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Olaf Zimmermann: Zuwendungsrecht und Zuwendungspraxis am Beispiel der Bundeskulturförderung
1. Kultur und Recht C 1.3
Praxis des Kulturrechts
Zuwendungsrecht und Zuwendungspraxis
am Beispiel der Bundeskulturförderung
Olaf Zimmermann
Sowohl in der Enquete-Kommission des Deutschen Bundestags „Zukunft des Bürgerschaftlichen
Engagements“ als auch der Enquete-Kommission des Deutschen Bundestags „Kultur in Deutsch-
land“ wurde in Anhörungen, Stellungnahmen aus der Zivilgesellschaft und in Gutachten das Zu-
wendungsrecht als besonderes Problem genannt. Es wurde moniert, dass das Zuwendungsrecht zu
wenig flexibel ist und eine starre Bürokratie letztlich eine wirtschaftliche und sparsame Verwen-
dung öffentlicher Mittel behindert. Auf der anderen Seite beklagen die Behörden, die Zuwendun-
gen ausreichen, dass immer wieder dieselben Fehler bei Zuwendungsempfängern gemacht und dass
die Vorschriften nicht exakt eingehalten würden. Zugleich wird hervorgehoben, dass sich das Zu-
wendungsrecht durch große Ermessensspielräume auszeichnet, die eine flexible Handhabung mög-
lich machen. Ein- und derselbe Sachverhalt wird also von den jeweiligen Seiten geradezu gegen-
sätzlich beurteilt. Grund genug, sich mit dem Thema zu befassen, dabei soll das Haushaltsrecht des
Bundes im Mittelpunkt stehen.
Gliederung Seite
1. Der Haushaltsausschuss – die entscheidende Hürde 2
2. Grundsätze des Zuwendungsrechts 4
2.1 Gesetzliche Grundlagen 4
2.2 Kulturelle Kinder- und Jugendbildung – ein Sonderfall 6
3. Der Weg der Zuwendung 6
4. Finanzierungsarten – ihre Vorzüge und Nachteile 8
5. Jährlichkeitsprinzip 10
6. Besserstellungsverbot 11
7. Flucht aus dem Haushaltsrecht 11
8. Politische Veränderungen tun Not 12
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2. C 1.3 Kultur und Recht
Praxis des Kulturrechts
1. Der Haushaltsausschuss – die
entscheidende Hürde
Das Haushaltsrecht der Länder ist analog gestaltet und auch in der
Zuwendungspraxis bestehen viele Ähnlichkeiten.
Rechtsgrundlage Die Grundsätze des Zuwendungsrechts sind in der Bundeshaushalts-
Bundeshaushalts- ordnung niedergelegt. Hier wird generell beschrieben, wie der Bun-
ordnung deshaushalt aufgestellt werden muss, wie die Rechnungslegung auszu-
sehen hat, wie der Bundeshaushalt geprüft wird usw.
Über den Bundeshaushalt bzw. analog hierzu die Landeshaushalte
entscheiden die jeweiligen Parlamente. Die Fachressorts legen ihren
Haushaltsplan, der alle Ausgaben und Einnahmen enthält, dem jewei-
ligen Finanzminister vor, im Zusammenspiel zwischen Fachressort
und Finanzressort wird schließlich der Einzelhaushalt ausgehandelt.
Auch der Bereich der Zuwendungen wird im jeweiligen Haushalt des
Fachressorts bereits festgelegt. Die Institutionellen Förderungen wer-
den explizit ausgewiesen. Bei den Projektförderungen handelt es sich
meist um entsprechende „Global-Titel“ aus denen verschiedene Förde-
rungen geleistet werden können. Diese müssen zum Zeitpunkt der
Haushaltsaufstellung noch nicht unbedingt feststehen. Längerfristige
Projektförderungen werden ähnlich der Institutionellen Förderung
ausgewiesen. Hinzu kommt die Finanzierung der eigenen Einrichtun-
gen, des Personals sowie der entstehenden Sachkosten.
Kabinett legt Bundestag Der nach den Verhandlungen mit den Fachressorts erarbeitete Haus-
Haushaltsentwurf vor haltsplan wird schließlich im Kabinett verabschiedet und dann dem
Parlament zugeleitet. Nach der Einbringung des Bundeshaushalts in
den Deutschen Bundestag, der so genannten ersten Lesung, findet die
Beratung in den Ausschüssen statt.
Hier ist der Haushaltsausschuss das entscheidende Beratungsgremium
(auf kommunaler Ebene heißt das analoge Gremium meist „Finanz-
ausschuss“). Traditionell sitzt dem Haushaltsausschuss des Deutschen
Bundestags ein Mitglied der größten Oppositionspartei vor. Der Haus-
haltsausschuss hat die Aufgabe, die Ausgabenpolitik der Regierung zu
kontrollieren und gegebenenfalls entgegen den Regierungsplänen
Haushaltsentscheidungen dem Parlament vorzuschlagen.
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3. Kultur und Recht C 1.3
Praxis des Kulturrechts
Um im Haushaltsausschuss eine fachliche Nähe zu den Themen zu
gewährleisten, gibt es für jedes Fachressort Berichterstatter in den
Fraktionen, die mit den Details des jeweiligen Fachhaushalts bestens
vertraut sind. So gibt es im Haushaltsausschuss des Deutschen Bun-
destags die Berichterstatter für Kultur, Berichterstatter für Bildung
usw. Die jeweiligen Ausschüsse, also der Ausschuss für Kultur und
Medien des Deutschen Bundestags, der Ausschuss für Bildung, For-
schung und Technologieabschätzung oder auch der Ausschuss für
Familie, Senioren, Frauen und Jugend sind mitberatend.
Der Haushaltsausschuss fertigt zum Ende seiner Beratung einen Be-
richt an und spricht eine Beschlussempfehlung aus. Da sich die Mehr-
heitsverhältnisse des Deutschen Bundestags im Haushaltsausschuss
widerspiegeln, unterscheidet sich der Vorschlag des Haushaltsaus-
schuss zwar nicht grundlegend von der Vorlage der Bundesregierung.
Der Haushaltsausschuss versteht es aber durchaus, an den Stellschrau- Verabschiedung des
ben zu drehen und Haushaltstitel zu kürzen, zu erhöhen oder auch Haushalts durch das
ganz neue einzustellen. Der Bericht und die Beschlussvorlage des Parlament
Haushaltsausschusses werden dann in der zweiten Lesung im Deut-
schen Bundestag beraten und schließlich in zweiter und dritter Lesung
verabschiedet.
Der Haushaltsvollzug obliegt dann wiederum der Exekutive, also den Haushaltsvollzug
jeweiligen Ministerien. Mit Blick auf Zuwendungen reichen einige
Ministerien Zuwendungen direkt aus, andere haben die administrative
Abwicklung an das Bundesverwaltungsamt abgegeben.
Der Haushaltsausschuss entscheidet aber nicht nur über die Ausgaben. Haushalts- und
Er nimmt zugleich den Bericht des Bundesrechnungshofs entgegen. Zuwendungskontrolle
Der Bundesrechnungshof kontrolliert die ordnungsgemäße Ausrei-
chung und Verwendung der öffentlichen Mittel. Mitglieder des Haus-
haltsausschusses haben auch das Recht, den
Bundesrechnungshof direkt zu bitten, Zu-
wendungsempfänger oder nachgeordnete Be-
hörden zu prüfen.
In dem Handbuch Kultur & Recht, Ausgabe
2005, finden Sie folgende Beiträge: „Grundla-
gen des öffentlichen Haushaltsrechts“ (I 1.1,
I 1.2), „Kulturfinanzierung durch Zuwendungen
– Zuwendungsrecht am Beispiel einer Projekt-
förderung“ (I 2.1) und „Strafbare Untreue im
Kultur- und Theaterbetrieb – Insbesondere zur
so genannten Haushaltsuntreue“ (I 1.3).
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4. C 1.3 Kultur und Recht
Praxis des Kulturrechts
2. Grundsätze des Zuwendungsrechts
2.1 Gesetzliche Grundlagen
Maßgeblich für Zuwendungen sind die §§ 23 und 44 der Bundeshaus-
haltsordnung (BHO). § 23 BHO besagt, dass Zuwendungen nur dann
veranschlagt werden dürfen, „wenn der Bund an der Erfüllung durch
solche Stellen ein erhebliches Interesse hat, das ohne die Zuwendun-
gen nicht oder nicht im notwendigen Umfang befriedigt werden
kann“. § 44 BHO verweist auf § 23 und stellt klar, dass Zuwendungen
nur unter den Voraussetzungen des § 23 gewährt werden dürfen und
eine zweckentsprechende Verwendung der Mittel gewährleistet sein
muss.
„Bundesinteresse“ Das erhebliche Bundesinteresse ist ein unbestimmter Rechtsbegriff,
als allgemeine der Interpretationsspielräume zulässt. Diese Interpretationsspielräume
Fördervoraussetzung bestehen nicht nur bei den Zuwendungsgebern – also den jeweiligen
Bundesministerien – sondern auch zwischen Bund und Ländern und
letztlich muss eine Zuwendungsentscheidung einer Prüfung des Bun-
desrechnungshofs standhalten. Gerade letzterer stellt in den letzten
Jahren, in denen gerade im Kultur- und Bildungsbereich vermehrt von
den Ländern auf ihre Zuständigkeit gepocht wird, zunehmend das
Bundesinteresse bei Förderungen in Frage.
Im Zusammenhang mit der zuerst geplanten Fusion der Kulturstiftung
der Länder und der Kulturstiftung des Bundes berieten Bund und Län-
der auch über eine Systematisierung der Kulturförderung von Bund
und Ländern. Grundlage waren die so genannten „Eckpunkte für die
Systematisierung der Kulturförderung von Bund und Ländern und für
die Zusammenführung der Kulturstiftung des Bundes und der Kultur-
stiftung der Länder zu einer gemeinsamen Kulturstiftung“ (Eckpunk-
tepapier) aus dem Jahr 2003.
Im Eckpunktepapier werden die unterschiedlichen Auffassungen von
Bund und Ländern hinsichtlich der Kulturförderung gegeneinander
gestellt.
Abgrenzung der Förde- So vertritt der Bund die Auffassung, dass er im Kulturbereich eine
rungskompetenzen von ungeschriebene Kompetenz kraft Natur der Sache hat. Er bezieht sich
Bund und Ländern dabei u. a. auf das so genannte Flurbereinigungsabkommen aus dem
Jahr 1971. Daraus wird eine umfassende eigene Zuständigkeit für
kulturelle Aufgaben von nationaler oder internationaler, überregiona-
ler oder landesübergreifender Bedeutung sowie in Bezug auf die gene-
relle nationale Repräsentation auch im Inland abgeleitet. Der Bund
geht davon aus, dass er sich bei der Wahrnehmung dieser Aufgaben
mit den Ländern nicht abstimmen muss.
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