Wandel: Die letzte Konstante der Gegenwart
Entsprechend der technologisch-gesellschaftlichen Veränderungen sind Märkte in stän-diger Bewegung, Grenzen und Definition verändern sich täglich. Direkte und indirekte Wettbewerber sind kaum zu unterscheiden, während gleichzeitig eine andauernde Dis-kussion darüber besteht, welche Trends den jeweiligen Markt neu formen und welche lediglich Strohfeuer legen. Verschafft Story Telling einer Marke eine klarere Wahrneh-mung? Ist Content Marketing notwendig, um Produktkommunikation zukunftsfähig zu machen? Ist Digital Curation die richtige Antwort auf das partizipative Verhalten der Masse?
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Entsprechend der technologisch-gesellschaft-
lichen Veränderungen sind Märkte in stän-
diger Bewegung. Grenzen und Definitionen
verändern sich täglich. Direkte und indirekte
Wettbewerber sind kaum zu unterscheiden,
während gleichzeitig eine andauernde Diskus-
sion darüber besteht, welche Trends den jewei-
ligen Markt neu formen und welche lediglich
Strohfeuer legen. Verschafft Story Telling
einer Marke eine klarere Wahrnehmung? Ist
Content Marketing notwendig, um Produkt-
kommunikation zukunftsfähig zu machen?
Ist Digital Curation die richtige Antwort auf
das partizipative Verhalten der Masse?
Unterscheiden lernen und nicht
den Überblick verlieren
Der ständige Wandel hinterlässt damit vor
allem eine unüberschaubare Ausgangssitua-
tion. Unternehmen stehen vor der Herausfor-
derung, im Sinne der Marke relevanten von
irrelevantem Wandel zu unterscheiden und
dabei nicht den Marktüberblick zu verlieren.
Der Kunde ist Konsument und Protagonist
zugleich. Er zelebriert seine Wirtschaftskraft.
Zudem integriert der Kunde immer mehr
Medienfunktionalitäten in seinen Alltag. Nut-
zungsgewohnheiten werden innerhalb von
Monaten aufgebrochen. Während die Handy-
akzeptanz fast 20 Jahre benötigte, hat sich das
Smartphone als Massenmedium in 5 Jahren
durchgesetzt. Der Tablet-PC wird voraussicht-
lich nur noch 3 Jahre benötigen. Mit diesem
technologischen Wandel geht ein Nutzerbild
einher, das auf sehr individuellen Gewohn-
heiten beruht, Nischen sucht und kreiert so-
wie in kürzeren Abständen Innovationen auf-
nimmt und wieder fallen lässt.
Für Unternehmen und deren Marke stellt
sich die Herausforderung, mit dem Kunden
Schritt zu halten und entsprechend innova-
tiv auf Veränderungen zu reagieren. Dabei
muss das Markenmanagement sowohl Gesell-
schafts-, Markt- und Kundenentwicklungen
sowie die Wettbewerber beobachten und in
kürzester Zeit entscheiden, ob bzw. wie auf
diesen Wandel zu reagieren ist.
Diese Herausforderung proaktiv Wandel
zu gestalten, hat in den vergangenen Jahren
selbst erfolgreiche Marken und Unternehmen
in Schwierigkeiten gebracht. Es reicht nicht zu
erkennen, dass sich die Welt verändert hat.
Erst konkrete Handlungen schaffen Wettbe-
werbsvorteile.
Mit externen und internen Analysen
sicher entscheiden
Um wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen
Unternehmen aktiv in den Kundendialog tre-
ten und Bedürfnisse erkennen, bevor sie sich
etablieren. Mehr denn je bedeutet daher er-
folgreiche Unternehmensführung, die stra-
tegischen Chancen und Risiken zu erkennen,
die durch Veränderungen in Gesellschaft,
Kultur, Wirtschaft und Technologie entste-
hen. Auch erfolgreiche Markenführung ba-
siert auf diesem Prinzip. Sie erfordert Ana-
lysen und Bewertungen von Verhaltens- und
Strukturänderungen an Brand Touch Points.
Diese externen Betrachtungen sind um in-
terne Analysen der Unternehmensprozesse,
Kultur und Ressourcen zu ergänzen. Die im
MarkenmanagementsogewonnenenErkennt-
nisse entscheiden, ob Markenpotenziale ge-
nutzt oder Konsumentenunsicherheiten ver-
stärkt werden.
Ausgetretene Pfade verlassen, ohne
das Ziel aus den Augen zu verlieren
Auch wenn oft die Notwendigkeit von Ver-
änderungen erkannt wird, fällt der Umgang
mit Wandel schwer. Entscheider halten an
tradierten Lösungen fest, obwohl bessere
Alternativen zu erkennen sind. Organisatio-
nen sind in spezifischen Prozessen verhaftet,
denen eine schwer zu durchbrechende Routine
innewohnt: Historisch gewachsen und durch
vergangene Entscheidungen vorgeprägt, las-
sen sich rationale Gewissheiten nicht schnell
genug umsetzen.
Dynamik ist hier die gefragte Kernkompe-
tenz der Markenführung, die es Organisatio-
nen ermöglicht, relevante Trends zu anti-
Dynamische
Markenführung
im Zeitalter
des rapiden Wandels
Die letzte Konstante der Gegenwart ist die permanente Veränderung.
Das flexible System „Lead the Change“ hilft Unternehmen wie Dienstleistern, Marken trotz
schnell wechselnder Einflüsse zu positionieren und aktiv zu gestalten.
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zipieren, Prozesse entsprechend neu zu
gestalten und Ressourcen zu rekonfigurieren.
Eine dynamische Denkweise fordert ein, dass
Organisationen eigenen Prozessänderungen
und Entwicklungen gegenüber aufgeschlos-
sen sind. Sie ist ein Indikator dafür, dass ganz
unterschiedliche Fähigkeiten in den Wert-
schöpfungsprozess integriert werden können:
Offenes Erforschen von Veränderungschancen
sowie konkretes Ausnutzen erkannter Mög-
lichkeiten.
Unternehmenseigene Dynamik liefert
Optionen für das Handeln
Externer Wandel, Markenmanagement und
Unternehmensführung bzw. interne Unter-
nehmensprozessesindengverwoben.Darüber
hinaus sind sie auch voneinander abhängig,
bedingen sich und sind auf strategischer
Ebene die Eckpfeiler jeder Unternehmensent-
scheidung.
Wandel ist dabei nicht nur der externe Aus-
löser,aufdenUnternehmenreagierenmüssen.
Markenmanager, die frühzeitig relevante
Veränderungen identifizieren und umsetzen,
können den Wandel gestalten. Ihnen wird es
gelingen, ihre wirtschaftliche und kommuni-
kative Führungsposition aktiv auszubauen
oder neue Felder zu besetzen.
Dies wird aber nur dann Erfolg haben,
wenn die unternehmenseigene Dynamik
handlungsorientierte Antworten auf fol-
gende Fragen liefert: Welcher Wandel ist für
unsere Marke relevant? Wie kann diese Idee
von Wandel, Marke und Unternehmen erfolg-
reich in alle Prozesse integriert werden? Wie
kann ein dynamisches Markenmanagement
aussehen? Welche Faktoren werden zu wel-
chem Zeitpunkt berücksichtigt?
Lead the Change: Dynamisches
Markenmanagement mit System
Kommunikation, die heute nachhaltig erfolg-
reich sein will, muss den Wandel in Form von
Innovation aktiv vorantreiben und umsetzen.
Veränderungen werden als Chance begriffen,
die Positionierung der eigenen Marke zu
stärken und sich einen strategischen Wettbe-
werbsvorteil zu erkämpfen.
Klassische Strategiemethoden kommen
immer wieder auf den Ansatz zurück, dass
jede strategische Entscheidung durch eine
umfassende Recherche der externen Bedin-
gungen eingeleitet wird: Markt, Wettbewer-
ber, (potenzielle) Kunden, gesellschaftlich
relevante Entwicklungen. Im Anschluss wer-
den eigene Ziele formuliert, Wege definiert
und Maßnahmen festgelegt.
Der zentrale Unterschied zu diesen klassi-
schen Ansätzen liegt in der dynamischen Mar-
kenführung, denn Prognosen aus einer rück-
wärtigen Betrachtung von Entwicklungen
sind kaum erfolgversprechend. Daher sollten
sich Markenverantwortliche wieder auf den
Kern der unternehmerischen Tätigkeit besin-
nen: eine eigene Vision für das Unternehmen,
die Produkte und die Marke zu entwickeln,
die auf professionellem Weitblick und unter-
nehmerischer Überzeugung basieren.
Als Richtschnur eines in diesem Sinne
wertschöpfenden Vorgehens hat sich der fol-
gende Prozess bewährt:
Prozessschritt 1: Dream
„Dream“ steht sinnbildlich für den ersten
Schritt, bei dem man sich mit Veränderungen
im weiteren Umfeld der Marke auseinander-
setzt. In möglichst breit aufgestellten Teams
wird der bekannte Rahmen des Markenund
Unternehmenskontextes verlassen.
Zielistes,„denKopfaufzumachen“,umdie
bestmögliche Zukunft der Marke zu visuali-
sieren.EntscheidendsindandieserStellenicht
die reinen Fakten, sondern das Interesse und
Gespür für wichtige Einflüsse zu entwickeln.
„Dream“ greift die Theorie von explizitem
und implizitem Wissen zur Innovationsförde-
rung auf. Unternehmensentscheider und Mar-
kenexperten des eigenen Unternehmens sind
die Träger des kollektiven und individuellen
Marken- und Marktverständnisses. Dieses
kann nicht immer explizit dekodiert werden,
sondern drückt sich häufig durch Intuition
aus. Durch zielgerichtetes Spielen mit neuen
Ideen und Szenarien lässt sich diese Intuition
in Zukunftsbilder umsetzen.
Die methodischen Ansätze hierfür sind
Workshop-Techniken des Innovationsma-
nagements. Grundlegend dabei ist es, mit he-
terogenzusammengesetztenTeilnehmernaus
verschiedenen Disziplinen einen offenen und
freien Diskussionsraum zu schaffen. Die teil-
nehmenden Mitarbeiter und auch externen
Experten werden über verschiedene Blickwin-
kel mitihren bekannten Märkten, Konkurren-
ten, Interessengruppen und Trends konfron-
tiert. Im Ergebnis werden Kontaktpunkte,
Medien, Formate und Content, schlicht alle
Markenberührungspunkte und deren Einbin-
dung in ihre Umwelt, hinterfragt, neu kombi-
niert und auf ihre Tragfähigkeit hin gefiltert.
Prozessschritt 2: Search
Erst im Anschluss erfolgt der Einsatz her-
kömmlich erprobter Marktforschungsverfah-
ren. Die Zukunftsvisionen der Marke werden
über qualitative und quantitative Verfahren
validiert. In der Searchphase werden all jene
Indikatoren identifiziert, die die Plausibilität
der Markenszenarien stützen. Insbesondere
werden Chancen und Risiken bewertet und
diese mit den existierenden und noch zu
entwickelnden Stärken und Schwächen der
Marke abgeglichen.
Dream
Search
Think
Act
Prove
GradderKonkretisierung
Operative Umsetzbarkeit
What is relevant
CHANGE?
What ROLE
to take?
What makes
the IDEA happen?
Lead the Change: das Modell zur dynamischen Markenführung von Publicis.
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Prozessschritt 3: Think
Herrscht erst einmal Klarheit über den an-
zustrebenden Sollzustand der Marke, erfolgt
die Konzeption der operativen Maßnahmen.
Hierbei sind nicht nur die Geschehnisse in
Richtung externer Bezugsgruppen zu durch-
denken, sondern es sind auch Implikationen
auf interne Prozesse und Strukturen der
Unternehmenskommunikation zu bewerten.
Der Blick ist dabei nicht allein auf Marketing
und Vertrieb gerichtet, vielmehr bezieht er alle
Kontaktpunkte des Marktes mit dem Unter-
nehmen ein.
So gelingt es, den „path of growth“ zu be-
schreiben. Zukunftsfähige Kommunikations-
ansätze werden zur heutigen Rolle der Marke
addiert. Es entstehen neue Formate, neue
Medien, neue Botschaften – aber auch verän-
derte Businessmodelle sowie Produkt- und
Serviceinnovationen
Prozessschritt 4: Act
Erst jetzt werden Kampagnen entwickelt,
Produkte gestaltet oder Businessmodelle
umgesetzt. Der Roll-out wird terminiert und
Erfolgsfaktoren definiert. Diese fließen wie-
derum in die Erfolgsbewertung ein.
Prozessschritt 5: Prove
Im letzten Schritt wird das Ergebnis dieses
Prozesses während des Marktlaunches wie
auch nach dessen Ende kontinuierlich auf den
Erfolg hin geprüft. „Prove“ steht dabei für ein
langfristiges Monitoring, basierend auf den
zuvor festgelegten Erfolgskriterien.
Wertsteigerung und ihre Messbarkeit sind
dabei das Fundament eines jeden Wandels.
Externe Messinstrumente wie Neuromarke-
ting-Analysen, Social-Media-Buzz-Analysen
und Online-Panels werden eingesetzt, um die
Kommunikation der Marke auf dem Weg in
die Zukunft zu optimieren.
Auf diesem Weg können Kommunika-
tionsagenturen ihren Kunden zukunftsorien-
tiertes Denken anbieten. Veränderungen, die
für Kunden relevant sind, werden aktiv auf-
genommen und im Sinne des Kunden beein-
flusst. So wird „Leadership“ für den Kunden
aufgebaut oder bewahrt. Die Bedeutung von
Leadership definiert dabei jeder Kunde indi-
viduell: sei es durch Marktanteil, Image oder
Thought Leadership.
Anja Brachwitz, Dirk Kedrowitsch,
Sebastian Schmidt /publicis.de
Fazit: Das Motto lautet „Lead the Change“
Die Umbrüche, die wir in Gesellschaft, Politik und Wirtschaft
erleben und erleben werden, sind Paradigmenwechsel: Branchen-
wahrheiten verschwinden, Marktbarrieren fallen, Innovations-
zyklen werden immer kürzer, das Verhalten der Konsumenten ist
unkalkulierbar.
Um in diesem Zeitalter des rapiden Wandels handlungsfähig
sein zu können, bedarf es einer dynamischen Markenführung.
Statt zu warten, sind Veränderungen initiativ und systematisch
herbeizuführen. Um diesem Anspruch gerecht werden zu können,
lautet das Stichwort „Lead the Change“: Das Denken in Zukunfts-
szenarien vorantreiben; Freiräume schaffen, um kreativ arbeiten
zu können; explorativ vorgehen und Gedanken sichtbar machen;
Feedbackprozesse initiieren und beschleunigen; bereit sein,
Fehler zu machen und wieder von vorne anzufangen. Zusammen-
fassend fordern wir Kunden und Agenturen auf, sich folgende
inspirierende Fragen zu stellen:
1) What is the Change to lead?
Welcher Wandel ist relevant? Welche Trends sind nachhaltig?
Welche angenommenen Wahrheiten einer Kategorie/einer Branche
zerbrechen? Was sind die Treiber des Wandels? Technologie?
Gesellschaft? Politik? Rechtliche Veränderungen?
2) What ist the Role to take?
Welche Rolle kann das Unternehmen spielen? Welche Wünsche,
Träume, Bedürfnisse der Kunden kann das Unternehmen besser
erfüllen als alle Wettbewerber?
3) What Idea makes it happen?
Welche Ideen können wir entwickeln, die Business Creativity
darstellen, und die über konventionelle Werbeideen hinaus gehen?
Diese Gedanken und die geschilderte Vorgehensweise knüpfen
an die Tradition des großen Werbers und Gründer von Publicis
Marcel Bleustein-Blanchet
an. „If you wait for things to change before you act, they change without you.
At a certain point you must let go off your rationality and jump.“
5. Sebastian Schmidt | Managing Director
c/o PUBLICIS Berlin | Chausseestr. 8 | 10115 Berlin | Deutschland
T: +49 30 820 82 0 | F: +49 30 820 82 0
E: sebastian.schmidt@publicis.de