1. Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst
Fakultät Naturwissenschaften und Technik [n], Göttingen
Abschlussbericht zum Vorhaben
Entwicklung einer mobilen Plasmaquelle zur InSitu-
Oberflächenvorbehandlung im Bauwesen zur
Adhäsionsoptimierung
Zuwendungsempfänger: HAWK HHG, Fak N, Prof. M. Leck
Förderkennzeichen: 1704X 06
Vorhabensbezeichnung: Entwicklung einer mobilen Plasmaquelle
zur InSitu-Oberflächenvorbehandlung im
Bauwesen zur Adhäsionsoptimierung
Laufzeit des Vorhabens: 01.09.2006 – 30.11.2009
Projektpartner: Construction Research & Technology
GmbH (CORTE) (83308 Trostberg),
PCI Augsburg GmbH (86159 Augsburg),
TU Clausthal, Institut für Physik und
Physikalische Technologien
(38678 Clausthal-Zellerfeld)
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Inhaltsverzeichnis
1 AUFGABENSTELLUNG ..................................................................................... 4
2 RAHMENBEDINGUNGEN .................................................................................. 5
3 PLANUNG UND ABLAUF DES VORHABENS ................................................... 6
4 ZUSAMMENARBEIT MIT ANDEREN STELLEN ................................................ 7
5 STAND DER WISSENSCHAFT UND TECHNIK, GRUNDLAGEN ..................... 8
5.1 Dielektrisch behinderte Entladungen ..................................................................................................... 8
5.2 Plasmajet auf Grundlage einer DBE ...................................................................................................... 9
5.3 Beton ....................................................................................................................................................... 11
5.4 Silikon-Dichtstoffe.................................................................................................................................. 12
5.5 Haftungsmechanismus von Bau- und Dichtstoffen ............................................................................. 14
5.6 Vorbehandlung von Baufugen .............................................................................................................. 16
5.6.1 Allgemeine Anforderungen an Baufugen ............................................................................................ 16
5.6.2 Primerung ............................................................................................................................................ 16
5.6.3 Plasmabehandlung ............................................................................................................................... 17
6 DURCHFÜHRUNG ............................................................................................ 18
6.1 Übersicht ................................................................................................................................................. 18
6.2 Verwendete Substrate und Materialien ............................................................................................... 19
6.2.1 Baustoffe ............................................................................................................................................. 19
6.2.2 Dichtstoffe ........................................................................................................................................... 21
6.2.3 Primer .................................................................................................................................................. 21
6.3 Herstellung der Probekörper ................................................................................................................ 23
6.3.1 Verbundproben für die Labor-Zugprüfung .......................................................................................... 23
6.3.2 Haftzugproben zum Vergleich von Labor- mit Baustellen-Tests ........................................................ 23
6.3.3 Probenherstellung für die Raupentests ................................................................................................ 24
6.3.4 Probenherstellung für die Simulation des Sanierungsfalls .................................................................. 24
6.4 Eingesetzte Plasmaquellen .................................................................................................................... 26
6.4.1 DBE-Handgerät ................................................................................................................................... 26
6.4.2 Stationärer Plasmajet ........................................................................................................................... 26
6.4.3 Entwicklung eines mobilen Plasmajets................................................................................................ 28
6.4.3.1 Hochspannungsgenerator ............................................................................................................ 29
6.4.3.2 Plasmastrahlquelle ...................................................................................................................... 31
6.4.3.3 Nachweis der Wirksamkeit des Plasmastrahls ............................................................................ 34
6.5 Beanspruchung ....................................................................................................................................... 36
6.5.1 Beanspruchung nach Normalklimalagerung (Verfahren A) ................................................................ 36
6.5.2 Beanspruchung nach Temperaturwechselbelastung (Verfahren B) ..................................................... 36
6.5.3 Nasslagerung ....................................................................................................................................... 36
6.6 Festigkeitsuntersuchungen .................................................................................................................... 37
6.6.1 Zugversuche ........................................................................................................................................ 37
6.6.1.1 Statische Zugversuche ................................................................................................................ 37
6.6.1.2 Abreißversuche ........................................................................................................................... 38
6.6.1.3 Dynamische Zugversuche ........................................................................................................... 39
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1 Aufgabenstellung
Sowohl im Wohnungs- als auch im Industriebau müssen Fugen zwischen Bauelementen mit
elastischen Fugendichtstoffen abgedichtet werden. Betroffen von dieser Maßnahme sind
sowohl Fugen zwischen Betonsegmenten als auch Anschlussfugen zu den unterschied-
lichsten Konstruktionselementen wie z.B. Fensterprofilen oder Rohren. Die Sicherstellung
einer langfristigen Dichtigkeit der Fugen ist dabei ein ganz wesentliches Qualitätsziel. Beim
Versagen des Dichtstoffes kann Feuchtigkeit in das Gebäude eindringen, wodurch es in der
Regel zu Schäden in der Konstruktion kommt. Eine entsprechende Sanierung ist aufwändig
und kostenintensiv. Mögliche Schädigungsursachen sollten daher bereits im Vorfeld erkannt
und gegebenenfalls im Ansatz vermieden werden.
Eine technische Herausforderung stellt insbesondere die Tatsache dar, dass die Haftung des
Dichtstoffs an den Fugenflanken sowohl bei extremen Temperaturschwankungen als auch
bei Bewegungen zwischen den angrenzenden Bauteilen gewährleistet sein muss. Typische
Schadensverläufe beginnen in der Regel mit einer Ablösung der elastischen Systeme von den
Baustoffoberflächen. Ursache für dieses Versagen sind häufig technisch bedingte
Oberflächenverunreinigungen. Zum Beispiel machen Reste von Schalölen die Dichtstoff-
haftung auf Beton schwierig bis unmöglich. Hinzu kommen verschiedene Material- und
Umwelteinflüsse, die dazu führen können, dass sich der Dichtstoff schon nach kurzer Zeit
vom Untergrund ablösen kann. Zudem sind einige Materialpaarungen wie
Beton/Kunststoffverbindungen auf Grund der schlechten Haftung von Dichtstoffen auf vielen
Kunststoffen prinzipiell problematisch. Um auch in Problemfällen eine angemessene Haftung
zu erreichen, wird in vielen Fällen vor der Applikation ein chemischer Voranstrich, ein so
genannter Primer, auf die Fugenflanken aufgetragen. Dieser kann zwar die Haftung zwischen
Dichtstoff und Problemflächen verbessern, bedeutet aber in jedem Fall einen erhöhten
Arbeitsaufwand. Hinzu kommt, dass derartige Primer in der Regel wenig umweltfreundlich
sind.
Ziel dieses Vorhabens war es daher, eine alternative und kostengünstige Methode zur
Haftungsverbesserung zwischen Bau- und Dichtstoffen zu entwickeln und ihre Eignung in
typischen Labor- und Praxisversuchen zu bestätigen. Aus eigenen Forschungsprojekten und
zahlreichen Voruntersuchungen war bekannt, dass durch eine Plasmabehandlung die
Adhäsionsfähigkeit von unterschiedlichen Substraten erheblich gesteigert werden kann.
Aufbauend auf diese Erkenntnisse wurden in diesem Projekt typische mineralische und
polymere Baustoffsubstrate einer Plasmabehandlung ausgesetzt und anschließend mit
verschiedenen Dichtstoffen kombiniert. Zum einen wurde untersucht, welchen Einfluss eine
Plasmabehandlung auf die Adhäsionseigenschaften der Werkstoffkombinationen hat. Dabei
wurden unbehandelte Oberflächen, plasmabehandelte Oberflächen sowie mit klassischen
chemischen Primern imprägnierte Flächen gegenübergestellt. Zum anderen stellte die
analytische Charakterisierung der der Adhäsionsverbesserung zugrunde liegenden
chemischen und physikalischen Mechanismen einen Schwerpunkt des Projektes dar.
Da für die Oberflächenmodifikation bisher nur stationäre Plasmaapparaturen zur Behandlung
flächiger Gebilde zur Verfügung standen, war eine weitere Zielsetzung die Entwicklung eines
mobilen Plasmahandgerätes auf Grundlage einer dielektrisch behinderten Entladung. Dieses
Gerät sollte im Projektverlauf als funktionsfähiges Labormuster aufgebaut werden und in ein
Jetprinzip weiterentwickelt werden. Der Plasmajet sollte neben dem mobilen Einsatz auf
Baustellen auch die Behandlung komplexer Geometrien erlauben, d.h. er muss klein und
handlich sein, möglichst netzunabhängig betrieben werden können und sollte außer Luft
keine zusätzlichen Arbeitsgase benötigen.
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2 Rahmenbedingungen
Das Projekt wurde an der Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst (HAWK)
durchgeführt. Hier beschäftigt man sich seit vielen Jahren in unterschiedlichen Zielrichtungen
mit der Plasmabehandlung von Oberflächen.
Im Labor für Laser- und Plasmatechnologie der HAWK wird hauptsächlich die Umsetzung
und Entwicklung innovativer Anwendungen der Plasmatechnologie, aber auch die
Entwicklung von Lasern und Lasermesstechnik betrieben. Durch die langjährige Arbeit und
Erfahrung im Bereich der Plasmaquellenentwicklung standen hierdurch bereits zu Beginn des
Projekts unterschiedliche Plasmaquellen zur Verfügung, mit denen vor allem im Rahmen von
Vorversuchen gearbeitet werden konnte.
Als Grundstock für die Entwicklung von speziellen Plasmaquellen in diesem Projekt diente
eine Grundausstattung von dielektrisch behinderten Entladungskonfigurationen bzw.
Plasmaanlagen. Ebenso waren unterschiedlich aufgebaute, stationäre Plasmastrahlquellen
verfügbar, so dass mit dem vorhandenen Equipment Anfangsuntersuchungen durchgeführt
werden konnten. Zur Erzeugung der Entladungen standen mehrere Netzgeräte zur
Verfügung, die sich in ihrer Anregungsart, - z.B. durch gepulste oder kontinuierliche
Anregung -, und Anregungsfrequenzen unterscheiden.
Einen weiteren Schwerpunkt der HAWK bildet die Mechanismen- und Strukturaufklärung im
Bereich plasmabehandelter Oberflächen sowie die mechanischen Werkstoffprüfung. Die
Arbeitsgruppe Analytische Messtechnik verfügt über entsprechende Labore zur
Durchführung der Untersuchungen im Bereich der Strukturmechanik und Probenpräparation
sowie für spektroskopische Untersuchungen. Speziell für dieses Projekt standen unter
anderen die folgenden Geräte zur Verfügung: Klima- und Konditionierungsschränke, statische
und dynamische Zugprüfmaschinen, Haftzugeinrichtungen, Randwinkelmessgeräte, FT-
Infrarotspektrometer mit Zubehör zur ortsaufgelösten Reflexionsspektroskopie,
Ramanspektrometer mit Mikroskop sowie diverse Einrichtungen zur Beurteilung der
Probenmorphologie wie Licht- und Elektronenmikroskope.
Die Kooperationspartner CORTE/Degussa und PCI verfügen über eigene Labore und
Versuchseinrichtungen zur Herstellung und Prüfung von Baustoffen. Die Einrichtungen
ergänzten die apparativen und versuchstechnischen Möglichkeiten der Hochschullabore in
idealer Weise. So stellte die CORTE einen Teil ihres Entwicklungspotenzials zur Formulierung
und Anpassung der im Projekt eingesetzten Dichtungssysteme zur Verfügung.
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3 Planung und Ablauf des Vorhabens
Die Durchführung des Projektes orientierte sich an dem nachstehend dargestellten
Arbeitsplan:
Tabelle 1: Arbeitsplan
Stichpunktartig sind nachfolgend noch einmal die wesentlichen Schritte nicht in zeitlicher
Abfolge sondern thematisch zusammengefasst:
• Literaturrecherche, Feststellung des Stands der Wissenschaft und Technik
• Entwicklung und Bau des mobilen Plasmahandgerätes/-jets
o Vorversuche mit stationären Plasma-Anordnungen
o Festlegung der Elektrodenkonfiguration
o Optimierung der Gasversorgung
o Spannungsquellendesign
o Parameteroptimierung
o Bau eines funktionsfähigen Labormusters
• Erfolgskontrolle der Plasmabehandlung durch mechanische Beanspruchungsversuche
o Auswahl und Beschaffung der Probekörper und Dichtstoffe
o Probenkörperherstellung mit unterschiedlicher Vorbehandlung der
Kontaktflächen (Plasmabehandlung, Primerung, keine Vorbehandlung)
o Durchführung mechanischer Beanspruchungsversuche im Labor
(Dynamische und statische Zugversuche, Raupentests)
o Durchführung praxisrelevanter Baustellenversuche
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• Mechanismenaufklärung durch Analytik der plasmabehandelten Oberfläche
o IR
o Randwinkelmessungen
o XPS
• Erst Schritte zu Vermarktung
o Durchführung einer Wirtschaftlichkeitsanalyse
o Entwicklung einer Vermarktungsstrategie
4 Zusammenarbeit mit anderen Stellen
Das Projekt wurde in Zusammenarbeit mit zwei mittelständischen Unternehmen
durchgeführt:
Partner war zum einen die Construction Research & Technology GmbH (CORTE) in
Trostberg. Die Corte hat unter anderem Erfahrung in der Grundformulierung von
Dichtstoffen. Sie stellt der produzierenden Industrie Vorprodukte und technisches Knowhow
zur Verfügung. Zusammen mit der CORTE wurden vor allem die verwendeten
Betonsubstrate, die Dichtstofftypen und Primer sowie die Beanspruchung und Lagerung der
Probekörper festgelegt. Die für die Beanspruchung und Prüfung zu verwendenden Normen
wurden abgestimmt.
Zum anderen hat sich die PCI Augsburg GmbH in Augsburg an dem Projekt beteiligt. Die PCI
ist Entwickler und Hersteller bauchemischer Produkte und beliefert sowohl das Profi- als auch
das Heimwerkersegment mit Bauprodukten. Sie war zuständig für die
Wirtschaftlichkeitsanalyse und die Vorbereitung der Vermarktung des geplanten Plasmajets.
Die Versuche für den baupraktischen Einsatz wurden zusammen mit der PCI geplant und im
dortigen Anwendungslabor durchgeführt.
An der TU Clausthal wurde ein Teil der Oberflächenanalytik (Photoelektronenspek-
troskopie) durchgeführt.
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5 Stand der Wissenschaft und Technik, Grundlagen
5.1 Dielektrisch behinderte Entladungen
Eine Gasentladung entsteht, wenn zwischen zwei Elektroden eine ausreichend große
Spannung angelegt wird. Dadurch wird das Gas zwischen den Elektroden ionisiert und es
entsteht ein Plasma. Ein Plasma enthält zahlreiche aktive Spezies wie Ionen und Elek
Elektronen,
aber auch Moleküle bzw. Atome in unterschiedlichen Anregungszuständen und Radikale.
Generell ist die Erzeugung von Plasmen unter Atmosphärendruck ohne besondere
sphärendruck
Vorkehrungen problematisch, da Durchschläge entstehen. Die Temperatur der hierbei
entstehenden thermischen Plasmen ist für eine Oberflächenbehandlung viel zu hoch. Zur
Vermeidung dieser Durchschläge und zur Senkung der Gastemp
Gastemperatur haben sich daher zwei
Verfahren zur technischen Realisation bewährt: Hierzu gehören die Benutzung spitzer
:
Elektroden bei Corona-Entladungen und das Einfügen einer elektrisch isolierenden Barriere
Entladungen
(Dielektrikum) bei dielektrisch behinderten Entladung [37].
Entladungen
Eine dielektrisch behinderte Entladung (DBE), Barrierenentladung oder auch „Stille Ent
Barrierenentladung Entla-
dung“ führt zu einem kalten, so genannten Nichtgleichgewichtsplasma unter
gleichgewichtsplasma
Atmosphärendruck. Bei einem thermischen Plasma (Gleichgewichtsplasma) besitzen alle
Teilchen die gleiche Temperatur um 10.000 K, ein solches Plasma ist heiß. Ein Nicht Nicht-
gleichgewichts- oder auch Niedertemperatur
Niedertemperaturplasma zeichnet sich dadurch aus, dass nur die
hnet
Elektronen eine Temperatur von ca. 10.000 K haben. Die Temperatur der Ionen und
Neutralteilchen liegt nur wenig oberhalb der Raumtemperatur, d.h. ein Nicht
Raumtemperatur, Nicht-
gleichgewichtsplasma ist nach außen hin kalt [20]. Dadurch können DBE-Plasmaquellen auch
Plasmaquellen
für die Behandlung temperaturempfindlicher Materialien, wie z.B. verschiedene Kunststoffe
temperaturempfindlicher verschiedener
und Hölzer, eingesetzt werden.
Das Dielektrikum zwischen den Elektroden führt dazu, dass die Ionen und Elektronen des
Plasmas ihre Ladungen nicht direkt an den äußeren Stromkreislauf abgeben können [29]. Je
Stromkreislauf
nach Anwendungszweck lässt sich eine DBE in unterschiedlichen Bauformen und Elek
zweck Elektroden-
geometrien realisieren. Die gebräuchlich e Bauform besteht aus zwei plan
gebräuchlichste planparallelen
Elektroden mit einem oder zwei Dielektrika ( (Abbildung 1, links). Das Plasma wird in dem
,
dazwischen liegendem Gasspalt gezündet. Aufgrund des eingeschränkten Ab Abstandes
zwischen den Elektroden eigne sich diese Bauform nur zur Behandlung planarer und wenig
eignet
texturierter Materialien wie Folien und Textilien. Eine alternative Bauform lässt sich in Form
eines Plasmajets (Abbildung 1, rechts) realisieren. Hier wird dem stationären Plasma ein
Abbildung
Gasstrom überlagert, so dass das ionisierte Gas aus den Elektroden heraus getragen wird.
strom
Das Gas kann dabei zum Beispiel zwischen zwei koaxial ineinander liegenden, zylinder zylinder-
förmigen Elektroden hindurch strömen; auch planare Anordnungen sind möglich. Das zu
uch
behandelnde Substrat wird einige Millimeter hinter den Elektroden, im so genannten After After-
glow oder Plasmastrahl, platziert. Diese Konfiguration erlaubt eine dreidimensionale Plasma
strahl, erlaubt Plasma-
behandlung [4] auch in die Tiefe des Objektes hinein
hinein.
Abbildung 1: Bauformen dielekt
dielektrisch behinderter Entladungen [22]
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Dielektrisch behinderte Entladungen werden in der Regel mit einer Hochspannung
(Wechselspannung oder gepulst) im kV-Bereich und mit Frequenzen im kHz-Bereich
betrieben.
5.2 Plasmajet auf Grundlage einer DBE
Bei einem Plasmajet ist das Plasma räumlich nicht an die Elektroden gebunden bzw. durch
diese begrenzt, sondern wird mit einem Gasstrom aus dem Elektrodenraum heraus getragen.
Diese Möglichkeit ist z.B. für dreidimensionale oder auch lokalisierte Anwendungen
vorteilhaft.
Der im Rahmen dieses Projekts entwickelte Plasmajet soll zur Behandlung auch temperatur-
empfindlicher Oberflächen verwendet werden. Das hierzu notwendige kalte, nichtthermische
Plasma wird mit Hilfe einer DBE (siehe Kapitel 5.1) erzeugt. In den letzten Jahren hat es
zahlreiche Ansätze gegeben, Plasmajets im Bereich der kalten, nichtthermischen Plasmen zu
entwickeln. Als Arbeitsgase werden typischerweise leicht ionisierbare Gase wie Argon,
Helium, Stickstoff oder deren Mischungen mit Sauerstoff mit einem Gasstrom von einigen
Litern pro Minute verwendet. Wegen der Relevanz für die eigene Entwicklung soll
nachfolgend ein kurzer Überblick über aktuelle Systeme gegeben werden, ausführliche
Darstellungen sind in [26] und [37] zu finden.
Der erste kalte Plasmajet wurde 1992 von Koinuma et al. [23] beschrieben. Ein Schema des
Plasmajets zeigt die folgende Abbildung. Die Hochspannungselektrode besteht aus einer
Metallnadel (Wolfram oder Edelstahl) mit einer Dicke von 1mm. Die Nadel ist isoliert in einen
geerdeten Metallzylinder eingesetzt. Zwischen diesen beiden Elektroden befindet sich ein
Quarzglasrohr als Dielektrikum, wie es für eine DBE typisch ist. Der Hochspannungsgenerator
arbeitet mit einer Frequenz im RF-Bereich bei 13,56 MHz. Der Jet wird mit He und Ar mit
Strömungsgeschwindigkeiten um 5m/s betrieben. Die Gastemperatur beträgt je nach
Arbeitsgas 200 – 400 °C.
Abbildung 2: Schema des ersten kalten Plasmajets von Koinuma et al. [23]
Ein Plasmajet zum Betrieb mit einer gepulsten, niederfrequenten Spannungsquelle im kHz-
Bereich wurde 2005 an der HAWK von Förster et al. [13] entwickelt. Eine weiterentwickelte
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Variante dieses Jets wurde auch im Rahmen dieses Vorhabens verwendet und wird in Kapitel
6.4.2 auf Seite 26 näher beschrieben.
Walsh et al. [43] führten einen Vergleich zwischen der Anregung mit sinusförmiger
Spannung und gepulster Spannung durch. Der beschriebene Plasmajet (Abbildung 3) besteht
aus einem röhrenförmigen Dielektrikum, das von einem Metallring als Elektrode umschlossen
ist. Die geerdete Gegenelektrode ist eine Metallplatte, die in einem Abstand von 3-5 cm vom
Ende des Dielektrikums platziert wird. Der Jet wird mit einem Heliumstrom von 5 l/min
betrieben. Bei der sinusförmigen Anregung betrug die Spannung ca. 7 kVss bei einer
Frequenz von 7 kHz. Bei der gepulsten Anregung wurden Pulse mit einer Breite von 71 µs
und einer Spannung von 4 kV benutzt. Die gepulste Anregung war wesentlich effizienter, da
bei gleicher Leistung deutlich mehr atomarer Sauerstoff produziert wurde. Sauerstoffatome
spielen bei Oxidationsprozessen eine wesentliche Rolle.
Abbildung 3: Schema des Plasmajets von Walsh et al. [43]
Plasmajets auf Grundlage einer DBE mit sinusförmigen Spannungsquellen wurden 2006 von
Teschke et al. [38], Cheng et al. [6], Chen et al [5]. und Kim et al. [21] vorgestellt. Der von
Cheng et al. entwickelte Plasmajet (Abbildung 4) besteht aus zwei konzentrischen Metall-
rohren. Das äußere Rohr ist mit der Hochspannung verbunden und mit einer dielektrischen
Schicht bedeckt. Es wurde eine Spannung von 30-80 kVss bei einer Frequenz von 6-20 kHz
angelegt. Argon wird mit 8-30 l/min durch die innere Elektrode geblasen. Das Plasma hat an
der Düse eine Temperatur von 25-30 °C.
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Abbildung 4: Schema des Plasmajets von Cheng et al. [6]
Alle hier vorgestellten Plasmajets besitzen einen konzentrischen Aufbau und werden mit
Edelgasen betrieben. Zusätzlich existieren auch Jets mit Stickstoff oder Mischungen dieser
Gase mit einem zusätzlichen Reaktivgas. Ein Plasmajet, der wie der im Rahmen des
Vorhabens entwickelte Jet eine planare Elektrodenkonfiguration besitzt und ausschließlich
mit Umgebungsluft ein stabiles Plasma ausbilden kann, wurde bisher in der Literatur nicht
luft
beschrieben.
5.3 Beton
Beton ist mengen- und wertmäßig der wichtigste Baustoff im Baugewerbe. Er ist im Vergleich
wichtigste
zu anderen Werkstoffen wirtschaftlich, bei sachgerechter Verarbeitung dauerhaft und bietet
vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten [16]. Beton ist ein heterogenes System bestehend aus
.
Zement und Zuschlag. Durch Zugabe von Wasser verbinden sich Zement und Zuschlag und
bilden ein festes Gestein, den Beton. Der Zement dient dabei als Bindemittel, welcher die
Körner des Zuschlags einbindet und somit ein festes Gefüge bildet [1].
Zement
Zemente gehören zur Klasse der hydraulischen Bindemittel, welche durch Kontakt mit
Wasser reagieren und aushärten. Es gibt eine Vielzahl von Zementarten, die sich durch ihre
prozentuale Zusammensetzung der Hauptkomponenten, nämlich Kalk, Kieselsäure, Tonerde
ale
und Eisenoxid, sowie der beigefügten Nebenbestandteile unterscheiden. Durch verschie
verschiedene
Brennverfahren bilden diese Komponenten den so genannten Klinker, welche aus den
Klinkerphasen (siehe Tabelle 2) Trikalziumsilikat, Dikalziumsilikat, Trikalziumaluminat und
)
Tetrakalziumaluminat bestehen [7]. Aufgrund der unterschiedlichen Rohmehl
. Rohmehlzusammen-
setzung der einzelnen Zemente, variieren die Mengenanteile der Klinkerphasen. Die
Hauptträger sind jedoch Trikalzium
Trikalziumsilikat und Dikalziumsilikat, die in jedem Klinker einen
Mengenanteil von 60 bis 80 % haben, und für die Festigkeit verantwortlich sind [35].
Tabelle 2: Klinkerphasen des Zements
Klinkerphase Kurzbezeichnung Chemische Formel
Trikalziumsilikat C3S 3 CaO · SiO2
Dikalziumsilikat C2S 2 CaO · SiO2
Trikalziumaluminat C3A 3 CaO · Al2O3
Kalziumaluminatferrat C4AF 4 CaO · Al2O3 · Fe2O3
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Zuschlag
Zuschlag besteht aus mineralischen Körnern mit dichtem Gefüge wie Sand oder Kies. Diese
mineralischen Körner besitzen eine große Härte und Dichte. Durch Zugabe wird die Festigkeit
des Gesteins erhöht, da diese Körner sehr stabile Verbindungen mit den Klinkerphasen des
Zements eingehen. Außerdem vermindert der Zuschlag auch das Schwinden und Kriechen
des Betons [23].
Zementhydratation
Durch die Zugabe von Wasser hydratisieren die Klinkerphasen und bilden Kalziumsilikat-
hydrat (CSH), Kalziumhydroxid sowie in geringeren Mengen Kalziumaluminathydrate und -
ferrithydrate [52]:
2 (3 CaO·SiO2) + 6 H2O → 3 CaO· 2SiO2 · 3H2O + 3 Ca(OH)2
2 (2CaO·SiO2) + 4 H2O → 3CaO·2SiO2·3H2O + Ca(OH)2
3CaO.Al2O3 + 12 H2O + Ca(OH)2 → 4CaO·Al2O3·13H2O
4CaO·Al2O3·Fe2O3 + 13 H2O → 4CaO·Al2O3·Fe2O3·13H2O
Hierbei härtet der Zement aus. Die Anwesenheit von Gips führt zusätzlich zur Bildung von
Ettringit und Monosulfat. Aus dem Kalziumhydroxid bildet sich an der Zementoberfläche
allmählich Kalziumkarbonat:
Ca(OH)2 + CO2 → CaCO3 + H2O
Durch die Karbonatisierung wird die Anzahl der auf der Oberfläche zur Verfügung stehenden
OH-Gruppen vermindert. Eine ausreichende Zahl an OH-Gruppen ist aber – wie im nächsten
Kapitel gezeigt wird – für die Adhäsion zum Dichtstoff wesentlich.
5.4 Silikon-Dichtstoffe
Aufgrund des weit verbreiteten Einsatzes von einkomponentigen Silikon-Dichtstoffen im
Baugewerbe wurden diese auch im Rahmen des Projekts verwendet. Da die Adhäsion des
Dichtstoffs zu seinen potentiellen Reaktionspartnern wesentlich von seiner chemischer
Zusammensetzung abhängt, soll diese näher erläutert werden um das Verständnis der
Bindungsmechanismen vorzubereiten.
Einkomponentige Silikon-Dichtstoffe bestehen aus Grundpolymeren, den Vernetzern und
zahlreichen Hilfsstoffen [48]:
Polymer
Als Polymere werden im Allgemeinen lineare Diorganopolysiloxane mit Silanolendgruppen
eingesetzt. Die Strukturformel ist in Abbildung 5 wiedergegeben:
R R R
HO Si O Si O Si OH
R R n R
Abbildung 5: Diorganopolysiloxan
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Der Rest R besteht aus anorganischen oder organischen Seitengruppen. In der Praxis
werden häufig Methylgruppen eingesetzt. Unter normalen Bedingungen findet die Reaktion
des Polymers mit der Umgebung an den beiden endständigen OH-Gruppen statt.
Vernetzer
Zur Ausbildung eines räumlichen Elastomersystems muss zusätzlich ein Reaktionspartner –
ein sogenannter Vernetzer - zu dem Grundpolymer zugegeben werden. Für
einkomponentige Silikon-Dichtstoffe eignen sich zum Beispiel polyfunktionelle silizium-
organische Verbindungen, die bei Raumtemperatur mit den OH-Gruppen der Polymere oder
mit Wasser reagieren und entsprechende Kondensationsprodukte X-H abspalten. Am
häufigsten werden monomere Vernetzer mit der Formel
Si − X4 bzw. R − Si − X3
eingesetzt.
1. Der Vernetzer reagiert mit den Silanolendgruppen des Polymers unter Bildung eines
tetrafunktionellen Silikonpolymers. Dieses Zwischenprodukt ist unter
Feuchtigkeitsausschluss lagerstabil. Durch Kontakt mit Feuchtigkeit wird der
Vernetzer aktiviert, indem die Endgruppen X durch Hydrolyse abgespalten werden.
Die entstandenen endständigen Silanolgruppen führen dann durch
Kondensationsreaktionen untereinander zu einer Vernetzung des Polymers:
R3−Si−OH + HO−Si−R3 → R3−Si−O−Si−R3 + H2O
Zusätzlich können die Silanolgruppen auch mit OH-Gruppen auf der Substratoberfläche
reagieren oder mit diesen Wasserstoffbrückenbindungen ausbilden.
Nach der chemischen Struktur des Abspaltproduktes kann man die Vernetzungssysteme in
saure, alkalische und neutrale Systeme einteilen.
• Saure Systeme (Essigsaurer Typ bzw. als E-Typ bezeichnet)
Der Rest X im Vernetzer wird durch eine Acetoxygruppe dargestellt, als Abspalt-
produkt wird Essigsäure gebildet. Essigsauer vernetzende Systeme besitzen eine
hohe Stabilität gegenüber Hitze, UV-Strahlung und Bewitterung und haften gut auf
Glas und glasierten Flächen, wie z.B. Emaille oder Fliesen. Für alkalisch reagierende
Untergründe, wie z.B. Beton, Putz oder Mauerwerk sind sie nicht geeignet, da das
saure Spaltprodukt die Bewehrung im Beton angreift und schädigt. Wegen der
Aggressivität der Essigsäure können nur Metalle mit säurefester Oberfläche, sowie
Kunststoffe verfugt werden. Die Haftung ist auf diesen Materialien jedoch meist so
schlecht, dass zusätzlich ein Primer zur Haftungsverbesserung notwendig ist [14].
• Basische Systeme (Amin Typ bzw. als A-Typ bezeichnet)
Der Rest X besteht aus einer Aminogruppe. Basisch vernetzende Systeme eignen sich
für die Verfugung von Kunststoffen, sowie alkalisch reagierenden Systemen (wie z.B.
allen zementgebundenen Haftflächen) [48].
• Neutrale Systeme (Neutraler Typ bzw. als N-Typ bezeichnet)
Hier fungieren meistens Alkoxygruppen als Reste X, wobei es sich meist um Methoxy-
, Ethoxy- bzw. Methylglykoxy-Gruppen handelt. Die neutral vernetzenden Systeme
besitzen ein gutes bis sehr gutes Haftungsverhalten auf vielen nicht saugenden
Untergründen, so dass sie nur in bestimmten Fällen einen zusätzlichen Primer
benötigen. Im Vergleich zu den anderen Systemen härten sie langsamer aus. Sie sind
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weicher und elastischer, aber auch empfindlicher gegenüber drückenden und
reibenden oder scheuernden mechanischen Belastungen in der Fuge [14].
Die außerdem in Dichtstoffen enthaltenen weiteren Hilfsstoffe wie Füllstoffe, Weichmacher,
Katalysatoren und Additive, spielen aufgrund ihrer geringen Konzentration für die Haftung
keine Rolle.
5.5 Haftungsmechanismus von Bau- und Dichtstoffen
Beschreibbar ist die Haftfestigkeit prinzipiell über Kohäsions- und Adhäsionskräfte. Bei
diesen Kräften handelt es sich um die Summe verschiedener Bindungskräfte und Wechsel-
wirkungen, die zwischen den jeweiligen Atomen bzw. Molekülen des Bau- und Dichtstoffs
wirksam sind. Kohäsionskräfte wirken zwischen Atomen bzw. Molekülen desselben Stoffes,
also im Inneren eines Stoffes. Soll z.B. ein Werkstoff geteilt werden, müssen dafür die
Kohäsionskräfte des Werkstoffes überwunden werden. Die Adhäsionskräfte wirken zwischen
Atomen bzw. Molekülen verschiedener Stoffe, also in den Grenzschichtphasen. Sie
ermöglichen dass sich verschiedene Stoffe, wie z.B. Bau- und Dichtstoffe, miteinander
verbinden lassen. [12]
Die wirkenden Kräfte zwischen zwei Systemen (siehe Abbildung 6) können dabei
folgendermaßen unterteilt werden:
• Mechanische Bindungen
• Chemische Bindungen
• Physikalische Bindungen
Abbildung 6: Unterschiedliche Bindungsarten bei der Haftung zwischen Bau- und Dichtstoff
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Bei der mechanischen Bindung spielt die Oberflächenbeschaffenheit der Baustoffe eine
wichtige Rolle. Fugendichtstoffe wie Silikon können sich an rauen, porösen Oberflächen gut
verankern. Dieser Mechanismus wird als mechanische Adhäsion bezeichnet. Haftung tritt
auch bei glatten Flächen auf, nimmt in der Regel aber unter sonst gleichen Bedingungen mit
zunehmender Oberflächenrauheit zu [19]. Eine durch hohe Rauheit vergrößerte Oberfläche
stellt zusätzliche Haftstellen zur Verfügung. Kontamination der Flächen durch lose
aufliegende Partikel verschlechtert dagegen die Haftung [2].
Bei der chemischen und physikalischen Bindung hat die chemische und physikalische
Oberflächenbeschaffenheit einen wesentlichen Anteil. Die physikalischen Anziehungskräfte
basieren auf intermolekularen Wechselwirkungskräften. Hierzu gehören disperse Wechsel-
wirkungen wie van-der-Waals Kräfte und polare Wechselwirkungen wie Dipol-Dipolwechsel-
wirkungen oder Wasserstoffbrückenbindungen. Zur Ausbildung polarer Wechselwirkungen ist
eine ausreichende Anzahl funktioneller Gruppen (Hydroxyl-, Carboxyl-, Carbonyl- oder
Aminogruppen) Vorraussetzung [17]. Zusätzlich können sich chemische Bindungen zwischen
dem Dichtstoff und dem Substrat bilden. Möglich sind hier Reaktionen zwischen den
Silanolgruppen des Dichtstoffs und den Hydroxylgruppen bzw. Hydroxydionen des Substrats
(z.B. vom Quarz oder Ca(OH)2, siehe Kapitel 5.3 auf Seite 11) oder auch den reaktiven
Substanzen des Primers (z.B. Isocyanat-Gruppen).
Eine genauere Bestimmung der Haftung ist bis heute im Wesentlichen nur experimentell mit
mechanischen Festigkeitsuntersuchungen möglich. Die so ermittelte Haftungsfestigkeit stellt
einen summarischen Ausdruck im Sinne einer Verbundfestigkeit dar. Diese schließt nicht nur
die Adhäsion ein, sondern erfasst auch die Wirkung von Einflüssen, die über die erwähnten
zwischenmolekularen Wechselwirkungen hinausgehen. Dies sind z.B. zusätzliche Einfluss-
größen aus dem Versuch, wie der Geometrie der Prüfkörper, Umgebungs- bzw. Medien-
einflüsse und die Art der Durchführung der Versuche.
Im Zusammenhang mit der Erläuterung der Verbundfestigkeit muss auch die Art des Bruchs
charakterisiert werden. Eine Fuge kann
• in den Grenzschichtphasen (Adhäsionsbruch)
• im Dichtstoff (Kohäsionsbruch)
• in Form eines Mischbruchs
versagen.
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5.6 Vorbehandlung von Baufugen
5.6.1 Allgemeine Anforderungen an Baufugen
Zur funktionsfähigen Abdichtung von Fugen mit einem Dichtstoff müssen zunächst grund-
legende, konstruktive und verarbeitungstechnische Voraussetzungen beachtet werden, die
im Zusammenhang mit den Materialeigenschaften des einzusetzenden Dichtstoffes stehen.
Insbesondere Dehnfugen müssen bei großen, aneinander grenzenden Bauteilen ent-
sprechend den späteren Anforderungen sorgfältig berechnet und ausgelegt werden, um den
elastisch aushärtenden Dichtstoff in seiner Dauerdehnfähigkeit nicht zu überlasten [32].
Grundlage sind die Vorgaben aus der DIN 18540 [9].
Ausschlaggebend ist aber, dass der jeweilige Dichtstoff an den Haftflächen der Fuge eine
ausreichende Haftung besitzt, um die auftretenden Dehn-, Stauch- und Scherbewegungen
aufnehmen zu können. Eine hohe Adhäsion zwischen Substrat und Dichtstoff ist von
entscheidender Bedeutung. Vor Einsatz eines Dichtstoffes ist daher eine ausreichende
Oberflächenbehandlung notwendig. Dazu gehört, dass die Haftflächen staubfrei, fettfrei und
ausreichend trocken sind. Außerdem müssen bei stark saugfähigen oder porösen
Untergründen (wie z.B. Beton) die Haftungseigenschaften erhöht werden, da es ansonsten
zur Abschälung des Dichtstoffes vom Substrat kommt [14]. Dies geschieht durch die
Verwendung eines Voranstriches, einem so genannten Primer.
Darüber hinaus wird auch auf die Alterungsbeständigkeit des Dichtstoffes unter üblichen
klimatischen Bedingungen und Umwelteinflüssen Wert gelegt. Der Dichtstoff muss über
Jahre hinaus funktionsfähig bleiben [36].
5.6.2 Primerung
Haftvermittler oder Primer werden verwendet, um nicht tragfähige Untergründe zu ver-
festigen oder sie dienen als Mittler zwischen einem wenig haftungsfreundlichen Untergrund
und dem Dichtstoff selbst. Dabei handelt es sich um chemisch reaktive Substanzen, die in
einem organischen Lösungsmittel gelöst sind. Dies sind meist luftfeuchtigkeitsreaktive
Bestandteile wie Isocyanate oder Silane. Sie zeigen nach der Auftragung nur innerhalb eines
Aktivierungsfensters ihre optimale Wirkung. Wird der Dichtstoff zu früh appliziert, ist die
chemische Reaktion mit dem Untergrund noch nicht abgeschlossen oder das Lösungsmittel
noch nicht verdunstet. Bei zu spätem Auftrag sind die Haftvermittlermoleküle bereits
vollständig abreagiert und weisen keine Aktivität mehr mit dem Dichtstoff auf. Die Ablüftzeit
hängt dabei zusätzlich von den klimatischen Bedingungen ab. Bei trockenem, kühlem Wetter
muss mit dem Dichtstoffauftrag länger gewartet werden als bei feuchtheißem Klima [31]. An
diesen prinzipbedingten problematischen Anwendungseinschränkungen liegt die unter
baupraktischen Bedingungen besondere Fehlerträchtigkeit dieser Systeme.
Abbildung 7 zeigt die Wirkungsweise eines chemisch reaktiven Haftvermittlers. Das
Haftvermittlermolekül besitzt zwei reaktive Stellen, deren eine mit dem Substrat und die
andere mit dem Dichtstoff eine Bindung eingeht.
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Abbildung 7: Wirkung eines Haftvermittlers, aus Ref. [31]
Bei der Anwendung des Primers müssen zudem ausreichende Schutzmaßnahmen
eingehalten werden, da es sich bei Primern um sehr reaktive, in der Regel nicht
unbedenkliche Chemikalien handelt. Außerdem haben Primer nur eine begrenzte Lagerzeit
Außerdem
von wenigen Monaten.
5.6.3 Plasmabehandlung
In der Industrie werden Kunststoff oder Metalloberflächen durch die Verwendung eines
Kunststoff-
Plasmas gereinigt oder aktiviert. Besonders weit verbreitet ist die Oberflächenmodi
Oberflächenmodifikation
durch Plasma im Bereich der Kunststofftechnik, da dieses Verfahren gegenüber den
herkömmlichen Verfahren wie dem Beizen, Beflammen oder der Verwendung eines
Haftvermittlers Vorteile besitzt. Das Verfahren ist sehr wirksam und schnell, läuft als
Einstufenprozess ab und schädigt die Kunststoffe bei sachgerechter Anwendung weder
nstufenprozess Kunststoffe
thermisch noch mechanisch [15]. Bei der Reinigung einer Oberfläche kann es durch die
Einwirkung des Plasmas zum einen zum Entfernen von Fremdstoffen auf der Oberfläche
m
kommen. Zum anderen ist damit e eine spezielle Oberflächenaktivierung mit einer
ktivierung
Veränderung der physikalischen und chemischen Eigenschaften verbunden [42]. Durch die
Erzeugung von funktionellen Gruppen und Radikalen wird die Oberfläche zu chemischen
Reaktionen befähigt. Die Aktivierung einer OberOberfläche bedeutet eine Erhöhung der
Oberflächenenergie, wodurch die Haftungseigenschaften verbessert werden [10].
Von der Plasmabehandlung mineralischer Baustoffe zur Haftungsverbesserung von
Dichtstoffen wird in der Literatur bisher nicht berichtet.
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6 Durchführung
6.1 Übersicht
Zentrales Anliegen dieses Projektes war die Entwicklung und der Aufbau eines
Plasmahandgerätes zur Vorbehandlung von Baufugen, um – ähnlich wie bei einer Primerung
– eine verbesserte Haftung der Betonoberfläche zum applizierten Dichtstoff realisieren zu
können. Die Verifikation des Behandlungserfolgs sollte über unterschiedliche, baupraktische
Tests erfolgen.
Zur Übertragung der Vorgehensweise in unterschiedliche, baupraktische Anwendungsgebiete
wurden sowohl die Applikationen als auch die Substrate gezielt variiert. In der Praxis treten
Betonoberflächen mit den unterschiedlichsten mechanischen Vorbehandlungen - z.B.
schalungsglatt, sandgestrahlt, usw. - auf, so dass dies bei der Auswahl der Substrate zu
berücksichtigen war. Zum Einsatz kamen daher DIN ISO-Prüfkörper mit den entsprechenden,
definierten Oberflächen. Da im Bauwesen neben Beton auch oft angrenzende
Kunststoffbauteile verfugt werden müssen, wurden zusätzlich verschiedene Kunststoffe mit
in das Untersuchungsspektrum aufgenommen.
Vor dem Aufbringen des Dichtstoffs wurde die Substratoberfläche entweder plasmabe-
handelt, geprimert oder aber nicht vorbehandelt. Die Adhäsion des Dichtstoffs auf dem
Substrat wurde anschließend über Zugprüfungen gemessen. Durch Vergleich der so
ermittelten Zugspannungen lässt sich eine Aussage über den Erfolg der jeweiligen
Vorbehandlung treffen. Ein weiteres Verfahren ist der sog. Raupentest. Bei diesem Test
werden Dichtstoffraupen vom Prüfkörper per Hand abgezogen. Anhand der verbleibenden
Dichtstoffreste auf dem Prüfkörper sowie der aufgewendeten Kraft beim Abziehen des
Dichtstoffes vom Probekörper erfolgt eine subjektive Bewertung der Haftung. Der
Raupentest liefert dementsprechend nur qualitative Ergebnisse, wird aber aufgrund seiner
Einfachheit in der Baupraxis oft angewandt.
Die unterschiedlichen mechanischen Tests erfordern jeweils entsprechende
Probengeometrien, so dass verschiedene Probekörper vorgehalten werden mussten.
Der meisten mechanischen Versuche wurde im Labor der HAWK durchgeführt. Ein Teil der
Versuche wurde zusätzlich im Anwendungslabor der PCI durchgeführt. Hierdurch sollte eine
Anwendung des Jets unter praxisrelevanten Bedingungen erprobt werden.
Zur Aufklärung der Wechselwirkungsmechanismen des Plasmas mit der Substratoberfläche
wurden außerdem verschiedene analytischen Methoden eingesetzt. Diese werden am Ende
des Kapitels erläutert.
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6.2 Verwendete Substrate und Materialien
6.2.1 Baustoffe
Die im Rahmen des Vorhabens verwendeten unterschiedlichen Substrate werden im
Folgenden vorgestellt. Die Auswahl der Substratoberflächen spiegelt dabei die in der Praxis
typischen unterschiedlichen Oberflächentexturen wieder.
Substrate für die Labor-Zugprüfungen und analytischen Untersuchungen
• Beton nass geschnitten
Die Proben mit der Prüfoberfläche Beton nass geschnitten (siehe Abbildung 8, links)
sind nach der Norm ISO 13640 Methode 1 hergestellt. Im Baubereich kommt es öfter
vor, dass vorgefertigte Betonsegmente aufgrund von Längenänderungen nachbear-
beitet werden müssen. Dazu werden die Betonteile durch einen Nassschnitt verkürzt.
Die Substrate Beton nass geschnitten sollen diesen Praxisfall simulieren. Die
Substrate besitzen die Abmaße 75x25x12 mm. Durch das Herstellungsverfahren
besitzen sie eine sehr glatte Oberfläche, in der Oberflächenschicht befinden sich
keine vollständigen Körner mehr.
• Beton gebürstet
Das Substrate mit der Prüfoberfläche Beton gebürstet (siehe Abbildung 8, rechts)
sind nach Norm ISO 13640 Methode 2 gefertigt. Sie besitzen die gleichen Abmaße
wie die Substrate mit der Prüfoberfläche nass geschnitten. Die Oberfläche des
Substrats Beton gebürstet ist rau.
Abbildung 8: Beton-Substrate mit Prüffläche nass geschnitten (links) und gebürstet (rechts)
Substrate für die Raupentests, Baustellen-Zugprüfungen und analytischen
Untersuchungen
• Beton sandgestrahlt
Im Baugewerbe werden ganze Segmente gegossen und anschließend zusammen-
gesetzt. Um Haftungsproblemen von Dichtstoffen auf den Oberflächen der Beton-
segmente zu vermeiden, werden die Oberflächen sandgestrahlt. Bei diesem
Verfahren wird die Oberfläche von der so genannten Schlempe bzw. Zementhaut
befreit und der Zuschlag freigelegt. Das Substrat Beton sandgestrahlt (Abbildung 9,
links) soll diesen Praxisfall simulieren. Die Probekörper wurden nach ISO 13640
hergestellt. Die Abmaße der Probekörper betragen150x75x15 mm. Die Oberfläche
dieser Proben ist rau und entspricht morphologisch der Oberfläche gebürstet.
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• Beton schalungsglatt / Beton mit Zementhaut
Die Substrate mit der Prüfoberfläche Beton schalungsglatt besitzen ebenfalls die
Abmaße 150x75x15 mm und sind nach DIN 18540 hergestellt worden. Die Proben
sollen Beton simulieren, der in eine Verschalung gegossen wurde. Problematisch
können hier vor allem Reste von anhaftendem Schalöl sein. Die Oberfläche dieser
Proben ist glatt.
Die Oberfläche der Rückseiten der Probekörper ist noch von der Zementhaut bedeckt
(Abbildung 9, rechts). Da die Zementhaut oft nur lose aufliegt, wird diese vor einer
Weiterverarbeitung in den meisten Fällen mechanisch entfernt. Diese Seite wurde
ebenfalls untersucht.
Abbildung 9: Beton-Substrate mit Prüffläche sandgestrahlt (links) und mit Zementhaut (rechts)
Der Einsatz von Polymerwerkstoffen im Baugewerbe ist heutzutage weit verbreitet, so dass
die Kunststoffe Polystyrol, Polypropylen und Sanitäracryl mit in das Untersuchungsportfolio
aufgenommen wurden.
• Kunststoffe
Es wurden zwei verschiedene Prüfgeometrien gewählt, damit die Kunststoffe sowohl
mit der Zugprüfung als auch mit dem Raupentest und der Kontaktwinkelmethode
untersucht werden konnte. Die Probekörper für die Zugprüfung sind mit Aluminium
bzw. Mörtelprismen auf der Rückseite verstärkt, um eine Durchbiegung während der
Prüfung zu verhindern (siehe Abbildung 10, rechts). Die Abmessungen entsprechen
denen der Betonsubstrate.
Abbildung 10: Polystyrol-Substrate für Raupentests und Kontaktwinkelmessungen (links) und
Zugprüfungen (rechts)
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Zur Sicherstellung weitestgehend identischer Probensubstrate wurden alle Probekörper in
einem Bestellvorgang aus einem Herstellprozess geordert, so dass während aller
Untersuchungen nur eine Charge zum Einsatz kam. Der Hersteller der Betonsubstrate ist die
Rocholl GmbH.
6.2.2 Dichtstoffe
Zur Abbildung baupraktischer Bedingungen wurden zwei charakteristische Dichtstoffsysteme
aus den am häufigsten eingesetzten Stoffklassen ausgewählt. Die verwendeten Dichtstoffe
sind 1-komponentige Silikondichtstoffe der Firma PCI:
• PCI Silcoferm S (Dichtstoff A)
neutral vernetzend (Alkoxysystem)
• PCI Silcofug E (Dichtstoff B)
sauer vernetzend (Acetoxysystem)
PCI Silcoferm S ist ein neutral vernetzender Dichtstoff, d.h. bei Aushärtung wird Alkohol frei.
Daher wird dieser Dichtstoff A für Beton- und Kunststofffugen eingesetzt, da das
Abspaltprodukt keines dieser Baumaterialien schädigt. Durch seine hohe Elastizität wird
dieser Dichtstoff in der Praxis häufig für Dehnfugen eingesetzt.
PCI Silcofug E ist ein wesentlich steiferer Dichtstoff als Silcoferm S. Da bei der Aushärtung
Essigsäure entsteht und dieser mineralische Oberflächen angreift, wird dieser Dichtstoff nur
bei den Kunststoffproben verwendet.
6.2.3 Primer
Zur Vorbehandlung der Betonoberflächen wurde überwiegend ein Primer auf Polyurethan-
Basis eingesetzt:
• PCI Elastoprimer 135
wirksame Komponente: Isocyanatprepolymere
geeignet für PCI Silcoferm S und PCI Silcofug E auf Beton [53]
Ablüftzeit: 1-2 h
Dieser Primer ist nur für Betonoberflächen geeignet. Bei Anwendung dringt dieser in die
Oberflächenschichten ein und bildet dort einen Film. Hierdurch werden lose anhaftende
Partikel gebunden. Die OH-Gruppen des Dichtstoffs und des Substrates können mit den
Isocyanatgruppen reagieren und so eine chemische Bindung mit dem Primerfilm eingehen
(Urethanbildung).
Da der Elastoprimer 135 während der Projektlaufzeit vom Markt genommen worden ist,
musste dieser gegen Ende für einige Untersuchungen durch folgenden Primer, ebenfalls auf
Polyurethan-Basis, ersetzt werden:
• PCI Elastoprimer 110
wirksame Komponente: m-Tolylidendiisocyanat
geeignet für PCI Silcoferm S auf Holz [53]
geeignet für PCI Silcoferm S auf Beton [54]
Ablüftzeit: 1-2 h
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Hierbei ist zu beachten, dass der Elastoprimer 110 zwar in neueren Datenblättern [54] für
die Kombination Beton/Silcoferm S als geeignet ausgewiesen wird, nicht aber in älteren
Datenblättern [53]!
Zur Vorbehandlung der Kunststoff-Oberflächen waren die oben genannten Primer
ungeeignet, daher wurde hierfür eine Haft-Grundierung eingesetzt:
• PCI Elastoprimer 150
wirksame Komponente: Silankomponenten
geeignet für PCI Silcofug E auf Metall, Keramik, Klinker [53], [54]
geeignet für PCI Silcoferm S auf Polystyrol [53], [54]
Ablüftzeit: 10-20 min
PCI Elastoprimer 150 ist nur für einige Kunststoffoberflächen (darunter Polystyrol) geeignet.
Die Applikation des Primers führt zu einem Aufbrechen von Verbindungen im Kunststoff,
welche sich mit den OH-Gruppen im Primer verbinden. An die entstehenden Silanbrücken
lagern sich die Dichtstoffmoleküle an. Durch Einsatz dieses Primers wird die Anzahl der
Kontaktstellen für Silikon-Dichtstoffe erhöht.
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6.3 Herstellung der Probe
Probekörper
Zur Durchführung der mechanischen Prüfungen wurden zunächst unter Verwendung der
jeweiligen Substrate und Dichtstoffe Prüfkörper gefertigt. Dazu wurden die Prüfflächen vor
der Aufbringung des Dichtstoffs auf unterschiedliche Art und Weise vorbehande Es erfolgte
vorbehandelt.
entweder eine Plasmabehandlung mit einer der in Kapitel 0 beschriebenen Plasmaquellen,
eine Primerung oder aber gar keine Vorbehandlung.
6.3.1 Verbundproben für die Labor
Labor-Zugprüfung
Für die Zugprüfungen nach DIN EN ISO 8339 wurden jeweils zwei Betonsubstrate mit einem
Dichtstoff verbunden (siehe
Abbildung 11a). Danach erfolgte bei den jeweiligen Substraten eine Plasma oder Plasma-
Primerbehandlung der Kontaktflächen bzw. zu Referenzzwecken gar keine Behandlung.
Anschließend wurden die behandelten Flächen planparallel gegenüber angeordnet, so dass
Flächen
sich ein definierter Spalt mit einer Breite von 12 mm ausbildete, welcher die Fuge simulieren
soll. In diesen Spalt wurde dann der Dichtstoff ein eingebracht. Zur reproduzierbaren
Herstellung dieser Verbundproben wurden diese in einer speziell angefertigten Schablone mit
erbundproben
definiertem Abstandshaltern fixiert.
Wegen ihrer besonderen Form konnten diese Proben nicht mit den üblichen Spannzeugen
der Zugprüfmaschine gespannt und geprüft werden. Es wurden daher im Proje Projektverlauf
spezielle Spannzeuge entwickelt, welche eine vorkraftfreie und ort ogonale Beanspruchung
orthogonale
dieser Versuchskörper zugelassen haben (Abb. 1
11b).
Substrat
Dichtstoff
a) b)
Abbildung 11: Verbundp
Verbundprobe (a) und Probenhalter (b) für die Labor-Zugprüfung
Zugprüfung
6.3.2 Haftzugproben zum Vergleich von Labor- mit Baustellen
Baustellen-Tests
Um eine Übertragung der im Labor ermittelten Resultate in die Praxis zu gewährleisten, ist
die Durchführung mechanischer Tests unter realen Bedingungen notwendig. Diese sollten im
Bedingungen
Idealfall unmittelbar auf der Baustelle durchgeführt werden. Nur so lässt sich die Auswirkung
typischer Baustellenbedingungen wie Schmutz oder Nässe auf die Messresultate erfassen.
Messresultate
Da für die Durchführung von Haftzugprüfun
ür Haftzugprüfungen direkt auf der Baustelle ein
baustellenübliches mobiles Haftzuggerät eingesetzt wurde, wurden parallel zu den
Verbundprobekörpern auch Proben mit der besonderen Prüfkörpergeometrie von
praxisrelevanten Haftzugprüfungen angefertigt. Dazu wurden die typischen Haftzug-
Rundstempel mit dem Dichtstoff auf die zu prüfende Oberfläche geklebt (
(Abbildung 12). Die
Haftzugversuche können dann sowohl mit dem mobilen Haftzuggerät auf der Baustelle als
gerät
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auch mit der Zugprüfmaschine im Labor durchgeführt werden. Als Referenzsubstrate wurden
Probekörper mit nahezu identischen Oberflächeneigenschaften wie bei den Verbundproben
aber mit anderer Geometrie eingesetzt. Auch bei der Anfertigung dieser Prüfkörper wurde
tzt.
mit Hilfe von Schablonen sichergestellt, dass sich reproduzierbare Anordnungen ergaben
ergaben.
Abbildung 12: Betonprüfkörper mit aufgeklebten Metallstempeln (linkes Bild) und Durchführung der
(linkes
Haftzugprüfung im Labor (rechtes Bild)
6.3.3 Probenherstellung für die Raupentests
Für die Raupentests wurden die Prüfflächen von lose anhaftenden Teilen befreit und
plasmabehandelt oder geprimert bzw. unbehandelt belassen. Anschließend wurden mit einer
schließend
baustellenüblichen Kartuschenpistole Dichtstoffraupen auf die Proben appliziert (
(Abbildung
13).
Abbildung 13: Prüfkörper mit Dichtstoffraupen
6.3.4 Probenherstellung für die Simulation des Sanierungsfalls
Im Sanierungsfall wird der alte, defekte Dichtstoff aus den Fugen herausgetrennt und die
Fuge mit frischem Dichtstoff neu abgedichtet. Oft kann der Untergrund vorher nicht
ausreichend gereinigt werden. Die sachgerechte Vorbehandlung der zu sanierenden Flächen
durch eine bestimmungsgemäße mechanische Reinigung ist aufwändig und kostenintensiv.
Die Haftung des neuen Dichtstoffs auf den mit Dichtstoffresten verunreinigten Flächen stellt
daher eine besondere Problematik dar. Derartige Sanierungen bleiben häufig nur kurzfristig
Sanierungen
funktionsfähig. Aus diesem Grund sollte versucht werden, durch eine Oberflächenaktivierung
der Sanierflächen mittels einer Plasmabehandlung einen dauerhaften Sanierungserfolg zu
gewährleisten.
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Zur Simulation des Sanierfalles wurde der folgende Ablauf realisiert:
1. Schritt 2. Schritt 3. Schritt
Abbildung 14: Herstellung der Proben für die Sanierung
Im 1. Schritt (Abbildung 14, links) wurde aus zwei Substratprobekörpern und dem Dichtstoff
(Silcofug E, siehe Kapitel 6.2.2 auf Seite 21) ein Verbundprobekörper hergestellt und nach
Verfahren A (siehe Kapitel 6.5) beansprucht. Danach wurde in einem 2. Schritt (Abbildung
14, Mitte) der Dichtstoff entsprechend einer typischen, baupraktischen Vorgehensweise
mechanisch wieder entfernt und die nun mit Dichtstoffresten verunreinigte Substrat-
oberfläche plasmabehandelt. Anschließend wurde im 3. Schritt (Abbildung 14, rechts) der
neue Dichtstoff (Silcoferm S, siehe Kapitel 6.2.2 auf Seite 21) eingebracht. Die
Beanspruchung der Probe erfolgte nach Verfahren A. Schließlich erfolgte die Prüfung der
Probe. Die Auswahl der Dichtstoffkombination erfolgte in Absprache mit den Projektpartnern
nach baupraktischen Erwägungen.
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6.4 Eingesetzte Plasmaquellen
Zur Plasmabehandlung der Substratoberflächen kamen im Laufe des Vorhabens drei
verschiedene Plasmaquellen zum Einsatz. Zu Beginn des Vorhabens standen ein stationärer
Jet sowie mehrere herkömmliche planare DBE-Plasmaquellen zur Verfügung. Bereits im
ersten Projektjahr konnte eine mobile Quelle, das DBE-Handgerät eingesetzt werden, da dies
innerhalb eines parallel laufenden Entwicklungsprojekt mit genutzt werden konnte. Auf Basis
der Erkenntnisse aus diesem Gerät entstand dann im weiteren Projektverlauf der mobile
Plasmajet. Dieser wurde im Rahmen des aktuellen Vorhabens speziell für den Einsatz an
porösen Oberflächen wie Baustoffsubstraten neu entwickelt und als Labormuster aufgebaut.
6.4.1 DBE-Handgerät
Das DBE-Handgerät ist eine kompakte Plasmaquelle, welche auf Grundlage einer dielektrisch
behinderten Entladung (siehe Kapitel 5.1 auf Seite 8) funktioniert. Die gesamte Elektronik
und die Hochspannungselektrode mit dem Dielektrikum ist in einem Gehäuse untergebracht,
welches einem Akkuschrauber ähnelt (Abbildung 15). Die Stromversorgung wird durch den
Akku gewährleistet.
Elektrode mit Dielektrikum
Abbildung 15: DBE-Handgerät
Technische Besonderheit dieses Gerätes ist, dass der Aufbau keine im Gerät vorhandene
Gegenelektrode vorsieht. Vielmehr wird die Gegenelektrode von dem zu behandelnden
Substrat gebildet. Daher hängt die Qualität des Plasmas stark von den Eigenschaften der zu
behandelnden Oberfläche ab. Spalte oder Fugen, die schmaler als der Durchmesser der
Elektrode sind, oder Eckverbindungen können nicht oder nur ungenügend behandelt werden.
Das DBE-Handgerät ist mobil und kommt ohne zusätzliche Arbeitsgase aus. Es wird mit einer
Frequenz von 400 Hz und einer Spannung von 10 kV betrieben. Die über das Netzteil
zugeführte Leistung beträgt 14 W. Das Plasma lässt sich – je nach Substrat – in einem
Arbeitsabstand von wenigen mm zünden. Im Rahmen dieser Arbeit wurde, wenn nicht
anders erwähnt, mit einem konstanten Abstand von 5 mm gearbeitet. Dieser wurde über
einen Abstandhalter definiert eingestellt.
6.4.2 Stationärer Plasmajet
Der stationäre Plasmajet [13] erzeugt ebenfalls eine dielektrisch behinderte Entladung. Diese
wird aber – anders als im DBE-Handgerät – mit einem Gasstrom durch den Spalt zwischen
den Elektroden hinausgetrieben (Abbildung 16).
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Abbildung 16 Schema des Plasmajets von Förster et al. [13]
16:
Den inneren Aufbau des Jets verdeutlicht Abbildung 17. Zwischen einer zylindr
. zylindrischen
Elektrode (2) und einer zentriert angeordneten Gegenelektrode (6), beide aus Metall wird
Metall,
das Plasma durch Anlegen einer gepulsten Spannung gezündet. Das Dielektrikum (7)
zwischen den Elektroden besteht aus Quarzglas und hat eine Dicke von 2 mm. Die Spalt-
breite zwischen Dielektrikum und innerer Elektrode beträgt 0,75 mm. Das Arbeitsgas
(Argon), welches vom hinteren Modul durch den Spalt strömt, drückt das Plasma durch das
vordere Modul nach außen. Dadurch bildet sich ein Plasmastrahl aus, mit dem d jeweiligen
die
Oberflächen behandelt werden können.
1 - Kunststoffgehäuse
(hinteres Modul mit Gasanschluss)
2 - Mittelelektrode
3 - Kunststoffgehäuse (mittleres Modul 2)
4 - Justierhalterung für die Mittelelektrode
5 - Kunststoffgehäuse (vorderes Modul)
6 - Ringelektrode mit HV Anschluss
7 - Dielektrikum (Quarzglas)
8 - Hochspannungsüberschlagschutz
9 - Silikon
Abbildung 17: Aufbau des Plasmajets
Der Jet wird mit Spannungspulsen mit einer Amplitude von 20 kV, einer Br Breite von 600 nm
und einer Folgefrequenz von 25 kHz betrieben. Die Leistung des Netzteils liegt bei ca. 500
W, d.h. die Leistung des Plasmas ist um ein Vielfaches höher als die des DBE
ielfaches DBE-Handgerätes.
Hinzu kommt, dass die Plasmaqualität hier unabhängig von den Eigenschaften des zu
den
behandelnden Substrats ist. Außerdem können auch schmalere oder hinterschnittene
Geometrien behandelt werden. Daher ist dieses Jetprinzip für texturierte Oberflächen wie
poröse Baustoffe speziell geeignet. Problem war, dass dieser Aufbau nicht mobil war und
Aufbau
dass dieser Plasmajet noch nicht mit Luft sondern mit Argon als Arbeitsgas arbeitete In
arbeitete.
diesem Projekt wurde der Jet mit einem Ar Strom von 5 l/min und einem
Ar-Strom
Behandlungsabstand von 2 mm betrieben. Der Jetkopf war zur Einstellung eines definierten
Arbeitsabstandes zum Substrat an einem Stativ montiert. Unter dem Kopf stand zur
Realisierung einer konstanten Behandlungszeit pro Flächenelement zudem ein motorisch
betriebener Probentisch zur Verfügung.
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6.4.3 Entwicklung eines mobilen Plasmajets
Ein Hauptziel des Projekts war es, eine Plasmastrahlquelle zu entwickeln, die sowohl
Substrat- als auch netzunabhängig stabile Plasmen generiert und zudem ohne eine
zusätzliche Gasversorgung auskommt. Diese Forderungen konnten durch die Bündelung
mehrerer Maßnahmen umgesetzt werden. Dazu gehörten im Wesentlichen die
strömungstechnische Umgestaltung der Elektroden, die Verwendung spezieller Dielektrika
und die Entwicklung eines neuen Hochspannungsgenerators.
Das Prinzip und die wesentlichen Komponenten sind in Abbildung 18 dargestellt. Zentrale
Baugruppen stellen der HV-Schaltgenerator und die eigentliche Strahlquelle dar. Diese ist als
Planaranordnung einer doppelt behinderten Barrierenentladung ausgeführt. Die Quelle wird
zur Erzeugung eines Plasmastrahls von einem starken Luftstrom durchsetzt, welcher mittels
einer Pumpe erzeugt wird.
Abbildung 18: Prinzipaufbau eines Plasmastrahlsystems
Zu den weiteren Konstruktionsmerkmalen gehört, dass die Luft durch einen Verdichter direkt
der Umgebung entnommen und dem Jetkopf zugeführt wird. Weiter Gase als Zündhilfen sind
durch das neue Generator- und Elektrodendesign nicht mehr erforderlich, damit entfällt die
Notwendigkeit der Mitführung von Druckgasflaschen. Alle Funktionselemente wie die
gesamte Elektronik inklusive der Stromversorgung sowie der Jetkopf konnten wie bereits bei
dem DBE-Handgerät in einem akkuschrauber-ähnlichen Gehäuse untergebracht werden
(siehe Abbildung 19), so dass am Ende der Projektlaufzeit ein mobiler, leicht handhabbarer
Plasmajet zur Verfügung stand.
Abbildung 19: Mobiler Plasmajet
Die Konstruktion wurde in zwei technisch von einander abgegrenzte Teilgebiete aufgeteilt.
Zum einen die Entwicklung eines für den mobilen Einsatz geeigneten
Hochspannungsgenerators und zum anderen die Konstruktion des Jetkopfes zur Erzeugung
des Plasmastrahls.
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29. Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst
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6.4.3.1 Hochspannungsgenerator
Typische Anregungsspannungen zur Erzeugung von Barrierenentladungen liegen im Bereich
von 5 – 20 kV. Sie werden in der Regel von Mittelfrequenzgeneratoren mit Schaltfrequenzen
bis zu mehreren 100 kHz generiert. Die üblicherweise verwendeten Grundschaltungen sind
aus dem Bereich des Schaltnetzteilbaues als sogenannte Aufwärtswandler bekannt.
Prinzipblockschaltbilder (siehe Abbildung 20) findet man in den Standardwerken der
Elektronik [40].
Abbildung 20: Blockschaltbild eines primärgetakteten Schaltreglers [40]
Abweichend von den Schaltnetzteilen kann der Aufbau vereinfacht werden, da die
Gleichrichtung und die Filterung entfallen kann. Zudem kann auf die Regelung zum Ausgleich
von wechselnden Lasten verzichtet werden, da die Plasmaquellen eine konstante Belastung
darstellen, an die gegebenenfalls eine manuelle Anpassung der Ausgangsleistung erfolgen
kann.
Ein generelles Problem welches insbesondere bei der Konstruktion von
Hochspannungsgeneratoren auftritt, ist hängt mit der Auslegung des Hochfrequenz-
Transformators zusammen. Dieser muss neben einer möglichst verlustarmen Umsetzung der
schnellen Schaltvorgänge eine hohe Durchschlagsfestigkeit gegenüber den großen
Ausgangsspannungen aufweisen. Bei einer Eingangsspannung von 12V und einer
gewünschten Ausgangsspannung von 10 kV muss er zudem ein sehr großes
Übersetzungsverhältnis aufweisen. Technisch lässt sich diese Forderung mit einem
Einzelwandler nur sehr unbefriedigend erfüllen. Daher wurde nach einigen Vorversuchen auf
das Prinzip der Kaskadierung von Spannungen durch die Hintereinanderschaltung von zwei
Wandlern ausgewichen. Die erste Wandlerstufe dient der Erzeugung der „Betriebsspannung“
der zweiten Stufe. Der erste Wandler ist als klassischer Eintakt-Sperrwandler ausgeführt,
während der zweite Wandler als Durchflusswandler geschaltet ist. Dieser hat den Vorteil,
dass die Höhe der Ausgangspannung über das Tastverhältnis der Ansteuerschaltung
eingestellt werden kann.
Die Ansteuerung der FET-Leistungsschalter erfolgt bei beiden Stufen über eine
Pulsweitenmodulation (PWM). Diese wird jeweils von einem handelsüblichen,
hochintegrierten PWM-Controller realisiert (siehe Abbildung 21).
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Abbildung 21: Prinzipschaltbild des Plasmahochspannungsgenerators [18]
Die Ausgangspannung des Sperrwandlers von bis zu 300V steht über C2 zur Verfügung. Sie
wird über die Rückführung der Widerstandkombination R2/R1 auf einen konstanten Wert
eingeregelt. Da während der periodischen Stromentnahme durch den Durchflusswandler
PWM2 der Sperrwandler ausgangsseitig kurzfristig kurzgeschlossen wird, wird dieser jeweils
synchron nach Erreichen der Ladeschlussspannung an C2 über PWM2 abgeschaltet. Damit
kann der Sperrwandler PWM1 vor der Zerstörung geschützt werden.
Die Optimierung des Wirkungsgrades und damit die Reduktion der Verlustleistung spielen bei
tragbaren Anwendungen in kompakten Aufbauten eine besondere Rolle. Denn beide haben
unmittelbare Auswirkungen auf die Batterielebensdauer beziehungsweise auf zusätzlich
erforderliche Kühlmaßnahmen. In diesem Zusammenhang kommt dem Timing der FET-
Ansteuerung besondere Bedeutung zu. Angepasst werden muss die jeweilige Einschaltdauer
der FET-Schaltstufen und zwar getrennt für den Sperr- und den Durchflusswandler.
Einen weiteren Einfluss auf den Wirkungsgrad hat die Wahl der Schaltfrequenzen. Hier gilt,
je größer die Frequenz, umso höher die übertragbare Leistung. Allerdings steigen in
gleichem Maße auch die Schalt- und Ummagnetisierungsverluste in den Übertrager an, so
dass sich als guter Kompromiss eine Schaltfrequenz von 100kHz für den Sperrwandler
ergeben hat. Die Frequenz des Durchflusswandlers muss deutlich tiefer liegen, da ansonsten
der Kondensator C2 vom Sperrwandler nicht vollständig aufgeladen würde. Die Ladung ist
nur während der Sperrphase des Leistungs-FETs Q2 möglich. Bei einem maximalen
Tastverhältnis von 1:2 des Durchflusswandlers darf dieser bei maximal der halben Frequenz
des Sperrwandlers betrieben werden. Tatsächlich wurde für einen besseren Füllgrad des
Ladekondensators eine Frequenz von ca. 15 kHz gewählt.
Für den Praxiseinsatz spielt die Zuverlässigkeit einer Wandlerschaltung eine wichtige Rolle,
daher wurde besonderes Augenmerk auch auf die Dimensionierung der Schutzschaltungen
gelegt. Schnelle Schaltvorgänge an induktiven Lasten lassen an den Drain-Anschlüssen der
Mosfets hohe Spannungsspitzen entstehen. Diese müssen über RCD-Dämpfungsglieder
verringert werden, da ansonsten die zulässigen Drain-Source-Spannungen überschritten
werden könnten. Die Optimierung dieser Glieder wurde mittels der Simulationssoftware
PSpiece mittels Transientenanalyse vorgenommen. Zusätzlich wird die Drain-Spannung über
den FETs über eine Funkenstrecke FS auf ca. 80V begrenzt.
Als Hochfrequenzübertrager kamen kommerziell erhältliche Hochspannungstransformatoren
mit Ferritkernen mit geringen Ummagnetisierungsverlusten zum Einsatz. Die Trafos wurden
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nicht mit in das Platinenlayout einbezogen sondern im Kopf des Handgerätes angeordnet.
Ansonsten fanden alle Elektronikkomponenten auf einer Epoxidplatine Platz, welche mit den
Kühlkörpern im hinteren Teil des Akkuschrauber-Gehäuses direkt über dem Versorgungsakku
eingebaut wurde (siehe Abbildung 22).
I
5
1 Hochspannungsgenerator
2 HV-Spulengehäuse
3 Einschalter
4 Akkufach
5 Gebläsepumpe
Abbildung 22: Innerer Aufbau des mobilen Plasmajet [18]
Die Leistungsdaten des kompakten Hochspannungsnetzteils sind nachfolgend aufgeführt:
Pulsfolgefrequenz ca. 15 kHz
Eingangsleistung 12 W
Ausgangsleistung 9,3W
Wirkungsgrad η ≈ 0,8
Eingangsspannung 8 – 30V
Ausgangsspannung ca. 5 kVss
Max. Pulsenergie 0,7 mJ
6.4.3.2 Plasmastrahlquelle
Ein wesentlicher Unterschied des neu konstruierten mobilen Jets zum bereits vorhandenen
stationären Jet besteht neben der anderen Hochspannungsversorgung vor allem in der Um-
wandlung der koaxialen Elektroden-Geometrie in eine planparallele Anordnung. Diese ist für
einen mobilen Aufbau kompakter realisierbar und lässt eine breitere Applikationsfläche zu.
Die Entladungsstrecke ist in Form einer doppelt behinderten Barrierenentladung aufgebaut.
Das heißt, die beiden Metallelektroden werden jeweils von einem Dielektrikum zum
Entladungsraum hin abgeschirmt. Durch einen Abstandhalter ebenfalls aus Keramik lassen
sich der Abstand der Dielektrika und damit die Geometrie des Strömungskanals fest
einstellen. Die gesamte Anordnung aus Elektroden, Isolatoren und Abstandhalter wird durch
eine äußere Isolationsumhüllung mittels Klemmstiften zu einem stabilen Packet
zusammengedrückt; die Hochspannungszuleitungen werden jeweils gegenüberliegend aus
dem Stapel herausgeführt und im Innern der Quellenummantelung zum Generator geführt
(siehe Abbildung 23).
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1 Abstandshalter
2 Dielektrikum
3 Elektrode
4 Isolationshalter
1 2 3 4
Abbildung 23: Elemente der Plasmastrahlquelle [18]
Eine besondere Rolle bei der Konstruktion einer Entladungstrecke spielen bei gegebener
Hochspannung der Elektrodenabstand und die Auswahl des Dielektrikums. Hier waren im
Verlauf der Entwicklung zahlreiche Änderungen und Optimierung notwendig. In der Regel
werden als Dielektrika wegen ihrer guten Isolationseigenschaften und der hohen
thermischen Stabilität Aluminiumoxid-Keramiken Al2O3 verwendet.
Typische Durchschlagsfestigkeiten von im Spritzverfahren hergestellten Keramiken liegen in
der Größenordnung von ca. 5 kV/mm [30]. Die Verwendung dieser Materialien erfordert
bereits bei geringen Hochspannungen von unter 10 kV relativ dicken Barrieren in der
Größenordnung von > 2 mm. Erste Versuchsreaktoren wurden mit derartigen Keramiken und
einer Spaltweite von 0,6 mm realisiert. Wegen der kapazitiven Teilung der transienten
Hochspannung fiel die Hauptleistung an den Dielektrika ab, was zu einer starken Überhitzung
führte. Der Vorteil der dielektrisch behinderten Entladung – die Erzeugung von „kalten“ und
damit materialschonenden Gasströmen – wurde durch die starke Aufheizung des Plasmajets
aufgrund der thermischen Leistungseinkopplung zunichte gemacht. Wegen des schlechten
Wirkungsgrades stand auch eine zu geringe Energie im Entladungspalt zur Verfügung.
Die Verfügbarkeit neuer Keramiken von einem anderen Hersteller mit einer
Durchschlagsfestigkeit von > 40 kV/mm brachte hier den Durchbruch. Mit diesem Material
ließen sich sehr viel dünnere Barrieren von < 1mm realisieren. Da auch der dielektrische
Verlustwinkel δ dieses Materials verhältnismäßig niedrig ist (δ ≈ 4.10-4 bei 1 GHz und RT),
sind die dielektrischen Verluste ebenfalls relativ gering.
Vorteilhaft ist auch die hohe Dielektrizitätskonstante εr = 9,6. Da bei gegebener Gasart und
Vorionisation die notwendige, spezifische Zündfeldstärke EB festliegt, wird die erforderliche
äußeren Spannung Uext zum Zünden einer Entladung bei der Spaltbreite z nur noch vom
Dielektrikum und dessen Eigenschaften wie Dielektrizitätskonstante εr und Dicke d
determiniert. Es gilt die Beziehung (mit = ):
≥ +1 = ∙ü (1)
∙
Das Teilerverhältnis ü sollte so klein wie möglich sein, da es ein Maß für die über dem Spalt
zur Verfügung stehende Hochspannung Uz ist (siehe Abbildung 24). Aus dem Diagramm wird
deutlich, dass sowohl eine hohe Dielektrizitätskonstante als auch eine geringe Dicke der
Barriere das Teilerverhältnis minimieren und es bei geeignetem Dielektrikum nahezu gegen 1
geht. Allein die verbesserte Durchschlagsfestigkeit und die damit verbundene Reduktion der
Barrierendicke ergibt eine Erhöhung der wirksamen Spannung über dem Spalt von ca. 20%,
wie exemplarisch in Abbildung 24 gezeigt wird:
∙ , ,
∙ 100% = 19,4% (2)
∙ ,
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Abbildung 24: Abhängigkeit des Teilerverhältnisses von den Eigenschaften des Dielektrikums [18]
Die Verwendung dünnerer Dielektrika führte zudem zu einer visuell bereits in Form einer
helleren Entladung wahrnehmbaren deutlich besseren Leistungseinkopplung. Der
messtechnische Nachweis dieses Effektes mit Hilfe einer zeitaufgelösten indirekten Strom-
und Spannungsmessung im Plasmazellenkreis ergab eine erhebliche Steigerung des
Wirkungsgrades von bisher 0,14 auf 0,39. Dies führt, bei einer zugeführten Eingangsleistung
von ca. 14 Watt, auf eine mittlere Wirkleistung im Plasma von ca. 5,5 Watt. Hierbei handelt
es sich um die direkt im Reaktor umgesetzte Leistung.
Das hier gezündete Plasma muss nun durch einen externen Gasstrom nach außen
transportiert werden, um einen Plasmastrahl zu generieren. Dies wird in dem Handgerät
durch eine Membranpumpe realisiert, welche auf der Saugseite direkt mit der Umgebungsluft
verbunden ist. Es wurde ein Pumpentyp gewählt, welcher frei ausblasend einen
Volumenstrom von ca. 9 l/min erzeugen kann. Wegen des relativ großen Querschnitts der
Plasmakammer wird von dieser nur ein geringer Gegendruck aufgebaut, so dass der
Volumenstrom nahezu unvermindert realisierbar ist. Die Pumpe wird direkt vom Akku des
Handgerätes mit Energie versorgt.
Ein wesentliches technisches Detail stellt dabei die Einschaltverzögerung der Pumpe dar: Ein
grundsätzliches Problem aller offen betriebenen Plasmaquellen ist deren häufig unerwünscht
hohe Ozonproduktion. Da die Bildungsrate von Ozon stark von der Quellentemperatur
abhängt – je heißer die Quelle, umso weniger Ozon wird generiert – kann durch geringe
technische Änderungen am Quellendesign beziehungsweise an deren Betriebsbedingungen
die Ozonproduktion reduziert werden. In diesem Fall wird erst einige Zeit nach dem Zünden
der Quelle mit Erreichen der Betriebstemperatur der Gasstrom über die Pumpe zugeschaltet.
Durch diese Maßnahme konnte die Ozonproduktion des Jets deutlich verringert werden.
Die Funktionsfähigkeit des Gerätes wurde vor dem baupraktischen Einsatz anhand mehrerer
Tests verifiziert. Dazu gehören diverse Parameterstudien, in welchen die Veränderungen des
Randwinkels von Testflüssigkeiten in Abhängigkeit vom Behandlungsabstand und der
Behandlungszeit untersucht wurde [18]. Ein sehr anwendungsnaher Test wurde in diesen
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Abschlussbericht übernommen, da er die wirksame Fläche des Plasmastrahls sehr
anschaulich dokumentiert.
6.4.3.3 Nachweis der Wirksamkeit des Plasmastrahls
Für die Charakterisierung der Flächenwirkung des Plasmastrahls wurde die Änderung der
Oberflächenenergie an einer Testfläche in Abhängigkeit vom Abstand und der
Behandlungszeit untersucht. Zur Visualisierung des Effektes wurden PVC-Folien nach einer
Plasmabehandlung mit einer Testtinte der Fa. Tigres benetzt. Die Abschätzung der
Oberflächenenergie von PE-, PP- und PVC-Kunststofffolien unter Verwendung von Testtinten
ist eine in der ISO 8296 (früher DIN 53 364) festgelegte Prüfmethode [39]. Die verwendete
Testtinte weist eine Oberflächenenergie von 52 mN/m auf, während die unbehandelten PVC-
Folien eine niedrigere Oberflächenenergie von 39 mN/m besitzen. Mit der Folge, dass sich
die Testtinte auf den unbehandelten Folien zu kleinen Tröpfchen zusammenziehen.
Nach einer Plasmabehandlung stellt sich dagegen eine flächenhafte Benetzung mit der
Testtinte ein. Das heißt, dass sich die Oberflächenenergie der PVC-Folie in den Bereichen,
die dem Plasmastrahl ausgesetzt waren, von 39 mN/m auf mindestens 52 mN/m erhöht hat.
Das Bild der benetzten Fläche auf der Folie stellt somit den Querschnitt des Plasmastrahls
dar während der Behandlung dar.
In Abbildung 25 ist eine Serie behandelter Folien dargestellt, bei denen die
Plasmabehandlung in einem unterschiedlichen Behandlungsabstand und einer
unterschiedlichen Behandlungszeit durchgeführt wurde. Die 2 cm breite Schlitzdüse des
Plasmastrahlsystems wurde bei den Behandlungen mittig, längs der Bildhorizontalen auf die
5 x 5 cm großen Folien gerichtet (siehe Abbildung 25 q).
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Abbildung 25: Benetzbarkeit plasmabehandelter PVC-Folien mit Testtinte in Abhängigkeit von
Behandlungszeit und –abstand [18]
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