Urheberrecht & Co. in der Hochschullehre - Rechtliche Aspekte des Technologie...
Medientheorien - Ein Beitrag zum medienbasierten Lernen
1. Stefanie
Panke
Medientheorien
Ein Beitrag zum medienbasierten Lernen
Im
Zuge
der
medialen
Durchdringung
aller
Lebensbereiche
sind
Medien
zum
Gegenstand
vieler
Wissen-‐
schaHen
geworden.
MedientheoreCsche
Betrachtungen
finden
sich
unter
anderem
in
PublizisCk
und
Kom-‐
munikaConswissenschaH,
Soziologie,
Politologie,
Philosophie
und
LiteraturwissenschaH.
Neben
univer-‐
salen
MediendebaEen
gibt
es
Diskurse
zu
Einzelmedien
und
je
nach
PerspekCve
treten
ästheCscher
Aus-‐
druck,
erzieherisches
PotenCal,
gesellschaHliche
Auswirkungen
oder
individuelles
Erleben
in
den
Fokus.
Verschiedene
DefiniConen
des
Medienbegriffs
stellen
entweder
Technik,
FunkCon
oder
Inhalte
in
den
Vor-‐
dergrund.
Folglich
kann
von
„der“
Medientheorie
nicht
die
Rede
sein
(Kloock
&
Spahr,
2000).
Lernziel
dieses
Kapitels
ist
es,
ausgewählte
medientheoreCsche
Fragestellungen
und
Ansätze
in
ihrer
Bedeutung
für
das
Lehren
und
Lernen
mit
digitalen
Medien
zu
erschließen.
Wenn
Computer
und
Internet
einem
„tra-‐
diConellen“
Lernmedium
wie
dem
Buch
oder
der
Overheadfolie
vorgezogen
werden,
so
sollte
der
Grund
in
den
jeweils
spezifischen
EigenschaHen
und
Fähigkeiten
des
Mediums
liegen.
Wer
reflekCert,
inwieweit
Medien
eine
Grundbedingung
unseres
Denkens
und
Handelns
darstellen,
gewinnt
an
Urteilsvermögen
hin-‐
sichtlich
der
Chancen
und
Grenzen
spezifischer
Medien
im
InformaCons-‐
und
KommunikaConsalltag.
Me-‐
dientheorien
eröffnen
zudem
eine
historische
PerspekCve
auf
aktuelle
DebaEen
um
Gefahren
und
Poten-‐
Cale
virtueller
Welten.
Quelle:
Stefanie
Panke
#medientheorie
#spezial
#theorieforschung
Version
vom
1.
Februar
2011
Für
dieses
Kapitel
wird
noch
ein
Pate
gesucht,
Jetzt Pate werden! mehr
InformaConen
unter:
hEp://l3t.eu/patenschaH
2. 2
—
Lehrbuch
für
Lernen
und
Lehren
mit
Technologien
(L3T)
Medien sind aus unserem Lernalltag nicht wegzu-
1. Metaphern,
Medien
und
Dekonstruk4on:
„There
is
denken. Der Bedarf an einer „pädagogischen Me-
nothing
outside
the
text“
dientheorie“ wurde 2006 in der Kommission Medien-
Eine Metapher ist ein sprachlicher Ausdruck, bei dem pädagogik der Deutschen Gesellschaft für Erzie-
ein Wort aus seinem Bedeutungszusammenhang in hungswissenschaft durch die Gründung einer
einen anderen Kontext übertragen und als Bild ver- „Theorie-AG“ entsprochen (Fromme & Sesink,
wendet wird. Wir benutzen ganz selbstverständlich 2008). Torsten Meyer hat sich wiederholt mit der
im alltäglichen Sprachgebrauch verschiedene Meta- Frage befasst, was ein pädagogisches Medium sei –
phern im Zusammenhang mit (neuen) Medien: Aus- und kritisiert „die Zielvorstellung“, eine „kritisch
drücke wie Datenautobahn, Netz-Surfer, Informati- emanzipatorischen Einstellung“ gegenüber „den
onsflut, Cyberspace, globales Dorf, Datenmeer, Medien“ hervorzubringen, damit „ich mein Ich“ auch
Computervirus und Cyberpiraterie kommen uns in der „Mediengesellschaft“ noch ohne „Medien“
flüssig über die Lippen, doch was genau meinen wir bilden kann“. Diese beruht aus seiner Sicht auf der
damit? Fehleinschätzung, „Bildung wäre auch ohne Bezug
auf „Medien“ denkbar“(Meyer, 2002, S. 27).
„There
is
nothing
outside
the
text“,
eine
ProklamaCon
! von
Jaques
Derrida,
verweist
darauf,
dass
unser Wenn
wir
im
Bildungskontext
von
„Medien“
sprechen,
Wissen
sprachlich
codiert
ist.
Wir
können
nur
in
Medien
über
Medien
nachdenken,
in
Sprache
über ! meinen
wir
in
der
Regel
„technische
Medien“,
wie
zum
Beispiel
Film
und
Computer,
die
eine
eigen-‐
Sprache
reden.
Wir
können
uns
daher
keinen
neu-‐ ständige
Medienwirklichkeit
erzeugen.
Im
Gegensatz
tralen
Beobachtungsstandpunkt
suchen.
Der
Dekon-‐ dazu
steht
ein
universeller
Medienbegriff,
der
in
kul-‐
strukCvismus,
ein
Begriff
den
Jaques
Derrida
in
den turwissenschaHlichen
Mediendiskursen
ebenfalls
ver-‐
sechziger
Jahren
in
Paris
prägte,
richtet
die
Aufmerk-‐ breitet
ist.
Ein
Beispiel
ist
Marshall
McLuhans
Vor-‐
samkeit
auf
die
genaue
Lektüre
von
Metaphern
und stellung
von
Medien
als
Erweiterungen
des
Men-‐
Bildern.
schen.
„Deconstructive readings focus – intently, obses-
sively – on the metaphors writers use to make their Marshall McLuhans These aus den frühen 1960er
points. Their purpose is to demonstrate, through Jahren, „das Medium ist die Botschaft“ genießt bis
comparisons of a work's arguments and its meta- heute eine große Popularität. McLuhan versteht
phors, that writers contradict themselves – not just Medien als funktionale Erweiterungen des mensch-
occasionally, but invariably – and that these contra- lichen Körpers. In dieser Sichtweise kann selbst ein
dictions reflect deep fissures in the very foundations Flugzeug, Geld oder die Elektrizität zum Medium
of Western culture. In other words, deconstruction werden (Vollbrecht, 2005). McLuhans universelles
claims to have uncovered serious problems in the way Bild des Organersatzes begründete einen eigenen me-
Plato and Hemingway and you and I think about dienwissenschaftlichen Ansatz, der Medien einen
matters ranging from truth and friendship to po- Werkzeugcharakter zuschreibt. Medien werden als
litics.“ (Stephens, 1991, o.S.). „Instrumente zur Veränderung von Wirklichkeit“ in-
Der Dekonstruktivismus sieht den inneren Wider- terpretiert (Sandbothe, 2003). Diese so genannten
spruch als Teil der Conditio Humana, als eine anthro- „anthromorphen“ Ansätze stellen den Menschen in
pologische Grundkonstante. Brüche und Wider- den Mittelpunkt und sehen Medien als Werkzeug
sprüche in unserem Medienverständnis gibt es oder eben als Prothesen des menschlichen Körpers,
reichlich. Nicht nur streiten die Gelehrten, was denn Computer werden zu „global vernetzten Prothesen
eine geeignete Definition von „Medien“ eigentlich der Sinne“ (Coy, 1994, 37).
sei, auch scheiden sich die Geister in der Bewertung Kritiker finden, diese Sichtweise greife zu kurz. So
von neuen Medientechnologien: Sind sie Heilsbringer sieht Lutz Ellrich (2005) es als vordringlichste
oder Teufelsbote? Bringen Medien Menschen näher Aufgabe der Medienphilosophie „die Organersatz-
zusammen oder lassen sie uns vereinsamen? Machen theorie zu hinterfragen und generell die notorische
sie schlau oder dumm? Beginnen wir zunächst mit Anthropomorphisierung technischer Errungen-
dem Medienbegriff. Um das Wechselspiel von schaften zu bekämpfen“ (S. 343). Was ist der Ur-
Medium, Botschaft, Adressat, Sender, Störung und sprung solch kampfeslustiger Polemik? Die techni-
Empfang zu beschreiben, hat die Kommunikations- schen Medien, beispielsweise Internet und Fernsehen,
und Medienwissenschaft eine Vielzahl phantasievoller haben großen Anteil an der Wirklichkeitsvorstellung
Anleihen, Vergleiche und Metaphern hervorgebracht. unserer Kultur. Die Art und Weise, wie technische
3. Medientheorien.
Ein
Beitrag
zum
medienbasierten
Lernen—
3
Medien unsere Wirklichkeit durchdringen und anders gesagt, das Online-Lernen kein Thema mehr
formen ist so komplex, dass sie nicht von Individuen ist. Ein Widerspruch, an dessen Dekonstruktion
gesteuert wird, sondern sowohl in Produktion als Jaques Derrida Gefallen gefunden hätte.
auch Rezeption ein kulturelles Kollektiv widerspiegelt
2. Neue
Medien
zwischen
Gefahr
und
Chance:
Romane
(Hartmann, 2003). Medien sind also nicht nur Organ
als
Opiumrauch
oder Werkzeug der Welterschließung, sondern er-
zeugen gleichzeitig eine Medienwelt, die uns als „me-
diale Wirklichkeit“ bzw. „Medienöffentlichkeit“ im Neue
Medien
haben
stets
sowohl
utopisch-‐verklä-‐
Alltag umgibt. Medien sind keineswegs neutrale
Überträger von Information, sondern konstituieren
! rende
und
als
auch
dystopisch-‐warnende
Prognosen
evoziert.
Die
Angst
vor
dem
Werteverfall
begleitet
das Kommunizierte selbst: „zum einen erhält nur was jedes
neue
Medium,
vom
Buch
bis
zum
Internet.
kommuniziert, mitgeteilt und überliefert werden
kann, eine Bedeutung, und zum anderen formt die So wurde noch bis Ende des 19. Jahrhunderts vor
Gestalt der Mitteilung (eine Handschrift, ein ge- den Konsequenzen der Lektüre von Romanen ge-
drucktes Buch, ein technisches Bild) auch ihren warnt (Postner, 2005). Edward Shorthouse vergleicht
Inhalt“ (Kloock & Spahr, 2000, 9). im Jahr 1892 Romanleser mit Opiumrauchern:
In Kommunikations- und Medienwissenschaft hat „Even the better class of fiction fills the mind
sich ein globaler Medienbegriff wie von McLuhan with absurd emotions about unreal imaginary totally
vertreten in der Breite nicht durchgesetzt. Stattdessen fictitious heroes and heroines who never existed or
wird meist zwischen Sprache und technischen ever will exist and too often with immoral thoughts
Medien unterschieden. and suggestions. […] The habitual novel reader like
the sensation theatre goer, the concert hall attender
or like the inebriate or opium smoker must ever have
Eine
klassische
Einteilung
der
Medienwelt
geht
auf some fresh excitement. […] Novel Readers can weep
! Harry
Pross
zurück
(1972).
Dieser
differenziert
zwi-‐
schen
Primärmedien,
die
nicht
technisch
vermiEelt
with gush and false Sentiment over the entirely ima-
sind,
wie
die
direkte
Rede,
Sekundärmedien
bei
denen ginary sorrows of a bogus hero or heroine who never
der
Technikeinsatz
auf
der
Senderseite
liegt,
etwa
der existed but will not give a Shilling to alleviate actual
Buchdruck
und
TerCärmedien,
bei
der
sowohl
für
Pro-‐ distress or destitution around them.“ (S. 670)
dukCon
wie
RezepCon
technische
Apparaturen
nöCg Was Shorthouse an der Romanlektüre kritisiert,
sind,
beispielsweise
Fernsehen
und
Internet.
wird später in der Medienwissenschaft unter den Be-
griffen „Immersion“ und „parasoziale Beziehungen“
Ein Grund warum es schwer fällt, Medien be- diskutiert: Das völlige Eintauchen in eine mediale
grifflich zu fassen, ist ihre Flüchtigkeit. Für die Me- Realität und das Kommunikationsverhältnis zu fiktio-
dienwissenschaftlerin Sybille Krämer (2008) ist die nalen oder unerreichbaren Charakteren (bspw. Prot-
Figur des Nachrichtenboten in der Antike eine Perso- agonisten einer Fernsehserie, Nachrichtensprecher-
nifizierung des Medienbegriffs: Wenn der Bote eine /innen). In aller Regel ist es ein harmloses Ver-
Meldung überträgt, tritt er nicht als eigenständiger gnügen, in den Abenteuern von Harry Potter zu ver-
Akteur auf, sondern bleibt stets im Hintergrund. sinken oder Helga Beimer aus der Lindenstraße als
„Mutter der Nation“ anzusehen. Die Fiktion ist we-
Nur
wenn
es
eine
Störung
in
der
reibungslosen
Über-‐ niger anspruchsvoll als der Umgang mit realen Per-
! tragung
gibt,
wird
die
Materialität
des
Mediums
be-‐
wusst.
Ansonsten
hat
das
VermiEelte
als
UnmiEel-‐
sonen: Ein Mausklick schließt das Computerpro-
gramm, per Knopfdruck ist der Fernseher aus und
bares
zu
erscheinen.
Medien
werden
also
erst
dann mit einem Knall das Buch zugeschlagen – und die
sichtbar,
wenn
sie
nicht
funkConieren,
gestört
sind Geschichte steht, ohne nachtragend zu sein, bei
oder
nicht
beherrscht
werden.
Bedarf jeder Zeit wieder zur Verfügung. Kein
Wunder also, dass wir Medienkonsum entspannend
Daraus ergibt sich ein Paradox im Diskurs um finden.
netzbasiertes Lernen und Lehren. Es gibt diesen Ab wann gleitet diese Entspannung in ein Abhän-
Diskurs, eben weil das Lernen und Lehren mit Tech- gigkeitsverhältnis ab? Ein Krankheitsbild „Online-
nologien noch nicht reibungslos funktioniert – netz- sucht“ ist nach dem Drogen- und Suchtbericht der
basierte Lehre ist dann erfolgreich etabliert, wenn die Bundesregierung (2009) wissenschaftlich bislang
Medien wieder in den Hintergrund treten oder, nicht definiert, weshalb auch keine aussagekräftigen
Statistiken vorliegen. Dennoch werden von den Ver-
4. 4
—
Lehrbuch
für
Lernen
und
Lehren
mit
Technologien
(L3T)
In der Praxis : Digital geprägte Kinderwelt
Ein
Projekt
des
griechischen
Bildungsministeriums
soll
Eltern „Second
Life“,
das
Gespräch
im
Online-‐Chat
oder
das
Fa-‐
und
Erzieher
darin
unterstützen,
einen
realisCschen
Blick
für cebook-‐Profil,
erkundet
um
die
eigenen
Erwartungen
und
die
digital
geprägten
Lebenswelten
von
Kindern
und
Jugend-‐ Befürchtungen
mit
dem
Online-‐Geschehen
zu
vergleichen.
lichen
zu
erhalten.
In
20
Trainingseinheiten
werden
gezielt hEp://inetrisks.cC.gr/
Szenarien
wie
der
Aufenthalt
in
der
virtuellen
3D-‐Umgebung
fassern des Berichts drei bis sieben Prozent der Inter- heitet, die das Lernen per Computer und Internet be-
netnutzer/innen als Onlinesüchtige charakterisiert. gleitet haben. Ende der 90er Jahre prognostizierte ein
Mediengeschichtlich ist die Angst vor dem Ver- Expertengremium der Bertelsmannstiftung, die tradi-
schwinden in der fiktionalen Welt bereits im 19. Jahr- tionelle Hochschule sei im Begriff zu verschwinden.
hundert in der Figur des Don Quijote beschrieben. Im Jahr 2005 sollten Bildungsbroker als Makler auf
Nach Lektüre zahlreicher Abenteuerromane wird dem durch Angebot und Nachfrage regulierten Markt
„der sinnreiche Junker Don Quijote von der der Online-Studiengänge führen: „Was findet ein ty-
Mancha“ zum Ritter, der gegen Windmühlen kämpft. pischer Studienanfänger – nennen wir ihn Thomas S.
In der Medienwissenschaft ist seit den Arbeiten von – in naher Zukunft vor? Wird sein erster Gedanke
Blumer und Katz (1974) anerkannt, dass der Medien- sein, sich eine Hochschule nach ihrem allgemeinen
konsum zweckrational erfolgt. Nach dem Prinzip Renommee auszusuchen? Wird er sie lieber in einer
„uses and gratifications“ sind Nutzung und Nutzen Großstadt oder eher in einem Städtchen besuchen
miteinander verwoben. Die Mediennutzung gerät wollen? Soll seine erste Alma Mater eher in der Nähe
dann in Schieflage, wenn die Bedürfnislage aus dem (wegen der Freundin) oder doch lieber weiter fort
Gleichgewicht ist. (wegen der Eltern) liegen? Nichts dergleichen wird
Im Februar 2008 wird erstmals der Fernsehwer- ihn beschäftigen. Stattdessen wird Thomas S. das In-
bespot „Wo lebst Du“, der EU-finanzierten Kam- ternet absuchen, um sich – mit Hilfe verschiedener
pagne klicksafe ausgestrahlt. Die Botschaft lautet: Online-Bildungsbroker – über die weltweit angebo-
„Wer nur noch in der digitalen Welt lebt, lebt nicht tenen Kurse und Abschlüsse zu informieren. [...] Se-
mehr in der richtigen.“ Die „Sensibilisierungskam- minare und Vorlesungen, Kurse und Betreuung
pagne zur Förderung der Medienkompetenz“ hat werden als multimediale Websites oder als „training
klare Vorstellungen, wie der Umgang mit Internet in the box“ angeboten.“ (S. 18).
und Social Software auszusehen hat – weniger ist
mehr, o n l i n e gepflegte Beziehungen sind keine Die
Studienwahl
per
„Online-‐Bildungsbroker“
ist
kei-‐
„echten“ Freundschaften und digitale Kommuni-
kation ist prinzipiell dem Austausch Angesicht zu
! neswegs
Realität
geworden.
Vielmehr
zeigt
sich,
dass
neue
Medien
in
der
Lehre
das
Repertoire
der
Lehrme-‐
Angesicht unterlegen. Forschungen zu computerver- thoden
ergänzen,
stellenweise
auch
verändern,
aber
keineswegs
ersetzen.
Dies
wird
in
den
KommunikaC-‐
mittelter Kommunikation bestätigen diese pauschalen onswissenschaHen
als
„Riepelsches
Gesetz“
be-‐
Annahmen allerdings nicht. Computervermittelte zeichnet.
Kommunikation ist nicht defizitär gegenüber face-to-
face-Kommunikation, sondern weist eigene Quali-
täten auf. Unterschiedliche technologische Ausprä- Links
zum
Text,
sowie
auch
weiterführende
finden
Sie
gungen ermöglichen eine Bandbreite an Ausdrucks-
formen, die wiederum hinsichtlich ihrer kommunika-
! in
der
L3T
Gruppe
bei
Mister
Wong
unter
Verwendung
der
Hashtags
#l3t
#medientheorie
tiven Expressivität und Zielsetzung eine hohe Va-
rianz aufweisen. Wie der Kommunikationswissen- Riepel, Historiker und Journalist, formuliert 1913
schaftler Rice (1999) bemerkt „new media are often in seiner Dissertation ein „Grundgesetz der Ent-
compared to, or critiqued from, a privileged, arti- wicklung des Nachrichtenwesens“ das nach wie vor
factual, idealized notion of interpersonal communi- in der kommunikationswissenschaftlichen Debatte
cation“ (S. 26). Wichtiger als das Medium ist die „Me- vielfach zitiert wird. Demnach komplementierten
dialität“, also die Art und Weise, wie wir Medien in neue Übertragungstechniken die alten, verdrängen sie
spezifischen Situationen gebrauchen (Krämer, 2008). dagegen selten völlig. So machten in einer aktuellen
Ebenso wenig wie heraufbeschworene Gefahren ethnographischen Studie die australischen Forscher
haben sich die euphorischen Erwartungen bewahr- Margot MacNeill und Ming Ming Diao (2010) die
5. Medientheorien.
Ein
Beitrag
zum
medienbasierten
Lernen—
5
überraschende Entdeckung, dass an ihrem Campus Diskussion um Web 2.0. Diese Ko-Evolution von
die Studierenden trotz Lernmanagementsystem und Anwendung und Herstellung wird in der Forschung
moderner Kommunikationsmedien den Münz- zur Technikgenese (engl. „social construction of
sprecher auf dem Unigelände am liebsten nutzten, technology“ auch „social informatics“) untersucht.
um sich bei ihren Professoren zu melden. Demzufolge ist die Implementierung neuer Techno-
logien das Ergebnis von Verhandlungsprozessen und
3. Das
Neue
an
den
Neuen
Medien
Handlungen verschiedener sozialer Akteure mit indi-
Im vorangegangenen Abschnitt wurde auf Parallelen viduellen Zielstellungen, Interessen und unterschied-
in der gesellschaftlichen Bewertung von Buchdruck lichen infrastrukturellen und kulturellen Hinter-
und Internet verwiesen. Wie ähnlich, wie unter- gründen. Der virtuelle Raum transzendiert nicht den
schiedlich sind beide Medien? Anders gefragt: Was realen Raum, sondern drückt eine soziale und gesell-
bedeutet es, wenn wir lesend und schreibend, produ- schaftliche Realität aus. Der Medienforscher Rob
zierend und rezipierend, im Netz unterwegs sind? Kling hat in den 1990er Jahren begonnen, aus sozio-
Was ist das Neue an den neuen Medien und wie lange logischer Perspektive digitale Informations- und
ist dieses Attribut eigentlich noch zeitgemäß? Kommunikationstechnologien in Organisationen zu
untersuchen und dabei ein so genanntes „Web-
Modell“ entwickelt. Soziale Rollen, vorhandene Infra-
Computer
und
Internet
sind
Medien,
die
sich
zwi-‐
strukturen und zeitliche Verläufe wirken zusammen,
! schen
den
Polen
Massen-‐
bzw.
Individualmedium
be-‐
wegen.
Alle
Rezipienten
nutzen,
wenn
auch
über
ver-‐ wenn sich ein neues Kommunikationsmedium durch-
schiedene
Zugangswege
(Browser,
Plasormen
und setzt – oder wieder verschwindet (Kling, 1991).
Provider)
dasselbe
Netz.
GleichzeiCg
verfügen Technische Errungenschaften sind nicht nur
Nutzer/innen
über
individuelle
Filter
und
Zugänge, „Möglichkeitsmaschinen“ (Großklaus, 1997), sondern
zum
Beispiel
RSS-‐Feeds,
Bookmarks,
subskribierte ziehen auch Einschränkungen nach sich. Walter Ben-
Mailinglisten,
Avatare
und
Agenten,
Portalmitglied-‐
jamins Aufsatz „Das Kunstwerk im Zeitalter seiner
schaHen,
etc.
Faßler
(1999)
hat
für
diesen
Umstand
den
Begriff
„MassenIndividualMedium“
geprägt.
Elek-‐ technischen Reproduzierbarkeit“ aus dem Jahr 1939
tronischer
Text
ist
prinzipiell
wandelbar,
der
Zugang
zu reflektiert die umwälzenden Wirkungen des Films
PublikaConsmöglichkeiten
nicht
exklusiv
und
die und anderer technischer Medien auf die Kunst und
Rückkopplung
des
Lesers
durch
die
Vernetzung
je-‐ zieht Rückschlüsse auf deren Stellung und Funktion
derzeit
möglich.
innerhalb der Gesellschaft. Die Möglichkeit der mas-
senhaften Reproduktion führt zum Verlust der
Wie gut verstehen wir dieses „MassenIndividual- „Aura“ eines Kunstwerks.
Medium“? In der ersten Ausgabe des Magazins „New „Noch bei der höchstvollendeten Reproduktion
Media & Society“ stellt Herausgeber Roger Silver- fällt eines aus: das Hier und Jetzt des Kunstwerks –
stone 1999 die Frage, was denn eigentlich das Neue sein einmaliges Dasein an dem Orte, an dem es sich
an den neuen Medien sei: befindet. […] Das Hier und Jetzt des Originals macht
„To ask the question‚ What’s new about new den Begriff seiner Echtheit aus. […] Während das
media?’ is, of course, to ask a question about the rela- Echte aber der manuellen Reproduktion gegenüber,
tionship between continuity and change; a question die von ihm im Regelfalle als Fälschung abgestempelt
that requires an investigation into the complexities of wurde, seine volle Autorität bewahrt, ist das der tech-
innovation as both a technological and a social nischen Reproduktion gegenüber nicht der Fall. […]
process […] Do new media create new meanings? Die Kathedrale verlässt ihren Platz, um in dem
Do they enable or disable social and cultural change? Studio eines Kunstfreundes Aufnahme zu finden; das
How are we to disentangle the various components Chorwerk, das in einem Saal oder unter freiem
of media and technology change as they affect, or are Himmel exekutiert wurde, lässt sich in einem Zimmer
presumed to affect, organizations, the political vernehmen“(Benjamin, 1939, 4).
process, global commerce, everyday life? What is this Benjamins ästhetische Überlegungen – einer theo-
space called cyber?“ (Silverstone, 1999, 10-11) retischen Linse gleich – ermöglichen uns die Effekte
Technische Innovation und soziale Praxis wirken der Digitaltechnologie in Hinblick auf die Erlebnis-
zusammen und geben gemeinsam digitalen Netz- qualität in medial vermittelten Lernsituationen zu be-
medien eine Gestalt – auch aus diesem Grund sind trachten. So geht beispielsweise bei der Aufzeichnung
die von Silverstone aufgeworfenen Fragen kei- von Lehrveranstaltungen das Ursprüngliche eines
neswegs als gelöst zu betrachten, sondern begegnen Vortrags in Teilen verloren. Das erklärt, warum Stu-
uns in neuem Gewand immer wieder, aktuell in der dierende trotzdem noch in den Hörsaal gehen, wenn
6. 6
—
Lehrbuch
für
Lernen
und
Lehren
mit
Technologien
(L3T)
In der Praxis : Ringvorlesung „Medien und Bidlung“
„Eine
Pädagogik,
die
ohne
MiEel
und
MiEler
auskommt
–
un-‐ stellte
Ringvorlesung
erkundet
das
interdisziplinäre
Feld
der
miEelbar
sozusagen
–,
ist
nicht
denkbar“,
so
beschreibt
die Medientheorie
aus
der
PerspekCve
von
Philosophie
über
die
Ringvorlesung
„Medien
und
Bildung“
die
Bedeutung
von
In-‐ Kunst-‐,
Medien-‐
und
KulturwissenschaHen
bis
zur
InformaCk.
formaCons-‐
und
KommunikaConstechnologien
für
das hEp://www.podcampus.de/channels/47
Lehren
und
Lernen.
Die
auf
dem
Portal
podcampus
bereitge-‐
alles im Netz verfügbar ist. Und was passiert, wenn Wenn Personen mit einer Software (inter-)agieren,
die Kopie vom Original nicht mehr unterscheidbar spielt sich eine Handlung ab, bei der der Computer
ist? Worin besteht die Aura eines Hypertextes oder selbst als kommunikatives Gegenüber wahrge-
eines PDF-Dokuments? Über den Schutz von Urhe- nommen wird. Aus Sicht der Benutzer/innen agiert
berrechten hinausgehend gibt es einen Bedarf solche das jeweilige Programm, was sich in Aussagen wie
Fragen konstruktiv zu erörtern. „Ich hab gar nichts gemacht, er hat sich einfach aus-
geschaltet“ oder „Word hat einen Fehler gefunden“
4. Medientheorien
und
die
Gestaltung
neuer
Medien
widerspiegelt. (#ant) Eine Aufgabe des Interface-
Unsere oftmals impliziten Vorstellungen von digi- design liegt darin, schlüssige Charaktere zu schaffen:
talen Medien beeinflussen Interaktionsformen und „Computer-based agents, like dramatic characters, do
Gestaltungsspielräume. Auf der Schnittstelle von Li- not have to think [...]; they simply have to provide a
teraturwissenschaft und Informatik sind zahlreiche representation from which thought may be
Arbeiten entstanden, die sich mit der Ästhetik digi- inferred“(Laurel, 1993, 57). Bei der Gestaltung von
taler Medien, Narration im Netz und „Human Com- Lerntechnologien können narrative Ansätze und dra-
puter Interaction“ befassen. Beispiele sind die Ar- maturgische Inszenierungen die Interaktion mit der
beiten von Brenda Laurel, Aspen Aarseth, Janet Lernumgebung authentischer, einfacher und ange-
Murray und George Landow. nehmer machen.
George Landow, Professor für englische Literatur Mit der Inszenierung digitaler Welten und ihrem
und Kunstgeschichte an der Brown University, ist narrativen Potential hat sich in der Publikation
vielen seiner Fachkollegen hauptsächlich als Experte „Hamlet on the Holodeck“ (1997) Janet Murray be-
für das viktorianische Zeitalter bekannt. Seine Begeis- fasst. Sie identifiziert vier grundsätzliche Eigen-
terung für Hypertexte begann mit dem Online-Kurs schaften digitaler Medien – Prozeduralität, Partizi-
„The Victorian Web“, eine frei zugängliche Lernres- pation, Räumlichkeit, Enzyklopädik – aus denen sie
source, die inzwischen über 40.000 Dokumente um- drei spezifische Erlebnisqualitäten virtueller Umge-
fasst. In seinen Arbeiten zu Hypertext und Hyper- bungen ableitet. Durch seine Prozeduralität ist ein
media befasst er sich mit erkenntnistheoretischen Computer in der Lage, Prozesse nicht nur abzu-
Fragen, die mit dem Wandel von geschlossenen Au- bilden, sondern tatsächlich ablaufen zu lassen. Inhalte
torensystemen zu offenen, hypertextuellen Systemen in einem digitalen Medium können deswegen in-
einhergehen (Landow, 2006). härent dynamisch sein, während traditionelle Medien
ausschließlich statische Inhalte verbreiten können.
Die zweite Eigenschaft sind Partizipationsmöglich-
Brenda
Laurels
DissertaCon
prägte
das
Bild
des
„Com-‐
keiten in digitalen Umgebungen. Computeranwen-
! puters
als
Bühne“.
Diese
Metapher
lenkt
das
Au-‐
genmerk
weg
von
den
ProgrammrouCnen
des
Com-‐ dungen erzeugen Interesse, weil ihre Aktionen poten-
puters
hin
auf
die
Handlung
am
Bildschirm
aus
der tiell beeinflussbar sind und die Nutzer/innen in ab-
PerspekCve
der
Benutzer/innen.
In
Laurels
Theater-‐ laufende Prozesse eingreifen können. Als dritte Ei-
metapher
entspricht
grafische
BenutzerschniEstelle genschaft von digitalen Umgebungen führt Murray
einer
‚Bühne’,
auf
der
sich
die
Handlung
vollzieht.
Die die Räumlichkeit an – digitale Medien bilden
Technologie,
die
die
Aufführung
ermöglicht,
ist
selbst
„Räume“ und „Umgebungen“ in denen wir uns ori-
gar
nicht
sichtbar,
sondern
–
wie
im
Theater
–
‚hinter
den
Kulissen’
täCg.
entieren können. Murrays vierte Eigenschaft, die En-
zyklopädik, zielt auf die Effizienz der Digitaltechno-
logie ab, für einen Menschen unübersehbare Mengen
Brenda Laurel erweiterte in den 1990er Jahren an Daten zu speichern, zu verarbeiten und auch zu
unser Verständnis für das Medium Computer durch präsentieren.
Rückgriff auf die Aristotelische Dramentheorie.
7. Medientheorien.
Ein
Beitrag
zum
medienbasierten
Lernen—
7
In der Praxis : Der Hypertext „Pastperfect“
Pastperfect
ist
ein
Hypertext
zu
GeschichtswissenschaH
bei „SchmeEerlingsthema“
ist,
sondern
einen
Platz
im
konzep-‐
dem
ProdukCon
und
Reflexion
Hand
in
Hand
gehen.
Der Conellen
Repertoire
von
InstrukConsdesigner/innen
ver-‐
Erfolg
des
Projekts
–
die
Webseite
gewann
im
Jahr
2004
den dient.
URL:
hEp://www.pastperfect.at/
[2011-‐01-‐24]
MedidaPrix
–
zeigt,
dass
Medientheorie
kein
abwegiges
Aus diesen Eigenschaften folgert Murray drei knüpfungen der Autoren/innen widerspiegelt, die
„pleasures“, also „Genüsse“ oder „Annehmlich- den eigenen Ansprüchen und Erwartungen als Leser
keiten“. Sie beginnt mit der Immersion, also dem oder „Nutzer/innen“ unter Umständen zu wider
Gefühl des „Eintauchens in eine andere Welt“. Wenn laufen. Auch wenn ein Gestalter oder eine Gestalterin
die Handlungen, die eine Person innerhalb einer digi- nicht mitteilt oder vielleicht selbst gar nicht aus-
talen Umgebung vollzieht, wahrnehmbare Folgen drücken kann, worin der Sinn eines Hyperlinks be-
und Ergebnisse hat, dann erlebt die Nutzer/in nach steht, so wird doch von den Lesern erwartet, dass sie
Murray den zweiten charakteristischen Genuss digi- spüren oder verstehen, auf welchen Pfaden der Hy-
taler Umgebungen: die sogenannte Agency. Der Be- pertext sinnvoll zu erschließen sei. Diesen Aspekt
griff beschreibt den Grad mit dem Dinge nach dem betont auch der Medientheoretiker Aspen Aarseth. In
Willen der Benutzer innerhalb einer Umgebung ge- „Cybertext. Perspectives on Ergodic Literature“ be-
staltbar sind. Die dritte von Murray identifizierte schreibt er „ergodische“ Texträume, die nur durch
Qualität digitaler Umgebungen ist die Transfor- Aufwand der Benutzer durchquert werden können
mation. So ist es in einer digitalen Umgebung (Aarseth, 1997).
möglich, einen anderen Charakter anzunehmen und
5.
Zusammenfassung
Facetten der eigenen Person weitgehend risikofrei zu
explorieren. Dieses Kapitel hat einen breiten Bogen über das fa-
Oberflächlich betrachtet könnte man meinen, cettenreiche Feld der Medientheorien gespannt –
Computer und Internet seien eigentlich nur Distribu- vom Dekonstruktivismus Jaques Derridas über sozio-
tionskanäle für die traditionellen Medienformen technische Forschungsansätze bis hin zu medienäs-
Print, Audio und Video – es ist also nichts Neues, thetischen Vorstellungen. Welche zentralen Ergeb-
sondern „alter Wein in neuen Schläuchen“, ein nisse lassen sich abschließend festhalten? Zunächst
Vorwurf dem sich die E-Learning-Didaktik mehrfach ist da die Erkenntnis, dass implizite Vorstellungen
ausgesetzt sieht. Der Germanist und Fachdidaktiker vom Wesen der Medien unsere instruktionalen Ge-
Bernd Switalla (2001) hat in seinen Arbeiten wie- staltungsentscheidungen stets begleiten. Wenn wir
derholt erläutert, worin sich die Lektüre zwischen diese alltagstheoretischen Überzeugungen auf den
zwei Buchdeckeln von der Navigation im Internet Prüfstand setzen, gewinnen wir Distanz, um in der
unterscheidet und was daraus für die Produzenten technologisch diktierten Entwicklungslandschaft den
von Lernmedien folgt. Überblick zu behalten. Wer medientheoretisch reflek-
tiert an das didaktische Design von medienbasierten
Lernumgebungen herangeht, kann das Potenzial digi-
Schon
lange
bevor
HypertexEechnologien
erfunden taler Medien besser ausschöpfen und Potentiale,
! waren,
wurden
Texte
geschrieben,
die
eine
non-‐li-‐
neare
Lektüre
nahelegten.
Dazu
zählen
Arno
SchmiEs
Nutzen, Chancen und Risiken für Lehre und Unter-
richt realistisch einschätzen.
„ZeEels
Traum“,
WiEgensteins
„Philosophische
Unter-‐
suchungen“
und
Lichtenbergs
„Sudelbuch“.
Nichtsde-‐
Eng damit zusammen hängt eine geschichtliche
sotrotz
macht
es
einen
großen
Unterschied,
ob
wir
auf Einbettung medienbezogener Debatten. Medienum-
dem
Bildschirm
lesen
oder
auf
dem
Papier.
Der
fran-‐ brüche in Spätmittelalter und früher Neuzeit sind
zösische
Historiker
Roger
CharCer
bezeichnet
dies
als nicht nur als ferner Spiegel unserer Gegenwart von
die
„Materialität“
des
Textes
(CharCer
&
Cavallo, Interesse. Es handelt sich um eine Epoche, die als
1999). Versuchslabor zum Verhältnis alter und neuer Medien
betrachtet werden kann (Burkhardt & Werkstetter,
Des Weiteren bewegen wir uns in Hypertexten in 2005). Medienhistorisches und medientheoretisches
einem Verweisraum, den ein anderer über den Text Hintergrundwissen erlaubt, die Gestaltungsspiel-
gelegt hat und welcher entsprechend assoziative Ver-
8. 8
—
Lehrbuch
für
Lernen
und
Lehren
mit
Technologien
(L3T)
räume neuer Lehr- und Lernmedien konstruktiv zu tentiale digitaler Lernumgebungen pauschal zu beur-
nutzen, anstatt sie technikfeindlich zu ignorieren oder teilen, wird es Zeit, das Medienhandeln ins Zentrum
technikgläubig zu verspielen. zu setzen.
Wer über Medien debattiert, sollte ein Auge für Literatur
geeignete Metaphern entwickeln und gleichzeitig in
der Lage sein, Metaphern und Bilder zu dekonstru- ▸ Aarseth, E.J. (1997). Cybertext: Perspectives on Ergodic Lite-
ieren und für Brüche und Widersprüche in der Me- rature. Baltimore/London: John Hopkins University Press.
dienwahrnehmung offen zu bleiben. Medientheore- URL: http://www.hf.uib.no/cybertext/Ergodic.html [2010-10-
tische Ansätze können Impulse für die konkrete Ge- 02].
staltung geben. Laurels Bild des „Computers als ▸ Benjamin. W. (1939). Das Kunstwerk im Zeitalter seiner techni-
Bühne“ bildet aus anwendungsbezogener Sicht einen schen Reproduzierbarkeit. URL: http://walterbenjamin.omini-
nachvollziehbaren Ansatz für die Interfacegestaltung. verdi.org/wp-content/kunstwerkbenjamin.pdf [2010-10-02].
Statt die Prozeduren des Rechners „aufzuführen“ ▸ Bertelsmann Stiftung & Heinz Nixdorf Stiftung (2001).
sollten Nutzer/innen die Handlung verstehen Studium online. Hochschulentwicklung durch neue Medien.
können. In diesem Zusammenhang kommt Janet Gütersloh: Verlag Bertelsmann Stiftung, URL: http://www.-
Murrays Bild des Computers als unendlicher Enzy- bertelsmann-stiftung.de/cps/rde/xchg/SID-86B05F6C-70-
klopädie in den Sinn – eine Eigenschaft, die der di- CAA8CC/bst/hs.xsl/publikationen_29336.htm [2010-10-02].
daktischen Reduktion in Lernumgebungen nicht ▸ Blumler J. G. & E. Katz (1974). The Uses of Mass Communi-
immer zuträglich ist. cation. Newbury Park, CA: Sage.
Aus medientheoretischen Erkenntnissen ergeben ▸ Bundesregierung Deutschland (2009). Drogen- und Suchtbe-
sich praktische Konsequenzen, die für die Ent- richt 2009. Berlin: Bundesministerium für Gesundheit, URL:
wicklung von Lernumgebungen gelten. Statt sich http://www.bmg.bund.de/fileadmin/redaktion/pdf_misc/mo-
selbstverständlich an durch Printmedien tradierten derne-drogenpolitik-drogenbericht-2009.pdf [2011-01-05].
Organisationsprinzipien wie Seiten, Fußnoten, An- ▸ Burkhardt, J. & Werkstetter, C. (2005). Kommunikation und
merkungen und Kapitel zu orientieren, lohnt es sich Medien in der Frühen Neuzeit. München: Oldenbourg.
einen offenen Blick für Gestaltungsmöglichkeiten zu ▸ Cervantes, S. M. (1615). Der sinnreiche Junker Don Quijote
entwickeln (Switalla, 2001). Neben der Immersion von der Mancha. URL: http://books.google.de/books?
sollte das Augenmerk dabei vor allem auf dem Be- id=y_P_b-
reich Agency liegen – die Lernenden sollen das Ge- UVZ20C&printsec=frontcover&source=gbs_atb#v=onepage
schehen aktiv beeinflussen können. Allerdings ist &q&f=false [2010-10-02], 47-48.
keine Lernumgebung per se eine konstruktivistische ▸ Chartier, R. & Cavallo, G.. (1999). Die Welt des Lesens. Von
Wunderwaffe. Hier gilt es Medium und Medialität zu der Schriftrolle zum Bildschirm. Frankfurt am Main: Campus.
unterscheiden: Es kommt weniger auf die Eigen- ▸ Derrida, J. & Roudinesco, E. (2006). Woraus wird Morgen ge-
schaften des Artefakts an, sondern mehr auf die In- macht sein? Ein Dialog. Stuttgart: Klett-Cotta.
strumentalisierung durch die Lernenden. Statt die Po- ▸ Ellrich, L. (2005). Medienphilosophie des Computers. In: M.
Sandbothe & L. Nagl (Hrsg.), Systematische Medienphilo-
Reflexionsaufgaben: sophie, Berlin, URL: http://www.uni-koeln.de/phil-
? ▸ Was
halten
Sie
von
Edward
Shorthouses
Vorwurf,
Medienkonsumenten
seien
eher
vom
Schicksal
fik-‐
fak/thefife/ellrich/computerphilosophie.htm [2010-10-02],
343-358.
Conaler
Gestalten
zu
Tränen
gerührt
als
dazu ▸ Fromme, J. & Sesink, W. (2008). Pädagogische Medientheorie.
bereit
tatsächliche
Missstände
zu
bekämpfen? Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
▸ Jedes
Medium
öffnet
eine
spezifische
PerspekCve ▸ Großklaus, G. (1997). Medien-Zeit Medien-Raum. Zum
auf
unsere
Umwelt.
Medialitätsbewusstsein
be-‐
Wandel der raumzeitlichen Wahrnehmung in der Moderne.
deutet,
das
eigene
Medienhandeln
kriCsch
zu
re-‐
flekCeren.
Führen
Sie
einen
Tag
lang
Protokoll Frankfurt am Main.
über
Ihren
Medienalltag!
▸ Kling, R: (1991). Computerization and Social Transformation.
▸ Inwieweit
ähnelt
die
Lektüre
von
Romanen
der
In-‐ URL: http://rkcsi.indiana.edu/archive/kling/pubs/STHV-
terakCon
mit
Computerspielen?
Erzählern
Sie
die 92B.htm [2010-10-02].
Geschichte
eines
modernen
Don
Quijote!
In-‐ ▸ Kloock, D. & Spahr, A. (2000). Medientheorien. Eine Ein-
wieweit
bieten
Medien
gleichzeiCg
Zugang
zur
und
führung. München: Wilhelm Fink Verlag.
Rückzug
von
der
Welt?
▸ Krämer, S. (2008). Medium, Bote, Übertragung: Kleine Meta-
▸ Verflüssigung
und
Entgrenzung
sind
zentrale
Me-‐
taphern
bei
der
Beschreibung
digitaler
Medien. physik der Medialität. Frankfurt am Main: Suhrkamp.
Nehmen
Sie
kriCsch
Stellung
zu
den
Begriffen
„In-‐ ▸ Knie, A. (1997). Technik als gesellschaftliche Konstruktion, In-
formaCon
Overflow“
und
„Globales
Dorf“.
stitutionen als soziale Maschinen. In: Dierkes, M. (Hrsg.), Tech-
9. Medientheorien.
Ein
Beitrag
zum
medienbasierten
Lernen—
9
nikgenese. Befunde aus einem Forschungsprogramm. Berlin: ▸ Sandbothe, M. (2003). Was ist Medienphilosophie?. In: Zeit-
Edition Sigma, 225-243. schrift für Ästhetik und Allgemeine Kunstwissenschaft, 48/2,
▸ Landow, G. P. (2006). Hypertext 3.0 Critical Theory and New URL: http://www.sandbothe.net/346.html [2010-10-02], 195-
Media in an Era of Globalization: Critical Theory and New 206.
Media in a Global Era (Parallax, Re-Visions of Culture and So- ▸ Silverstone, R. (1999). What’s new about new media?. In: New
ciety). Baltimore: The Johns Hopkins University Press. Media & Society, 1(1), 10-12.
▸ McLuhan, M. (1966). Understanding Media: The Extension of ▸ Stephens, M. (1991). Deconstructing Jaques Derrida. The Most
Man. London: MIT Press. Reviled Professor in the World Defends His Diabolically Dif-
▸ MacNeill, M. & Diao, M. M. (2010). Student uses of IT in ficult Theory. URL:
learning: an ethnographic study. IADIS International Confe- http://www.nyu.edu/classes/stephens/Jacques%20Derrida
rence e-Learning 2010. 307-314. %20-%20LAT%20page.htm [2010-10-02].
▸ Meyer, T. (2002). Interfaces, Medien, Bildung : Paradigmen ▸ Switalla, B. (2001). Lernen in Zeiten des Internets. In: S.J.
einer pädagogischen Medientheorie. Bielefeld: Transcript Schmidt (Hrsg.), Lernen im Zeitalter des Internets. Grundlagen
Verlag. Probleme, Perspektiven., Bozen: Pädagogisches Institut, 115-
▸ Murray, J. H. (1997). Hamlet on the Holodeck: the Future of 137.
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▸ Pross, H. (1972). Medienforschung. Film, Funk, Presse, Fern- Wegener (Hrsg.). Qualitative Medienforschung. Ein Handbuch.
sehen. Darmstadt: Verlag Habel. Konstanz: UTB, 29-39.
▸ Rice, R.E. (1999). Artifacts and paradoxes in new media. In:
New Media and Society, 1(1), 24-32.