Programmatic Advertising (PA), insbesondere Realtime Advertising
(RTA), hat sich in den vergangenen zwölf Monaten im deutschen Markt
maßgeblich weiterentwickelt. Es ist ein zentraler Bestandteil digitaler
Werbung geworden – nicht zuletzt, weil die unter anderem auch in
dieser Neuauflage des Realtime Advertising Kompass aufgezeigten hohen
Leistungs- bzw. Wirkungs-Uplift und die hohen Kosteneffizienzen
ökonomisch-rational einfach zu überzeugend und zwingend sind.
3. INHALTSVERZEICHNIS 5
Vorwort
Realtime Advertising: Eine (R)Evolution auf dem digitalen Werbemarkt
Demand-Side-Plattformen: Ein Leitfaden für die Einkaufsseite
Supply-Side-Plattformen: Ein Leitfaden für die Verkaufsseite
Data-Management und -Targeting
Datenschutz im Realtime Advertising
Inventar – Quellen und Platzierungen
Realtime Advertising im Mediamix
Yield Management und Realtime Advertising
Realtime Advertising als eigenständiger Online-Kanal
Mobile-Realtime-Advertising
Realtime Advertising in der Praxis – Höhere Wertschöpfung durch RTA-Produktstrategie
Von Menschen und Maschinen – Realtime Advertising vs. Realtime Bidding
Realtime Advertising – a European perspective
Ein Blick auf den internationalen Realtime-Advertising-Markt
Realtime Advertising – How to start
Ausblick – Marktentwicklung und Veränderung des Mediageschäfts
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Cases
Programmatischer Erfolg im Bestandskundenmarketing
Einführung einer Data-Management-Plattform für Onlineversicherung.de
30 Prozent mehr Konversionen durch Packmee-Display-Kampagnen
Realtime Advertising als Motor für den Grünen-Bundestagswahlkampf
Generierung von Online-Buchungen für TUI Cruises-Kreuzfahrten
Online- und Offlinewelt programmatisch verbinden
Absatzabhängige Budgetsteuerung der Online-Vertriebspartner in Echtzeit
Immer auf Kurs bleiben: 70 Prozent Kostenersparnis innerhalb von drei Flights erreichen
Programmatic-Marketing: Steigerung der Markenbekanntheit durch Online-Videokampagne
Neue Zielgruppen durch intelligentes Profil-Matching
Glossar
Experten
Anbieterverzeichnis
Sponsor
Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V.
Fokusgruppe Realtime Advertising im BVDW
Impressum
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4. VORWORT 7
VORWORT
Programmatic Advertising (PA), insbesondere Realtime Advertising
(RTA), hat sich in den vergangenen zwölf Monaten im deutschen Markt
maßgeblich weiterentwickelt. Es ist ein zentraler Bestandteil digitaler
Werbung geworden – nicht zuletzt, weil die unter anderem auch in
dieser Neuauflage des Realtime Advertising Kompass aufgezeigten ho-hen
Leistungs- bzw. Wirkungs-Uplift und die hohen Kosteneffizienzen
ökonomisch-rational einfach zu überzeugend und zwingend sind.
Derzeit ist Realtime Advertising ein Thema und zugleich Wettbe-werbsvorteil
der originär digitalen Medien und Kanäle. Im Zuge der
fortschreitenden Digitalisierung wird die daten- und technologie-gestützte
Automatisierung von Teilbereichen bzw. -prozessen der
Werbung sukzessive aber auch auf andere, originär nicht-digitale
Medien und Media ausgeweitet werden. So wird zum Beispiel TV
(Stichwort: Smart-TV) in absehbarer Zeit in bestimmten Ausprä-gungen
targetingfähig werden, so dass programmatische Planungs-,
Steuerungs- und Liefersystematiken auch dort ihre Vorteile ausspie-len
können. Erste Mediaagenturen und Werbetreibende haben die
damit verbundenen Potenziale erkannt und testen bspw. bereits den
automatisierten Einkauf von Out-of-Home- und TV-Media.
Dennoch sind noch zahlreiche Aufgaben zu lösen und Hürden zu
überwinden auf dem Weg, Realtime Advertising erfolgreich weiter-zuentwickeln,
nachhaltig auszubauen und als innovative, zukunfts-weisende
Marktsystematik zu etablieren. Der weitere Erfolg von
Realtime Advertising steht und fällt mit der Verfügbarkeit weiteren
und vor allem auch höherwertigem Inventars. Hier gibt es noch
immense Lücken auf der Angebotsseite: Bewegtbild und Branding
und vor allem Mobile für Multiscreen müssen auf der Supply Side in
deutlich größeren Umfang bereitgestellt werden. Dafür müssen auf
der Nachfrageseite entsprechende, vor allem auch monetäre An-reize
gesetzt und im System weitere segmentierte Marktplätze wie
Private Market Places für höherwertiges Inventar geschaffen werden.
Zudem braucht Realtime Advertising Normen und Standards sowie
Qualität und Transparenz, um Wertorientierung geben zu können.
Problemfelder wie Brand Safety, Click-Fraud, Bot-Traffic, Visibility
etc. erzeugen Unsicherheit und Vorbehalte bei Werbetreibenden,
die eine ernste Bedrohung darstellen für die Akzeptanz und Bereit-schaft,
diese Marktsystematik zu respektieren und zu nutzen.
Als zentrale Interessenvertretung der Digitalen Wirtschaft in
Deutschland vereint der Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW)
e.V. mit der Fokusgruppe Realtime Advertising alle relevanten Markt-seiten
und -akteure und deren vielseitige Expertise unter seinem
Dach. Damit ermöglicht der BVDW einen ebenso ganzheitlichen wie
fokussierten Blick auf das Thema und eine übergreifende Bearbeitung
aller relevanten Aspekte für eine zukunftsgerichtete Marktgestaltung
eines der spannendsten Felder der digitalen Wertschöpfungskette.
Die jetzt vorliegende zweite Auflage des RTA-Kompass verschafft
Ihnen einen umfassenden Überblick über den Status Quo von Real-time
Advertising im deutschen Markt, seine Herausforderungen und
die vielseitigen Fragestellungen, an denen die Spezialisten und Exper-ten
der Fokusgruppe Realtime Advertising arbeiten. Der Leitfaden
soll dabei helfen, die Komplexität des Themas zu reduzieren, Ihnen
Transparenz und Orientierung zu geben und mit der Beleuchtung
der Potenziale und Anforderungen von Realtime Advertising für alle
Beteiligten zu seiner nachhaltigen Weiterentwicklung beizutragen.
Ich wünsche Ihnen gewinnbringende Einblicke und impulsgebende
Ausblicke beim Lesen!
Matthias Ehrlich
Präsident, Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V.
5. 9
EINE (R)EVOLUTION AUF DEM DIGITALEN WERBEMARKT
REALTIME ADVERTISING:
EINE (R)EVOLUTION AUF DEM DIGITALEN
WERBEMARKT
Nach dem Einzug des Internetmarketings hat mit dem Realtime
Advertising eine zweite digitale Revolution im Marketing begon-nen,
die den digitalen Werbemarkt in den kommenden Jahren in
all seinen Facetten und Disziplinen nachhaltig verändern wird. Die
parallele Digitalisierung einst analoger Mediengattungen sowie die
voranschreitende Verschmelzung der digitalen Medien mit Kreati-on
und Dialogwerbung erhöhen sowohl die Bedeutung als auch die
Komplexität dieser Entwicklung. Faktisch wird die junge Branche
erstmals – seit ihrem Einzug zur Jahrtausendwende – selbst mit
einem Fortschritt konfrontiert, der ihr ein grundsätzliches Umden-ken
abverlangt. Dies ist eine Situation, die traditionellen „Industrien“
sicher vertrauter ist. Der begonnene Umbruch kommt jedoch keines-wegs
aus heiterem Himmel.
Quantensprünge der technischen Rahmenbedingungen – das heißt:
schnellere Leitungen, günstigere Datenspeicher und enorme Rechen-leistungen
– sowie das ins Marketing eingebrachte Fachwissen von Ma-thematikern,
Physikern und brillanten Informatikern haben den Weg für
eine weitreichende Automatisierung des digitalen Marketings bereitet.
DER SCHLÜSSEL ZU NEUER WERTSCHÖPFUNG LIEGT IN DER
GRANULARITÄT
Dabei treffen die technischen Möglichkeiten auf realen Bedarf über
die gesamte Wertschöpfungskette – bestehend aus Werbetrei-benden,
Agenturen, Vermarktern und Medien. Aufseiten der digi-talen
Medien stagnierte die Verbreitung des Vermarktungsgeschäfts
allerdings, weil wesentliche Potenziale an Nutzern und Werbetrei-benden
bereits erfolgreich ins Netz gebracht wurden. Eine realisier-bare
Wachstumsförderung schien diesbezüglich nur noch durch eine
Verschiebung von Marktanteilen erreichbar zu sein. Aber nun hat sich
eine Option eröffnet, die durch eine höhere Wertschöpfung durch
die bestehenden Nutzer und Flächen entstanden ist. Auf der anderen
Seite stehen die Werbetreibenden teils unter einem hohen Druck, bei
ihren – oder mithilfe ihrer – Agenturen die Kosten zu senken bezie-hungsweise
die Budgeteffizienz in signifikanter Form zu steigern. Weil
die Preisschrauben vielfach zu Ende gedreht wurden, explorieren auch
sie neue Wege zu einer bedeutsam höheren Wertschöpfung.
Beiden Seiten bietet sich Realtime Advertising als eine Art „Elektro-nenrastermikroskop“
an, das gehandeltes Werbe-Inventar granu-larer
betrachtet, als es mit manuellen Prozessen bisher realisierbar
war. Jeder Medien-Entscheider kann aus seiner Expertise heraus
selbst beurteilen, welchen Teil der Werbekontakte er nicht gekauft
oder mit anderer Kreation belegt hätte, wenn er „alle“ Informati-onen
sowie „alle“ Zeit gehabt hätte, über jeden Kontakt in Ruhe
einzeln zu entscheiden. Denn genau das schafft nun das Regelwerk
jeder einzelnen Kampagne.
AUTOMATISIERUNG, KÜNSTLICHE INTELLIGENZ UND
MENSCHLICHE INTUITION
Granularität managen heißt: Aktivierung eines Automatisierungspro-zesses.
Denn Fax und Telefon eignen sich nicht, um einzelne Werbe-plätze
in Echtzeit zu selektieren und zu buchen. Die Werbetreibenden
bzw. Agenturen und die Vermarkter bzw. Medien erhalten mit einer
Demand-Side-Plattform (DSP) und Supply-Side-Plattform (SSP) nun
technologische Unterstützung, die zur Optimierung ihrer Wertschöp-fung
beiträgt. Neben den cookie-basierten Systemen bildet sich aktuell
ein gleichartiges System aus Technologien heraus, die profilbasiert
reichweitenstarke Log-in-Plattformen wie Facebook oder LinkedIn für
eine datengetriebene, automatisierte Steuerung in Echtzeit erschließen,
sogenannte Preferred Marketing Developer (PMD). All diese Systeme
ermöglichen den Marktteilnehmern die regelbasierte „Programmie-rung“
dynamischer, teils komplexer Marketing- und Vermarktungs-ansätze.
Auch die wertschöpfende Einbindung eigener Daten sowie
Daten des Werbeträgers oder Dritter sowie die granulare Analyse der
Kampagnenleistung können mithilfe dieser Systeme optimiert werden.
Oliver Busch,
Head of Agency,
Facebook Germany
GmbH, stv. Vorsitzender
der Fokusgruppe
Realtime Advertising
im BVDW
7. EIN LEITFADEN FÜR DIE EINKAUFSSEITE 13
Entgegen einer verbreiteten Wahrnehmung umfassen die „program-mierbaren“
Selektionskriterien mehr als „nur“ Preisobergrenzen
und das Retargeting1: Prinzipiell sind sämtliche im digitalen Marketing
verfügbaren Bedingungen bzw. Parameter zur Selektion von Werbe-plätzen
mittels einer DSP abbildbar und damit einsetzbar. Das Entfal-len
von Vorläufen, Mindestbuchungen und Stornofristen ermöglicht
es, Lösungsansätze aufzusetzen, zu testen, zu kombinieren und flexi-bel
zu skalieren oder auch abzubrechen. Das war bei den bisherigen
Verfahrensweisen prozesstechnisch noch nicht realisierbar.
Allein schon die manuelle Optimierung findet durch die Integration
verschiedenster Ansätze und Anbieter auf einer Steuerungsplattform
nahezu Idealbedingungen vor. Hinzu kommt das maschinelle Lernen,
meist neu-deutsch als „Prospecting“ (Erkundung) bezeichnet. Dabei
prognostizieren optional hinzuschaltbare, mathematische Algorithmen
die Erfolgswahrscheinlichkeit – und damit präzise den Wert – jedes
angebotenen Werbekontakts vor dem Kauf. Ähnlich den Hochleis-tungsmotoren
führender Automobilhersteller ist die Bid Engine, die
diese Algorithmen hält, das Herz einer DSP. Ihre technische Lei-stungsfähigkeit
sowie die technischen Kapazitäten der DSP bestim-men
derzeit deutlich das ständig wachsende und damit häufig schwer
überschaubare Anbieterfeld. Die global agierenden Platzhirsche unter
den Anbietern haben sich mit bis zu einer Million analysierbaren
Werbekontaktchancen pro Sekunde mit jeweils hunderttausenden
betrachteter Informationen und Antwortgeschwindigkeiten bei einer
DEMAND-SIDE-PLATTFORMEN:
EIN LEITFADEN FÜR DIE EINKAUFSSEITE
Systeme zur Steuerung digitaler Werbung wurden von Agenturen und
Werbetreibenden lange Zeit verschmäht – zur großen Freude der
Werbenetzwerke, die die technische Bündelung und Optimierung von
Werbeträgern zu ihrem Geschäft machten. Während Agenturprovi-sionen
sich der Nulllinie näherten, ernährten technologisch basierte,
optimiert erzielte Margen komfortabel einen oder mehrere Zwischen-händler.
Mit dem Realtime Advertising wird die Bündelung, Steuerung
und Optimierung der digitalen Werbung wieder stärker in den Verant-wortungsbereich
von Agenturen und „König Kunde“ zurückgeführt.
Darüber hinaus bekommt die Nachfrageseite mit den Demand-Side-
Plattformen (DSP) die technologische Grundlage für den automatisier-ten,
datengetriebenen Einkauf einzelner Werbekontakte.
Allein die Technik ist schon faszinierend: Über Anbindungen bei
Inventar-Quellen, also Supply-Side-Plattformen (SSP) und Ad Ex-changes,
den Gegenstücken auf Vermarkterseite, empfangen und be-werten
DSP die im automatisierten Markt verfügbaren Werbekon-taktchancen
genau zu dem Zeitpunkt ihres Entstehens. Entspricht
die angebotene Werbeeinblendung allen gesetzten Kriterien und ist
zudem ein wertgerechtes Preisangebot verfügbar, wickelt die DSP
den Kauf in Echtzeit bzw. in nur wenigen Millisekunden ab und sorgt
für die Auslieferung des am besten geeigneten Werbemittels.
Bernd Stieber,
Gründer und
Geschäftsführer,
netzeffekt GmbH
Cockpit einer Demand-
Side-Plattform
Quelle: Screenshot Dashboard Campaign
Tools und Targetings im Realtime Advertising
• Website Blacklisting
• Website Whitelisting
• SSP-Auswahl
• Private Werbemarktplätze
• Direkter Mediaeinkauf
• Global Frequency Management
• Audience Data Targeting
• Contextual Targeting
• Retargeting
• Pixel und Data Management
• Schnittstellen zu CRM-Systemen
• Brand Protection Management
• Privacy Management (OBA)
• Viewability Tracking
• Formatauswahl inkl. Video & Mobile
• Dynamic Bannering
und viele mehr
Quelle: netzeffekt GmbH
1 Retargeting bedeutet die Auslieferung eines Werbemittels an eine Nutzergruppe, die schon einmal eine bestimmte Aktion
(z. B. Klick auf ein bestimmtes Werbemittel, Online–Bestellung etc.) getätigt hat. Ein Beispiel ist die Auslieferung eines speziellen
Banners an Gruppen, die zuvor Bestellprozesse abgebrochen hatten.
8. 15
Da alle führenden DSP über Schnittstellen zu den wesentlichen In-ventarquellen
verfügen und auch die meisten Tools, Targeting- und
Daten-Anbieter gemeinsam haben/nutzen, sind die Unterschiede
im technischen Spitzensegment mittlerweile graduell. Doch gerade
wegen der hohen technologischen Komplexität der DSP verlagert
sich die Diskussion zunehmend weg von der Technologie und hin
zur Organisation, Qualifikation und dem Erfahrungsaufbau des
bedienenden Teams – meist bestehend aus Konzeptioner, Analyst
und Techniker.3 „Alle Technik ist da, nun geht es um Expertise und
Erfahrungsbau“, fasst Dr. Florian Heinemann, Project_A, auf dem
Kongress d3con 2013 zusammen. Media-Entscheidern bietet sich
deshalb neben der Anschaffung einer DSP-Self-Service-Lizenz die
Alternative, auf spezialisierte Agentur- und Dienstleisterangebote
zurückzugreifen. Beim Reporting zeigt sich, wie transparent DSP
oder Dienstleister bei Strategien, Erkenntnissen und Ergebnissen
sein können. Während Realtime Advertising einen Quantensprung
an Transparenz ermöglicht, obliegt es den Vertragspartnern, das
für beide Seiten individuell sinnvolle und tatsächlich wertschöpfen-de
Maß zu finden.
Die Marktanalyse über
Demand-Side-Platt-formen
zeigt ein dichtes
Führungsfeld
2 Vgl. Marktanalyse Demand-Side-Plattformen (DSO), Forrester Wave 12/2011
DSPs nutzen Granula-rität
und Analytik meist
auch im Reporting
3 Vgl. d3con Keynote von Dr. Florian Heinemann „ ADVERTISER PRAXIS: DATA DRIVEN DISPLAY AUS SICHT DER
WERBETREIBENDEN.“ (2013), abrufbar unter: http://d3con.de/d3con-2013/
Quelle: Forrester Research, Inc.
Quelle: Screenshot Dashbord MediaMath
EIN LEITFADEN FÜR DIE EINKAUFSSEITE
Reaktionszeit unter 60 Millisekunden deutlich abgesetzt. Fehlt es ei-ner
DSP an wesentlichen Angebotsquellen oder werden die Angebote
nicht schnell genug bewertet und beantwortet, entgehen dem Werbe-treibenden
in der Regel Kontaktchancen in deutlichem Umfang.
Einige Anbieter haben als Ad Server mit Targeting-, Kampagnenma-nagement-
Software begonnen und wurden mit Realtime-Advertising-
Funktionen und -Schnittstellen zu DSP ausgebaut. Andere wurden
in den letzten fünf Jahren mit erheblich achtstelligen Investitionen
speziell für Realtime Advertising als „Entscheidungs-Engines“ konzi-piert
und weltweit auf den Markt gebracht.2
Die bislang umfassendste Evaluierung der DSP erfolgte durch For-rester
Research: Demnach zeigen MediaMath, Google DBM, Turn
und dataXu im technologischen Spitzenfeld, was in Bezug auf Inven-tarspektrum,
Datenmanagement und Algorithmus möglich ist.
9. EIN LEITFADEN FÜR DIE VERKAUFSSEITE 17
• Automatisierung
• Private Marketplace (PMP)
• Open Marketplace (OMP)
AUTOMATISIERUNG
Der Publisher kann seine bisher manuell getätigten Verkaufspro-zesse
nun automatisiert abwickeln und so Kosten und Aufwand
einsparen. Die direkte Kundenbeziehung und Verhandlung mit dem
Werbekunden oder der Mediaagentur bleiben dabei weiter in der
Hand des Publishers, lediglich die operative Abwicklung der Buchung
wird hier automatisiert. Zudem kann die Kampagnenauslieferung zur
Erlössteigerung optimiert werden.
Automated Direct Sales
PROGRAMMATIC
Optimum Fill & Monetation
PERFORMANCE
€
PRIVATE MARKETPLACE (PMP)
Der Private Marketplace verbindet die Vorteile des Realtime Adver-tisings
mit dem „traditionellen“ Verkauf des Werbe-Inventars. Dazu
vereinbart der Publisher mit ausgewählten Werbepartnern vorab die
Buchungsmöglichkeit des ausgewählten Anzeigeninventars zu abge-stimmten
Konditionen. Die Werbepartner werden zur Zusammenar-beit
am Private Marketplace eingeladen. Dabei werden die Parameter
der jeweiligen Vereinbarung anhand unikaler Deal-IDs zwischen der
SSP des Publishers und der DSP des Werbepartners für jede Ad Im-pression
automatisiert in Echtzeit ausgetauscht. Hierbei sind sowohl
Fixpreismodelle als auch Auktionen per Realtime Bidding möglich.
SUPPLY-SIDE-PLATTFORMEN:
EIN LEITFADEN FÜR DIE VERKAUFSSEITE
Das Gegenteil von manuell heißt automatisch oder automatisiert
(als Partizip). Viele Publisher und Vermarkter haben Bereiche ihres
digitalen Anzeigengeschäftes bereits umgestellt und nutzen automati-sierte
Buchungssysteme. Sie profitieren von Effizienz und verschaffen
sich Zugang zu programmatisch eingesetzten Werbebudgets. Sie
ersparen sich wie auch den bei ihnen buchenden Werbepartnern,
Agenturen und Advertisern die bislang aufwendigen und überwiegend
manuellen Prozesse: Angebote mussten eingeholt, Faxe gesendet,
Aufträge bestätigt und Berichte manuell erstellt werden. Wollte der
Werbungtreibende seine Kampagne auf Webseiten verschiedener
Vermarkter schalten, multiplizierte sich dieser Prozess entsprechend.
Mit Realtime Advertising kann heute jeder Publisher automatisierte
Buchungssysteme für seine Display- und Video-Vermarktung bei Web,
Mobile und In-App einsetzen. Mithilfe dieser neuen Technologie haben
Agenturen und Werbetreibende die Möglichkeit, große Reichweiten
zentral und automatisiert einzukaufen.
Voraussetzung dazu ist, dass die Publisher ihr Inventar für den automati-sierten
Anzeigenhandel zur Verfügung stellen. Genau dies ist die Aufgabe
der Supply-Side-Plattformen, um das Inventar eines Publishers für den
automatisierten Anzeigenhandel im Realtime Advertising zugänglich zu
machen. Dazu ist die SSP über Schnittstellen mit den automatisierten
Buchungssystemen der Werbepartner – also mit den Mediaagenturen
und Werbetreibenden – verbunden. Über DSP und Trading Desks
können Werbepartner Anzeigeninventar automatisiert beim Publisher
buchen. Dabei werden für jede einzelne Ad Impression in Echtzeit Daten
und Informationen über die Werbeplatzierung, den Preis oder andere
preisrelevante Informationen zwischen SSP und DSP ausgetauscht.
Der Publisher kann im Realtime Advertising dazu unterschiedliche
Umsetzungen wählen – je nach Inventar, Käufer, Transparenzlevel,
das/den er gewähren möchte – oder ob Volumina in garantierter
Höhe abgenommen werden etc.:
Torben Heimann,
Managing Director
D/A/CH, Improve
Digital GmbH
Inventargliederung und Möglichkeiten der Vermarktung
PREMIUM
Direct Brand Sales
Quelle: Grafik Improve Digital
AI
Reserved
Unreserved
Unreserved
Unreserved
Fixed
Fixed
Auction
Auction
One : One
One : One
One : Some
One : All
R
10. 19
PMPs und Deal-IDs werden häufig angewandt, um Premium-Werbe-schaltungen
speziell für hochwertige Anzeigenformate und Platzie-rungen
transparent und bevorzugt zu ermöglichen. Zusätzlich können
nutzerspezifische Daten zum verbesserten Targeting der Werbeanzei-gen
angereichert werden. Für den Werbetreibenden oder die Agentur
ergibt sich neben der vereinfachten Buchung vor allem der Vorteil,
dass nicht zuerst innerhalb einer DSP für eine Werbeschaltung per
Auktion geboten werden muss – sein Kaufinteresse wird direkt auf
der SSP des Publishers berücksichtigt. Der Publisher wiederum kann
auf PMPs Vereinbarungen mit seinen strategischen Werbepartnern
abbilden und die Zusammenarbeit fördern.
OPEN MARKETPLACE (OMP)
Der Unterschied von Private Marketplaces zu Open Marketplaces
besteht in der Regel darin, dass im offenen System sehr viel mehr po-tenzielle
Werbekunden die Möglichkeit zum automatisierten (An)Kauf
erhalten. Eine vorherige Abstimmung zu Konditionen mit den potenziell
teilnehmenden Käufern findet hier eher nicht statt. In der Regel wird
per Realtime Bidding (RTB) jede einzelne Ad Impression in Form einer
Auktion in Echtzeit vergeben. Der Höchstbietende erhält den Zuschlag
unter Berücksichtigung der Vorgaben des Publishers, wie zum Beispiel
Einhaltung der Blockliste je Platzierung oder Mindestpreise je Werbe-treiber.
Der Wert der einzelnen Ad Impression richtet sich beispiels-weise
nach der Platzierung und Sichtbarkeit des Werbemittels, der
Inhaltskategorie(n) der besuchten Website sowie dem Nutzer. Anhand
von Cookie-Informationen kann das Surfverhalten desjenigen Nutzers,
der die Ad Impression ausgelöst hat, erkannt werden. Bei der Optimie-rung
der Kampagne und der preislichen Bewertung der Ad Impression
können eine Vielzahl von Parametern berücksichtigt werden, darunter:
• Bannerformat
• Platzierung
• Sichtbarkeit
• Umfeld
• Cookie-Informationen des Users
• Klickrate
• Konversionsrate
• Tageszeit
SSPs bieten Transparenz
und Steuerungsmöglich-keiten
Quelle: Screenshot Improve Digital GmbH
EIN LEITFADEN FÜR DIE VERKAUFSSEITE
Dabei handelt die SSP – ihrer Prozesslogik folgend – immer im
Auftrag des Publishers und optimiert somit dessen Werbe-Erlöse.
Grundsätzlich gilt zumeist – wie bei Auktionen üblich – je größer
der Wettbewerb, desto höher der Preis.
HOLISTISCHER ANSATZ/GANZHEITLICHE STRATEGIE
Bei Umsetzung einer ganzheitlichen Strategie stellt eine SSP für
jede Ad Impression den maximal erzielbaren Preis fest und liefert
die Anzeige aus. Dabei werden alle Demand-Partner in Echtzeit
einbezogen, das bedeutet:
• eigene TKP- und Performance-Kampagnen
• Re-Targeter
• Ad Exchanges
• Netzwerke
• zusätzlich viele weitere RTB-Parteien
• in PMPs und Open Marketplaces
Durch den holistischen Ansatz können Publisher neben der
Automatisierung auch die Ertragsoptimierung für ihr gesamtes
Anzeigeninventar erreichen.
11. 21
DATA MANAGEMENT UND -TARGETING
DATA MANAGEMENT UND -TARGETING
Die heutige Datentechnologie verschafft Werbetreibenden über
Realtime-Advertising-Plattformen nicht nur den Zugang zu werbere-levanten
Zielgruppen, sondern bietet ebenso die Möglichkeit, diese
direkt und in Echtzeit zu buchen. Daten sind auf Realtime-Adverti-sing-
Marktplätzen ein zentrales Element: Nutzerzentrierte Seg-mente
bilden im gebotsbasierten Werbemittelhandel die Grundlage
für die Ermittlung des Preises für eine bestimmte Ad Impression. Die
Bandbreite an einsetzbaren Daten ist dabei enorm. Je nach Kampag-nenzielsetzung
können die Werbetreibenden auf die für ihren Bedarf
geeigneten Datensegmente zurückgreifen. Daten und deren Qualität
bilden damit die wichtigsten Entscheidungskriterien für ein Gebot
und sind die ausschlaggebende Größe für die Preisbildung zwischen
Angebots- und Nachfrageplattformen (SSP und DSP).
Unterschieden wird zunächst zwischen 1st-, 2nd- und 3rd-Party-
Daten. Bei 1st- und 2nd-Party-Daten handelt es sich um direkt
vom Werbetreibenden erhobene Daten. Sie werden beispielsweise
über eine Messung auf der Website erfasst oder kommen aus deren
CRM-System, zum Beispiel der Kaufhistorie oder dem Waren-korbwert.
Eine typische Anwendung besteht zum Beispiel darin,
Daten von Nutzern mit der ihnen produktspezifischen Kaufabsicht
einzusetzen, die sich auf der Website des Werbetreibenden dazu
spezifische Informationen zu bestimmten Produkten angesehen ha-ben.
Voraussetzung für eine datenschutzkonforme Verarbeitung auf
der Data-Management-Plattform (DMP) ist dabei stets die vorherige
Einwilligung („Opt-In“) des Nutzers.
3rd-Party-Daten werden hingegen von Drittanbietern auf anderen
Webseiten gesammelt und beispielsweise über eine externe DMP
bereitgestellt. Die Verarbeitung solcher Nutzungsdaten erfolgt in
pseudonymisierter Form. Oft genutzte Zielgruppen-Segmente sind
soziodemografische Daten wie Alter, Geschlecht und Einkommen
sowie Daten zu Nutzern mit einem konkreten Kaufinteresse für
bestimmte Produkte.
BEISPIELE: DATEN FÜR VERSCHIEDENE WERBLICHE ZIELE IM
LEAD GENERATION FUNNEL
Die Zielsetzung bestimmt, welche Daten beim RTA am effektivsten
sind. Mit datenbasierten Realtime-Advertising-Kampagnen lassen
sich alle werblichen Zielsetzungen abdecken. Der so genannte Lead
Generation Funnel4 hilft bei der groben Einteilung, welche Arten
von Daten sich für welche Zielsetzung eignen.
Branding KPIs Direct Response KPI s/Conversion
Zielsetzung: Awareness
Um die Markenbekanntheit eines Produkts oder Unternehmens zu stei-gern,
stehen im Rahmen von Branding-Kampagnen allgemein definierte
Zielgruppen zur Auswahl, zum Beispiel auf der Basis von soziodemo-grafischen
Daten wie Geschlecht, Einkommen, Alter oder aufgrund von
datengetriebenen Methoden, mit denen eine gezielte Steigerung der
Markenbekanntheit bzw. der Kaufbereitschaft erreicht werden soll. Der
Schlüssel für erfolgreiche Branding-Kampagnen sind reichweitenstarke
Daten in Realtime-Advertising-Systemen (DSP/SSP) – im Idealfall mit
Datenpunkten zu jedem Nutzer in Echtzeit.
Uli Heimann,
Director Data Solutions,
nugg.ad AG predictive
behavioral targeting,
Vorsitzender der
Fokusgruppe Targeting
im BVDW
Lead Generation Funnel
Awareness
Soziodemographische
Daten &
Branding-Segmente
z. B. mittels
Predictive-Technologie
Produktinteressen
oder Modellierung
potenzieller
Käufer
Intent Daten:
User mit spezifischer
Kaufabsicht
CRM-Daten
(Opt-In)
Interest/Consideration
Action/Purchase
Loyality
Reichweite
Quelle: nugg.ad AG predictive behavioral targeting
4 Quelle: nugg.ad AG
12. 23
Zielsetzung: Interest/Consideration
Dafür eignen sich spezifische Zielgruppen, die für einen Produktkauf
in Frage kommen, z. B. Nutzer, die sich offensichtlich für Geldanla-geprodukte,
Energieanbieter, Telekommunikationstarife/-endgeräte,
Möbel oder Versicherungen interessieren. Auch ein Einsatz von
solchen individuellen Zielgruppen-Modellierungen (Predictions) ist
sinnvoll, die beispielsweise auf der Basis von Kaufinteresse oder spe-zifischem
Nutzerverhalten entwickelt worden sind. Oft kombinieren
Advertiser diese Variablen mit soziodemografischen Daten.
Zielsetzung: Action/Purchase
Ziel der Advertiser/Werber ist es auf dieser Stufe, Nutzer mit
konkreter Kaufabsicht zu aktivieren, um Conversions, meist in Form
von Produktkäufen, zu generieren. Mit klassischen, performance-orientierten
Retargeting-Mechanismen können z. B. Nutzer ange-sprochen
werden, die bereits die Advertiser-Website besucht haben
(1st-Party-Advertiser-Daten). Höhere Reichweiten bieten zumeist
externe 3rd-Party-Daten einer Data-Management-Plattform – von
beispielsweise E-Commerce-, Preisvergleichs- oder Suchportalen.
Zielsetzung: Loyality
Auch die Zielsetzung Kundenbindung lässt sich datenbasiert stärken.
Typische Einsatzgebiete sind hier das Upselling für ergänzende
Add-ons/Zusatzleistungen oder Cross-Selling von Produkten. Dazu
bieten sich z. B. Daten aus CRM-Systemen an, gegebenenfalls auch
spezifische Social-Media-Daten. Voraussetzung dafür ist in der Regel
die konkrete Einwilligung seitens der Nutzer, dass die Daten für
Werbezwecke eingesetzt werden dürfen.
Zwischen den verschiedenen Anwendungsfällen existieren grund-sätzlich
fließende Übergänge. Ziel der Werbetreibenden bzw. der
Mediaagenturen sollte es letztendlich sein, durch die Integration
verschiedener Datenquellen eine Customer Journey (Einzelkunden-
Werdegang) zu erstellen, beginnend bereits beim Erstkontakt.
Manche Werbetreibende setzen dafür verstärkt auf individuell mo-dellierte
Zielgruppensegmente – auf der Basis von Offline-Transakti-onen
über Website-, Panel- bis zu Dialog- und Social-Media-Daten.
REALTIME ADVERTISING MIT MULTICHANNEL-DATEN
Eine wichtige Zielvorgabe im Realtime-Advertising-Markt wird in
den nächsten Jahren die Berücksichtigung aller Nutzer-Kontakt-punkte
in der Erlebniskette sein. Dies betrifft insbesondere Dis-play-/
Videoformate, SEA (Suchmaschinenwerbung), Dialogmarketing,
mobile Kampagnen und Smart-TV.
Die technologischen Möglichkeiten der verschiedenen Kanäle variieren
allerdings. So ist die Cookie-Technologie beispielsweise auf Mobile-
Plattformen nur begrenzt nutzbar. Der Werbemarkt benötigt aber
nicht nur qualifizierte Daten für verschiedene Kanäle in „Silos“, sondern
konsistente, plattformübergreifende zur Erkennung von Zielgruppen
mit erheblicher Dimension. Multichannel-Nutzerprofile wären aus
werblicher Sicht eine Idealvorstellung. Zu beachten sind dabei aller-dings
immer auch die zwingend einzuhaltenden, datenschutzrechtlichen
Vorgaben. Opt-in-Verfahren mit dem ausdrücklichen Einverständnis der
Nutzer bilden dazu einen Weg, allerdings meist mit dem Nachteil einer
geringen Nutzer-Reichweite. Eine besondere Bedeutung kommt deswe-gen
der statistischen Modellierung von pseudonymisierten Zielgruppen-profilen
zu: Mit Echtzeit-Datentechnologie kann errechnet werden, ob
ein Nutzer zu einer definierten (plattformübergreifenden) Zielgruppe
gehört. Der Weg in die Multichannel-Zukunft kann vor dem Hinter-grund
der aktuellen technologischen Entwicklungen allerdings nur über
einen korrespondierenden Datenschutz auf Augenhöhe führen. Dazu
gehört beispielsweise die in Deutschland bestehende gesetzliche Mög-lichkeit,
Nutzungsdaten auch ohne Einwilligung des Nutzers in pseudo-nymisierter
Form zu verarbeiten und so einen angemessenen Ausgleich
zwischen den Schutzinteressen der Betroffenen und den Interessen der
digitalen Werbewirtschaft zu gewährleisten.
WEITERE, DATENBASIERTE OPTIMIERUNGSMETHODEN
• Frequency Targeting: Mittels Frequency Boosting und Frequency
Capping wird die Werbedosis verbessert, das heißt, die Kontakt-zahl
des einzelnen Nutzers mit der Kampagne wird auf Basis von
Messwerten optimiert.
DATA MANAGEMENT UND -TARGETING
13. 25
• Datengetriebene, dynamische Optimierung: Eine besondere
Qualität der Realtime-Advertising-Handelsplattformen besteht
darin, dass datengetriebene Optimierungen kampagnenbegleitend
und dynamisch erfolgen können. Beispielhaft sind diesbezüglich die
Echtzeit-Optimierung von Conversions oder eine Optimierung
von Branding-Kampagnen (KPI) wie Markenbekanntheit und
Kaufbereitschaft mittels Branding-Optimierungsverfahren.
• Technisches Targeting: Klassische Methoden sind ortsbezogenes Geo-
Targeting, Targeting nach Browser oder eingestellter Browsersprache.
DATEN ALS GRUNDLAGE FÜR PROGRAMMATIC PREMIUM
Realtime Advertising wird heute dabei in zunehmendem Maße für
Premiumkampagnen genutzt. Wo anfangs die Vermarktung von Restin-ventar
im Vordergrund stand, stellen heute immer mehr Vermarkter
hochwertige Platzierungen und Werbeformate zur Verfügung, zum Teil
mit Inventargarantie. Bei dieser Entwicklung spielen Daten zur weiteren
Qualifizierung eine entscheidende Rolle, um konkrete Zielgruppen mit
wirkungsstarken Werbeformaten erreichbar zu machen. Erforderlich
sind entsprechende Daten wie zum Beispiel aus den Bereichen Soziode-mografie,
Kaufverhalten oder Milieutypologie – um Werbetreibenden
und Agenturen die Nutzung von Realtime-Advertising-Technologie
anhand von etablierten Zielgruppenstandards zu erleichtern. So werden
die Bedarfe auch in Bezug auf Branding-Kampagnen mit den Mechaniken
und Vorteilen des automatisierten Handels verbunden.
DATA MANAGEMENT PLATFORM (DMP)
Grundlage für erfolgreiches Realtime Advertising ist eine leistungsstarke
Data-Management-Plattform (DMP). Dabei handelt es sich um eine tech-nische
Infrastruktur, mit der sich Online-Daten bei Echtzeit in kanal- und
anbieterübergreifender Form als Messung erheben und im Management
verwalten lassen; zusätzlich können Zielgruppensegmente zur individua-lisierten
Ansprache eines Nutzers bereitgestellt werden. Die Erhebung
und Aggregation der Daten erfolgen bei Online-Daten regelmäßig durch
Integration eines Messpixels in der betreffenden Website. Optional kön-nen
Offline-Daten (z. B. aus dem Dialogmarketing) über Fusion mittels
Ankervariablen online bereitgestellt werden. Für die rechtssichere und
datenschutzkonforme Übermittlung der Daten vom Anbieter an den
Abnehmer sind die Daten (je nach Art in anonymisierter oder pseudony-misierter
Form) ausreichend zu verschlüsseln.
Die Integration der Daten auf der Data-Management-Plattform erfolgt
durch Speicherung der Informationen in Datenbanken oder Cookies.
Diese werden in eine Taxonomie überführt und lassen sich so einfacher
in Segmente einteilen. Durch Kombination verschiedener Einzeldaten
mittels Regelwerken oder statistischer Modellierung können Zielgrup-pensegmente
gebildet werden, die exakt auf das Kampagnenziel zuge-schnitten
sind.
Die Bereitstellung der DMP-Daten erfolgt für Anbieter wie SSP, DSP,
andere DMP, Ad Server oder Content-Management-Systeme. Technisch
kann die Bereitstellung pixelbasiert oder über eine „Server-to-Server-
Kommunikation“ erfolgen. Reporting-Interfaces zur Reichweitenanalyse
sowie zur Analyse der Kampagnenergebnisse stellen Transparenz über
das Potenzial her und ermöglichen eine effiziente Planung. Datensicher-heit
wird mittels eines strikten Rechtemanagements zur Kontrolle der
Daten gewährleistet.
ANFORDERUNGEN UND HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN
1. Erst Ziele definieren, dann Daten erheben; blindes Datensammeln ist
nicht zielführend, weil die Datenvielfalt im Online-Marketing genauso
gewaltig ist wie ihre Auswirkungen auf die Kampagnenziele.
2. Eine essenzielle Anforderung an DMP bzw. Data-Provider besteht
darin, dass Daten mit ausreichender Media-Reichweite zur Verfügung
gestellt werden können.
3. Datenschutz ist zu einem elementaren Bestandteil des professio-nellen
Data-Managements geworden. In Hinblick auf die Nutzer-
Daten bietet es sich folglich an, mit anonymisierten Daten zu
arbeiten. Ein umfassendes Rechtemanagement einer DMP gewähr-leistet
maximale Datensicherheit.
4. Kanalübergreifende Zielgruppentypologien werden immer wichtiger.
Neben einer konsistenten Zielgruppenansprache wird damit auch der
Grundstein für eine bessere globale Erfolgsmessung/-bewertung von
Kampagnen gelegt.
DATA MANAGEMENT UND -TARGETING
14. 27
DATENSCHUTZ IM REALTIME ADVERTISING
DATENSCHUTZ IM REALTIME
ADVERTISING
Realtime Advertising umfasst Geschäftsmodelle, bei denen in Echt-zeit
digitale Werbung ausgesteuert wird. Dabei werden Werbekon-takte
nicht nur einzeln in Echtzeit gehandelt, sondern die Werbung
wird in der Regel auch auf der Basis von Nutzerprofilen ausgeliefert.
Nutzerprofile enthalten Annahmen über die soziodemografischen
Daten und über das Verhalten von Internetnutzern. Die Nutzer-profile
sind rechtlich zulässig, wenn sie pseudonym gebildet und
genutzt werden, das heißt, dass keine direkt personenbezogenen
Daten (z. B. der Name oder die IP-Adresse) enthalten sind und aus
dem Pseudonym nur über einen geschützten Schlüssel wieder eine
reale Person erkennbar wird. Der Nutzer muss stets vorab über die
Verarbeitung seiner Nutzungsdaten aufgeklärt werden und dieser
Verarbeitung jederzeit widersprechen können (§ 15 Abs. 3 TMG).
Teilweise werden die Nutzerprofile auch anonymisiert erstellt, so dass
dann keine Rückführbarkeit auf personenbezogene Daten möglich ist.
Dem Datenschutz kommt beim Realtime Advertising eine große Be-deutung
zu, da aufgrund der Echtzeit-Auslieferung keine Frist verbleibt,
bei einzelnen Kampagnen den Austausch von Daten auf Einhaltung von
Datenschutzgesetzen zu überprüfen. Der Datenschutz muss von den Sys-temen
per se eingehalten werden und somit systematisch verankert sein.
COOKIES, IP-ADRESSEN, PROFILE
Beim Realtime Advertising sind datenschutzrechtlich besonders
Cookies, IP-Adressen und Profile relevant. Sie müssen von den
zusammengeschalteten Systemen, die sich über die Auslieferung von
Echtzeit-Werbung abstimmen, datenschutzkonform eingesetzt wer-den.
Dies geschieht vorwiegend dadurch, dass alle verwendeten Da-ten,
so auch die Cookies und Profile frühzeitig und nicht rückführbar
anonymisiert oder pseudonymisiert werden. Werden die Daten
pseudonymisiert, muss der Internet-Nutzer in jedem Falle über
seine Widerspruchsmöglichkeit (Opt-out) in einer entsprechenden
Datenschutzerklärung informiert werden (§§ 13, 15 Abs. 3 TMG).
Pseudonymisieren bedeutet, dass den in einem Datensatz vorhandenen
Klardaten (Nutzungsdaten) eine spezifische Kennung von der für die
Datenerhebung und Verarbeitung verantwortlichen Stelle zugeteilt
wird, sodass diese Daten für Dritte nicht mehr individuell auflösbar
sind. Eine Zuordnung der Kennung zu einem bestimmten Datensatz
ist somit nur noch der verantwortlichen Stelle möglich. Liegen vorab
weitere personenbezogene Daten vor, die bei der Kampagnensteuerung
verwendet werden sollen, so sind auch diese Daten vor der Einbezie-hung
in Data-Management-Plattformen sicher und unwiderruflich zu
pseudonymisieren beziehungsweise zu anonymisieren. Dafür gibt es
zwar keine Standard-Verfahren, aber es gibt verschiedene anerkannte
Methoden, die sich von unabhängiger Seite überprüfen und begutachten
lassen. IP-Adressen sind zu anonymisieren. Anerkannt ist hier unter an-derem
eine Kürzung der IP-Adresse um das letzte Oktett. Das sind die
letzten drei Ziffern; aus der IPv4-Adresse 214.035.143.167. wird dann
214.035.143. Eine Anonymisierung kann auch über eine unwiderrufliche
Gruppenbildung von Datensätzen (hier Profile) erfolgen.5
Für das einzusetzende Opt-out ist beim Realtime Advertising zu
berücksichtigen, dass aufgrund der Echtzeit-Verarbeitung der Daten
teilweise Profile an andere Unternehmen weitergegeben werden.
Hierbei ist zu berücksichtigen, dass darüber auch die Nutzer zu
informieren sind und sie dann auch auf den anderen technischen
Plattformen eine Opt-out-Möglichkeit haben müssen.
E-PRIVACY-RICHTLINIE UND § 15 ABS. 3 TMG
Anwendungsbereich und praktische Umsetzung der im deutschen
Recht für Tracking-Cookies in § 15 Abs. 3 TMG vorgesehenen Opt-out-
Möglichkeit waren bislang allerdings weitgehend unklar.
Hintergrund sind Regelungen der im Jahre 2009 von der EU ver-öffentlichten
E-Privacy-Richtlinie (2002/58/EG in der Fassung
2009/136/EG), die eine umfangreiche Diskussion über die Nutzung
Prof. Dr.
Christoph Bauer,
Geschäftsführender
Gesellschafter,
ePrivacyconsult GmbH
5 Der BVDW hat hierzu ein Whitepaper veröffentlicht: „Datenschutzkonforme Webanalyse“ (07/2012), abrufbar unter:
http://www.bvdw.org/medien/bvdw-veroeffentlicht-kostenfreies-whitepaper-zur-datenschutzkonformen-webanalyse?media=4007
15. 29
von Cookies auslöste. Die Richtlinie sieht für Cookies nämlich Fol-gendes
vor: „Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Speicherung
von Informationen oder der Zugriff auf Informationen, die bereits
im Endgerät eines Teilnehmers oder Nutzers gespeichert sind, nur
gestattet ist, wenn der betreffende Teil¬nehmer oder Nutzer auf
der Grundlage von klaren und umfassenden Informationen, die er
gemäß der Richtlinie 95/46/EG u. a. über die Zwecke der Verarbei-tung
erhält, seine Einwilligung gegeben hat.”
Dies steht gegen den Wortlaut des § 15 Abs. 3 TMG, wonach
Targeting-Cookies weiterhin auch ohne Opt-in genutzt werden kön-nen.
Der deutsche Gesetzgeber hatte eine weitere Umsetzung der
Richtlinienvorgaben innerhalb der Frist unterlassen. Einige deutsche
Datenschutzbehörden gingen daher bislang davon aus, dass es ein
Opt-in der Internet-Nutzer in direkter Anwendung der Richtlinie
insbesondere auch für Targeting-Cookies geben müsse. Diese ohnehin
zweifelhafte Ansicht dürfte sich nun jedoch endgültig erledigt haben.
Anfang des Jahres 2014 haben sowohl Bundesregierung als auch die
EU-Kommission unter anderem auch auf Anfrage des BVDW nämlich
bestätigt, dass die derzeitigen deutschen Datenschutzregelungen, al-len
voran die des § 15 Abs. 3 TMG, der von der Europäischen Union
verabschiedeten E-Privacy-Richtlinie entsprechen.6 Wenngleich die
für diese Einschätzungen abgegebenen – für die Digitale Wirtschaft
positiven – Begründungen rechtlich kaum überzeugen, kann in der
Praxis damit zunächst davon ausgegangen werden, dass der Einsatz
von Tracking-Cookies unter Beachtung der Vorgaben des § 15 Abs.
3 TMG (Aufklärung und Einräumung einer Widerspruchsmöglichkeit)
nach wie vor zulässig ist.
Die Information über die Widerspruchsmöglichkeit müssen dabei
nicht zwingend vorab (z. B. durch einen Pop-up) erfolgen. Das Er-messen
des Anbieters, wie die Informationen bereitgestellt werden,
wird dann zulässig ausgeübt, wenn zumindest ein für den Nutzer
deutlich hervorgehobener Hinweis mit einem Hyperlink auf der
Startseite vorhanden ist.
6 Vgl. Pressemitteilung des BVDW „EU-Kommission bestätigt: E-Privacy-Richtlinie in Deutschland durch Telemediengesetz
umgesetzt“ (02/2014): http://www.bvdw.org/presse/news/article/eu-kommission-bestaetigt-e-privacy-richtlinie-in-deutschland-durch-
telemediengesetz-umgesetzt.html
SELBSTREGULIERUNG DER DIGITALEN WIRTSCHAFT –
DDOW-KODIZES
Mit der Klarstellung durch die EU-Kommission wird die europaweite
Selbstregulierung für nutzungsbasierte Online-Werbung, in Deutsch-land
vertreten durch Deutscher Datenschutzrat Online-Werbung
(DDOW7), substanziell untermauert. Der DDOW ist die Selbstkon-trolleinrichtung
der digitalen Werbewirtschaft für nutzungsbasierte
Online-Werbung in Deutschland. Im Zuge der Selbstregulierung
haben sich Unternehmen europaweit dazu verpflichtet, Transpa-renz
herzustellen und die Selbstbestimmung der Verbraucher durch
einfach zu handhabende Entscheidungsmechanismen zu stärken. Die
Kodizes umfassen die „Selbstregulierung der OBA-Dienstleister
(Drittparteien) im Bereich nutzungsbasierter Online-Werbung“
sowie die „Selbstregulierung der Telemedienanbieter (Erstparteien)
im Bereich nutzungsbasierter Online-Werbung“. Unterzeichner
haben die Möglichkeit am Industrie-Opt-out (www.meine-cookies.
org) teilzunehmen und den Internetnutzern damit auch umfassende
Informationen und Transparenz zu liefern, die auch in Deutschland
vom Datenschutzrecht gefordert sind.
DATENSCHUTZ-GUTACHTEN UND DATENSCHUTZ-SIEGEL
Insgesamt zeigt sich, dass die Datenschutz-Anforderungen beim
Realtime Advertising sehr hoch sind. Die Systeme müssen grund-sätzlich
datenschutzkonform sein, da für einzelne Kampagnen keine
separate Prüfung vorgenommen werden kann. Für das Realtime
Advertising empfiehlt sich ein separates, detailliertes Datenschutz-
Gutachten oder ein Datenschutz-Siegel, da es keine anerkannten
Realtime-Advertising-Prozesse oder -Systeme gibt, auf die zurückge-griffen
werden kann. Übliche Siegel sind zum Beispiel das EDAA-EU-Siegel,
EuroPriSe, ULD oder ePrivacyseal. Gutachten oder Siegel hal-ten
auch behördlichen Prüfungen stand und müssen erst nach einem
längeren Zeitraum, beispielsweise bei wesentlichen Änderungen der
Technologie oder der Prozesse, angepasst werden.
7 Nähere Informationen hierzu auf www.ddow.de
DATENSCHUTZ IM REALTIME ADVERTISING
16. 31
INVENTAR – QUELLEN UND PLATZIERUNGEN
INVENTAR – QUELLEN UND PLATZIERUNGEN
Ein wesentlicher Treiber für erfolgreiche Realtime-Advertising-Kampa-gnen
ist neben aktueller Aussteuerungstechnologie, hoher Fachkompe-tenz
sowie hochwertigen Daten eine solide und vor allem zur Zielset-zung
der Kampagne passende Inventarbasis.
INVENTARKONZEPT UND EINKAUFSMODELLE
Für jede Kampagnenzielsetzung sollte man im Realtime Advertising
ein spezifisches Inventarkonzept verfolgen. Dies umfasst zum einen
die Art des Einkaufs (mit welchem Modell), zum anderen die Art und
Qualität des einzukaufenden Inventars. Mittlerweile haben sich im
Realtime Advertising im Wesentlichen drei verschiedene Einkaufs-modelle
etabliert.
Thomas Koch,
Geschäftsführer,
pilot Hamburg GmbH
& Co. KG
30
HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN
1. Anonymisierung von Daten soweit möglich
2. Keine Einbeziehung von personenbezogenen Daten
3. Einhalten des seitens des IAB Europe umgesetzen OBA Frameworks
4. Genaue Prüfung durch Datenschutz-Gutachten oder -Siegel
Einkaufsmodelle im Realtime Advertising
PRIVATE DEAL
PRIVATE AUCTION/
MARKETPLACE
OPEN AUCTION
Quelle: pilot Hamburg
Preismodell Anz. Käufer Beschreibung
Klassisches
Einkaufsprinzip
nach vorher
verhandeltem Preis
2nd Price Auction
mit einer selektierten
Gruppe an Käufern,
Auktionsmodell mit
Mindestpreis, Vorkaufs-rechten
etc.
Offenes Auktions-verfahren
mit
Standardauktion
1 Publisher Festpreis 1 Buyer
1 Publisher 2nd Price Auction Ausgewählte Buyer
mit Floor Price
Mehrere
Publisher 2nd Price Auction Alle Buyer
DATENSCHUTZ IM REALTIME ADVERTISING
€
17. 33
Beim Open-Auction-Modell besteht ein offenes Auktionsverfahren
für die gesamte Nachfrage mit Geboten auf Ad-Impression-Basis,
das heißt: Das höchste Gebot gewinnt zum Preis des zweithöchsten
Gebots plus einem Cent.
Private Auctions (auch: Private Marketplaces) wiederum sind nur
für ausgewählte beziehungsweise präferierte Nachfrager geöffnet.
Diese genießen meist bestimmte Vorzüge wie zum Beispiel einen
niedrigeren Mindestpreis (Floor Price), Vorkaufsrechte (First Look),
eine erhöhte Inventartransparenz und -qualität oder auch die Bereit-stellung
zusätzlicher Vermarkterdaten im Rahmen der Auktion. Das
Modell folgt zwar auch dem Realtime-Bidding-Mechanismus, jedoch
mit deutlichen Einschränkungen.
Der Inventareinkauf mittels Private Deals bzw. Direct Media Buys
zwischen Vermarkter und Agentur folgt dem bisherigen klassischen
Einkaufsprinzip nach Festpreis. Bei Abwicklung über die automati-sierten
Plattformen ergeben sich jedoch auch hier deutliche Vorteile
gegenüber dem planerischen Media-Einkauf, wie zum Beispiel die
Möglichkeit, einen Teil der ad Impressions im Zuge individueller
Bewertungen nicht abzunehmen. Aufgrund der fehlenden Bieterkon-kurrenz
handelt es sich bei Private-Deals per Definition nicht mehr
um Realtime Bidding (RTB), jedoch weiterhin um einen Realtime-
Advertising-Ansatz, bei dem unter anderem die Effizienzvorteile im
Rahmen der Plattform-Abwicklung das Modell attraktiv machen.
In allen Modellen können Publisher den Zugriff auf bestimmte Inven-tarbereiche
durch Agenturen oder Marken per White-/Black-Listing
absichern.
Zum Mediaverkauf per Realtime Advertising hat sich ein Großteil der
Vermarkter beziehungsweise Publisher den bekannten, meist inter-national
agierenden SSPs (Supply-Side-Plattformen) angeschlossen.
Einige größere Vermarkter werden auch Lizenznehmer, um bestehen-de
SSP-Basis-Technologien nach ihren Anforderungen auszubauen.
In den SSP wird Media-Inventar aus verschiedenen Ländern – unter
anderen USA, UK, Deutschland (de), Frankreich (fr), Niederlande
(nl), Österreich (at) – gebündelt zur Verfügung gestellt, sodass inter-nationale
Kampagnen relativ einfach durchgeführt werden können.
Bekannte SSP sind beispielsweise AppNexus (USA), Google Ad
Exchange (USA), Facebook Exchange (USA), Improve Digital (Nieder-lande),
Rubicon Project (USA), YieldLab (Deutschland) und AdScale
(Deutschland).
INVENTARKLASSEN
Schon jetzt können bereits alle Inventarklassen (von Premium/ga-rantiert
bis Restplatz) über Realtime Advertising eingekauft werden.
Wurden insbesondere in den ersten Jahren der Realtime-Adver-tising-
Entwicklung hauptsächlich Restplätze gehandelt, so gehen
mittlerweile immer mehr Vermarkter dazu über, auch Premium bzw.
garantiertes Inventar in die Echtzeitvermarktung einzustellen. Bei
„Premium-Inventar“ handelt es sich um inhaltlich hochqualitativ auf-bereitete
Webseiten, in denen Faktoren wie Sichtbarkeit, Werbe-wahrnehmung
und Markenschutz eine hohe Relevanz herstellen.
INVENTARKANÄLE UND WERBEFORMATE
Bereits jetzt können Realtime-Advertising-Kampagnen auf einer
Vielzahl von Online-Kanälen umgesetzt werden. Dazu gehören:
Display in den Ausprägungen Standard und Rich Media sowie Video,
Mobile und Social. In den einzelnen Kanälen stehen nachfolgende
Formate zur Verfügung.
INVENTAR – QUELLEN UND PLATZIERUNGEN
18. 35
INVENTAR – QUELLEN UND PLATZIERUNGEN
Übersicht: Inventarkanäle und Werbeformate
Formate Display Video Mobile Social
Bild / Text
Leaderboard 728x90
Medium Rectangle 300x250
Wide Skyscraper 160x600
Large Rectangle 336x280
Full Banner 468x60
Half Page 300x600
Small Square 200x200
Square 250x250
Vertical Banner 120x240
Small Rectangle 180x150
Super Leaderboard 970x90
Half Banner 234x60
Billboard 970x250
Pop Under / Over
Pre-Roll
Mid-Roll
Post-Roll
Streaming Video Ad
MMA 320x50
MMA 300x50
Smartphone Banner 320x53
Interstitial 320x460
Facebook Marketplace Ads (RHS)
Facebook Page Post Ads (Newsfeed)
Quelle: Pilot Hamburg GmbH & Co. KG
Waren es bis vor Kurzem fast ausschließlich Standardformate, die
gehandelt wurden, so steigen die Verfügbarkeiten für Sonder- und
Video-Formate kontinuierlich an.
VERFÜGBARKEITEN UND PREISE
Alle großen Vermarkter in Deutschland testen oder praktizieren bereits
die Realtime-Advertising-Vermarktung. Die Vermarktung des gesamten
Inventars mit allen Inventarklassen erfolgt bisher jedoch nur in absoluten
Einzelfällen. In der Regel wird Restplatzinventar anonym, teilweise aber
auch semi- oder volltransparent (Offenlegung der URL) in offene Aukti-onen
gegeben, die Vermarktung des Premium-Inventars hingegen erfolgt
weiterhin über die Sales-Teams oder über Private-Deals. Letztere werden
dazu genutzt, klassische Einkaufsmodelle mit entsprechender Umfeld-und
Volumengarantie auf Fix-TKP-Basis über SSP bzw. DSP abzubilden.
Die Inventarpreise variieren je nach Nachfrage, Floor-Price-Strategie,
Transparenzgrad, Sichtbarkeit sowie Belegungsart und -format.
Die Mindestpreise sind von Vermarkter zu Vermarkter sowie for-matabhängig
verschieden. Erkennen lässt sich ein deutlicher Trend
zu steigenden Preisen im Realtime Advertising, unter anderem durch
eine stetig steigende Nachfrage, Inventarbereinigungen in Richtung
Qualitäts- und Effizienzsteigerung sowie der anteiligen Zunahme von
verfügbarem Premium-Inventar.
DAS INVENTAR ALS „SCHLÜSSEL“ FÜR ERFOLGREICHE
KAMPAGNEN
Agenturen stellen häufig bei der Kampagnenumsetzung fest, dass das
über Realtime Advertising verfügbare Inventar (Art, Format und Qualität)
eine ganz wichtige Rolle bei der Zielerreichung spielt. Auftraggeber,
Agenturen und Site-Anbieter wünschen sich aber nicht nur für Branding-
Kampagnen eine hohe Transparenz bei der Aussteuerung. Markensi-chere
Umfelder, leistungsgerechte Preise, sichtbare und wahrnehmbare
Ad-Slots sowie qualitativ hochwertiges Inventar und profilierter Content
mit entsprechender Werbewirkung beim Nutzer sind weitere wesent-liche
Erfolgsfaktoren für erfolgreiche Realtime-Advertising-Kampagnen.
Aus Agentursicht sind es vor allem auch ein leistungsfähiger Bidder- und
ein möglichst (kunden)individueller Optimierungsalgorithmus der DSP.
Letztlich sind es aber vor allem die Mitarbeiter mit hoher Realtime-Ad-vertising-
Kompetenz und -Erfahrung, die bezüglich der Erfolgsquote den
echten Unterschied ausmachen.
•••••••••••••••
••••
•• •
••••
••
19. 37
REALTIME ADVERTISING IM MEDIAMIX
REALTIME ADVERTISING IM MEDIAMIX
Klassische Umfeldplanungen, wie sie heute noch mehrheitlich für
online-werbetreibende Kunden eingesetzt werden, fokussieren auf
die Aussteuerung nach traditionell soziodemografisch geprägten
Planungsmustern, bei denen auf Basis von Prädiktionen aus gerin-gen
Fallzahlen Zielgruppenmodellierungen auf Gesamtzielgruppen
pro Platzierung vorgenommen werden. Die Problematik hierbei ist,
dass die Zielgruppenabdeckung je nach Tiefe qualitativ erheblich
schwankt und differenzierte Aussteuerungen auf Einzelnutzer nicht
möglich sind. Dies bedeutet, dass solche Planungen drei Nutzer-gruppen,
die wir im Rahmen eines übergreifenden Customer-Jour-ney-
Trackings jeweiliger Nutzer heute schon ermitteln und durch
Realtime Advertising beziehungsweise profilbasierte Kampagnen-planungen
sowohl medial als auch kreativ effizient ansprechen
können, in einer klassischen Umfeldplanung außer Acht lassen:
1. Bestandskunden, die sich über Surfen in proprietären Bereichen
des Werbetreibenden eindeutig klassifizieren lassen
2. Interessenten, die sich durch Websitekontakt beim
Werbetreibenden identifizieren und klassifizieren lassen
3. Profilierte Einzelne auf Basis externer (Kauf)Daten, die neben
eindeutigen soziodemografischen Merkmalen auch psychografische
aufweisen (können)
Um diese drei Nutzergruppen effizient ansprechen zu können,
bedarf es sowohl medial als auch kreativ eines Paradigmenwechsels
in der Planungslogik: Eine profilbasierte Planung fokussiert nicht
mehr auf eine Reduktion der Streuverluste durch bessere Zielgrup-penmodellierung
in der Platzierungsebene, sondern primär auf eine
diversifizierte und individuelle Ansprache des Nutzers – basierend
auf seinen Interessen, Gewohnheiten und Soziodemografika sowie
seines Status im Kaufentscheidungsprozess. Die Platzierung als
Julian Simons,
Geschäftsführender
Gesellschafter,
mediascale GmbH
& Co. KG, stv.
Vorsitzender der
Fokusgruppe Realtime
Advertising im BVDW
Garanten für eine Zielgruppen-Treffgenauigkeit tritt in den Hin-tergrund.
Hingegen nimmt die inhaltlich exakte Aussteuerung über
dynamische – und in weiten Teilen in Echtzeit erzeugte – Kreation
bei allen Formaten eine immer höhere Priorität in der Kampagnen-
Aussteuerung sowie -Optimierung ein. Bedeutet dies in letzter
Konsequenz das Aussterben von klassischen Platzierungsbu-chungen
und eine damit einhergehend eine steigende Irrelevanz
von Medienmarken zugunsten einer reinen auf Realtime Adverti-sing
basierten Planungslogik? Dies ist keineswegs der Fall – aus drei
Gründen:
1. Profilbasierte Kampagnenplanung, beispielsweise Realtime
Advertising, ist – zwar immer wichtigerer, aber trotzdem
nur – ein Teil einer Gesamtmediaplanung, weil Werbetreibende
aus planerischer Sicht auch in Zukunft bestimmte Platzierungen
wie Tagesfestplatzierungen für bestimmte Marketingzielsetz-ungen
einsetzen wollen und werden; hier bestimmt als
Beweggrund nicht die Einzelprofilebene, sondern der Ankauf
auf Gesamtreichweitenebene die Vorgehensweise.
2. Realtime Advertising steht in Deutschland heute mehr denn je
vor der Herausforderung, dass Werbetreibende zwar den
Vorteil einer individuellen Kampagnenplanung auf Basis einzelner
Impressionen nutzen, jedoch keineswegs bereit sind, jegliches
qualitatives Umfeld einer Planung zu akzeptieren, in dem der
potenzielle Kunde surft.
3. Die Qualität und Quantität der extern nutzbaren Daten in
Deutschland ist noch immer gering – eine Planung auf Basis der
verfügbaren Daten erreicht heute noch nicht die notwendige
Kampagnengröße.
Unter diesen Prämissen sehen wir heute im Online-Display-Markt
unter dem Einfluss von Realtime Advertising in Deutschland nach-folgende
Entwicklungen.
20. 39
REALTIME ADVERTISING IM MEDIAMIX
• Premiumangebote wie Tagesfestplatzierungen und Sonder-inszenierungen
bei TOP-20-AGOF-Platzierungen werden mittel-fristig
auch weiter klassisch eingekauft und medial ausgesteuert.
• Dritt-Vermarktungsangebote (Reichweitenplatzierungen im Run
on Network (RoN), Channel in nicht exklusiven Umfeldern etc.)
verlieren an Relevanz und werden schon heute bei den deutlich
meisten Publishern über Realtime Advertising direkt über Platt-formen
und damit nicht mehr über einen Drittvermarkter
angeboten.
• Große Medienmarken nutzen Realtime Advertising vermehrt für
ihren eigenen Reichweitenvertrieb bei Run on Site (RoS), RoN
oder Channel-Buchungen, um den Effizienz- und Qualitätsvorteil
der automatisierten Planung für Werbetreibende, Agentur und
Vermarkter auf der einen Seite sowie die qualitativen Anforder-ungen
des Werbekunden durch die kontrollierte Platzierung im
geprüften Umfeld (Brand-Safety) auf der anderen Seite zu
gewährleisten.
• Die qualitative Weiterentwicklung von Realtime-Advertising-
Kampagnen ist im Bereich Retargeting – bezogen auf Kunden oder
Interessenten – schon heute für den Werbetreibenden sichtbar,
quantitativ messbar und erreicht deutlich zunehmend argumentie
renden Verkaufscharakter. Volumenseitig ist dieser Bereich
jedoch für den einzelnen Werbetreibenden meist nur unzurei
chend, das heißt, die durch die Verwendung auf seiner Site definiert
maximale Reichweite über Realtime-Advertising-Retargeting-
Kampagnen führt in der Regel zu geringeren Kampagnenvolumina.
• Abhilfe kann hier nur der Zukauf und die Anreicherung der
anzusteuernden Profile mithilfe externer Daten sein. Hier steht
Deutschland, im Vergleich zu beispielsweise den USA, noch
am Anfang; die Verfügbarkeiten sind gering. Gerade hier sollte
in den kommenden Jahren eine Veränderung eintreten, um den
Anteil von Realtime Advertising basierten Kampagnen am
Gesamt-Online- Mediamix weiter zu erhöhen.
• Die Kombination aus medialer Aussteuerung auf Basis einzelner
Impressionen und inhaltlicher auf Basis des jeweils gleichen
Profils definiert – bei dynamisch und in Echtzeit generierter
Kreation – die zentrale Bedeutung für den Erfolg einer Kampagne.
Es reicht heute nicht mehr, dem Nutzer nur im richtigen Moment
mit einer Kampagnenbotschaft zu begegnen – der Inhalt der
Botschaft muss in gleichrangiger Form relevant für den Nutzer
sein, ansonsten findet nachfolgend keine Interaktion mit dem
Produkt und dem Werbemittel statt.
• Neben Inhalt und Zeitpunkt der Botschaft stellt der dritte
Erfolgs faktor für die erfolgreiche Aussteuerung einer Realtime-
Advertising-Kampagne vor allem die Menge der Kontakte pro
Nutzer mit der einzelnen Botschaft dar: Nur wer in der Lage
ist, entlang der Customer Journey eine richtige Abfolge von
Botschaften zur richtigen Zeit in der richtigen Kontaktdosis zu
platzieren, wird eine dauerhaft erfolgreiche Kampagnenplanung
erzielen können.
21. 41
YIELD MANAGEMENT UND REALTIME ADVERTISING
YIELD MANAGEMENT UND
REALTIME ADVERTISING
Viele Vermarkter und Publisher beschäftigen sich mit Realtime
Advertising und stellen Inventar für programmatischen Einkauf zur
Verfügung. Die Herausforderung dabei ist die optimale Integration
von Realtime Advertising in die Yield-Management-Strategie.
YIELD MANAGEMENT IN DER DIGITALEN VERMARKTUNG
Yield Management wird neben der digitalen Vermarktung in un-terschiedlichen
Branchen betrieben (z. B. Buchung von Flugtickets
oder Hotelzimmern) und wird definiert als „System zur Nachfra-gesteuerung
mittels Kapazitätsverfügbarkeiten und Preisen. Yield
Management wird […] mit dem Ziel eingesetzt, den Gesamtumsatz
des Unternehmens zu maximieren, indem die Nachfrage mit der
höchsten Zahlungsbereitschaft mit Priorität befriedigt wird.“8 Es
wird häufig bei vergänglichen, nur kurzzeitig oder stark begrenzt
lagerbaren Gütern eingesetzt, wenn die Angebotskapazitäten nicht
ausgelastet sind. Nicht zuletzt deshalb hat es sich in der digitalen
Vermarktung etabliert.
Dabei ist Yield Management nicht, wie von manchen Marktteilneh-mern
missverstanden, die simple Monetarisierung von Restinven-taren
über Ad Networks oder sogar die unkontrollierte Öffnung
von Inventar für Realtime Advertising. Ein leistungsstarkes Yield
Management besteht in einer ganzheitlichen, aber differenzierten
Bewertung und Preispolitik für die bestehenden Media-Inventare
und potenziellen Werbetreibenden mit solchen Kriterien wie:
Opportunitätskosten, Knappheit, Buchungsgewohnheiten, Kanal-konflikte,
Werbemittelqualität sowie in der kampagnenspezifischen
Bewertung der Zahlungsbereitschaft der Nachfrager. Hierfür ist eine
enge Abstimmung des Yield Managements mit dem Vertrieb und
dem Produkt-Management notwendig, um eine individuell für den
Vermarkter abgestimmte Yield-Management-Strategie zu entwickeln.
Sven Kohlhaas,
Yield Management,
IP Deutschland GmbH
Andreas Rau,
Head of Performance
Intelligence,
uniquedigital GmbH
8 Quelle: Gabler Verlag (Herausgeber), Gabler Wirtschaftslexikon, Stichwort: Yield Management, online im Internet:
http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Archiv/17562/yield-management-v10.html
In einer solchen wird definiert, welches Produkt über welchen Kanal
an welchen Werbetreibenden zu welchen Konditionen verkauft
werden darf und unterliegt der Prämisse, die Ziele des Werbetrei-benden
bei gleichzeitiger Umsatzmaximierung zu erfüllen. Dabei
sollten die Nachfrager ganzheitlich und kanalunabhänig betrachtet
sowie im Unternehmen verfügbare technologische und personelle
Ressourcen beachtet werden.
VORTEILE DER VERKNÜPFUNG VON YIELD MANAGEMENT
UND REALTIME ADVERTISING
Durch die technologischen Innovationen im Realtime Advertising
ergeben sich verschiedene Vorteile, aber auch Anforderungen für
das Yield Management.
Zunächst werden Effizienzen durch die Automatisierung manueller
oder semimanueller Prozesse im Bereich der Kampagnenbuchung
und -optimierung erzielt. Die frei werdenden Ressourcen können
wertschöpfend – zum Beispiel in der Beratung – eingesetzt werden.
Als intern eingesetzter Auktionsmechanismus lässt das RTB-Prinzip
direkt verkaufte Kampagnen (Bulk Buying, CPC-Kampagnen/Einzel-klickbepreisung)
und Realtime-Advertising-Nachfrage (z. B. Private-
Marketplace-Modelle) abgleichen. Dadurch wird auf granularer Anz-eigenebene
eine Allokation der Kampagnen aus dem Direktvertrieb
und gegebenenfalls aus den zusätzlichen externen Nachfragequellen
für die verfügbaren Medienkanäle ermöglicht, die eine E-TKP-Opti-mierung
verspricht. Über Realtime Advertising kann eine zusätzliche
und höherpreisige Nachfrage erzeugt werden, da die Einkäufer die
Daten der Werbetreibenden in die Buchung einbeziehen und auf der
Basis dieses Kenntnisstandes für spezifische Nutzer oder Inventare
höhere Preise platzieren können.
SSP-Technologien bieten dabei dem Vermarkter Kontrollmöglich-keiten
für die aus der Yield-Management-Strategie abgeleiteten Re-geln
(z. B. Blacklists, Floor-Preise). Über Private-Deal-Modelle kann
22. 43
YIELD MANAGEMENT UND REALTIME ADVERTISING
für einzelne Nachfrager zusätzlich eine Parametrisierung der direkt
verhandelten Konditionen abgebildet werden. In diesem Bereich be-findet
man sich dann primär im Premium-Bereich und entfernt sich
von jeglichen Resterampe-Klischees. Häufig werden hier Vereinba-rungen
von/mit Werbetreibenden oder Agenturen abgebildet, das
neben Vorteilen allerdings auch Erfordernisse an den Kanal Realtime
Advertising aufwirft.
ANFORDERUNGEN AN REALTIME ADVERTISING AUS SICHT
DES YIELD MANAGEMENTS
Eine der größten Herausforderungen auf diesem Gebiet ist die
werbekunden-individuelle Abbildung der über Realtime Advertising
generierten Umsätze in den angewandten Vermarktersystemen. Die
Bezeichnungen der Produkte und die Kennzeichnung der Agenturen
sowie Werbetreibenden sind in SSP und den Vermarktersystemen
unterschiedlich, und es existieren keine Standards wie zum Bei-spiel
marktweite Werbekundennummern und Werbeform-ID. Um
Umsätze detailliert abzubilden, muss daher auf einen aufwendigen
Matching-Prozess zurückgegriffen werden. Die unzureichende
Synchronisierung der Systeme hat bedeutende Auswirkungen auf das
Controlling von Werbekunden- und Agenturvereinbarungen. Auch
hier sind häufig manuelle Wege des Datenabgleichs beziehungsweise
ineffektives Arbeiten mit mehreren Systemen nötig, um die Erfüllung
der Vereinbarungen zu prüfen. Somit finden sich die im Buchungs-prozess
geschaffenen Effizienzvorteile durch Realtime Advertising
aktuell leider noch nicht im Vertriebscontrolling wieder.
FAZIT UND HANDLUNGSEMPFEHLUNG
Es liegt bei den Vermarktern, detailliertes Wissen über die Wertig-keit
ihres Inventars und die Nutzer ihrer Angebote aufzubauen. Da-rauf
basierend muss entschieden werden, wie Realtime Advertising
kontrolliert in die Yield-Management-Strategie eingebunden und die
steigende Nachfrage nach Realtime Advertising mit allen verbun-denen
Vorteilen optimal für eine nachhaltige Steigerung der Ergeb-nisse
genutzt werden kann. Dabei sind Ergänzungen der heutigen
Systemwelt zur besseren Verzahnung von SSP und Vermarktersyste-men
(z. B. über standardisierte Werbekunden-ID) anzustreben, um
die gesamte Buchungskette bis zum Controlling effizient zu unter-stützen.
Ebenfalls hilfreich wäre die Prüfung, wie die Standard-ID
für Werbeformen, die als Teil der Standardschnittstelle des OVK-/
AGOF-Connect-System bereitstehen, integriert werden könnten.
23. REALTIME ADVERTISING ALS EIGENSTÄNDIGER ONLINE-KANAL 45
REALTIME ADVERTISING ALS EIGEN-STÄNDIGER
ONLINE-KANAL
Die technologischen Möglichkeiten des Realtime Advertisings sorgen
in der Online-Branche seit einigen Jahren für ein Umdenken. Der
Ansatz, Medialeistung gebündelt nach Umfeldern und Zielgruppen-reichweiten
einzukaufen, wurde abgelöst durch die Möglichkeit,
einzelne anonymisierte Nutzer in Echtzeit mit Werbemitteln zu
bedienen, die genau zu ihnen passen. Das klingt verführerisch. Doch
bislang wird der Realtime-Advertising-Kanal noch nicht sinnvoll ein-gesetzt.
Vielmehr werden oftmals nur Restbudgets aus dem Display-
Kanal über Demand-Side-Plattformen eingebucht. Die Mehrheit der
Werbetreibenden nutzt den Realtime-Advertising-Kanal vorerst nur
für kleine Testbudgets.9
Die Gründe dafür sind vielfältig. Sicherlich wollen viele Marketing-und
Mediaverantwortliche die neue Technologie zuerst getestet
haben. Sie und vor allem die Brandmanager in den großen Unter-nehmen
werden umdenken müssen, was die Strukturen im Mediage-schäft
betrifft. Vor allem sollten sie lernen, dass Realtime Adverti-sing
mehr als Technik und Effizienzgewinn ist. Realtime Advertising
hilft Mediaplanern beim strategischen Einsatz ihrer Werbebudgets –
und zwar in einem Umfang, der bislang noch kaum bekannt ist.
Würde man eine herkömmliche Display-Kampagne gegen eine über
Realtime Advertising eingebuchte Kampagne laufen lassen, würden
sich Vorteile und Stellschrauben schnell offenbaren.
Die Streuverluste sind im Realtime Advertising extrem gering, da
der Marketingverantwortliche für jede Ad Impression entscheiden
kann, ob der Nutzer zur Kampagne passt und wie viel er in seiner
Kalkulation „wert“ ist. Aber nicht nur soziodemografische Merk-male,
die Herkunftsregion oder der Browsertyp bestimmen den
(Markt)Wert eines Nutzers. Weiteren Aufschluss geben zum Bei-spiel
vorliegende Daten aus dem Multi-Channel-Tracking. Wenn der
Wolfhart Fröhlich,
Geschäftsführer, CEO,
intelliAd Media GmbH
9 Vgl. Online-Befragung der intelliAd Media GmbH von Shopbetreibern und Digital-Experten in Agenturen, Juni 2014, N=50.
Nutzer eher im Informations- und Orientierungsstadium ist, sollte
er erfahrungsgemäß andere Werbemittel/-formen, vielleicht sogar
-contents wahrnehmen, als im Kaufstadium. Realtime Advertising
sollte also auch individualisierte Werbemittel einsetzen, statt ein Set
an IAB-Formaten mit immer gleichen oder selbstähnlichen Motiven
für den gesamten Kampagnenverlauf zu nutzen.
Zentrales Thema beim automatisierten Einkauf von Display-Wer-bung
über Realtime Advertising sind also die vorliegenden Infor-mationen
über eine Ad Impression, die eine möglichst individuelle
Betrachtung und Bewertung von Nutzern ermöglichen.
VIER ANSÄTZE FÜR STRATEGISCHES REALTIME ADVERTISING
1. Der Einsatz von individualisierten dynamischen Werbemitteln
ist als große Effizienzchance zu sehen.
2. Das Sammeln und die Interpretation von Nutzerdaten im Rahmen
eines Multichannel-Trackings ermöglichen es den Werbetreib-enden,
Anhaltspunkte über die jeweilige Position von einzelnen
Nutzern innerhalb der Customer Journey zu bekommen.
3. Die Integration von CRM-Daten (Customer-Relationship-
Management) im Zusammenspiel mit einem Multichannel-Tracking
erlaubt die Klassifizierung von unterschiedlichen Käufertypen
(Stammkunde, „Schnäppchenjäger“, Ad-hoc-Käufer/Spontanent-scheider)
und ermöglicht die exakte Aussteuerung des richtigen
Werbedrucks in optimaler Frequenz (Frequency Capping), um
Conversion/Konversionsakte zu erzielen.
4. Als nächsten Schritt werden neben der Einbeziehung von
Customer-Journey-Daten, Onsite- und CRM-Daten auch die
Integrierung von Offline-Kanälen wie Out-of-Home oder POS-Kampagnen
(Stichwort: iBeacons) bezüglich der Customer
Journey zukünftig sehr viel Potenzial bieten, um passende
Werbebotschaften in Echtzeit zu platzieren.
24. 47
Die Branche hat jetzt die Aufgabe gegenüber dem Kunden, eine stra-tegische
Basis für eine Realtime-Advertising-Strategie zu erarbeiten.
Denn Realtime Advertising ist mehr als Technik, die Zeit einspart.
Realtime Advertising sorgt für eine ganzheitliche Effizienzsteigerung
im Online-Marketing.
Wird Realtime Advertising erst einmal von Mediaagenturen und
Marketing-Verantwortlichen analytisch betrachtet, werden diese es
als einen eigenständigen Online-Marketing-Kanal sehen, den es mit
dem richtigen Attributionsmodell zu bewerten gilt. Nur so ist eine
sinnvolle Budgetverteilung möglich.
MOBILE-REALTIME-ADVERTISING
MOBILE-REALTIME-ADVERTISING
ENTWICKLUNG IN DEN USA UND DEUTSCHLAND
Mit der starken Verbreitung von internetfähigen Smartphones
begannen, wenn auch verzögert, die Mobile-Spendings massiv zu
wachsen. Mobile-Werbekampagnen werden eingesetzt, um den
Nutzer dort zu erreichen, wo er sich gerade aufhält, egal, ob dieser
gerade mit dem Tablet auf der Couch sitzt oder mit seinem Smart-phone
unterwegs ist.
Während viele Technologien meist nur einen Kanal, wie Display,
Social, Video oder Mobile abdecken können, liefert eine Realtime-
Advertising-Plattform den Einkauf aller bzw. ausgewählt digitalen
Medien über ein einzelnes Dashboard. Werbebotschaften können
über ein Interface kanalübergreifend ausgeliefert werden. Die
Konsumenten sind Multichannel-Nutzer, und es wird Zeit, dass die
Mediaplanung und -analyse auf die neuen Customer Journeys und für
deren veränderte Mobilitätsschwerpunkte angepasst werden.
Waren anfangs statische Banner auf älteren Handymodellen sowie
den ersten Smartphones eher selten, bilden heute Banner und
großformatige Anzeigen auf mobiloptimierten Webseiten sowie
Werbebotschaften in Apps den Standard. Neben interaktiven Wer-bemitteln
bilden mobile Realtime-Advertising-Videoanzeigen jene
Werbemittel mit den höchsten Wachstumsraten. Testergebnisse
zeigen deutlich höhere Engagement-Raten der Nutzer als bei klas-sischen
Online-Videoanzeigen.
Mobile ist auf dem Vormarsch, das bestätigen auch die Erkennt-nisse
des IAB-UK-Reports. Aus diesem wird deutlich, dass Mobile-
Werbung seit 2013 zweistellige Marktanteile im weltweit digitalen
Display-Bereich erreichte und somit ein Wachstum von 128,5
Prozent im Vergleich zu 2012 generierte.10
REALTIME ADVERTISING ALS EIGENSTÄNDIGER ONLINE-KANAL 46
Sacha Berlik,
General Manager
Europe, DataXu GmbH
10 Vgl. Pressemitteilung IAB UK „EU online ad market records new high of €27.3bn” (05/2013), abrufbar unter:
http://www.iabuk.net/about/press/archive/eu-online-ad-market-records-new-high-of-273bn
25. 49
MOBILE-REALTIME-ADVERTISING
Die größte Herausforderung bei der Etablierung von Mobile als
Werbemedium war das Erkennen, Wiedererkennen und die gege-benenfalls
Wiederauffindung von Nutzern. Anders als bei Display-kampagnen
ist die Nutzung von Cookies nur schwer umsetzbar.
Dies bedeutete vor allem für Werbetreibende, die genaue Attribu-tionsmodelle
aus dem Display-Bereich gewohnt waren, eine große
Umstellung. Einen großen Nutzen stellt die Entwicklung der daraus
entstehenden kanalübergreifenden Attributionsmodelle dar.
PREMIUMINVENTAR – ZUGANG WÄCHST DURCH PRIVATE
EXCHANGES
Der Anschluss von neuen, kanalübergreifenden Inventarquellen ist
vor allem durch den Wandel seitens der Publisher möglich gewor-den.
Immer mehr Publisher öffnen ihr Mobile- und Videoinventar
dem Verkauf über Realtime Advertising.
Der Zugang von Premium-Inventar im Mobile-Realtime-Advertising
wächst stetig, nicht zuletzt durch die Entstehung von Private-
Exchange. Doch wie auch beim Displaybereich ist es nicht zwingend
notwendig, nur auf Premium-Inventar zurückzugreifen. Viel wichtiger
ist ein offenes, reichweitenstarkes Umfeld, damit die Algorithmen
ausreichend viele Datenpunkte zur Optimierung der Kampagnen
sammeln können. Mobile Kampagnen können einerseits auf eine
Interaktion des Werbetreibenden optimiert werden, andererseits
zur Aussteuerung von Brandingkampagnen.
MOBILE-REALTIME-ADVERTISING-VORTEILE
Programmatische Werbekampagnen analysieren und nutzen alle ver-fügbaren
Daten, die während der Kampagnenlaufzeit, zum Beispiel
durch das Aussenden von tausenden Bid Requests pro Sekunde,
erzeugt werden. Diese Daten werden automatisch und in Echtzeit in
die Kampagnenaussteuerung eingepflegt. Zusätzlich wird durch eine
werbekunden-spezifische und personalisierte Ansprache der Streu-verlust
minimiert und im Umkehrschluss der Return-of-Investment
enorm gesteigert.
Ein weiterer Vorteil ist die Auslieferung auf Basis eines dynamischen
TKP. Hier hat der Werbetreibende die Gewissheit, dass der jeweilig
vorgegebene TKP nicht überschritten wird, sondern in den meisten
Fällen sogar unterboten wird. Der Werbetreibende bekommt also
mehr Ad-Impressions für sein Werbebudget; das macht besonders
Kampagnen effizienter.
Der dritte Vorteil von Mobile-Realtime-Advertising ist Transparenz.
Der Werbetreibende erhält durch den Einkauf auf dynamischer
TKP-Basis einen akkuraten und direkten Einblick in die tatsächlichen
Marktpreise. Neben der transparenten Preisdarstellung erhält der
Werbetreibende im Realtime-Advertising-Bereich aber auch exklusi-ve
und tiefe Echtzeiteinblicke in seine Zielgruppen und Umfelder.
Die Nutzung von aktuellen Informationen liegt deutlich vor Facebook & Co.
Aktuelle Informationen
Nach dem Weg schauen
Lokale Informationen
Informationen über Produkte / DL
Soziale Netzwerke
Unterhaltung
Zeitersparnis
Gerade nichts anderes zu tun
Produktkauf
Spaß zu haben
Soziale Kontakte
Etwas Neues lernen
Gewohnheit
Abschalten / Entspannung
Aus welchen Gründen nutzen Sie das mobile Internet?
(Angaben in %; Basis: Gesamtstichprobe, Smartphone User n=590).
Quelle: MAC Mobile Report 2014/01 Daten: G+J Mobile 360 Studie
87 %
78 %
70 %
68 %
60 %
58 %
42 %
42 %
36 %
35 %
34 %
30 %
30 %
28 %
Gründe mobiler Internetnutzung in %
26. 50 REALTIME ADVERTISING IN DER PRAXIS 51
REALTIME ADVERTISING IN DER PRAXIS –
HÖHERE WERTSCHÖPFUNG DURCH
RTA-PRODUKTSTRATEGIE
Advertiser und ihre Agenturen wie auch Publisher und ihre Ver-markter
profitieren heute schon von Effizienzgewinnen und redu-zierten
Transaktionskosten durch plattformgestützten Echtzeit-handel
im Mediabereich. Vor allem der US-amerikanische Markt
hat diese Realtime-Advertising-Erfahrungen bereits umfangreich
gemacht, Deutschland steht dagegen erst am Anfang dieser Entwick-lung.
Im Gegensatz zu den USA, in denen Ad Exchanges vor allem
einen möglichst effizienten Handel von Media-Rohware ermöglichen
und Publisher die Veredelung unterschiedlichen Intermediären und
Datendienstleistern weitgehend überlassen haben, eröffnet sich
für den deutschen Markt die große Chance, Realtime Advertising
ganzheitlich, qualitativ und mit einer höheren Wertschöpfung zu-gunsten
von Publishern und Advertisern zu gestalten. Doch was sind
die notwendigen Voraussetzungen und Ansatzpunkte, um Realtime
Advertising in dieser Form zu betreiben und das gerade entstehende
„Ecosystem“ zu prägen? Folgende Erfahrungen aus der Praxis eines
Premiumvermarkters sollen einen Einblick und gegebenenfalls auch
eine Hilfestellung bei der Definition einer Realtime-Advertising-
Strategie geben.
GANZHEITLICHE PERSPEKTIVE
Realtime Advertising ist kein alternativer Vertriebskanal für Rest-plätze.
Eine der Grundvoraussetzungen für ein qualitätsgetriebenes
Realtime-Advertising-Verständnis besteht darin, Realtime Adverti-sing
als Teil der Unternehmensstrategie zu verankern – inhaltlich,
strukturell und personell. Realtime Advertising sollte demnach nicht
als Einzeldisziplin beziehungsweise allein als Instrument zur Yieldop-timierung
verstanden werden, sondern vielmehr als komplemen-tärer,
technologiegetriebener Zugang zu den Publisher-Inventaren.
Der Vertrieb wird in die Lage versetzt, im Interesse des Werbe-kunden
ganzheitlich die Klaviatur von der klassisch konzeptionellen
Stefan Zarnic,
Vice President Publisher
Management,
InteractiveMedia
CCSP GmbH,
Vorsitzender der
Fokusgruppe Realtime
Advertising im BVDW
MOBILE-REALTIME-ADVERTISING
TIPPS FÜR EINE ERFOLGREICHE MOBILEKAMPAGNE
Für eine erfolgreiche Mobilekampagne sollte man sich an nachfol-genden
Punkten orientieren:
• Die Ziele für die Mobile-Realtime-Advertising-Kampagne
definieren (Performance und/oder Branding)
• Das Budget festlegen; eine Testkampagne ist außerdem immer
ein guter Einstieg, um Mobile-Realtime-Advertising zu starten.
• Man sollte spezielle Werbemittel nutzen. Die Werbemittel sollten
aussagekräftig und für den Mobile-Sektor optimiert sein. Jetzt ist
auch der richtige Moment, um zu entscheiden, ob man ein statisches
Banner und/oder zum Beispiel Mobile-Video nutzen möchte.
Bei der Auswahl des Realtime-Advertising-Dienstleisters sollte man
auch Faktoren bedenken, die in der Zukunft wichtig sein könnten:
Kann man nach einiger Zeit von einem „Managed-Service-Modell“
auf „Self-Service“ wechseln? Kann man also Kampagnen durch den
Dienstleister aufsetzen und optimieren lassen oder selbst an der
Plattform arbeiten? Kann man die Kampagne in weitere Länder aus-weiten?
Kann man andere Kanäle, wie zum Beispiel Video, Display
oder Social-Media, hinzufügen? Ist die Landingpage mobil optimiert?
WIE SIEHT DIE ZUKUNFT AUS?
Wir leben in einer Omni-Channel-Welt. Nutzer verwenden mehr
als einen Bildschirm und stellen Werbetreibende damit vor neue
Herausforderungen. Die Customer Journey, wie wir sie kannten,
existiert nicht mehr. Kunden informieren sich im Point of Sale (POS)
via Smartphone oder Tablet über Produkte und suchen (gezielt) nach
Angeboten. Dies alles führt dazu, dass die Customer Journey sich
verändert hat: Der Weg zum Kauf ist nicht linear, sondern kanalü-bergreifend
und fast gänzlich digital. Mobile spielt in dieser neuen
digitalen Welt eine sehr wichtige Rolle. Schon jetzt ist ein Mediaplan
ohne Mobile-Aktivitäten kaum vorstellbar.
27. 53
REALTIME ADVERTISING IN DER PRAXIS
Markeninszenierung im Umfeld einer Medienmarke bis zum pro-grammatischen
Einkauf eines reichweitenstarken Publikums (Besu-cher)
über eine Plattform zu ermöglichen. Die Erfahrung zeigt, dass
ein partnerschaftliches Miteinander der Marktakteure zielführender
als ein skeptisches Abgrenzen unterschiedlicher Interessen ist.
PRODUKTE STATT MEDIA-ROHWARE
Die besondere Fähigkeit von Premiumvermarktern liegt darin, mit
hochwertigen Produkten die Stärken der Publisher-Inventare zu trans-portieren
– dieser Erfolgsfaktor gilt auch für Realtime Advertising.
Die Erfahrung zeigt, dass ein klarer Fokus auf die Produktstrategie
erfolgreicher ist, als unveredeltes Inventar anzubieten. Publisher und
Vermarkter verstehen am besten, worin die Stärken ihrer Nutzer-schaft
liegen. Dieses Wissen um die besonderen Charakteristika der
eigenen Zielgruppen, die Nutzungssituation und die Werbewirkung
bilden einen hohen Wert, der die Entwicklung von spezifischen Pro-dukten
auf einer individuellen Plattformlösung ermöglicht. Allerdings
gilt: Intransparenz ist ein Auslaufmodell – der Wert von Produkten
muss nachweisbar sein. Die nötige Transparenz lässt sich idealer-weise
bei Private Marketplaces abbilden, auf denen Vermarkter und
Werbetreibende unter vertraulichen Bedingungen „programmatische“
Handelsabkommen schließen und transparent aussteuern können.
Auch in der Realtime-Advertising-Welt versetzt erst die Produktisie-rung
Advertiser/Agenturen in die Lage, ihre Marketingstrategien im
Media-Einkauf umzusetzen und den Wert eines Nutzers beziehungs-weise
einer Impression in Echtzeit zu ermitteln und die Wirtschaft-lichkeit
kampagnenspezifisch – auch bei einem höheren Preis – positiv
zu bewerten. Nicht zu unterschätzen ist, dass die Technologie neue
Produktqualitäten ermöglicht: So können durch Realtime Advertising
der Mediamix, die Kontaktklassen und Kreationen von übergreifenden
Kampagnen deutlich besser ausgesteuert und zur Kampagnenlaufzeit
kalibriert werden; Zielgruppen und Umfelder können dynamisch
bewertet und angepasst werden. Diese Wertschöpfung entsteht dort,
wo Inhalte produziert werden und wo in Kommunikationslösungen
investiert wird: bei Veröffentlichenden und Werbenden, nicht bei
technischen Intermediären und reinen Aggregatoren/Aufbereitern.
INVENTARQUALITÄT
Die Güte und die Leistung von Realtime-Advertising-Produkten hän-gen
– wie auch im klassischen, nichtprogrammatischen Bereich – we-sentlich
von der Qualität der zur Verfügung stehenden Inventare und
Werbeformen ab. Je hochwertiger und umfangreicher das adressier-bare
Inventar, desto mehr Chancen bestehen, die Nachfrage zu erhö-hen
sowie die Kampagnenperformance für den Advertiser und damit
zusammenhängend die Monetarisierung für den Publisher zu steigern.
Eine eigene exklusive Plattformstrategie unterstreicht die direkte
Geschäftsbeziehung sowie das Thema Qualitätssicherung in Bezug auf
Brand Safety/Verbreitungsseriosität und Käuferqualität. Die Integra-tion
von Realtime Advertising auf verschiedenen Screens (Display,
Mobile, Video) verstärkt den Qualitätsanspruch und ermöglicht Wer-betreibenden
und Agenturen noch weitreichendere Möglichkeiten in
der Werbekommunikation. Realtime Advertising besitzt das Potenzial,
das digitale Mediengeschäft nachhaltig zu verändern. Die Automatisie-rung
entlastet den Vertrieb zugunsten intensiverer Konzeptarbeit für
Werbekunden und ihre Agenturen. Realtime-Advertising-Produkte
bringen Transparenz und einen neuen Qualitätsfokus in den Markt.
Mit einiger Wahrscheinlichkeit wird ein Großteil des standardisier-ten
Mediageschäfts langfristig über Realtime Advertising abgebildet.
Auf der anderen Seite sind aber nicht unerhebliche Investitionen in
Technologie und Mitarbeiterstab notwendig, um Realtime Advertising
nachhaltig zu realisieren, so dass Publisher die Entscheidung treffen
müssen, dies allein umzusetzen oder sich bestehenden Realtime-
Advertising-Lösungen anzuschließen. Unabhängig davon muss das Ab-bilden
der individuellen Beziehungen durch die Technologie gewähr-leistet
sein. Ein wesentlicher Aspekt für das erfolgreiche Umsetzen
einer Realtime-Advertising-Strategie sei abschließend erwähnt – das
Realtime-Advertising-Operating-Team. Denn neben der notwendigen
Technologie muss das Operating der Partnerschaften professionell
umgesetzt werden, idealerweise durch ein Team von Spezialisten, das
die Produkte kreiert, das Business-Framework für den Partner indi-viduell
aufsetzt und die Partnerschaften managt. Innovationslust und
Innovationsfähigkeit sind dabei die Treiber, um die Möglichkeiten von
Realtime Advertising zu verwirklichen.
28. REALTIME ADVERTISING VS. REALTIME BIDDING 55
VON MENSCHEN UND MASCHINEN –
REALTIME ADVERTISING VS. REALTIME
BIDDING
Was ist momentan der führende Trend in der Online-Werbung in
Deutschland? Überall ist der Begriff „automatisiert“ – oder eng-lisch
„programmatic“ – in Aller Munde. Dieser Begriff kann sich im
deutschen Markt allerdings auf verschiedene Arten von Media-Käufen
beziehen. Eine der am stärksten genutzten Formen des automatisier-ten
Handels ist Realtime Bidding (RTB). Inzwischen aber wird von den
meisten Marktteilnehmern der automatisierte Mediahandel als „Real-time
Advertising“ (RTA), „Private Marketplaces“ oder „Programmatic
Premium“ bezeichnet. Diese Automatisierungstechnologien haben
sich zu einem Innovationstreiber für die Online-Werbung entwickelt.
RTB hat in der Vergangenheit echten Mehrwert für Käufer geschaffen,
indem es die Möglichkeit bietet, Zielgruppendaten auf Impression-
Basis zu nutzen. Das war der Grund, warum sich der Ansatz im
deutschen Markt zunehmend durchgesetzt hat. Außerdem hat RTB zu
einer Neuorientierung in Richtung Daten und Algorithmen geführt,
um Gebote zu optimieren. Diese Algorithmen sind heute jedoch noch
nicht in der Lage, eine optimale Entscheidung für einen langfristigen
Vorteil für Käufer und Verkäufer zu treffen.
Daher mussten die menschlichen Beziehungen zwischen Käufern
und Verkäufern in die RTB-Welt eingebracht werden. Aber können
zwischenmenschliche Beziehungen und Automatisierung sinnvoll
nebeneinander existieren? Auf jeden Fall können und sollten sie sich
gegenseitig ergänzen. Das hat auch eine aktuelle, repräsentative
Studie11 ergeben.
Laut dieser Studie wird der Digitalbereich in Deutschland weniger
skeptisch betrachtet als in anderen europäischen Ländern. Gleich-zeitig
ist Deutschland das einzige Land, in dem die Mehrheit der
Frederike Voss,
Country Managerin
Central Europe,
AppNexus GmbH
11 Vgl. Studie von AppNexus, Warc und IAB Europe “Why and how programmatic is emerging as key to real-time marketing success”
(05/2014), abrufbar unter:http://bit.ly/1hkrRqt
Teilnehmer angab, zunächst eine Strategie auszuarbeiten und danach
Maßnahmen zu ergreifen. Einer der Gründe hierfür könnte sein, dass
Media-Verkäufer und -Käufer in Deutschland offenbar bessere Bezie-hungen
zueinander pflegen als anderswo. Diese werden hier im Ver-gleich
zu anderen europäischen Ländern weniger aggressiv, sondern
eher kooperativ eingeschätzt. In diesem Zusammenhang steht auch,
dass die deutschen Teilnehmer der Studie das größte Vertrauen in die
korrekte Platzierung und in die Sichtbarkeit der Anzeigen aufwiesen.
Auch in der Offline-Welt handeln Verkäufer und Käufer oft Konditi-onen
zum gegenseitigen Vorteil aus. Verkäufer bieten Käufern häufig
Privilegien im Austausch gegen deren Loyalität/Bindung. Auch wenn
also ein Käufer vielleicht nicht das höchste Gebot für eine bestimmte
Impression abgibt, könnte es dennoch langfristig mehr Umsatz ein-bringen,
diesem Käufer den Zuschlag zu erteilen.
Trotz des großen Vertrauens, das dem programmatischen Mediahan-del
entgegengebracht wird, sind nicht alle deutschen Marktteilnehmer
mit der Geschwindigkeit des Fortschritts im deutschen Markt zufrie-den.
Laut der Studie gaben 24 Prozent der Teilnehmer Widerstände
im eigenen Unternehmen als wesentliches Hindernis an, während die-ser
Anteil in Großbritannien lediglich bei 1 Prozent und in Frankreich
bei neun Prozent lag. Zudem bescheinigte ein Drittel der Teilnehmer
den Mediaagenturen mangelnde Fachkenntnisse im Umgang mit
programmatischem Mediahandel und sahen dies als Hindernis für
den Durchbruch.
In den vergangenen drei Jahren wurde nach „deutscher Manier“ sehr
ausführlich im Markt diskutiert, ob und wie der Einsatz von program-matischer
Planung und Steuerung relevant sei und die Auslieferung des
Inventars in Echtzeit funktionieren soll. Als ein Markt – im Vergleich
zu anderen Ländern – mit speziellen Bedarfen spielt Deutschland auf
den ersten Blick nicht unbedingt eine Vorreiterrolle, hat aber aus den
Problematiken gelernt, die in der Anfangszeit in den USA und in euro-päischen
Märkten erkannt wurden. Aus globaler Sicht kann Deutsch-land
sicherlich zu einem positiven Beispiel dafür werden, wie bezie-
29. REALTIME ADVERTISING VS. REALTIME BIDDING 56
hungsorientiertes Realtime Bidding die Effizienz von automatisierten
Transaktionen mit dem Wert echter Käufer-Verkäufer-Beziehungen
verbinden kann.
Zusammenfassend hat Deutschland einen sehr erfolgreichen Start
bei der Einführung des Realtime Advertisings verzeichnet. Die Studie
skizziert einen Markt, der weniger durch die neuen Technologien
auseinanderbricht, als vielmehr durch diese optimiert und angetrie-ben
wird. Deutschland hat sich bei der Einführung von RTB eher
konservativ verhalten, und das könnte sich nun als ein großer Vorteil
erweisen. Was als Realtime Bidding anfing, hat sich mittlerweile zu
Realtime Advertising weiterentwickelt und damit große Möglichkeiten
zur Transformation und Optimierung für alle Beteiligten geschaffen –
Vermarkter, Mediaagenturen und Publisher.
REALTIME ADVERTISING – A EUROPEAN PERSPECTIVE 57
REALTIME ADVERTISING – A EUROPEAN
PERSPECTIVE
The digital revolution continues to change the way that marketers
work at an exponential rate. One of the most important recent
drivers for innovation has been the arrival and rapid development
of programmatic technology.
According to „Why and How ‘programmatic’ is emerging as key to
realtime marketing success“ a recent research conducted by IAB
Europe12, WARC and AppNexus13 across more than 600 publishers,
advertisers and agencies at the frontline of the advertising industry in
Europe, Programmatic will have a significant impact on digital adverti-sing
(89 percent agreed) and 30 Prozent expect it to be dominant. Yet
at the same time nearly half of all publishers and two thirds of marke-ters
polled believed that they don’t yet really understand programma-tic,
or how to use it for maximum business advantage.
Whilst IAB Europe has a role in educating the market it also needs to
explain this new phenomenon to the regulator to both to illustrate its
role within the overall ‘Data’ picture and to make sure that there is
absolute transparency on how data is being used, whether it be third
party or first party and that the industry is meeting the relevant legal
requirements on data protection and privacy.
We are approaching this task of explaining how realtime advertising
works and its place within the rich and varied European digital ecosy-stem
in a variety of ways, including for example through the Pro-grammatic
Advertising Task Force which is publishing white papers;
conducting research amongst the relevant stakeholders and sizing
the European Programmatic market in conjunction with our AdEx
Benchmark Task Force which has responsibility for the strategy for
the annual AdEx Benchmark Report.14
Alison Fennah,
Executive Business
Advisor, IAB Europe
12 IAB Europe is the voice of digital business and the leading European-level industry association for the interactive advertising ecosystem.
Its mission is to promote the development of this young and innovative sector by shaping the regulatory environment, investing in
research and education, and developing and facilitating the uptake of business standards. Together with its members – companies and
national trade associations – IAB Europe represents many thousands of organisations across Europe. Since 2007, the BVDW is though
the Online-Vermarkterkreis (OVK) active member of the IAB Europe.
13 Vgl. Study from IAB Europe, AppNexus and Warc “Why and how ‘programmatic’ is emerging as key to real-time marketing success”
(06/2014), http://www.iabeurope.eu/files/7214/0197/2316/The_Why_and_How_of_programmatic_-_European_report_-_FINAL.pdf
14 All these details can be found on www.iabeurope.eu.
30. REALTIME ADVERTISING – A EUROPEAN PERSPECTIVE 59
Let’s take a quick look at some of the key features of Realtime
Advertising across Europe today:
The Netherlands was an early adopters of Realtime Advertising
following on from its origin in the US. Inventory is traded program-matically
across Mobile, Video, Web, and most recently Radio and
the Dutch market has also taken great strides in the advancement of
programmatic rich media/high impact formats.
In the UK advertising market has traditionally been buyer led. Media
is fragmented and the early adoption of programmatic focused on
Ad-Network optimisation and then Demand-Side-Platforms. Over
the last 18 months the major Agency Holding Companies have rolled
out their programmatic capabilities and programmatic volume has
grown rapidly.
In France the buyer/seller dynamic is more balanced and it was the
sellers who took the first programmatic initiative with the likes of
Orange and Hi-Media. Once they demonstrated the results, the
wider industry joined in and now programmatic is being embraced
across the value chain.
In Germany the sellers tend to take the first step with the buy side
looking out for the results. As experiments have driven knowledge
other stakeholder groups have been able to confidently start to use
these techniques.
These different approaches across the developed realtime adver-tising
markets provide a fascinating glimpse of the various possible
ways to grow this business segment. It is IAB Europe’s job, in coo-peration
with the european organizations, to gather knowledge and
facilitate pan-European discussions so that there is clarity on what
the opportunity is for different stakeholder groups. We enable the
key player to come together in our Commitees and Task Forces to
create standards which will deliver the ease of operation which the
big brands desire in order to invest increasing amounts of their mar-keting
budgets, particularly brand advertising budgets, into digital.
For example: Firstly, IAB Europe’s Programmatic Advertising Task
Force (mentioned earlier) has the job of creating standards around
how we define the different elements of Programmatic Advertising
as the discipline has developed somewhat differently across Europe
as a first step towards being able to measure those elements and
make them comparable across Europe.
Secondly IAB Europe’s Brand Advertising Committee has already
defined a suite of six recommended brand advertising formats which
offers a new branding environment to advertisers. The ‘Brand Buil-ders’
package has the aim of making brand advertising across TV and
digital easier. By providing a 16:9 TV compatible dimension the suite
is able to support in-page video advertising. By fuelling the increase
of high value, high quality inventory for large scale brand advertisers,
IAB Europe also envisages an increase in programmatic trading of
premium digital advertising.
These are just a couple of examples of how IAB Europe is committed
to supporting such trends and producing Standards and best practice
guidelines which are intended to make it easier for companies to tra-de
and are appreciated by advertisers and other stakeholders.
Coming full circle back to the top-line objectives of IAB Europe,
initiatives such as these in realtime advertising to manage and grow
our business effectively and responsibly will support our overall aims
of Increasing recognition by the EU institutions, and key third-party
stakeholders, of the legitimate place of the online advertising model
in the complex ecosystem that is the Internet and of its significant
contribution to the European economy.