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E 1.5
Lasst Verben sprechen
Zehn Regeln für einen guten Stil in der Wissenschaftskommunikation




                                                               Christoph Fasel



Was heißt das eigentlich: Einen guten Stil zu schreiben? Ist das nur eine Geschmackssache? Die
Beschäftigung mit der Sprache auch in der Wissenschaftskommunikation zeigt: Guter Stil ist keine
Frage von persönlichen Vorlieben. Sondern von der Einhaltung klarer Regeln. Diese Regeln orien-
tieren sich an der größtmöglichen Verständlichkeit für Leser, Hörer oder Zuschauer des Kommuni-
kationsaktes. Lesen Sie hier, wie Ihnen starke Verben dabei helfen können, Ihre Botschaft lebendig
und erfreulich zu transportieren. Und welche zehn regeln Ihnen eine Stütze bei Ihrer alltäglichen
Arbeit mit Texten der Wissenschaftskommunikation sein können.


Gliederung                                                                                  Seite

1.      Die Kraft der Verben – und wie Sie sie nutzen                                           2
2.      Was Verben alles können                                                                 3
3.      Beackern Sie das Wortfeld – Eine Landkarte zum Selbermachen                             5
4.      Zehn Regeln für Sprache und Stil der Wissenschaftskommunikation                         6




HWK 1 01 08 06                                                                                  1
E 1.5                                           Werkzeugkasten: Welche Instrumente wofür?

Die richtige Sprache sprechen




                                1.    Die Kraft der Verben – und wie Sie sie
                                      nutzen
                                Wenn wir etwas tun, bewegen wir etwas. Dadurch verändern sich die
                                Dinge. Und das ist für einen Leser interessant – weil jede Lageverän-
                                derung sofort seine Neugierde reizt. Die Wortart, die Bewegung, Ver-
                                änderung beschreibt, sind Verben. Sie treiben das Tempo eines Satzes
                                voran, erklären uns, was passiert, bringen Farbe und Lautmalerei über
                                und können bei richtiger Auswahl zudem Sprachwitz und Originalität
                                dokumentieren.

                                Von beidem ist im folgenden Beispiel aus dem Universitätsalltag nur
                                wenig zu verspüren:



                                                                 Schlechtes Stilbeispiel –
                                                                 Satz ohne starke Verben


    Die Hinzuziehung des Dekans zu den Diskussionen des Prüfungsausschusses zwecks Be-
    schlussfassung einer optimierten Prüfungsordnung hat die Zuständigkeit des Rektorats in der
    Zustimmungsfrage zur Folge.


                                Hier stützt ein einziges, einsames Hilfsverb „haben“ einen Satz, der
                                durch seine Komplexität den Leser eher abschreckt als ihm Appetit
                                auf den Versuch zu machen, zu verstehen, was er sagen will. Was ge-
                                schieht hier? Kein Verb verrät es dem Leser, der sich nun mühsam auf
                                die Expedition durch die Welt der Nomen machen muss, um zu be-
                                greifen, was der Autor ihm mitteilen will.

                                Was nun mit einem solchen Text tun? Einen solchermaßen verun-
                                glückten Satz kann man nur verständlich machen, indem man:

                                 1. den Ursprungssatz zerlegt,
                                 2. nach der Kernaussage fahndet,
                                 3. die dazu passenden Verben sucht,
                                 4. Worthülsen und Redundanzen wegstreicht und
                                 5. den Satz völlig neu um die gefundenen Verben gruppiert.




2                                                                                            HWK 1 01 08 06
E 1.5                                          Werkzeugkasten: Welche Instrumente wofür?

Die richtige Sprache sprechen




    Informationen zum Autor:
    Prof. Dr. Christoph Fasel lehrt als Dekan und Prorektor an der SRH Hochschule in Calw Medien-
    und Kommunikationsmanagement; als Journalist Arbeit u. a. bei BILD, Abendzeitung, Bayerischer
    Rundfunk, Eltern. Er war Reporter des STERN, Chefredakteur von Reader’s Digest Deutschland
    und Österreich und Leiter der Henri Nannen Journalistenschule Gruner+Jahr/DIE ZEIT. Als
    Medienentwickler der WortFreunde Kommunikation berät er Institutionen, Verlage und Unternehmen
    im In- und Ausland. Er ist Chefredakteur des Wissenschaftsmagazins „Faszination Forschung“ der
    TU München.




8                                                                                     HWK 1 01 08 06

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Christoph Fasel: Lasst Verben sprechen

  • 1. E 1.5 Lasst Verben sprechen Zehn Regeln für einen guten Stil in der Wissenschaftskommunikation Christoph Fasel Was heißt das eigentlich: Einen guten Stil zu schreiben? Ist das nur eine Geschmackssache? Die Beschäftigung mit der Sprache auch in der Wissenschaftskommunikation zeigt: Guter Stil ist keine Frage von persönlichen Vorlieben. Sondern von der Einhaltung klarer Regeln. Diese Regeln orien- tieren sich an der größtmöglichen Verständlichkeit für Leser, Hörer oder Zuschauer des Kommuni- kationsaktes. Lesen Sie hier, wie Ihnen starke Verben dabei helfen können, Ihre Botschaft lebendig und erfreulich zu transportieren. Und welche zehn regeln Ihnen eine Stütze bei Ihrer alltäglichen Arbeit mit Texten der Wissenschaftskommunikation sein können. Gliederung Seite 1. Die Kraft der Verben – und wie Sie sie nutzen 2 2. Was Verben alles können 3 3. Beackern Sie das Wortfeld – Eine Landkarte zum Selbermachen 5 4. Zehn Regeln für Sprache und Stil der Wissenschaftskommunikation 6 HWK 1 01 08 06 1
  • 2. E 1.5 Werkzeugkasten: Welche Instrumente wofür? Die richtige Sprache sprechen 1. Die Kraft der Verben – und wie Sie sie nutzen Wenn wir etwas tun, bewegen wir etwas. Dadurch verändern sich die Dinge. Und das ist für einen Leser interessant – weil jede Lageverän- derung sofort seine Neugierde reizt. Die Wortart, die Bewegung, Ver- änderung beschreibt, sind Verben. Sie treiben das Tempo eines Satzes voran, erklären uns, was passiert, bringen Farbe und Lautmalerei über und können bei richtiger Auswahl zudem Sprachwitz und Originalität dokumentieren. Von beidem ist im folgenden Beispiel aus dem Universitätsalltag nur wenig zu verspüren: Schlechtes Stilbeispiel – Satz ohne starke Verben Die Hinzuziehung des Dekans zu den Diskussionen des Prüfungsausschusses zwecks Be- schlussfassung einer optimierten Prüfungsordnung hat die Zuständigkeit des Rektorats in der Zustimmungsfrage zur Folge. Hier stützt ein einziges, einsames Hilfsverb „haben“ einen Satz, der durch seine Komplexität den Leser eher abschreckt als ihm Appetit auf den Versuch zu machen, zu verstehen, was er sagen will. Was ge- schieht hier? Kein Verb verrät es dem Leser, der sich nun mühsam auf die Expedition durch die Welt der Nomen machen muss, um zu be- greifen, was der Autor ihm mitteilen will. Was nun mit einem solchen Text tun? Einen solchermaßen verun- glückten Satz kann man nur verständlich machen, indem man: 1. den Ursprungssatz zerlegt, 2. nach der Kernaussage fahndet, 3. die dazu passenden Verben sucht, 4. Worthülsen und Redundanzen wegstreicht und 5. den Satz völlig neu um die gefundenen Verben gruppiert. 2 HWK 1 01 08 06
  • 3. E 1.5 Werkzeugkasten: Welche Instrumente wofür? Die richtige Sprache sprechen Informationen zum Autor: Prof. Dr. Christoph Fasel lehrt als Dekan und Prorektor an der SRH Hochschule in Calw Medien- und Kommunikationsmanagement; als Journalist Arbeit u. a. bei BILD, Abendzeitung, Bayerischer Rundfunk, Eltern. Er war Reporter des STERN, Chefredakteur von Reader’s Digest Deutschland und Österreich und Leiter der Henri Nannen Journalistenschule Gruner+Jahr/DIE ZEIT. Als Medienentwickler der WortFreunde Kommunikation berät er Institutionen, Verlage und Unternehmen im In- und Ausland. Er ist Chefredakteur des Wissenschaftsmagazins „Faszination Forschung“ der TU München. 8 HWK 1 01 08 06