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13Sebastian Schmidt congena Texte
Mit dem Begriff »Enterprise 2.0« um-
schrieb Andrew McAffee bereits 2006 die
durch Social Media entstehenden neuen
Managementmöglichkeiten, die eine
Antwort auf die geschilderten Heraus-
forderungen darstellen sollten. Don
Tapscott und Anthony D. Williams gaben
im gleichen Jahr ihrem Business-Bestseller
den Titel »Wikinomics – How Mass col-
laboration changes everything«: Techno-
logien, die partizipative Kommunikation,
Kollaboration und das ungehinderte Teilen
von Wissen in großen, dezentralen Or-
ganisationen ermöglichen, schienen ein
neues Wirtschaftszeitalter einzuläuten.
Doch folgte mittlerweile Ernüchterung:
Statt Social-Media-Technologien zu nut-
zen, um Transparenz und damit Vertrauen
in ökonomische Abläufe zu stärken, sank
die Zuversicht vieler Menschen in das
wirtschaftliche Gesamtsystem und damit
auch der Glaube an die Lösungsfähigkeit
unternehmerischer Herausforderungen
durch das eigene Unternehmen.
Mobilität fordert Agilität
Mitarbeiter arbeiten dezentral und mobil;
der Ort der Leistungserbringung kann lau-
fend wechseln und die Zusammenarbeit
zwischen den Kollegen und über Hierar-
chieebenen hinweg ist von einer »Instant
Feedback« Erwartung geprägt. Arbeit
und Freizeit sind nicht mehr trennscharf
auseinanderzuhalten. Das Management
kann per Mausklick Tausende von Mitar-
beitern gleichzeitig erreichen. Genauso
aber ist es dem einzelnen Mitarbeiter
möglich, an den gleichen Empfängerkreis
unmittelbar seine Kommentare abzuge-
ben. Agilität ist gefordert, also die Fähig-
keit von Unternehmen, in immer kürzeren
Abständen ihre Ziele zu definieren, zu
revidieren und anzupassen, ohne dass die
Strategie ihre stabilisierende Funktion ver-
liert. Veränderungsfähigkeit wird zur zen-
tralen Voraussetzung für die Realisierung
von Wettbewerbsvorteilen durch Wissen.
Die Einheit von Technologie, Wissen und
Kommunikation ist in einem solchen
Umfeld Grundlage für erfolgreiches Wirt-
schaften. »Wissenslogistik« löst die »Me-
dienkompetenz« des 20. Jahrhunderts ab.
Die Macht des Wissens
Die Rolle von Social Media für Kollaboration und Wissensmanagement in Unternehmen
Enterprise 2.0: Diagnose erfolgt
– Therapie gescheitert
Ein Blick auf die aktuellen Herausforderun-
gen von CEOs weltweit verrät, dass das
Management von Unsicherheit und
Komplexität als Nummer 1 auf der Tages-
ordnung vieler Konzerne steht. Um sich
dieser Aufgabe zu stellen, setzen große
Unternehmen oft auf technologische Lö-
sungen – neue Schlagwörter wie Industrie
4.0 oder Big Data belegen diesen Trend.
Was jedoch nützen diese Innovationen,
wenn sich das Management an sich,
also die konkrete Organisation von Auf-
gaben und Abläufen, nicht verändert?
Es erscheint schnell offensichtlich, dass
hier noch einiges zu tun ist: Noch be-
herrschen in den meisten Großunterneh-
men Top-down-Strategien das Geschehen,
anstatt auf eine offene Zusammenarbeit
der am Wertschöpfungsprozess beteiligten
Menschen zu setzen. Noch dominiert in
vielen Konzernen eine Excel-getriebene
Organisation des »Humankapitals« unter
Vernachlässigung von Kreativität und
Urteilsvermögen der Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter.
Um auf Unsicherheit und Komplexität der
digitalisierten, global-vernetzten Speed-
Ökonomie reagieren zu können, müssen
Unternehmen aber schneller denn je
agieren, die Konsequenzen ihres Handelns
am Markt unmittelbar erkennen, auswer-
ten und passende Veränderungsprozesse
ohne Zeitverzögerung umsetzen. Massen
an Informationen zu allen nur denkbaren
Themen aus allen Teilen der Welt sind nur
einen Klick weit entfernt. Die Nutzbar-
machung dieses Wissens ist nicht mehr
optional, sondern Voraussetzung für un-
ternehmerische Wettbewerbsvorteile.
Informationen müssen horizontal und
vertikal möglichst schnell und ungehindert
gesammelt, ausgewertet und weitergege-
ben werden können. Es geht nicht nur um
das »Gewusst wo« die richtigen Informati-
onen zu finden sind, sondern immer mehr
[und immer schneller] um das »Wie«: Wie
lässt sich aus Informationen Wissen ablei-
ten, verbreiten und kapitalisieren?
Sebastian Schmidt
Partake AG
14Sebastian Schmidt congena Texte
Die Macht des Wissens
14
Doch stellt der Einsatz der Social-Media-
Plattform in deutschen Großunternehmen
oftmals noch eine Managementinnovation
bzw. eine Kommunikationsinnovation dar.
Die damit einhergehende Veränderung des
beruflichen Verhaltens muss gelernt und
verankert werden.
Social Media bietet sicherlich eine wichtige
Chance, den Wissensaustausch zwischen
Mitarbeitern und Führungskräften zu
verbessern; insbesondere, wenn Führung
in dezentralen Strukturen erfolgt. Jedoch
stehen Entscheidungsträger, die sich
weiterhin an Richtlinien einer klassischen
Führungskultur orientieren, oftmals der
gewünschten Selbstorganisation der sozia-
len Medien sowie dem Imperativ Transpa-
renz mit Vorbehalten gegenüber.
Ein Grund dafür liegt darin, dass es ins-
besondere den mittleren Führungskräften
schwer fällt, eine Vorbildfunktion für
offene, unmittelbare und authentische
Kommunikation zu übernehmen: zu we-
nig Zeit, zu viele Themen und monetäre
Zielvorgaben schränken den Spielraum
ein, den Mehrwert von Social Media aus-
zuschöpfen.
Zudem verändert die Anwendung dieser
Tools die Prozesse der Mitarbeiterführung.
Social Media unterstützt kulturellen Wan-
del. Offene und öffentliche Diskussion von
Geschäftserfahrungen oder -strategien
übt Druck auf Führungskräfte aus, sich an
Gesagtes und Geschriebenes zu halten.
Mitarbeiter, die ihre Erfahrungen aus dem
Betriebsalltag reflektieren und somit Erfah-
rungswissen zeigen, treten damit in Kom-
petenzwettstreit mit frisch gebackenen
Team- oder Abteilungsleitern. Social Media
Tools werden als zusätzliche Kanäle inter-
pretiert – Wissen, das dort entsteht, muss
verstanden, selektiert und weiterbearbeitet
werden. Solange E-Mails und Meetings
nicht an Bedeutung verlieren, müssen sich
Führungskräfte somit in einem weiteren
Kanal profilieren.
Dennoch können Tools wie Wikis oder
Blogs willkommene Plattformen sein, um
Standpunkte der Unternehmensführung
»In der Realität mangelt es vor allem an
veränderungsfördernden Prozessen und
Strukturen, die die gewünschte transpa-
rente Informations- und Fehler-Lernkultur
sowie die erforderlichen Freiheitsgrade
ermöglichen und damit den Rahmen für
Mitarbeiter bilden, um Veränderungen
aktiv umzusetzen.« So lautet 2010 eine
Erkenntnis einer Studie der PA Consulting
in Zusammenarbeit mit der GfO. Die An-
passungsfähigkeit und -geschwindigkeit
der Unternehmen an veränderte Verhält-
nisse muss wachsen, um den zukünftigen
Herausforderungen eines erhöhten Wett-
bewerbsdrucks sowie der zunehmenden
Komplexität und wirtschaftlichen Unsi-
cherheit entsprechen zu können.
Welchen Beitrag können Social Media An-
wendungen im Unternehmen leisten, um
die Wettbewerbsfähigkeit von Organisa-
tionen zu erhöhen? Können Social Media
Tools Unternehmen helfen, Wissen einfa-
cher und schneller nutzbar zu machen?
Die mit S-L-A-T-E-S abgekürzte Erklärungs-
struktur von Social Media nach Nutzungs-
dimensionen ließe diesen Schluss zu:
S Search: Beiträge sind einfach
auffindbar.
L Links: Zusätzliche Inhalte und Metada-
ten sind durch Verlinkung und maschi-
nenlesbare Annotationen bereitgestellt.
Dadurch, dass diese Verlinkungen von
den Nutzern gesetzt werden, belegen
sie die Relevanz der Inhalte.
A Authoring: Das Veröffentlichen von
Beiträgen sowie das Bearbeiten von
Inhalten ist so einfach wie möglich.
T Tagging: Anwender kategorisieren
Inhalte mit frei definierbaren Stich-
worten. Diese Stichworte dienen als
Lesezeichen und machen Inhalte leicht
wieder auffindbar.
E Extensions: Die Anwendungen sind
modular aufgebaut; die benötigten
Anwendungsprogramme und -daten
werden zentral gehalten und ihre
Funktionalitäten werden je nach indivi-
duellem Bedarf zur Verfügung gestellt.
S Signals: Neue Inhalte können abonniert
werden.
15Sebastian Schmidt congena Texte
Die Macht des Wissens
15
zu diskutieren. Social Media Tools sind
aber keine Allheilmittel in der modernen
Unternehmensführung. Denn bei aller
Freude über die neuen medialen Möglich-
keiten wird Technik niemals Führung erset-
zen. Klare Ziele und Werte müssen durch
das Management gesetzt und verfolgt
werden. Diese Führungsverantwortung
kann nicht sozialisiert werden. Persönliche
Kommunikation wird auch zukünftig das
ausschlaggebende Moment sein, um Mit-
arbeiter zu motivieren und zu führen.
Neben unternehmenskulturellen Anpas-
sungsnotwendigkeiten existieren recht-
liche Einschränkungen, die Barrieren bei
der Nutzung von Social Media für das
Wissensmanagement in der mobilen und
dezentralen Arbeitswelt bilden.
Digitalen Darwinismus vermeiden
Ausschlaggebend hierbei ist, dass ein
großer Anteil von Mitarbeitern in großen
Konzernen keinen Internetzugriff am
Arbeitsplatz hat. Eine weitere Gruppe
von Mitarbeitern ist hochmobil und nutzt
ganz unterschiedliche Endgeräte, um
sich an der internen Kommunikation des
Unternehmens zu beteiligen. Die private
Nutzung des häuslichen Computers oder
mobiler Möglichkeiten wie Smartphones
wird durch Datenschutz, Betriebsverfas-
sung oder Rechtsunsicherheit erschwert.
So müssen beispielsweise Mitarbeiter in
Großunternehmen explizit einwilligen,
dass deren Inhalte zu innerbetrieblichen
Diskussionen auf Fremdgeräten außerhalb
des IT-Netzes des Konzerns sichtbar wer-
den dürfen. Keine leichte Aufgabe, geht
man von tausenden Nutzern in global
agierenden Konzernen aus. Noch heikler
wird die Frage hinsichtlich der Inhalte von
ausgeschiedenen Mitarbeitern. Müssen
diese Beiträge gelöscht werden oder wer-
den »nur« personenbezogene Daten ent-
fernt? Die technische und organisatorische
Herausforderung dieser Aufgabenstellung
wird schnell ersichtlich.
Der externe Zugriff auf Konzern-IT muss
nicht nur dem Schutz der eigenen Per-
sönlichkeit genügen, sondern auch den
Datenschutzbestimmungen der Unter-
nehmen. Diese Anforderung beansprucht
einen sicheren, passwortgeschützten
Log-in. Daraus ergibt sich Kosten- und
Zeitaufwand für beispielsweise gesonderte
Hardware oder Administrationsprozesse
zur kontinuierlichen Sicherung von Social
Media Tools.
Eine weitere Einschränkung der internen
Kommunikation über »Fremdrechner«
stellen die unterschiedlichen technischen
Plattformen sowie deren Softwarekon-
figurationen dar. Ob PC oder Apple, ob
Windows 7 oder OS X – die jeweilige
Computerausstattung kann zu massiven
Unterschieden der Benutzerfreundlichkeit
der Social Media Anwendung führen.
Der Wissensaustausch zwischen Führungs-
kräften und Mitarbeitern sowie die daraus
folgende horizontale Kommunikation
der Mitarbeiter untereinander darf keine
Zielgruppe im Unternehmen ausschließen.
Ansonsten wird sich die Kommunikation
ohne die Möglichkeiten einer Moderation
auf externe Wege des Web 2.0 verlagern.
Das wiederum lässt ganz neue Bedenken,
vor allem bezüglich Daten- und Persönlich-
keitsschutz, entstehen.
Rechtsunsicherheit findet sich bei der
Bewertung der Zeit, die Mitarbeiter für
das Lesen und Kommentieren von Un-
ternehmensinformationen im häuslichen
oder mobilen Zusammenhang aufwenden.
Ist diese Zeit als Arbeits- oder als Freizeit
einzuschätzen? Regelungen hierzu sind
zwischen Betriebsrat und leitenden Mitar-
beitern zu finden.
Bereitschaft der Mitarbeiter,
Wissen zu teilen
Nach jahrelangem Durchregieren im Sinne
des Shareholder Values ist das Vertrauen
der Mitarbeiter in die neue Beteiligungs-
kommunikation häufig erst in Ansätzen
vorhanden. Die Unternehmenshistorie
prägt die Organisationskultur. Damit hängt
die Intensität des Wissensaustauschs mit
16Sebastian Schmidt congena Texte
Die Macht des Wissens
Social Media Tools von der gelebten Un-
ternehmenskultur ab.
Durch Kontinuität bei der Einführung
der Social Media Tools sowie durch die
Zuteilung von personellen und finanziellen
Ressourcen müssen die Unternehmen
beweisen, dass sie es mit dem Wandel der
internen Kommunikation ernst meinen.
So können Mitarbeiter mit der Zeit Medi-
enkompetenz sammeln und ein Verständ-
nis der Mechaniken der Wissenslogistik
entwickeln. Mit etwas Ausdauer werden
Mitarbeiter so befähigt, sich aktuell, un-
ternehmensorientiert und kompetent über
Erfahrungen, Methoden und Fachwissen
auszutauschen. Der Aspekt des Selbstmar-
ketings ist dabei nicht zu unterschätzen.
Insbesondere bei einer heterogenen Nut-
zerschaft lässt sich die Akzeptanz einer
Social-Media-Plattform nur schrittweise
erreichen. Ohne ein kontinuierliches
Einwerben lässt sich kaum eine kritische
Menge an Teilnehmern gewinnen. Diese
ist aber notwendig, um später hinzukom-
mende Anwender vom Nutzen des Wis-
sensaustauschs zu überzeugen.
Eine reine »Selbststeuerung« der Akteure
scheint unternehmensübergreifend nur bei
Themen möglich, die intrinsisch motiviert
diskutiert werden. Oftmals geht es dabei
dann nicht um die große Unternehmens-
strategie, sondern eher um die Qualität
des Kantinenessens oder die neuesten
Tipps zum iPhone 6.
Erste Erfolge ermutigen
Moderierte Anwenderkreise können zu
Mitarbeiterengagement und Fachwissen
auf Social-Media-Plattformen und damit
zu neuen, emergenten Mehrwerten für
Fachleute und Unternehmen führen.
Aber Achtung: halbherzige Versuche und
Strohfeuer wirken eher kontraproduktiv.
Die Bereitschaft, eigene Meinungen und
eigenes Wissen im Unternehmen offen zu
legen, hängt jedoch immer stark von der
Brisanz des Themas sowie vom Involve-
ment der Personen ab.
Mitarbeiter, die sich aktiv und freiwillig für
den Wissensaustausch über Social-Media-
Plattformen im beruflichen Alltag entschei-
den, stehen mit Freude und Engagement
für »ihren« Bereich oder »ihr« Unterneh-
men ein. Die entstehenden Freiheitsgrade
lassen unentdeckte Leistungspotenziale
aufblühen. Eine höhere Arbeitszufrieden-
heit kann die Folge sein.
Social-Media-Technologien bewirken aber
alleine noch gar nichts. Entscheidend ist
die Person, die die Einführung vorantreibt,
und die Ernsthaftigkeit, mit der das Unter-
nehmen die Einführung von Social Media
voranbringt. Die Vorbildfunktion des
Managements kann in diesem Zusammen-
hang nicht stark genug betont werden.
Nichts verändert sich von selbst. Gerade
in großen Konzernen wirken starke Ver-
harrungskräfte, die es auch bei Verände-
rungen eingeübter Verhaltensweisen im
Wissensmanagement zu überwinden gilt.
»Wissen ist Macht« gilt so lange, wie der
individuelle Nutzen des Teilens von Infor-
mationen, Wissen und Meinungen nicht
klar erkennbar ist. Langfristig steht die
Notwendigkeit der schnelleren Wissens-
aufnahme und -verarbeitung als Voraus-
setzung der Wettbewerbsfähigkeit jedoch
außer Frage.
Allerdings wird es auch weiterhin Mitar-
beiter geben, die die Beteiligung an den
öffentlichen Diskussionen im Unterneh-
men ablehnen. Ist zudem das potenzielle
Publikum bei einer Diskussion in Social
Networks groß, beteiligen sich oftmals
nur wenige Mitarbeiter. Denn nach wie
vor herrscht eine große Unsicherheit über
die soziale Erwünschtheit eines offenen
Erfahrungsaustauschs. Viele Unternehmen
schaffen daher aktuell Klarheit über die
Form und den zulässigen Zeiteinsatz für
die Nutzung von innerbetrieblichen Social
Networks. Durch Guidelines werden Ziele
der Einführung von Web 2.0 Instrumenten
und die gewünschte Tonalität der Beiträge
formuliert, über Konsequenzen bei Regel-
verstößen wird aufgeklärt.
17Sebastian Schmidt congena Texte
Die Macht des Wissens
Als erfolgversprechender Start in den
partizipativen internen Wissensaustausch
haben sich Pilotprojekte in kleinen Arbeits-
gruppen erwiesen. Es kann dabei sinnvoll
sein, als geschlossene Benutzergruppe zu
starten, die auf Basis von Weiterempfeh-
lungen wächst. Bei diesem Vorgehen ist
dennoch Vorsicht geboten. Denn elitäre
Debattierclubs widersprechen dem Gedan-
ken der Informationstransparenz sozialer
Medien.
Social-Media-Erfolgsgeschichten, die den
Wissensaustausch in großen Unternehmen
vorantreiben, lassen sich insbesondere in
genau definierten Themenbereichen sch-
reiben, die strategische Relevanz besitzen
sowie möglichst viele positive Auswirkun-
gen für den einzelnen beteiligten Mitar-
beiter haben.
Beispielsweise können dies Wertediskus-
sionen über die Wikiplattform sein. Der
asynchrone Charakter der Kommunikation
sorgt für die kontinuierliche Möglichkeit,
sich als Mitarbeiter jederzeit mit den
Aussagen des Managements auseinander-
zusetzen. Diskussionen zwischen den Mit-
arbeitern untereinander sowie zwischen
Mitarbeitern und Management schaffen
eine zeitlich unabhängige Transparenz
über Sinn und Notwendigkeit der durch
die Unternehmenswerte erwarteten
Verhaltensweisen. Die Werte werden
verstanden und durch die Diskussion wei-
tergetragen. Die individuell geschilderten
positiven, aber auch negativen Beispiele
der Werteumsetzung im Konzern sorgen
für Identifikation des Einzelnen mit dem
Prozess der Veränderung.
Unternehmen, deren Strategien und Unter-
nehmenswerte von Wachstums-, Innova-
tions- und Mitarbeiterorientierung geprägt
sind, haben erkannt, dass ein Wettbewerb
auf den globalen Märkten nicht mehr
ohne die Vernetzung von Fach- und Erfah-
rungswissen der Mitarbeiter zu gewinnen
ist. Sie haben mit der Einführung von
Social-Media-Plattformen wie Jive oder MS
Sharepoint einen Prozess in Gang gesetzt,
der sich nicht mehr aufhalten lässt.
Fazit
Der Erfolg von Social Media bei der
Sammlung, Selektion und Verbreitung von
Wissen ist abhängig von der Bereitschaft
der Führungskräfte, eine Kommunikation
entsprechend der Social-Media-Regeln zu
unterstützen. Entschließt sich das Top Ma-
nagement, die Angst vor »unkontrollierter
Kommunikation« zu überwinden, verän-
dert Technologie kollektives Verhalten:
• Wissen, Informationen und Meinungen
stehen zeitlich, räumlich und von ein-
zelnen Wissensträgern unabhängig zur
Verfügung.
• Motivierte Mitarbeiter setzen sich für
ihr Unternehmen verstärkt ein.
• Einstellungen und Bedürfnisse von Kun-
den und Mitarbeitern werden schneller
erkannt.
• Interne und externe Handlungsnotwen-
digkeiten können zeitlich angemessen
ergriffen werden. Feedback auf Aktivi-
täten erfolgt unmittelbar.
• Unterschiedlichste Mitarbeiter- und
Kundenperspektiven stehen zur Beseiti-
gung von Unzulänglichkeiten oder zur
Weiterentwicklung bestehender Lösun-
gen zur Verfügung.
Entscheidend für die Einführung von So-
cial-Media-Plattformen sind insbesondere
jedoch die Mitarbeiter, die sich freiwillig
engagieren und für ihre Standpunkte in
offenen Diskussionen einstehen.
Eine konstruktive Feedbackkultur trägt zur
Verstärkung des Vertrauens in der gesam-
ten Mitarbeiterschaft bei. Sie erhöht die
Bereitschaft, Erfahrungen zu teilen auch
bei Mitarbeitern, deren Kommunikations-
verhalten eher durch »digitale Schüchtern-
heit« geprägt ist.
Um die Social-Media-Affinität der mit her-
kömmlicher Kommunikationskultur und
-technologie sozialisierten Mitarbeiter zu
erhöhen, müssen diese in ihrem traditio-
nellen Kommunikationsverhalten abgeholt
werden.
18Sebastian Schmidt congena Texte
Die Macht des Wissens
Ausblick
Der Erfolg eines Veränderungsprozesses im
Wissensmanagement hängt stark von der
unternehmensinternen Kommunikation ab.
Erfolgsfaktoren, wie das Bekenntnis aller
Betroffenen zu den Unternehmenszielen,
die Strukturierung und Transparenz des Pro-
zesses des Wissensaustauschs, Kommuni-
kation von Projekterfolgen, das rechtzeitige
Erkennen von Risiken, eine schnelle Reak-
tion auf Störungen, werden sich durch den
gezielten Einsatz partizipativer Technologie
in der internen Unternehmenskommunika-
tion besser entfalten können.
Noch immer besteht ein hoher Optimie-
rungsbedarf bei der Gestaltung und Um-
setzung solcher Kommunikationssysteme.
Ein verklärter Blick auf eine schöne neue
Welt der »sozialen« Medien ist sicher-
lich nicht angebracht. Der Nutzen von
Social Media wird nur dann zum Tragen
kommen, wenn organisatorische Grund-
voraussetzungen geschaffen werden. Ein
offenes Arbeitsklima, eine konstruktive
Feedbackkultur und das Vertrauen zwi-
schen Mitarbeitern über alle Ebenen sind
die notwendigen Bedingungen für den
erfolgreichen Einsatz von Social Media.
»The link is more important than the
thing«. Diese Vision des Miteinanders in
der vernetzten, globalisierten Wirtschaft
bekommt spätestens mit der nächsten Ge-
neration von Kommunikationstechnologie
eine neue Bedeutung: Big Data Anwen-
dungen, die digitale Inhalte und Dienste
bedarfsgerecht zusammenführen, Peer-to-
Peer-Kommunikation zwischen Rechnern
bzw. Endgeräten, die emergente Business
Prozesse ermöglichen oder Produkte,
die ihre Nutzungsdaten eigenständig
kommunizieren.
Was technisch möglich ist, muss betrieb-
liche Abläufe verändern. Der Erfolg eines
Unternehmens hängt davon ab, wie es
als soziotechnisches System funktioniert.
Diese Erkenntnis der Organisationstheorie
aus den 50er Jahren des letzten Jahrhun-
derts bekommt heute eine ganz neue
Dringlichkeit.
Handlungsempfehlungen
• Bringen Sie das Top-Management
hundertprozentig hinter die Philosophie
von Social Media. Es geht um mehr
als um die Einführung zeitgemäßer
Kommunikationsmedien. Es geht um
Offenheit und Öffentlichkeit sowie um
Wertschätzung und Authentizität.
• Beweisen Sie den Mitarbeitern, dass Sie
mit der Einführung von Social Media
langfristige Ziele verfolgen, denen
personelle, zeitliche und finanzielle
Ressourcen zugeteilt werden. Geben
Sie Verhaltens-Guidelines heraus, um
Unsicherheiten abzubauen.
• Nehmen Sie alle Mitarbeiter mit. Den-
ken Sie an die Mitarbeiter, die nicht die
Infrastruktur des Headquarters nutzen
können. Gewähren Sie mobilen und
häuslichen Zugriff oder richten Sie Info-
Terminals ein. Regen Sie die Mitarbeiter
an, regional relevanten Inhalt zu disku-
tieren. Fragen Sie die Mitarbeiter nach
Informations- und Kommunikationsbe-
dürfnissen und nicht nach Wünschen
bezüglich Technik Tools.
• Aktivieren Sie Social-Media-Missionare.
Ermächtigen Sie Lead User als Floor-
walker, veranstalten Sie Barcamps in
Eigenregie der Mitarbeiter. Durch den
persönlichen Austausch lässt sich der
Wert emergenter Teams vs. hierarchi-
scher Organisationsstrukturen am bes-
ten kommunizieren.
• Lockern Sie die Zügel. Der Wissensaus-
tausch muss horizontal im Unterneh-
men starten. Hierbei ist die systemati-
sche Moderation wichtiger als die reine
Information.
• Berichten Sie über Erfolge: von per-
sönlichen Vorteilen der Nutzung, von
internationalen Einsatzszenarien,
Erfolgsstorys aus der externen Kom-
munikation. Berichten Sie aber auch
über Tools, die aufgrund von Web 2.0
Anwendungen überflüssig und daher
abgeschaltet wurden.
• Und seien Sie letztlich geduldig. Digital
Natives treffen auf Digital Immigrants,
gelernte Arbeits- und Kommunikati-
onsprozesse treffen auf das Prinzip der
Selbstorganisation. Veränderungen
brauchen Zeit.
19Sebastian Schmidt congena Texte
Die Macht des Wissens
Können die überlebenswichtigen Fragen,
vor denen Unternehmen der Bankenwelt,
der Energieversorgung oder des Gesund-
heitssystems stehen, in einer von forma-
listischen Hierarchien geprägten Organi-
sation gelöst werden? Oder erschöpft sich
nicht die klassische Top-down-Führung
durch die Möglichkeiten partizipativer
Kommunikationstechnologien in sich
selbst? Ist es nicht bereits heute so, dass
wegweisende unternehmerische Impulse
eher von vernetzten, agilen Game Chan-
gern stammen, als von Konzernen der
ehemaligen »Deutschland AG«?
Es ist höchste Zeit, mit fadenscheinigen
Social-Media-Aktivitäten in Unternehmen
Schluss zu machen. Sie dienen meist nur
der Selbstdarstellung medienkompetenter
Mitarbeiter. Um den vollen Nutzen der
technischen Möglichkeiten zu realisieren,
müssen Hierarchien endlich mehr Durch-
lässigkeit bekommen bzw. aufgegeben
werden. Ansonsten wird es kaum möglich
sein, ein immenses Wissenspotenzial zu
heben – und damit steht und fällt der
Mehrwert, den ein Unternehmen über-
haupt zur Wirtschaftsleistung beitragen
kann.

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Die Macht des Wissens

  • 1.
  • 2. 13Sebastian Schmidt congena Texte Mit dem Begriff »Enterprise 2.0« um- schrieb Andrew McAffee bereits 2006 die durch Social Media entstehenden neuen Managementmöglichkeiten, die eine Antwort auf die geschilderten Heraus- forderungen darstellen sollten. Don Tapscott und Anthony D. Williams gaben im gleichen Jahr ihrem Business-Bestseller den Titel »Wikinomics – How Mass col- laboration changes everything«: Techno- logien, die partizipative Kommunikation, Kollaboration und das ungehinderte Teilen von Wissen in großen, dezentralen Or- ganisationen ermöglichen, schienen ein neues Wirtschaftszeitalter einzuläuten. Doch folgte mittlerweile Ernüchterung: Statt Social-Media-Technologien zu nut- zen, um Transparenz und damit Vertrauen in ökonomische Abläufe zu stärken, sank die Zuversicht vieler Menschen in das wirtschaftliche Gesamtsystem und damit auch der Glaube an die Lösungsfähigkeit unternehmerischer Herausforderungen durch das eigene Unternehmen. Mobilität fordert Agilität Mitarbeiter arbeiten dezentral und mobil; der Ort der Leistungserbringung kann lau- fend wechseln und die Zusammenarbeit zwischen den Kollegen und über Hierar- chieebenen hinweg ist von einer »Instant Feedback« Erwartung geprägt. Arbeit und Freizeit sind nicht mehr trennscharf auseinanderzuhalten. Das Management kann per Mausklick Tausende von Mitar- beitern gleichzeitig erreichen. Genauso aber ist es dem einzelnen Mitarbeiter möglich, an den gleichen Empfängerkreis unmittelbar seine Kommentare abzuge- ben. Agilität ist gefordert, also die Fähig- keit von Unternehmen, in immer kürzeren Abständen ihre Ziele zu definieren, zu revidieren und anzupassen, ohne dass die Strategie ihre stabilisierende Funktion ver- liert. Veränderungsfähigkeit wird zur zen- tralen Voraussetzung für die Realisierung von Wettbewerbsvorteilen durch Wissen. Die Einheit von Technologie, Wissen und Kommunikation ist in einem solchen Umfeld Grundlage für erfolgreiches Wirt- schaften. »Wissenslogistik« löst die »Me- dienkompetenz« des 20. Jahrhunderts ab. Die Macht des Wissens Die Rolle von Social Media für Kollaboration und Wissensmanagement in Unternehmen Enterprise 2.0: Diagnose erfolgt – Therapie gescheitert Ein Blick auf die aktuellen Herausforderun- gen von CEOs weltweit verrät, dass das Management von Unsicherheit und Komplexität als Nummer 1 auf der Tages- ordnung vieler Konzerne steht. Um sich dieser Aufgabe zu stellen, setzen große Unternehmen oft auf technologische Lö- sungen – neue Schlagwörter wie Industrie 4.0 oder Big Data belegen diesen Trend. Was jedoch nützen diese Innovationen, wenn sich das Management an sich, also die konkrete Organisation von Auf- gaben und Abläufen, nicht verändert? Es erscheint schnell offensichtlich, dass hier noch einiges zu tun ist: Noch be- herrschen in den meisten Großunterneh- men Top-down-Strategien das Geschehen, anstatt auf eine offene Zusammenarbeit der am Wertschöpfungsprozess beteiligten Menschen zu setzen. Noch dominiert in vielen Konzernen eine Excel-getriebene Organisation des »Humankapitals« unter Vernachlässigung von Kreativität und Urteilsvermögen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Um auf Unsicherheit und Komplexität der digitalisierten, global-vernetzten Speed- Ökonomie reagieren zu können, müssen Unternehmen aber schneller denn je agieren, die Konsequenzen ihres Handelns am Markt unmittelbar erkennen, auswer- ten und passende Veränderungsprozesse ohne Zeitverzögerung umsetzen. Massen an Informationen zu allen nur denkbaren Themen aus allen Teilen der Welt sind nur einen Klick weit entfernt. Die Nutzbar- machung dieses Wissens ist nicht mehr optional, sondern Voraussetzung für un- ternehmerische Wettbewerbsvorteile. Informationen müssen horizontal und vertikal möglichst schnell und ungehindert gesammelt, ausgewertet und weitergege- ben werden können. Es geht nicht nur um das »Gewusst wo« die richtigen Informati- onen zu finden sind, sondern immer mehr [und immer schneller] um das »Wie«: Wie lässt sich aus Informationen Wissen ablei- ten, verbreiten und kapitalisieren? Sebastian Schmidt Partake AG
  • 3. 14Sebastian Schmidt congena Texte Die Macht des Wissens 14 Doch stellt der Einsatz der Social-Media- Plattform in deutschen Großunternehmen oftmals noch eine Managementinnovation bzw. eine Kommunikationsinnovation dar. Die damit einhergehende Veränderung des beruflichen Verhaltens muss gelernt und verankert werden. Social Media bietet sicherlich eine wichtige Chance, den Wissensaustausch zwischen Mitarbeitern und Führungskräften zu verbessern; insbesondere, wenn Führung in dezentralen Strukturen erfolgt. Jedoch stehen Entscheidungsträger, die sich weiterhin an Richtlinien einer klassischen Führungskultur orientieren, oftmals der gewünschten Selbstorganisation der sozia- len Medien sowie dem Imperativ Transpa- renz mit Vorbehalten gegenüber. Ein Grund dafür liegt darin, dass es ins- besondere den mittleren Führungskräften schwer fällt, eine Vorbildfunktion für offene, unmittelbare und authentische Kommunikation zu übernehmen: zu we- nig Zeit, zu viele Themen und monetäre Zielvorgaben schränken den Spielraum ein, den Mehrwert von Social Media aus- zuschöpfen. Zudem verändert die Anwendung dieser Tools die Prozesse der Mitarbeiterführung. Social Media unterstützt kulturellen Wan- del. Offene und öffentliche Diskussion von Geschäftserfahrungen oder -strategien übt Druck auf Führungskräfte aus, sich an Gesagtes und Geschriebenes zu halten. Mitarbeiter, die ihre Erfahrungen aus dem Betriebsalltag reflektieren und somit Erfah- rungswissen zeigen, treten damit in Kom- petenzwettstreit mit frisch gebackenen Team- oder Abteilungsleitern. Social Media Tools werden als zusätzliche Kanäle inter- pretiert – Wissen, das dort entsteht, muss verstanden, selektiert und weiterbearbeitet werden. Solange E-Mails und Meetings nicht an Bedeutung verlieren, müssen sich Führungskräfte somit in einem weiteren Kanal profilieren. Dennoch können Tools wie Wikis oder Blogs willkommene Plattformen sein, um Standpunkte der Unternehmensführung »In der Realität mangelt es vor allem an veränderungsfördernden Prozessen und Strukturen, die die gewünschte transpa- rente Informations- und Fehler-Lernkultur sowie die erforderlichen Freiheitsgrade ermöglichen und damit den Rahmen für Mitarbeiter bilden, um Veränderungen aktiv umzusetzen.« So lautet 2010 eine Erkenntnis einer Studie der PA Consulting in Zusammenarbeit mit der GfO. Die An- passungsfähigkeit und -geschwindigkeit der Unternehmen an veränderte Verhält- nisse muss wachsen, um den zukünftigen Herausforderungen eines erhöhten Wett- bewerbsdrucks sowie der zunehmenden Komplexität und wirtschaftlichen Unsi- cherheit entsprechen zu können. Welchen Beitrag können Social Media An- wendungen im Unternehmen leisten, um die Wettbewerbsfähigkeit von Organisa- tionen zu erhöhen? Können Social Media Tools Unternehmen helfen, Wissen einfa- cher und schneller nutzbar zu machen? Die mit S-L-A-T-E-S abgekürzte Erklärungs- struktur von Social Media nach Nutzungs- dimensionen ließe diesen Schluss zu: S Search: Beiträge sind einfach auffindbar. L Links: Zusätzliche Inhalte und Metada- ten sind durch Verlinkung und maschi- nenlesbare Annotationen bereitgestellt. Dadurch, dass diese Verlinkungen von den Nutzern gesetzt werden, belegen sie die Relevanz der Inhalte. A Authoring: Das Veröffentlichen von Beiträgen sowie das Bearbeiten von Inhalten ist so einfach wie möglich. T Tagging: Anwender kategorisieren Inhalte mit frei definierbaren Stich- worten. Diese Stichworte dienen als Lesezeichen und machen Inhalte leicht wieder auffindbar. E Extensions: Die Anwendungen sind modular aufgebaut; die benötigten Anwendungsprogramme und -daten werden zentral gehalten und ihre Funktionalitäten werden je nach indivi- duellem Bedarf zur Verfügung gestellt. S Signals: Neue Inhalte können abonniert werden.
  • 4. 15Sebastian Schmidt congena Texte Die Macht des Wissens 15 zu diskutieren. Social Media Tools sind aber keine Allheilmittel in der modernen Unternehmensführung. Denn bei aller Freude über die neuen medialen Möglich- keiten wird Technik niemals Führung erset- zen. Klare Ziele und Werte müssen durch das Management gesetzt und verfolgt werden. Diese Führungsverantwortung kann nicht sozialisiert werden. Persönliche Kommunikation wird auch zukünftig das ausschlaggebende Moment sein, um Mit- arbeiter zu motivieren und zu führen. Neben unternehmenskulturellen Anpas- sungsnotwendigkeiten existieren recht- liche Einschränkungen, die Barrieren bei der Nutzung von Social Media für das Wissensmanagement in der mobilen und dezentralen Arbeitswelt bilden. Digitalen Darwinismus vermeiden Ausschlaggebend hierbei ist, dass ein großer Anteil von Mitarbeitern in großen Konzernen keinen Internetzugriff am Arbeitsplatz hat. Eine weitere Gruppe von Mitarbeitern ist hochmobil und nutzt ganz unterschiedliche Endgeräte, um sich an der internen Kommunikation des Unternehmens zu beteiligen. Die private Nutzung des häuslichen Computers oder mobiler Möglichkeiten wie Smartphones wird durch Datenschutz, Betriebsverfas- sung oder Rechtsunsicherheit erschwert. So müssen beispielsweise Mitarbeiter in Großunternehmen explizit einwilligen, dass deren Inhalte zu innerbetrieblichen Diskussionen auf Fremdgeräten außerhalb des IT-Netzes des Konzerns sichtbar wer- den dürfen. Keine leichte Aufgabe, geht man von tausenden Nutzern in global agierenden Konzernen aus. Noch heikler wird die Frage hinsichtlich der Inhalte von ausgeschiedenen Mitarbeitern. Müssen diese Beiträge gelöscht werden oder wer- den »nur« personenbezogene Daten ent- fernt? Die technische und organisatorische Herausforderung dieser Aufgabenstellung wird schnell ersichtlich. Der externe Zugriff auf Konzern-IT muss nicht nur dem Schutz der eigenen Per- sönlichkeit genügen, sondern auch den Datenschutzbestimmungen der Unter- nehmen. Diese Anforderung beansprucht einen sicheren, passwortgeschützten Log-in. Daraus ergibt sich Kosten- und Zeitaufwand für beispielsweise gesonderte Hardware oder Administrationsprozesse zur kontinuierlichen Sicherung von Social Media Tools. Eine weitere Einschränkung der internen Kommunikation über »Fremdrechner« stellen die unterschiedlichen technischen Plattformen sowie deren Softwarekon- figurationen dar. Ob PC oder Apple, ob Windows 7 oder OS X – die jeweilige Computerausstattung kann zu massiven Unterschieden der Benutzerfreundlichkeit der Social Media Anwendung führen. Der Wissensaustausch zwischen Führungs- kräften und Mitarbeitern sowie die daraus folgende horizontale Kommunikation der Mitarbeiter untereinander darf keine Zielgruppe im Unternehmen ausschließen. Ansonsten wird sich die Kommunikation ohne die Möglichkeiten einer Moderation auf externe Wege des Web 2.0 verlagern. Das wiederum lässt ganz neue Bedenken, vor allem bezüglich Daten- und Persönlich- keitsschutz, entstehen. Rechtsunsicherheit findet sich bei der Bewertung der Zeit, die Mitarbeiter für das Lesen und Kommentieren von Un- ternehmensinformationen im häuslichen oder mobilen Zusammenhang aufwenden. Ist diese Zeit als Arbeits- oder als Freizeit einzuschätzen? Regelungen hierzu sind zwischen Betriebsrat und leitenden Mitar- beitern zu finden. Bereitschaft der Mitarbeiter, Wissen zu teilen Nach jahrelangem Durchregieren im Sinne des Shareholder Values ist das Vertrauen der Mitarbeiter in die neue Beteiligungs- kommunikation häufig erst in Ansätzen vorhanden. Die Unternehmenshistorie prägt die Organisationskultur. Damit hängt die Intensität des Wissensaustauschs mit
  • 5. 16Sebastian Schmidt congena Texte Die Macht des Wissens Social Media Tools von der gelebten Un- ternehmenskultur ab. Durch Kontinuität bei der Einführung der Social Media Tools sowie durch die Zuteilung von personellen und finanziellen Ressourcen müssen die Unternehmen beweisen, dass sie es mit dem Wandel der internen Kommunikation ernst meinen. So können Mitarbeiter mit der Zeit Medi- enkompetenz sammeln und ein Verständ- nis der Mechaniken der Wissenslogistik entwickeln. Mit etwas Ausdauer werden Mitarbeiter so befähigt, sich aktuell, un- ternehmensorientiert und kompetent über Erfahrungen, Methoden und Fachwissen auszutauschen. Der Aspekt des Selbstmar- ketings ist dabei nicht zu unterschätzen. Insbesondere bei einer heterogenen Nut- zerschaft lässt sich die Akzeptanz einer Social-Media-Plattform nur schrittweise erreichen. Ohne ein kontinuierliches Einwerben lässt sich kaum eine kritische Menge an Teilnehmern gewinnen. Diese ist aber notwendig, um später hinzukom- mende Anwender vom Nutzen des Wis- sensaustauschs zu überzeugen. Eine reine »Selbststeuerung« der Akteure scheint unternehmensübergreifend nur bei Themen möglich, die intrinsisch motiviert diskutiert werden. Oftmals geht es dabei dann nicht um die große Unternehmens- strategie, sondern eher um die Qualität des Kantinenessens oder die neuesten Tipps zum iPhone 6. Erste Erfolge ermutigen Moderierte Anwenderkreise können zu Mitarbeiterengagement und Fachwissen auf Social-Media-Plattformen und damit zu neuen, emergenten Mehrwerten für Fachleute und Unternehmen führen. Aber Achtung: halbherzige Versuche und Strohfeuer wirken eher kontraproduktiv. Die Bereitschaft, eigene Meinungen und eigenes Wissen im Unternehmen offen zu legen, hängt jedoch immer stark von der Brisanz des Themas sowie vom Involve- ment der Personen ab. Mitarbeiter, die sich aktiv und freiwillig für den Wissensaustausch über Social-Media- Plattformen im beruflichen Alltag entschei- den, stehen mit Freude und Engagement für »ihren« Bereich oder »ihr« Unterneh- men ein. Die entstehenden Freiheitsgrade lassen unentdeckte Leistungspotenziale aufblühen. Eine höhere Arbeitszufrieden- heit kann die Folge sein. Social-Media-Technologien bewirken aber alleine noch gar nichts. Entscheidend ist die Person, die die Einführung vorantreibt, und die Ernsthaftigkeit, mit der das Unter- nehmen die Einführung von Social Media voranbringt. Die Vorbildfunktion des Managements kann in diesem Zusammen- hang nicht stark genug betont werden. Nichts verändert sich von selbst. Gerade in großen Konzernen wirken starke Ver- harrungskräfte, die es auch bei Verände- rungen eingeübter Verhaltensweisen im Wissensmanagement zu überwinden gilt. »Wissen ist Macht« gilt so lange, wie der individuelle Nutzen des Teilens von Infor- mationen, Wissen und Meinungen nicht klar erkennbar ist. Langfristig steht die Notwendigkeit der schnelleren Wissens- aufnahme und -verarbeitung als Voraus- setzung der Wettbewerbsfähigkeit jedoch außer Frage. Allerdings wird es auch weiterhin Mitar- beiter geben, die die Beteiligung an den öffentlichen Diskussionen im Unterneh- men ablehnen. Ist zudem das potenzielle Publikum bei einer Diskussion in Social Networks groß, beteiligen sich oftmals nur wenige Mitarbeiter. Denn nach wie vor herrscht eine große Unsicherheit über die soziale Erwünschtheit eines offenen Erfahrungsaustauschs. Viele Unternehmen schaffen daher aktuell Klarheit über die Form und den zulässigen Zeiteinsatz für die Nutzung von innerbetrieblichen Social Networks. Durch Guidelines werden Ziele der Einführung von Web 2.0 Instrumenten und die gewünschte Tonalität der Beiträge formuliert, über Konsequenzen bei Regel- verstößen wird aufgeklärt.
  • 6. 17Sebastian Schmidt congena Texte Die Macht des Wissens Als erfolgversprechender Start in den partizipativen internen Wissensaustausch haben sich Pilotprojekte in kleinen Arbeits- gruppen erwiesen. Es kann dabei sinnvoll sein, als geschlossene Benutzergruppe zu starten, die auf Basis von Weiterempfeh- lungen wächst. Bei diesem Vorgehen ist dennoch Vorsicht geboten. Denn elitäre Debattierclubs widersprechen dem Gedan- ken der Informationstransparenz sozialer Medien. Social-Media-Erfolgsgeschichten, die den Wissensaustausch in großen Unternehmen vorantreiben, lassen sich insbesondere in genau definierten Themenbereichen sch- reiben, die strategische Relevanz besitzen sowie möglichst viele positive Auswirkun- gen für den einzelnen beteiligten Mitar- beiter haben. Beispielsweise können dies Wertediskus- sionen über die Wikiplattform sein. Der asynchrone Charakter der Kommunikation sorgt für die kontinuierliche Möglichkeit, sich als Mitarbeiter jederzeit mit den Aussagen des Managements auseinander- zusetzen. Diskussionen zwischen den Mit- arbeitern untereinander sowie zwischen Mitarbeitern und Management schaffen eine zeitlich unabhängige Transparenz über Sinn und Notwendigkeit der durch die Unternehmenswerte erwarteten Verhaltensweisen. Die Werte werden verstanden und durch die Diskussion wei- tergetragen. Die individuell geschilderten positiven, aber auch negativen Beispiele der Werteumsetzung im Konzern sorgen für Identifikation des Einzelnen mit dem Prozess der Veränderung. Unternehmen, deren Strategien und Unter- nehmenswerte von Wachstums-, Innova- tions- und Mitarbeiterorientierung geprägt sind, haben erkannt, dass ein Wettbewerb auf den globalen Märkten nicht mehr ohne die Vernetzung von Fach- und Erfah- rungswissen der Mitarbeiter zu gewinnen ist. Sie haben mit der Einführung von Social-Media-Plattformen wie Jive oder MS Sharepoint einen Prozess in Gang gesetzt, der sich nicht mehr aufhalten lässt. Fazit Der Erfolg von Social Media bei der Sammlung, Selektion und Verbreitung von Wissen ist abhängig von der Bereitschaft der Führungskräfte, eine Kommunikation entsprechend der Social-Media-Regeln zu unterstützen. Entschließt sich das Top Ma- nagement, die Angst vor »unkontrollierter Kommunikation« zu überwinden, verän- dert Technologie kollektives Verhalten: • Wissen, Informationen und Meinungen stehen zeitlich, räumlich und von ein- zelnen Wissensträgern unabhängig zur Verfügung. • Motivierte Mitarbeiter setzen sich für ihr Unternehmen verstärkt ein. • Einstellungen und Bedürfnisse von Kun- den und Mitarbeitern werden schneller erkannt. • Interne und externe Handlungsnotwen- digkeiten können zeitlich angemessen ergriffen werden. Feedback auf Aktivi- täten erfolgt unmittelbar. • Unterschiedlichste Mitarbeiter- und Kundenperspektiven stehen zur Beseiti- gung von Unzulänglichkeiten oder zur Weiterentwicklung bestehender Lösun- gen zur Verfügung. Entscheidend für die Einführung von So- cial-Media-Plattformen sind insbesondere jedoch die Mitarbeiter, die sich freiwillig engagieren und für ihre Standpunkte in offenen Diskussionen einstehen. Eine konstruktive Feedbackkultur trägt zur Verstärkung des Vertrauens in der gesam- ten Mitarbeiterschaft bei. Sie erhöht die Bereitschaft, Erfahrungen zu teilen auch bei Mitarbeitern, deren Kommunikations- verhalten eher durch »digitale Schüchtern- heit« geprägt ist. Um die Social-Media-Affinität der mit her- kömmlicher Kommunikationskultur und -technologie sozialisierten Mitarbeiter zu erhöhen, müssen diese in ihrem traditio- nellen Kommunikationsverhalten abgeholt werden.
  • 7. 18Sebastian Schmidt congena Texte Die Macht des Wissens Ausblick Der Erfolg eines Veränderungsprozesses im Wissensmanagement hängt stark von der unternehmensinternen Kommunikation ab. Erfolgsfaktoren, wie das Bekenntnis aller Betroffenen zu den Unternehmenszielen, die Strukturierung und Transparenz des Pro- zesses des Wissensaustauschs, Kommuni- kation von Projekterfolgen, das rechtzeitige Erkennen von Risiken, eine schnelle Reak- tion auf Störungen, werden sich durch den gezielten Einsatz partizipativer Technologie in der internen Unternehmenskommunika- tion besser entfalten können. Noch immer besteht ein hoher Optimie- rungsbedarf bei der Gestaltung und Um- setzung solcher Kommunikationssysteme. Ein verklärter Blick auf eine schöne neue Welt der »sozialen« Medien ist sicher- lich nicht angebracht. Der Nutzen von Social Media wird nur dann zum Tragen kommen, wenn organisatorische Grund- voraussetzungen geschaffen werden. Ein offenes Arbeitsklima, eine konstruktive Feedbackkultur und das Vertrauen zwi- schen Mitarbeitern über alle Ebenen sind die notwendigen Bedingungen für den erfolgreichen Einsatz von Social Media. »The link is more important than the thing«. Diese Vision des Miteinanders in der vernetzten, globalisierten Wirtschaft bekommt spätestens mit der nächsten Ge- neration von Kommunikationstechnologie eine neue Bedeutung: Big Data Anwen- dungen, die digitale Inhalte und Dienste bedarfsgerecht zusammenführen, Peer-to- Peer-Kommunikation zwischen Rechnern bzw. Endgeräten, die emergente Business Prozesse ermöglichen oder Produkte, die ihre Nutzungsdaten eigenständig kommunizieren. Was technisch möglich ist, muss betrieb- liche Abläufe verändern. Der Erfolg eines Unternehmens hängt davon ab, wie es als soziotechnisches System funktioniert. Diese Erkenntnis der Organisationstheorie aus den 50er Jahren des letzten Jahrhun- derts bekommt heute eine ganz neue Dringlichkeit. Handlungsempfehlungen • Bringen Sie das Top-Management hundertprozentig hinter die Philosophie von Social Media. Es geht um mehr als um die Einführung zeitgemäßer Kommunikationsmedien. Es geht um Offenheit und Öffentlichkeit sowie um Wertschätzung und Authentizität. • Beweisen Sie den Mitarbeitern, dass Sie mit der Einführung von Social Media langfristige Ziele verfolgen, denen personelle, zeitliche und finanzielle Ressourcen zugeteilt werden. Geben Sie Verhaltens-Guidelines heraus, um Unsicherheiten abzubauen. • Nehmen Sie alle Mitarbeiter mit. Den- ken Sie an die Mitarbeiter, die nicht die Infrastruktur des Headquarters nutzen können. Gewähren Sie mobilen und häuslichen Zugriff oder richten Sie Info- Terminals ein. Regen Sie die Mitarbeiter an, regional relevanten Inhalt zu disku- tieren. Fragen Sie die Mitarbeiter nach Informations- und Kommunikationsbe- dürfnissen und nicht nach Wünschen bezüglich Technik Tools. • Aktivieren Sie Social-Media-Missionare. Ermächtigen Sie Lead User als Floor- walker, veranstalten Sie Barcamps in Eigenregie der Mitarbeiter. Durch den persönlichen Austausch lässt sich der Wert emergenter Teams vs. hierarchi- scher Organisationsstrukturen am bes- ten kommunizieren. • Lockern Sie die Zügel. Der Wissensaus- tausch muss horizontal im Unterneh- men starten. Hierbei ist die systemati- sche Moderation wichtiger als die reine Information. • Berichten Sie über Erfolge: von per- sönlichen Vorteilen der Nutzung, von internationalen Einsatzszenarien, Erfolgsstorys aus der externen Kom- munikation. Berichten Sie aber auch über Tools, die aufgrund von Web 2.0 Anwendungen überflüssig und daher abgeschaltet wurden. • Und seien Sie letztlich geduldig. Digital Natives treffen auf Digital Immigrants, gelernte Arbeits- und Kommunikati- onsprozesse treffen auf das Prinzip der Selbstorganisation. Veränderungen brauchen Zeit.
  • 8. 19Sebastian Schmidt congena Texte Die Macht des Wissens Können die überlebenswichtigen Fragen, vor denen Unternehmen der Bankenwelt, der Energieversorgung oder des Gesund- heitssystems stehen, in einer von forma- listischen Hierarchien geprägten Organi- sation gelöst werden? Oder erschöpft sich nicht die klassische Top-down-Führung durch die Möglichkeiten partizipativer Kommunikationstechnologien in sich selbst? Ist es nicht bereits heute so, dass wegweisende unternehmerische Impulse eher von vernetzten, agilen Game Chan- gern stammen, als von Konzernen der ehemaligen »Deutschland AG«? Es ist höchste Zeit, mit fadenscheinigen Social-Media-Aktivitäten in Unternehmen Schluss zu machen. Sie dienen meist nur der Selbstdarstellung medienkompetenter Mitarbeiter. Um den vollen Nutzen der technischen Möglichkeiten zu realisieren, müssen Hierarchien endlich mehr Durch- lässigkeit bekommen bzw. aufgegeben werden. Ansonsten wird es kaum möglich sein, ein immenses Wissenspotenzial zu heben – und damit steht und fällt der Mehrwert, den ein Unternehmen über- haupt zur Wirtschaftsleistung beitragen kann.