1. Religion in den Medien
NFP 58
Referat am Seminar 2012 des Publikumsrates SRG.D
Kloster Fischingen
10. Mai 2012
Prof. Dr. Vinzenz Wyss
Empirische Untersuchung: Dr. Carmen Koch, IAM
Zürcher Hochschule für Angewandten Wissenschaften
Institut für Angewandte Medienwissenschaft
vinzenz.wyss@zhaw.ch
Zürcher Fachhochschule 1
3. Fragestellung
Ausgangspunkt:
– Pluralisierung der religiösen Landschaft
– Bedeutungsverlust der traditionell dominanten Religion (Christentum)
– Bedeutungszuwachs von kulturell neuen Religion
Forschungsmodule:
A. Religionsgemeinschaften: Strategien der Öffentlichkeitsarbeit?
B. Medien: Strategien der journalistischen Inszenierung?
C. Mediale Darstellung dieser Religionen?
Zürcher Fachhochschule
3
4. Design
Phase 1:
M1) Meta-Analysis of
Desk
scientific literature
Research
M2) Qualitative inter- M3) Qualitative inter-
views: Rep’s of religious views: Journalists
groups
Phase 2:
Empirical
research
M4) Content
analysis
M5) Workshop:
Rep’s of rel. groups,
Journalists Phase 3:
Knowledge
transfer,
M7) Transfer: Training in Reporting
M6: Scientific
publications communication on religious
issues
Zürcher Fachhochschule
5. Mitgliedschaft in religiösen Organisationen im
Jahr 2000
(Quelle: Bundesamt für Statistik 2003 zit. nach (Baumann/Stolz 2007: 40)
5
Zürcher Fachhochschule
7. Ergebnisse aus den Interviews mit
Öffentlichkeitsarbeitern in religiösen
Organisationen
Die zwei grossen Landeskirchen (römisch-katholisch und reformiert):
Professionelle und pro-aktive Öffentlichkeitsarbeit
„Je höher man in der organisatorischen Hierarchie geht, desto
professioneller sind die Kommunikationskonzepte.
Zum Beispiel der Kanton Zürich hat eine Kommunikationsabteilung mit
6 Personen, die sich um die interne und externe Kommunikation
kümmern. Das ist vergleichbar mit einer Kommunikationsabteilung in
einem mittleren bis grösseren Unternehmen.“ (Zitat von Interview # 8).
Zürcher Fachhochschule
7
8. Ergebnisse aus den Interviews mit
Öffentlichkeitsarbeitern in religiösen
Organisationen
Widerstand gegen Öffentlichkeitsarbeit:
„Wir befinden uns in einer Entwicklung: Während der letzten 10
Jahre haben wir innerhalb unserer Organisation Public Relations
für Public Relations gemacht, weil es nicht als angemessen
betrachtet wurde, Marketing und Public Relations für Religion und
Kirchen zu betreiben. (…)
Tu Gutes, aber sprich darüber, da gibt es immer noch Widerstand
gegen diesen Grundsatz, im Sinne von:
Tu Gutes, aber sprich nicht darüber.“ (Zitat von Interview # 9).
8
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9. Ergebnisse aus den Interviews mit
Öffentlichkeitsarbeitern in religiösen
Organisationen
• Alle anderen, kleineren religiösen Organisationen:
Öffentlichkeitsarbeit als Freiwilligenarbeit von Laien, eher reaktive
Strategien:
„Wir würden gerne eine breite und tiefe Debatte in den Medien lancieren,
aber da gibt es Grenzen. Es gibt viele NGOs, und da besteht natürlich
das Risiko, keine Beachtung zu finden. Wir haben unsere PR verbessert,
aber wir können nur eine Pressemitteilung pro Monat publizieren, das ist
nicht viel.“ (Zitat aus Interview #21)
• Hauptproblem der Muslims: Tiefer Organisationsgrad
„Die Qualität unserer PR? In einem Wort: Eine Katastrophe. Es fehlt an
Strukturen, es fehlt an Mitgliedern, an Legitimität, und politischer
Unterstützung und deshalb auch an ökonomischen Ressourcen. Das ist
ein Zirkel.“ (Zitat aus Interview #20)
9
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10. Interviews mit Journalisten (N=35)
Auswahl: Analog zur Inhaltsanalyse
Universum:
– Tageszeitungen, Nachrichtensendungen im Radio und TV
– Region Lausanne und Region Zürich
Auswahl innerhalb des Mediums
– Thematisch Zuständige oder Leitende Redakteure
Fragestellung:
• Spezialisierung? Redaktionelle Ressourcen?
Regeln der Inszenierung
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10
11. Zitate…
Religion als Thema
„Das Thema Religion, das Verhältnis zwischen
Religion und Gesellschaft und das Verhältnis
zwischen den Religionen werden wichtiger.
(…) Wir dürfen das Thema nicht
vernachlässigen.“
Journalistischer Zugriff
„Es ist ein interessantes Thema,
Ressourcen
wenn es im Überschneidungsbereich
zwischen politischen und religiösen
„Meine einzige Ausbildung in dieser
Fragen ist. (…) Ein politischer
Richtung ist, dass ich einst Ministrant
Aspekt ist meistens der Aufhänger.“
der Katholischen Kirche war.“
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12. Regeln und Ressourcen im journalistischen Zugriff auf
das Thema Religion
Regeln Ressourcen
Mehrsystemrelevanz
Zuständigkeit
Journalistischer Zugriff
Wissen
.
rekursiver Prozess
kommunizieren /
ermächtigen
sanktionieren
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13. Ressourcen I: Zuständigkeit
• Keine Ressorts Religion (ausser Fachredaktion beim
öffentlichen Rundfunk)
• Grössere Tages- und Wochenzeitungen:
einzelne Zuständige, die sich zwar selbst nicht als Spezialisten
bezeichnen aber dennoch Themen mit Religionsbezug
bearbeiten.
• Kommerzielle Sender / kleinere Tageszeitung / Gratiszeitung:
eher zufällig, sofern sie gerade Dienst haben.
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14. Trend zur Entdifferenzierung
Politik Wirtschaft
Politik Wirtschaft
Ressort I Ressort II Trend
Ressort III Ressort IV
Kultur Sport
Kultur Sport
Quelle: Jarren/Donges 1996: 183f.
input-oriented
Beobachteter Umweltbereich output-oriented
Beobachteter Umweltbereich
(Meier 2007)
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15. Ressourcen II: Wissen
• Zuständige verfügen in einem Teilgebiet über ein spezifisches
Wissen, bezeichnen dieses aber nicht als Spezialistenwissen.
• Einige Zuständige haben ein Theologie- oder Philosophiestudium
hinter sich, weisen aber dessen Relevanz zurück.
• Eine fachspezifische Ausbildung im Bereich Religion wird als
unnötig oder gar störend bezeichnet.
• Die zur Verfügung stehenden Ressourcen (Datenbanken,
Beziehungen zu Kommunikatoren von Religionsgemeinschaften
etc.) werden weitgehend als ausreichend bezeichnet.
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16. Journalisten in der Schweiz 2008
römisch-katholisch
evangelisch-reformiert
31.4%
34.1%
andere christliche
Religion
andere Konfession
jüdische
Glaubensgemeinschaft
0.4%
islamische
0.4%
Glaubensgemeinschaft
0.7% 31.8% konfessionslos
1.2%
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17. Mitgliedschaft in religiösen Organisationen im
Jahr 2000
(Quelle: Bundesamt für Statistik 2003 zit. nach (Baumann/Stolz 2007: 40)
17
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18. Regeln: Religion surft mit
• Religion wird hohe und zunehmende gesellschaftliche
Relevanz zugeschrieben, religiösen Akteuren wird aber kaum
aus sich heraus Nachrichtenwert zugeschrieben.
• An journalistischer Relevanz gewinnen religiöse Themen dann,
wenn sie favorisiert mit Politik- oder Wirtschaftsthemen
gekoppelt werden können.
• Über Religion wird eher dann berichtet, wenn eine Irritation mit
systemeigenen und anderen Systemlogiken (re-) produziert
werden kann und wenn sich das Thema in einer narrativen
Struktur darstellen lässt.
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19. Die Vogelperspektive:
Systemtheoretischer Annäherungsversuch
Politik
Wirtschaft Demonstration Recht
ÖffentlichkeitUrteil
Public Relations Forschungs-
bericht PR.
r.
Film Jou
Journalismus Wissenschaft
Kunst
Public Relations
Verkündigung
Religion etc.
Zürcher Fachhochschule 19
20. Verkettung über Meta-Narration z.B. mörderische
oder befreiende List
z.B. Macht
(Aufstieg und Fall,
z.B. bedrohte
Vergeblichkeit, Gier
Sicherheit,
nach ...)
Erlösung
Narration Narration Narration Narration Narration
wissen- wirt- religiöser politischer x-Diskurs
schaftlicher schaftlicher Diskurs: Diskurs:
Diskurs: Diskurs:
kollektiv x/
wahr/ verkaufen / transzendent verb. nicht x
unwahr nicht / immanent Entscheide /
verkaufen n.k.v. E
Narrativität als zentraler journalistischer Kommunikationsmodus
Zürcher Fachhochschule 20
21. Untersuchungsanlage Inhaltsanalyse
Quantitative Inhaltsanalyse
•Tages-, Wochen-, Sonntags-, Gratiszeitungen aus der Region
Zürich und Lausanne, Radio- und TV-Nachrichten- und
Hintergrundsendungen (Magazine) von DRS und SF
•Jahr 1998 und 2008
•Anzahl Beiträge: 4‘920 Beiträge, davon 2‘138 auf zweiter Stufe
Zürcher Fachhochschule 21
22. » Die Berichterstattung mit / über Religions-
gemeinschaften ist einseitig auf wenige
Religionsgemeinschaften ausgerichtet.
Zürcher Fachhochschule
22
25. » Religion ankaum wird in der Bericht-
erstattung
sich
thematisiert.
Wenn Religionsgemeinschaften oder
der Begriff Religion in der Bericht-
erstattung auftauchen, dann nur selten
im Zusammenhang mit religiösen
Dimensionen.
Zürcher Fachhochschule
25
29. Religionsinhalte kein Thema
• Religion bzw. religiöse Akteure erscheinen oft im Zusammenhang mit
anderen Themen: Politische Konflikte, Krieg. Politik allg. , z.B. Wahlen in den USA,
Minarett-Initative, Institutionelle Abläufe / organisatorische Verfahren, Pädophile Priester
• Hintergrundinformationen werden kaum geliefert
• Religiöse Inhalte, Informationen zu Glaube und Praktiken sind selten
• Am ehesten finden sich noch die ideologische und rituelle Dimension
von Religion
• Christliche Religionsgemeinschaften treten deutlich häufiger im
Zusammenhang mit religiösen Dimensionen auf als „nicht christliche“
Religionsgemeinschaften
Zürcher Fachhochschule
29
47. Fazit I
• Religion wird selten aufgegriffen, nur reaktiv
• Religion als Beifahrerthema, kein eigentlicher Religionsjournalismus
• Religion, im Sinne von religiösen Dimensionen und religiösen
Frames, ist selten ein Thema
• Die Berichterstattung mit / über Religions-gemeinschaften ist
einseitig auf wenige Religionsgemeinschaften ausgerichtet:
Dominanz von Katholizismus und Islam
• Negativität der Berichterstattung
• Christliche Religionen werden eher als religiöse Akteure, nicht-
christliche eher als politische Akteure behandelt.
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48. Fazit II
Handlungsbedarf?
Medien: Überwindung von blinden Flecken: Religion ist auch in
modernen Gesellschaften ein relevantes Thema
Mehr Reflexivität, zur Überwindung der unreflektierten Routinen
(Migrationsberichterstattung)
Ausbildung: Allgemeinbildung zu Religionen
Akzent auf andere Nachrichtenfaktoren (kulturelle Nähe,
Personalisierung, religiöse Rituale)
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Notas do Editor
„ theoretically inspired representation of all main religious organisations in Switzerland) Not representative in the narrow statistical sense: Oversampling of small groups: Islam, Hinduism, Buddhism, Judaism Undersampling of non-members (atheistic groups consider themselves as legitimate representatives, but in fact, they have very few members (less than 1000) Undersampling of the two large churches Very small groups are misssing (e.g. Notizen zur Präsentation
Notizen zur Präsentation
Notizen zur Präsentation
Notizen zur Präsentation
Notizen zur Präsentation
1 Einführung Wir möchten unseren Vortrag mit einigen Zitaten von Journalisten einleiten. Die drei Zitate illustrieren unseren Zugriff auf das Thema „Spezialisierung in der Religionsberichterstattung“ bereits sehr gut. Die Zitate stammen von Journalisten aus unterschiedlichen Redaktionen, die wir im Zusammenhang mit einem Forschungsprojekt zum Thema „Religionskommunikation“ in Leitfadengesprächen zur ihren Praktiken im Umgang mit religionsspezifischen Themen befragt haben. Die Journalisten arbeiten für Medien mit einer universellen Ausrichtung; sie arbeiten primär im aktuellen Informationsjournalismus und sind dort am ehesten und im weitesten Sinne für die Bearbeitung religiöser Themen zuständig. 1.1 Relevanz des Themas Religion für den Journalismus Die gesellschaftspolitische Relevanz von Religion ist in den letzten Jahren im Lichte der aktuellen Dynamik des religiösen Fundamentalismus – Stichwort Kopftuchdebatte – und religiös legitimierter Konflikte stark in den Vordergrund gerückt. Stichworte zum angeblichen ‘clash of civilisations’ zwischen Christentum oder säkularisierter westlicher Welt und Islam verdeutlichen dies. Von wachsender Bedeutung sind zudem neue religiöse Bewegungen, welche zu so unterschiedlichen Weltanschauungen wie der Esoterik oder dem Atheismus zuzurechnen sind. Auf Grund dieser Pluralisierung von Religionsgemeinschaften stellt das Thema Religion auch für die journalistische Thematisierung und Spezialisierung eine besondere Herausforderung dar. 1.2 Fragen Vor diesem Hintergrund interessiert, ob auch Journalisten Religion als wichtiges Thema erkennen und wenn ja inwiefern sie der Komplexität des Themas mit Spezialisierung begegnen? Wir gehen in Zürich und in Winterthur im Rahmen eines vom Schweizerischen Nationalfonds geförderten Forschungsprojektes der Frage nach, inwiefern sich in den letzten 10 Jahren in tagesaktuellen Medien die Berichterstattung über religiöse Themen verändert hat und inwiefern das Thema innerhalb von redaktionsspezifischen Strukturen bearbeitet wird. Wir fokussieren heute wir vor dem Hintergrund dieses Projektes auf folgende Fragen: Inwiefern ist in Schweizer Redaktionen eine Differenzierung oder Entdifferenzierung von Ressortstrukturen zu beobachten und inwiefern ist die Bearbeitung religiöser Themen davon betroffen. Wie ist das Thema Religion in Redaktionen strukturell verankert? Gibt es zwar kein Ressort, dafür aber individuelle Themenzuständigkeiten? Und auf welche Ressourcen greifen Journalisten bei der Bearbeitung religiöser Themen zurück?
6. Qualitativer Zugang: Regeln und Ressourcen im journalistischen Zugriff auf das Thema Religion 6.1. Organisationale Ressourcen der journalistischen Produktion Im Rahmen einer qualitativen Studie wurden sowohl 30 thematisch eher spezialisierte Journalisten aus (sprach-)regionalen Leitmedien (Print, Rundfunk) als auch 30 Öffentlichkeitsarbeiter von unterschiedlichen Religionsgemeinschaften befragt. Die folgenden Ergebnisse beziehen sich auf die Befunde aus den Journalistengesprächen. Hierbei unterscheiden wir – unter Rückgriff auf eine strukturationstheoretische Perspektive – zwei Betrachtungsdimensionen. Wir gehen dabei davon aus, dass die in der journalistischen Praxis zur Anwendung kommenden Regeln und Ressourcen in einem rekursiven Verhältnis zueinander stehen. Journalisten greifen in ihrem Handeln nicht nur auf Qualitätsvorstellungen als Sinn- und Legitimationsstrukturen zurück; sie wenden auch Ressourcen der organisationalen Herrschaftsordnung an. Damit sind autoritative Ressourcen wie etwa Zuständigkeiten oder Ressortstrukturen sowie allokative Ressourcen wie etwa Zeit, Personal oder Wissen etc. gemeint. Die (Re-)Produktion von Qualitätsvorstellungen steht also in einer rekursiven Beziehung zu den organisationalen Ressourcen. In Anlehnung an die Strukturationstheorie (Giddens 1997; Ortmann/Sydow 2001) kann gesagt werden, dass der Einsatz von Ressourcen auch auf die (Re-)Produktion der organisationalen oder systemischen Sinn- und Legitimationsstruktur zurückwirkt. Es kann also erwartet werten, dass unterschiedliche Redaktionsstrukturen etwa bei öffentlich-rechtlichen und kommerziellen Rundfunksendern zu einer unterschiedlich stark ausgeprägten Beziehungen zwischen Kommunikatoren der Religionsgemeinsachten und Journalisten führt.
6.2 Zuständigkeit Es gibt innerhalb der Redaktionen kaum institutionalisierte Zuständigkeiten. Ausser beim öffentlichen Rundfunk, bei dem es so genannte Fachredaktionen mit Spezialgebiet Religion gibt, können nur gerade in grösseren Tages- und Wochenzeitungen Zuständige identifiziert werden. Also einzelne Journalisten, von denen man weiss, dass sie in den Redaktionen den Themen gegenüber aufgeschlossen sind und einige Erfahrung in einem bestimmten meist religionsspezifischen Bereich (z.B. Landeskirchen) oder im weitesten Sinne „soziale“ Themen bearbeiten. Bei den kommerziellen Sendern sowie bei kleineren Tageszeitung sowie bei der Gratiszeitung bearbeiten alle entsprechende Themen, sofern sie gerade Dienst haben. Folgende Zitate illustrieren diese Situation bei den grösseren Zeitungen: „Religion uns Spiritualität werden meistens mir zugeteilt, weil mein Chef weiss, dass ich für solche Sachen offen bin.“ Diese Zuständigen verfügen meist über ein Theologiestudium oder aber mindestes über einen Abschluss in Philosophie. So meint auch ein Theologe: „Ich lese ab und zu ein Buch über Theologie, aber ich kann jetzt nicht sagen, dass ich spezialisiert wäre.“ Ein Chefredaktor meint im Interview, dass er möglicherweise das Thema unterschätze: „Vielleicht müsste man das Ganze wirklich mal reflektieren und sich fragen, ob wir das Thema auch mit der nötigen Intensität bearbeiten. Dies tun wir vielleicht nicht zuletzt darum nicht, weil ich selbst kein religiöser Mensch bin. Ich habe keine Beziehung zu Religion.“ Während die meisten Befragten der Meinung sind, dass die Voraussetzungen für eine adäquate Bearbeitung religiöser Themen genügen würden, meint ein Befragter, dass Fachjournalisten in diesem Bereich ein offensichtliches Desiderat darstellen würde „oder zumindest solche fehlen würden, die ein Spezialgebiet wie beispielsweise Islam haben.“ Ein Chefredaktor einer Gratiszeitung gibt sich etwas selbstkritisch, wenn er sagt: „Da muss ich ganz ehrlich gestehen, dass wir diesen Begriff „Religion“ bei uns auf der Redaktion noch nie reflektiert haben. (…) Vielleicht wird sich dies ändern, wenn wir irgendwann einmal etabliert sind und keine anderen Themen mehr zu besprechen haben.“
New editorial trends in newsroom organizations – such as newsroom and newsdesk – support the development of inter-systemic perspective. New organizational principles lead to the declining of specialized editorial departments. Religious topics are usually chained with other (political, scientific, legal, or economic) conflictive perspectives.
6.3 Wissen Insgesamt wird offensichtlich, dass die Zuständigen zwar in einem Teilgebiet über ein spezifisches Wissen verfügen, dieses aber nicht als Spezialistenwissen bezeichnen würden. Das Spezialwissen bezieht sich allerdings meistens auf die Katholische Kirche oder auf das Christentum. Schon etwas befremdend wirkt die Aussage eines befragten, wenn er sagt, es wäre einfacher über Konflikte in der Katholischen Kirche zu berichten, wenn der Reporter selber auch katholisch sei. Ein Befragter meint denn auch, dass seine Leistung darin bestehen würde, „nur schon dieses Zeugs im Blatt zu platzieren – also Religion überhaupt stattfinden zu lassen.“ Auch ein befragter der Neuen Zürcher Zeitung beispielsweise betont die Abhängigkeit eines Thematisierung von seiner persönlichen Motivation, wenn er sagt: „Es sollte eigentlich so funktionieren, dass man selber motiviert ist.“ Trotz der geringen Spezialisierung beurteilen die die meisten Journalisten ihr Wissen und die zur Verfügung stehenden Mittel als ausreichend. Es wird sogar betont, dass zu viel Fachwissen eine publikumsgerechte Bearbeitung stören könne. So sagt ein Befragter: „Ich sollte die Zusammenhänge nicht besser verstehen, weil ich sonst Gefahr laufe, die Fragen meiner Leser gar nicht mehr zu stellen.“ Oder ein Kollege eines Privatfernsehsenders toppt: „Wir erlernen unser Handwerk on the job. Wenn man etwas wissen will, so fragt man. Meine Fragen sind dann gut, wenn ich ein Thema naiv und unwissend anpacke. Je unwissender und naiver, desto besser.“ Auch er ist mit den ihm zur Verfügung stehenden Ressourcen zufrieden, wenn er sagt: „Die häufigste Recherche ist das Lesen der Medienmitteilung. (…) Ausser wenn die Zeit sehr knapp ist, kann man im Internet noch ein zwei Hintergründe dazu suchen.“ Danach gefragt, ob eine von den Religionsgemeinschaften angebotene fachspezifische Weiterbildung sinnvoll wäre, meint ein Journalist: Wenn ich das höre sage ich sofort, dass ich da hin gehe, allerdings mit der Idee im Kopf eine Satire darüber zu schreiben. Die Journalisten beklagen sich höchstens über Mediengerechtigkeit der Sprecher von Religionsgemeinschaften: „Da gibt es keine zackigen Stellungnahmen, sondern immer so Abwägungen, die niemandem schaurig weh tun.“
6.4 Narrative Herstellung von Mehrsystemrelevanz Die befragten Journalisten weisen dem Thema Religion generell hohe gesellschaftliche Relevanz zu. Dennoch weisen sie darauf hin, dass das Thema an sich über wenig nachrichtenwert verfügt: So meint ein Fernsehjournalist: „Das Thema ist ein ‚Gähn‘“ oder der Chefredaktor einer Gratiszeitung: „ Es ist zu bedenken ist, dass Religion als Thema nicht ganz so „sexy“ ist wie andere Themen. Darum fällt es bei der Selektion schneller mal durch.“ Ähnlich argumentiert auch ein anderer Journalist: „Wenn die Bischofskonferenz eine Pressekonferenz macht und dann irgendwie Richtlinien für das marianische Jahr oder irgendwie eine Handreichung für die Jugendseelsorge, mit der man nichts anfangen kann, hat man schon das Gefühl: Wie stellen die sich das eigentlich vor?“ An journalistischer Relevanz gewinnen religiöse Themen dann, wenn sie favorisiert mit Politik- oder Wirtschaftsthemen gekoppelt werden können. Über Religion wird favorisiert dann berichtet, wenn das Thema mit anderen Systemlogiken konfligiert und wenn sich das Thema in einer narrativen Struktur darstellen lässt. Dies illustrieren folgende Zitate: „ Die Idee war: Weniger Mitglieder = weniger Geld. Betrachtet man die Austrittszahlen, so müsste dies für die Kirche eigentlich ein substantielles Problem sein. Mit diesem Ansatz im Hinterkopf wollten wir eine Geschichte über das Geldsparen der Kirche machen (…) Sobald ein Thema auf eine interdisziplinäre Ebene gelangt, wird es spannend. Wir wollten Wirtschaft und Religion koppeln. In diesem Bestreben sehe ich eine unserer Krenaufgaben. (…) So haben wir zum Beispiel auch die Muslimdiskussion im Zusammenhang mit dem Abstimmungskampf thematisiert. Andersrum kann Religion auch in andere Geschichten reinspielen. Wenn wir zum Beispiel über die AIDS-Prävention in Afrika berichten, so wird die offizielle Haltung der Kirche vielleicht auch Teil der Berichterstattung. Diese oder ähnliche „Themenübertritte“ sind für uns besonders interessant.“ Weitere Beispiele für diese intendierte Herstellung von Mehrsystemrelevanz lassen sich beliebig viele finden: „Nehmen wir die Sonntagsverkäufe: Da ist die politische Argumentation vor allem eine gewerkschaftliche. Die Kirchen argumentieren wahrscheinlich mehr mit dem Ruhetag und ja fast mit der Schöpfergeschichte. Am siebten Tag ruht Gott. Daraus kann man natürlich weniger gut einen Titel machen. (…) Es ist weniger plakativ im Vergleich zu wirtschaftlichen oder politischen Argumentationen.“ „ In der Bibel steht Gier sei etwas Schlechtes. Da sind nun aber diese Top-Gehälter der gierigen Manager. Unsere Gesellschaft schreibt sich „Geiz ist geil“ auf die Fahne. Die Kirche müsste nun eigentlich den Kampf gegen diese Verrohung aufnehmen.“ „ Gott im Himmel und Fussball auf Erden – das ist ein sagenhafter Spruch. Gerde rund um die Eoro 08 lässt sich dies gut aufgreifen.“ (Tele Top)
In unserer quantitativen Inhaltsanalyse haben wir eine Art Fragebogen an die einzelnen Beiträge, die Religion zum Thema haben, verfasst. Jeder Artikel wurde aufgrund dieses Fragebogens analyisiert. Sie sehen wir haben eine breite Basis an Medine untersucht, von Tages-, Wochen-, Sonntags- über Gratiszeitungen, wie auch TV- und Radiosendungen. Wir haben die Beiträge auf zwei Stufen angeschaut. In die erste gingen alle Beiträge ein, in welchen ein religiöses Wort vorkommt, auf die zweite nur noch die Beiträge in welchen Religion eine dominante Rolle hat bzw. ein religiöser Hauptakteur vorkommt. Das waren insgesamt über 2000 Beiträge, wobei ich hier nur auf diejenigen aus 2008 eingehen werde.
Nur wenige Religionsgemeinschaften schaffen es in die Medien. Die grösseren Religionsgemeinschaften deutlich mehr als die kleineren. In der Schweizer Berichterstattung gehen einige Religionen deutlich unter, wie sie folgender Grafik entnehmen können.
Damit sie einen kurzen Überblick darüber haben, was wir überhaupt an Religionen in den Medien gefunden haben, möchte ich ihnen diese Grafik zeigen. Sie sehen, es gibt zwei dominante Religionsgemeinschaften: das Christentum und der Islam. Das Christentum wird im Übrigen vor allem durch den Katholizismus repräsentiert, während der Protestantismus nur wenig Aufmerksamkeit erhält. Bei Beiträgen mit dem Islam wird selten nach Konfessionen spezifiziert, wenn dann nur im Zusammenhang mit den Auseinandersetzung von Schiiten und Sunniten. Der Buddhismus hat etwas Aufmerksamkeit erhalten im Zusammenhang mit den Konflikten in Tibet, in welchen der Dalai Lama ja eine bedeutende Rolle spielt. Ansonsten hat er in den Medien keine Relevanz.. Für die weitere Analyse der Beiträge haben wir uns mehrere Theorien zu Hilfe genommen. Ich werde hier auf zwei eingehen: das sogenannte Framing und die Narration. Zuerst zum Framing.
Notizen zur Präsentation
Religion ist in den Medien eigentlich nur ein Nebenthema. Das haben nicht frühere und auch unsere eigene Studien gezeigt. Ähnlich waren auch die Antworten aus den Journalisteninterviews, welche ihnen gestern von Vinzenz Wyss vorgestellt wurden.
Religion tritt also in verschiedenen Kontexten auf, Hintergrundinformationen zu den Religionen sind aber nur spärlich vorhanden. Es stellt sich die Frage, inwiefern es in den untersuchten Beiträgen überhaupt um Religion geht, d. h. inwiefern religionsspezifi sche Perspektiven und Inhalte thematisiert werden. Um dies festzustellen, wurden einerseits Frames erfasst – darauf wird an späterer Stelle noch eingegangen –, andererseits wurde das Vorkommen religiöser Dimensionen untersucht. Hierzu wurde auf den mehrdimensionalen Ansatz von Glock (1969) zurückgegriffen, der fünf Dimensionen von Religiosität postuliert:
Bezeichnend ist, dass in 45,1 Prozent der Beiträge nicht eine der religiösen Dimensionen vorkommt. In 26,6 Prozent der Fälle kommt eine der Dimensionen vor und nur in 13,2 Prozent zwei oder mehr. Insbesondere bei Beiträgen über nicht-christliche Religionen sind die Dimensionen schwach vertreten, wobei sich der Islam etwas abhebt (vgl. Abb. 3). Immerhin in 52,1 Prozent der Beiträge kommt eine religiöse Dimension vor. Im Vergleich zu den christlichen Religionen, insbesondere Katholizismus und Christentum, treten die religiösen Dimensionen aber immer noch deutlich seltener auf. Notizen zur Präsentation
Diese Beobachtung bestätigt sich, betrachtet man die Dimensionen einzeln (vgl. Tab. 2). Am stärksten ausgeprägt sind die ideologische und die rituelle Dimension. Erstaunlich ist das geringe Vorkommen der religiösen Konsequenz. Diese wäre gerade im Zusammenhang mit dem Islam deutlich stärker erwartet worden, etwa wenn es um die Frage der Verschleierung geht oder um religiös begründete Selbstmordattentate. Generell sind alle religiösen Dimensionen bei den christlichen Religionen stärker ausgeprägt als bei den nicht-christlichen. Nur bei der Berichterstattung über den Islam erhalten die Dimensionen ein gewisses Gewicht: Dann geht es vor allem um die Anti- Minarett-Initiative, den Islam im Westen, um Islam-Kritik und Islam in der Schule. Es werden spezielle, für den Westen ungewöhnliche, exotische Ideologien, Glaubenssätze und Rituale angesprochen und der Koran und die Scharia als Grundlage hinzugezogen. Notizen zur Präsentation
Wie Sie gesehen haben, bildet sich ab, dass in Beiträgen über christliche Religionsgemeinschaften und Sekten religiöse Dimensionen häufiger auftreten als in Beiträgen über andere Religionsgemeinschaften wie Islam, Judentum Buddhismus. D.h. konkret, in Berichten über christliche Religionsgemeinschaften, dann geht häufiger um Religion als bei nicht-christlichen Religionsgemeinschaften. Wir würden sogar soweit gehen zu sagen, dass nur Sekten und das Christentum in der Berichterstattung überhaupt als Religion dargestellt werden. Andere Religionsgemeinschaften, die nicht so einen traditionellen Hintergrund in der Schweiz haben oder nur einen kleinen Teil der schweizer Bevölkerung betreffen, wie der Islam, der Buddhismus, das Judentum werden nicht als Religion dargestellt , sondern eher als Gruppe bzw. als politische Akteure. Dies unterlegt auch eine weitere Auswertung unserer Inhaltsanalyse .
Religion: Dialog zwischen Religionen Säkularisierung Heiligsprechung Kritik an einer Religion Kontroversen innerhalb einer Religionsgemeinschaft Bericht über ein Vertreter einer Religionsgemeinschaft Religiöse Bräuche/Tradition/Rituale Papstbesuch/-rede/-predigt religiöse Feste/Treffen/Feiertage Religionsinhalte, also Religion selber, ihre Geschichte, ihr Glauben und ihre Bräuche, werden nur selten thematisiert
Religion: Dialog zwischen Religionen Säkularisierung Heiligsprechung Kritik an einer Religion Kontroversen innerhalb einer Religionsgemeinschaft Bericht über ein Vertreter einer Religionsgemeinschaft Religiöse Bräuche/Tradition/Rituale Papstbesuch/-rede/-predigt religiöse Feste/Treffen/Feiertage Religionsinhalte, also Religion selber, ihre Geschichte, ihr Glauben und ihre Bräuche, werden nur selten thematisiert
Religionsframe : In diesem Frame ist das zentrale Thema Religion . Religiöse Dimensionen werden thematisiert und es treten religiöse Personen in der Rolle des Hauptakteurs auf. Das generell eher selten vorkommende Frameelement «Bezug zu Gott/religiösen Vorstellungen» fällt hier vergleichsweise ausgeprägt ins Gewicht. Der Ereignishintergrund in diesem Frame ist eine neutrale oder positive Valenz . Wenn Attribuierungen vorkommen, dann eher positive . [26.3%] Frame «Moraldiskussion mit Religionsbezug»: In diesem Frame werden weder Politik, noch explizite Religionsthemen aufgegriffen. Das Frameelement «Bezug zu Gott/religiösen Vorstellungen» hat keine Relevanz . Dafür nimmt das Frameelement Moral eine wichtige Stellung ein. Religiöse Dimensionen sind vorhanden , die auch oft Gegenstand der Moraldiskussion sind oder als Argumente einbezogen werden. Die Hauptakteure sind religiöse Personen . Die Valenz ist negativ oder negativ-neutral . [22.9%]
Religionsframe: In diesem Frame ist das zentrale Thema Religion. Religiöse Dimensionen werden thematisiert und es treten religiöse Personen in der Rolle des Hauptakteurs auf. Das generell eher sel-ten vorkommende Frameelement «Bezug zu Gott/religiösen Vorstellungen» fällt hier vergleichsweise ausgeprägt ins Gewicht. Der Ereignishintergrund in diesem Frame ist eine neutrale oder positive Va-lenz. Wenn Attribuierungen vorkommen, dann eher positive. [26.3%] Frame «Moraldiskussion mit Religionsbezug»: In diesem Frame werden weder Politik, noch explizite Religionsthemen aufgegriffen. Das Frameelement «Bezug zu Gott/religiösen Vorstellungen» hat keine Relevanz. Dafür nimmt das Frameelement Moral eine wichtige Stellung ein. Religiöse Dimensionen sind vorhanden, die auch oft Gegenstand der Moraldiskussion sind oder als Argumente einbezogen werden. Die Hauptakteure sind religiöse Personen. Die Valenz ist negativ oder negativ-neutral. [22.9%] Frame «Politischer Konflikt mit religiösem Akteur»: Auch in diesem Frame sind religiöse Hauptakteu-re bestimmend. Religion an sich ist in diesem Frame aber Nebensache. Es stehen Politik und Konflikt im Vordergrund, das Frameelement Meinungsverschiedenheiten kommt stark zum Zug. Das Framee-lement «Bezug zu Gott/religiösen Vorstellungen» hat keine Bedeutung. Die Ereignisvalenz ist negativ oder negativ-neutral. [18.9%] Areligiöser Frame: In diesem Frame ist Religion kein Thema: Weder religiöse Dimensionen, noch das Frameelement «Bezug zu Gott/religiösen Vorstellungen» ist relevant. Als Hauptakteure treten nur nicht-religiöse Personen auf. Obwohl auch hier Religion in irgendeiner Art und Weise zentral vor-kommen muss, da sonst die Beiträge nicht ins Sample aufgenommen worden wären, trägt sie nichts zur Gestaltung des Beitrages bei. [31.9%]
Notizen zur Präsentation
Sie haben bereits gesehen, dass es deutliche Unterschiede zwischen christlichen und nicht-christlichen Religionsgemeinschaften gibt. Aber auch nicht-christliche Gemeinschaften unterscheiden sich in der Darstellung: während etwa die negativen Berichte in der Berichterstattung über den Islam auch ein negatives Bild der muslimischen Akteure zeichnen, beschreiben die negativen Artikel in der Buddhismus-Berichterstattung ein positives Bilder der Buddhisten. Nachfolgend werde ich auf das Bild, dass die Medien von einzelnen Religionsgemeinschaften vermitteln, eingehen.
Je nach Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft wurden die Hauptakteure mit unterschiedlichen Attributen charakterisiert. In der Erhebung wurden nur jene Attribute erfasst, die explizit oder mit entsprechenden Synonymen erwähnt wurden. Nachfolgend wird pro Religionsgemeinschaft nur auf die am deutlichsten vorkommenden Attribute eingegangen. Die muslimischen Hauptakteure (ohne die verschiedenen Konfessionen) wurden in 38,4 Prozent der Fälle als radikal bzw. extremistisch beschrieben, in rund einem Fünftel der Beiträge als aggressiv bzw. gefährlich und konservativ. Ein ähnliches, jedoch ein viel ausgeprägteres Bild zeigt sich, wenn man nur die Schiiten betrachtet: 60 Prozent wurden als radikal bzw. extremistisch, 33,3 Prozent als gewalttätig, 30 Prozent als gefährlich und 26,7 Prozent als gewaltbereit bezeichnet. Für die buddhistischen Akteure wurden die Attribute friedlich (41,8 Prozent) und gemäßigt bzw. moderat (28,6 Prozent) am häufi gsten verwendet. In Beiträgen mit jüdischen Hauptakteuren fi el der Begriff oder das entsprechende Synonym gemässigt bzw. moderat in 21,5 Prozent der Fälle. Bei den christlichen Religionen fi ndet sich keines der Attribute in dieser Intensität und Einheit.
Das Christentum wird häufig in den Ressorts Inland und Lokales abgebildet, häufig mit Themen wie Kirchenpolitik, Religion, Berichte über kirchliche Veranstaltungen und Aktivitäten . Es herrscht ein sehr institutionelles Bild der Christen vor. Als Akteur tritt der Papst sehr stark in Erscheinung. So oder so, wenn es um das Christentum geht, dann geht es vor allem um den Katholizismus . Die Protestanten finden in den Medien sehr wenig Aufmerksamkeit. Die Katholiken und Protestanten werden erstaunlicherweise vor allem als die guten Mütter typologisiert , also diejenigen die jemandem helfen, ihr Leben nur für andere hingeben. Ich habe hier das Bild von Mutter Teresa als Symbolbild ausgewählt, da sie den Archetyp gute Mutter quasi versinnbildlicht. Im letzten Jahr kam dieser Archetyp in den Medien auch noch häufig im Zusammenhang mit der Heiligsprechung der Nonne Maria Bernada Büttler vor. Aber auch der Papst wurde als gute Mutter symbolisiert. Trotzdem erstaunt das Gewicht, dass dieser Archetyp in der Berichterstattung über den Katholizismus einnimmt. Immerhin ging auch ein Aufruhr durch die Medien aufgrund der Aufdeckung pädophiler Geistlicher.
Der Islam kommt häufig im Ressort Ausland vor, in der Mehrheit im Zusammenhang mit den Konflikten im Iran, Irak oder mit Terroranschlägen . Nur die Boulevarmedien legen den Fokus auf das Inland, dann kommen auch Themen wie Minarett-Initative, Kopftuchfrage zum Zug. Alltagsprobleme von Muslimen sowie kulturelle und geschichtliche Themen sind selten Gegenstand der Berichterstattung . Das Islambild ist stark negativ belastet . Er wird häufig im gleichen Atemzug mit den Begriffen Terror, Attacke, Bombe, Tod, religiösem Fundamentalismus, Terrorismus sowie national mit Kriminalität und Gewalt genannt. Zusätzlich wird er als rückständig, irrational, fanatisch, extremistisch, abweichend, aggressiv und konfliktfördernd dargestellt . Der Islam gilt als Bedrohung für den Westen . Muslime werden vor allem als Bösewichte und Sündenböcke , also Verantwortliche für einen grossen Fehler, hingestellt. (siehe Zeitungsartikel) Dabei wird von einer Einheitlichkeit und Einheit der islamischen Welt ausgegangen. Muslime werden homogenisiert. ( zweite Folie) In der Qualitäts- und Forumspresse finden sich am ehesten reflexive Diskussionen.
Die Juden sind die ewigen Opfer . Zumindest in der Berichterstattung. Nebst den Archetyp Opfer, ist häufig der Mythos der totalen Zerstörung zu finden . Das einerseits im Hinblick auf den Holocaust, andererseits in Bezug auf Israel und die Vertreibung/ Umsiedlung der Siedler. Im Kontext der Diskussion über den Nahost-Konflikt werden die Juden als privilegiert/imperialistisch und als Tätervolk typisiert . Ihnen wird auch vorgeworfen den Antisemitismus-Vorwurf inflationär zu gebrauchen. Bezug auf Artikel nehmen
Der Buddhismus ist den Medien kaum ein Thema . Wenn dann gelangt er quasi als Begleitung des Dalai Lamas in die Medien. Dieser geniesst in den Medien eine gewisse Unantastbarkeit, kaum wird ein schlechtes Wort über ihn verloren. Das hat ein Student der Uni Zürich nachgewiesen. Etwas häufiger als üblich hat es der Buddhismus 2008 in die Medien geschafft, einerseits aufgrund der Olympiade mit welcher das Licht auch wieder auf Tibet geschwenkt wurde, andererseits mit den Unruhen in Burma , bei dessen Demonstrationen buddh. Mönche den Lead übernahmen. Die Buddhisten, also insbesondere der Dalai Lama, die tibetischen und burmesischen Mönche werden als in der Berichterstattung als Helden dargestellt. Sie stellen sich gegen die Grossmächte, gehen Wagnisse, nehmen sich einer Aufgabe an, die grösser ist als sie selbst. Sie werden als Helden, Vorbilder gefeiert . Die Buddhisten werden aber auch als die Guten , welche sich um andere kümmern, die sich dem Leiden anderer annehmen und für sie sorgen, die eigenen Bedürfnisse zurück stellen, typisiert. Der Dalai Lama wird ab und zu auch als trickster dargestellt, also so eine Art Robin Hood-Typ. Jemand der die Mächtigen reinlegt, zwar etwas illegales macht, aber nur um den Schwächeren, Armen zu helfen.
Sekten werden als Bösewichte und Sündenböcke, denen die Verantwortung für Fehler zugeschoben wird, dargestellt und typisiert . Oft wird von der totalen Zerstörung gesprochen und Verantwortliche dafür gesucht . Häufig in diesem Zusammenhang tauchen natürlich die Weltuntergangsszenarien auf. Sekten leben auch in einer andern Welt, einer negativen Welt, eine Welt in die man sich nicht wünscht. Bezug auf Artikel nehmen
Andere Welt vor allem bei Sekten: Texanische Sekte, die sich auf einer Farm eingeschlossen hat und junge Mädchen geschwängert hat
In vielen Beiträgen gar kein religiöser Hauptakteur. Katholiken: Gute Mutter (Schuldiger und Krimineller im Zusammenhang mit pädophilen Priester) Muslime: Kriminelle Juden: Opfer Buddhisten: gute Mutter, Held, Trickser Sekten: Kriminelle
Auf Grund der Ergebnisse aus unserem Forschungsprojekt kann festgehalten werden, dass Medien religiöse Themen nur selten und auch dann in aller Regel nur reaktiv aufgreifen. Ein eigentlicher Religionsjournalismus, der sich auf diese Thematik spezialisiert hat, fachliche Kompetenz aufweist und Religionsthemen auch unabhängig von der Öffentlichkeitsarbeit der Religionsgemeinschaften bearbeitet, ist nur in sehr wenigen Schweizer Medien zu finden, zu denen einerseits die öffentlich-rechtlichen Radio- und Fernsehsender zählen, zum anderen einige wenige Qualitätszeitungen. Religion wird nur dann zum Medienthema, wenn sie in Beziehung zu anderen sozialen Systemen dargestellt wird. Religion ist in diesem Sinne ein „Beifahrerthema“, das zusammen mit einem Hauptthema aus einem anderen sozialen System in den Medien „mitsurft“. Es lassen sich grosse Unterschiede zwischen der medialen Darstellung unterschiedlicher Religionsgemeinschaften feststellen: Hier zur Erinnerung nochmals die zentralen Befunden aus unserer Medieninhaltsanalyse: Wie die Analyse der Daten zeigt, wird die Berichterstattung mit und über Religion von zwei Religionsgemeinschaften bzw. Konfessionen dominiert: auf der einen Seite dem Islam, auf der anderen Seite dem Katholizismus. Der Anteil der Beiträge, die sich mit dem Protestantismus beschäftigen, ist im Verhältnis verschwindend klein. Woran dies liegt, darüber können nur Vermutungen angestellt werden. Möglicherweise fehlt dem Protestantismus eine interessante Führungsperson, wie es die Katholiken mit dem Papst haben. Oder es fehlen Skandale, Konflikte oder extreme Positionen. Für die Journalisten weist Religion wenig Nachrichtenwert auf und wird häufig erst gekoppelt mit anderen Themen spannend und relevant. Generell wird deutlich, dass es Religion vor allem im Zusammenhang mit politischen Themen in die Medien schafft. Es zeichnen sich darin die zahlreichen Krisen und Konflikte in der Welt ab, in die religiöse Gruppen involviert sind. Religion an sich bzw. religiöse Inhalte sind hingegen selten Thema der Berichterstattung. Religiöse Dimensionen sind wenig vertreten, der Religionsframe ist nur in einem geringen Anteil der Beiträge zu finden. Das fällt vor allem bei den nicht-christlichen Religionen auf. Unter Berücksichtigung der Themen, mit welchen die Religionen auftreten, legt dies den Schluss nahe, dass christliche Religionen, die eine lange Tradition in der Schweiz haben, eher als Religionen betrachtet werden. Nicht-christliche Religionen hingegen, die in der Schweiz (noch) nicht traditionell verankert sind, werden eher als politische Organisationen und Akteure wahrgenommen. Das zeigt sich auch daran, dass bei christlichen Religionen vor allem geistliche Hauptakteure auftreten, bei nicht-christlichen hingegen mehrheitlich sonstige Mitglieder einer Religion. Einzige Ausnahme bildet der Buddhismus – hier nimmt der Dalai Lama eine ausserordentliche, über alles dominierende Position ein, was sich wiederum mit der Prominenz dieses Akteurs erklären lässt. Bezeichnend ist, dass Negativität die Berichterstattung über Religion prägt, angefangen bei der Dominanz negativer Ereignisvalenz, bei dem Gewicht des Konfliktframes, bis zu den negativen narrativen Mustern und Attributen, die häufig anzutreffen sind. Negativität ist insbesondere bei den nicht-christlichen Religionen ein sehr starker Faktor. Die Buddhisten und die Juden werden dabei meist als Opfer negativer Ereignisse dargestellt, das heisst, sie sind in negative Ereignisse involviert, nehmen aber darin Muster wie „Opfer“, „Helden“ oder „gute Mütter“ ein. Muslime generell und Schiiten im Speziellen werden dagegen klar als Auslöser oder Mitschuldige der negativen Ereignisse identifiziert. Sie werden häufig als „Bösewichte“ typisiert und auch mit negativen Attributen charakterisiert. Doch auch der Katholizismus ist von negativen Ereignissen keineswegs ausgenommen, und seine Vertreter treten vermehrt als Schuldige in Erscheinung. Das Auftreten dieser narrativen Muster ist beim Islam kaum themenabhängig, das heisst, es scheint ein generell verwendeter Stereotyp zu sein. Das lässt sich bei keiner anderen Religionsgemeinschaft so stark (bzw. in gleichem Ausmass) finden. Die Ergebnisse legen den Schluss einer unausgewogenen Berichterstattung nahe, beginnend bei einer sehr geringen Vielfalt an dargestellten Religionsgemeinschaften bis hin zu einer sehr einseitigen Verwendung von Attributen, Frames und narrativen Mustern. Generell kann ausserdem gesagt werden, dass die Berichterstattung insofern Christentum zentriert ist, als dass religiöse Inhalte, religiöse Dimensionen oder organisatorische Abläufe/institutionelle Verfahren von Religionsgemeinschaften vorwiegend im Zusammenhang mit dem Christentum auftreten. Bei den anderen Religionsgemeinschaften geht es mehrheitlich um Politik, besonders um Auslandsberichterstattung. Welche Aussagen können vor dem Hintergrund dieser Ergebnisse gemacht werden zur Rolle der Medien bei der Veränderung der religiösen und politischen Landschaft? Auf Grund der zeitlich eingeschränkten Datenbasis in unserem Projekt können dazu keine wissenschaftlich abgesicherten Feststellungen, sondern nur vorläufige Hypothesen formuliert werden.
Auf Grund der Ergebnisse aus unserem Forschungsprojekt kann festgehalten werden, dass Medien religiöse Themen nur selten und auch dann in aller Regel nur reaktiv aufgreifen. Ein eigentlicher Religionsjournalismus, der sich auf diese Thematik spezialisiert hat, fachliche Kompetenz aufweist und Religionsthemen auch unabhängig von der Öffentlichkeitsarbeit der Religionsgemeinschaften bearbeitet, ist nur in sehr wenigen Schweizer Medien zu finden, zu denen einerseits die öffentlich-rechtlichen Radio- und Fernsehsender zählen, zum anderen einige wenige Qualitätszeitungen. Religion wird nur dann zum Medienthema, wenn sie in Beziehung zu anderen sozialen Systemen dargestellt wird. Religion ist in diesem Sinne ein „Beifahrerthema“, das zusammen mit einem Hauptthema aus einem anderen sozialen System in den Medien „mitsurft“. Es lassen sich grosse Unterschiede zwischen der medialen Darstellung unterschiedlicher Religionsgemeinschaften feststellen: Hier zur Erinnerung nochmals die zentralen Befunden aus unserer Medieninhaltsanalyse: Wie die Analyse der Daten zeigt, wird die Berichterstattung mit und über Religion von zwei Religionsgemeinschaften bzw. Konfessionen dominiert: auf der einen Seite dem Islam, auf der anderen Seite dem Katholizismus. Der Anteil der Beiträge, die sich mit dem Protestantismus beschäftigen, ist im Verhältnis verschwindend klein. Woran dies liegt, darüber können nur Vermutungen angestellt werden. Möglicherweise fehlt dem Protestantismus eine interessante Führungsperson, wie es die Katholiken mit dem Papst haben. Oder es fehlen Skandale, Konflikte oder extreme Positionen. Für die Journalisten weist Religion wenig Nachrichtenwert auf und wird häufig erst gekoppelt mit anderen Themen spannend und relevant. Generell wird deutlich, dass es Religion vor allem im Zusammenhang mit politischen Themen in die Medien schafft. Es zeichnen sich darin die zahlreichen Krisen und Konflikte in der Welt ab, in die religiöse Gruppen involviert sind. Religion an sich bzw. religiöse Inhalte sind hingegen selten Thema der Berichterstattung. Religiöse Dimensionen sind wenig vertreten, der Religionsframe ist nur in einem geringen Anteil der Beiträge zu finden. Das fällt vor allem bei den nicht-christlichen Religionen auf. Unter Berücksichtigung der Themen, mit welchen die Religionen auftreten, legt dies den Schluss nahe, dass christliche Religionen, die eine lange Tradition in der Schweiz haben, eher als Religionen betrachtet werden. Nicht-christliche Religionen hingegen, die in der Schweiz (noch) nicht traditionell verankert sind, werden eher als politische Organisationen und Akteure wahrgenommen. Das zeigt sich auch daran, dass bei christlichen Religionen vor allem geistliche Hauptakteure auftreten, bei nicht-christlichen hingegen mehrheitlich sonstige Mitglieder einer Religion. Einzige Ausnahme bildet der Buddhismus – hier nimmt der Dalai Lama eine ausserordentliche, über alles dominierende Position ein, was sich wiederum mit der Prominenz dieses Akteurs erklären lässt. Bezeichnend ist, dass Negativität die Berichterstattung über Religion prägt, angefangen bei der Dominanz negativer Ereignisvalenz, bei dem Gewicht des Konfliktframes, bis zu den negativen narrativen Mustern und Attributen, die häufig anzutreffen sind. Negativität ist insbesondere bei den nicht-christlichen Religionen ein sehr starker Faktor. Die Buddhisten und die Juden werden dabei meist als Opfer negativer Ereignisse dargestellt, das heisst, sie sind in negative Ereignisse involviert, nehmen aber darin Muster wie „Opfer“, „Helden“ oder „gute Mütter“ ein. Muslime generell und Schiiten im Speziellen werden dagegen klar als Auslöser oder Mitschuldige der negativen Ereignisse identifiziert. Sie werden häufig als „Bösewichte“ typisiert und auch mit negativen Attributen charakterisiert. Doch auch der Katholizismus ist von negativen Ereignissen keineswegs ausgenommen, und seine Vertreter treten vermehrt als Schuldige in Erscheinung. Das Auftreten dieser narrativen Muster ist beim Islam kaum themenabhängig, das heisst, es scheint ein generell verwendeter Stereotyp zu sein. Das lässt sich bei keiner anderen Religionsgemeinschaft so stark (bzw. in gleichem Ausmass) finden. Die Ergebnisse legen den Schluss einer unausgewogenen Berichterstattung nahe, beginnend bei einer sehr geringen Vielfalt an dargestellten Religionsgemeinschaften bis hin zu einer sehr einseitigen Verwendung von Attributen, Frames und narrativen Mustern. Generell kann ausserdem gesagt werden, dass die Berichterstattung insofern Christentum zentriert ist, als dass religiöse Inhalte, religiöse Dimensionen oder organisatorische Abläufe/institutionelle Verfahren von Religionsgemeinschaften vorwiegend im Zusammenhang mit dem Christentum auftreten. Bei den anderen Religionsgemeinschaften geht es mehrheitlich um Politik, besonders um Auslandsberichterstattung. Welche Aussagen können vor dem Hintergrund dieser Ergebnisse gemacht werden zur Rolle der Medien bei der Veränderung der religiösen und politischen Landschaft? Auf Grund der zeitlich eingeschränkten Datenbasis in unserem Projekt können dazu keine wissenschaftlich abgesicherten Feststellungen, sondern nur vorläufige Hypothesen formuliert werden.