Ferdinand Knauß: Wie Wissenschaft in die Zeitung kommt
1. E 4.1
Wie Wissenschaft in die Zeitung kommt
Ein Einblick in die Arbeit der Wissenschaftsjournalisten
Ferdinand Knauß
Zeitungen, Magazine und deren Internet-Auftritte sind geeignete Medien, um wissenschaftlich
interessierte Laien zu erreichen. Das Interesse an wissenschaftlichen Informationen ist in jüngster
Zeit sogar deutlich gestiegen. Doch zwischen Ihnen als Wissenschaftler und dem breiten Publikum
stehen die Journalisten, die Sie zunächst überzeugen müssen. Sie sollten nicht einfach darauf war-
ten, dass Sie angesprochen werden, sondern sich mit der modernen Medienlandschaft und ihren
Akteuren, den Journalisten, aktiv auseinandersetzen. Hier Kontakte zu knüpfen ist erstaunlich ein-
fach und unkompliziert. Aber hegen Sie keine falschen Erwartungen: Populäre Zeitungen und Zeit-
schriften wollen unterhaltend informieren, sie können in der Regel nicht in die Tiefen der wissen-
schaftlichen Diskussionen vordringen.
Gliederung Seite
1. Wissenschaft in Zeitungen/Magazinen 2
1.1 Umfang und Erscheinungsweise 2
1.2 Thematische Aufteilung 2
1.3 Informationsquellen 3
1.4 „ und an die Leser denken!“ 3
1.5 Der Autor ist oft kein Redakteur 4
2. Was kommt ins Blatt und warum 5
3. Kontaktaufnahme und -pflege 7
3.1 Wann sind Redakteure am besten ansprechbar? 7
3.2 Persönliche Kontakte zahlen sich aus 7
4. Unannehmlichkeiten und Streit vermeiden 8
5. Falls Sie einen Gastbeitrag oder eine Kolumne schreiben 10
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2. E 4.1 Werkzeugkasten: Welche Instrumente wofür?
Was wollen Redaktionen?
1. Wissenschaft in Zeitungen/Magazinen
Gute Chancen für Die Wissenschaftsberichterstattung in Zeitungen hat in jüngster Zeit
Wissenschaftler deutlich zugenommen. Die meisten seriösen Tages- und Wochenzei-
tungen haben derzeit zumindest eine Seite für Wissenschaftsthemen.
Einige populärwissenschaftliche Magazine sind als Ableger von Zei-
tungen neu entstanden („Zeit-Wissen“, „Zeit-Geschichte“ und „Süd-
deutsche Zeitung Wissen“). Die neue Zeitschrift „Epoc“ und der Er-
folg von „Geo-Epoche“ belegen, dass gerade das Interesse an ge-
schichtlichen Themen gewachsen ist. Für Wissenschaftler – gerade in
den geistes- und sozialwissenschaftlichen Disziplinen – bietet diese
Situation also gute Chancen, in einer breiteren Öffentlichkeit wahrge-
nommen zu werden.
1.1 Umfang und Erscheinungsweise
Nicht alle Tageszeitungen haben eine tägliche Wissenschaftsseite (wie
zum Beispiel die „Süddeutsche Zeitung“). Einige, wie etwa das „Han-
delsblatt“, berichten im wöchentlichen Rhythmus. Das beeinflusst auch
die Themenauswahl und damit Ihre Chance, „ins Blatt zu kommen“.
• Tägliche Seite und/oder Online:
Die Themenauswahl ist hier an aktuellen Nachrichten orientiert.
Zeitungen mit täglicher Wissenschaftsseite und/oder entsprechen-
dem Online-Auftritt, sind zum Beispiel „Spiegel-Online“, die
„Süddeutsche Zeitung“ oder „Die Welt“.
• Wöchentlich:
Der Wissenschaftsredakteur einer Wochenzeitung oder wöchentli-
cher Wissenschaftsseiten in einer Tageszeitung (zum Beispiel im
„Handelsblatt“ oder der „Frankfurter Allgemeinen“) muss gründli-
cher auswählen. Er wird eher umfassendere Themen bevorzugen, die
eine längere, erzählende Geschichte – und ein gutes Bild – hergeben.
Er hat aber auch mehr Zeit für eine gründliche Recherche und inten-
sivere Gespräche.
1.2 Thematische Aufteilung
Getrennt oder vermischt In vielen Zeitungen werden Technik-Themen, Grundlagenforschung
und oft auch allerlei bunte Meldungen („Amerikanischer Forscher ha-
ben herausgefunden, warum Frauen gerne Schuhe kaufen…“) munter
vermischt. Vor allem in Boulevardblättern und einigen Regionalzeitun-
gen, aber ansatzweise auch in überregionalen wie „Die Welt“ und die
„Financial Times Deutschland“. Andere trennen deutlich zwischen
Technik, Naturwissenschaften und Geisteswissenschaften, zum Beispiel
das „Handelsblatt“ und die „Frankfurter Allgemeine“. Je deutlicher die
Trennung, desto seriöser ist in der Regel die Berichterstattung.
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3. Werkzeugkasten: Welche Instrumente wofür? E 4.1
Was wollen Redaktionen??
1.3 Informationsquellen
• achrichtenagenturen: Die meisten Journalisten blicken täglich
mehrmals in die „Ticker“ (heute tickern sie nicht mehr als Loch-
streifen, sondern über den Computer) der Deutschen Presseagentur
(dpa), von Reuters, Associated Press (AP), Agence France Press
(AFP) und anderen. Deren Redaktionen sind der wichtigste Multi-
plikator für alle Nachrichten! Allerdings melden sie meist nur die
großen Entdeckungen, Betrugsskandale oder Gelehrtendebatten.
• Wissenschaftliche Pressemitteilungsdienste wie Eurekalert
(www.eurekalert.org), Alpha Galileo (www.alphagalileo.org) und der
Informationsdienst Wissenschaft (www.idw-online.de) stellen in ih-
ren täglichen Emails einen Überblick über die neuesten Fachpublika-
tionen (Nature, Science usw.), aber auch forschungspolitische The-
men, wichtige Förderentscheidungen etc. zusammen. Sie sind die
wichtigste Quelle im wissenschaftsjournalistischen Tagesgeschäft.
• Die großen naturwissenschaftlichen Fachzeitschriften (vor allem
„Science“ und „Nature“) hat jede Wissenschaftsredaktion abon-
niert. Artikel in Fachzeitschriften liefern sehr oft auch Ideen für
größere, selbst recherchierte Geschichten.
• Geistes- und sozialwissenschaftliche Fachzeitschriften werden eher
sporadisch gelesen, da ihre Zahl so groß ist. Rechnen Sie nicht da-
mit, dass die „Historische Zeitschrift“ in jeder Redaktion liegt. Ge-
rade bei geistes- und sozialwissenschaftlichen Themen sind Journa-
listen daher besonders empfänglich für:
• Direkte Kontakte: Pressemeldungen per Brief, Fax (kaum noch),
oder E-Mail. Ein Telefonanruf oder individuelle Briefe und E-
Mails erwecken beim Journalisten auf Anhieb zunächst einmal In-
teresse, da sie „exklusiv“ sind und womöglich eine Geschichte ver-
sprechen, die die Konkurrenz nicht hat. (siehe unter 1.5 und 3)
1.4 „ und an die Leser denken!“
Die Leitfrage: Wen könnte das interessieren?
Welchen Leser möchten Sie erreichen? Diese Frage sollten Sie sich
immer stellen, bevor Sie eine Redaktion kontaktieren. Für viele wis-
senschaftliche Nachrichten kommen nur wenige Zeitungen ernsthaft
in Frage.
wird die „Frankfurter Allgemeine“ kaum interessieren, die „Saarbrü-
cker Zeitung“ aber durchaus, vielleicht auch das „Handelsblatt“.
Sehr viele PR-Agenturen und leider auch Pressestellen von For- Meldungen gezielt an
Redaktionen versenden
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4. E 4.1 Werkzeugkasten: Welche Instrumente wofür?
Was wollen Redaktionen?
Informationen zum Autor:
Ferdinand Knauß, Jahrgang 1973, ist seit 2005 Redakteur für Geistes- und Naturwissenschaften
im „Handelsblatt“ und hat dort das Ressort „Wissenschaft & Debatte“ mit aufgebaut. Zuvor war er
Redakteur bei der „Financial Times Deutschland“. Von 1994 bis 2000 studierte er Geschichte und
Japanologie in Düsseldorf, Nantes und Tokio.
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