In the current capital market environment hybrid bonds are an attractive funding source: these instruments can strengthen the issuers’ equity without a capital increase. In addition, issuers benefit from low interest levels and investors’ appetite for yield. In anticipation of a corpfina roundtable taking place in Frankfurt on 15 October, Marc Herres (Senior Portfolio Manager at Union Investment Privatfonds GmbH) comments on hybrid bonds from an institutional investor’s perspective. The interview (in German) is available for download now.
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c/o Flick Gocke Schaumburg, Messeturm, Friedrich-Ebert-Anlage 49, D-60308 Frankfurt am Main 1
Mittwoch, 30. September 2015
Europäischer Markt für Nachrangtitel wächst dynamisch
Hybrid-Anleihen aus Investorensicht
Frankfurt am Main, 30. September 2015 – Hybrid-Anleihen stellen im aktuellen Marktumfeld eine
attraktive Finanzierungsquelle für Unternehmen dar: zum einen stärken sie die Eigenkapital-
quote, ohne eine Kapitalerhöhung vornehmen zu müssen. Zum anderen ermöglichen das nied-
rige Zinsniveau und die Suche der Investoren nach zusätzlicher Rendite es Unternehmen, Hyb-
rid-Kapital zu historisch günstigen Konditionen aufzunehmen. Wie diese Finanzierungsinstru-
mente aus Sicht eines institutionellen Investors zu bewerten sind, erläutert Marc Herres, Senior
Portfolio Manager bei der Union Investment Privatfonds GmbH in Frankfurt am Main, im Vorgriff
auf einen am 15. Oktober 2015 stattfindenden corpfina Roundtable zum Thema Hybrid-Anleihen.
Das Emissionsvolumen von Hybridanleihen in Deutsch-
land hat sich im Jahr 2014 verfünffacht. Worin liegt
diese Entwicklung begründet?
Herres: Bei Nach-
ranganleihen von
Industrieunterneh-
men handelt es
sich immer noch
um eine sehr junge
Assetklasse. Wäh-
rend sich das Volu-
men an ausstehen-
den Hybridanleihen im Jahr 2010 lediglich auf rund
7 Mrd. Euro belaufen hat, konnte das Teilsegment
Hybrids in den vergangenen Jahren enorme Wachs-
tumsraten verzeichnen. Mit über 60 Mrd. Euro kann
die Assetklasse in 2015 nicht mehr als Nischenpro-
dukt bewertet werden. Gründe für das starke Wachs-
tum sind auf der Angebots- als auch Nachfrageseite
zu finden: Angebotsseitig, weil viele Unternehmen
Hybridkapital nutzen um – zumindest mit Hinblick
auf die Ratingagenturen – ihre Verschuldungskenn-
zahlen zu verbessern und so einer potenziellen Ra-
tingmigration entgegen zu wirken. Nachfrageseitig,
da Investoren im derzeitigen Niedrigzinsumfeld stets
auf der Suche nach noch vorhandenen Risikoauf-
schlägen sind, die u.a. aufgrund der expansiven Geld-
politik der globalen Zentralbanken nur bedingt in Se-
nior Unternehmensanleihen zu finden sind. Bei
vergleichbaren Renditeniveaus bieten Nachrangtitel
von fundamental starken Industrieunternehmen zu-
dem eine interessante Alternative zu Investitionen in
bonitätsschwächere High-Yield Unternehmen.
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Bisher sind Hybridanleihen vor allem von Versorgern
emittiert worden - sehen Sie zunehmendes Potenzial
auch in anderen Branchen?
Herres: Es ist korrekt, dass die ersten Emissionen vor-
wiegend aus dem Utility Bereich platziert wurden.
Aufgrund der sektorspezifisch hohen Verschuldung
der europäischen Versorger war und ist es für Versor-
ger attraktiv, die i.d.R. 50-prozentige Eigenkapitalan-
rechnung der Hybridanleihen zu nutzen, um Bilanz-
pflege zu betreiben. Ein weiterer Grund für die
Vielzahl der Emissionen liegt in der Natur der Investi-
tionen: beispielsweise müssen Versorger häufig meh-
rere Milliarden für Kraftwerke zahlen, ohne dass wäh-
rend der (teils sehr) langen Konstruktionsphase mit
Cashflows zu rechnen ist; Hybridkapital hier als Art
„Projektfinanzierung“ zu nutzen, macht häufig Sinn.
Versorger werden auch zukünftig ein wichtiger Be-
standteil der Assetklasse bleiben; die vergangenen
zwei Jahre haben jedoch gezeigt, dass sukzessive
auch ein Shift hin zu anderen Branchen zu erkennen
war. M&A Aktivitäten, hohe Capex-Programme und
eine starke Shareholder Fokussierung haben Unter-
nehmen aus den unterschiedlichsten Sektoren ge-
zwungen, den Leverage mit Hilfe von Hybridkapital zu
reduzieren.
Ungeachtet der dynamischen Marktentwicklung ist die
Wahrnehmung von Hybridanleihen als attraktive
Assetklasse noch ausbaufähig – woran liegt das?
Herres: Einige Investoren sind immer noch von der
hohen Volatilität der Vergangenheit, beispielsweise in
Zeiten der Subprime Krise, abgeschreckt. Während
der Phase 2008/09 verzeichneten einzelne Hybrid-
Emissionen Kursabschläge (wenn auch nur kurzfris-
tig) von 30 bis 40%. Für ein Renten Investmentgrade
Segment waren dies sehr hohe Mark-to-Market Bewe-
gungen. Solche Erfahrungen bleiben im Gedächtnis.
Ein zweiter negativer Aspekt ist die teils sehr errati-
sche Vorgehensweise der Ratingagenturen. So haben
Moody’s und S&P in der Vergangenheit häufig Metho-
dologien gerade mit Hinblick auf die EK-Anrechnung
ex-post abgeändert. Diese Adjustierung hat zu so ge-
nannten „Early-Redemption-Calls“ geführt, eine Op-
tion des Emittenten den Bond zu i.d.R. 101 zurückzu-
kaufen. Bei Anleihen, die zuvor deutlich über Par bzw.
101 gehandelt haben, führte dies zu hohen Kursver-
lusten. Prominente Beispiele sind hier ArcelorMittal,
Telekom Italia oder Dong Energy. Zu konstatieren ist
jedoch, dass sich seit dem Jahr 2013 die Methodolo-
gien der Ratingagenturen nicht mehr entscheidend
verändert haben und sich somit eine Art Marktstan-
dard etabliert hat, auf den sich Marktteilnehmer ein-
stellen können.
Quelle: Credit Suisse, 2015
Wie bewerten Sie Hybridanleihen, wenn sie emittiert
werden?
Herres: Wir haben unterschiedliche Relative-Value
Tools, um die Attraktivität einer Emission zu bewer-
ten. Da aufgrund des starken Marktwachstums mitt-
lerweile eine mehr als ausreichende Sekundärmarkt-
kurve vorhanden ist, können wir diese nutzen, um
eine erste Einschätzung abzugeben. Im Idealfall ver-
gleichen wir hier Emissionen aus vergleichbaren Sek-
toren, zwingend jedoch Emissionen aus identischen
Laufzeiten- und Ratingbuckets. Darüber hinaus hat
sich bei vielen Sell-Side Analysten die Analyse des
Senior/Sub-Multiples durchgesetzt: weist eine Hy-
bridanleihe einen höheren Multiple als der Sektor-
durchschnitt auf, gilt die Emission als billig. Als dritte
Bewertungsquelle nutzen wir ein eigens erstelltes
Regressionsmodell, welches uns von der quantitati-
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ven Seite bei der Bewertung unterstützt. Dieses nut-
zen wir bei der Analyse einzelner Hybridanleihen,
aber auch bei der Fragestellung, ob allgemein das
Segment Hybridanleihen noch attraktiv erscheint.
Bei allen quantitativen Bewertungstools ist jedoch
der Blick auf die Bonddokumentation unabdingbar;
die Ausgestaltung gewisser Klauseln kann hier aus-
schlaggebend für eine höhere oder niedrigere Ren-
dite sein.
Welche Risiken schauen Sie sich besonders an?
Herres: Während die EMTN Programme der Senior-
Anleihen i.d.R. recht standardisiert sind, ist der Analy-
seaufwand von Hybriddokumentationen doch deut-
lich höher. Um Ihnen zwei Beispiele zu geben: Grund-
sätzlich ist bei Nachranganleihen die Zahlung der
jährlichen Kupons optional, sprich der Emittent kann
Jahr für Jahr entscheiden, ob der Zins gezahlt wird
oder nicht. Als Absicherung für den Investor gibt es je-
doch einige Ereignisse, die die Zahlung des Kupons
„mandatory“ erscheinen lassen, sprich es liegt dann
eine vertragliche Pflicht vor, den Kupon auszuschüt-
ten. Diese Ereignisse müssen genau analysiert wer-
den und bei Abweichung zum Marktstandard in die
Bewertung der Anleihe mit einfließen. Unterschiedli-
che Möglichkeiten des Emittenten, die Emissionen
vorzeitig zurückzukaufen ist ein weiteres Beispiel. Ne-
ben den Bondspezifikationen sehen wir ein entschei-
dendes Risiko in der Veränderung der Ratingmetho-
dologien. Das Risiko an sich ist nicht zu managen, da
die Vorgehensweise von Ratingagenturen nur schwer
vorhersehbar ist. Als Reaktion auf die bereits ange-
sprochenen frühzeitigen Kündigungsoptionen macht
es aus Risikogesichtspunkten jedoch Sinn, primär in
Hybridanleihen mit einem niedrigen Cashpreis (unter
oder nahe bei 100) investiert zu sein. Ein drittes Risiko
sehen wir in der hohen Preisvolatilität der Hybridan-
leihen. Im Bereich der Unternehmensanleihen gelten
Industrie Hybridanleihen als High-Beta Titel, sprich in
Zeiten hoher Risikoaversion, wie wir sie in den ver-
gangenen zwei Monaten gesehen haben, werden
diese Titel in der Regel mehr leiden als der Rest des
Marktsegments.
Was erwarten Sie als institutioneller Investor von Emit-
tenten?
Herres: Unabhängig vom Finanzierungsinstrument,
sprich unabhängig davon, ob wir in Senior- oder Sub-
Anleihen investiert sind, schätzen wir den engen Kon-
takt zu den Unternehmen, fordern diesen auch ein.
So möchten wir mindestens einmal pro Jahr das Un-
ternehmen, im Idealfall das Management, vor Ort in
Frankfurt treffen, um Informationen zur zukünftigen
Ausrichtung des Unternehmens aus erster Hand zu
erhalten. Transparenz, sprich eine eindeutige und
nachvollziehbare Kommunikation der Strategie, ist
für uns elementar, um eine fundamentale Einschät-
zung abzugeben. Mit Hinblick auf die Emission von
Hybridkapital im Speziellen interessiert uns primär
die Rationale hinter der Platzierung: werden Hybrid-
anleihen einmalig emittiert oder soll das Instrument
auch zukünftig häufiger genutzt werden? Geht es
dem Unternehmen um die Vermeidung eines
Downgrades, sprich sollen kurz- bis mittelfristig Cre-
dit-Ratios verbessert werden, oder aber wird das Ka-
pital genutzt, um Sharevalue-Aktivitäten zu bedienen
(bspw. Erhöhung der Dividende)? Ob wir bei einer
Emission teilnehmen oder nicht, hängt im hohen
Maße von der Beantwortung der oben skizzierten Fra-
gen ab.
Was muss getan werden, damit Hybridanleihen als
Assetklasse weiter an Bedeutung zunehmen?
Herres: Wir denken, dass in den vergangenen drei bis
vier Jahren die Bedeutung der Assetklasse bereits
deutlich zugenommen hat. Je länger das Niedrigzins-
umfeld anhält, desto eher werden Investoren auf In-
vestments mit höheren Spread-Aufschlägen auswei-
chen müssen. Fixed Income Investoren, die dabei
nicht gewillt sind in (a) sehr lange Duration zu inves-
tieren, weil ihnen die Zinssensitivität hier zu hoch er-
scheint und (b) kein Interesse an den höheren Ausfall-
wahrscheinlichkeiten von High-Yield Anleihen haben,
sollten Hybridanleihen bei einer wieder abnehmen-
den Marktvolatilität aufgeschlossen bleiben.