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D Arbeits- und Personalrecht


D1 Allgemeine arbeitsrechtliche Grundlagen




Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz
Neue Herausforderungen für Arbeitgeber


Dr. Felix Oelkers
L.L.M. (UCT), Fachanwalt für Arbeitsrecht, Rechtsanwalt bei der Luther Rechts-
anwaltsgesellschaft mbH in Berlin


Inhalt                                                                  Seite


1.    Einleitung                                                            2
2.    Gesetzesgeschichte                                                    2    D
3.    Zielsetzung, Systematik und Rechtsfolgen des Gesetzes                 3    1.4
4.    Benachteiligungsverbot                                                3
                                                                                 S. 1
4.1   Benachteiligungsverbot vor Beginn des Arbeitsverhältnisses            5
4.2   Benachteiligungsverbot während des Arbeitsverhältnisses               8
4.3   Benachteiligungsverbot nach Ende des Arbeitsverhältnisses /
      Kündigungen                                                           9
5.    Benachteiligungsverbote / Rechtfertigung                              9
6.    Rechtsfolgen                                                         17
6.1   Beschwerderecht                                                      17
6.2   Leistungsverweigerungsrecht                                          17
6.3   Schadensersatz                                                       18
6.4   Entschädigung – Schmerzensgeld                                       20
7.    Klagen                                                               21
8.    Schulungen                                                           22




                                             35 Kultur & Recht November 2006
D Arbeits- und Personalrecht


       D1 Allgemeine arbeitsrechtliche Grundlagen




       1.     Einleitung
       Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ist da. Am 18.08.2006 ist es in
       Kraft getreten. Das AGG verpflichtet Arbeitgeber, Vermieter, Versicherer und alle
       Personen, die „Massegeschäfte“ betreiben, d. h. Versand- und Warenhäuser etc.
       Es verbietet Benachteiligungen aus Gründen der Rasse, ethnischer Herkunft,
       Geschlecht, Religion oder Weltanschauung, Behinderung, des Alters oder der
       sexuellen Identität. Verstößt der Arbeitgeber (oder der Vermieter) gegen diese
       Vorgabe, macht er sich schadensersatzpflichtig. Darüber hinaus kann aber auch –
       etwa bei Demütigung oder psychischen Leiden auf Grund der Benachteiligung –
       wegen immaterieller Schäden Schmerzensgeld eingefordert werden. Der Arbeit-
       geber haftet nicht nur für eigenes Fehlverhalten, sondern auch das seiner leiten-
       den Angestellten bzw. Vorgesetzten oder sogar von Arbeitnehmern, die andere
       Arbeitnehmer benachteiligen, bzw. von Kunden, die seine Arbeitnehmer
D      benachteiligen.
1.4
S. 2   Der Arbeitgeber kann sich (teilweise) von einer Haftung „freizeichnen“, indem er
       seine Mitarbeiter – insbesondere Führungskräfte und Vorgesetzte – schult und
       eine solche Schulung auch dokumentieren und nachweisen kann. Verklagen kann
       den Arbeitgeber nicht nur ein benachteiligter Arbeitnehmer, der Schadensersatz
       und Schmerzensgeld einfordert, sondern voraussichtlich auch so genannte Anti-
       diskriminierungsverbände.

       Im Folgenden werden die wichtigsten Regelungen des AGG im Einzelnen darge-
       stellt und durch Beispiele illustriert.


       2.     Gesetzesgeschichte
       Das AGG geht, wie so viele arbeitsrechtliche Gesetze, auf europarechtliche Vor-
       gaben zurück. Es setzt vier Antidiskriminierungsrichtlinien der EU um. Der
       „Vorgänger“ des AGG war das Antidiskriminierungsgesetz (ADG). Dieses wurde
       noch am 17.06.2005 unter der Rot-Grünen Regierung vom Bundestag verab-
       schiedet. Durch die kurz darauffolgenden Bundestagsneuwahlen war das Gesetz-
       gebungsverfahren jedoch unterbrochen und musste neu aufgenommen werden.
       Das AGG entspricht weitgehend dem ADG-Entwurf, enthält aber einige Ände-
       rungen, die das Gesetz handhabbarer machen und die Belastungen für Arbeitge-
       ber leicht verringern. Mit Verkündung am 17.08.2006 ist das AGG, offiziell:
       Gesetz zur Umsetzung europäischer Richtlinien zur Verwirklichung des Grund-
       satzes der Gleichbehandlung vom 14.08.2006, BGBl 1 Nr. 39, S. 1897, in Kraft
       getreten.




       35 Kultur & Recht November 2006
D Arbeits- und Personalrecht


D1 Allgemeine arbeitsrechtliche Grundlagen




3.     Zielsetzung, Systematik und Rechtsfolgen
       des Gesetzes
Ziel des Gesetzes ist es, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen
der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung,
einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu
beseitigen, § 1 AGG.

Dabei verwendet das AGG folgende Systematik: Grundsätzlich sind sämtliche
Benachteiligungen aus einem oder mehreren der genannten Gründe unzulässig, es
sei denn eine unterschiedliche Behandlung ist ausnahmsweise gerechtfertigt.

Die Kriterien für solche zulässigen Ungleichbehandlungen sind im Gesetz defi-
niert, § 8 ff. AGG.
                                                                                    D
                                                                                    1.4
Eine unzulässige Ungleichbehandlung verpflichtet den Arbeitgeber zum Scha-
densersatz, d. h. zum Ausgleich entstandener (finanzieller) Schäden. Darüber        S. 3
hinaus hat der Arbeitnehmer – ähnlich wie beim Schmerzensgeldanspruch - bei
immateriellen Schäden Anspruch auf eine angemessene Entschädigung, etwa bei
psychischer Belastung bzw. erlittenen seelischen Schäden.


4.     Benachteiligungsverbot
Das AGG stellt ein allgemeines Benachteiligungsverbot auf. So heißt es in
§ 7 Abs. 1 AGG:

„Beschäftigte dürfen nicht wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt
werden; dies gilt auch, wenn die Person, die die Benachteiligung begeht, das
Vorliegen eines in § 1 genannten Grundes bei der Benachteiligung nur annimmt.“

       Beispiele: Ein Unternehmen inseriert für die Stelle eines „Assistenten der
       Geschäftsleitung“. Ein anderes Unternehmen schließt mit dem Betriebsrat
eine Betriebsvereinbarung über Gratifikationen, die nicht an solche Arbeitnehmer
gezahlt werden sollen, die sich im gesamten Bezugszeitraum in der Elternzeit
befinden. In der Poststelle eines dritten Unternehmens hängt ein Kalender, auf
dem in Großformat farbige Nacktfotos von Frauen zu sehen sind.

In all diesen Fällen stellt sich die Frage, ob eine Benachteiligung im Sinne des
AGG vorliegt.




                                               35 Kultur & Recht November 2006
D Arbeits- und Personalrecht


       D1 Allgemeine arbeitsrechtliche Grundlagen




       Das Benachteiligungsverbot bezieht sich größtenteils auf Gründe, die bereits vor
       Inkrafttreten des AGG geschützt waren bzw. in denen eine Diskriminierung nicht
       erlaubt war. So verbietet Art. 3 Grundgesetz (GG), der auch im Arbeitsrecht An-
       wendung findet, die Ungleichbehandlung von Männern und Frauen, wegen des
       Geschlechts, der Abstammung, der Rasse, der Sprache, der Heimat und Herkunft,
       des Glaubens, der religiösen und politischen Anschauung und der Behinderung.

       Der Diskriminierungsschutz durch Art. 3 GG ist damit einerseits weiter, weil das
       AGG nicht alle in Art. 3 GG aufgeführten Kriterien umfasst. Andererseits enthält
       § 1 AGG ein Benachteiligungsverbot, das wirklich neu ist: das Alter. Eine Be-
       nachteiligung wegen des Alters ist in Art. 3 GG jedenfalls nicht ausdrücklich
       aufgenommen. Dass Arbeitnehmer nunmehr eine Altersdiskriminierung auf ge-
       setzliche Vorschriften stützen und hieraus Schadensersatz – und Schmerzensgeld-
       ansprüche herleiten können, ist eine wirkliche Neuerung.
D
1.4    Neben Art. 3 GG bot das Beschäftigtenschutzgesetz den Arbeitnehmern einen
       ausdrücklichen Schutz vor sexueller Belästigung am Arbeitsplatz. Weil der Inhalt
S. 4
       dieses Gesetzes vollumfänglich im AGG aufgeht, trat es mit Inkrafttreten des
       AGG gleichzeitig außer Kraft.

       Eine weitere echte Neuerung ist die Aufnahme des „Mobbing“ als Benachteili-
       gungsverbot im AGG. „Mobbing“ war zuvor im deutschen Arbeitsrecht kaum
       greifbar. Es gibt vereinzelte Rechtsprechung, in der dieser Begriff definiert wur-
       de. Dennoch blieb er unklar. Nun findet sich eine gesetzliche Definition in § 3
       Abs. 3 AGG.

       Das allgemeine Benachteiligungsverbot gilt sowohl für unmittelbare als auch für
       mittelbare Benachteiligungen. Um die obigen Beispiele aufzugreifen: Eine Stel-
       lenausschreibung, die nicht geschlechtsneutral ist, sondern allein auf männliche
       Bewerber ausgerichtet („Assistent“ statt „Assistent/in“), stellt eine direkte Be-
       nachteiligung der weiblichen Bewerber dar. Eine Betriebsvereinbarung, in der die
       Auszahlung einer Gratifikation daran geknüpft wird, ob man im gesamten Be-
       zugszeitraum gearbeitet hat oder sich in der Elternzeit befand, könnte lediglich
       eine mittelbare Benachteiligung darstellen. Die Regelung selbst ist nämlich ge-
       schlechtsneutral. Sie führt nur dann mittelbar zu einer Benachteiligung, wenn
       überdurchschnittlich mehr weibliche Arbeitnehmer in Elternzeit gehen, als ihre
       männlichen Kollegen. Der Europäische Gerichtshof hat allerdings entschieden,
       dass eine solche Regelung keine mittelbare Benachteiligung darstellt. Das uner-
       wünschte Zeigen und sichtbare Anbringen von pornographischen Darstellungen
       kann eine sexuelle Belästigung im Sinne des § 3 Abs. 4 AGG darstellen. Damit
       kann der Kalender, der großformatige Fotos nackter Frauen zeigt und in der Post-
       stelle aufgehängt ist, durchaus eine „Benachteiligung“ bzw. Belästigung im Sinne
       des AGG darstellen.




       35 Kultur & Recht November 2006

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Oelkers: Das Allgemeine Gleichbehandlungssgesetz

  • 1. D Arbeits- und Personalrecht D1 Allgemeine arbeitsrechtliche Grundlagen Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz Neue Herausforderungen für Arbeitgeber Dr. Felix Oelkers L.L.M. (UCT), Fachanwalt für Arbeitsrecht, Rechtsanwalt bei der Luther Rechts- anwaltsgesellschaft mbH in Berlin Inhalt Seite 1. Einleitung 2 2. Gesetzesgeschichte 2 D 3. Zielsetzung, Systematik und Rechtsfolgen des Gesetzes 3 1.4 4. Benachteiligungsverbot 3 S. 1 4.1 Benachteiligungsverbot vor Beginn des Arbeitsverhältnisses 5 4.2 Benachteiligungsverbot während des Arbeitsverhältnisses 8 4.3 Benachteiligungsverbot nach Ende des Arbeitsverhältnisses / Kündigungen 9 5. Benachteiligungsverbote / Rechtfertigung 9 6. Rechtsfolgen 17 6.1 Beschwerderecht 17 6.2 Leistungsverweigerungsrecht 17 6.3 Schadensersatz 18 6.4 Entschädigung – Schmerzensgeld 20 7. Klagen 21 8. Schulungen 22 35 Kultur & Recht November 2006
  • 2. D Arbeits- und Personalrecht D1 Allgemeine arbeitsrechtliche Grundlagen 1. Einleitung Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ist da. Am 18.08.2006 ist es in Kraft getreten. Das AGG verpflichtet Arbeitgeber, Vermieter, Versicherer und alle Personen, die „Massegeschäfte“ betreiben, d. h. Versand- und Warenhäuser etc. Es verbietet Benachteiligungen aus Gründen der Rasse, ethnischer Herkunft, Geschlecht, Religion oder Weltanschauung, Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität. Verstößt der Arbeitgeber (oder der Vermieter) gegen diese Vorgabe, macht er sich schadensersatzpflichtig. Darüber hinaus kann aber auch – etwa bei Demütigung oder psychischen Leiden auf Grund der Benachteiligung – wegen immaterieller Schäden Schmerzensgeld eingefordert werden. Der Arbeit- geber haftet nicht nur für eigenes Fehlverhalten, sondern auch das seiner leiten- den Angestellten bzw. Vorgesetzten oder sogar von Arbeitnehmern, die andere Arbeitnehmer benachteiligen, bzw. von Kunden, die seine Arbeitnehmer D benachteiligen. 1.4 S. 2 Der Arbeitgeber kann sich (teilweise) von einer Haftung „freizeichnen“, indem er seine Mitarbeiter – insbesondere Führungskräfte und Vorgesetzte – schult und eine solche Schulung auch dokumentieren und nachweisen kann. Verklagen kann den Arbeitgeber nicht nur ein benachteiligter Arbeitnehmer, der Schadensersatz und Schmerzensgeld einfordert, sondern voraussichtlich auch so genannte Anti- diskriminierungsverbände. Im Folgenden werden die wichtigsten Regelungen des AGG im Einzelnen darge- stellt und durch Beispiele illustriert. 2. Gesetzesgeschichte Das AGG geht, wie so viele arbeitsrechtliche Gesetze, auf europarechtliche Vor- gaben zurück. Es setzt vier Antidiskriminierungsrichtlinien der EU um. Der „Vorgänger“ des AGG war das Antidiskriminierungsgesetz (ADG). Dieses wurde noch am 17.06.2005 unter der Rot-Grünen Regierung vom Bundestag verab- schiedet. Durch die kurz darauffolgenden Bundestagsneuwahlen war das Gesetz- gebungsverfahren jedoch unterbrochen und musste neu aufgenommen werden. Das AGG entspricht weitgehend dem ADG-Entwurf, enthält aber einige Ände- rungen, die das Gesetz handhabbarer machen und die Belastungen für Arbeitge- ber leicht verringern. Mit Verkündung am 17.08.2006 ist das AGG, offiziell: Gesetz zur Umsetzung europäischer Richtlinien zur Verwirklichung des Grund- satzes der Gleichbehandlung vom 14.08.2006, BGBl 1 Nr. 39, S. 1897, in Kraft getreten. 35 Kultur & Recht November 2006
  • 3. D Arbeits- und Personalrecht D1 Allgemeine arbeitsrechtliche Grundlagen 3. Zielsetzung, Systematik und Rechtsfolgen des Gesetzes Ziel des Gesetzes ist es, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen, § 1 AGG. Dabei verwendet das AGG folgende Systematik: Grundsätzlich sind sämtliche Benachteiligungen aus einem oder mehreren der genannten Gründe unzulässig, es sei denn eine unterschiedliche Behandlung ist ausnahmsweise gerechtfertigt. Die Kriterien für solche zulässigen Ungleichbehandlungen sind im Gesetz defi- niert, § 8 ff. AGG. D 1.4 Eine unzulässige Ungleichbehandlung verpflichtet den Arbeitgeber zum Scha- densersatz, d. h. zum Ausgleich entstandener (finanzieller) Schäden. Darüber S. 3 hinaus hat der Arbeitnehmer – ähnlich wie beim Schmerzensgeldanspruch - bei immateriellen Schäden Anspruch auf eine angemessene Entschädigung, etwa bei psychischer Belastung bzw. erlittenen seelischen Schäden. 4. Benachteiligungsverbot Das AGG stellt ein allgemeines Benachteiligungsverbot auf. So heißt es in § 7 Abs. 1 AGG: „Beschäftigte dürfen nicht wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt werden; dies gilt auch, wenn die Person, die die Benachteiligung begeht, das Vorliegen eines in § 1 genannten Grundes bei der Benachteiligung nur annimmt.“ Beispiele: Ein Unternehmen inseriert für die Stelle eines „Assistenten der Geschäftsleitung“. Ein anderes Unternehmen schließt mit dem Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung über Gratifikationen, die nicht an solche Arbeitnehmer gezahlt werden sollen, die sich im gesamten Bezugszeitraum in der Elternzeit befinden. In der Poststelle eines dritten Unternehmens hängt ein Kalender, auf dem in Großformat farbige Nacktfotos von Frauen zu sehen sind. In all diesen Fällen stellt sich die Frage, ob eine Benachteiligung im Sinne des AGG vorliegt. 35 Kultur & Recht November 2006
  • 4. D Arbeits- und Personalrecht D1 Allgemeine arbeitsrechtliche Grundlagen Das Benachteiligungsverbot bezieht sich größtenteils auf Gründe, die bereits vor Inkrafttreten des AGG geschützt waren bzw. in denen eine Diskriminierung nicht erlaubt war. So verbietet Art. 3 Grundgesetz (GG), der auch im Arbeitsrecht An- wendung findet, die Ungleichbehandlung von Männern und Frauen, wegen des Geschlechts, der Abstammung, der Rasse, der Sprache, der Heimat und Herkunft, des Glaubens, der religiösen und politischen Anschauung und der Behinderung. Der Diskriminierungsschutz durch Art. 3 GG ist damit einerseits weiter, weil das AGG nicht alle in Art. 3 GG aufgeführten Kriterien umfasst. Andererseits enthält § 1 AGG ein Benachteiligungsverbot, das wirklich neu ist: das Alter. Eine Be- nachteiligung wegen des Alters ist in Art. 3 GG jedenfalls nicht ausdrücklich aufgenommen. Dass Arbeitnehmer nunmehr eine Altersdiskriminierung auf ge- setzliche Vorschriften stützen und hieraus Schadensersatz – und Schmerzensgeld- ansprüche herleiten können, ist eine wirkliche Neuerung. D 1.4 Neben Art. 3 GG bot das Beschäftigtenschutzgesetz den Arbeitnehmern einen ausdrücklichen Schutz vor sexueller Belästigung am Arbeitsplatz. Weil der Inhalt S. 4 dieses Gesetzes vollumfänglich im AGG aufgeht, trat es mit Inkrafttreten des AGG gleichzeitig außer Kraft. Eine weitere echte Neuerung ist die Aufnahme des „Mobbing“ als Benachteili- gungsverbot im AGG. „Mobbing“ war zuvor im deutschen Arbeitsrecht kaum greifbar. Es gibt vereinzelte Rechtsprechung, in der dieser Begriff definiert wur- de. Dennoch blieb er unklar. Nun findet sich eine gesetzliche Definition in § 3 Abs. 3 AGG. Das allgemeine Benachteiligungsverbot gilt sowohl für unmittelbare als auch für mittelbare Benachteiligungen. Um die obigen Beispiele aufzugreifen: Eine Stel- lenausschreibung, die nicht geschlechtsneutral ist, sondern allein auf männliche Bewerber ausgerichtet („Assistent“ statt „Assistent/in“), stellt eine direkte Be- nachteiligung der weiblichen Bewerber dar. Eine Betriebsvereinbarung, in der die Auszahlung einer Gratifikation daran geknüpft wird, ob man im gesamten Be- zugszeitraum gearbeitet hat oder sich in der Elternzeit befand, könnte lediglich eine mittelbare Benachteiligung darstellen. Die Regelung selbst ist nämlich ge- schlechtsneutral. Sie führt nur dann mittelbar zu einer Benachteiligung, wenn überdurchschnittlich mehr weibliche Arbeitnehmer in Elternzeit gehen, als ihre männlichen Kollegen. Der Europäische Gerichtshof hat allerdings entschieden, dass eine solche Regelung keine mittelbare Benachteiligung darstellt. Das uner- wünschte Zeigen und sichtbare Anbringen von pornographischen Darstellungen kann eine sexuelle Belästigung im Sinne des § 3 Abs. 4 AGG darstellen. Damit kann der Kalender, der großformatige Fotos nackter Frauen zeigt und in der Post- stelle aufgehängt ist, durchaus eine „Benachteiligung“ bzw. Belästigung im Sinne des AGG darstellen. 35 Kultur & Recht November 2006