Poser: Rechtsprechungsübersicht zu Verkehrssicherungs- und Betreiberpflichten...
von Vogel: Die kollektive Rechtewahrnehmung durch Verwertungsgesellschaften
1. B Urheber- und Leistungsschutzrechte sowie Verwertungsgesellschaften
B3 Das Recht der Verwertungsgesellschaften
Die kollektive Rechtewahrnehmung
durch Verwertungsgesellschaften
Einführung in die Grundsätze der kollektiven Wahrnehmung von Ur-
heber- und Leistungsschutzrechten durch Verwertungsgesellschaften
B
Dr. Alexander von Vogel 3.1
Rechtsanwalt, Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Berlin S. 1
Inhalt Seite
1. Einleitung – Wozu kollektive Rechtewahrnehmung? 3
2. Der rechtliche Rahmen 5
2.1 Das Urheberrechtswahrnehmungsgesetz 5
2.2 Weitere Gesetze 7
3. Die Rechtsbeziehungen zu den Berechtigten 8
3.1 Die Wahrnehmungsberechtigten 8
3.2 Der Wahrnehmungszwang 10
3.3 Der Wahrnehmungsvertrag 11
3.4 Die Verteilung der Einnahmen 13
4. Die Rechtsbeziehungen zu den Nutzern 14
4.1 Der Abschlusszwang 14
4.2 Die Lizenzierung 15
4.3 Auskunfts- und Meldepflichten – insbesondere die Pflichten
des Veranstalters 16
4.4 Die doppelte Lizenzgebühr bei Pflichtverletzungen
(sog. „GEMA-Zuschlag“) 18
5. Die Rechtsbeziehungen der Verwertungsgesellschaften
untereinander 18
5.1 Zusammenarbeit auf nationaler Ebene – Zentral- und
Clearingstellen für Vergütungsansprüche 18
5.2 Zusammenarbeit auf internationaler Ebene –
Gegenseitigkeitsverträge und Dachverbände 20
6. Die Aufsicht über die Verwertungsgesellschaften 21
6.1 Aufsicht durch das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMA) 21
6.2 Weitere Aufsichtsbehörden 21
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2. B Urheber- und Leistungsschutzrechte sowie Verwertungsgesellschaften
B3 Das Recht der Verwertungsgesellschaften
Literaturhinweise 22
Gesetze 23
Verwertungsgesellschaften 24
Zentralstellen zur Geltendmachung von
B Vergütungsansprüchen und Clearingstellen 26
3.1
S. 2
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3. B Urheber- und Leistungsschutzrechte sowie Verwertungsgesellschaften
B3 Das Recht der Verwertungsgesellschaften
1. Einleitung – Wozu kollektive
Rechtewahrnehmung?
Jedes Werk der Literatur, Wissenschaft und Kunst ist in erster Linie Ausdruck der
Persönlichkeit seines Schöpfers. Das Urheberrecht schützt den Urheber daher „in
seinen geistigen und persönlichen Beziehungen zum Werk und in der Nutzung
seines Werkes“ (§ 11 S. 1 UrhG). Neben dem Verlangen, sich künstlerisch zu B
verwirklichen, ist die kreative Tätigkeit in aller Regel aber auch dem Impuls
3.1
geschuldet, mit ihr seinen Lebensunterhalt bestreiten zu können. Ist das Werk
jedoch einmal in den Rechtsverkehr gelangt, kann es de facto von jedem Dritten S. 3
beliebig oft genutzt und wirtschaftlich verwertet werden, ohne dass der Urheber
in den meisten Fällen hiervon Kenntnis erlangt. Würde man den Urheber an
diesem Prozess nicht teilhaben lassen, so entfiele der Anreiz, sich schöpferisch zu
betätigen, was eine Verarmung des kulturellen Lebens der Gesellschaft zur Folge
hätte. Das Urheberrecht sichert daher auch die wirtschaftliche Teilhabe des
Schöpfers an den Früchten seiner Arbeit in Gestalt „einer angemessenen Vergü-
tung für die Nutzung des Werkes“ (§ 11 S. 2 UrhG). Es gewährt ihm „das aus-
schließliche Recht, sein Werk in körperlicher Form zu verwerten“ (sog. Verwer-
tungsrechte, § 15 UrhG) sowie die Befugnis „einem anderen das Recht einzu-
räumen, das Werk auf einzelne oder alle Nutzungsarten zu nutzen“ (sog. Nut-
zungsrecht, § 31 Abs. 1 S. 1 UrhG).
Angesichts der zunehmenden Massennutzung urheberrechtlich geschützter Werke
ist es für den einzelnen Urheber (oder Leistungsschutzberechtigten – dazu unten
Kap. 3.1) so gut wie unmöglich, seine Rechte durch Abschluss entsprechender
Verträge mit allen interessierten Nutzern selbst – oder durch seinen Verleger –
durchzusetzen. (sog. individuelle Rechtewahrnehmung). Vor diesem Hinter-
grund haben sich die Urheber bereits im 19. Jahrhundert zu Autorenkollektiven
zusammengeschlossen, um ihre Rechte gemeinsam wahrnehmen zu können (sog.
kollektive Rechtewahrnehmung).
Beachte: Zum Verständnis der kollektiven Rechtewahrnehmung ist zwischen den
Wahrnehmungsberechtigten (Urhebern oder Leistungsschutzberechtigten), den
Nutzern sowie den Verwertungsgesellschaften zu unterscheiden.
Die kollektive Rechtewahrnehmung hat zahlreiche Vorteile: Indem sich die
Urheber in Verwertungsgesellschaften zusammenschließen, können sie ihre –
nunmehr gebündelten – Interessen gegenüber den Nutzern besser durchsetzen; sie
verfügen über mehr Marktmacht und befinden sich daher in einer günstigeren
Verhandlungsposition, wenn es etwa darum geht, die Höhe der Lizenzgebühren
festzulegen, die für die Nutzung eines Werkes entrichtet werden müssen. Hinzu
kommt, dass sich etwaige Urheberrechtsverletzungen leichter durch ein Kollektiv
feststellen lassen, insbesondere durch den Aufbau eines effizienten Kontrollappa-
rats. Für die Nutzer urheberrechtlich geschützter Werke hat die kollektive Rech-
tewahrnehmung den Vorteil, dass sie die erforderlichen Lizenzen ohne größeren
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4. B Urheber- und Leistungsschutzrechte sowie Verwertungsgesellschaften
B3 Das Recht der Verwertungsgesellschaften
Zeit- und Kostenaufwand aus einer Hand erwerben können und nicht mit jedem
einzelnen Urheber verhandeln müssen.
Beachte: Die Rollenverteilung von Berechtigten einerseits und Nutzern anderer-
seits ist nicht statisch. Da die Rechteinhaber den Verwertungsgesellschaften aus-
schließliche Nutzungsrechte einräumen (näher dazu unten Kap. 3.3), können
beide Rollen sogar zeitgleich zusammenfallen: Veranstaltet etwa ein Komponist,
B der einer Verwertungsgesellschaft beigetreten ist, ein Konzert, auf dem er seine
3.1 eigenen Werke aufführt, so ist er zugleich Berechtigter und Nutzer.
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Verwertungsgesellschaften nehmen die ihnen übertragenen Rechte und Ansprü-
che treuhänderisch wahr. Ihnen kommt die schwierige Aufgabe zu, zwischen
zwei Seiten, die diametral entgegengesetzte Interessen haben, zu vermitteln („ho-
he Tantiemen“ contra „billige Lizenzen“). Auch wenn sie dabei als Interessenver-
treter der Urheber und Leistungsschutzberechtigten tätig werden, dürfen sie die
berechtigten Interessen der Nutzer nicht vollkommen außer Acht lassen, um mit
ihren (potentiellen) Vertragspartnern tragfähige Lösungen zu schaffen, die vom
Markt akzeptiert werden.
In Deutschland gibt es derzeit zwölf Verwertungsgesellschaften, die überwie-
gend unterschiedliche Rechte wahrnehmen, teilweise aber auch direkt miteinan-
der konkurrieren:
GEMA (Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Ver-
vielfältigungsrechte)
GVL (Gesellschaft zur Verwertung von Leistungsschutzrechten mbH)
VG Wort (Verwertungsgesellschaft WORT)
VG Bild-Kunst (Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst)
GÜFA (Gesellschaft zur Übernahme und Wahrnehmung von Filmauffüh-
rungsrechten mit beschränkter Haftung)
VFF (Verwertungsgesellschaft der Film- und Fernsehproduzenten mbH)
VGF (Verwertungsgesellschaft für Nutzungsrechte an Filmwerken mbH)
GWFF (Gesellschaft zur Wahrnehmung von Film- und Fernsehrechten mbH)
AGICOA Urheberrechtsschutz-Gesellschaft mbH (Association de Gestion
Internationale Collective des Oeuvres Audiovisuelles)
VG Musik-Edition (Verwertungsgesellschaft zur Wahrnehmung von Nut-
zungsrechten an Editionen [Ausgaben] von Musikwerken)
VG Media (Gesellschaft zur Verwertung der Urheber- und Leistungsschutz-
rechte von Medienunternehmen mbH)
VGWM (Verwertungsgesellschaft Werbung + Musik mbH)
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