Dr. Achim Gmilkowsky: Vertragsgestaltung für Fotografen, Teil 1
Prof. Dr. Armin Klein: Grundlagen des Kulturmarketing. Das Marketingkonzept für Non-Profit-Kulturbetriebe
1. Marketing, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit H 2.1
Marketingkonzepte
Grundlagen des Kulturmarketing
Das Marketingkonzept für Non-Profit-Kulturbetriebe
Prof. Dr. Armin Klein
Keine Kultureinrichtung, und sei sie noch so klein, kommt heute ohne Kulturmarketing aus. Der
folgende Beitrag legt die Grundlagen für ein modernes Kulturmarketing und entwickelt ein Marke-
tingkonzept für Non-Profit-Kultureinrichtungen, das von diesen unmittelbar und ohne großen Kos-
tenaufwand in die Praxis umgesetzt werden kann.
Gliederung Seite
1. Grundlagen des Kulturmarketings 2
1.1 Ausgangspunkt: die menschlichen Bedürfnisse 2
1.2 Die Stakeholder-Analyse 2
1.3 Marketing als Beziehungsmarketing 3
1.4 Das Produkt und sein Nutzen 4
1.5 Die Marktsituation 5
1.6 Profit- vs. Non-Profit-Kulturmarketing 6
2. Kulturmarketing als Managementprozess 8
2.1 Inhaltliche Zielsetzung als Ausgangspunkt 8
2.2 Analysephase 9
2.3 Zielpräzisierung 11
2.4 Marketingstrategien 11
2.5 Die Marketinginstrumente 13
2.5.1 Programm- und Produktpolitik 14
2.5.2 Preis- und Konditionenpolitik 14
2.5.3 Kommunikationspolitik 16
2.5.4 Distributionspolitik 17
2.5.5 Servicepolitik 18
2.6 Marketingkontrolle und Marketingcontrolling 19
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2. H 2.1 Marketing, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Marketingkonzepte
1. Grundlagen des Kulturmarketings
1.1 Ausgangspunkt: die menschlichen Bedürfnisse
Ausgangspunkt des richtigen Verständnisses von Marketing ist die
Tatsache, dass jeder Mensch eine Vielzahl ganz unterschiedlicher Be-
dürfnisse, Wünsche, Interessen usw. hat. Bedürfnis kann ganz allge-
mein definiert werden als der Ausdruck eines empfundenen Mangels
an Zufriedenstellung. Aus einem Bedürfnis, einem empfundenen
Mangelgefühl, entsteht zumeist ein konkreter Wunsch, d. h. das Ver-
langen nach konkreter Befriedigung. Wer Hunger hat, möchte essen,
wer Durst hat, trinken und wer müde ist, will schlafen. Im Bereich von
Kunst und Kultur herrschen dabei sehr spezielle Nachfrageverhältnis-
se, die der Schweizer Schriftsteller Adolf Muschg präzise markiert:
„Nichts, was das Kunstwerk zu bieten hat, war vorher auf dem Markt;
also konnte es auch keine Nachfrage danach geben.“ Daher muss hier
eine Nachfrage tatsächlich bewusst erzeugt werden – Kunst und Kul-
tur brauchen Marketing.
Markt In der Regel lebt der Mensch in hochzivilisierten, arbeitsteiligen Ge-
sellschaften mit anderen Menschen zusammen, die ebenfalls produzie-
ren. Unter zivilen Bedingungen wird er zur Bedürfnisbefriedigung in
einen Tausch mit anderen eintreten. Der Ort, an dem dieser Austausch
zwischen Anbietern und Nachfragern stattfindet, wird ganz allgemein
Markt genannt.
Definition
Marketing lässt sich daher zunächst in einer ersten Definition bestim-
men als der Austausch von Dingen oder Leistungen von Wert und die
Beeinflussung dieses Prozesses. Dies gilt auch für die Angebote von
Kultureinrichtungen.
1.2 Die Stakeholder-Analyse
5 Stakeholder- Zunächst sind daher möglichst genau die Austauschpartner der jewei-
Kategorien ligen Kultureinrichtung und ihre jeweiligen Interessen zu bestimmen.
Die Austauschpartner bzw. Bezugsgruppen einer kulturellen Einrich-
tung, die sog. Stakeholder, die ein jeweils ganz spezifisches Interesse
an dieser Kultureinrichtung haben, lassen sich in 5 Kategorien eintei-
len:
• Zu den sog. Input-Gruppen zählen zunächst all jene, die der Orga-
nisation Ressourcen wie z. B. Geld, Zeit, Arbeit oder moralische
und ideelle Unterstützung zur Verfügung stellen. Dies sind z. B.
Lieferanten aus der Wirtschaft, Sponsoren und Förderer, Politiker
usw.
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3. Marketing, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit H 2.1
Marketingkonzepte
• Inputorientiert sind ebenfalls die sog. regulierenden Organe, die
Verhaltensregeln festlegen und Einfluss auf deren Durchsetzung
nehmen; hierzu zählen z. B. die Träger kultureller Einrichtungen
(Bundesländer und Städte), aber auch die verschiedenen Verbände
wie der Deutsche Kulturrat, der Deutsche Bühnenverein, die Deut-
sche Bühnengenossenschaft, die Orchestervereinigung, der Deut-
sche Kulturrat usw.
• Outputorientiert sind dagegen die internen Gruppen wie Künst-
ler/Solisten und Kollektive (Chor, Ballett, aber auch Werkstätten,
Technik und Verwaltung im Theater, Kuratoren, Musikschullehrer
usw.). Sie sind für die eigentliche Leistungserstellung, also die ver-
schiedenen Produkte einer Kultureinrichtung wie Schauspiel, Oper,
Operette, Ballett, aber auch Programmhefte, Plakate, Ausstellun-
gen, Musikschulunterricht usw. verantwortlich.
• Diese Leistung, also der Output einer Kultureinrichtung, wird den
Endabnehmergruppen nicht selten mithilfe von Übermittlergruppen
zugeführt. Hierzu zählen vor allem die verschiedenen Abonnenten-
bzw. Besucherorganisationen, aber auch Buchhändler im Verlags-
wesen oder Agenturen im Musikbetrieb.
• Und unter die Endabnehmergruppen fallen schließlich alle, die die
erstellte Leistung bzw. das künstlerische bzw. kulturelle Produkt
nachfragen: zunächst und vor allem also die Zuschauer und Besu-
cher. Hierzu zählen aber auch all jene allgemeinen Interessenten-
gruppen, die von der Leistung zwar betroffen sind, diese aber nicht
direkt nachfragen, wie z. B. der Fremdenverkehr, Schulen und
nicht zuletzt die Medien.
1.3 Marketing als Beziehungsmarketing
Der sog. Stakeholder-Ansatz im Kulturmarketing geht von einer engen Organisation von
Einbindung dieser Interessentengruppen in den strategischen Ent- Austauschbeziehungen
scheidungsprozess einer Non-Profit-Organisation aus. Ein entspre-
chend orientiertes Beziehungsmarketing wird diese Austauschbezie-
hungen deshalb nicht dem Zufall überlassen, sondern durch ein ent-
sprechendes Vorgehen und Handeln für die eigene Kultureinrichtung
und ihre Ziele zu nutzen. Marketing lässt sich dementsprechend auch
definieren als die Organisation von Austauschbeziehungen.
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4. H 2.1 Marketing, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Marketingkonzepte
1.4 Das Produkt und sein Nutzen
Produkte Ausgetauscht werden im Marketingprozess vor allem aber Produkte.
Unter Produkt versteht man zunächst alles, was einer Person oder
einer Gruppe von Personen angeboten werden kann, um ein Bedürfnis
bzw. einen Wunsch zu befriedigen. Dies kann ein hergestelltes Gut (im
Falle von Kunst und Kultur etwa ein Gemälde, eine Skulptur, ein
Buch, eine CD, ein Film usw.) oder aber auch eine Dienstleistung
(z. B. eine Theateraufführung, ein Konzert, ein Kursangebot in der
Volkshochschule oder Musikschule usw.) sein. Die meisten Produkte
befriedigen in aller Regel allerdings keineswegs nur ein Bedürfnis,
sondern meist mehrere Nutzen.
Produkt kann und soll deshalb präziser definiert werden als ein
Satz/Set von möglichen Nutzen bzw. Vorteilen, und zwar wie sie von
den Nachfragern wahrgenommen werden (und nicht von den Anbie-
tern gemeint sind). Von ganz entscheidender Bedeutung für das Zu-
standekommen eines Austauschs ist daher nicht die Sicht des Anbie-
ters (der sein künstlerisches Produkt selbstverständlich ganz toll fin-
det), sondern die Sicht des Nachfragers, d. h. des Besuchers (der das
Produkt mit anderen vergleicht und vielleicht gar nicht so herausra-
gend wie der Anbieter einschätzt). Zugespitzt könnte man also sagen:
Die Menschen kaufen keine Produkte, sondern sie kaufen einen (ver-
muteten und oft sehr subjektiven) Nutzen. Marketing, insbesondere
Kulturmarketing, hat es daher im Kern mit Wahrnehmungen zu tun,
und zwar mit den Wahrnehmungen der Produkteigenschaften durch
den jeweiligen Nachfrager.
Nutzen-Dimensionen Der Nutzen eines Kulturproduktes ist also nichts quasi Objektives,
eines Kulturproduktes d. h. etwas, das ihm von vornherein und für alle Zukunft anhaftet,
sondern dieser Nutzen ist sehr stark von der Einschätzung des mögli-
chen Nachfragers abhängig. Gerade kulturelle Produkte haben (min-
destens) 4 verschiedene Nutzen-Dimensionen, die die jeweiligen An-
bieter mit ganz unterschiedlichen Strategien nutzen sollten.
• Zunächst hat jedes Produkt einen direkten bzw. sog. Kernnutzen.
So soll z. B. in einer Musikschule das (möglichst optimale) Beherr-
schen eines Instruments vermittelt werden. Diesen Kernnutzen
kann die Musikschule durch die Verfolgung einer Qualitätsstrategie
optimieren, d. h., sie wird sich möglichst bemühen, die besten Leh-
rer für ihre Schülerinnen und Schüler zu gewinnen, den Unterricht
unter optimalen Bedingungen stattfinden lassen usw.
• Vor allem kulturelle Dienstleistungen werden allerdings häufig
nicht individuell bzw. isoliert nachgefragt, sondern in einem be-
stimmten sozialen Kontext. Es spielt eine große Rolle, wer sonst
noch an dieser Nachfrage beteiligt ist. Welche Kinder trifft man in
der Musikschule? Wer geht dahin? Eine entsprechende Sozialstra-
tegie wird vor allem diese Aspekte in den Vordergrund stellen.
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