ungewollt. Über
ein Drittel aller Teenagerschwangerschaften wird durch
eine Abtreibung beendet. Diese wird oft unsachgemäß
Westasien und Nordafrika 11
durchgeführt, das heißt entweder von Personen, denen
die notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten fehlen,
Südamerika 16 oder unter unhygienischen Bedingungen. Für Mütter im
Teenageralter ist das Risiko, an Komplikationen infolge
Zentralamerika und Karibik 22 einer Schwangerschaft oder Geburt zu sterben, doppelt
so hoch wie für Frauen über 20 Jahren. Wer als Teenager
Südliches Zentralasien 24 schwanger wird, hat meist schlechte Bildungschancen.
und Südostasien
Unter jungen Mädchen, die schwanger sind, liegt die
Schulabbruchsquote doppelt so hoch wie bei ihren Alters-
Ost- und südliches Afrika 27
genossinnen.
West- und Zentralafrika 31 Eine weitere Gefahr für viele Mädchen ist die weibliche
Genitalverstümmelung. Sie wird üblicherweise im Alter
0 10 20 30 zwischen sieben und zwölf Jahren vollzogen. Weltweit
Grafik: Deutsche Stiftung Weltbevölkerung (DSW) leiden heute 70 Millionen Frauen (15 bis 49 Jahre) unter
Quelle: Demographic and Health Surveys, in: National Research Council, der Verstümmelung.
Growing Up Global: The Changing Transition to Adulthood in Developing Countries, 2005.
Mädchen
[ 2 ] Weltbevölkerung ] Jugendliche
3. Scheidenfisteln
Junge Frauen unter 20 sind einem höheren Risiko von Komplikationen
während der Schwangerschaft und bei der Entbindung ausgesetzt als ältere
Frauen, da ihr Körper in den meisten Fällen dafür noch nicht reif genug ist.
Ist im Falle von Geburtskomplikationen keine Notfallhilfe verfügbar, droht
als Folge eine Scheidenfistel. Fisteln entstehen, wenn das Baby bei der
Geburt viel zu lang auf die inneren Organe drückt, wodurch die Blutversor-
gung unterbrochen wird. Es entstehen Löcher zwischen Scheide, Blase und
Darm – eine Scheidenfistel. In der Folge können die betroffenen Frauen ihre
Ausscheidungen nicht mehr kontrollieren, viele werden sozial ausgegrenzt.
Obwohl Scheidenfisteln durch eine bessere Notfall-Geburtshilfe und durch
Vermeidung früher Schwangerschaften leicht verhindert werden könnten,
müssen weltweit bis zu 3,5 Millionen zumeist arme Frauen mit einer solchen
Behinderung leben. Jährlich kommen etwa 73.000 neue Fälle hinzu. Scheiden-
fisteln könnten in den meisten Fällen schon durch eine einfache Operation Scheidenfisteln – und damit soziale Ausgrenzung –
behoben werden. Die meisten betroffenen Frauen wissen entweder nicht, lassen sich vermeiden.
dass eine solche Operation möglich ist, oder sie können sie sich nicht leisten.
HIV/Aids
Junge Menschen und HIV/Aids
Über die Hälfte der jungen Menschen in Entwicklungs-
Verbreitung von HIV/Aids bei 15- bis 24-Jährigen
ländern weiß nicht, wie das HI-Virus übertragen wird. Das
haben Studien gezeigt, die in 40 Ländern durchgeführt
Anteil in Prozent der Altersgruppe
wurden. Und nicht einmal ein Drittel der Heranwachsen-
Afrika südlich Frauen 3,4 den vermutet, selbst der Gefahr einer Ansteckung
der Sahara Männer 1,2 ausgesetzt zu sein. Dabei wird weltweit die Hälfte aller
HIV-Neuinfektionen bei jungen Menschen zwischen
Lateinamerika 0,4
und Karibik 15 bis 24 Jahren verzeichnet. Alle 14 Sekunden steckt
0,7
sich ein junger Mensch mit dem tödlichen Virus an, und
0,2 immer öfter handelt es sich dabei um junge Frauen.
Asien
0,2 Junge Frauen haben im Vergleich zu ihren männlichen
Altersgenossen ein höheres Infektionsrisiko. Das liegt
0,4
Europa unter anderem daran, dass sie Beziehungen zu älteren
0,6
Männern haben, die ihrerseits häufiger infiziert sind.
0,3
Nordamerika
0,7
0 0,5 1 1,5 2 2,5 3 3,5 4 4,5
Grafik: Deutsche Stiftung Weltbevölkerung (DSW)
Quelle: DSW-Datenreport 2009.
Jugendliche [ Weltbevölkerung [ 3 ]
4. Die Deutsche Stiftung Weltbevölkerung hilft jungen Menschen in Afrika
und Asien, sich selbst aus ihrer Armut zu befreien. ungewollte Schwanger-
schaften und Aids verschärfen die Armut und bedeuten für viele
Jugendliche den tod. Deshalb unterstützt die DSW Aufklärungs- und
Familienplanungsprojekte sowie gesundheitsinitiativen in entwicklungs-
ländern. Helfen auch Sie, indem Sie die Projekte der DSW unterstützen!
Herausgeber: Deutsche Stiftung Weltbevölkerung (DSW)
göttinger Chaussee 115, 30459 Hannover
www.weltbevoelkerung.de
telefon: 05 11 9 43 73-0, Fax: 05 11 9 43 73-73 Spendenkonto: 38 38 38 0 Commerzbank Hannover BLZ 250 400 66
e-Mail: info@dsw-hannover.de
redaktion: Carmen kommer (DSW), gestaltung: Simone Schmidt, Stand: September 2010
Diese veröffentlichung wird im rahmen der europäischen öffentlichkeitskampagne „reproductive Health for All“ herausgegeben.
Die kampagne wird von der europäischen union finanziell gefördert. Für den Inhalt dieser veröffentlichung ist allein die Deutsche Stiftung Weltbevölkerung
verantwortlich; der Inhalt kann in keiner Weise als Standpunkt der europäischen union angesehen werden.
Aufklärung rettet Leben
Viele Menschen glauben, dass offenes Reden über
Geschlechtsverkehr junge Menschen dazu verleiten
würde, früher sexuell aktiv zu werden. Tatsächlich ist das
Gegenteil der Fall. Untersuchungen zeigen, dass gut
informierte junge Menschen ihre erste sexuelle Erfahrung
später im Leben machen als Altersgenossen, die nicht
aufgeklärt sind. Außerdem haben sie tendenziell weniger
Sexualpartner und benutzen eher Kondome und andere
Verhütungsmittel. Aufgeklärte Mädchen werden nicht
nur später das erste Mal schwanger, sondern bekommen
auch weniger Kinder und diese in größeren zeitlichen
Foto: Andrea künzig
Abständen. Darüber hinaus bleiben sie länger in der
Schule, was ihre späteren Berufschancen verbessert.
Aufklärung über Sexualität und Verhütung schützt vor
sexuell übertragbaren Infektionskrankheiten einschließ- Das Youth-to-Youth-Programm der DSW: Aufklärung von
lich HIV/Aids und hilft, die Zahl der ungewollten Jugendlichen für Jugendliche
Schwangerschaften – und damit auch der Abtreibungen –
zu vermindern.
»
MDG
Versprochen ist versprochen
Junge Menschen haben Anspruch auf hochwertige sexuelle und reproduktive
Gesundheitsdienste und -informationen. Dies haben fast alle Staaten
anerkannt. Würde dieser Anspruch Wirklichkeit, würde das dazu beitragen,
zahllose Leben zu retten. Zum ersten Mal hat sich die internationale Gemein-
schaft auf der Weltbevölkerungskonferenz 1994 in Kairo dazu bekannt. Auf
allen folgenden Weltkonferenzen haben sie dieses Versprechen wiederholt.
Auch zu den Millennium-Entwicklungszielen (MDGs) gehört es, allen
Menschen bis zum Jahr 2015 Zugang zu Familienplanung und Verhütungs-
mitteln zu ermöglichen.
[ 4 ] Weltbevölkerung ] Jugendliche