SlideShare uma empresa Scribd logo
1 de 114
Baixar para ler offline
EÖTVÖS LORÁND TUDOMÁNYEGYETEM
Bölcsészettudományi Kar
DIPLOMAMUNKA
Genderlektusok a közösségi médiában
Genderspecifikus humor a Twitteren kontrasztív megközelítésből
Genderlekte in Sozialen Medien
Genderspezifischer Humor in Twitter aus kontrastiver Sicht
Témavezető:
Dr. Brdarné Szabó Rita
Egyetemi docens
Készítette:
Papp Zsófia
MA, Német nyelv,
irodalom és kultúra
2014
Nyilatkozat
Alulírott (Papp Zsófia) ezennel kijelentem és aláírásommal megerősítem, hogy az ELTE BTK
Német nyelv, irodalom és kultúra mesterképzésén írt jelen diplomamunkám saját szellemi
termékem, melyet korábban más szakon még nem nyújtottam be diplomamunkaként és
amelybe mások munkáját (könyv, tanulmány, kézirat, internetes forrás, személyes közlés stb.)
idézőjel és pontos hivatkozások nélkül nem építettem be.
Budapest, 2014. április 15.
______________________________
Aláírás
Inhaltsverzeichnis
0 Einleitung .................................................................................................................1
1 Die soziolinguistische Untersuchung des Internets..................................................3
1.1 Wie wurde das Internet zu einem Faktor, der die Sprache beeinflusst? ...........4
1.2 Soziale Medien .................................................................................................5
1.2.1 Was gehört zu Sozialen Medien?..................................................................5
1.2.2 Klassifikation der Sozialen Medien ..............................................................7
1.2.3 Die Popularität der Sozialen Medien ............................................................8
2 Internet und Gender................................................................................................10
2.1 Digilekt ...........................................................................................................10
2.1.1 Digilekt als medialer Lekt...........................................................................11
2.1.2 Digilekt als nicht-medialer Lekt..................................................................15
2.2 Genderlekt.......................................................................................................16
2.2.1 Gender offline .............................................................................................16
2.2.2 Gender online..............................................................................................21
3 Humor.....................................................................................................................23
3.1 Moderne linguistische Humorforschung ........................................................23
3.2 Forschung Gender, Humor und das Internet...................................................26
3.2.1 Frequenz des Humors und Verwendung der Humorformen .......................26
3.2.2 Opfer des Humors .......................................................................................28
3.2.3 Sexualität in der Scherzkommunikation .....................................................29
4 Empirische Untersuchung ......................................................................................31
4.1 Humor in Twitter ............................................................................................31
4.1.1 Privatheit/Öffentlichkeit..............................................................................31
4.1.2 Konstellation der Gesprächspartner ............................................................32
4.1.3 Interaktionsmodus.......................................................................................32
4.1.4 Humorindikatoren .......................................................................................33
4.2 Zusammenstellung des Korpus.......................................................................33
4.2.1 Aktivität der Twitter-Benutzer....................................................................33
4.2.2 Das Geschlecht der Benutzer ......................................................................35
4.2.3 Tweets mit Humor.......................................................................................37
4.3 Die Frequenz des Einsatzes von Humor.........................................................38
4.3.1 Die Frequenz des Humors im Allgemeinen ................................................38
4.3.2 Die Frequenz des Humors aus genderlinguistischer Sicht..........................39
4.4 Humorindikatoren in Twitter..........................................................................41
4.4.1 Humorindikatoren in Twitter im Allgemeinen............................................41
4.4.2 Genderspezifische Unterschiede bei Verwendung der Humorindikatoren.47
4.5 Opfer der humorvollen Tweets.......................................................................50
4.5.1 Opfer des Humors im deutschen Teilkorpus...............................................51
4.5.2 Opfer des Humors im ungarischen Teilkorpus ...........................................51
4.5.3 Funktionen des Humors auf eigene Kosten und gegen jemanden ..............52
4.6 Humorformen in Twitter.................................................................................54
4.6.1 Humorformen in Twitter im Allgemeinen ..................................................54
4.6.2 Genderspezifische Unterschiede bei Verwendung der Humorformen........58
4.7 Sexualität in Tweets mit Humor .....................................................................60
5 Fazit........................................................................................................................62
Literaturverzeichnis.........................................................................................................64
Anhang............................................................................................................................74
1
0 Einleitung
In der vorliegenden Arbeit geht es um den genderspezifischen Humor in der Microblog-
Dienstleistung Twitter aus kontrastiver Sicht. Das Verhältnis von Humor und Gender wurde
meines Wissens bisher in der computervermittelten Kommunikation noch nicht erforscht. Die
Mehrheit der genderlinguistischen Arbeiten, die sich mit Humor beschäftigen, beschränkt sich
auf die Face-to-face-Kommunikation. Ein neuer Zweig der Genderlinguistik befasst sich
bereits mit den Online-Kommunikationsformen, aber Humor als Untersuchungsgegenstand
erscheint in diesen Forschungen nicht. Aus diesem Grund beschäftigt sich diese Untersuchung
mit diesem Bereich.
Wegen der Komplexität des Themas wurde die Arbeit in vier Teilen unterteilt. Im ersten
Teil geht es um die Gründe, warum die Sozialen Medien und damit auch die Microblog-
Dienstleistung Twitter, die als Korpus gewählt wurde, aus soziolinguistischer Sicht wichtig
sind. Die Hauptgründe sind die Popularität dieser Medien und die Aktivität des
Internetbenutzers.
Im zweiten Kapitel werden die wichtigsten Konzepte und Vorstellungen im
Zusammenhang mit Gender zusammengefasst, und die Entscheidung für die Bezeichnung
„Genderlekt“ als Untersuchungsgegenstand begründet. Das Thema beansprucht auch die
Betrachtung der Prägung „Digilekt“ von Veszelszki neben Genderlekt. Von dem Mangel der
vorhandenen Varietätenmodellen ausgehend wird das teilweise modifizierte Varietätenmodell
von Bittner (2003) beschrieben, das den Untersuchungsgegenstand dieser Arbeit am besten
veranschaulicht.
Im Zusammenhang mit Humor existiert keine einheitliche linguistische Theorie,
deshalb werden die möglichen Erklärungslinien des Humors in dem dritten Kapitel
dargestellt. Dieser Teil beinhaltet auch die wichtigsten Ergebnisse der bisherigen
Untersuchungen der Bereiche Gender/Humor und Gender/Internet, worauf die empirische
Untersuchung basiert.
Im vierten Kapitel werden die Methodologie und die Ergebnisse der empirischen
Untersuchung dargestellt. Der Ausgangspunkt der Hypothesenbildung war, dass das Medium
(Internet) und die konkrete Kommunikationsform (Tweet) den genderspezifischen Humor
stark beeinflusst. Vier Hypothesen wurden im Zusammenhang mit der Verwendung
internetspezifischer Humorindikatoren und Humorformen, mit der Frequenz und dem Opfer
2
des Humors aufgestellt. In Verbindung mit der Sexualität wurde wegen der geringen Zahl der
Tweets, in denen sie vorkommt, keine Hypothese aufgestellt. Außer der Hypothese über die
Verwendung der Humorindikatoren werden alle Hypothesen bestätigt. Anhand der
empirischen Befunde kann festgestellt werden, dass genderspezifische Unterschiede auch in
140 Charakteren vorhanden sind.
3
1 Die soziolinguistische Untersuchung des Internets
Im 21. Jahrhundert ist das Internet ein unerlässlicher Teil des Lebens. Es wirkt auf
verschiedene Dimensionen. Unter diesen Einflüssen sind die kommunikativen und sozialen
Wirkungen aus soziolinguistischer Sicht die bedeutendsten. Im Weiteren werden sie grob
dargestellt.
Die grundlegende Aufgabe des Internets ist die Sicherung der schnellen Verbreitung der
Informationen. Bei der Formulierung der Definition des Internets hebt Wellman diese
Eigenschaft hervor: „Internet is a tool that helping each person to become a communication
and information switchboard, between persons, networks, and institutions“ (Wellman zitiert
nach Smyk-Bhattacharjee 2006: 68). In dieser Formulierung erscheint ein wichtiger Aspekt,
der aus der Sicht dieser Arbeit wichtig ist. Alle Internetbenutzer werden als aktive Teilnehmer
des Informationsflusses bezeichnet. Sie spielen nicht nur bei der Weiterleitung der
Informationen eine große Rolle, sondern auch bei ihrem Zustandebringen.
Es kann aus mehreren Sichten vorteilhaft sein, hat aber gleichzeitig einen Nebeneffekt.
Die schnelle Verbreitung führt nämlich zu einem Informationszudrang. Heute lauert es zwei
verschiedene Arten der Gefahr auf Menschen des digitalen Zeitalters. Entweder haben sie
keine Informationen über etwas oder sie haben zu viele unorganisierte Informationen (vgl.
Balázs 2009: 25). Schlobinski (2006: 26) nennt es die quantitative Veränderung der
menschlichen Kommunikation. Mit diesem Zudrang der Informationen gut umzugehen, soll
man sich neue Kompetenzen aneignen. Das kann sogar die Veränderung der menschlichen
Denkweise mitbringen. Damit beschäftigt sich die Sozialpsychologie ausführlicher (z.B.
Wallace 2002).
Neben quantitativer Veränderung kann die qualitative Änderung der Kommunikation zu
den Folgen seiner Wirkung geordnet werden:
Die kommunikationstechnische Entwicklung in den letzten vierzig Jahren
ermöglicht prinzipiell die kommunikative Vernetzung eines jeden jederzeit und an
jedem Ort, und damit ändern sich die kommunikativen und sozialen Beziehungen
in erheblichem Maße. (Schlobinski 2006: 26)
Diese qualitative Veränderung ist besonders bei den sog. Sozialen Medien auffallend,
die das Ziel haben, die Vernetzung der Menschen zu sichern. Es ist ein Grund, warum sie
bzw. die Microblog-Dienstleistung Twitter als Korpus gewählt wurde. Die Wandlung der
sozialen Beziehungen ist mannigfaltig. Balázs erwähnt die sog. „digitale Kluft“ (Balázs 2011:
4
20) zwischen den Generationen als die auffälligste Folge. Seiner Meinung nach existieren
heute zwei Generationen. Eine, die im digitalen Zeitalter aufgewachsen ist, und eine andere
Generation, die nicht in dieser Zeit groß geworden ist. Für die jüngere Generation ist die
Anpassung dem Informationszudrang leichter und natürlicher als für die ältere Generation
(Balázs 2009: 25). Eine paradoxe Erscheinung ist, dass neben dieser Entfernung der
Menschen auch die Annäherung präsent ist. Leute aus allen Enden der Welt mit einem
Internetzugang und mit ähnlichem Interessenkreis haben die Möglichkeit den Kontakt
aufzunehmen.
Unter den vielen sozialen Veränderungen dieses digitalen Mediums ist die
Demokratisierung der Geschlechter (vgl. Juhász 2010: 64) aus der Sicht dieser Arbeit wichtig.
Durch das Internet kann sich die Gleichrangigkeit der Frauen und Männern leichter
verwirklichen. Dabei spielt die Anonymität der Internetbenutzer eine große Rolle.
Wie es Schmitz vor etwa zehn Jahren prophezeit hat, ist das Internet heute ein ständiger
Gegenstandbereich der Linguistik (vgl. Schmitz 2000: 269). Das neue Medium ist wegen der
Veränderung der oben dargestellten kommunikativen und sozialen Beziehungen besonders
interessant. Wie wurde aber das Internet zu einem Faktor, die solche Veränderungen auslösen
kann. Im ersten Teil wird dieser Prozess detaillierter betrachtet. Es ist ein geschichtlicher
Überblick, wie sich das Internet massenhaft verbreitet hat. Im zweiten Punkt werden die
Sozialen Medien und ihre Popularität dargestellt.
1.1 Wie wurde das Internet zu einem Faktor, der die Sprache
beeinflusst?
In diesem Punkt wird der Prozess geschildert, wie das Internet zu einem Einflussfaktor wird,
der sogar einen Sprachwandel auslösen könnte. Der Ausgangspunkt ist, dass das Internet nur
in dem Fall auf die Sprache wirken kann, wenn die Mehrheit der Sprachbenutzer die Chance
hat, Inhalte und Informationen im Internet selbst zu veröffentlichen. Heute kann schon jeder
diese Möglichkeit ausnutzen. Sie sind nicht mehr passive Beobachter. Es war aber nicht
immer so. Hier wird „die Transformation vom passiven Publikum zur aktiv partizipierenden
Öffentlichkeit“ (Fraas / Barczok 2006: 138) skizziert. Die vorhandene Fachliteratur
veranschaulicht die Geschichte des Internets auf ähnliche Weise, aber die Darstellung von
Schlobinski ist die formellsten. Aus diesem Grund wird sie hier betrachtet.
Das Internet ist eine amerikanische Entwicklung aus dem Jahre 1960. Es ist eine
Assoziation mehrerer Netzwerke (vgl. Crystal 2001: 3). Die Verbindung der
5
Computernetzwerke hat dazu gedient, die Verknüpfung des Gesprächspartners unter allen
äußeren Umständen zu sichern. Am Anfang wurde es nur zu militärischen Zwecken benutzt.
Es kann als erste Hauptphase der Entwicklung bezeichnet werden (vgl. Schlobinski 2000: 1).
In der zweiten Phase haben sich amerikanische Universitäten mit ihren Netzwerken der
Assoziation angeschlossen. Die Anwendungsbereiche des Internets haben sich ausgebreitet:
es wurde in Dienst der Wissenschaft gestellt. Für die folgenden vierzig Jahre war die Vielfalt
der Entwicklungen in diesem Bereich typisch. Die Betrachtung dieser Neuerungen ist nicht
die Aufgabe dieser Arbeit. Aus diesem Grund wird eine Zeitspanne übergesprungen.
Die 2000er Jahre bedeuten den Beginn der Demokratisierung des Netzes, und damit den
Beginn der dritten Phase (vgl. ebd.). Damals sind die Erneuerungen erschienen, die als Soziale
Medien bezeichnet werden können. Die bereits vorhandenen Webseiten werden mit Inhalt von
den Benutzern erfüllt. Die letzte Phase bezeichnet Schlobinski als Kommerzialisierung des
Internets (vgl. ebd.).
1.2 Soziale Medien
1.2.1 Was gehört zu Sozialen Medien?
“Social Media is a revolutionary new trend” (Kaplan/Haenlein 2010: 59) schreibt Kaplan und
Haenlein über Soziale Medien. Neu sind sie in dem Sinne, dass sie seit etwa zehn Jahren
existieren. Anhand der vier Hauptphasen von Schlobinski können sie in die dritte Phase
eingeordnet werden. Die Bezeichnung revolutionär ist auch stichhaltig, weil sie eine “neue
Dimension der Online-Kommunikation” (Fraas / Barczok 2006: 138) eröffnen. Die Frage,
was eigentlich Social Media ist, und was nicht dazu gehört, ist aber komplex. Anhand der
vorhandenen Definitionen kann festgestellt werden, dass keine exakte Bestimmung präsent
ist.
Der Begriff „Social Media“ stammt aus dem Englischen, aber die deutsche Übersetzung
„Soziale Medien“ (vgl. Gabler Wirtschaftslexikon) ist bereits verbreitet. Aus diesem Grund
werden sie in dieser Arbeit bedeutungsgleich verwendet. Die Pluralform bezieht sich darauf,
dass diese Bezeichnung „ein Sammelbegriff für internetbasierte mediale Angebote, die auf
sozialer Interaktion und den technischen Möglichkeiten des sog. Web 2.0 basieren” (vgl.
ebd.). Die Einführung von Web 2.0 in die Definition ist aber nicht unproblematisch. Aus dem
Web 2.0 ist nämlich auch eine andere Entwicklung entstanden, die die Abgrenzung von Social
Media noch schwieriger macht. Sie ist die sog. „Social Networking”. Obwohl die Grenzen
zwischen den zwei Erscheinungen relativ fließend sind, und sie werden oft unter dem
6
Oberbegriff Social Media behandelt, können sie voneinander getrennt werden. „Die sozialen
Netzwerke stellen Online-Gemeinschaften dar, in denen sich Anwender treffen,
Informationen austauschen und neue Kontakte knüpfen” (Prevezanos 2011: 1021). „Die
neuen Internetinhalte” (ebd.), die von diesen aktiven Anwendern und nicht von Firmen,
Redaktionen, Verlagen usw. gestaltet wurde, gehören zum Oberbegriff Soziale Medien. Eine
Ergänzung soll aber hinzugefügt werden. Soziale Medien können im Dienst verschiedener
Firmen stehen. Es gibt mehrere Möglichkeiten dazu. Die Bekannteste ist, dass sie
Internetbenutzer anstellen, ihre Produkte zu popularisieren. Eine andere
Verwendungsmöglichkeit ist, wenn die Firmen eine Plattform zur Meinungsverteilung für
Kunden zustande bringen. In diesem Fall werden Soziale Medien auch “consumer-generated
media” (Mangold / Faulds 2009: 357) genannt.
Die Definitionen sind sich darüber einig, dass es um einen Sammel- oder Oberbegriff
geht, aber die Meinungen, was in diese Kategorie eingeordnet werden kann, gehen
auseinander. Die zwei oben dargestellten Bestimmungen stellen fest, dass nur die von aktiven
Internetbenutzern gestalteten Inhalte zu Sozialen Medien gehören. Es gibt aber auch andere
Vorstellungen. Nach einer Bestimmung bestehen Soziale Medien aus drei Ebenen. Die Erste
ist die individuelle Ebene, die „die Beteiligung von Nutzern an der Gestaltung von
Internetangeboten” (Michelis/Schildhauer 2012: 19ff.) bedeutet. Die technologische Ebene ist
das Nächste, und als dritte Ebene beschreibt Michelis und Schildhauer die sozio-ökonomische
Ebene, die „alle direkte und indirekte Auswirkungen auf gesellschaftliche und wirtschaftliche
Strukturen” (ebd. 18) umfasst.
Als letzte Definition wird die meistverbreitete Auffassung von Kaplan erläutert. Er
bestimmt Social Media als die Gesamtheit von Web 2.0 und von sog. „User Generated
Content” (vgl. Kaplan 2010: 60ff.). Das bedeutet, dass alle Ideologien und neue
kommunikationstechnologische Entwicklungen von Web 2.0 und alle von Benutzern
generierten Inhalte im Internet zum Begriff Social Media gehören.
Aus soziolinguistischer Sicht spielen die Inhalte, die von alltäglichen Benutzern
gestaltet werden, eine große Rolle. Bei der Gestaltung dieser Inhalte kann das Fehlen einer
Kontrolle beobachtet werden (vgl. Mangold/Faulds 2009: 359, Kaplan 2010: 59), das aus der
Sicht der empirischen Untersuchung wichtig ist.
7
1.2.2 Klassifikation der Sozialen Medien
In diesem Punkt werden die Inhalte, die von aktiven Internetbenutzern konstruiert werden,
klassifizieren. Die Klassifikation von Kaplan ist die geeignetste für diesen Zweck, weil sie mit
Hilfe von zwei Dimensionen, die aus linguistischer Sicht wichtig sind, aufgestellt wurde.
Diese sind die Folgenden: „social presence“/„media richness“ einerseits, und „self-
presentation“/„self-disclosure“ andererseits. Tabelle 1: veranschaulicht die Einordnung der
Sozialen Medien.
Social presence/Media richness
Low Medium High
Self-presentation/
disclosure
High Blogs
Social networking sites
(e.g. Facebook)
Virtual social worlds
(e.g. Second Life)
Low
Collaborative projects
(e.g. Wikipedia)
Content communities
(e.g. YouTube)
Virtual game worlds
(e.g. World of Warcraft)
Tabelle 1: Classification of Social Media by social presence/media richness and
self-presentation/self-disclosure (Kaplan 2010)
Social presence bezieht sich auf die Direktheit zwischen den Kommunikationspartnern.
Kaplan setzt voraus, dass Soziale Medien, die synchrone Kommunikation ermöglichen, diese
Direktheit sichern. Je synchroner die Kommunikationsform ist, desto direkter ist die
Beziehung zwischen den Partnern (vgl. Kaplan 2010: 61). Media richness bedeutet in diesem
Fall die Menge der Informationsübertragung in einer bestimmten Zeit, wobei die
Multimedialität eine große Rolle spielt, z.B. mit einem Video sind mehrere Informationen
übertragbar. Er behandelt diese zwei Begriffe unter einer Dimension, weil sie in engen
Beziehungen zueinander stehen. Je direkter die Beziehung ist, desto mehr Informationen
werden durch ein Medium übertragen werden (vgl. ebd.). Die andere Dimension steht in
Verbindung damit, wie viele Informationen der Benutzer über sich mitteilt (vgl. ebd. 62).
In dieser Arbeit wird Twitter als Korpus gewählt. Es ist eine kostenlos verwendbare
Microblog-Dienstleistung im Internet (vgl. Rézműves/Szy 2011: 9). Seit 2006 existiert es, und
ist in dieser relativ kurzen Zeit „ein unerlässliches Instrument von Social Media”1
(ebd.). Ein
Grund der Wahl ist u.a. diese Aktualität. Die Kategorie „Microblog” bezeichnet Weblogs, wo
der Internetbenutzer insgesamt 140 Charaktere (die Wortzwischenräumen inbegriffen) hat,
seine Gedanken zu veröffentlichen. Aus diesem Grund wird es auch „SMS des Internets“2
1
Übersetzung von Zs.P.
2
Übersetzung von Zs.P.
8
(ebd.) genannt. Die begrenzte Zahl des Charakters ist aus linguistischer Sicht interessant. Die
Techniken, die der Verminderung dieser Zahl dienen, können sehr gut beobachtet werden.
Ein anderer Grund der Wahl ist, dass die Anwender die Möglichkeit haben, an der
Gestaltung der Inhalte im Internet aktiv teilzunehmen. Obwohl die Klassifikation von Kaplan
die Microblogs selbständig nicht behandelt, können sie zwischen Blogs und Social
networking sites platziert werden. Obwohl social presence/media richness sehr gering ist, d.h.
die Beziehung zwischen den Kommunikationspartnern die Indirekteste unter den Sozialen
Medien ist, ist self-presentation/self-disclosure hoch. Anders formuliert: Der Anwender
veröffentlicht viele Informationen über sich trotz der Tatsache, dass seinen Eintrag (“Tweet”)
auch von Unbekannten gelesen werden.
1.2.3 Die Popularität der Sozialen Medien
Interessant ist der Prozess, wie eine neue Entwicklung der Sozialen Medien bewertet wird.
Die Popularität und der reale Wert eines Sozialen Mediums kann mit Hilfe von sog. Social
Media Hype Cycle bestimmt werden. Hyple Cycle wird in drei Abschnitte unterteilt.
Wenn eine informationstechnologische Erneuerung auf dem Markt erscheint, sind die
Erwartungen der Benutzer und die Popularität des neuen Mediums noch übermäßig groß. Die
Leistung der Entwicklung wird meistens überschätzt. Sie gehören zu dem ersten Abschnitt.
Nach dem Höhepunkt der Popularität folgt der Abschnitt der Desillusion. Hier werden der
Mangel und die Grenzen der neuen Medien klar. Das Ende dieses Abschnitts ist ein
Scheideweg: entweder verschwinden sie, oder werden sie objektiv eingeschätzte und wieder
populäre Medien. Das aus dem Jahr 2013 stammende Social Media Hype Cycle (Abbildung
1:) veranschaulicht die neusten Ergebnisse.
9
Abbildung 1: Social Media Hype Cycle (Ptacek 2013)
Die Abbildung zeigt den genauen Platz von Twitter. Es steht im dritten Abschnitt nach
dem Scheideweg. Twitter ist bis heute populär und wahrscheinlich wird in der Zukunft noch
populärer.
Auf die Sprache können nur die Entwicklungen wirken, die die grundlegenden
Erwartungen erfüllen. Diese sind die Folgenden: ein Produkt soll weit verbreitet werden, und
die Benutzer sollen die Möglichkeit haben, Informationen oder ihre Meinungen mitzuteilen.
Über die Entwicklungen, die bereits real bewertet sind, kann festgestellt werden, dass sie
diese Erwartungen erfüllen. Die Mehrheit der Sprachbenutzer verwendet sie, und nimmt auch
am Konstruieren der Online-Inhalte teil.
10
2 Internet und Gender
Das Internet und besonders die neuen Entwicklungen von Web 2.0 können deutliche
Veränderungen in der Sprache und in der Kommunikation verursachen. Im ersten Punkt
dieses Teils werden sie aus soziolinguistischer Sicht betrachtet. Eine mögliche mit dem
Medium Internet in Verbindung stehende Sprachvarietät wird auch dargestellt. In der anderen
Hälfte geht es um die neueren Vorstellungen und Konzepten von Gender. Obwohl zwei Teile
festgestellt wurden, ist es wichtig, die Beziehungspunkte der dargestellten Begriffe zu
veranschaulichen, deshalb gibt es einige Überlappungen der beiden Teile.
2.1 Digilekt
Die Hauptthese der Soziolinguistik ist, dass die Sprache in Varietäten existiert: Sprache kann
“als eine Menge von Varietäten [verstanden werden], deren Eigenschaften in einem
mehrdimensionalen Raum festgelegt sind” (Dittmar 1997: 174). Der Ausgangspunkt dieser
Arbeit ist dieser Grundsatz. Die Expansion des aktiven Benutzerkreises des Internets hat die
Aufmerksamkeit der Linguisten auf die neuen sprachlichen Phänomene gelenkt. Darüber, ob
sie als Merkmale einer neuen Sprachvarietät aufgefasst werden können, gehen die Meinungen
auseinander. Bis heute ist es noch eine offene Frage. Schlobinski vertritt die Meinung, dass
die Textsorten im Internet so unterschiedliche Merkmale aufweisen, dass keine generelle
Aussage formuliert werden kann (Schlobinski zitiert nach Veszelszki 2011: 6).
Die Textsorte ist nicht der einzige kritische Punkt. Die sprachlichen Eigenarten der
Internetkommunikation können in verschiedenem Maße bei der gleichen Textsorte
vorkommen. Als Beispiel kann der Unterschied zwischen offiziellen und informellen E-Mails
gebracht werden. In einer offiziellen E-Mail verwendet man z.B. deutlich weniger oder
überhaupt keine Emoticons. Es steht natürlich mit dem internetspezifischen Etikett, dem sog.
„Netikett” im Zusammenhang. Auf komplexeste Weise formuliert Storrer ihre Kritik gegen
„Sprache des Internets” als eigenständige Varietät: Es gibt “[...] nicht nur erhebliche
Unterschiede zwischen Kommunikationsformen [...], sondern auch eine große Variation
innerhalb derselben Form in unterschiedlichen Kontexten” (Storrer 2013: 338).
Andere Forschungen versuchen die neuen Phänomene unter einem Terminus technicus
zu behandeln. Die meistverbreitete Bezeichnung ist „netspeak” von Crystal (vgl. Crystal
2001: 19). Er verwendet es als eine Alternative zu „Netlish”, „Weblish”, „Internetlanguage”,
11
„cyberspeak”, „electronic discourse”, „electronic language” usw. Der Grund, warum er diesen
Begriff bevorzugt, ist, dass sich „speak” nicht nur auf „sprechen”, sondern auch auf
„schreiben” bezieht, und setzt ein Rezipient als Hörer oder als Leser voraus (vgl. ebd.). Mit
dem Vorhandensein des Rezipienten betont er den interaktiven Charakter des Mediums. Auf
die Vorstellung von Crystal basierend nähert sich Veszelszki diesem Phänomen aus
soziolinguistischer Sicht an. Ihre eigene Prägung ist Digilekt3
auf die sprachliche Varietät der
computer-mediated communication (vgl. Veszelszki 2011: 7). Der Grund, warum es als
eigenständige Sprachvarietät gesehen werden kann, sind ihre Eigenschaften (z.B. die
Heterogenität und der verschiedene Muster verschmelzender Charakter), die für andere
Medien nicht charakteristisch sind (vgl. ebd.). In dieser Arbeit wird diese Auffassung
vertreten. Anhand der Analyse von Veszelszki (2010) verfügt diese Varietät über bestimmte
pragmatische-textlinguistische, lexikalische, grammatische und formelle Merkmale (vgl.
ebd.). In der empirischen Untersuchung werden nur die Merkmale hervorheben, die im
genderspezifischen Humor eine wichtige Rolle spielen.
2.1.1 Digilekt als medialer Lekt
Interessant ist die Frage, welchen Status die neue Sprachvarietät hat, wie sie in vorhandene
soziolinguistische Modelle integriert werden kann. Die Bestimmung des konkreten Status ist
nicht eindeutig, aber verschiedene Vorstellungen sind darüber vorhanden: Digilekt kann
entweder als Stil, oder als Sozio- oder Mediolekt aufgefasst werden (vgl. ebd). In diesem
Punkt wird sie als Mediolekt behandelt.
“Die Eigenschaft des neuen Mediums ist, dass es die Dichotomie der Mündlichkeit und
Schriftlichkeit auflockert”4
(vgl. Veszelszki 2010: 4). Bereits die früheren Forschungen im
Bereich Internetlinguistik betonen, dass sich das Verhältnis zwischen Mündlichkeit und
Schriftlichkeit durch das neue Medium im großen Maße verändert. Bestimmte Merkmale der
gesprochenen Sprache werden durch schriftsprachliche Mittel nachgebildet, d.h. eine neue
Kombination der mündlichen und schriftlichen Versprachlichungsmuster entsteht (Feldweg
zitiert nach Storrer 2013: 333f). In der deutschen Fachliteratur wird oft den aus Oralität und
Literalität gebildeten Begriff “Oraliterarität” (Döring zitiert nach Schmitt 2010: 51) und
“geschriebene Mündlichkeit” (Runkehl zitiert nach Löffler 2010: 85) zur Bezeichnung dieses
3
Übersetzung von Zs.P.
4
Übersetzung von Zs.P.
12
Phänomens verwendet. In der modernen ungarischen Linguistik hat sich der Ausdruck „neue
Sprechsprachlichkeit”5
(Balázs 2011: 18) verbreitet.
Bei der Einordnung des Digilekts als Mediolekt in die Varietätenmodelle ist beschränkt,
weil die Varietätenmodelle oft die mediale Dimension nicht beinhalten (vgl. Veszelszki 2010:
1f.). Veszelszki versucht Digilekt in zwei Modelle, ins Varietätenmodell von Löffler (1985)
und ins Modell von Koch und Oesterreicher (1994) zu integrieren (vgl. ebd.).
2.1.1.1 Digilekt im Modell von Löffler
Der größte Vorteil des Sprachwirklichkeitsmodells von Löffler ist im Gegenteil zu den
anderen Modellen, dass es den Sprachgebrauch nicht eindimensional, sondern als ein
“übergangsloses Kontinuum” behandelt, in dem die außersprachlichen Einflüsse eine große
Rolle spielen: “Die Kategorien der Klassifizierung [...] sollen [...] extralinguistisch sein, das
heißt, sie sollten aus dem Bereich der sozialen Konstellation [...] oder Interaktion stammen
(Löffler 2010: 80). Es wird auch hervorgehoben, dass die Grenzen zwischen diesen einzelnen
Kategorien relativ fließend sind (vgl. ebd.).
Die dargestellten acht Varietäten werden in zwei größere Teile geordnet: “gesprochen”
und “geschrieben”. Es wird graphisch mit einer horizontalen Linie veranschaulicht. Diese
Einteilung geschieht danach, ob die einzelnen Varietäten eher in der gesprochenen oder in der
geschriebenen Sprache realisiert werden können (vgl. Bittner 2003: 300). Daraus folgt, dass
dieses Modell stark dichotom ist. Wie die gesprochene Sprache von der geschriebenen
Sprache getrennt werden kann, formuliert Löffler folgenderweise: “Der Hauptunterschied
liegt in der Funktion, der kontextuellen Situierung im Sprachleben und einem
unterschiedlichen Inventar sprachlicher Regeln und grammatischer Kennzeichnungen”
(Löffler 2010: 81).
Grob zusammengefasst charakterisiert er die gesprochene Sprache als primär, die
Sprachproduktion in diesem Fall als momentan und spontan, die Rede als bidirektional, und
ordnet sprachliche Merkmale wie z.B. reduzierter Wortschatz, häufige Parataxe usw. auch
dazu (vgl. Löffler 2010: 82ff.). Im Gegensatz dazu ist die geschriebene Sprache laut Löffler
(ebd.) systematisch und historisch sekundär, die Text- und Sprachproduktion ist zeitversetzt.
Aus der Sicht der Schreiber/Leser-Konstellation geht es in diesem Fall um einen Autor und
einen oder mehrere Adressaten. Was die sprachlichen Merkmale betrifft, sind die
grammatisch wohlgeformten Sätze, längere Hypotaxen, Nominalstil kennzeichnend (vgl.
ebd.).
5
Übersetzung von Zs.P.
13
Die größte Schwäche dieses Modells ist eben die dargestellte einfache Opposition. Die
Frage wird aufgeworfen, ob “die” gesprochene und “die” geschriebene Sprache überhaupt
existieren. Sie stellen nämlich nur die „prototypische6
Kombinationen von Zeichensystem,
Medien und Kommunikationsform” (Bittner 2003: 62) dar. Selbst Löffler betont, dass sich die
neuen Medien “nicht mehr in traditionell mündliche [...] und schriftliche [... ] einteilen” lassen
(vgl. Löffler 2010: 85), woraus folgt, dass die Sprachvarietät Digilekt schwer ins Modell
integrierbar ist. Es lässt sich zwischen der gesprochenen und geschriebenen Sprache
platzieren (vgl. Veszelszki 2010: 4), wie es Abbildung 2: zeigt.
Abbildung 2: Das modifizierte Varietätenmodell von Löffler (Veszelszki 2010)
Diese Zwischenstellung wäre aber nur in dem Fall stichhaltig, wenn Digilekt die
Merkmale der gesprochenen Sprachvarietät in geschriebener Form enthalten würde, oder
umgekehrt. Es kann aber behauptet werden, dass es nicht ausschließlich um die Kombination
dieser beiden Varietäten geht. Bódi stellt fest, dass die Sprache des Internets die
Eigenartigkeiten der geschriebenen und gesprochenen Sprache mit den Eigenschaften dieses
elektronischen Mediums kombiniert (vgl. Bódi 2004: 288).
Weiterhin ist es problematisch, dass die medialen, zeichensystematischen und
kommunikationsformalen Aspekte im Modell nicht getrennt erscheinen, deshalb können sie
nicht im Einzelnen beurteilt werden (vgl. Bittner 2003: 63).
6
Hervorhebung von Zs.P.
14
2.1.1.2 Digilekt im Modell von Koch/Oesterreicher
Ein nuanciertes Bild kann man bekommen, wenn Digilekt als Mediolekt innerhalb des
Modells von Koch und Oesterreicher betrachtet wird. Die Dichotomie der gesprochenen und
geschriebenen Sprache wird mit den Begriffen konzeptionelle Mündlichkeit und
Schriftlichkeit verfeinert (Koch/Oesterreicher zitiert nach Storrer 2013: 334ff), obwohl die
sprachliche Äußerung primär mediendifferenziert bleibt (vgl. Bittner 2003: 66). Das bedeutet,
dass sie zuerst anhand des Mediums Mündlichkeit und Schriftlichkeit kategorisiert wird.
Diese Einordnung bleibt weiterhin dichotom (vgl. ebd.).
Im Gegenteil dazu ist der Übergang zwischen konzeptioneller Mündlichkeit (Nähe) und
konzeptioneller Schriftlichkeit (Distanz) fließend. Es kann als eine Skala aufgefasst werden.
Die Kommunikationsbedingungen (Privatheit-Öffentlichkeit, Vertrautheit-Fremdheit,
Emotionalität-keine Emotionalität usw.) und die Versprachlichungsstrategien (Vorläufigkeit-
Endgültigkeit, geringer Planungsaufwand-hoher Planungsaufwand usw.) sind entscheidend
dafür, wohin eine sprachliche Äußerung eingestuft werden könnte (vgl. ebd.). Eine Ergänzung
des Modells stammt von Dürscheid (2006) und Veszelszki (2010). Innerhalb medialer
Schriftlichkeit werden zwei weitere Kategorien “elektronisch” und “nicht elektronisch”
determiniert. Anhand dieser Einordnung gehört “Tweet” zu den medial schriftlichen,
elektronischen und konzeptionell mündlichen Kommunikationsformen (vgl. Veszelszki 2010:
5). Hiba! A hivatkozási forrás nem található. stellt das erweiterte Modell dar.
konzeptionell schriftlich konzeptionell mündlich
nicht
Gesetz; wissensch. Arbeit; Ansichtskarte; Protokoll, Drehbuch
medial elektronisch
schriftlich
elektronisch offizielle E-mail; Forum; Blog; private E-mail; Gästebuch; Tweet; Chat
medial
wissensch. Vortrag; Predigt; Radiointerview; Talkshow; Unterhaltung
mündlich
Tabelle 2: Das modifizierte Modell von Koch/Oesterreicher (Veszelszki 2010)
Veszelszki geht davon aus, dass es keine enge Korrelation zwischen Medium und
Konzept gibt, deshalb können eigenartige Kreuzungen vorkommen. Als Beispiel bringt sie die
medial schriftlichen, aber konzeptionell mündlichen Kommunikationsformen (vgl. ebd.).
Anscheinend geriet das Medium bei der Einstufung sprachlicher Äußerungen in die
konzeptionelle Skala, aber in der Tat spielt es eine wichtige Rolle, weil die
Kommunikationsbedingungen durch das Medium bestimmt werden (vgl. Bittner 2003: 66f.).
15
Die enge Verbindung zwischen den zwei Begriffen kann auch damit erklärt werden, dass “die
beiden Pole konzeptioneller Mündlichkeit bzw. Schriftlichkeit tatsächlich der idealtypischen
Verwendungsweise der jeweiligen medialen Realisierungen” (Bittner 2003:66f.) sind. Die
Unklarheiten folgen laut Bittner daraus, dass das Modell die Beziehung zwischen Konzept
und Medium nicht erläutert. Ein weiteres Problem ist, dass die Verbindung zwischen
Kommunikationsbedingungen und sprachlichen Merkmalen im Modell nicht vorgestellt wird.
Die einzelnen Kommunikationsformen der digitalen Medien können ins Modell integriert
werden, wie es auch Veszelszki macht. Aber es wird nicht deutlich, warum einige medial
schriftliche und konzeptionell mündliche Kommunikationsformen in der computervermittelter
Kommunikation erscheinen, und warum andere nicht (vgl. ebd. 67).
Neben der fehlenden Darstellung der Beziehung von einzelnen Begriffen werden in den
neueren Untersuchungen (z.B. Thaler 2012) die nicht mehr aktuellen
Kommunikationsbedingungen kritisiert. Die konzeptionelle Mündlichkeit und Schriftlichkeit
als Endpunkte der Skala korrelieren mit der Privatheit und Öffentlichkeit. Man kann über
einen Strukturwandel sprechen, wodurch die sog. “öffentliche Privatsphäre” entsteht (vgl.
Habermas zitiert nach Schmitt 2010: 49). Im Fall von als Korpus gewähltem Twitter kann es
auch beobachtet werden. Wenn die Firmen, Organisationen, Institutionen usw. ausgefiltert
werden, wird es deutlich, dass die Benutzer diese Dienstleistung als persönliches Tagebuch
behandeln, obwohl jeder andere User ihre Einträge angucken kann.
2.1.2 Digilekt als nicht-medialer Lekt
Als eine Lösung der Probleme der dargestellten Modelle schlägt Bittner (2003) ein neues
medial orientiertes Varietätenmodell vor. Der konkrete Untersuchungsgegenstand der
vorliegenden Arbeit kann damit am besten veranschaulicht werden. In diesem Modell
erscheinen Medium, Kommunikationsformen und nicht-mediale Lekte auf unterschiedlichen
Ebenen. Er geht davon aus, dass Medium in jedem Kommunikationsakt, in jeder Realisierung
präsent ist, deshalb nennt er es „eine obligatorische Wahl” (Bittner 2003: 298). „Rede“ hat
hier eine Sonderrolle, weil sie ohne mediale Vermittlung auskommt (vgl. ebd.). In der
vorliegenden Arbeit ist das Internet das Medium.
Die nächste Ebene ist die Ebene der konkreten Nutzungsformen eines Mediums. Sie
haben unterschiedliche sprachliche, kommunikative Funktionen und Formen. Die Wahl ist in
diesem Fall auch obligatorisch, weil sie stark von dem Medium abhängig sind (vgl. ebd. 299).
In dieser Untersuchung ist “Tweet” die Kommunikationsform. Auf der letzten Ebene
erscheinen die sog. nicht-medialen Lekte, die aus dem Modell von Löffler (1985) stammen.
16
Sexlekt soll aber mit dem Begriff Genderlekt ausgetauscht werden. Die Gründe dafür werden
im Punkt 2.2 betrachtet. Ein Unterschied zu dem originalen Modell ist, dass die konkreten
Interaktionstypen und Situolekte nicht mehr auf dieser Ebene platziert werden. Sie erscheinen
als konkrete Kommunikationsformen (vgl. Bittner 2003: 300). Aus der Sicht der empirischen
Untersuchung sind Genderlekte als nicht-mediale Lekte wichtig.
Abbildung 3: Das modifizierte Varietätenmodell von Bittner (2003)
Die Aufgabe, Digilekt in dieses Modell zu integrieren, ist schwer. Veszelszki hebt
mehrmals hervor, dass er auch als Soziolekt oder Stil gesehen werden kann (vgl. Veszelszki
2011: 7). In dieser Hinsicht steht er als eigenständige Varietät auf der Ebene der nicht-
medialen Lekte in diesem Modell.
2.2 Genderlekt
2.2.1 Gender offline
Die vorhandenen soziolinguistischen Arbeiten heben hervor, dass es grundlegende
Unterschiede zwischen den Geschlechtern gibt. Bereits Ammon (1973) beschäftigt sich mit
dieser Frage aus der Sicht des Verhältnisses von Geschlecht und Gesellschaft. Innerhalb der
von ihm aufgestellten soziolinguistischen Kategorien wurde das Geschlecht mit der sozialen
Rolle in Zusammenhang gebracht. Nach seiner Definition ist Geschlecht eine
soziolinguistische Kategorie, die „[…] das allgemeine Verhältnis des Individuums zur
Gesellschaft“ zeigt (Ammon 1973: 16f.). Auch die Flexibilität dieser Kategorie wird hier
17
betont. Das Individuum soll die ständig ändernden Erwartungen der Gesellschaft z.B. der
Rollenwechsel in der Familie erfüllen. Es bringt den Wechsel des Sprachgebrauchs mit sich
(vgl. ebd.).
In der ungarischen Fachliteratur sind auch die Unterschiede zwischen zwei
Geschlechtern betrachtet. Cseresnyési (2004: 79) begründet aber die Differenzen damit, dass
sich die sprachliche und sich die geschlechtliche Rolle durch differenzierte Nachahmung von
Kindern parallel vererbt werden. Die Gesellschaft und die Kultur spielen dabei eine große
Rolle. In den Gesellschaften, in denen die Frauen an engeren kommunikativen Netzwerken
teilnehmen als die Männer, sind diese Differenzen zwischen den Sprachgebräuchen größer.
Aus diesem Grund ist der Sprachgebrauch der Frauen in diesen Gesellschaften traditioneller.
Als Beispiel bringt er die japanische Sprache, in der solche Personalpronomina vorhanden
sind, die ausschließlich von Männern benutzt werden können (vgl. ebd.).
Die dargestellten zwei Beispiele betrachten die Unterschiede nicht als eine
eigenständige Varietät, d.h. nicht als Genderlekte. Der Ausdruck kommt in der deutschen
Varietätenlinguistik zuerst bei Löffler vor. Er bezeichnet Geschlecht als “soziales Merkmal
[...] nicht nur als Determinante unter vielen miterhoben werden (müsse), sondern auch als
varietätenbestimmender Faktor” (Löffler zitiert nach Gräßel 1991: 129). In der ersten Fassung
des Sprachwirklichkeitsmodells verwendet er den Begriff “Sexlekt”, später wird es mit
“Genderlekt” ausgetauscht (vgl. Löffler 1985, 2010).
Auch Veith hält die Bezeichnung Sexlekt für problematisch, weil sie die Rolle des
biologischen Geschlechts betont. Er schlägt den Ausdruck Genderlekt in dem Sinne „ein[es]
hypothetisch[en] Sprachsystem[s] als Funktion des sozialen Geschlechts“ (Veith 2005: 157)
vor. Dies bezieht sich auf das erste Problem des Begriffs „gender”, das im Weiteren betrachtet
wird.
2.2.1.1 Sex vs. Gender
Bis zu den 1950er/60er Jahren wurde kein Unterschied zwischen den Begriffen „sex” und
„gender” in der deutschen Fachliteratur gemacht. In diesen Jahren wurde zuerst Gender aus
dem Englischen übernommen, und wird für die Bezeichnung des sozialen Geschlechts
verwendet (vgl. Ayaß 2008: 11). Gibt es aber eine Verbindung zwischen den Begriffen? Ist es
wirklich zweckmäßiger “Gender” zu verwenden? Was beinhaltet dieser Begriff? Die
Beantwortung der Fragen ist das Ziel des folgenden Teils.
Die früheren feministischen und genderlinguistischen Arbeiten definieren „sex” als der
körperliche Status der Menschen, der durch primäre und sekundäre Merkmale determiniert
18
wird. Im Gegenteil dazu ist „gender” ein Bündel der sozial geprägten Eigenschaften (vgl. ebd.
11f.). Die Verbindung zwischen ihnen besteht darin, dass gender lange Zeit biologisch
fundiert gedacht wurde, d.h. das biologische Geschlecht bestimmt u.a. das Sprachverhalten
von Frau und Mann. Diese Vorstellung geht so weit, dass Lakoff (1975) den Ausdruck
“women's language” ausgestaltet (vgl. Lakoff zitiert nach Rodino 1997). Auf diese Weise
können fundamentale Unterschiede zwischen den zwei Geschlechtern beobachtet werden.
Zum Beispiel die Frauen sprechen „powerlessness” (ebd.) sie üben einen „rapport talk”(ebd.)
aus, und in der Interaktion sind sie „shitworkers of routine interaction” (Fishman zitiert nach
Rodino 1997). Auffallend ist es in diesen Studien, dass Sprachverhalten der Männer als
Vergleichsgrundlage betrachtet wurden.
Bis zu den 1980er Jahren wird der Zusammenhang zwischen sex und gender nie
bezweifelt (vgl. Ayaß 2008: 12). Die neueren Arbeiten lehnen diese Auffassung ab, z.B.
Gildemeister und Wetterer (1992) nennen diese Zweitteilung als Scheinlösung:
[Es] hängt mit einer stillschweigenden Parallelisierung von biologischem und
sozialem Geschlecht zusammen und besteht deshalb nicht nur in einer verlagerten
[...] Biologismus, sondern in einem latenten Biologismus der Gesamtkonstruktion7
'sex-gender'. (Gildemeister/Wetterer zitiert nach Ayaß 2008: 13)
Aus diesem Grund ist es zweckentsprechender die Begriffe sex und gender aus einer
anderen Sichtweise zu behandeln. Eine Lösung des dargestellten Problems bietet das Konzept
von “doing gender”, das in den interaktionsanalytischen Arbeiten bis heute erfolgreich
verwendet wird. An dieser Stelle wird dieses Konzept kurz erläutert. Es basiert auf
kulturgebundenen Methoden von Garfinkel (1967) und Goffmann (1977). Der Ausgangspunkt
dieser Vorstellung ist, dass gender nicht auf biologischen Gegebenheiten, sondern auf
„kulturelle Inszenierungspraktiken” basiert (Kotthoff 2002b: 1). Garfinkel hat in seiner
bekannten Agnes-Studie gezeigt, dass verschiedene Verhaltensweisen in der Interaktion
wechselseitig erzeugtes „accomplishment” sind (vgl. Garfinkel zitiert nach Kotthoff 2002b:
3f). Diese galten früher als Natur von Menschen. Ähnlich zu Garfinkel schreibt Goffmann,
dass Gender immer “die Dramatisierung einer kulturellen Idealisierung der maskulinen und
femininem Natur” (Goffmann zitiert nach Kotthoff 2002b: 6) beinhaltet. Diese Natur ist
Kultur, nur eben eine Kultur, die als Natur gesehen werden will (vgl. ebd).
Im Zusammenhang mit diesem Konzept existieren zwei Auffassungen. Anhand der
ersten Auffassung geht es nur um doing gender, wenn die kulturelle Rolle der Geschlechter
explizit-thematisch in der Interaktion hervorgehoben wird (vgl. ebd.). Es passiert aber nur in
7
Hervorhebung im Original
19
bestimmten Situationen. Im anderen Fall wird doing gender als „fortlaufendes
accomplishment” (West/Zimmermann zitiert nach Kotthoff 2002b: 4) definiert. Dieser
Ausdruck weist darauf hin, dass es in allen Alltagssituationen eingeschrieben wird:
“Menschen in konkreten Situationen im Umgang mit anderen Menschen [erzeugen] ihr
eigenes Geschlecht und das Geschlecht der anderen fortwährend8
” (West/Zimmermann zitiert
nach Ayaß 2008: 15). Geschlecht ist in diesem Sinne abhängig von der konkreten Situation.
Kotthoff (2002b) kritisiert stark die erste Auffassung, weil sie denkt, dass gender nicht nur auf
der Ebene der Etikette relevant ist. Sie bezeichnet insgesamt fünf Ebene der Relevantsetzung
von gender. Diese sind die Folgenden: doing gender auf der Ebene der Stimme und Prosodie,
Ebene der differenten Gesprächsstile, doing gender als Element der Etikette und der
Stilisierung des Körpers, Ebene der lokalen Geschlechtsneutralität und endlich
Medienrezipienz als omnipräsente gender-Folie (vgl. Kotthoff 2002b: 20).
Laut des neuen Konzepts ist Gender „ein kommunikatives Geschehen” (Ayaß 2008:
19), “not a set of traits, nor a variable, nor a role, but the product of social doings of some
sort” (ebd.). Diese Bestimmung hebt am besten die Flexibilität des Geschlechts hervor. Über
den Grad dieser Flexibilität gehen die Meinungen der Forscher gegenüber. Das wird hier nicht
detaillierter geschildert. Wichtig ist aber aus der Sicht dieser Arbeit, dass die Vertreter von
doing gender die Bezeichnung „Genderlekt” für problematisch halten. Sie denken, dass die
Merkmale des Genderlektes als fester Verbund auftreten (Günther zitiert nach Kotthoff
2002b: 7). Die Wurzel des Problems ist die uneinheitliche Definition des Begriffs Genderlekt.
Der Ausgangspunkt der Untersuchung ist, dass die Sprache in Varietäten existiert, wie es am
Anfang des Kapitels erläutert wurde. Daraus folgt, dass Genderlekt als eine Analysekategorie
in dem Sinne von Trudgill betrachtet wird. Er schreibt, dass Lekt „ein neutraler Begriff ist,
der sich auf jede Arte der Sprache, die der Linguist als eigenständige Entität behandeln
möchte, beziehen kann“9
(Trudgill zitiert nach Veszelszki 2010: 1). Natürlich wird die
Auffassung abgelehnt, dass jemand fortdauernd einen Genderlekt spricht. Die gegebene
Kommunikationssituation spielt dabei eine bedeutende Rolle, deshalb beschränkt die Arbeit
auf die Genderlekte in Sozialen Medien bzw. in Twitter.
In der Verknüpfung mit doing gender ist das daraus abgeleitete Konzept “undoing
gender” von Hirschauer (1994) erwähnenswert. Es bezieht sich auf “eine konstruktive
Leistung”, ein “praktiziertes Absehen von der Geschlechterdifferenz” (Hirschauer zitiert nach
Kotthoff 2002b: 7f.). Der größte Unterschied zu doing gender ist, dass er von der
8
Hervorhebung im Original
9
Übersetzung von Zs.P.
20
Diskontinuität der Geschlechterkonstruktion ausgeht. Er denkt, dass sie aus Handlungen
besteht (ebd.). Später wurden die Arten der Neutralisierungsarbeiten (z.B. mit bestimmten
Berufstätigkeiten) erweitert, d.h. das Geschlecht in verschiedenen Berufen, in denen es keine
Rolle spielt, wird in den Hintergrund gedrängt (vgl. Kotthoff 2002b: 8f). Die Kritik an dieses
Konzept ist, dass undoing gender in den meisten Alltagssituationen oft unbemerkbar bleibt,
und die Neutralisierungsarbeit durch Differenzarbeit ausgeglichen werden kann. Kotthoff
(2002b) schlägt deshalb eine Relevanzstruktur von gender zwischen den Polen doing und
undoing vor (ebd. 9).
2.2.1.2 Zweiteilung des Geschlechts
Neben den oben geschilderten Problemen, die im Grunde genommen die Verbindung von sex
und gender betreffen, ist die Zweiteilung des Geschlechts eine ständig wiederkehrende Frage
der Genderlinguistik. Natürlich stehen die zwei Probleme im Zusammenhang miteinander.
Ursprünglich wurde das soziale Geschlecht auf das biologische Geschlecht zurückgeführt,
deshalb war die Vorstellung virulent, dass insgesamt zwei Geschlechter existieren. Einerseits
ist diese Verbindung stark umstritten, wie es im vorherigen Punkt dargestellt wurde.
Andererseits ist es auch fragwürdig, ob es nur zwei biologische Geschlechter gibt. Wenn die
Chromosomenpaare die Grundlage der Teilung des biologischen Geschlechts bilden, dann
müssen festgestellt werden, dass es nicht nur zwei Kombinationen (XX, XY) gibt. Aus
diesem Grund sind die neuen Forschungen im medizinischen Bereich dafür, dass mehrere
biologische Geschlechter vorhanden sind (vgl. Ayaß 2008: 157).
Die ursprünglichen Kategorien sind männlich und weiblich, und alle Menschen können
in diese zwei Kategorien eingeordnet werden. Diese Einordnung kann eine “geburtliche
Zuschreibungspraxis” (Hirschauer 1989 zitiert nach Ayaß 2008: 11) genannt werden, d.h.
wenn jemand geboren ist, wird gleichzeitig explizit von dem Arzt in eine der beiden
Kategorie geordnet. Dieses Moment ist “de[r] erste Schritt in einem Sortierungsvorgang, der
die Angehörigen beider Klassen einer unterschiedlichen Sozialisation unterwirft” (Goffmann
zitiert nach Ayaß 2008: 12). Grob formuliert kann dieser Vorgang auch als “reflexive
Institutionalisierung” (ebd. 157) genannt werden.
Diese zwei Kategorien waren lange Zeit unveränderbar. Die ersten Forschungen, die
sich mit Transsexuellen beschäftigt haben, haben neue Ergebnisse im Zusammenhang der
Zweiteilung mitgebracht. Bis heute ist es umstritten, ob diese Menschen eine dritte Kategorie
bilden oder nicht. Solche Abweichungen wurden früher für krankhaft gehalten. Interessant ist
aber, dass diese Menschen mit den unterschiedlichen Anpassungsversuchen in die männliche
21
oder in die weibliche Kategorie eben die Zweiteilung des Geschlechts verstärken (vgl. Ayaß
2008: 158). Dabei spielen das biologische Geschlecht und die damit verbundene Sexualität
eine große Rolle. Es gibt aber Kulturen, wo ein drittes Geschlecht (z.B. “berdache”)
festgestellt werden kann. Hier ist der soziale Status ein entscheidender Faktor, z.B. die hoch
angesehenen Personen bilden diese dritte Kategorie (vgl. ebd.).
2.2.2 Gender online
Ein relativ neuer Zweig der Genderlinguistik befasst sich mit Gender im Internet. Dieses
Medium hat grundlegende Veränderungen auch in diesem Bereich mitgebracht. In diesem
Teil wird detaillierter betrachtet, wie Online-Gender konstruiert wird. Die Darstellung
beschränkt sich auf die Sozialen Medien, mit Schwergewicht auf die Microblog-
Dienstleistung Twitter.
Soziale Medien bieten zwei Möglichkeiten für die Konstruktion von Gender an.
“Nickname” und die persönliche Vorstellung sind von großer Bedeutung. Die Auswahl des
Nicknamens ist frei, d.h. es ist unabhängig von dem originalen Namen, Alter, Geschlecht
usw. Auf diese Weise wirkt es auf die Trennung von gender uns sex fördernd (vgl. Rodino
1997). Ausschließlich anhand des Nicknames können die Benutzer in drei Kategorien
geordnet werden. Hier ist die Wirkung des binären Gendersystems auch sichtbar. Einige
Nicknames spielen auf weibliche oder männliche Namen an. In den meisten Fällen geht es um
sog. “Puzzling Gender” (Bechdolf 1999 zitiert nach Ayaß 2008: 143) oder “Virtuelle
Crossdressing” (Turkle 1998 zitiert nach Ayaß 2008: 144). Diese Begriffe verweisen darauf,
dass die Zweigeschlechtlichkeit auch online unscharf ist. Internetbenutzer nehmen eine andere
Geschlechtsposition ein: Männer erscheinen als Frauen, und umgekehrt. Interessant ist, dass
Männer mit einem weiblichen Nicknamen am stärksten kritisiert werden (Bruckmann 1993).
Es steht damit im Zusammenhang, dass sie als „Frauen“ anhand ihres Sprachverhaltens die
sozialen Erwartungen nicht erfüllt haben. Zur dritten Kategorie gehören Benutzer, die eine
“gender-free” Identität (vgl. Herring 2000) gewählt haben. Sie funktioniert als eine Maske
(Danet 1998 zitiert nach Herring 2000). Es ist besonders für die Frauen typisch, weil sie oft in
der Kommunikation im Internet belästigt werden. Die gender-free Identität zeigt die
demokratisierende und neutralisierende Funktion des Internets.
Neben dem Nicknamen spielt die Vorstellung eine große Rolle. Im Fall von Twitter
stehen insgesamt 140 Charaktere zur Verfügung, einen ersten Eindruck über sich zu schaffen.
Aus der begrenzten Charakterzahl folgt, dass die Aufzählungen hier stark dominant sind. Die
Benutzer haben eine relative große Freiheit, sie können alles mitteilen, was sie wollen. Das
22
eigene Geschlecht kann hier erscheinen, aber ist es nicht obligatorisch. Im Gegenteil zu
Twitter soll man ein Vorstellungsformular beim Registrieren in Facebook ausfüllen. Die
Angabe des Geschlechts ist in diesem Fall obligatorisch. Was das Geschlecht betrifft, waren
bis 13. Februar 2014 nur zwei Möglichkeiten vorhanden. Heute sind 56 Möglichkeiten. Diese
Vielfalt ergibt sich daraus, dass sex, gender und sexuelle Identität nicht getrennt behandelt
werden. Auf diese Weise sind u.a. “agender”, “androgyne” “bigender” und “cisgender”
entstanden. Agender bezieht sich auf Personen, die neutral sind, d.h. sie gehören ihrer eigenen
Meinung nach zu keiner Geschlechtskategorie. Androgyne sind Menschen mit weiblichen und
männlichen Eigenschaften. Bigender hat auch die Eigenschaften beider Geschlechter, aber sie
benehmen sich in bestimmten Situationen als eine Frau, in anderen eher als ein Mann.
Cisgender ist die Opposition von transgender: cisgender kann sich mit den sozialen
Erwartungen, die im Zusammenhang des eigenen biologischen Geschlechts stehen, gut
identifizieren (vgl. Nyelv és Tudomány-És Ön milyen nemű?).
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die Zweiteilung des Geschlechts auch
in der computervermittelten Kommunikation abgelehnt werden muss.
23
3 Humor
Die Untersuchung des Humors ist bis heute ein ständiges Thema mehrerer wissenschaftlichen
Disziplinen. Die Sozial- und Kognitionswissenschaften beschäftigen sich seit langer Zeit mit
diesem Thema. Innerhalb der Genderlinguistik gehört es zu den relativ neuen
Untersuchungsgegenständen, und meines Wissens wird es aus genderlinguistischen Sicht in
der CMC bisher noch nicht erforscht.
Die unterschiedlichen Annäherungsweisen ist der Hauptgrund dafür, dass keine
einheitliche Definition des Begriffs Humor bis heute existiert. Die Möglichkeiten der
Beschreibung des Humors werden in diesem Kapitel geschildert. Im ersten Teil geht es um
die modernen linguistischen Humortheorien. Im zweiten Teil werden die bisherigen
Forschungsergebnisse im Bereich Gender/Humor und Gender/Internet zusammengefasst,
worauf die empirische Untersuchung basiert.
3.1 Moderne linguistische Humorforschung
Unter dem Begriff moderne Humortheorie wird eine Theorie verstanden, die “[...] die
bisherigen Kenntnisse [über Humor] in ein System fasst, strebt nach der Ausarbeitung eines
Regelsystems, rekonstruiert einen Kode (im semiotischen Sinne), und bietet eine geeignete
Methodik zur weiteren Analyse an, eventuell kann sie formalisiert und verallgemeinert
werden”10
(Riszovannij 2008: 213). Riszovannij drückt sich in dieser Formulierung sehr
vorsichtig aus. Eine Theorie ist in einem idealen Fall gut formalisierbar und
verallgemeinerbar, aber wegen der Komplexität dieses Themas ist es im Fall von Humor
kaum vorstellbar.
Im Weiteren wird es sichtbar, dass noch keine Humortheorie, die den dargestellten
Kriterien entspricht, vorhanden ist. Besonders schwierig ist es eine Theorie, die für die
Untersuchung des Humors in Sozialen Medien geeignet ist, zu finden. Vor Humortheorien
steht noch das Attribut linguistisch im Titel. Es wirft auch einige terminologische Probleme
auf. Nicht nur der Gegenstand sondern auch der Rahmen der Analyse spielt hier eine wichtige
Rolle.
In den bisherigen Untersuchungen sind drei unterschiedliche Erklärungslinie des
Humors vorhanden. Humor wird sowohl mit Inkongruenz, als auch mit Aggression oder mit
10
Übersetzung von Zs.P.
24
Entspannung verbindet (vgl. Kotthoff 2006: 10ff.). Sie beruhen oft aufeinander, deshalb ist
die Trennung nicht immer zweckdienlich.
Die strukturell und essentiell gestalteten Inkongruenztheorien sind in den kognitiven
Arbeiten bedeutend, weil sie sich auf die kognitive Ebene des Komischen beziehen (vgl.
ebd.). Generalisiert formuliert Terestyényi die Definition von Inkongruenz: sie „[...] kommt
zustande, wenn etwas im Kontext auf solcher Weise präsent ist, dass es von dem
vorausgesetzten, implizierten, suggerierten Sachbestand, Schema [...] dieses Kontextes
abweicht” (Terestyényi 2006 zitiert nach Géró 2010: 29). Die humoristische Wirkung entsteht
dadurch, dass der Rezipient diese Situation erkennt (vgl. ebd.).
Dieser Begriff wird auch zur Abgrenzung von Humor und Komik erfolgreich
verwendet. Der größte Unterschied besteht in der Intentionalität, was die Produktion betrifft.
Die Humorproduktion ist immer eine intentionale Leistung, kann die Produktion von Komik
unintentional sein (vgl. Kotthoff 2004: 18). Anders formuliert ist die kommunikative Absicht
wichtiger Teil des Humors, auf diese Weise entsteht eine unnatürliche Inkongruenz. Diese
Absicht kann sprachlich, gedanklich, visuell oder musikalisch sein (vgl. ebd.). In dem anderen
Fall kommt eine natürliche unabsichtliche Inkongruenz zustande. Das hat aber mit Humor
nichts zu tun (vgl. Ebd.). Als Beispiel kann eine alltägliche Situation gebracht werden, wo
jemand gegen seinen Willen z.B. wegen eines Kleidungsstücks komisch aussieht. Daraus
folgt, dass “[d]as Komische wesentlich eine Rezeptionsleistung ist” (ebd.).
Beim Humor sind Rezeption, Produktion und Genuss gleichrangige Elemente (vgl.
ebd.). Genuss verweist hier auf die folgende Tatsache: “Humor kennzeichnet eine Haltung
oder Gefühlslage, in der man Witzigkeit und Komik würdigen kann und sich in einer
Stimmung der Heiterkeit befindet” (ebd.).
Inkongruenz wurde in den sog. semantischen Humortheorien verabsolutiert (vgl.
Kotthoff 2006: 10). Die meistverbreitete Theorie, die sog. General Theory of Verbal Humor
(im Weiteren GTVH) stammt von Raskin (1985) und Attardo (1994). Sie ist eine
weiterentwickelte Theorie von Semantic Script Theory of Humor (im Weiteren SSTH).
Zentrales Element von SSTH ist „script”, das als eine kognitive Kategorie das Wissen über
den normalen Verlauf der Sachen enthaltet (Raskin, Attardo zitiert nach Riszovannij 2008:
213f.). Laut dieser Theorie wird der gegebene Text witzig (nicht humoristisch oder komisch),
wenn das gegebene Textsegment mit zwei unterschiedlichen scripts kompatibel ist, und diese
müssen einander überdecken, und gleichzeitig in Opposition stehen (vgl. ebd.). Diese
Hypothese und die Unklarheit des Begriffs script wurden von Kotthoff stark kritisiert (vgl.
ebd.). Die größte Schwäche von SSTH ist, dass sie sich auf den standardisierten Witz
25
beschränkt (vgl. ebd.). Aus diesem Grund wurde GTVH mit anderen Formen von Humor
erweitert. Diese Theorie ist auf generativer Basis entstanden. Der Akzent liegt aber auf der
Humorkompetenz. Wegen der fehlenden Performanz wird sie als Theorie der Pointe und nicht
als Theorie des Humors aufgefasst (vgl. Riszovannij 2008: 216).
Obwohl es keine textbasierte Theorie ist, überdeckt die Theorie von Giora (1991) die
GTVH (Giora zitiert nach Norrick 2003: 1336f.). Die gleichen Unvollkommenheiten sind
auch in diesem Fall vorhanden (vgl. ebd.), deshalb entspricht sie den Erwartungen einer
modernen linguistischen Humortheorie nicht.
Die zweite Erklärungslinie bringt Humor mit der verbalen Aggression in Verbindung.
Diese Untersuchungslinie ist im Grunde genommen funktionell, aber in einigen Fällen auch
essentialisiert (vgl. Kotthoff 2006: 11). Die Anthropologen werden für Revolutionärer in
diesem Bereich gehalten. Neu ist in den Forschungen, dass die Erzählung von Witz als
„interactional achievment” (Norrick 2003: 1342) aufgefasst wird.
Die Analysen basieren aber häufig auch in diesem Fall auf den standardisierten Witz.
Zum Beispiel Scherzer (1985) hat festgestellt, dass der Witz zwei potentielle Opfer hat.
Einerseits ist die Zielscheibe des Witzes ein Opfer, andererseits der Hörer wird auf dieser
Weise karikiert, verspottet usw. (vgl. ebd.).
Norrick (1989) hebt die Rolle des Publikums bei der Aggression hervor. Kritischer
Punkt ist in der humoristischen Interaktion, ob der Hörer die humortypische Anspielung
versteht oder nicht (Norrick zitiert nach Kotthoff 2006: 12). Lachen spielt hier eine große
Rolle. Es ist “eine präferierte Reaktion auf das Komische und Witzige” (Kotthoff 2003: 4),
d.h. es macht den Humor des Produzenten sichtbar. Anders formuliert: „ [Laugh] ratify and
evaluate the tellers performance“ (Sacks zitiert nach Norrick 2003: 1344). Neben Lachen sind
das Schweigen und sog. „mirthless laughter“(z.B. ha ha ha) bedeutend. Diese sind sogar
explizitere Zeichen als Lachen (vgl. ebd.).
Im Zusammenhang dieser Erklärungslinie soll bemerkt werden, dass es eine Einigkeit
darüber herrscht, dass Humor nicht immer harmlos ist. Es gibt aber auch Fälle, in denen
Humor anderen Funktionen dient.
Die letzte Linie beschäftigt sich mit dem Zusammenhang von Humor und Entspannung.
Der erste Vertreter dieses Bereichs war Freud (1905/1985). Er hat Witz als Abfuhr innerer
Spannung betrachtet (Freud zitiert nach Kotthoff 2006: 12). Diese Erklärungslinie kann nicht
klar vor der Vorigen getrennt werden, weil Aggression häufig in diesem Fall vorhanden ist.
Freud bezeichnet diese Kategorie des Witzes als tendenziös (vgl. ebd.).
26
In der empirischen Untersuchung spielt die zweite Erklärungslinie eine große Rolle.
Während der Feststellung genderspezifischen Gemeinsamkeiten und Unterschiede werden
auch die Funktionen des Humors in Twitter betrachtet. Humor, Spaß und
Scherzkommunikation werden gleichermaßen als Oberbegriffe des Nicht-Ernstes verwendet.
3.2 Forschung Gender, Humor und das Internet
Obwohl “the simplistic model of the actively joking man and the recetiptively smiling
woman” (Kotthoff 2006: 4) keine Gültigkeit mehr hat, spielt Gender bis heute eine große
Rolle in der Scherzkommunikation. Forschungen der letzten Jahrzehnte beweisen, dass das
Geschlecht beim individuellen Humor der stärkste Faktor ist. Interessant ist die Tatsache, dass
einige genderspezifische Unterschiede im Humorverhalten bereits im frühkindlichen Alter
erscheinen. Im dritten oder vierten Lebensjahr sind Kinder bereits in der Lage mit eigener
Geschlechtsidentität spielerisch umzugehen, z.B. sie verwenden männliche Eigennamen auf
Frauen und umgekehrt (vgl. Wicki 2000). Humor wird am Ende des Entwicklungsprozesses
“in sozial akzeptierte(re) Bahnen [ge]lenkt” (McGhee 1986 zitiert nach Wicki 2000). Es
bezieht sich z.B. auf die Erscheinungsformen und den Grad der Aggressivität im Humor.
Wie die kurze Einleitung zeigt, beschäftigen sich mehrere Disziplinen neben der
Genderlinguistik mit dem Zusammenhang zwischen Gender und Humor. Es verweist auch auf
die Komplexität der Frage. Laut der Prophezeiung von Kotthoff wird sie in der Zukunft noch
vielfältiger (vgl. Kotthoff 2006: 6). In Folgenden werden die bisherigen Ergebnisse der
Studien zusammengefasst, die diese Frage zu beantworten versuchten.
In den Online-Medien wurde Humor bis heute aus genderspezifischer Sicht noch nicht
untersucht, aber die Ergebnisse sind im Bereich Gender und Internet bedeutend, obwohl sie
noch im Frühstadium sind. Die aus der Sicht der empirischen Arbeit relevanten Ergebnisse
werden hier neben den Forschungen des Bereich Gender und Humor dargestellt. Auf diese
Weise kann man einen besseren Überblick über den Bereich von Gender, Humor und Internet
gewonnen.
3.2.1 Frequenz des Humors und Verwendung der Humorformen
Bei der Frequenz des Einsatzes des Humors und bei der Verwendung verschiedener
Humorformen spielt der Status des Produzenten eine große Rolle. Die Bedeutsamkeit des
Status in der Scherzkommunikation wurde in den meisten genderlinguistischen Forschungen
in der Arbeitswelt, und in den Kommunikationsformen im Internet, die in Verbindung damit
27
stehen, untersucht. In dieser Umgebung ist er am leichtesten analysierbar, weil das Verhältnis
bzw. die Über- und Unterordnungen gut geklärt werden.
Eine der frühesten Studien stammt von Coser aus den 1960er Jahren. Er hat die
Erscheinung des Humors an einer Universitätsklinik geforscht. Die aktivsten Teilnehmer in
der Scherzkommunikation sind Männer mit hohem Status (vgl. Coser zitiert nach Kotthoff
2004: 20). Was die Rangliste betrifft, nimmt die Menge der Scherzinitiativen von oben nach
unten. In dieser Zeit wurde Humor für Frauen in offizieller Kommunikation nicht erlaubt (vgl.
ebd. 21). Die wenigen von Frauen stammenden Scherzen beziehen sich auf sich selbst als
Opfer (vgl. ebd.).
Es ist wichtig vor Augen zu halten, dass sich die Scherzkommunikation ständig
verändert. Diese Veränderung entspricht den gesellschaftlichen Veränderungen, die das
Verhältnis von Frauen und Männer betrifft. Die neueren Arbeiten zeigen bereits eine andere
Tendenz im Humorverhalten. Holmes (2000) hat empirisch bewiesen, dass Frauen im 21.
Jahrhundert keine Angst mehr haben, Scherzen ins Gespräch am Arbeitsplatz hineinzufügen.
Frauen und Männer machen Spaß in gleicher Maße (vgl. Holmes 2000: 46f.).
Auch in verschiedenen Medien wurde die Rolle des Status aus genderspezifischer Sicht
untersucht. Obwohl sie sich nicht auf Humor konzentrieren, gehören sie zu diesem Punkt.
Herring (1995) hat zwei unterschiedliche Mailinglisten LINGUIST und MBU
analysiert. Interessant sind die Ergebnisse, dass die Dominanz von Männern unter
gleichrangigen Teilnehmer der Gespräche beobachtbar war. Sie kontrollieren diese
Gespräche, sie verängstigen, ignorieren und unterschätzen die weiblichen Teilnehmer.
Männer nehmen die Rolle der äußeren Zensur über.
Die Untersuchung zwei Fernsehgesprächen „Muttersöhne“ und „Väter als Täter“ von
Kotthoff (1992) weisen die gleichen Ergebnisse auf. Die konversationelle Belehrung ist in
diesen Gesprächen stark statuskonstituierend. Die meisten Belehrungen stammen von
Männern, unabhängig davon, ob sie als Experten eingeladen werden oder nicht. Unter Frauen
bildet ein höherer Status nicht aus, d.h. weibliche Experten betonen ihren Expertenstatus im
Gespräch nicht. Sie erzählen oft über persönliche Erfahrungen, und die parenthetischen
Verben (z.B. ich glaube, ich meine) sind in ihren Äußerungen dominant (ebd. 279f.)
Es muss aber nicht außer Acht gelassen werden, dass andere Faktoren, wie z.B. Alter,
Kultur, soziales Milieu usw. eine wichtige Rolle neben dem Status in der
Scherzkommunikation spielen (vgl. Kotthoff 2004: 15). Diese Liste kann mit der konkreten
Kommunikationsform erweitert werden, die beim Einsatz des Humors und bei der
28
Verwendung von Humorformen anhand der empirischen Untersuchung eine bedeutende Rolle
spielt.
3.2.2 Opfer des Humors
Neben der Rolle des Status ist Aggressivität der meist untersuchte Aspekt in der
Scherzkommunikation. Die größten genderspezifischen Unterschiede können in diesem
Bereich beobachtet werden. Sowohl die physische, als auch die verbale Aggression war
jahrhundertelang ausschließlich mit Männern in Verbindung gebracht. Unterschiedliche
Grade der verbalen Aggression können festgestellt werden. Je aggressiver eine sprachliche
Äußerung ist, desto weniger war/ist es von Frauen akzeptabel (vgl. Kotthoff 2004: 24).
Besonders viele Forschungen richten sich auf das aggressive Humorverhalten im
Kindesalter. In den früheren Jahren ist es besser beobachtbar, weil die Aggression noch nicht
von sich selbst kontrolliert wird. Im Vorschulalter kann zum ersten Mal das aggressive
Humorverhalten gegen ein Opfer betrachtet werden. Interessanterweise kommt es bei beiden
Geschlechtern vor, aber bei den Jungen ist es aggressiver als bei den Mädchen (vgl. McGhee
1979 zitiert nach Kotthoff 2002a: 107). In den ersten Schuljahren (zwischen 6-11 Jahren) ist
das aggressive Verhalten noch vorhanden, aber in einer anderen Form als früher. Ein
Unterschied zwischen Jungen und Mädchen ist, dass Jungen in gemischten Gruppen mehr
verbale und nonverbale Scherzinitiative auf Kosten des Anderen produzieren. Obwohl die
Humorproduktion von Jungen in gemischten Gruppen häufiger ist, Mädchen lachen mehr
(vgl. ebd.). In diesem Alter lachen Mädchen über Ästhetik (z.B. Aussehen anderer
Mitschülerinnen), Jungen über verschiedene Unglücke besonders viel (vgl. Neuß 2003: 12).
Im Gegenteil zur gemischten Gruppe kommt das aggressive Spaßverhalten in homogener
Gruppe häufig auch bei Mädchen vor. Der Grund dafür kann sein, dass die Jungen die
Mädchen nicht für humorvoll halten (vgl. Drews 2010: 47f.).
Die Resultate der Forschungen von Wüest-Rudon (1999) stützen diese Behauptung
unter. Sie haben 9- und 11jährige Kinder aus der Sicht der Humorproduktion untersucht. Die
Aufgabe der Kinder war, so viele humorvolle Witze, Rätsel usw. aufzuschreiben, wie viele sie
kennen. Die älteren Kinder haben mehr Witze und Rätsel gekannt, und Mädchen haben mehr
Witze reproduziert als die Jungen. Die Kinder, die mehr Witze reproduziert haben, werden im
Allgemeinen für humorvoller gehalten. Interessant ist aber, dass die Jungen die Mädchen für
weniger humorvoll gehalten haben (Wüest-Rudin zitiert nach Wicki 2000:179). Nicht nur in
diesen Lebensjahren sondern auch im Jugendalter können solche Unterschiede beobachtet
werden. Klages (1999) schreibt, dass Jungen andere Jungen lustiger finden. Mädchen halten
29
aber andere Mädchen und Jungen in gleichem Maße für lustig (vgl. Klages in: Wicki 2000:
180). Im Zusammenhang mit Aggressivität und Humor haben Studien nachgewiesen, dass
Spaßmacher immer über gewisse Dominanz innerhalb der Gruppe verfügen (vgl. McGhee
1979 zitiert nach Kotthoff 2002a: 107f.).
In der Internetkommunikation wurde Aggressivität nicht nur anhand Mailinglisten
sondern auch anhand Einträge von newsgroups untersucht. Wittmer und Katzmann (1997)
haben 3000 Nachrichten in unterschiedlichen newsgroups analysiert. Ihre
Ausgangshypothesen waren, dass die Sprache der Männer „challenging“ ist, und sie schicken
mehr „inflammatory message“ in Online-Kommunikation. Interessanterweise haben die
Ergebnisse den Gegensatz gezeigt. Frauen haben sich der Umgebung, in der Männer
dominieren, sehr gut angepasst (vgl. ebd.). Diese Ergebnisse im Vergleich mit den
Ergebnissen von Herring (1995) zeigen auch, dass die Kommunikationsform ein
entscheidender Faktor ist, was die genderspezifischen Unterschiede betrifft.
Humor richtet nicht in jedem Fall auf eine andere Person. Bei den Scherzen auf eigene
Kosten spielt die soziale Verbundenheit eine wichtige Rolle. Soziale Verbundenheit bedeutet
soziale Unterstützung, Intimität und auch Kooperation. Diese Begriffe waren lange Zeit die
Merkmale der weiblichen Kommunikation (vgl. Kotthoff 2004: 26).
Die ersten Untersuchungen stammen aus den 1980er Jahren von Jenkins (1988) und
Painter (1988). Die Ergebnisse zeigen, dass Scherzen auf eigene Kosten unter Freundinnen
sehr typisch sind. Sie haben eine heilende Funktion (vgl. Jenkins, Painter zitiert nach Kotthoff
2004: 27). Soziale Verbundenheit steht in gewisser Maße im Zusammenhang mit der
Aggression. Scherzen können auch auf gemeinsame „Feinde“ richten. Auf diese Weise wird
die Stabilität der Freundschaft gesichert (vgl. ebd.).
3.2.3 Sexualität in der Scherzkommunikation
Sexualität ist ein ständiger Teil der Scherzkommunikation. Die standardisierten Witze haben
oft einen sexuellen Charakter. Daraus folgt, dass dieser Aspekt eher in Witzen untersucht
wurde. Diese Form ist am leichtesten analysierbar in mehreren Sprachen, weil Sexualität in
Scherzen kulturübergreifend ist (vgl. Kotthoff 2004: 26). Die anderen Humorformen wurden
in den Hintergrund gedrängt.
Lange Zeit waren ausschließlich Frauen die Opfer der Witze. Laut Freud (1905/1985)
spielt sexueller Witz eine wichtige Rolle in einer Situation, in der eine Frau
Annäherungswünsche eines Mannes enttäuscht (vgl. ebd.). Neuere Forschungen haben
bewiesen, dass Witze mit sexuellem Inhalt in meisten Fällen aus dem Mund von Männern
30
stammen (vgl. Alberts zitiert nach Kotthoff 2003: 17). Die meisten Kategorien (z.B. Witze
gegen Blondine oder Schwiegermutter) richten sich auf Frauen auf (vgl. Géró 2010).
Diese Tendenz scheint zu verändern. Obwohl standardisierte Witze gegen Männer noch
nicht in großer Maße vorhanden sind, können Scherzen gegen sie in der
Alltagskommunikation beobachtet werden. Kotthoff (2003: 16) bringt Konversationen unter
Freundinnen als Beispiel, die über die Liebhaberqualität ihrer Ex-Freunden scherzen.
Bemerkenswert ist, dass Humorformen mit sexuellem Inhalt von Frauen in größerem
Maße in gleichgeschlechtigen Gruppen erscheint, als in Gruppen, in denen beide Geschlechter
vorhanden sind (vgl. ebd.). Es hängt damit zusammen, dass Sexualität aus dem Mund von
Frauen bis heute nicht akzeptiert wird.
31
4 Empirische Untersuchung
4.1 Humor in Twitter
Am Anfang dieses Kapitels ist es wichtig, die Kommunikationsbedingungen von Twitter zu
erläutern. Die grundlegende Funktion der Kommunikation durch Tweets ist die
Kontakthaltung mit Freunden, aber auch mit unbekannten Menschen. Auf der Startseite von
Twitter steht: „Beginne ein Gespräch mit Personen, die du kennst, und Personen, die du gerne
kennen lernen möchtest.“ (Discover Twitter/What is Twitter and How to use it)
In der empirischen Untersuchung bekommt die Kontakthaltung mit den Freunden und
der Familie eine größere Rolle, weil berühmte Persönlichkeiten, Firmen, Organisationen aus
unterschiedlichen Gründen (siehe 4.2) ausgefiltert wurden. Aus diesem Grund ist die
untersuchte Kommunikation in Twitter am besten einem Gespräche im Freundeskreis ähnlich.
Die wichtigsten Unterschiede, die aus der Sicht der empirischen Untersuchung relevant sind,
werden in diesem Punkt betrachtet.
4.1.1 Privatheit/Öffentlichkeit
Im Punkt 2.1.1.2 wurde bereits darauf hingewiesen, dass die Erscheinung des Internets das
Verhältnis zur Privatheit und Öffentlichkeit völlig verändert hat. Besonders auffällig ist es im
Fall von Twitter. Hier gibt es keine Zensur. Jeder kann seine Gedanken, Erlebnisse und
Meinung ohne eine äußere Moderation erteilen. Obwohl sich die Tweets primär auf Freunde
richten, sind sie für alle Benutzer verfügbar. Es ist ähnlich dazu, wenn jemand ein Gespräch
mit Freunden führt, aber auch andere Menschen hören es zufällig.
Die Privatheit trägt zur Popularität des einzelnen Benutzers bei. Wenn jemand die
Tweets eines Benutzers interessant findet, wird er Follower dieses Benutzers. Die Ausbildung
der Kontakte ist hier asymmetrisch im Gegensatz z.B. zu Facebook. Der andere Benutzer soll
nicht unbedingt seinem neuen Follower folgen. In vielen Fällen streben die Internetbenutzer
nach größerer Zahl von Followers. Der Einsatz des Humors in Tweets kann auch eine gute
Strategie sein.
32
4.1.2 Konstellation der Gesprächspartner
Die Konstellation der Gesprächspartner steht im Zusammenhang mit der asymmetrischen
Ausbildung der Beziehungssysteme. Sie sieht in Twitter folgenderweise aus: es gibt einen
Produzent und mehrere Rezipienten. Abbildung 4: veranschaulicht die Konstellation der
Gesprächspartner.
Abbildung 4: Die Konstellation der Gesprächspartner in Twitter (Veszelszki 2010)
Der Akzent liegt also auf der Produktion von Tweets. Es ist auch wegen der
Untersuchung des Humors ein wichtiger Punkt. Die im Punkt 3.1 beschriebenen
Erklärungslinien zeigen, dass sich Humor ohne die Reaktion des Rezipienten nicht
verwirklicht werden kann. Der Ausgangspunkt der Analyse ist, dass Humor(produktion) ohne
die explizite Reaktion des Rezipienten in den Neuen Medien präsent sein kann.
4.1.3 Interaktionsmodus
Obwohl die Möglichkeit einer wechselseitigen, multidirektionalen Kommunikation gegeben
ist, kommt sie nicht in jedem Fall zustande. Die Interaktion kann folgenderweise geschehen:
ähnlich zum Produzenten stehen insgesamt 140 Charaktere der Rezipienten zur Verfügung,
auf Tweets zu reagieren. Die Antwort beginnt mit dem Zeichen @. Früher war es nur eine
Konvention, aber heute erscheint es automatisch durch Klicken der Aufschrift „Antworten“
am Ende des Tweets. Laut Herring und Honeycutt (2009: 2f.) sichert es auch eine gewisse
Kohärenz, die in der Online-Kommunikation immer problematisch ist.
Neben der Formulierung einer Antwort stehen noch zwei Möglichkeiten des
Rezipienten zur Verfügung, wenn er reagieren möchte. Entweder kann er den originalen
Eintrag retweeten, oder er kann ihn favorisieren. Retweeten bedeutet, dass der originale Tweet
auch auf seinem eigenen Profil erscheinen wird. Favorisieren bezieht sich auf das
Einsammeln von Lieblingsposts. Alle drei Möglichkeiten können sogar parallel benutzt
werden. Interessant ist aber, dass die Mehrheit der Posts keine Reaktion auslöst. Rezipienten
33
sind oft nur passive Beobachter. Was den Interaktionsmodus betrifft, sind sowohl
Monologizität als auch Dialogizität typisches Kennzeichen. In dem untersuchten Korpus steht
59,09 % der gesamten Tweets ohne Reaktion.
Kommunikation in Twitter ist indirekt und asynchron. Es wirkt natürlich auch auf die
Scherzkommunikation. Ein Twitter-Benutzer formuliert es folgenderweise: „1. tell a robot a
joke, 2. wait, 3. the robot will tell you if some people laughed or not, 4. you are alone in your
bedroom”. Dieser Tweet bezieht sich darauf, dass die Erteilung eines Witzes immer eine
interessante Situation in der Online-Kommunikation ist.
4.1.4 Humorindikatoren
Im Gegensatz zu einer Konversation erscheint Humor in Tweets ohne Kontext. Lachen, das
wichtigster Humorindikator der face-to-face-Kommunikation ist, erscheint hier in Form von
Emoticons. Sie zeigen eine große Vielfalt im Korpus. Neben Emoticons können Hashtags,
Großschreibung, Inflektive, Akronyme, Anführungszeichen in gewissen Fällen als
Humorindikatoren funktionieren. Die expliziten Hinweise des Produzenten auf Humor
können auch zu Humorindikatoren gezählt werden. (siehe 4.4)
4.2 Zusammenstellung des Korpus
Die modernen genderlinguistischen Arbeiten beschäftigen sich mit Humor in der
Konversation. Aus den oben dargestellten Kommunikationsbedingungen folgt, dass
korpuslinguistische Methoden statt Konversationsanalyse für die Untersuchung des Humors
in Tweets geeigneter sind.
Die Zusammenstellung des Korpus hat sich in drei Schritten vollzogen. Zuerst wurden
aktive Twitter-Benutzer ausgewählt. Dann wurden sie in drei Kategorien (Frauen, Männer,
Unsicher) eingeordnet. Letztlich wurden Tweets mit Humor ausgefiltert. Die Kriterien und die
Relevanz der einzelnen Schritte werden in den folgenden Punkten geschildert.
4.2.1 Aktivität der Twitter-Benutzer
Der erste Schritt war die Auswahl von aktiven Benutzern. Sie nehmen an der Gestaltung
sprachlicher Veränderungen und einer Online-Gemeinschaft im Internet aktiv teil. Das wurde
im Punkt 1 detaillierter betrachtet. Aktivität bezieht sich auf die Zahl der Followers, die Zahl
der gefolgten Personen und die Zahl von eigenen Tweets.
Aus der Sicht der vorliegenden Arbeit war es wichtig, die höchstaktiven Twitter-
Benutzer auszufiltern. Sie sind meistens bekannte Personen z.B. Politiker, Modelle, Sänger
34
usw. Neben bekannten Persönlichkeiten ist heute ein weitverbreiteter Trend, dass Firmen,
Unternehmungen, Start-ups, Parteien usw. in Twitter präsent sind. Die Popularität dieser
Microblog-Dienstleistung ist unter ihnen gut beobachtbar. In diesem Fall kommt es oft vor,
dass das Online-Profil von einer Marketing-Expertengruppe oder von Fans konstruiert wird.
Aus diesem Grund beschränkt sich die Untersuchung auf die sog. alltäglichen Personen. Die
Wahrscheinlichkeit, dass sie Tweets in ihren eigenen Namen teilen, ist größer als bei den
berühmten Personen.
In diesem Schritt wurde anhand vier Kriterien gearbeitet. Diese sind die Folgenden:
1) 50 < Zahl der Followers < 300
2) 50 < Zahl von „Folge ich“
3) 100 < Zahl der Tweets
4) kein verifizierter Account
Die ersten drei Kriterien sind aus der Sicht der Aktivität des einzelnen Benutzers
wichtig. Abbildung 5: zeigt den Bereich, wovon die ausgewählten Benutzer stammen.
Sichtbar ist, dass 300, was der Grenzwert der Untersuchung war, ist eben die Median der Zahl
der Followers. Das bedeutet, dass die Hälfte der Twitter-Benutzer weniger als 300 Followers
haben.
Abbildung 5: Zahl der Followers der Twitter-Benutzer
Das vierte Kriterium hilft bei der Ausfilterung der berühmten Persönlichkeiten und der
Organisationen. „Durch Verifizierung wird die Authentizität der Identität wichtiger
Einzelpersonen und Marken auf Twitter gewährleistet“ (Twitter Hilfe-Center/FAQs zu
0,00%
1,00%
2,00%
3,00%
4,00%
5,00%
6,00%
7,00%
10
30
50
70
90
110
130
150
170
190
210
230
250
270
290
310
330
350
370
390
410
430
450
470
490
510
530
550
570
590
610
35
verifizierten Accounts). Scheinbar ist es ein Paradox, dass die Arbeit keinen verifizierten
Account beinhaltet, obwohl die Authentizität der einzelnen Personen damit gesichert wurde.
Das Argument für dieses Kriterium ist, dass ausschließlich die Accounts „[der] gefragtesten
Nutzer aus den Bereichen Musik, Film, Mode, Regierung, Politik, Religion, Journalismus,
Medien, Sport, Business und anderen wichtigen Bereichen“ (ebd.) verifizierbar sind. Die
Aufmerksamkeit wird explizit darauf gerichtet, dass Alltagspersonen keinen verifizierten
Account haben können: „Wir akzeptieren keine Verifizierungsanfragen aus dem allgemeinen
Nutzerkreis“ (ebd.).
Dieser Schritt war wegen der Ausfilterung passiver Benutzer, bekannter
Persönlichkeiten und Accounts, die zu Organisationen oder zu nicht realen Menschen
gehören, besonders wichtig.
4.2.2 Das Geschlecht der Benutzer
Im nächsten Schritt wurden die anhand der oben dargestellten vier Kriterien ausgewählten
Twitter-Benutzer in drei Kategorien eingeteilt: Frauen, Männer und Unsicher. Anhand der
neuesten Untersuchungen (siehe 2.2.1.2) wurde die Zweiteilung des biologischen und sozialen
Geschlechts abgelehnt, und wurde die dritte Kategorie zustande gebracht.
Am leichtesten sind die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den ersten zwei
Kategorien nachweisbar, deshalb beschränkt sich die Untersuchung auf diese Kategorien. Die
erste Kategorie bilden die Benutzer, die anhand ihres Profils als weiblich aufgefasst werden
können. In die zweite Kategorie gehören die Benutzer, die sich als männlich kennzeichnen.
Die Kriterien waren die Folgenden:
1) Weiblicher/männlicher Name/Kosename
2) Profilbild mit Foto einer Frau/eines Mannes
oder
1) Explizite Hinweise auf (biologisches oder soziales) Geschlecht in der
Vorstellung
2) Profilbild mit Foto einer Frau/eines Mannes
Beim Kriterium „weiblicher/männlicher Name/Kosename“ wurde der Name, der als
originaler Name im Profil der Benutzer gegeben, als Grundlage genommen. Nicknamen
weisen eine größere Vielfalt vor, und beziehen sich in meisten Fällen nicht auf das
Geschlecht, deshalb wurden sie nicht berücksichtigt.
36
„Profilbild mit Foto einer Frau/eines Mannes“ ist ein relativ eindeutiges Kriterium. Es
ist nicht nur wegen der Kategorie von Geschlecht wichtig. Es hilft auch bei der Ausfilterung
von Fanpages, Organisationen, Werbungen usw.
Letztendlich soll das Kriterium „explizite Hinweise auf (biologisches/soziales)
Geschlecht“ erläutert werden. Darunter wird die kurze Vorstellung auf dem Profil der
einzelnen Personen verstanden. In einigen Fällen steht hier explizit weiblich/männlich.
Manchmal findet man Hinweise auf die soziale Rolle, die traditionell für Frauen oder für
Männer typisch sind.
Wenn beide Kriterien erfüllt werden, kann der Benutzer mit großer Wahrscheinlichkeit
in eine der beiden Kategorien zugeordnet werden. Die dargestellten Kriterien sind
hinreichende, aber nicht notwendige Bedingungen. Das bedeutet, dass sich die Mehrheit der
Benutzer wahrscheinlich zur weiblichen oder männlichen Kategorie rechnet. Im
Zusammenhang mit den Kriterien soll bemerkt werden, dass das Korpus zwischen November
2013 und März 2014 zusammengestellt wurde. Die Benutzer wurden anhand ihres damaligen
Profils in die drei Kategorien geordnet. Da die Profile (Foto, Vorstellung, sogar den Namen!)
in jeder Zeit veränderbar sind, kann es vorkommen, dass einige Benutzer die Kriterien nicht
mehr erfüllen.
In diesem Schritt war das Ziel insgesamt 400 Benutzer (100 deutsche Frauen, 100
deutsche Männer, 100 ungarische Frauen, 100 ungarische Männer) auszuwählen. Dabei hat
„Erweiterte Suche“ als eingebaute Funktion von Twitter geholfen. Als Suchfrage kann sowohl
Deutsch als auch Ungarisch eingegeben werden. Ein Problem war, dass sie noch nicht richtig
funktioniert, deshalb wurden die Ergebnisse manuell überprüft.
Eine andere Schwierigkeit bei der Zusammenstellung von Korpus war, dass mehr als
die Hälfte der Twitter-Benutzer zu Kategorie „Unsicher“ gehört. Es folgt natürlich aus den
Möglichkeiten von Twitter: die Angabe aller persönlichen Daten ist hier optional. Bei den
deutschen Benutzern sehen die Prozentzahlen folgenderweise aus: 22,6% aller untersuchten
deutschen Benutzer können in die Kategorie „Frauen“ geordnet werden, 19,3% gehört zur
Gruppe „Männer“, und 58,0% der Benutzer kann in die Kategorie „Unsicher“ eingeordnet
werden. Bei den ungarischen Benutzern sehen diese Zahlen ähnlich aus: 27,3% der allen
untersuchten ungarischen Benutzer gehört anhand der Kriterien zu „Frauen“, 20,7% zu
„Männer“ und 52,0% zu dritten Kategorie.
In diesem Schritt wurde nach der Kategorisierung anhand Gender gestrebt. Die
Trennung zwischen Sex und Gender kann aber nicht immer verwirklicht werden, z.B. die als
original gegebene Namen können auf das biologische Geschlecht hinweisen. Die Trennung
37
von Sex und Gender ist ein ständiges Problem der Genderlinguistik (siehe Punkt 2.2.1.1 und
2.2.2). In der Internetkommunikation kann diese Trennung mit Hilfe von Nicknamen zustande
kommen, wie es Rodino (1997) festgestellt, aber die Kategorisierung anhand Nicknamen war
in dieser Untersuchung nicht zweckdienlicher. In diesem Fall besteht auch die Möglichkeit,
dass er sich auf das biologische Geschlecht bezieht. Die Vielfalt von Nicknamen würde die
Kategorisierung noch komplizierter machen.
4.2.3 Tweets mit Humor
Im letzten Schritt war das Ziel zufällig 20 Tweets von jedem einzelnen Benutzer
auszuwählen. Es war wichtig, weil die Frequenz von Humor nur auf diese Weise nachweisbar
wurde. Dann wurden die Tweets, die Antwort auf vorherige Tweets und nur Hyperlinks
beinhalten, ausgefiltert. Auf diese Weise wurde insgesamt zu 7346 Tweets gesammelt.
Obwohl sie von deutschen und ungarischen Benutzern stammen, sind sie in einigen Fällen auf
Englisch. Es ist auch ein Merkmal von Digilekt.
Diese können als ein Blogeintrag, als eigenständige Einheiten aufgefasst werden.
Retweet können auch als eigenständige Einheit aufgefasst werden, deshalb erscheinen sie im
Korpus im Gegensatz zur Antwort. Im Fall der Microblog-Dienstleistung Twitter ist die
Charakterzahl eines solchen Eintrags aber auf 140 Charaktere limitiert. Daraus folgt, dass der
weitere Kontext der Posts nicht erscheint. Aus diesem Grund ist es komplizierter, Humor in
Tweets zu verfolgen. Bei der Auswahl von Tweets mit Humor wurde primär auf bestimmte
Humorindikatoren und auf Reaktionen anderer Benutzer basiert. Wo eine Reaktion vorhanden
ist, wurde im Anhang markiert. Es ist aber bemerkenswert, dass Humor in gewissem Maße
subjektiv ist. Die beiliegende CD enthält das ganze Untersuchungsmaterial und damit die
Hyperlinks der einzelnen Tweets mit den Antworten in digitalem Format.
38
4.3 Die Frequenz des Einsatzes von Humor
4.3.1 Die Frequenz des Humors im Allgemeinen
In der Face-to-face-Kommunikation ist Humor seit langer Zeit ein Untersuchungsthema der
Linguistik. Trotz dieser Tatsache ist meines Wissens die empirische Humorforschung noch
nicht verbreitet. Die Erscheinung des Humors in Online-Kommunikationsformen bietet den
Forschern ein neues Untersuchungsfeld an. Wegen technischer Gründe sind sie auch geeignet,
die Frequenz von Einsatz des Humors empirisch leichter zu messen.
Die Studie von Hancock (2004) zeigt, dass Ironie als eine Humorform in Chat-
Gesprächen signifikant mehr eingesetzt wird, als in den vergleichbaren Face-to-face-
Gesprächen. Er begründet dieses Ergebnis mit der sog. Social Information Processing theory
von Walter und Burgoon (1992). Das bedeutet, dass Humor in Chat aus der Sicht der
Beziehungsgestaltung in gleichem Maße wichtig ist,wie in Face-to-face-Gesprächen. Im Fall
von Chat stehen weniger bzw. andere Mittel der Beziehungsgestaltung zur Verfügung. Die
Teilnehmer der Online-Gespräche kompensieren es mit dem Einsatz des Humors (vgl. ebd.).
Er kennzeichnet damit die Gestaltung von Beziehungen als primäre Funktion von
Humor. In Chat-Gesprächen ist diese Funktion die bedeutendste, aber diese Beobachtung ist
nicht allgemeingültig für alle Online-Kommunikationsformen.
Im Fall von Twitter kann eine andere Tendenz beobachtet werden. In den untersuchten
7346 Tweets kommt Humor in unterschiedlichen Formen 510-mal vor. Es ist insgesamt
6,94% des ganzen untersuchten Materials. Dieser Prozentteil ist relativ gering. Hauptsächlich
kann es mit den Kommunikationsbedingungen von Twitter erklärt werden.
Einerseits ist die Gestaltung einer engeren Beziehung nicht die Hauptaufgabe von
Twitter, obwohl die Kontakthaltung mit Anderen eine wichtige Rolle spielt. Es kann sich
zwischen Unbekannten (z.B. zwischen einem Schauspieler und einem Fan) oder zwischen
Freunden vollziehen. Aus der Sicht dieser Untersuchung ist das Letztere wegen der im Punkt
4.2 dargestellten Gründen wichtig. Es ist vorstellbar, dass die Ergebnisse modifiziert wären,
wenn keine Ausfilterung durchgeführt wäre.
Andererseits ist asymmetrische Gestaltung der Beziehungen verantwortlich für diesen
Prozentsatz. Im Punkt 4.1.1 wurde bereits auf diese Tatsache hingewiesen. Daraus folgt, dass
Benutzer Humor nicht unbedingt als Kompensationsmittel verwenden. Obwohl die Zahl der
Followers eine bedeutende „Maßeinheit“ der Popularität ist, streben Benutzer danach in den
meisten Fällen nicht mit Hilfe von Humor. Die Online-Gemeinschaften organisieren sich
39
primär durch gemeinsame Interessenkreise. Humor erfüllt andere Funktionen, die in
folgenden Teilen betrachten werden.
4.3.2 Die Frequenz des Humors aus genderlinguistischer Sicht
Laut Kotthoff (2004: 15ff.) ist die humoristische Kommunikationskultur ständig im Wandel,
was sowohl in Medien als auch im Alltag beobachtbar ist. Mit weiblichem Stereotyp konnte
Humor lange Zeit nicht vereinbart werden (vgl. ebd.), der häufige Einsatz des Humors war
traditionell für die Männer typisch.
Historisch betrachtet war die Aufgabe der Frau mit ihrem Lachen den Humor des
Mannes deutlich zu machen (vgl. Kotthoff 2002a: 104). Frauen waren “gutwillige
Rezipienten” der Scherze von Männern (vgl. Kotthoff 2004: 15). Obwohl keine strengen
Vorschreibungen heute in der Etikette vorhanden sind, soll an dieser Stelle vorgebracht
werden, dass einige Beschränkungen des weiblichen Humors bis heute lebend sind.
Historische Ereignisse wie z.B. die Frauenbewegungen haben dazu beigetragen, dass Frauen
als gleichrangige Partner von Männern behandelt werden. Sie haben natürlich auf die
Humorproduktion von Frauen gewirkt. Sie sind nicht mehr passive Teilnehmer der
Scherzkommunikation.
Die Erscheinung des Internets und der neuen Kommunikationsformen können in diesem
Wandel eine bedeutende Rolle spielen. Der Ausgangspunkt der Aufstellung von Hypothese 1
war das, dass eine Kommunikationsform wie der „Tweet“ die Demokratisierung der
Geschlechter verwirklicht, und eine Möglichkeit anbietet, in gleichem Maße humorvolle
Äußerungen zu produzieren.
Hypothese 1: Frauen und Männer verwenden Humor in gleichem Maße in
Twitter.
4.3.2.1 Die Frequenz des Humors im deutschen Teilkorpus
Das deutsche Teilkorpus besteht insgesamt aus 3786 Tweets. Davon wurde 1909 von 100
deutschen Männern, und 1877 von 100 deutschen Frauen geschrieben. Der Unterschied ergibt
sich daraus, dass die Posts von Frauen häufiger ausschließlich einen Hyperlink enthalten
haben, deshalb wurden sie ausgefiltert.
Als humorvoll gelten 95 Tweets der Männer und 126 Tweets der Frauen. Die
humorvollen Tweets von Männern bilden 4,98% des gesamten Untersuchungsmaterials. Bei
den Frauen ist dieser Ansatz größer: 6,71%. Der Unterschied (1,73%) zwischen den beiden
40
Geschlechtern folgt aus den unterschiedlichen Gewohnheiten der Verwendung von Twitter.
Darunter wird die Tatsache verstanden, dass Männer im größten Teil Sport- und politische
Ereignisse oder Fernsehprogramme erteilen und kommentieren. Diese Tweets enthalten im
meisten Fällen einen kurzen Hinweis auf das Ereignis und einen Hyperlink eines Artikels
einer Online-Zeitung oder einen Zugang der Sportübertragung. Obwohl es vorstellbar wäre,
dass diese Twitter-Einträge Humor (z.B. Ironie) beinhalten würden, kommt es aber in diesem
Korpus relativ wenig vor. Ein Beispiel ist dafür:
Bsp. 1 Der Chefanalytiker des #ORF kann weder zu Petsos, noch zum
Gegner Rapids viel sagen. Er "kennt beide zu wenig". Aha. #qualität #astscr
Obwohl der Kontext schwer nachweisbar ist, geht es in diesem Beispiel mit großer
Wahrscheinlichkeit um den griechischen Fußballspieler Athanasios Petsos, der zum Sportklub
Rapid Wien gewechselt hat. Das Beispiel enthält eine Kritik gegen einen Analytiker des
Österreichischen Rundfunks, der in diesem Thema nicht daheim ist. Humor erscheint hier mit
Hilfe von dem ersten Hashtag: #qualität. Das hohe Niveau, das von diesem Hashtag suggeriert
wird, steht im Gegensatz zu der vorstehenden Kritik. Auf diese Weise erscheint Ironie in
diesem Tweet.
4.3.2.2 Die Frequenz des Humors im ungarischen Teilkorpus
Das ungarische Teilkorpus bilden 1826 Tweets von 100 ungarischen Männern, und 1734
Tweets von ungarischen Frauen. Zu Tweets, die Humor enthalten, gehören 154 Einträge
(8,43%) von Männern, und 135 Einträge (7,79%) von Frauen. Im Prozentsatz gibt es keinen
bedeutenden Unterschied zwischen den zwei Geschlechtern. Abbildung 6: schildert die
Ergebnisse.
Abbildung 6: Anteil der Tweets mit Humor
0,00%
1,00%
2,00%
3,00%
4,00%
5,00%
6,00%
7,00%
8,00%
9,00%
Deutsche Männer
Ungarische Männer
Deutsche Frauen
Ungarische Frauen
41
Zusammenfassend zu diesem Teil kann behauptet werden, dass die erste Hypothese
bestätigt wurde. Das untersuchte ungarische Material zeigt besonders deutlich, dass Frauen
und Männer in Twitter in gleichem Maße Humor produzieren. Dieses Ergebnis ist bedeutend,
weil es hier um eine gemischtgeschlechtliche Umgebung und eine halböffentliche
Kommunikation geht. Die vorhandenen Studien zeigen, dass die Humorproduktion von
Frauen in einer solchen Situation nicht typisch ist.
Der Hauptgrund dafür ist das Medium selbst: es bietet den Benutzern eine gewisse
Unterstützung an. In der Face-to-face-Kommunikation ist die Angst von einer misslungenen
humoristischen Äußerung größer. Daneben spielt das Nichtvorhandensein einer äußeren
Zensur eine große Rolle. Herring (1995) hat in ihrer Studie über Mailingsliste gezeigt, dass
Männer oft diese Rolle übernehmen. Im Fall von Twitter kommt es nicht zustande. Es hängt
natürlich mit der asymmetrischen Beziehungsgestaltung und mit der geringen Reaktion
(59,09%) auf Tweets zusammen. Auf diese Weise gibt es nur einen geringen Unterschied
zwischen den zwei Geschlechtern, was die Frequenz des Einsatzes von Humor betrifft.
4.4 Humorindikatoren in Twitter
4.4.1 Humorindikatoren in Twitter im Allgemeinen
Als Humorindikatoren (oder humor marker) gelten bestimmte graphische/formelle und
lexikalische Merkmale von Digilekt. Die Indikatoren in Twitter sind den Humorindikatoren
anderer Online-Kommunikationsformen ähnlich. Emoticons, Piktogramme, Akronyme,
Inflektive und Inflektivkonstruktionen, Onomatopoetika, Großschreibung und
Anführungszeichen können diesen Zweck in der Online-Kommunikation dienen. In meisten
Fällen markieren sie die Humorform Ironie/Sarkasmus.
Ein Unterschied bildet der Hashtag, der ursprünglich die Innovation von Twitter war.
Heute ist es bereits eine eingebaute Funktion mehrerer Sozialen Medien, wie z.B. Google+
und Facebook. Neben den typischen graphischen und lexikalischen Mitteln von Digilekt
können die Einleitung („preface“) oder der Abschluss bestimmter humorvollen Tweet in diese
Kategorie eingeordnet werden. Sie verweisen explizit darauf, dass der Produzent seinen
eigenen Tweet als humorvoll bezeichnet. Die neun Humorindikatoren, die im Korpus dieser
Untersuchung vorkommen, werden in folgenden Punkten im Einzelnen betrachtet. In Twitter
ergänzen sie sich einander, deshalb stehen sie häufig innerhalb desselben Tweets.
Abbildung 7: veranschaulicht die Häufigkeit der Verwendung der einzelnen
Humorindikatoren im Allgemeinen. Der meistverwendete Indikator ist das Smiley. In dieser
42
Funktion kommt es in 38,63% des gesamten Korpus vor. An der zweiten Stelle steht der
Hashtag als humor marker mit 10%, dann folgt das Onomatopoetikum mit 8,24% an dritter
Stelle. Die anderen Humorindikatoren kommen in geringem Maße vor.
Abbildung 7: Anteil der einzelnen Humorindikatoren
4.4.1.1 Emoticons
Die meistverbreiteten Humorindikatoren sind die Emoticons. Sie haben das Ziel, „[…]
Stimmungen, Gefühlzustände wie Freude […] oder andere Emotionen visuell zu vermitteln“
(Moraldo 2012: 105). Für eine bestimmte Gruppe der Emoticons wird der Begriff „Smiley“
verwendet. Es hilft bei der Vermittlung der Mimik des Benutzers. Aus genderlinguistischer
Sicht ist es interessant, dass Smileys, die ein weibliches oder männliches Gesicht abbilden, in
einigen Online-Foren vorhanden sind. In Twitter steht dieser Charakterbestand dem Benutzer
nicht zur Verfügung. Hier können nur die einfachsten, nicht animierten Smileys erscheinen.
Smileys als Humorindikatoren haben die primäre Funktion, das lachende Gesicht des
Benutzers abzubilden. Lachen spielt sowohl bei der Rezeption, als auch bei der Produktion
von Humor eine große Rolle. Bei der Produktion eines Tweets zeigt das Smiley, dass es hier
um Nicht-Ernstes geht. Die vorkommenden Smileys in dieser Funktion zeigen eine relativ
große Vielfalt. Verbreitet sind die folgenden Arten: :), :D, XD und :‘). Die Vervielfachung von
ihnen deutet auf den Grad der Emotion hin. Sie kommt am häufigsten in Tweets der
ungarischen Frauen vor. Zum Beispiel:
Bsp. 2 úristen, annyit röhögtünk tegnap a szalagozón :DDD főleg mikor
Zsombor betolta, hogy "nagy buborékok lettetek" :DDDDDDDDDDDDDDD
0,00%
5,00%
10,00%
15,00%
20,00%
25,00%
30,00%
35,00%
40,00%
45,00%
Total
Thesis MA
Thesis MA
Thesis MA
Thesis MA
Thesis MA
Thesis MA
Thesis MA
Thesis MA
Thesis MA
Thesis MA
Thesis MA
Thesis MA
Thesis MA
Thesis MA
Thesis MA
Thesis MA
Thesis MA
Thesis MA
Thesis MA
Thesis MA
Thesis MA
Thesis MA
Thesis MA
Thesis MA
Thesis MA
Thesis MA
Thesis MA
Thesis MA
Thesis MA
Thesis MA
Thesis MA
Thesis MA
Thesis MA
Thesis MA
Thesis MA
Thesis MA
Thesis MA
Thesis MA
Thesis MA
Thesis MA
Thesis MA
Thesis MA
Thesis MA
Thesis MA
Thesis MA
Thesis MA
Thesis MA
Thesis MA
Thesis MA
Thesis MA
Thesis MA
Thesis MA
Thesis MA
Thesis MA
Thesis MA
Thesis MA
Thesis MA
Thesis MA
Thesis MA
Thesis MA
Thesis MA
Thesis MA
Thesis MA
Thesis MA
Thesis MA
Thesis MA
Thesis MA
Thesis MA

Mais conteúdo relacionado

Semelhante a Thesis MA

Web2.0 & Politische Bildung
Web2.0 & Politische BildungWeb2.0 & Politische Bildung
Web2.0 & Politische Bildungdavidroethler
 
Hate speech - HASS IM NETZ
Hate speech - HASS IM NETZHate speech - HASS IM NETZ
Hate speech - HASS IM NETZFESD GKr
 
Selbstoffenbarung im Social Web
Selbstoffenbarung im Social WebSelbstoffenbarung im Social Web
Selbstoffenbarung im Social WebPocketSamurai
 
Bücher sind auch nur Medien
Bücher sind auch nur MedienBücher sind auch nur Medien
Bücher sind auch nur Medienjoness6
 

Semelhante a Thesis MA (6)

Web2.0 & Politische Bildung
Web2.0 & Politische BildungWeb2.0 & Politische Bildung
Web2.0 & Politische Bildung
 
Hate speech - HASS IM NETZ
Hate speech - HASS IM NETZHate speech - HASS IM NETZ
Hate speech - HASS IM NETZ
 
Ws 1 ppt_roell_d_web
Ws 1 ppt_roell_d_webWs 1 ppt_roell_d_web
Ws 1 ppt_roell_d_web
 
Selbstoffenbarung im Social Web
Selbstoffenbarung im Social WebSelbstoffenbarung im Social Web
Selbstoffenbarung im Social Web
 
Twitter
TwitterTwitter
Twitter
 
Bücher sind auch nur Medien
Bücher sind auch nur MedienBücher sind auch nur Medien
Bücher sind auch nur Medien
 

Thesis MA

  • 1. EÖTVÖS LORÁND TUDOMÁNYEGYETEM Bölcsészettudományi Kar DIPLOMAMUNKA Genderlektusok a közösségi médiában Genderspecifikus humor a Twitteren kontrasztív megközelítésből Genderlekte in Sozialen Medien Genderspezifischer Humor in Twitter aus kontrastiver Sicht Témavezető: Dr. Brdarné Szabó Rita Egyetemi docens Készítette: Papp Zsófia MA, Német nyelv, irodalom és kultúra 2014
  • 2. Nyilatkozat Alulírott (Papp Zsófia) ezennel kijelentem és aláírásommal megerősítem, hogy az ELTE BTK Német nyelv, irodalom és kultúra mesterképzésén írt jelen diplomamunkám saját szellemi termékem, melyet korábban más szakon még nem nyújtottam be diplomamunkaként és amelybe mások munkáját (könyv, tanulmány, kézirat, internetes forrás, személyes közlés stb.) idézőjel és pontos hivatkozások nélkül nem építettem be. Budapest, 2014. április 15. ______________________________ Aláírás
  • 3. Inhaltsverzeichnis 0 Einleitung .................................................................................................................1 1 Die soziolinguistische Untersuchung des Internets..................................................3 1.1 Wie wurde das Internet zu einem Faktor, der die Sprache beeinflusst? ...........4 1.2 Soziale Medien .................................................................................................5 1.2.1 Was gehört zu Sozialen Medien?..................................................................5 1.2.2 Klassifikation der Sozialen Medien ..............................................................7 1.2.3 Die Popularität der Sozialen Medien ............................................................8 2 Internet und Gender................................................................................................10 2.1 Digilekt ...........................................................................................................10 2.1.1 Digilekt als medialer Lekt...........................................................................11 2.1.2 Digilekt als nicht-medialer Lekt..................................................................15 2.2 Genderlekt.......................................................................................................16 2.2.1 Gender offline .............................................................................................16 2.2.2 Gender online..............................................................................................21 3 Humor.....................................................................................................................23 3.1 Moderne linguistische Humorforschung ........................................................23 3.2 Forschung Gender, Humor und das Internet...................................................26 3.2.1 Frequenz des Humors und Verwendung der Humorformen .......................26 3.2.2 Opfer des Humors .......................................................................................28 3.2.3 Sexualität in der Scherzkommunikation .....................................................29 4 Empirische Untersuchung ......................................................................................31 4.1 Humor in Twitter ............................................................................................31 4.1.1 Privatheit/Öffentlichkeit..............................................................................31 4.1.2 Konstellation der Gesprächspartner ............................................................32 4.1.3 Interaktionsmodus.......................................................................................32
  • 4. 4.1.4 Humorindikatoren .......................................................................................33 4.2 Zusammenstellung des Korpus.......................................................................33 4.2.1 Aktivität der Twitter-Benutzer....................................................................33 4.2.2 Das Geschlecht der Benutzer ......................................................................35 4.2.3 Tweets mit Humor.......................................................................................37 4.3 Die Frequenz des Einsatzes von Humor.........................................................38 4.3.1 Die Frequenz des Humors im Allgemeinen ................................................38 4.3.2 Die Frequenz des Humors aus genderlinguistischer Sicht..........................39 4.4 Humorindikatoren in Twitter..........................................................................41 4.4.1 Humorindikatoren in Twitter im Allgemeinen............................................41 4.4.2 Genderspezifische Unterschiede bei Verwendung der Humorindikatoren.47 4.5 Opfer der humorvollen Tweets.......................................................................50 4.5.1 Opfer des Humors im deutschen Teilkorpus...............................................51 4.5.2 Opfer des Humors im ungarischen Teilkorpus ...........................................51 4.5.3 Funktionen des Humors auf eigene Kosten und gegen jemanden ..............52 4.6 Humorformen in Twitter.................................................................................54 4.6.1 Humorformen in Twitter im Allgemeinen ..................................................54 4.6.2 Genderspezifische Unterschiede bei Verwendung der Humorformen........58 4.7 Sexualität in Tweets mit Humor .....................................................................60 5 Fazit........................................................................................................................62 Literaturverzeichnis.........................................................................................................64 Anhang............................................................................................................................74
  • 5. 1 0 Einleitung In der vorliegenden Arbeit geht es um den genderspezifischen Humor in der Microblog- Dienstleistung Twitter aus kontrastiver Sicht. Das Verhältnis von Humor und Gender wurde meines Wissens bisher in der computervermittelten Kommunikation noch nicht erforscht. Die Mehrheit der genderlinguistischen Arbeiten, die sich mit Humor beschäftigen, beschränkt sich auf die Face-to-face-Kommunikation. Ein neuer Zweig der Genderlinguistik befasst sich bereits mit den Online-Kommunikationsformen, aber Humor als Untersuchungsgegenstand erscheint in diesen Forschungen nicht. Aus diesem Grund beschäftigt sich diese Untersuchung mit diesem Bereich. Wegen der Komplexität des Themas wurde die Arbeit in vier Teilen unterteilt. Im ersten Teil geht es um die Gründe, warum die Sozialen Medien und damit auch die Microblog- Dienstleistung Twitter, die als Korpus gewählt wurde, aus soziolinguistischer Sicht wichtig sind. Die Hauptgründe sind die Popularität dieser Medien und die Aktivität des Internetbenutzers. Im zweiten Kapitel werden die wichtigsten Konzepte und Vorstellungen im Zusammenhang mit Gender zusammengefasst, und die Entscheidung für die Bezeichnung „Genderlekt“ als Untersuchungsgegenstand begründet. Das Thema beansprucht auch die Betrachtung der Prägung „Digilekt“ von Veszelszki neben Genderlekt. Von dem Mangel der vorhandenen Varietätenmodellen ausgehend wird das teilweise modifizierte Varietätenmodell von Bittner (2003) beschrieben, das den Untersuchungsgegenstand dieser Arbeit am besten veranschaulicht. Im Zusammenhang mit Humor existiert keine einheitliche linguistische Theorie, deshalb werden die möglichen Erklärungslinien des Humors in dem dritten Kapitel dargestellt. Dieser Teil beinhaltet auch die wichtigsten Ergebnisse der bisherigen Untersuchungen der Bereiche Gender/Humor und Gender/Internet, worauf die empirische Untersuchung basiert. Im vierten Kapitel werden die Methodologie und die Ergebnisse der empirischen Untersuchung dargestellt. Der Ausgangspunkt der Hypothesenbildung war, dass das Medium (Internet) und die konkrete Kommunikationsform (Tweet) den genderspezifischen Humor stark beeinflusst. Vier Hypothesen wurden im Zusammenhang mit der Verwendung internetspezifischer Humorindikatoren und Humorformen, mit der Frequenz und dem Opfer
  • 6. 2 des Humors aufgestellt. In Verbindung mit der Sexualität wurde wegen der geringen Zahl der Tweets, in denen sie vorkommt, keine Hypothese aufgestellt. Außer der Hypothese über die Verwendung der Humorindikatoren werden alle Hypothesen bestätigt. Anhand der empirischen Befunde kann festgestellt werden, dass genderspezifische Unterschiede auch in 140 Charakteren vorhanden sind.
  • 7. 3 1 Die soziolinguistische Untersuchung des Internets Im 21. Jahrhundert ist das Internet ein unerlässlicher Teil des Lebens. Es wirkt auf verschiedene Dimensionen. Unter diesen Einflüssen sind die kommunikativen und sozialen Wirkungen aus soziolinguistischer Sicht die bedeutendsten. Im Weiteren werden sie grob dargestellt. Die grundlegende Aufgabe des Internets ist die Sicherung der schnellen Verbreitung der Informationen. Bei der Formulierung der Definition des Internets hebt Wellman diese Eigenschaft hervor: „Internet is a tool that helping each person to become a communication and information switchboard, between persons, networks, and institutions“ (Wellman zitiert nach Smyk-Bhattacharjee 2006: 68). In dieser Formulierung erscheint ein wichtiger Aspekt, der aus der Sicht dieser Arbeit wichtig ist. Alle Internetbenutzer werden als aktive Teilnehmer des Informationsflusses bezeichnet. Sie spielen nicht nur bei der Weiterleitung der Informationen eine große Rolle, sondern auch bei ihrem Zustandebringen. Es kann aus mehreren Sichten vorteilhaft sein, hat aber gleichzeitig einen Nebeneffekt. Die schnelle Verbreitung führt nämlich zu einem Informationszudrang. Heute lauert es zwei verschiedene Arten der Gefahr auf Menschen des digitalen Zeitalters. Entweder haben sie keine Informationen über etwas oder sie haben zu viele unorganisierte Informationen (vgl. Balázs 2009: 25). Schlobinski (2006: 26) nennt es die quantitative Veränderung der menschlichen Kommunikation. Mit diesem Zudrang der Informationen gut umzugehen, soll man sich neue Kompetenzen aneignen. Das kann sogar die Veränderung der menschlichen Denkweise mitbringen. Damit beschäftigt sich die Sozialpsychologie ausführlicher (z.B. Wallace 2002). Neben quantitativer Veränderung kann die qualitative Änderung der Kommunikation zu den Folgen seiner Wirkung geordnet werden: Die kommunikationstechnische Entwicklung in den letzten vierzig Jahren ermöglicht prinzipiell die kommunikative Vernetzung eines jeden jederzeit und an jedem Ort, und damit ändern sich die kommunikativen und sozialen Beziehungen in erheblichem Maße. (Schlobinski 2006: 26) Diese qualitative Veränderung ist besonders bei den sog. Sozialen Medien auffallend, die das Ziel haben, die Vernetzung der Menschen zu sichern. Es ist ein Grund, warum sie bzw. die Microblog-Dienstleistung Twitter als Korpus gewählt wurde. Die Wandlung der sozialen Beziehungen ist mannigfaltig. Balázs erwähnt die sog. „digitale Kluft“ (Balázs 2011:
  • 8. 4 20) zwischen den Generationen als die auffälligste Folge. Seiner Meinung nach existieren heute zwei Generationen. Eine, die im digitalen Zeitalter aufgewachsen ist, und eine andere Generation, die nicht in dieser Zeit groß geworden ist. Für die jüngere Generation ist die Anpassung dem Informationszudrang leichter und natürlicher als für die ältere Generation (Balázs 2009: 25). Eine paradoxe Erscheinung ist, dass neben dieser Entfernung der Menschen auch die Annäherung präsent ist. Leute aus allen Enden der Welt mit einem Internetzugang und mit ähnlichem Interessenkreis haben die Möglichkeit den Kontakt aufzunehmen. Unter den vielen sozialen Veränderungen dieses digitalen Mediums ist die Demokratisierung der Geschlechter (vgl. Juhász 2010: 64) aus der Sicht dieser Arbeit wichtig. Durch das Internet kann sich die Gleichrangigkeit der Frauen und Männern leichter verwirklichen. Dabei spielt die Anonymität der Internetbenutzer eine große Rolle. Wie es Schmitz vor etwa zehn Jahren prophezeit hat, ist das Internet heute ein ständiger Gegenstandbereich der Linguistik (vgl. Schmitz 2000: 269). Das neue Medium ist wegen der Veränderung der oben dargestellten kommunikativen und sozialen Beziehungen besonders interessant. Wie wurde aber das Internet zu einem Faktor, die solche Veränderungen auslösen kann. Im ersten Teil wird dieser Prozess detaillierter betrachtet. Es ist ein geschichtlicher Überblick, wie sich das Internet massenhaft verbreitet hat. Im zweiten Punkt werden die Sozialen Medien und ihre Popularität dargestellt. 1.1 Wie wurde das Internet zu einem Faktor, der die Sprache beeinflusst? In diesem Punkt wird der Prozess geschildert, wie das Internet zu einem Einflussfaktor wird, der sogar einen Sprachwandel auslösen könnte. Der Ausgangspunkt ist, dass das Internet nur in dem Fall auf die Sprache wirken kann, wenn die Mehrheit der Sprachbenutzer die Chance hat, Inhalte und Informationen im Internet selbst zu veröffentlichen. Heute kann schon jeder diese Möglichkeit ausnutzen. Sie sind nicht mehr passive Beobachter. Es war aber nicht immer so. Hier wird „die Transformation vom passiven Publikum zur aktiv partizipierenden Öffentlichkeit“ (Fraas / Barczok 2006: 138) skizziert. Die vorhandene Fachliteratur veranschaulicht die Geschichte des Internets auf ähnliche Weise, aber die Darstellung von Schlobinski ist die formellsten. Aus diesem Grund wird sie hier betrachtet. Das Internet ist eine amerikanische Entwicklung aus dem Jahre 1960. Es ist eine Assoziation mehrerer Netzwerke (vgl. Crystal 2001: 3). Die Verbindung der
  • 9. 5 Computernetzwerke hat dazu gedient, die Verknüpfung des Gesprächspartners unter allen äußeren Umständen zu sichern. Am Anfang wurde es nur zu militärischen Zwecken benutzt. Es kann als erste Hauptphase der Entwicklung bezeichnet werden (vgl. Schlobinski 2000: 1). In der zweiten Phase haben sich amerikanische Universitäten mit ihren Netzwerken der Assoziation angeschlossen. Die Anwendungsbereiche des Internets haben sich ausgebreitet: es wurde in Dienst der Wissenschaft gestellt. Für die folgenden vierzig Jahre war die Vielfalt der Entwicklungen in diesem Bereich typisch. Die Betrachtung dieser Neuerungen ist nicht die Aufgabe dieser Arbeit. Aus diesem Grund wird eine Zeitspanne übergesprungen. Die 2000er Jahre bedeuten den Beginn der Demokratisierung des Netzes, und damit den Beginn der dritten Phase (vgl. ebd.). Damals sind die Erneuerungen erschienen, die als Soziale Medien bezeichnet werden können. Die bereits vorhandenen Webseiten werden mit Inhalt von den Benutzern erfüllt. Die letzte Phase bezeichnet Schlobinski als Kommerzialisierung des Internets (vgl. ebd.). 1.2 Soziale Medien 1.2.1 Was gehört zu Sozialen Medien? “Social Media is a revolutionary new trend” (Kaplan/Haenlein 2010: 59) schreibt Kaplan und Haenlein über Soziale Medien. Neu sind sie in dem Sinne, dass sie seit etwa zehn Jahren existieren. Anhand der vier Hauptphasen von Schlobinski können sie in die dritte Phase eingeordnet werden. Die Bezeichnung revolutionär ist auch stichhaltig, weil sie eine “neue Dimension der Online-Kommunikation” (Fraas / Barczok 2006: 138) eröffnen. Die Frage, was eigentlich Social Media ist, und was nicht dazu gehört, ist aber komplex. Anhand der vorhandenen Definitionen kann festgestellt werden, dass keine exakte Bestimmung präsent ist. Der Begriff „Social Media“ stammt aus dem Englischen, aber die deutsche Übersetzung „Soziale Medien“ (vgl. Gabler Wirtschaftslexikon) ist bereits verbreitet. Aus diesem Grund werden sie in dieser Arbeit bedeutungsgleich verwendet. Die Pluralform bezieht sich darauf, dass diese Bezeichnung „ein Sammelbegriff für internetbasierte mediale Angebote, die auf sozialer Interaktion und den technischen Möglichkeiten des sog. Web 2.0 basieren” (vgl. ebd.). Die Einführung von Web 2.0 in die Definition ist aber nicht unproblematisch. Aus dem Web 2.0 ist nämlich auch eine andere Entwicklung entstanden, die die Abgrenzung von Social Media noch schwieriger macht. Sie ist die sog. „Social Networking”. Obwohl die Grenzen zwischen den zwei Erscheinungen relativ fließend sind, und sie werden oft unter dem
  • 10. 6 Oberbegriff Social Media behandelt, können sie voneinander getrennt werden. „Die sozialen Netzwerke stellen Online-Gemeinschaften dar, in denen sich Anwender treffen, Informationen austauschen und neue Kontakte knüpfen” (Prevezanos 2011: 1021). „Die neuen Internetinhalte” (ebd.), die von diesen aktiven Anwendern und nicht von Firmen, Redaktionen, Verlagen usw. gestaltet wurde, gehören zum Oberbegriff Soziale Medien. Eine Ergänzung soll aber hinzugefügt werden. Soziale Medien können im Dienst verschiedener Firmen stehen. Es gibt mehrere Möglichkeiten dazu. Die Bekannteste ist, dass sie Internetbenutzer anstellen, ihre Produkte zu popularisieren. Eine andere Verwendungsmöglichkeit ist, wenn die Firmen eine Plattform zur Meinungsverteilung für Kunden zustande bringen. In diesem Fall werden Soziale Medien auch “consumer-generated media” (Mangold / Faulds 2009: 357) genannt. Die Definitionen sind sich darüber einig, dass es um einen Sammel- oder Oberbegriff geht, aber die Meinungen, was in diese Kategorie eingeordnet werden kann, gehen auseinander. Die zwei oben dargestellten Bestimmungen stellen fest, dass nur die von aktiven Internetbenutzern gestalteten Inhalte zu Sozialen Medien gehören. Es gibt aber auch andere Vorstellungen. Nach einer Bestimmung bestehen Soziale Medien aus drei Ebenen. Die Erste ist die individuelle Ebene, die „die Beteiligung von Nutzern an der Gestaltung von Internetangeboten” (Michelis/Schildhauer 2012: 19ff.) bedeutet. Die technologische Ebene ist das Nächste, und als dritte Ebene beschreibt Michelis und Schildhauer die sozio-ökonomische Ebene, die „alle direkte und indirekte Auswirkungen auf gesellschaftliche und wirtschaftliche Strukturen” (ebd. 18) umfasst. Als letzte Definition wird die meistverbreitete Auffassung von Kaplan erläutert. Er bestimmt Social Media als die Gesamtheit von Web 2.0 und von sog. „User Generated Content” (vgl. Kaplan 2010: 60ff.). Das bedeutet, dass alle Ideologien und neue kommunikationstechnologische Entwicklungen von Web 2.0 und alle von Benutzern generierten Inhalte im Internet zum Begriff Social Media gehören. Aus soziolinguistischer Sicht spielen die Inhalte, die von alltäglichen Benutzern gestaltet werden, eine große Rolle. Bei der Gestaltung dieser Inhalte kann das Fehlen einer Kontrolle beobachtet werden (vgl. Mangold/Faulds 2009: 359, Kaplan 2010: 59), das aus der Sicht der empirischen Untersuchung wichtig ist.
  • 11. 7 1.2.2 Klassifikation der Sozialen Medien In diesem Punkt werden die Inhalte, die von aktiven Internetbenutzern konstruiert werden, klassifizieren. Die Klassifikation von Kaplan ist die geeignetste für diesen Zweck, weil sie mit Hilfe von zwei Dimensionen, die aus linguistischer Sicht wichtig sind, aufgestellt wurde. Diese sind die Folgenden: „social presence“/„media richness“ einerseits, und „self- presentation“/„self-disclosure“ andererseits. Tabelle 1: veranschaulicht die Einordnung der Sozialen Medien. Social presence/Media richness Low Medium High Self-presentation/ disclosure High Blogs Social networking sites (e.g. Facebook) Virtual social worlds (e.g. Second Life) Low Collaborative projects (e.g. Wikipedia) Content communities (e.g. YouTube) Virtual game worlds (e.g. World of Warcraft) Tabelle 1: Classification of Social Media by social presence/media richness and self-presentation/self-disclosure (Kaplan 2010) Social presence bezieht sich auf die Direktheit zwischen den Kommunikationspartnern. Kaplan setzt voraus, dass Soziale Medien, die synchrone Kommunikation ermöglichen, diese Direktheit sichern. Je synchroner die Kommunikationsform ist, desto direkter ist die Beziehung zwischen den Partnern (vgl. Kaplan 2010: 61). Media richness bedeutet in diesem Fall die Menge der Informationsübertragung in einer bestimmten Zeit, wobei die Multimedialität eine große Rolle spielt, z.B. mit einem Video sind mehrere Informationen übertragbar. Er behandelt diese zwei Begriffe unter einer Dimension, weil sie in engen Beziehungen zueinander stehen. Je direkter die Beziehung ist, desto mehr Informationen werden durch ein Medium übertragen werden (vgl. ebd.). Die andere Dimension steht in Verbindung damit, wie viele Informationen der Benutzer über sich mitteilt (vgl. ebd. 62). In dieser Arbeit wird Twitter als Korpus gewählt. Es ist eine kostenlos verwendbare Microblog-Dienstleistung im Internet (vgl. Rézműves/Szy 2011: 9). Seit 2006 existiert es, und ist in dieser relativ kurzen Zeit „ein unerlässliches Instrument von Social Media”1 (ebd.). Ein Grund der Wahl ist u.a. diese Aktualität. Die Kategorie „Microblog” bezeichnet Weblogs, wo der Internetbenutzer insgesamt 140 Charaktere (die Wortzwischenräumen inbegriffen) hat, seine Gedanken zu veröffentlichen. Aus diesem Grund wird es auch „SMS des Internets“2 1 Übersetzung von Zs.P. 2 Übersetzung von Zs.P.
  • 12. 8 (ebd.) genannt. Die begrenzte Zahl des Charakters ist aus linguistischer Sicht interessant. Die Techniken, die der Verminderung dieser Zahl dienen, können sehr gut beobachtet werden. Ein anderer Grund der Wahl ist, dass die Anwender die Möglichkeit haben, an der Gestaltung der Inhalte im Internet aktiv teilzunehmen. Obwohl die Klassifikation von Kaplan die Microblogs selbständig nicht behandelt, können sie zwischen Blogs und Social networking sites platziert werden. Obwohl social presence/media richness sehr gering ist, d.h. die Beziehung zwischen den Kommunikationspartnern die Indirekteste unter den Sozialen Medien ist, ist self-presentation/self-disclosure hoch. Anders formuliert: Der Anwender veröffentlicht viele Informationen über sich trotz der Tatsache, dass seinen Eintrag (“Tweet”) auch von Unbekannten gelesen werden. 1.2.3 Die Popularität der Sozialen Medien Interessant ist der Prozess, wie eine neue Entwicklung der Sozialen Medien bewertet wird. Die Popularität und der reale Wert eines Sozialen Mediums kann mit Hilfe von sog. Social Media Hype Cycle bestimmt werden. Hyple Cycle wird in drei Abschnitte unterteilt. Wenn eine informationstechnologische Erneuerung auf dem Markt erscheint, sind die Erwartungen der Benutzer und die Popularität des neuen Mediums noch übermäßig groß. Die Leistung der Entwicklung wird meistens überschätzt. Sie gehören zu dem ersten Abschnitt. Nach dem Höhepunkt der Popularität folgt der Abschnitt der Desillusion. Hier werden der Mangel und die Grenzen der neuen Medien klar. Das Ende dieses Abschnitts ist ein Scheideweg: entweder verschwinden sie, oder werden sie objektiv eingeschätzte und wieder populäre Medien. Das aus dem Jahr 2013 stammende Social Media Hype Cycle (Abbildung 1:) veranschaulicht die neusten Ergebnisse.
  • 13. 9 Abbildung 1: Social Media Hype Cycle (Ptacek 2013) Die Abbildung zeigt den genauen Platz von Twitter. Es steht im dritten Abschnitt nach dem Scheideweg. Twitter ist bis heute populär und wahrscheinlich wird in der Zukunft noch populärer. Auf die Sprache können nur die Entwicklungen wirken, die die grundlegenden Erwartungen erfüllen. Diese sind die Folgenden: ein Produkt soll weit verbreitet werden, und die Benutzer sollen die Möglichkeit haben, Informationen oder ihre Meinungen mitzuteilen. Über die Entwicklungen, die bereits real bewertet sind, kann festgestellt werden, dass sie diese Erwartungen erfüllen. Die Mehrheit der Sprachbenutzer verwendet sie, und nimmt auch am Konstruieren der Online-Inhalte teil.
  • 14. 10 2 Internet und Gender Das Internet und besonders die neuen Entwicklungen von Web 2.0 können deutliche Veränderungen in der Sprache und in der Kommunikation verursachen. Im ersten Punkt dieses Teils werden sie aus soziolinguistischer Sicht betrachtet. Eine mögliche mit dem Medium Internet in Verbindung stehende Sprachvarietät wird auch dargestellt. In der anderen Hälfte geht es um die neueren Vorstellungen und Konzepten von Gender. Obwohl zwei Teile festgestellt wurden, ist es wichtig, die Beziehungspunkte der dargestellten Begriffe zu veranschaulichen, deshalb gibt es einige Überlappungen der beiden Teile. 2.1 Digilekt Die Hauptthese der Soziolinguistik ist, dass die Sprache in Varietäten existiert: Sprache kann “als eine Menge von Varietäten [verstanden werden], deren Eigenschaften in einem mehrdimensionalen Raum festgelegt sind” (Dittmar 1997: 174). Der Ausgangspunkt dieser Arbeit ist dieser Grundsatz. Die Expansion des aktiven Benutzerkreises des Internets hat die Aufmerksamkeit der Linguisten auf die neuen sprachlichen Phänomene gelenkt. Darüber, ob sie als Merkmale einer neuen Sprachvarietät aufgefasst werden können, gehen die Meinungen auseinander. Bis heute ist es noch eine offene Frage. Schlobinski vertritt die Meinung, dass die Textsorten im Internet so unterschiedliche Merkmale aufweisen, dass keine generelle Aussage formuliert werden kann (Schlobinski zitiert nach Veszelszki 2011: 6). Die Textsorte ist nicht der einzige kritische Punkt. Die sprachlichen Eigenarten der Internetkommunikation können in verschiedenem Maße bei der gleichen Textsorte vorkommen. Als Beispiel kann der Unterschied zwischen offiziellen und informellen E-Mails gebracht werden. In einer offiziellen E-Mail verwendet man z.B. deutlich weniger oder überhaupt keine Emoticons. Es steht natürlich mit dem internetspezifischen Etikett, dem sog. „Netikett” im Zusammenhang. Auf komplexeste Weise formuliert Storrer ihre Kritik gegen „Sprache des Internets” als eigenständige Varietät: Es gibt “[...] nicht nur erhebliche Unterschiede zwischen Kommunikationsformen [...], sondern auch eine große Variation innerhalb derselben Form in unterschiedlichen Kontexten” (Storrer 2013: 338). Andere Forschungen versuchen die neuen Phänomene unter einem Terminus technicus zu behandeln. Die meistverbreitete Bezeichnung ist „netspeak” von Crystal (vgl. Crystal 2001: 19). Er verwendet es als eine Alternative zu „Netlish”, „Weblish”, „Internetlanguage”,
  • 15. 11 „cyberspeak”, „electronic discourse”, „electronic language” usw. Der Grund, warum er diesen Begriff bevorzugt, ist, dass sich „speak” nicht nur auf „sprechen”, sondern auch auf „schreiben” bezieht, und setzt ein Rezipient als Hörer oder als Leser voraus (vgl. ebd.). Mit dem Vorhandensein des Rezipienten betont er den interaktiven Charakter des Mediums. Auf die Vorstellung von Crystal basierend nähert sich Veszelszki diesem Phänomen aus soziolinguistischer Sicht an. Ihre eigene Prägung ist Digilekt3 auf die sprachliche Varietät der computer-mediated communication (vgl. Veszelszki 2011: 7). Der Grund, warum es als eigenständige Sprachvarietät gesehen werden kann, sind ihre Eigenschaften (z.B. die Heterogenität und der verschiedene Muster verschmelzender Charakter), die für andere Medien nicht charakteristisch sind (vgl. ebd.). In dieser Arbeit wird diese Auffassung vertreten. Anhand der Analyse von Veszelszki (2010) verfügt diese Varietät über bestimmte pragmatische-textlinguistische, lexikalische, grammatische und formelle Merkmale (vgl. ebd.). In der empirischen Untersuchung werden nur die Merkmale hervorheben, die im genderspezifischen Humor eine wichtige Rolle spielen. 2.1.1 Digilekt als medialer Lekt Interessant ist die Frage, welchen Status die neue Sprachvarietät hat, wie sie in vorhandene soziolinguistische Modelle integriert werden kann. Die Bestimmung des konkreten Status ist nicht eindeutig, aber verschiedene Vorstellungen sind darüber vorhanden: Digilekt kann entweder als Stil, oder als Sozio- oder Mediolekt aufgefasst werden (vgl. ebd). In diesem Punkt wird sie als Mediolekt behandelt. “Die Eigenschaft des neuen Mediums ist, dass es die Dichotomie der Mündlichkeit und Schriftlichkeit auflockert”4 (vgl. Veszelszki 2010: 4). Bereits die früheren Forschungen im Bereich Internetlinguistik betonen, dass sich das Verhältnis zwischen Mündlichkeit und Schriftlichkeit durch das neue Medium im großen Maße verändert. Bestimmte Merkmale der gesprochenen Sprache werden durch schriftsprachliche Mittel nachgebildet, d.h. eine neue Kombination der mündlichen und schriftlichen Versprachlichungsmuster entsteht (Feldweg zitiert nach Storrer 2013: 333f). In der deutschen Fachliteratur wird oft den aus Oralität und Literalität gebildeten Begriff “Oraliterarität” (Döring zitiert nach Schmitt 2010: 51) und “geschriebene Mündlichkeit” (Runkehl zitiert nach Löffler 2010: 85) zur Bezeichnung dieses 3 Übersetzung von Zs.P. 4 Übersetzung von Zs.P.
  • 16. 12 Phänomens verwendet. In der modernen ungarischen Linguistik hat sich der Ausdruck „neue Sprechsprachlichkeit”5 (Balázs 2011: 18) verbreitet. Bei der Einordnung des Digilekts als Mediolekt in die Varietätenmodelle ist beschränkt, weil die Varietätenmodelle oft die mediale Dimension nicht beinhalten (vgl. Veszelszki 2010: 1f.). Veszelszki versucht Digilekt in zwei Modelle, ins Varietätenmodell von Löffler (1985) und ins Modell von Koch und Oesterreicher (1994) zu integrieren (vgl. ebd.). 2.1.1.1 Digilekt im Modell von Löffler Der größte Vorteil des Sprachwirklichkeitsmodells von Löffler ist im Gegenteil zu den anderen Modellen, dass es den Sprachgebrauch nicht eindimensional, sondern als ein “übergangsloses Kontinuum” behandelt, in dem die außersprachlichen Einflüsse eine große Rolle spielen: “Die Kategorien der Klassifizierung [...] sollen [...] extralinguistisch sein, das heißt, sie sollten aus dem Bereich der sozialen Konstellation [...] oder Interaktion stammen (Löffler 2010: 80). Es wird auch hervorgehoben, dass die Grenzen zwischen diesen einzelnen Kategorien relativ fließend sind (vgl. ebd.). Die dargestellten acht Varietäten werden in zwei größere Teile geordnet: “gesprochen” und “geschrieben”. Es wird graphisch mit einer horizontalen Linie veranschaulicht. Diese Einteilung geschieht danach, ob die einzelnen Varietäten eher in der gesprochenen oder in der geschriebenen Sprache realisiert werden können (vgl. Bittner 2003: 300). Daraus folgt, dass dieses Modell stark dichotom ist. Wie die gesprochene Sprache von der geschriebenen Sprache getrennt werden kann, formuliert Löffler folgenderweise: “Der Hauptunterschied liegt in der Funktion, der kontextuellen Situierung im Sprachleben und einem unterschiedlichen Inventar sprachlicher Regeln und grammatischer Kennzeichnungen” (Löffler 2010: 81). Grob zusammengefasst charakterisiert er die gesprochene Sprache als primär, die Sprachproduktion in diesem Fall als momentan und spontan, die Rede als bidirektional, und ordnet sprachliche Merkmale wie z.B. reduzierter Wortschatz, häufige Parataxe usw. auch dazu (vgl. Löffler 2010: 82ff.). Im Gegensatz dazu ist die geschriebene Sprache laut Löffler (ebd.) systematisch und historisch sekundär, die Text- und Sprachproduktion ist zeitversetzt. Aus der Sicht der Schreiber/Leser-Konstellation geht es in diesem Fall um einen Autor und einen oder mehrere Adressaten. Was die sprachlichen Merkmale betrifft, sind die grammatisch wohlgeformten Sätze, längere Hypotaxen, Nominalstil kennzeichnend (vgl. ebd.). 5 Übersetzung von Zs.P.
  • 17. 13 Die größte Schwäche dieses Modells ist eben die dargestellte einfache Opposition. Die Frage wird aufgeworfen, ob “die” gesprochene und “die” geschriebene Sprache überhaupt existieren. Sie stellen nämlich nur die „prototypische6 Kombinationen von Zeichensystem, Medien und Kommunikationsform” (Bittner 2003: 62) dar. Selbst Löffler betont, dass sich die neuen Medien “nicht mehr in traditionell mündliche [...] und schriftliche [... ] einteilen” lassen (vgl. Löffler 2010: 85), woraus folgt, dass die Sprachvarietät Digilekt schwer ins Modell integrierbar ist. Es lässt sich zwischen der gesprochenen und geschriebenen Sprache platzieren (vgl. Veszelszki 2010: 4), wie es Abbildung 2: zeigt. Abbildung 2: Das modifizierte Varietätenmodell von Löffler (Veszelszki 2010) Diese Zwischenstellung wäre aber nur in dem Fall stichhaltig, wenn Digilekt die Merkmale der gesprochenen Sprachvarietät in geschriebener Form enthalten würde, oder umgekehrt. Es kann aber behauptet werden, dass es nicht ausschließlich um die Kombination dieser beiden Varietäten geht. Bódi stellt fest, dass die Sprache des Internets die Eigenartigkeiten der geschriebenen und gesprochenen Sprache mit den Eigenschaften dieses elektronischen Mediums kombiniert (vgl. Bódi 2004: 288). Weiterhin ist es problematisch, dass die medialen, zeichensystematischen und kommunikationsformalen Aspekte im Modell nicht getrennt erscheinen, deshalb können sie nicht im Einzelnen beurteilt werden (vgl. Bittner 2003: 63). 6 Hervorhebung von Zs.P.
  • 18. 14 2.1.1.2 Digilekt im Modell von Koch/Oesterreicher Ein nuanciertes Bild kann man bekommen, wenn Digilekt als Mediolekt innerhalb des Modells von Koch und Oesterreicher betrachtet wird. Die Dichotomie der gesprochenen und geschriebenen Sprache wird mit den Begriffen konzeptionelle Mündlichkeit und Schriftlichkeit verfeinert (Koch/Oesterreicher zitiert nach Storrer 2013: 334ff), obwohl die sprachliche Äußerung primär mediendifferenziert bleibt (vgl. Bittner 2003: 66). Das bedeutet, dass sie zuerst anhand des Mediums Mündlichkeit und Schriftlichkeit kategorisiert wird. Diese Einordnung bleibt weiterhin dichotom (vgl. ebd.). Im Gegenteil dazu ist der Übergang zwischen konzeptioneller Mündlichkeit (Nähe) und konzeptioneller Schriftlichkeit (Distanz) fließend. Es kann als eine Skala aufgefasst werden. Die Kommunikationsbedingungen (Privatheit-Öffentlichkeit, Vertrautheit-Fremdheit, Emotionalität-keine Emotionalität usw.) und die Versprachlichungsstrategien (Vorläufigkeit- Endgültigkeit, geringer Planungsaufwand-hoher Planungsaufwand usw.) sind entscheidend dafür, wohin eine sprachliche Äußerung eingestuft werden könnte (vgl. ebd.). Eine Ergänzung des Modells stammt von Dürscheid (2006) und Veszelszki (2010). Innerhalb medialer Schriftlichkeit werden zwei weitere Kategorien “elektronisch” und “nicht elektronisch” determiniert. Anhand dieser Einordnung gehört “Tweet” zu den medial schriftlichen, elektronischen und konzeptionell mündlichen Kommunikationsformen (vgl. Veszelszki 2010: 5). Hiba! A hivatkozási forrás nem található. stellt das erweiterte Modell dar. konzeptionell schriftlich konzeptionell mündlich nicht Gesetz; wissensch. Arbeit; Ansichtskarte; Protokoll, Drehbuch medial elektronisch schriftlich elektronisch offizielle E-mail; Forum; Blog; private E-mail; Gästebuch; Tweet; Chat medial wissensch. Vortrag; Predigt; Radiointerview; Talkshow; Unterhaltung mündlich Tabelle 2: Das modifizierte Modell von Koch/Oesterreicher (Veszelszki 2010) Veszelszki geht davon aus, dass es keine enge Korrelation zwischen Medium und Konzept gibt, deshalb können eigenartige Kreuzungen vorkommen. Als Beispiel bringt sie die medial schriftlichen, aber konzeptionell mündlichen Kommunikationsformen (vgl. ebd.). Anscheinend geriet das Medium bei der Einstufung sprachlicher Äußerungen in die konzeptionelle Skala, aber in der Tat spielt es eine wichtige Rolle, weil die Kommunikationsbedingungen durch das Medium bestimmt werden (vgl. Bittner 2003: 66f.).
  • 19. 15 Die enge Verbindung zwischen den zwei Begriffen kann auch damit erklärt werden, dass “die beiden Pole konzeptioneller Mündlichkeit bzw. Schriftlichkeit tatsächlich der idealtypischen Verwendungsweise der jeweiligen medialen Realisierungen” (Bittner 2003:66f.) sind. Die Unklarheiten folgen laut Bittner daraus, dass das Modell die Beziehung zwischen Konzept und Medium nicht erläutert. Ein weiteres Problem ist, dass die Verbindung zwischen Kommunikationsbedingungen und sprachlichen Merkmalen im Modell nicht vorgestellt wird. Die einzelnen Kommunikationsformen der digitalen Medien können ins Modell integriert werden, wie es auch Veszelszki macht. Aber es wird nicht deutlich, warum einige medial schriftliche und konzeptionell mündliche Kommunikationsformen in der computervermittelter Kommunikation erscheinen, und warum andere nicht (vgl. ebd. 67). Neben der fehlenden Darstellung der Beziehung von einzelnen Begriffen werden in den neueren Untersuchungen (z.B. Thaler 2012) die nicht mehr aktuellen Kommunikationsbedingungen kritisiert. Die konzeptionelle Mündlichkeit und Schriftlichkeit als Endpunkte der Skala korrelieren mit der Privatheit und Öffentlichkeit. Man kann über einen Strukturwandel sprechen, wodurch die sog. “öffentliche Privatsphäre” entsteht (vgl. Habermas zitiert nach Schmitt 2010: 49). Im Fall von als Korpus gewähltem Twitter kann es auch beobachtet werden. Wenn die Firmen, Organisationen, Institutionen usw. ausgefiltert werden, wird es deutlich, dass die Benutzer diese Dienstleistung als persönliches Tagebuch behandeln, obwohl jeder andere User ihre Einträge angucken kann. 2.1.2 Digilekt als nicht-medialer Lekt Als eine Lösung der Probleme der dargestellten Modelle schlägt Bittner (2003) ein neues medial orientiertes Varietätenmodell vor. Der konkrete Untersuchungsgegenstand der vorliegenden Arbeit kann damit am besten veranschaulicht werden. In diesem Modell erscheinen Medium, Kommunikationsformen und nicht-mediale Lekte auf unterschiedlichen Ebenen. Er geht davon aus, dass Medium in jedem Kommunikationsakt, in jeder Realisierung präsent ist, deshalb nennt er es „eine obligatorische Wahl” (Bittner 2003: 298). „Rede“ hat hier eine Sonderrolle, weil sie ohne mediale Vermittlung auskommt (vgl. ebd.). In der vorliegenden Arbeit ist das Internet das Medium. Die nächste Ebene ist die Ebene der konkreten Nutzungsformen eines Mediums. Sie haben unterschiedliche sprachliche, kommunikative Funktionen und Formen. Die Wahl ist in diesem Fall auch obligatorisch, weil sie stark von dem Medium abhängig sind (vgl. ebd. 299). In dieser Untersuchung ist “Tweet” die Kommunikationsform. Auf der letzten Ebene erscheinen die sog. nicht-medialen Lekte, die aus dem Modell von Löffler (1985) stammen.
  • 20. 16 Sexlekt soll aber mit dem Begriff Genderlekt ausgetauscht werden. Die Gründe dafür werden im Punkt 2.2 betrachtet. Ein Unterschied zu dem originalen Modell ist, dass die konkreten Interaktionstypen und Situolekte nicht mehr auf dieser Ebene platziert werden. Sie erscheinen als konkrete Kommunikationsformen (vgl. Bittner 2003: 300). Aus der Sicht der empirischen Untersuchung sind Genderlekte als nicht-mediale Lekte wichtig. Abbildung 3: Das modifizierte Varietätenmodell von Bittner (2003) Die Aufgabe, Digilekt in dieses Modell zu integrieren, ist schwer. Veszelszki hebt mehrmals hervor, dass er auch als Soziolekt oder Stil gesehen werden kann (vgl. Veszelszki 2011: 7). In dieser Hinsicht steht er als eigenständige Varietät auf der Ebene der nicht- medialen Lekte in diesem Modell. 2.2 Genderlekt 2.2.1 Gender offline Die vorhandenen soziolinguistischen Arbeiten heben hervor, dass es grundlegende Unterschiede zwischen den Geschlechtern gibt. Bereits Ammon (1973) beschäftigt sich mit dieser Frage aus der Sicht des Verhältnisses von Geschlecht und Gesellschaft. Innerhalb der von ihm aufgestellten soziolinguistischen Kategorien wurde das Geschlecht mit der sozialen Rolle in Zusammenhang gebracht. Nach seiner Definition ist Geschlecht eine soziolinguistische Kategorie, die „[…] das allgemeine Verhältnis des Individuums zur Gesellschaft“ zeigt (Ammon 1973: 16f.). Auch die Flexibilität dieser Kategorie wird hier
  • 21. 17 betont. Das Individuum soll die ständig ändernden Erwartungen der Gesellschaft z.B. der Rollenwechsel in der Familie erfüllen. Es bringt den Wechsel des Sprachgebrauchs mit sich (vgl. ebd.). In der ungarischen Fachliteratur sind auch die Unterschiede zwischen zwei Geschlechtern betrachtet. Cseresnyési (2004: 79) begründet aber die Differenzen damit, dass sich die sprachliche und sich die geschlechtliche Rolle durch differenzierte Nachahmung von Kindern parallel vererbt werden. Die Gesellschaft und die Kultur spielen dabei eine große Rolle. In den Gesellschaften, in denen die Frauen an engeren kommunikativen Netzwerken teilnehmen als die Männer, sind diese Differenzen zwischen den Sprachgebräuchen größer. Aus diesem Grund ist der Sprachgebrauch der Frauen in diesen Gesellschaften traditioneller. Als Beispiel bringt er die japanische Sprache, in der solche Personalpronomina vorhanden sind, die ausschließlich von Männern benutzt werden können (vgl. ebd.). Die dargestellten zwei Beispiele betrachten die Unterschiede nicht als eine eigenständige Varietät, d.h. nicht als Genderlekte. Der Ausdruck kommt in der deutschen Varietätenlinguistik zuerst bei Löffler vor. Er bezeichnet Geschlecht als “soziales Merkmal [...] nicht nur als Determinante unter vielen miterhoben werden (müsse), sondern auch als varietätenbestimmender Faktor” (Löffler zitiert nach Gräßel 1991: 129). In der ersten Fassung des Sprachwirklichkeitsmodells verwendet er den Begriff “Sexlekt”, später wird es mit “Genderlekt” ausgetauscht (vgl. Löffler 1985, 2010). Auch Veith hält die Bezeichnung Sexlekt für problematisch, weil sie die Rolle des biologischen Geschlechts betont. Er schlägt den Ausdruck Genderlekt in dem Sinne „ein[es] hypothetisch[en] Sprachsystem[s] als Funktion des sozialen Geschlechts“ (Veith 2005: 157) vor. Dies bezieht sich auf das erste Problem des Begriffs „gender”, das im Weiteren betrachtet wird. 2.2.1.1 Sex vs. Gender Bis zu den 1950er/60er Jahren wurde kein Unterschied zwischen den Begriffen „sex” und „gender” in der deutschen Fachliteratur gemacht. In diesen Jahren wurde zuerst Gender aus dem Englischen übernommen, und wird für die Bezeichnung des sozialen Geschlechts verwendet (vgl. Ayaß 2008: 11). Gibt es aber eine Verbindung zwischen den Begriffen? Ist es wirklich zweckmäßiger “Gender” zu verwenden? Was beinhaltet dieser Begriff? Die Beantwortung der Fragen ist das Ziel des folgenden Teils. Die früheren feministischen und genderlinguistischen Arbeiten definieren „sex” als der körperliche Status der Menschen, der durch primäre und sekundäre Merkmale determiniert
  • 22. 18 wird. Im Gegenteil dazu ist „gender” ein Bündel der sozial geprägten Eigenschaften (vgl. ebd. 11f.). Die Verbindung zwischen ihnen besteht darin, dass gender lange Zeit biologisch fundiert gedacht wurde, d.h. das biologische Geschlecht bestimmt u.a. das Sprachverhalten von Frau und Mann. Diese Vorstellung geht so weit, dass Lakoff (1975) den Ausdruck “women's language” ausgestaltet (vgl. Lakoff zitiert nach Rodino 1997). Auf diese Weise können fundamentale Unterschiede zwischen den zwei Geschlechtern beobachtet werden. Zum Beispiel die Frauen sprechen „powerlessness” (ebd.) sie üben einen „rapport talk”(ebd.) aus, und in der Interaktion sind sie „shitworkers of routine interaction” (Fishman zitiert nach Rodino 1997). Auffallend ist es in diesen Studien, dass Sprachverhalten der Männer als Vergleichsgrundlage betrachtet wurden. Bis zu den 1980er Jahren wird der Zusammenhang zwischen sex und gender nie bezweifelt (vgl. Ayaß 2008: 12). Die neueren Arbeiten lehnen diese Auffassung ab, z.B. Gildemeister und Wetterer (1992) nennen diese Zweitteilung als Scheinlösung: [Es] hängt mit einer stillschweigenden Parallelisierung von biologischem und sozialem Geschlecht zusammen und besteht deshalb nicht nur in einer verlagerten [...] Biologismus, sondern in einem latenten Biologismus der Gesamtkonstruktion7 'sex-gender'. (Gildemeister/Wetterer zitiert nach Ayaß 2008: 13) Aus diesem Grund ist es zweckentsprechender die Begriffe sex und gender aus einer anderen Sichtweise zu behandeln. Eine Lösung des dargestellten Problems bietet das Konzept von “doing gender”, das in den interaktionsanalytischen Arbeiten bis heute erfolgreich verwendet wird. An dieser Stelle wird dieses Konzept kurz erläutert. Es basiert auf kulturgebundenen Methoden von Garfinkel (1967) und Goffmann (1977). Der Ausgangspunkt dieser Vorstellung ist, dass gender nicht auf biologischen Gegebenheiten, sondern auf „kulturelle Inszenierungspraktiken” basiert (Kotthoff 2002b: 1). Garfinkel hat in seiner bekannten Agnes-Studie gezeigt, dass verschiedene Verhaltensweisen in der Interaktion wechselseitig erzeugtes „accomplishment” sind (vgl. Garfinkel zitiert nach Kotthoff 2002b: 3f). Diese galten früher als Natur von Menschen. Ähnlich zu Garfinkel schreibt Goffmann, dass Gender immer “die Dramatisierung einer kulturellen Idealisierung der maskulinen und femininem Natur” (Goffmann zitiert nach Kotthoff 2002b: 6) beinhaltet. Diese Natur ist Kultur, nur eben eine Kultur, die als Natur gesehen werden will (vgl. ebd). Im Zusammenhang mit diesem Konzept existieren zwei Auffassungen. Anhand der ersten Auffassung geht es nur um doing gender, wenn die kulturelle Rolle der Geschlechter explizit-thematisch in der Interaktion hervorgehoben wird (vgl. ebd.). Es passiert aber nur in 7 Hervorhebung im Original
  • 23. 19 bestimmten Situationen. Im anderen Fall wird doing gender als „fortlaufendes accomplishment” (West/Zimmermann zitiert nach Kotthoff 2002b: 4) definiert. Dieser Ausdruck weist darauf hin, dass es in allen Alltagssituationen eingeschrieben wird: “Menschen in konkreten Situationen im Umgang mit anderen Menschen [erzeugen] ihr eigenes Geschlecht und das Geschlecht der anderen fortwährend8 ” (West/Zimmermann zitiert nach Ayaß 2008: 15). Geschlecht ist in diesem Sinne abhängig von der konkreten Situation. Kotthoff (2002b) kritisiert stark die erste Auffassung, weil sie denkt, dass gender nicht nur auf der Ebene der Etikette relevant ist. Sie bezeichnet insgesamt fünf Ebene der Relevantsetzung von gender. Diese sind die Folgenden: doing gender auf der Ebene der Stimme und Prosodie, Ebene der differenten Gesprächsstile, doing gender als Element der Etikette und der Stilisierung des Körpers, Ebene der lokalen Geschlechtsneutralität und endlich Medienrezipienz als omnipräsente gender-Folie (vgl. Kotthoff 2002b: 20). Laut des neuen Konzepts ist Gender „ein kommunikatives Geschehen” (Ayaß 2008: 19), “not a set of traits, nor a variable, nor a role, but the product of social doings of some sort” (ebd.). Diese Bestimmung hebt am besten die Flexibilität des Geschlechts hervor. Über den Grad dieser Flexibilität gehen die Meinungen der Forscher gegenüber. Das wird hier nicht detaillierter geschildert. Wichtig ist aber aus der Sicht dieser Arbeit, dass die Vertreter von doing gender die Bezeichnung „Genderlekt” für problematisch halten. Sie denken, dass die Merkmale des Genderlektes als fester Verbund auftreten (Günther zitiert nach Kotthoff 2002b: 7). Die Wurzel des Problems ist die uneinheitliche Definition des Begriffs Genderlekt. Der Ausgangspunkt der Untersuchung ist, dass die Sprache in Varietäten existiert, wie es am Anfang des Kapitels erläutert wurde. Daraus folgt, dass Genderlekt als eine Analysekategorie in dem Sinne von Trudgill betrachtet wird. Er schreibt, dass Lekt „ein neutraler Begriff ist, der sich auf jede Arte der Sprache, die der Linguist als eigenständige Entität behandeln möchte, beziehen kann“9 (Trudgill zitiert nach Veszelszki 2010: 1). Natürlich wird die Auffassung abgelehnt, dass jemand fortdauernd einen Genderlekt spricht. Die gegebene Kommunikationssituation spielt dabei eine bedeutende Rolle, deshalb beschränkt die Arbeit auf die Genderlekte in Sozialen Medien bzw. in Twitter. In der Verknüpfung mit doing gender ist das daraus abgeleitete Konzept “undoing gender” von Hirschauer (1994) erwähnenswert. Es bezieht sich auf “eine konstruktive Leistung”, ein “praktiziertes Absehen von der Geschlechterdifferenz” (Hirschauer zitiert nach Kotthoff 2002b: 7f.). Der größte Unterschied zu doing gender ist, dass er von der 8 Hervorhebung im Original 9 Übersetzung von Zs.P.
  • 24. 20 Diskontinuität der Geschlechterkonstruktion ausgeht. Er denkt, dass sie aus Handlungen besteht (ebd.). Später wurden die Arten der Neutralisierungsarbeiten (z.B. mit bestimmten Berufstätigkeiten) erweitert, d.h. das Geschlecht in verschiedenen Berufen, in denen es keine Rolle spielt, wird in den Hintergrund gedrängt (vgl. Kotthoff 2002b: 8f). Die Kritik an dieses Konzept ist, dass undoing gender in den meisten Alltagssituationen oft unbemerkbar bleibt, und die Neutralisierungsarbeit durch Differenzarbeit ausgeglichen werden kann. Kotthoff (2002b) schlägt deshalb eine Relevanzstruktur von gender zwischen den Polen doing und undoing vor (ebd. 9). 2.2.1.2 Zweiteilung des Geschlechts Neben den oben geschilderten Problemen, die im Grunde genommen die Verbindung von sex und gender betreffen, ist die Zweiteilung des Geschlechts eine ständig wiederkehrende Frage der Genderlinguistik. Natürlich stehen die zwei Probleme im Zusammenhang miteinander. Ursprünglich wurde das soziale Geschlecht auf das biologische Geschlecht zurückgeführt, deshalb war die Vorstellung virulent, dass insgesamt zwei Geschlechter existieren. Einerseits ist diese Verbindung stark umstritten, wie es im vorherigen Punkt dargestellt wurde. Andererseits ist es auch fragwürdig, ob es nur zwei biologische Geschlechter gibt. Wenn die Chromosomenpaare die Grundlage der Teilung des biologischen Geschlechts bilden, dann müssen festgestellt werden, dass es nicht nur zwei Kombinationen (XX, XY) gibt. Aus diesem Grund sind die neuen Forschungen im medizinischen Bereich dafür, dass mehrere biologische Geschlechter vorhanden sind (vgl. Ayaß 2008: 157). Die ursprünglichen Kategorien sind männlich und weiblich, und alle Menschen können in diese zwei Kategorien eingeordnet werden. Diese Einordnung kann eine “geburtliche Zuschreibungspraxis” (Hirschauer 1989 zitiert nach Ayaß 2008: 11) genannt werden, d.h. wenn jemand geboren ist, wird gleichzeitig explizit von dem Arzt in eine der beiden Kategorie geordnet. Dieses Moment ist “de[r] erste Schritt in einem Sortierungsvorgang, der die Angehörigen beider Klassen einer unterschiedlichen Sozialisation unterwirft” (Goffmann zitiert nach Ayaß 2008: 12). Grob formuliert kann dieser Vorgang auch als “reflexive Institutionalisierung” (ebd. 157) genannt werden. Diese zwei Kategorien waren lange Zeit unveränderbar. Die ersten Forschungen, die sich mit Transsexuellen beschäftigt haben, haben neue Ergebnisse im Zusammenhang der Zweiteilung mitgebracht. Bis heute ist es umstritten, ob diese Menschen eine dritte Kategorie bilden oder nicht. Solche Abweichungen wurden früher für krankhaft gehalten. Interessant ist aber, dass diese Menschen mit den unterschiedlichen Anpassungsversuchen in die männliche
  • 25. 21 oder in die weibliche Kategorie eben die Zweiteilung des Geschlechts verstärken (vgl. Ayaß 2008: 158). Dabei spielen das biologische Geschlecht und die damit verbundene Sexualität eine große Rolle. Es gibt aber Kulturen, wo ein drittes Geschlecht (z.B. “berdache”) festgestellt werden kann. Hier ist der soziale Status ein entscheidender Faktor, z.B. die hoch angesehenen Personen bilden diese dritte Kategorie (vgl. ebd.). 2.2.2 Gender online Ein relativ neuer Zweig der Genderlinguistik befasst sich mit Gender im Internet. Dieses Medium hat grundlegende Veränderungen auch in diesem Bereich mitgebracht. In diesem Teil wird detaillierter betrachtet, wie Online-Gender konstruiert wird. Die Darstellung beschränkt sich auf die Sozialen Medien, mit Schwergewicht auf die Microblog- Dienstleistung Twitter. Soziale Medien bieten zwei Möglichkeiten für die Konstruktion von Gender an. “Nickname” und die persönliche Vorstellung sind von großer Bedeutung. Die Auswahl des Nicknamens ist frei, d.h. es ist unabhängig von dem originalen Namen, Alter, Geschlecht usw. Auf diese Weise wirkt es auf die Trennung von gender uns sex fördernd (vgl. Rodino 1997). Ausschließlich anhand des Nicknames können die Benutzer in drei Kategorien geordnet werden. Hier ist die Wirkung des binären Gendersystems auch sichtbar. Einige Nicknames spielen auf weibliche oder männliche Namen an. In den meisten Fällen geht es um sog. “Puzzling Gender” (Bechdolf 1999 zitiert nach Ayaß 2008: 143) oder “Virtuelle Crossdressing” (Turkle 1998 zitiert nach Ayaß 2008: 144). Diese Begriffe verweisen darauf, dass die Zweigeschlechtlichkeit auch online unscharf ist. Internetbenutzer nehmen eine andere Geschlechtsposition ein: Männer erscheinen als Frauen, und umgekehrt. Interessant ist, dass Männer mit einem weiblichen Nicknamen am stärksten kritisiert werden (Bruckmann 1993). Es steht damit im Zusammenhang, dass sie als „Frauen“ anhand ihres Sprachverhaltens die sozialen Erwartungen nicht erfüllt haben. Zur dritten Kategorie gehören Benutzer, die eine “gender-free” Identität (vgl. Herring 2000) gewählt haben. Sie funktioniert als eine Maske (Danet 1998 zitiert nach Herring 2000). Es ist besonders für die Frauen typisch, weil sie oft in der Kommunikation im Internet belästigt werden. Die gender-free Identität zeigt die demokratisierende und neutralisierende Funktion des Internets. Neben dem Nicknamen spielt die Vorstellung eine große Rolle. Im Fall von Twitter stehen insgesamt 140 Charaktere zur Verfügung, einen ersten Eindruck über sich zu schaffen. Aus der begrenzten Charakterzahl folgt, dass die Aufzählungen hier stark dominant sind. Die Benutzer haben eine relative große Freiheit, sie können alles mitteilen, was sie wollen. Das
  • 26. 22 eigene Geschlecht kann hier erscheinen, aber ist es nicht obligatorisch. Im Gegenteil zu Twitter soll man ein Vorstellungsformular beim Registrieren in Facebook ausfüllen. Die Angabe des Geschlechts ist in diesem Fall obligatorisch. Was das Geschlecht betrifft, waren bis 13. Februar 2014 nur zwei Möglichkeiten vorhanden. Heute sind 56 Möglichkeiten. Diese Vielfalt ergibt sich daraus, dass sex, gender und sexuelle Identität nicht getrennt behandelt werden. Auf diese Weise sind u.a. “agender”, “androgyne” “bigender” und “cisgender” entstanden. Agender bezieht sich auf Personen, die neutral sind, d.h. sie gehören ihrer eigenen Meinung nach zu keiner Geschlechtskategorie. Androgyne sind Menschen mit weiblichen und männlichen Eigenschaften. Bigender hat auch die Eigenschaften beider Geschlechter, aber sie benehmen sich in bestimmten Situationen als eine Frau, in anderen eher als ein Mann. Cisgender ist die Opposition von transgender: cisgender kann sich mit den sozialen Erwartungen, die im Zusammenhang des eigenen biologischen Geschlechts stehen, gut identifizieren (vgl. Nyelv és Tudomány-És Ön milyen nemű?). Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die Zweiteilung des Geschlechts auch in der computervermittelten Kommunikation abgelehnt werden muss.
  • 27. 23 3 Humor Die Untersuchung des Humors ist bis heute ein ständiges Thema mehrerer wissenschaftlichen Disziplinen. Die Sozial- und Kognitionswissenschaften beschäftigen sich seit langer Zeit mit diesem Thema. Innerhalb der Genderlinguistik gehört es zu den relativ neuen Untersuchungsgegenständen, und meines Wissens wird es aus genderlinguistischen Sicht in der CMC bisher noch nicht erforscht. Die unterschiedlichen Annäherungsweisen ist der Hauptgrund dafür, dass keine einheitliche Definition des Begriffs Humor bis heute existiert. Die Möglichkeiten der Beschreibung des Humors werden in diesem Kapitel geschildert. Im ersten Teil geht es um die modernen linguistischen Humortheorien. Im zweiten Teil werden die bisherigen Forschungsergebnisse im Bereich Gender/Humor und Gender/Internet zusammengefasst, worauf die empirische Untersuchung basiert. 3.1 Moderne linguistische Humorforschung Unter dem Begriff moderne Humortheorie wird eine Theorie verstanden, die “[...] die bisherigen Kenntnisse [über Humor] in ein System fasst, strebt nach der Ausarbeitung eines Regelsystems, rekonstruiert einen Kode (im semiotischen Sinne), und bietet eine geeignete Methodik zur weiteren Analyse an, eventuell kann sie formalisiert und verallgemeinert werden”10 (Riszovannij 2008: 213). Riszovannij drückt sich in dieser Formulierung sehr vorsichtig aus. Eine Theorie ist in einem idealen Fall gut formalisierbar und verallgemeinerbar, aber wegen der Komplexität dieses Themas ist es im Fall von Humor kaum vorstellbar. Im Weiteren wird es sichtbar, dass noch keine Humortheorie, die den dargestellten Kriterien entspricht, vorhanden ist. Besonders schwierig ist es eine Theorie, die für die Untersuchung des Humors in Sozialen Medien geeignet ist, zu finden. Vor Humortheorien steht noch das Attribut linguistisch im Titel. Es wirft auch einige terminologische Probleme auf. Nicht nur der Gegenstand sondern auch der Rahmen der Analyse spielt hier eine wichtige Rolle. In den bisherigen Untersuchungen sind drei unterschiedliche Erklärungslinie des Humors vorhanden. Humor wird sowohl mit Inkongruenz, als auch mit Aggression oder mit 10 Übersetzung von Zs.P.
  • 28. 24 Entspannung verbindet (vgl. Kotthoff 2006: 10ff.). Sie beruhen oft aufeinander, deshalb ist die Trennung nicht immer zweckdienlich. Die strukturell und essentiell gestalteten Inkongruenztheorien sind in den kognitiven Arbeiten bedeutend, weil sie sich auf die kognitive Ebene des Komischen beziehen (vgl. ebd.). Generalisiert formuliert Terestyényi die Definition von Inkongruenz: sie „[...] kommt zustande, wenn etwas im Kontext auf solcher Weise präsent ist, dass es von dem vorausgesetzten, implizierten, suggerierten Sachbestand, Schema [...] dieses Kontextes abweicht” (Terestyényi 2006 zitiert nach Géró 2010: 29). Die humoristische Wirkung entsteht dadurch, dass der Rezipient diese Situation erkennt (vgl. ebd.). Dieser Begriff wird auch zur Abgrenzung von Humor und Komik erfolgreich verwendet. Der größte Unterschied besteht in der Intentionalität, was die Produktion betrifft. Die Humorproduktion ist immer eine intentionale Leistung, kann die Produktion von Komik unintentional sein (vgl. Kotthoff 2004: 18). Anders formuliert ist die kommunikative Absicht wichtiger Teil des Humors, auf diese Weise entsteht eine unnatürliche Inkongruenz. Diese Absicht kann sprachlich, gedanklich, visuell oder musikalisch sein (vgl. ebd.). In dem anderen Fall kommt eine natürliche unabsichtliche Inkongruenz zustande. Das hat aber mit Humor nichts zu tun (vgl. Ebd.). Als Beispiel kann eine alltägliche Situation gebracht werden, wo jemand gegen seinen Willen z.B. wegen eines Kleidungsstücks komisch aussieht. Daraus folgt, dass “[d]as Komische wesentlich eine Rezeptionsleistung ist” (ebd.). Beim Humor sind Rezeption, Produktion und Genuss gleichrangige Elemente (vgl. ebd.). Genuss verweist hier auf die folgende Tatsache: “Humor kennzeichnet eine Haltung oder Gefühlslage, in der man Witzigkeit und Komik würdigen kann und sich in einer Stimmung der Heiterkeit befindet” (ebd.). Inkongruenz wurde in den sog. semantischen Humortheorien verabsolutiert (vgl. Kotthoff 2006: 10). Die meistverbreitete Theorie, die sog. General Theory of Verbal Humor (im Weiteren GTVH) stammt von Raskin (1985) und Attardo (1994). Sie ist eine weiterentwickelte Theorie von Semantic Script Theory of Humor (im Weiteren SSTH). Zentrales Element von SSTH ist „script”, das als eine kognitive Kategorie das Wissen über den normalen Verlauf der Sachen enthaltet (Raskin, Attardo zitiert nach Riszovannij 2008: 213f.). Laut dieser Theorie wird der gegebene Text witzig (nicht humoristisch oder komisch), wenn das gegebene Textsegment mit zwei unterschiedlichen scripts kompatibel ist, und diese müssen einander überdecken, und gleichzeitig in Opposition stehen (vgl. ebd.). Diese Hypothese und die Unklarheit des Begriffs script wurden von Kotthoff stark kritisiert (vgl. ebd.). Die größte Schwäche von SSTH ist, dass sie sich auf den standardisierten Witz
  • 29. 25 beschränkt (vgl. ebd.). Aus diesem Grund wurde GTVH mit anderen Formen von Humor erweitert. Diese Theorie ist auf generativer Basis entstanden. Der Akzent liegt aber auf der Humorkompetenz. Wegen der fehlenden Performanz wird sie als Theorie der Pointe und nicht als Theorie des Humors aufgefasst (vgl. Riszovannij 2008: 216). Obwohl es keine textbasierte Theorie ist, überdeckt die Theorie von Giora (1991) die GTVH (Giora zitiert nach Norrick 2003: 1336f.). Die gleichen Unvollkommenheiten sind auch in diesem Fall vorhanden (vgl. ebd.), deshalb entspricht sie den Erwartungen einer modernen linguistischen Humortheorie nicht. Die zweite Erklärungslinie bringt Humor mit der verbalen Aggression in Verbindung. Diese Untersuchungslinie ist im Grunde genommen funktionell, aber in einigen Fällen auch essentialisiert (vgl. Kotthoff 2006: 11). Die Anthropologen werden für Revolutionärer in diesem Bereich gehalten. Neu ist in den Forschungen, dass die Erzählung von Witz als „interactional achievment” (Norrick 2003: 1342) aufgefasst wird. Die Analysen basieren aber häufig auch in diesem Fall auf den standardisierten Witz. Zum Beispiel Scherzer (1985) hat festgestellt, dass der Witz zwei potentielle Opfer hat. Einerseits ist die Zielscheibe des Witzes ein Opfer, andererseits der Hörer wird auf dieser Weise karikiert, verspottet usw. (vgl. ebd.). Norrick (1989) hebt die Rolle des Publikums bei der Aggression hervor. Kritischer Punkt ist in der humoristischen Interaktion, ob der Hörer die humortypische Anspielung versteht oder nicht (Norrick zitiert nach Kotthoff 2006: 12). Lachen spielt hier eine große Rolle. Es ist “eine präferierte Reaktion auf das Komische und Witzige” (Kotthoff 2003: 4), d.h. es macht den Humor des Produzenten sichtbar. Anders formuliert: „ [Laugh] ratify and evaluate the tellers performance“ (Sacks zitiert nach Norrick 2003: 1344). Neben Lachen sind das Schweigen und sog. „mirthless laughter“(z.B. ha ha ha) bedeutend. Diese sind sogar explizitere Zeichen als Lachen (vgl. ebd.). Im Zusammenhang dieser Erklärungslinie soll bemerkt werden, dass es eine Einigkeit darüber herrscht, dass Humor nicht immer harmlos ist. Es gibt aber auch Fälle, in denen Humor anderen Funktionen dient. Die letzte Linie beschäftigt sich mit dem Zusammenhang von Humor und Entspannung. Der erste Vertreter dieses Bereichs war Freud (1905/1985). Er hat Witz als Abfuhr innerer Spannung betrachtet (Freud zitiert nach Kotthoff 2006: 12). Diese Erklärungslinie kann nicht klar vor der Vorigen getrennt werden, weil Aggression häufig in diesem Fall vorhanden ist. Freud bezeichnet diese Kategorie des Witzes als tendenziös (vgl. ebd.).
  • 30. 26 In der empirischen Untersuchung spielt die zweite Erklärungslinie eine große Rolle. Während der Feststellung genderspezifischen Gemeinsamkeiten und Unterschiede werden auch die Funktionen des Humors in Twitter betrachtet. Humor, Spaß und Scherzkommunikation werden gleichermaßen als Oberbegriffe des Nicht-Ernstes verwendet. 3.2 Forschung Gender, Humor und das Internet Obwohl “the simplistic model of the actively joking man and the recetiptively smiling woman” (Kotthoff 2006: 4) keine Gültigkeit mehr hat, spielt Gender bis heute eine große Rolle in der Scherzkommunikation. Forschungen der letzten Jahrzehnte beweisen, dass das Geschlecht beim individuellen Humor der stärkste Faktor ist. Interessant ist die Tatsache, dass einige genderspezifische Unterschiede im Humorverhalten bereits im frühkindlichen Alter erscheinen. Im dritten oder vierten Lebensjahr sind Kinder bereits in der Lage mit eigener Geschlechtsidentität spielerisch umzugehen, z.B. sie verwenden männliche Eigennamen auf Frauen und umgekehrt (vgl. Wicki 2000). Humor wird am Ende des Entwicklungsprozesses “in sozial akzeptierte(re) Bahnen [ge]lenkt” (McGhee 1986 zitiert nach Wicki 2000). Es bezieht sich z.B. auf die Erscheinungsformen und den Grad der Aggressivität im Humor. Wie die kurze Einleitung zeigt, beschäftigen sich mehrere Disziplinen neben der Genderlinguistik mit dem Zusammenhang zwischen Gender und Humor. Es verweist auch auf die Komplexität der Frage. Laut der Prophezeiung von Kotthoff wird sie in der Zukunft noch vielfältiger (vgl. Kotthoff 2006: 6). In Folgenden werden die bisherigen Ergebnisse der Studien zusammengefasst, die diese Frage zu beantworten versuchten. In den Online-Medien wurde Humor bis heute aus genderspezifischer Sicht noch nicht untersucht, aber die Ergebnisse sind im Bereich Gender und Internet bedeutend, obwohl sie noch im Frühstadium sind. Die aus der Sicht der empirischen Arbeit relevanten Ergebnisse werden hier neben den Forschungen des Bereich Gender und Humor dargestellt. Auf diese Weise kann man einen besseren Überblick über den Bereich von Gender, Humor und Internet gewonnen. 3.2.1 Frequenz des Humors und Verwendung der Humorformen Bei der Frequenz des Einsatzes des Humors und bei der Verwendung verschiedener Humorformen spielt der Status des Produzenten eine große Rolle. Die Bedeutsamkeit des Status in der Scherzkommunikation wurde in den meisten genderlinguistischen Forschungen in der Arbeitswelt, und in den Kommunikationsformen im Internet, die in Verbindung damit
  • 31. 27 stehen, untersucht. In dieser Umgebung ist er am leichtesten analysierbar, weil das Verhältnis bzw. die Über- und Unterordnungen gut geklärt werden. Eine der frühesten Studien stammt von Coser aus den 1960er Jahren. Er hat die Erscheinung des Humors an einer Universitätsklinik geforscht. Die aktivsten Teilnehmer in der Scherzkommunikation sind Männer mit hohem Status (vgl. Coser zitiert nach Kotthoff 2004: 20). Was die Rangliste betrifft, nimmt die Menge der Scherzinitiativen von oben nach unten. In dieser Zeit wurde Humor für Frauen in offizieller Kommunikation nicht erlaubt (vgl. ebd. 21). Die wenigen von Frauen stammenden Scherzen beziehen sich auf sich selbst als Opfer (vgl. ebd.). Es ist wichtig vor Augen zu halten, dass sich die Scherzkommunikation ständig verändert. Diese Veränderung entspricht den gesellschaftlichen Veränderungen, die das Verhältnis von Frauen und Männer betrifft. Die neueren Arbeiten zeigen bereits eine andere Tendenz im Humorverhalten. Holmes (2000) hat empirisch bewiesen, dass Frauen im 21. Jahrhundert keine Angst mehr haben, Scherzen ins Gespräch am Arbeitsplatz hineinzufügen. Frauen und Männer machen Spaß in gleicher Maße (vgl. Holmes 2000: 46f.). Auch in verschiedenen Medien wurde die Rolle des Status aus genderspezifischer Sicht untersucht. Obwohl sie sich nicht auf Humor konzentrieren, gehören sie zu diesem Punkt. Herring (1995) hat zwei unterschiedliche Mailinglisten LINGUIST und MBU analysiert. Interessant sind die Ergebnisse, dass die Dominanz von Männern unter gleichrangigen Teilnehmer der Gespräche beobachtbar war. Sie kontrollieren diese Gespräche, sie verängstigen, ignorieren und unterschätzen die weiblichen Teilnehmer. Männer nehmen die Rolle der äußeren Zensur über. Die Untersuchung zwei Fernsehgesprächen „Muttersöhne“ und „Väter als Täter“ von Kotthoff (1992) weisen die gleichen Ergebnisse auf. Die konversationelle Belehrung ist in diesen Gesprächen stark statuskonstituierend. Die meisten Belehrungen stammen von Männern, unabhängig davon, ob sie als Experten eingeladen werden oder nicht. Unter Frauen bildet ein höherer Status nicht aus, d.h. weibliche Experten betonen ihren Expertenstatus im Gespräch nicht. Sie erzählen oft über persönliche Erfahrungen, und die parenthetischen Verben (z.B. ich glaube, ich meine) sind in ihren Äußerungen dominant (ebd. 279f.) Es muss aber nicht außer Acht gelassen werden, dass andere Faktoren, wie z.B. Alter, Kultur, soziales Milieu usw. eine wichtige Rolle neben dem Status in der Scherzkommunikation spielen (vgl. Kotthoff 2004: 15). Diese Liste kann mit der konkreten Kommunikationsform erweitert werden, die beim Einsatz des Humors und bei der
  • 32. 28 Verwendung von Humorformen anhand der empirischen Untersuchung eine bedeutende Rolle spielt. 3.2.2 Opfer des Humors Neben der Rolle des Status ist Aggressivität der meist untersuchte Aspekt in der Scherzkommunikation. Die größten genderspezifischen Unterschiede können in diesem Bereich beobachtet werden. Sowohl die physische, als auch die verbale Aggression war jahrhundertelang ausschließlich mit Männern in Verbindung gebracht. Unterschiedliche Grade der verbalen Aggression können festgestellt werden. Je aggressiver eine sprachliche Äußerung ist, desto weniger war/ist es von Frauen akzeptabel (vgl. Kotthoff 2004: 24). Besonders viele Forschungen richten sich auf das aggressive Humorverhalten im Kindesalter. In den früheren Jahren ist es besser beobachtbar, weil die Aggression noch nicht von sich selbst kontrolliert wird. Im Vorschulalter kann zum ersten Mal das aggressive Humorverhalten gegen ein Opfer betrachtet werden. Interessanterweise kommt es bei beiden Geschlechtern vor, aber bei den Jungen ist es aggressiver als bei den Mädchen (vgl. McGhee 1979 zitiert nach Kotthoff 2002a: 107). In den ersten Schuljahren (zwischen 6-11 Jahren) ist das aggressive Verhalten noch vorhanden, aber in einer anderen Form als früher. Ein Unterschied zwischen Jungen und Mädchen ist, dass Jungen in gemischten Gruppen mehr verbale und nonverbale Scherzinitiative auf Kosten des Anderen produzieren. Obwohl die Humorproduktion von Jungen in gemischten Gruppen häufiger ist, Mädchen lachen mehr (vgl. ebd.). In diesem Alter lachen Mädchen über Ästhetik (z.B. Aussehen anderer Mitschülerinnen), Jungen über verschiedene Unglücke besonders viel (vgl. Neuß 2003: 12). Im Gegenteil zur gemischten Gruppe kommt das aggressive Spaßverhalten in homogener Gruppe häufig auch bei Mädchen vor. Der Grund dafür kann sein, dass die Jungen die Mädchen nicht für humorvoll halten (vgl. Drews 2010: 47f.). Die Resultate der Forschungen von Wüest-Rudon (1999) stützen diese Behauptung unter. Sie haben 9- und 11jährige Kinder aus der Sicht der Humorproduktion untersucht. Die Aufgabe der Kinder war, so viele humorvolle Witze, Rätsel usw. aufzuschreiben, wie viele sie kennen. Die älteren Kinder haben mehr Witze und Rätsel gekannt, und Mädchen haben mehr Witze reproduziert als die Jungen. Die Kinder, die mehr Witze reproduziert haben, werden im Allgemeinen für humorvoller gehalten. Interessant ist aber, dass die Jungen die Mädchen für weniger humorvoll gehalten haben (Wüest-Rudin zitiert nach Wicki 2000:179). Nicht nur in diesen Lebensjahren sondern auch im Jugendalter können solche Unterschiede beobachtet werden. Klages (1999) schreibt, dass Jungen andere Jungen lustiger finden. Mädchen halten
  • 33. 29 aber andere Mädchen und Jungen in gleichem Maße für lustig (vgl. Klages in: Wicki 2000: 180). Im Zusammenhang mit Aggressivität und Humor haben Studien nachgewiesen, dass Spaßmacher immer über gewisse Dominanz innerhalb der Gruppe verfügen (vgl. McGhee 1979 zitiert nach Kotthoff 2002a: 107f.). In der Internetkommunikation wurde Aggressivität nicht nur anhand Mailinglisten sondern auch anhand Einträge von newsgroups untersucht. Wittmer und Katzmann (1997) haben 3000 Nachrichten in unterschiedlichen newsgroups analysiert. Ihre Ausgangshypothesen waren, dass die Sprache der Männer „challenging“ ist, und sie schicken mehr „inflammatory message“ in Online-Kommunikation. Interessanterweise haben die Ergebnisse den Gegensatz gezeigt. Frauen haben sich der Umgebung, in der Männer dominieren, sehr gut angepasst (vgl. ebd.). Diese Ergebnisse im Vergleich mit den Ergebnissen von Herring (1995) zeigen auch, dass die Kommunikationsform ein entscheidender Faktor ist, was die genderspezifischen Unterschiede betrifft. Humor richtet nicht in jedem Fall auf eine andere Person. Bei den Scherzen auf eigene Kosten spielt die soziale Verbundenheit eine wichtige Rolle. Soziale Verbundenheit bedeutet soziale Unterstützung, Intimität und auch Kooperation. Diese Begriffe waren lange Zeit die Merkmale der weiblichen Kommunikation (vgl. Kotthoff 2004: 26). Die ersten Untersuchungen stammen aus den 1980er Jahren von Jenkins (1988) und Painter (1988). Die Ergebnisse zeigen, dass Scherzen auf eigene Kosten unter Freundinnen sehr typisch sind. Sie haben eine heilende Funktion (vgl. Jenkins, Painter zitiert nach Kotthoff 2004: 27). Soziale Verbundenheit steht in gewisser Maße im Zusammenhang mit der Aggression. Scherzen können auch auf gemeinsame „Feinde“ richten. Auf diese Weise wird die Stabilität der Freundschaft gesichert (vgl. ebd.). 3.2.3 Sexualität in der Scherzkommunikation Sexualität ist ein ständiger Teil der Scherzkommunikation. Die standardisierten Witze haben oft einen sexuellen Charakter. Daraus folgt, dass dieser Aspekt eher in Witzen untersucht wurde. Diese Form ist am leichtesten analysierbar in mehreren Sprachen, weil Sexualität in Scherzen kulturübergreifend ist (vgl. Kotthoff 2004: 26). Die anderen Humorformen wurden in den Hintergrund gedrängt. Lange Zeit waren ausschließlich Frauen die Opfer der Witze. Laut Freud (1905/1985) spielt sexueller Witz eine wichtige Rolle in einer Situation, in der eine Frau Annäherungswünsche eines Mannes enttäuscht (vgl. ebd.). Neuere Forschungen haben bewiesen, dass Witze mit sexuellem Inhalt in meisten Fällen aus dem Mund von Männern
  • 34. 30 stammen (vgl. Alberts zitiert nach Kotthoff 2003: 17). Die meisten Kategorien (z.B. Witze gegen Blondine oder Schwiegermutter) richten sich auf Frauen auf (vgl. Géró 2010). Diese Tendenz scheint zu verändern. Obwohl standardisierte Witze gegen Männer noch nicht in großer Maße vorhanden sind, können Scherzen gegen sie in der Alltagskommunikation beobachtet werden. Kotthoff (2003: 16) bringt Konversationen unter Freundinnen als Beispiel, die über die Liebhaberqualität ihrer Ex-Freunden scherzen. Bemerkenswert ist, dass Humorformen mit sexuellem Inhalt von Frauen in größerem Maße in gleichgeschlechtigen Gruppen erscheint, als in Gruppen, in denen beide Geschlechter vorhanden sind (vgl. ebd.). Es hängt damit zusammen, dass Sexualität aus dem Mund von Frauen bis heute nicht akzeptiert wird.
  • 35. 31 4 Empirische Untersuchung 4.1 Humor in Twitter Am Anfang dieses Kapitels ist es wichtig, die Kommunikationsbedingungen von Twitter zu erläutern. Die grundlegende Funktion der Kommunikation durch Tweets ist die Kontakthaltung mit Freunden, aber auch mit unbekannten Menschen. Auf der Startseite von Twitter steht: „Beginne ein Gespräch mit Personen, die du kennst, und Personen, die du gerne kennen lernen möchtest.“ (Discover Twitter/What is Twitter and How to use it) In der empirischen Untersuchung bekommt die Kontakthaltung mit den Freunden und der Familie eine größere Rolle, weil berühmte Persönlichkeiten, Firmen, Organisationen aus unterschiedlichen Gründen (siehe 4.2) ausgefiltert wurden. Aus diesem Grund ist die untersuchte Kommunikation in Twitter am besten einem Gespräche im Freundeskreis ähnlich. Die wichtigsten Unterschiede, die aus der Sicht der empirischen Untersuchung relevant sind, werden in diesem Punkt betrachtet. 4.1.1 Privatheit/Öffentlichkeit Im Punkt 2.1.1.2 wurde bereits darauf hingewiesen, dass die Erscheinung des Internets das Verhältnis zur Privatheit und Öffentlichkeit völlig verändert hat. Besonders auffällig ist es im Fall von Twitter. Hier gibt es keine Zensur. Jeder kann seine Gedanken, Erlebnisse und Meinung ohne eine äußere Moderation erteilen. Obwohl sich die Tweets primär auf Freunde richten, sind sie für alle Benutzer verfügbar. Es ist ähnlich dazu, wenn jemand ein Gespräch mit Freunden führt, aber auch andere Menschen hören es zufällig. Die Privatheit trägt zur Popularität des einzelnen Benutzers bei. Wenn jemand die Tweets eines Benutzers interessant findet, wird er Follower dieses Benutzers. Die Ausbildung der Kontakte ist hier asymmetrisch im Gegensatz z.B. zu Facebook. Der andere Benutzer soll nicht unbedingt seinem neuen Follower folgen. In vielen Fällen streben die Internetbenutzer nach größerer Zahl von Followers. Der Einsatz des Humors in Tweets kann auch eine gute Strategie sein.
  • 36. 32 4.1.2 Konstellation der Gesprächspartner Die Konstellation der Gesprächspartner steht im Zusammenhang mit der asymmetrischen Ausbildung der Beziehungssysteme. Sie sieht in Twitter folgenderweise aus: es gibt einen Produzent und mehrere Rezipienten. Abbildung 4: veranschaulicht die Konstellation der Gesprächspartner. Abbildung 4: Die Konstellation der Gesprächspartner in Twitter (Veszelszki 2010) Der Akzent liegt also auf der Produktion von Tweets. Es ist auch wegen der Untersuchung des Humors ein wichtiger Punkt. Die im Punkt 3.1 beschriebenen Erklärungslinien zeigen, dass sich Humor ohne die Reaktion des Rezipienten nicht verwirklicht werden kann. Der Ausgangspunkt der Analyse ist, dass Humor(produktion) ohne die explizite Reaktion des Rezipienten in den Neuen Medien präsent sein kann. 4.1.3 Interaktionsmodus Obwohl die Möglichkeit einer wechselseitigen, multidirektionalen Kommunikation gegeben ist, kommt sie nicht in jedem Fall zustande. Die Interaktion kann folgenderweise geschehen: ähnlich zum Produzenten stehen insgesamt 140 Charaktere der Rezipienten zur Verfügung, auf Tweets zu reagieren. Die Antwort beginnt mit dem Zeichen @. Früher war es nur eine Konvention, aber heute erscheint es automatisch durch Klicken der Aufschrift „Antworten“ am Ende des Tweets. Laut Herring und Honeycutt (2009: 2f.) sichert es auch eine gewisse Kohärenz, die in der Online-Kommunikation immer problematisch ist. Neben der Formulierung einer Antwort stehen noch zwei Möglichkeiten des Rezipienten zur Verfügung, wenn er reagieren möchte. Entweder kann er den originalen Eintrag retweeten, oder er kann ihn favorisieren. Retweeten bedeutet, dass der originale Tweet auch auf seinem eigenen Profil erscheinen wird. Favorisieren bezieht sich auf das Einsammeln von Lieblingsposts. Alle drei Möglichkeiten können sogar parallel benutzt werden. Interessant ist aber, dass die Mehrheit der Posts keine Reaktion auslöst. Rezipienten
  • 37. 33 sind oft nur passive Beobachter. Was den Interaktionsmodus betrifft, sind sowohl Monologizität als auch Dialogizität typisches Kennzeichen. In dem untersuchten Korpus steht 59,09 % der gesamten Tweets ohne Reaktion. Kommunikation in Twitter ist indirekt und asynchron. Es wirkt natürlich auch auf die Scherzkommunikation. Ein Twitter-Benutzer formuliert es folgenderweise: „1. tell a robot a joke, 2. wait, 3. the robot will tell you if some people laughed or not, 4. you are alone in your bedroom”. Dieser Tweet bezieht sich darauf, dass die Erteilung eines Witzes immer eine interessante Situation in der Online-Kommunikation ist. 4.1.4 Humorindikatoren Im Gegensatz zu einer Konversation erscheint Humor in Tweets ohne Kontext. Lachen, das wichtigster Humorindikator der face-to-face-Kommunikation ist, erscheint hier in Form von Emoticons. Sie zeigen eine große Vielfalt im Korpus. Neben Emoticons können Hashtags, Großschreibung, Inflektive, Akronyme, Anführungszeichen in gewissen Fällen als Humorindikatoren funktionieren. Die expliziten Hinweise des Produzenten auf Humor können auch zu Humorindikatoren gezählt werden. (siehe 4.4) 4.2 Zusammenstellung des Korpus Die modernen genderlinguistischen Arbeiten beschäftigen sich mit Humor in der Konversation. Aus den oben dargestellten Kommunikationsbedingungen folgt, dass korpuslinguistische Methoden statt Konversationsanalyse für die Untersuchung des Humors in Tweets geeigneter sind. Die Zusammenstellung des Korpus hat sich in drei Schritten vollzogen. Zuerst wurden aktive Twitter-Benutzer ausgewählt. Dann wurden sie in drei Kategorien (Frauen, Männer, Unsicher) eingeordnet. Letztlich wurden Tweets mit Humor ausgefiltert. Die Kriterien und die Relevanz der einzelnen Schritte werden in den folgenden Punkten geschildert. 4.2.1 Aktivität der Twitter-Benutzer Der erste Schritt war die Auswahl von aktiven Benutzern. Sie nehmen an der Gestaltung sprachlicher Veränderungen und einer Online-Gemeinschaft im Internet aktiv teil. Das wurde im Punkt 1 detaillierter betrachtet. Aktivität bezieht sich auf die Zahl der Followers, die Zahl der gefolgten Personen und die Zahl von eigenen Tweets. Aus der Sicht der vorliegenden Arbeit war es wichtig, die höchstaktiven Twitter- Benutzer auszufiltern. Sie sind meistens bekannte Personen z.B. Politiker, Modelle, Sänger
  • 38. 34 usw. Neben bekannten Persönlichkeiten ist heute ein weitverbreiteter Trend, dass Firmen, Unternehmungen, Start-ups, Parteien usw. in Twitter präsent sind. Die Popularität dieser Microblog-Dienstleistung ist unter ihnen gut beobachtbar. In diesem Fall kommt es oft vor, dass das Online-Profil von einer Marketing-Expertengruppe oder von Fans konstruiert wird. Aus diesem Grund beschränkt sich die Untersuchung auf die sog. alltäglichen Personen. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie Tweets in ihren eigenen Namen teilen, ist größer als bei den berühmten Personen. In diesem Schritt wurde anhand vier Kriterien gearbeitet. Diese sind die Folgenden: 1) 50 < Zahl der Followers < 300 2) 50 < Zahl von „Folge ich“ 3) 100 < Zahl der Tweets 4) kein verifizierter Account Die ersten drei Kriterien sind aus der Sicht der Aktivität des einzelnen Benutzers wichtig. Abbildung 5: zeigt den Bereich, wovon die ausgewählten Benutzer stammen. Sichtbar ist, dass 300, was der Grenzwert der Untersuchung war, ist eben die Median der Zahl der Followers. Das bedeutet, dass die Hälfte der Twitter-Benutzer weniger als 300 Followers haben. Abbildung 5: Zahl der Followers der Twitter-Benutzer Das vierte Kriterium hilft bei der Ausfilterung der berühmten Persönlichkeiten und der Organisationen. „Durch Verifizierung wird die Authentizität der Identität wichtiger Einzelpersonen und Marken auf Twitter gewährleistet“ (Twitter Hilfe-Center/FAQs zu 0,00% 1,00% 2,00% 3,00% 4,00% 5,00% 6,00% 7,00% 10 30 50 70 90 110 130 150 170 190 210 230 250 270 290 310 330 350 370 390 410 430 450 470 490 510 530 550 570 590 610
  • 39. 35 verifizierten Accounts). Scheinbar ist es ein Paradox, dass die Arbeit keinen verifizierten Account beinhaltet, obwohl die Authentizität der einzelnen Personen damit gesichert wurde. Das Argument für dieses Kriterium ist, dass ausschließlich die Accounts „[der] gefragtesten Nutzer aus den Bereichen Musik, Film, Mode, Regierung, Politik, Religion, Journalismus, Medien, Sport, Business und anderen wichtigen Bereichen“ (ebd.) verifizierbar sind. Die Aufmerksamkeit wird explizit darauf gerichtet, dass Alltagspersonen keinen verifizierten Account haben können: „Wir akzeptieren keine Verifizierungsanfragen aus dem allgemeinen Nutzerkreis“ (ebd.). Dieser Schritt war wegen der Ausfilterung passiver Benutzer, bekannter Persönlichkeiten und Accounts, die zu Organisationen oder zu nicht realen Menschen gehören, besonders wichtig. 4.2.2 Das Geschlecht der Benutzer Im nächsten Schritt wurden die anhand der oben dargestellten vier Kriterien ausgewählten Twitter-Benutzer in drei Kategorien eingeteilt: Frauen, Männer und Unsicher. Anhand der neuesten Untersuchungen (siehe 2.2.1.2) wurde die Zweiteilung des biologischen und sozialen Geschlechts abgelehnt, und wurde die dritte Kategorie zustande gebracht. Am leichtesten sind die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den ersten zwei Kategorien nachweisbar, deshalb beschränkt sich die Untersuchung auf diese Kategorien. Die erste Kategorie bilden die Benutzer, die anhand ihres Profils als weiblich aufgefasst werden können. In die zweite Kategorie gehören die Benutzer, die sich als männlich kennzeichnen. Die Kriterien waren die Folgenden: 1) Weiblicher/männlicher Name/Kosename 2) Profilbild mit Foto einer Frau/eines Mannes oder 1) Explizite Hinweise auf (biologisches oder soziales) Geschlecht in der Vorstellung 2) Profilbild mit Foto einer Frau/eines Mannes Beim Kriterium „weiblicher/männlicher Name/Kosename“ wurde der Name, der als originaler Name im Profil der Benutzer gegeben, als Grundlage genommen. Nicknamen weisen eine größere Vielfalt vor, und beziehen sich in meisten Fällen nicht auf das Geschlecht, deshalb wurden sie nicht berücksichtigt.
  • 40. 36 „Profilbild mit Foto einer Frau/eines Mannes“ ist ein relativ eindeutiges Kriterium. Es ist nicht nur wegen der Kategorie von Geschlecht wichtig. Es hilft auch bei der Ausfilterung von Fanpages, Organisationen, Werbungen usw. Letztendlich soll das Kriterium „explizite Hinweise auf (biologisches/soziales) Geschlecht“ erläutert werden. Darunter wird die kurze Vorstellung auf dem Profil der einzelnen Personen verstanden. In einigen Fällen steht hier explizit weiblich/männlich. Manchmal findet man Hinweise auf die soziale Rolle, die traditionell für Frauen oder für Männer typisch sind. Wenn beide Kriterien erfüllt werden, kann der Benutzer mit großer Wahrscheinlichkeit in eine der beiden Kategorien zugeordnet werden. Die dargestellten Kriterien sind hinreichende, aber nicht notwendige Bedingungen. Das bedeutet, dass sich die Mehrheit der Benutzer wahrscheinlich zur weiblichen oder männlichen Kategorie rechnet. Im Zusammenhang mit den Kriterien soll bemerkt werden, dass das Korpus zwischen November 2013 und März 2014 zusammengestellt wurde. Die Benutzer wurden anhand ihres damaligen Profils in die drei Kategorien geordnet. Da die Profile (Foto, Vorstellung, sogar den Namen!) in jeder Zeit veränderbar sind, kann es vorkommen, dass einige Benutzer die Kriterien nicht mehr erfüllen. In diesem Schritt war das Ziel insgesamt 400 Benutzer (100 deutsche Frauen, 100 deutsche Männer, 100 ungarische Frauen, 100 ungarische Männer) auszuwählen. Dabei hat „Erweiterte Suche“ als eingebaute Funktion von Twitter geholfen. Als Suchfrage kann sowohl Deutsch als auch Ungarisch eingegeben werden. Ein Problem war, dass sie noch nicht richtig funktioniert, deshalb wurden die Ergebnisse manuell überprüft. Eine andere Schwierigkeit bei der Zusammenstellung von Korpus war, dass mehr als die Hälfte der Twitter-Benutzer zu Kategorie „Unsicher“ gehört. Es folgt natürlich aus den Möglichkeiten von Twitter: die Angabe aller persönlichen Daten ist hier optional. Bei den deutschen Benutzern sehen die Prozentzahlen folgenderweise aus: 22,6% aller untersuchten deutschen Benutzer können in die Kategorie „Frauen“ geordnet werden, 19,3% gehört zur Gruppe „Männer“, und 58,0% der Benutzer kann in die Kategorie „Unsicher“ eingeordnet werden. Bei den ungarischen Benutzern sehen diese Zahlen ähnlich aus: 27,3% der allen untersuchten ungarischen Benutzer gehört anhand der Kriterien zu „Frauen“, 20,7% zu „Männer“ und 52,0% zu dritten Kategorie. In diesem Schritt wurde nach der Kategorisierung anhand Gender gestrebt. Die Trennung zwischen Sex und Gender kann aber nicht immer verwirklicht werden, z.B. die als original gegebene Namen können auf das biologische Geschlecht hinweisen. Die Trennung
  • 41. 37 von Sex und Gender ist ein ständiges Problem der Genderlinguistik (siehe Punkt 2.2.1.1 und 2.2.2). In der Internetkommunikation kann diese Trennung mit Hilfe von Nicknamen zustande kommen, wie es Rodino (1997) festgestellt, aber die Kategorisierung anhand Nicknamen war in dieser Untersuchung nicht zweckdienlicher. In diesem Fall besteht auch die Möglichkeit, dass er sich auf das biologische Geschlecht bezieht. Die Vielfalt von Nicknamen würde die Kategorisierung noch komplizierter machen. 4.2.3 Tweets mit Humor Im letzten Schritt war das Ziel zufällig 20 Tweets von jedem einzelnen Benutzer auszuwählen. Es war wichtig, weil die Frequenz von Humor nur auf diese Weise nachweisbar wurde. Dann wurden die Tweets, die Antwort auf vorherige Tweets und nur Hyperlinks beinhalten, ausgefiltert. Auf diese Weise wurde insgesamt zu 7346 Tweets gesammelt. Obwohl sie von deutschen und ungarischen Benutzern stammen, sind sie in einigen Fällen auf Englisch. Es ist auch ein Merkmal von Digilekt. Diese können als ein Blogeintrag, als eigenständige Einheiten aufgefasst werden. Retweet können auch als eigenständige Einheit aufgefasst werden, deshalb erscheinen sie im Korpus im Gegensatz zur Antwort. Im Fall der Microblog-Dienstleistung Twitter ist die Charakterzahl eines solchen Eintrags aber auf 140 Charaktere limitiert. Daraus folgt, dass der weitere Kontext der Posts nicht erscheint. Aus diesem Grund ist es komplizierter, Humor in Tweets zu verfolgen. Bei der Auswahl von Tweets mit Humor wurde primär auf bestimmte Humorindikatoren und auf Reaktionen anderer Benutzer basiert. Wo eine Reaktion vorhanden ist, wurde im Anhang markiert. Es ist aber bemerkenswert, dass Humor in gewissem Maße subjektiv ist. Die beiliegende CD enthält das ganze Untersuchungsmaterial und damit die Hyperlinks der einzelnen Tweets mit den Antworten in digitalem Format.
  • 42. 38 4.3 Die Frequenz des Einsatzes von Humor 4.3.1 Die Frequenz des Humors im Allgemeinen In der Face-to-face-Kommunikation ist Humor seit langer Zeit ein Untersuchungsthema der Linguistik. Trotz dieser Tatsache ist meines Wissens die empirische Humorforschung noch nicht verbreitet. Die Erscheinung des Humors in Online-Kommunikationsformen bietet den Forschern ein neues Untersuchungsfeld an. Wegen technischer Gründe sind sie auch geeignet, die Frequenz von Einsatz des Humors empirisch leichter zu messen. Die Studie von Hancock (2004) zeigt, dass Ironie als eine Humorform in Chat- Gesprächen signifikant mehr eingesetzt wird, als in den vergleichbaren Face-to-face- Gesprächen. Er begründet dieses Ergebnis mit der sog. Social Information Processing theory von Walter und Burgoon (1992). Das bedeutet, dass Humor in Chat aus der Sicht der Beziehungsgestaltung in gleichem Maße wichtig ist,wie in Face-to-face-Gesprächen. Im Fall von Chat stehen weniger bzw. andere Mittel der Beziehungsgestaltung zur Verfügung. Die Teilnehmer der Online-Gespräche kompensieren es mit dem Einsatz des Humors (vgl. ebd.). Er kennzeichnet damit die Gestaltung von Beziehungen als primäre Funktion von Humor. In Chat-Gesprächen ist diese Funktion die bedeutendste, aber diese Beobachtung ist nicht allgemeingültig für alle Online-Kommunikationsformen. Im Fall von Twitter kann eine andere Tendenz beobachtet werden. In den untersuchten 7346 Tweets kommt Humor in unterschiedlichen Formen 510-mal vor. Es ist insgesamt 6,94% des ganzen untersuchten Materials. Dieser Prozentteil ist relativ gering. Hauptsächlich kann es mit den Kommunikationsbedingungen von Twitter erklärt werden. Einerseits ist die Gestaltung einer engeren Beziehung nicht die Hauptaufgabe von Twitter, obwohl die Kontakthaltung mit Anderen eine wichtige Rolle spielt. Es kann sich zwischen Unbekannten (z.B. zwischen einem Schauspieler und einem Fan) oder zwischen Freunden vollziehen. Aus der Sicht dieser Untersuchung ist das Letztere wegen der im Punkt 4.2 dargestellten Gründen wichtig. Es ist vorstellbar, dass die Ergebnisse modifiziert wären, wenn keine Ausfilterung durchgeführt wäre. Andererseits ist asymmetrische Gestaltung der Beziehungen verantwortlich für diesen Prozentsatz. Im Punkt 4.1.1 wurde bereits auf diese Tatsache hingewiesen. Daraus folgt, dass Benutzer Humor nicht unbedingt als Kompensationsmittel verwenden. Obwohl die Zahl der Followers eine bedeutende „Maßeinheit“ der Popularität ist, streben Benutzer danach in den meisten Fällen nicht mit Hilfe von Humor. Die Online-Gemeinschaften organisieren sich
  • 43. 39 primär durch gemeinsame Interessenkreise. Humor erfüllt andere Funktionen, die in folgenden Teilen betrachten werden. 4.3.2 Die Frequenz des Humors aus genderlinguistischer Sicht Laut Kotthoff (2004: 15ff.) ist die humoristische Kommunikationskultur ständig im Wandel, was sowohl in Medien als auch im Alltag beobachtbar ist. Mit weiblichem Stereotyp konnte Humor lange Zeit nicht vereinbart werden (vgl. ebd.), der häufige Einsatz des Humors war traditionell für die Männer typisch. Historisch betrachtet war die Aufgabe der Frau mit ihrem Lachen den Humor des Mannes deutlich zu machen (vgl. Kotthoff 2002a: 104). Frauen waren “gutwillige Rezipienten” der Scherze von Männern (vgl. Kotthoff 2004: 15). Obwohl keine strengen Vorschreibungen heute in der Etikette vorhanden sind, soll an dieser Stelle vorgebracht werden, dass einige Beschränkungen des weiblichen Humors bis heute lebend sind. Historische Ereignisse wie z.B. die Frauenbewegungen haben dazu beigetragen, dass Frauen als gleichrangige Partner von Männern behandelt werden. Sie haben natürlich auf die Humorproduktion von Frauen gewirkt. Sie sind nicht mehr passive Teilnehmer der Scherzkommunikation. Die Erscheinung des Internets und der neuen Kommunikationsformen können in diesem Wandel eine bedeutende Rolle spielen. Der Ausgangspunkt der Aufstellung von Hypothese 1 war das, dass eine Kommunikationsform wie der „Tweet“ die Demokratisierung der Geschlechter verwirklicht, und eine Möglichkeit anbietet, in gleichem Maße humorvolle Äußerungen zu produzieren. Hypothese 1: Frauen und Männer verwenden Humor in gleichem Maße in Twitter. 4.3.2.1 Die Frequenz des Humors im deutschen Teilkorpus Das deutsche Teilkorpus besteht insgesamt aus 3786 Tweets. Davon wurde 1909 von 100 deutschen Männern, und 1877 von 100 deutschen Frauen geschrieben. Der Unterschied ergibt sich daraus, dass die Posts von Frauen häufiger ausschließlich einen Hyperlink enthalten haben, deshalb wurden sie ausgefiltert. Als humorvoll gelten 95 Tweets der Männer und 126 Tweets der Frauen. Die humorvollen Tweets von Männern bilden 4,98% des gesamten Untersuchungsmaterials. Bei den Frauen ist dieser Ansatz größer: 6,71%. Der Unterschied (1,73%) zwischen den beiden
  • 44. 40 Geschlechtern folgt aus den unterschiedlichen Gewohnheiten der Verwendung von Twitter. Darunter wird die Tatsache verstanden, dass Männer im größten Teil Sport- und politische Ereignisse oder Fernsehprogramme erteilen und kommentieren. Diese Tweets enthalten im meisten Fällen einen kurzen Hinweis auf das Ereignis und einen Hyperlink eines Artikels einer Online-Zeitung oder einen Zugang der Sportübertragung. Obwohl es vorstellbar wäre, dass diese Twitter-Einträge Humor (z.B. Ironie) beinhalten würden, kommt es aber in diesem Korpus relativ wenig vor. Ein Beispiel ist dafür: Bsp. 1 Der Chefanalytiker des #ORF kann weder zu Petsos, noch zum Gegner Rapids viel sagen. Er "kennt beide zu wenig". Aha. #qualität #astscr Obwohl der Kontext schwer nachweisbar ist, geht es in diesem Beispiel mit großer Wahrscheinlichkeit um den griechischen Fußballspieler Athanasios Petsos, der zum Sportklub Rapid Wien gewechselt hat. Das Beispiel enthält eine Kritik gegen einen Analytiker des Österreichischen Rundfunks, der in diesem Thema nicht daheim ist. Humor erscheint hier mit Hilfe von dem ersten Hashtag: #qualität. Das hohe Niveau, das von diesem Hashtag suggeriert wird, steht im Gegensatz zu der vorstehenden Kritik. Auf diese Weise erscheint Ironie in diesem Tweet. 4.3.2.2 Die Frequenz des Humors im ungarischen Teilkorpus Das ungarische Teilkorpus bilden 1826 Tweets von 100 ungarischen Männern, und 1734 Tweets von ungarischen Frauen. Zu Tweets, die Humor enthalten, gehören 154 Einträge (8,43%) von Männern, und 135 Einträge (7,79%) von Frauen. Im Prozentsatz gibt es keinen bedeutenden Unterschied zwischen den zwei Geschlechtern. Abbildung 6: schildert die Ergebnisse. Abbildung 6: Anteil der Tweets mit Humor 0,00% 1,00% 2,00% 3,00% 4,00% 5,00% 6,00% 7,00% 8,00% 9,00% Deutsche Männer Ungarische Männer Deutsche Frauen Ungarische Frauen
  • 45. 41 Zusammenfassend zu diesem Teil kann behauptet werden, dass die erste Hypothese bestätigt wurde. Das untersuchte ungarische Material zeigt besonders deutlich, dass Frauen und Männer in Twitter in gleichem Maße Humor produzieren. Dieses Ergebnis ist bedeutend, weil es hier um eine gemischtgeschlechtliche Umgebung und eine halböffentliche Kommunikation geht. Die vorhandenen Studien zeigen, dass die Humorproduktion von Frauen in einer solchen Situation nicht typisch ist. Der Hauptgrund dafür ist das Medium selbst: es bietet den Benutzern eine gewisse Unterstützung an. In der Face-to-face-Kommunikation ist die Angst von einer misslungenen humoristischen Äußerung größer. Daneben spielt das Nichtvorhandensein einer äußeren Zensur eine große Rolle. Herring (1995) hat in ihrer Studie über Mailingsliste gezeigt, dass Männer oft diese Rolle übernehmen. Im Fall von Twitter kommt es nicht zustande. Es hängt natürlich mit der asymmetrischen Beziehungsgestaltung und mit der geringen Reaktion (59,09%) auf Tweets zusammen. Auf diese Weise gibt es nur einen geringen Unterschied zwischen den zwei Geschlechtern, was die Frequenz des Einsatzes von Humor betrifft. 4.4 Humorindikatoren in Twitter 4.4.1 Humorindikatoren in Twitter im Allgemeinen Als Humorindikatoren (oder humor marker) gelten bestimmte graphische/formelle und lexikalische Merkmale von Digilekt. Die Indikatoren in Twitter sind den Humorindikatoren anderer Online-Kommunikationsformen ähnlich. Emoticons, Piktogramme, Akronyme, Inflektive und Inflektivkonstruktionen, Onomatopoetika, Großschreibung und Anführungszeichen können diesen Zweck in der Online-Kommunikation dienen. In meisten Fällen markieren sie die Humorform Ironie/Sarkasmus. Ein Unterschied bildet der Hashtag, der ursprünglich die Innovation von Twitter war. Heute ist es bereits eine eingebaute Funktion mehrerer Sozialen Medien, wie z.B. Google+ und Facebook. Neben den typischen graphischen und lexikalischen Mitteln von Digilekt können die Einleitung („preface“) oder der Abschluss bestimmter humorvollen Tweet in diese Kategorie eingeordnet werden. Sie verweisen explizit darauf, dass der Produzent seinen eigenen Tweet als humorvoll bezeichnet. Die neun Humorindikatoren, die im Korpus dieser Untersuchung vorkommen, werden in folgenden Punkten im Einzelnen betrachtet. In Twitter ergänzen sie sich einander, deshalb stehen sie häufig innerhalb desselben Tweets. Abbildung 7: veranschaulicht die Häufigkeit der Verwendung der einzelnen Humorindikatoren im Allgemeinen. Der meistverwendete Indikator ist das Smiley. In dieser
  • 46. 42 Funktion kommt es in 38,63% des gesamten Korpus vor. An der zweiten Stelle steht der Hashtag als humor marker mit 10%, dann folgt das Onomatopoetikum mit 8,24% an dritter Stelle. Die anderen Humorindikatoren kommen in geringem Maße vor. Abbildung 7: Anteil der einzelnen Humorindikatoren 4.4.1.1 Emoticons Die meistverbreiteten Humorindikatoren sind die Emoticons. Sie haben das Ziel, „[…] Stimmungen, Gefühlzustände wie Freude […] oder andere Emotionen visuell zu vermitteln“ (Moraldo 2012: 105). Für eine bestimmte Gruppe der Emoticons wird der Begriff „Smiley“ verwendet. Es hilft bei der Vermittlung der Mimik des Benutzers. Aus genderlinguistischer Sicht ist es interessant, dass Smileys, die ein weibliches oder männliches Gesicht abbilden, in einigen Online-Foren vorhanden sind. In Twitter steht dieser Charakterbestand dem Benutzer nicht zur Verfügung. Hier können nur die einfachsten, nicht animierten Smileys erscheinen. Smileys als Humorindikatoren haben die primäre Funktion, das lachende Gesicht des Benutzers abzubilden. Lachen spielt sowohl bei der Rezeption, als auch bei der Produktion von Humor eine große Rolle. Bei der Produktion eines Tweets zeigt das Smiley, dass es hier um Nicht-Ernstes geht. Die vorkommenden Smileys in dieser Funktion zeigen eine relativ große Vielfalt. Verbreitet sind die folgenden Arten: :), :D, XD und :‘). Die Vervielfachung von ihnen deutet auf den Grad der Emotion hin. Sie kommt am häufigsten in Tweets der ungarischen Frauen vor. Zum Beispiel: Bsp. 2 úristen, annyit röhögtünk tegnap a szalagozón :DDD főleg mikor Zsombor betolta, hogy "nagy buborékok lettetek" :DDDDDDDDDDDDDDD 0,00% 5,00% 10,00% 15,00% 20,00% 25,00% 30,00% 35,00% 40,00% 45,00% Total