1. Begleitseminar Humangeographie Datum: 23. Februar 2009
Christian-Albrechts-Universität Kiel
Tourismusdestination Schleswig-Holstein
Dozent: Dipl.-Geogr. Samuel Mössner
WS 08/09
Referent: Clemens von Heimann (926566)
Inhaltsverzeichnis
1. Die touristische Ausgangslage in der BRD und Schleswig-Holstein
2. Die Begriffe Tourismus und Destination
2.1 Tourismus
2.2 Destination
3. Schleswig-Holstein in Daten und Zahlen
3.1 Die geographischen und infrastrukturellen Voraussetzungen
3.2 Die Geschichte des Schleswig-Holstein Tourismus
3.3 Ballungsorte und Trends in der schleswig-holsteinischen Tourismusdestination
4. Regionalökonomische Effekte des Tourismus‘
5. Vorgehensweise bei der Vermarktung einer Destination
6. Das Tourismuskonzept der Region/Destination Schleswig-Holstein
6.1 Die Leitprojekte Schleswig-Holsteins: Ziele und Beispiele
7. Fazit und Ausblick
8. Literaturverzeichnis
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1. Die touristische Ausgangslage in der BRD und Schleswig-Holstein
Um die Brisanz des Themas „Tourismusdestination Schleswig-Holstein“ zu verstehen, ist es wichtig,
dass die derzeitige Lage und die vermutete Entwicklung in der Bundesrepublik Deutschland und spe-
ziell auch die Ausgangslage Schleswig-Holsteins aufgezeigt werden. Der Tourismus in Deutschland ist
mit einem Gesamtbeitrag zum deutschen Haushalt von ca. 26 Mrd. Euro im Jahre 2006 (DZT 2007)
ein nicht wegzudenkender Wirtschaftszweig. Die Bundesrepublik gehört laut der WTO (2007) zu den
Top 10 Reisedestinationen der Welt (Adjouri Büttner 2008). So ist es zu verstehen, dass man explizit
im Bereich des Tourismus‘ große Chance für die ökonomischen Auswirkungen für eine Destination
sieht.
Schleswig-Holstein, ein Bundesland mit idealen Tourismusvoraussetzungen, profitierte im letzten
Jahrzehnt, vielleicht aufgrund von Konkurrenzdestinationen wie Mecklenburg-Vorpommern oder im-
mer günstiger werdenden Auslandsreisen, nicht ausreichend von der zunehmenden Tourismusent-
wicklung der BRD (Adjouri Büttner 2008). „Es gibt viel zu tun. Packen wir’s an!“ Dies waren die Worte
des ehemaligen Wirtschaftsministers Dietrich Austermann auf einer Tourismuskonferenz im Jahre
2006.
Man erkannte, dass Schleswig-Holstein sich auf seiner geographischen Lage (Binnenland zwischen
der Nord- und Ostsee) ausgeruht hatte und es an einem gemeinsamen Tourismuskonzept auf kom-
munaler und Landesebene fehlte. Es wurde eine interministerielle Arbeitsgruppe aus tourismusrele-
vanten Resorts gegründet, die zur Entwicklung neuer Konzepte der schleswig-holsteinischen Touris-
musdestination instruiert wurde. Schleswig-Holstein wollte wieder mehr von den Einnahmen des Tou-
rismuszweiges profitieren.
2. Die Begriffe Tourismus und Destination
Die, mit der Region Schleswig-Holstein eingeführten Begriffe Tourismus und Destination, bilden den
Hauptfaktor zum Verständnis der Thematik. Während der Begriff Tourismus (bzw. Fremdenverkehr)
auch aus politscher, ökonomischer, psychologischer, historischer, sozio-ökonomischer oder sozio-kul-
tureller Sicht interpretiert werden kann, ist der Begriff Destination stark geographisch geprägt. Folgen-
de Definitionen klären auf, warum diese beiden Begriffe von besonderer Bedeutung dieser Thematik
sind:
2.1 Der Begriff Tourismus
Die WTO beschrieb den Begriff Tourismus im Jahre 1993 mit den Worten: „Tourismus umfasst die Ak-
tivitäten von Personen, die an Orte außerhalb ihrer gewohnten Umgebung reisen und sich dort zu
Freizeit-, Geschäfts-, oder bestimmten anderen Zwecken nicht länger als ein Jahr ohne Unterbre-
chung aufhalten.“ Das bedeutet, dass der Tourismus als Fundament die Reise beinhaltet. Der Begriff
Reise setzt sich zusammen aus einem Ortswechsel mit verschiedenen Transportmitteln, einem vor-
übergehenden Aufenthalt in einem fremden Ort und einer bestimmten Motivation, diese, vom Touris-
ten gewählte Region aufzusuchen (Freyer 2006, 2).
2.2 Der Begriff Destination
Eine Nachfrage im Bereich Tourismus richtet sich stets nach Zielgebieten und Regionen. Hierbei gibt
es vielschichtige Betrachtungsweisen auf Mikro- bzw. Makroebene. Zum einen können Destinationen
auf Mikroebene als Hotelkomplexe, künstliche Erlebniswelten oder andere Resorts beschrieben wer-
den oder auf Makroebene als ganze Region, ganzes Land oder als ganzer Kontinent. (Bieger 2006,
141) Vor allem die nachfrageorientierte Sicht definiert eine Destination sehr präzise: „(…) Geographi-
scher Raum (…), den der jeweilige Gast (…) als Reiseziel auswählt. Sie enthält sämtliche (…) Einrich-
tungen für Beherbergung, Verpflegung, Unterhaltung, Beschäftigung. Sie ist damit eine Wettbewerbs-
einheit (…).“ (Bieger 2002, 56). Somit liegt der Destination, wie schon die nachfrageorientierte Definiti-
on besagt, immer einen geographischen Raum variabler Größe zu Grunde.
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3. Schleswig-Holstein in Daten und Zahlen
Um Schleswig-Holstein zu charakterisieren und um zu verstehen, welche touristisch interessanten
Voraussetzung gegeben sind, werden entscheidende Faktoren herauskristallisiert. Die Faktoren ge-
ben einen Gesamtüberblick, warum Schleswig-Holstein als Tourismusdestination überhaupt als The-
ma von Bedeutung ist. Hierbei sind besonders die geographische Lage und infrastrukturelle Gegeben-
heiten zu betrachten, da diese dem Touristen implizieren, weshalb er in dieser Region Urlaub machen
möchte. Außerdem sind geschichtliche Daten der Tourismusentwicklung mit einzubeziehen, wenn
man die heutige Lage Schleswig-Holsteins erfassen möchte.
3.1 Die geographischen und infrastrukturellen Voraussetzungen
Schleswig-Holstein ist das nördlichste Bundesland der Bundesrepublik Deutschland. Mit insgesamt
nur 15.731 km² Fläche, ist es hinter den drei Stadtstaaten Bremen, Berlin, Hamburg und dem Saar-
land, dass fünft-kleinste Bundesland. Schleswig-Holsteins geographischer Vorteil ist der besondere
Lagepunkt: Als „Land zwischen den Meeren“ (Auswärtiges Amt 2007) hat Schleswig-Holstein eine be-
sonders lange Küstenregion. 402 Ostsee-Küstenkilometer und 468 Nordsee-Küstenkilometer (Statisti-
sches Bundesamt 1999) bieten der Region eine ideale Grundlage, um sich als Tourismusdestination
etablieren zu können. Mit ca. 2.837.000 Einwohnern (Statistisches Bundesamt 2008) belegt Schles-
wig-Holstein den neunten Rang im Länder-Ranking. Die Landeshauptstadt Kiel ist auch gleichzeitig
die bevölkerungsreichste Agglomeration mit 235.700 Einwohnern (Statistik-Nord 2007). Die Bevölke-
rungsdichte liegt mit 175 Einwohnern/km² recht deutlich unter dem Bundesdurchschnitt (230 Ew/km²),
wobei sich die Agglomerationsschwerpunkte auf die Ostseeküste, vor allem auf Kiel, Flensburg und
Lübeck beschränken. Weitere Ansiedlungspunkte befinden sich im Umland von Hamburg und rund um
die Kernstädte Neumünster, Heide, Itzehoe und Rendsburg (Rathje 2004, 53). Schleswig-Holstein hat
ein gut ausgebautes Verkehrsnetz (9.880 km) und macht somit überregionales Reisen möglich. Auch
die Schifffahrt ist ein stark ausgeprägter Infrastruktursektor. Lübeck, Kiel, Brunsbüttel, Flensburg, Hu-
sum und Puttgarden werden stark frequentiert und der Überseehafen Hamburg ist maximal zwei Auto-
stunden von allen schleswig-holsteinischen Regionen entfernt. Da Schleswig-Holstein keine bedeuten-
den Flughäfen aufweist, nimmt Hamburg einen wichtigen Stellenwert ein, weil es einen internationalen
Flughafen bietet, der eine direkte Anbindung an das nördlichste Bundesland ermöglicht. Ein ausge-
prägtes Schienennetz verbindet alle bedeutenden Regionen mit den Kernstädten. Neben der Deut-
schen Bahn AG gibt es auch private Anbieter, die auch weniger stark bevölkerte Regionen miteinbe-
ziehen (WTSH 2008). Aus touristischer Hinsicht sind auch die Heil- und Kurorte bzw. Bäder von Be-
deutung, die schon seit Jahrzehnten Besucher nach Schleswig-Holstein ziehen. Diese findet man in
Schleswig-Holstein sehr häufig.
3.2 Die Geschichte des Schleswig-Holstein Tourismus‘
Die Geschichte des Schleswig-Holstein Tourismus‘ begann zur Zeit der Industrialisierung (Mitte 19.
Jahrhundert). Durch die hohe Smogbelastung in den Städten, proklamierten vor allem Ärzte, die Wert-
schätzung der Natur. Personen ohne hohes Einkommen frequentierten die nähergelegenen Naturräu-
me und wer es sich leisten konnte, der fuhr an die See. Schleswig-Holstein profitierte von seiner geo-
graphischen Lage, direkt zwischen den Meeren und seiner hohen Luftreinheit. Es bildeten sich zum
Beispiel Luftkurorte wie Preetz oder
See-, Heil- und Kurbäder. Durch das
reiche Publikum bildeten sich prunk-
volle Promenaden und Luxusanla-
gen, die für die reicheren Gäste er-
baut wurden. Die Krisen stellten sich
doch recht bald mit den beiden Welt-
kriegen und der Weltwirtschaftskrise
ein und zerstörten einen Großteil der
Anlagen. In Zeiten des Wirtschafts-
wunders setzte sich ein neuer Trend
Abb. 1: Trends der Unterkünfte von 1972-2015 Quelle: RA-Trendstudie
2005 durch: Ferienwohnungen, Pensionen
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und Apartments. Privatvermietung setzte sich im Laufe der fünfziger bis sechziger Jahre durch und
nahm einen hohen Stellenwert ein (Newig 1985). Allerdings änderte sich dieser Trend recht schnell
und lediglich die Belegung der Ferienwohnungen entwickelte sich weiterhin positiv (vgl. Abb. 1). Mit
dem Zerfall der DDR begann eine Destinationenkonkurrenz: Mecklenburg-Vorpommern drang in den
Tourismusmarkt der BRD ein und löste Schleswig-Holstein von der Führungsposition im Bade- und Er-
holungstourismus ab. Gründe können das weitaus interessantere Binnenland und der schönere Ost-
seeabschnitt sein (Statistik-SH 2009). Diese Ereignisse ließen die Regierung Schleswig-Holsteins er-
kennen, dass die meist privaten und unorganisierten Tourismuskonzepte von Privatleuten, zu keinem
positiven Effekt führten (MWV 2007). Im Jahr 2006 wurde eine neue Tourismuspolitik beschlossen,
um ein einheitliches Konzept zu entwerfen und umzusetzen.
3.3 Ballungsorte und Trends in der schleswig-holsteinischen Tourismusdestination
Die Verteilung der touristisch relevanten Gebiete ist relativ einfach strukturiert: küstennah. Betrachtet
man die 15 größten Tourismusorte in Schleswig-Holstein, so lassen sich nur Nord- bzw. Ostseestädte
finden (vgl. Abb. 2). Die Tourismusintensitäten
im Jahre 2007 verteilen sich ziemlich gleich auf
die beiden Küstenregionen (StaBuA 2008). Die
Ostseeküste bietet vor allem Badestrände und
die Nordsee interessante Naturräume und Na-
turbegebenheiten (Wattenmeer, Gezeiten, etc.)
Schleswig-Holsteins Tourismus ist saisonal ge-
prägt: Die Bettenauslastung der Betriebe mit
mehr als neun Betten zeigt, dass der Sommer-
tourismus die wichtigste Tourismusart ist (Sta-
BuA 2008). Hierbei unterteilt man wiederum in
verschiedene Tourismusunterarten, die soge-
nannten Motivationen (Freyer 2006). Die Haupt-
motivationen, um in Schleswig-Holstein Urlaub
zu machen sind beschränkt. Neben dem Ausru-
hen von der körperlichen Anstrengung, dem Er-
holungsurlaub, der jedoch etwas abgenommen
hat, entwickelt sich ein Trend zur Anregung und
Abwechslung im Urlaub. Dies soll als Ausgleich
zur physischen Anstrengung im Arbeitsalltag
stehen. Durch die steigende Mobilität der Tou-
risten weitet sicher der Aktionsraum aus, in dem
Abb. 2: Die 15 größten Tourismusort Schleswig-Holsteins man seine Vorstellungen eines guten Urlaubs
umsetzen und befriedigen möchte (Rathje
2004). Die geographische Lage bietet Touristen aber auch die Möglichkeit, Sportarten wie Segeln,
Windsurfen, usw. in Schleswig-Holstein zu betreiben. Diese Angebote werden Jahr für Jahr stark fre-
quentiert (z.B. Multivan Surf Cup auf Fehmarn oder die Kieler Woche, auf die es jährlich Hunderttau-
sende zieht). Auch ein neuer Trend, der sich in den letzen Jahren durchgesetzt hat, sind qualitätsge-
prüfte Wellnesskurzurlaube, in denen man sich seinen Bedürfnissen hingeben kann (www.nordseetou-
rismus.de 2009). Trends, die den Schleswig-Holstein Tourismus nachhaltig negativ beeinflussen kön-
nen, sind vor allem die günstigen Angebote von sogenannten „Low-Cost-Carriern“ (Unternehmen, die
aufgrund ausgelassener Serviceangebote den Preis für Reisen und Flüge sehr gering halten können
(Bsp. Ryanair, German Wings, usw.). Diese bieten ihre Reisen bzw. Flüge fast ausschließlich in Inter-
netportalen an – sie haben das Segment des Online-Bookings auch mit als erstes entdeckt (Adjouri
Büttner 2008, 42). Somit ist es nun auch möglich, für wenig Geld weiter entfernte Destinationen der
Erde anzusteuern.
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4. Regionalökonomische Effekte des Tourismus‘
Um zu klären, was der Tourismus einer Destination an wirtschaftlichen Perspektiven und Effekten aus-
lösen kann, betrachtet man diesen Vorgang auf räumlicher Ebene. Die Regionalökonomie beschäftigt
sich mit der Verteilung menschlicher, vor allem aber wirtschaftlicher Aktivitäten im Raum (Stiller 2005).
Die Effekte, die dabei entstehen, lassen sich in positive und negative Effekte kategorisieren. Direkte
positive Effekte des Tourismus sind die Bereitstellung neuer Arbeitsplätze in der Region. Es handelt
sich also um Effekte, die sich auf Dritte bzw. nicht direkte Beteiligte auswirken (Bieger 2006). Siedelt
Abb. 3: Vereinfachte Darstellung des Multiplikatoreffektes von Tourismuseinnahmen (…)
sich z.B. ein Hotel neu in einer Region an, so werden sofort Arbeitsplätze geschaffen. Vom Manage-
ment bis hin zum Hausmeister entstehen neue Arbeitsmöglichkeiten und Perspektiven für das regional
ansässige Humankapital. Durch den Bau neuer oder die Renovierung alter Tourismusinfrastrukturen,
lassen sich auch indirekte Effekte ableiten. Zum Beispiel erhalten nun auch Zulieferer, Energiebetrie-
be, Immobilienbüros, Reinigungsfirmen, usw. neue Perspektiven. Die Gewinne, die nun eingenommen
werden, sind die Voraussetzungen für Löhne und Steuern. Somit setzen sich die indirekten und indu-
zierten Effekte zu einem Multiplikatoreffekt zusammen (Feyer 2006, 439ff). Ein Multiplikatoreffekt steht
also für die Wirkung, die eine abhängige Größe durch das Einwirken einer unabhängigen Größe er-
fährt (Feilmayr 1992). Der direkte Effekt wirkt sich, zusammen mit dem indirekten Effekt als induzierter
Effekt aus. Die Effekte beeinflussen also bzgl. des Raumes nicht nur das gebaute Hotel bzw. Ressort,
sondern weiten sich räumlich aus und schließen Dritte mit ein. Vom Bau touristischer Komplexe profi-
tieren also nicht nur die Angestellten, sondern auch die Betriebe der Region. (vgl. Abb. 3)
Allerdings treten auch negative Effekte auf, welche sich auf die Verkehrsbelastungen am Ort auswir-
ken. Sowohl erhöhtes Verkehrsaufkommen als auch eine erhöhte Umweltbelastung sind Folge der hö-
heren Frequentierung der Destination (Bieger 2006).
Die Emissionen können der Natur und dem Menschen nachhaltig schaden. Emissionen entstehen al-
lerdings auch durch den Verbrauch von Energieträgern wie Erdöl, Erdgas, Diesel, etc. und auch der
Verbrauch von Ressourcen wie Wasser und Flächen, ist nicht zu unterschätzen. Es zeigt sich, dass
auch für Schleswig-Holstein der Aufwand recht hoch ist und oft als ökonomisches Wundermittel be-
trachtet wird (Weimann 1992).
5. Vorgehensweise bei der Vermarktung einer Destination
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6. HumGeo BS Tourismusdestination Schleswig-Holstein 23.02.2009
Hierbei geht es in erster Linie darum, die Destination von Konkurrenzdestinationen abzugrenzen. Als
erster Schritt beginnt der eingeteilte Arbeitskreis mit einer Analyse (Adjouri Büttner 2008). Die Soll-
und Ist-Analyse sollte in der Frühphase der Analyse durchgeführt werden. Diese Analyseform soll die
Situation der Destination aufzeigen: Die Ist-Situation beschreibt den Zustand, von dem ausgegangen
wird und der Soll-Wert ist die Situation, die man, durch die Einführung bestimmter Maßnahmen, Kon-
zepte, Leitprojekte, usw. erreichen möchte. Danach gilt es eine destinationsbezogene Analyse durch-
zuführen. Die sog. SWOT-Analyse (Akronym: Strengths (Stärken), Weaknesses (Schwächen), Oppor-
tunities (Möglichkeiten) und Threats (Gefahren), ist eine Stärken-Schwächen- und Möglichkeiten-Risi-
ken-Analyse. Die Stärken-Schwäche-Analyse zeigt die Vorzüge bzw. Nachteile der Region. Diese sind
selbst beeinflussbar und können bzgl. der Stärken fundamentiert bzw. bzgl. der Schwächen gemindert
werden. Die Möglichkeiten-Risiken-Analyse ist nicht beeinflussbar. Es ist jedoch möglich, durch die
analysierten Werte schneller und effizienter auf diese Effekte zu reagieren (FH Brandenburg 2001).
Aus den Analysewerten lassen sich Strategien entwickeln, die zu einer möglichst effizienten, d.h. öko-
nomisch rentablen Nutzung und Vermarktung der Destination beitragen sollen. Die Strategieentwick-
lung ist somit die Grundsteinlegung einer erfolgreichen Destinationsvermarktung (Adjouri Büttner
2008). Diese Strategien setzen sich aus verschiedenen Faktoren zusammen - wirken diese zusam-
men soll ein effektives (d.h. das vorgegebene Ziel soll erreicht werden) Ergebnis erzielt werden (Ad-
jouri Büttner 2008). Mögliche Strategieansätze sind die Festlegungen von Zielen, die man erreichen
möchte, die Positionierung der Destination, also die Abgrenzung von Konkurrenzen und die Kernpunk-
te, für die die Region steht. Auch der Zeitrahmen, in welchem die Umsetzung erfolgen soll und das
Budget der Umsetzung sind von Belangen, um ein effizientes Ergebnis zu erreichen. Die Definition der
Maßnahmen greift schon in den dritten Teil der Vermarktung ein: die Umsetzung. Dieser Teil ist nahe-
zu unbegrenzt (Adjouri Büttner 2008). Durch die Analyseergebnisse werden die Maßnahmen nun um-
gesetzt. Diese Umsetzungsmaßnahmen sollen dem Kunden implizieren, dass er die Destination auf-
suchen soll. Hierbei geht es um Prozesse der Namensgebung, des „Namings“, der Entwicklung von
Slogans und der Kreation von Werbung und neuerdings auch des Internetmarketings. All diese Punkte
lassen sich als Tourismuskonzept zusammenfassen.
6. Das Tourismuskonzept der Region/Destination Schleswig-Holstein
Die Landesregierung Schleswig-Holstein gründete auf Grund der stagnierenden Tourismussituation
und der positiven Entwicklung der Konkurrenzdestination Mecklenburg-Vorpommern eine interministe-
rielle Arbeitsgruppe (IMAG Tourismus) zur Erstellung eines Tourismuskonzeptes. Diese besteht aus
ministeriellen Mitarbeitern und Leitern touris-
tisch relevanter Ressorts. Man wollte die Fehler
der letzten Jahrzehnte durch eine kooperative
und gemeinsame Förderpolitik unterstützen und
Schleswig-Holstein wieder am wachsenden
Tourismusmarkt teilhabenlassen (MWV 2007).
Das Land Schleswig-Holstein stellte die Förder-
mittel und beschloss, dass es ein einheitliches
Tourismuskonzept geben sollte. Somit sind sie
hierarchisch gesehen die erste Größe. Die Be-
auftragung der IMAG Tourismus und die dortige
Entwicklung der Konzepte führte zur Aktivie-
rung einer zweiten Größe im neuen Tourismus-
konzept. Die Tourismus-Agentur Schleswig-
Holstein (TASH) wurde beauftragt Analysen (s.
Aufgabe 5) und Trends zu untersuchen und
Abb. 4 Tourismusdachverbände Schleswig-Holstein
diese an die Tourismusressorts weiterzugeben
(MWV 2007). Diese Ressorts sind zum Beispiel die Dachverbände der schleswig-holsteinischen Tou-
rismusgebiete (siehe Abb. 4). Die Dachverbände haben wiederum kleinere, nun genauer definierte
Verbände. Beispiele hierfür sind z.B. der Heilbäderverband Schleswig-Holstein oder der Segler-Ver-
band Schleswig-Holstein. Damit diese Dachverbände Gelder erhalten, gilt es die Konzeptentwicklung
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der IMAG Tourismus und der TASH umzusetzen und in ihrem Raum ein einheitliches Konzept zu kre-
ieren. Halten sich die Verbände bzw. deren Dachverbände nicht an das einheitliche Konzept und die
TASH stellt dies bei einer Überprüfung fest, so erhalten diese Regionen bzw. Verbände keine Förder-
gelder (MWV 2007). Somit ist es wichtig zu sehen, welche Konzepte bzw. Leitprojekte nun auf Lan-
desebene entwickelt wurden, um sie regional umzusetzen.
6.1 Die Leitprojekte Schleswig-Holsteins: Ziele und Beispiele
Die IMAG Tourismus entwickelte neun Leitprojekte zur positiven Entwicklung des schleswig-holsteini-
schen Tourismusmarktes. Über all diesen Leitprojekten steht die Zielgruppenorientierung. Sie ist im-
plizit das erste Leitprojekt. Drei Gruppen wurden herausgefiltert und sollen speziell von den Leitprojek-
ten angesprochen werden. Bei den drei Gruppen handelt es sich um die „Best Ager“ (Personen im Al-
ter von 56-75 Jahren), die „Anspruchsvollen Genießer“ (Singles und Paare bis 55 Jahre mit einem Mo-
natsnettoeinkommen von mehr als 2500€) und Familien mit Kindern unter 14 Jahren (mittleres bis ho-
hes Einkommen) (MWV 2006). Die Leitprojekte sind auf die Zielgruppen ausgerichtet und verfolgen
vor allem den Hintergrund der Qualitätsmaximierung.
Es handelt sich hierbei um: das angesprochene Qualitätskonzept mit der Prämisse dem Kunden ein
adäquates Preis-Leistung-Verhältnis zu bieten. Außerdem um das ebenfalls angesprochene Landes-
weite Marketing, bei dem es darum geht, eine homogene Destination zu erschaffen, den Design-
Kontor, der die Gestaltung der Gaststätten regelt. Diese sollen möglichst landestypisch-traditionell
aussehen, jedoch auch moderne Elemente enthalten. Ein weiteres Projekt ist das Gastronomiekon-
zept, das zielgruppenadäquat ausgerichtet werden soll und vor allem qualitätsbewusst gestaltet wird.
Hierzu werden externe Lehrgänge angeboten, auf denen das Personal geschult wird. Die Betriebe sol-
len untereinander vernetzt werden, um Restaurantführer anbieten zu können und Qualitätssiegel zei-
gen, dass die Betriebe einen hohen Komfort gewährleisten. Wichtige Leitprojekte sind die Infrastruk-
turoptimierung und das Ansiedlungsmanagement für touristische Betriebe. Bei diesen zwei Leit-
projekten geht es um die Verbesserung, Neugestaltung und Entwicklung alter und neuer Betriebe oder
den Ausbau von touristischen Höhepunkten (z.B. Leuchttürmen oder Freizeitparks bis hin zu Strand-
promenaden, usw.). Auch die Optimierung der lokalen Strukturen soll zur Verbesserung der Res-
sourcennutzung beitragen: Es wird interkommunal zusammengearbeitet, um Mittel und Kräfte freizu-
setzen, die für das Marketing und den Vertrieb genutzt werden können. Auch muss ein Informations-
netzwerk gebildet werden, dass den Kunden multimedial auf die Vorzüge der Destination informiert
(Internetpräsenzen und jährlich erscheinende Informationsbroschuren als PDF-Datei) (MWV 2006).
Beispiele dieser Umsetzung sind z.B. die Gestaltung einer Fahrradstreckenlandschaft. Eine, von dem
Dachverband schleswig-holsteinisches Binnenland entwickelte Attraktion. Hierbei handelt es sich um
einen Plan, der kulturell, landschaftlich und kulinarische Höhepunkte historisch interessanter Radfahr-
wege aufgreift und diese als Kurz- bzw. Langstrecken aufzeigt (www.schleswig-holstein-binnenland.de
2009).
Auch das Projekt der „Ostsee-Card“ vom Dachverband Ostseebäder ist ein Projekt, das ein Netzwerk
verschiedener Regionen bildet. So erhält man mit der „Ostsee-Card“ eine Kurtaxenbefreiung an allen
Ostseestränden und kostenfreie Toilettennutzung bis hin zu vergünstigten Eintrittspreisen in Museen
oder anderen Freizeiteinrichtungen (www.ostsee-schleswig-holstein.de 2009).
Die Ziele lassen sich recht einfach charakterisieren: Betrachtet man die Leitprojekte und deren ge-
nauere Auslegung, so spiegeln sich immer wieder die Zielgruppenorientierung, die Qualitätsmaximie-
rung und der Netzwerkverbund wieder. Man möchte über eine Qualitätsmaximierung bestimmte Ziel-
gruppen ansprechen. Um Gelder und notwendige Ressourcen voll ausschöpfen zu können, möchte
man interkommunal zusammenarbeiten und somit ein Netzwerk der Zusammenarbeit aber auch der
Informationen schaffen.
7. Fazit und Ausblick
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In meinem Fazit möchte ich vordergründig auf die Auswirkungen der Leitprojekte eingehen. Diese sind
z.B. durch eine Umfrage der Industrie- und Handelskammer Schleswig-Holstein in den Jahren 2007
und 2008 festgehalten worden. Eine Umfrage unter 500 Betrieben ist sicherlich nicht der repräsentati-
ve Gesamtzustand der heutigen touristischen Lage in Schleswig-Holstein und doch gibt sie einen gu-
ten Überblick über die Situation. Allgemein ist zu sagen, dass die Zufriedenheit der Betriebe sinkt und
die Geschäftslage zunehmend als kritisch betrachtet wird. Dies hat vor allem damit zu tun, dass auch
die Ausgaben der Gäste als rückgängig eingestuft werden. Es wird weniger am, sondern viel mehr im
Urlaub gespart. Auch die Investitionsbereitschaft der Manager stagniert und nimmt eher ab (IHK
2008). Allerdings beschreibt die IHK, dass die Stimmung schlechter ist als die Lage an sich. Obwohl
die leicht rückgängigen Werte, die Stimmung der Gastgewerbe unterstreicht, so befindet man sich
noch längst in keinem kritischen Bereich (IHK 2008). Auch die Daten des StaBuA von 2008 zeigen
einen leichten Anstieg der Bettenauslastung in Schleswig-Holstein (vgl. Abb. 5). Betrachtet man je-
doch den Anstieg der Auslastungen in der Konkurrenzdestination Mecklenburg-Vorpommern, so zei-
gen sich hier
Abb. 5: Veränderung der Übernachtungen (…) zwischen 2006 und 2007 in Prozent
Disparitäten, die schein-
bar noch immer nicht behoben wurden. Es scheint als wären die Leitprojekte nur ein Anfang und man
müsse sich stärker individualisieren. Liest man Tourismuskonzepte anderer Destinationen, so sind die
Projekte der Qualitätsmaximierung und der Optimierung der lokalen Strukturen, häufig zu finden. Es
ist wichtig, dass Schleswig-Holstein auf seine regionalen Stärken baut und auch die Lage als ideale
Segel- und Wassersportdestination weiter ausbaut. Die optimale geographische Lage wird allerdings
schon gut herauskristallisiert: die „Ostsee-Card“ ist zum Beispiel ein sehr guter Anfang der Bildung ei-
ner überregionalen Zusammenarbeit.
Es ist zu beachten, das die Leitprojekte, die erst vor 1-2 Jahren umgesetzt worden sind, bzw. sich
noch in der Anfangsphase befinden, nicht direkt wirken können. In einigen Regionen kann dies ge-
schehen, doch es ist wohl ein längerer Zeitraum notwendig, um die Gesamtsituation der Destination
Schleswig-Holstein zu bewerten.
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