Dr. Achim Gmilkowsky: Vertragsgestaltung für Fotografen, Teil 1
Markfort: Popstars und die Pressefreiheit
1. L Vertragsgestaltungen in den einzelnen Kultursparten
L5 Fotografie
Popstars und die Pressefreiheit
Zur Bildberichterstattung von Konzerten
Dr. Carsten Markfort, Lic. en droit
Rechtsanwalt und Partner der Medienrechtssozietät Scheuermann Westerhoff
Strittmatter, Berlin (www.sws-law.com) Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht
Inhalt Seite
1. Einleitung 2
2. Die Interessen der Beteiligten 3
3. Die Rechtsposition der Beteiligten 5
3.1 Die Rechtsposition des Künstlers 5
3.2 Die Rechtsposition des Veranstalters 8
3.3 Die Rechtsposition des Fotografen 11
4. Folgerungen für die Vertragsgestaltung im Rahmen der
Akkreditierung 13
5. Mustervertrag 16
Muster zur Akkreditierungsvereinbarung 16
Regelmäßig sind Fotografen gehalten, einen sogenannten Akkreditierungsvertrag
abzuschließen, um Fotos eines Künstlers von seinem Konzert herstellen und
veröffentlichen zu können. Nicht selten gibt es Streit über den Inhalt solcher
Verträge. Warum Akkreditierungsverträge überhaupt nötig sind, wer in der Drei-
ecksbeziehung zwischen Künstler, Veranstalter und Fotograf welche Rechte hat
und wie man Streitfragen mit einem ausgewogenen Vertrag begegnen kann, will
dieser Aufsatz näher beleuchten.
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2. L Vertragsgestaltungen in den einzelnen Kultursparten
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1. Einleitung
War es nun das Sommerloch, eine geschickt lancierte Kampagne des Künstler-
managements nach dem Motto „Nur gar keine Nachrichten sind schlechte Nach-
richten“ oder entwickelt sich das Verhältnis zwischen bekannten Künstlern und
der Presse tatsächlich in eine Richtung, die – möglicherweise – beiden Parteien
nicht zur Ehre gereicht. Zeit jedenfalls, sich einige grundlegende Gedanken zum
Thema Bildberichterstattung bei Konzerten zu machen, nachdem Gemüter und
Temperaturen sich längst abgekühlt haben.
Um die Hintergründe, um die sich die Diskussion in den Medien drehte, in Erin-
nerung zu rufen, sei die Situation, so wie sie öffentlich dargestellt wurde, hier
noch einmal skizziert:
Robbie Williams startete seine groß angelegte Europatournee in Deutsch-
land mit einem ersten Konzert in Dresden in den heißesten Tagen des Juli.
Interessierten Bildjournalisten, die über das Ereignis berichten wollten, wurde ein
Vertrag mit folgenden Klauseln zur Unterschrift vorgelegt1:
„1. Die Fotos, die Sie von dem Künstler aufnehmen („die Fotos“), dürfen nur
während der ersten drei Titel aufgenommen werden, die der Künstler bei der
Veranstaltung darbietet und sie müssen ohne die Verwendung von Blitzlicht her-
gestellt werden. Die Fotos sind nur zur einmaligen Veröffentlichung freigegeben,
und zwar in der/den nachfolgend bezeichneten Zeitschriften/Ausgabe(n),…
2. Sie übertragen uns hiermit zu Alleineigentum mit umfassender Rechtegewähr-
leistung, sämtliche Verwertungsrechte aus Urheber-, Leistungsschutz- und ver-
gleichbaren Rechten und deren Verlängerung bzw. Erneuerung, weltweit, die
Ihnen an den Fotos zustehen (einschließlich der Übertragung zukünftiger Rech-
te), und Sie verpflichten sich, uns die Negative der Fotos umgehend nach Vorlage
der Fotos bei der(n) Zeitschrift(en) zu übergeben.
Wir sind berechtigt, unsere Rechte aus dieser Verpflichtung uneingeschränkt an
Dritte zu übertragen, abzutreten, zu verpfänden, Sublizenzen zu erteilen oder in
anderer Weise hierüber zu verfügen, ohne dass es einer Mitteilung an Sie bedarf.
3. Für diese Vereinbarung gilt das Recht von England und Wales, ausschließli-
cher Gerichtsstand ist London.“
L Diese Vertragsinhalte führten zu heftigen Reaktionen in der Presse und zu Über-
5.5 schriften wie „Robbie Williams zensiert Bildjournalisten“2. Die Auseinanderset-
S. 2 zung gipfelte in Berichterstattungsabsagen der großen Nachrichtenagenturen dpa,
ddp, AP, AFP und publikumswirksamen Äußerungen des SWR, der sich diesem
Boykott anschloss und drohte, die Medienpartnerschaft zum Künstler zu kündi-
gen3. Das Management von Robbie Williams kündigte daraufhin an, die Fotogra-
fenverträge unter Berücksichtigung der Kritik zu überarbeiten4.
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Praktisch zeitgleich starteten die Rolling Stones ihre Deutschlandtournee und
gerieten in ein ähnliches Pressefahrwasser. Die Agenturen hatten sich bei den
Stones offenkundig daran gestoßen, dass die während der Konzerte geschossenen
Fotos für eine lediglich dreimonatige Nutzung freigegeben werden und jede
kommerzielle Auswertung im Merchandising-Bereich ausgeschlossen sein sollte5.
Die Einigung, die die Stones offenbar erzielten, beschränkte sich darauf, dass die
größten Boykotteure, nämlich die Presseagenturen, von der Vertragsunterzeich-
nung befreit wurden, die unabhängigen freien Journalisten jedoch weiterhin nur
nach Unterschrift unter die unveränderten Verträge akkreditiert wurden6.
Probleme, wie die oben geschilderten, sind tatsächlich nicht neu. Auch in der
Vergangenheit gab es regelmäßig Konzerte, die von Medien oder jedenfalls den
großen Presseagenturen boykottiert wurden. Lenny Kravitz, Coldplay, Justin
Timberlake sind nur einige Beispiele. Ganz aktuell sind wiederum die Fälle Katie
Melua und Mark Knopfler, über die die Frankfurter Allgemeine Zeitung am
10.04.2008 berichtete. Beide Künstler ließen sich laut FAZ „für immer und ewig
und weltweit sämtliche Rechte an den Bildern“, die Fotografen von den Künst-
lern machen, abtreten. Die Agenturen ddp und AP haben das Eröffnungskonzert
von Meluas Tournee in Erfurt bereits boykottiert. Solche Auseinandersetzungen
stoßen auch international auf Interesse7. Grund genug, mit dem nachfolgenden
Beitrag einen Überblick über die widerstreitenden Interessen (Kap. 2und die
darin zum Ausdruck kommenden unterschiedlichen Rechtspositionen (Kap. 1-2)
zu geben und sich Gedanken für ein zukünftiges friedliches Miteinander zu ma-
chen (Kap. 3). Einen konkreten Vorschlag, wie das aussehen könnte, finden Sie
schließlich im Mustervertrag (Kap. 5).
2. Die Interessen der Beteiligten
Optimale Künstlervermarktung und Freiheit der Presse – so kann man die sich
gegenüber stehenden Positionen schlagwortartig kennzeichnen.
- Der Künstler8 ist daran interessiert, dass in den Medien ein möglichst positi-
ves Bild von ihm gezeichnet wird. Die Optik wird insofern beeinflusst, als die
akkreditierten Fotografen üblicherweise während der ersten Titel eines Kon-
zertes den noch frischen und unverbrauchten Künstler aus einer bestimmten
Perspektive oder Distanz ablichten dürfen. Natürlich soll auch das Publikum
nicht über Gebühr von den Aktivitäten der Fotografen belastet werden. Si-
cherheitsaspekte spielen ebenfalls eine Rolle. Das bedeutet nicht selten, dass L
die Anzahl der Fotografen auf ein angemessenes Maß beschränkt wird. 5.5
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Im Rahmen einer Tournee ist es darüber hinaus wichtig, den Überraschungs-
effekt, den eine bestimmte Bühne oder Konzertinszenierung bietet, für das
Publikum in den jeweiligen Tourneestädten aufrecht zu erhalten. Das gilt ins-
besondere dann, wenn es sich um eine Welttournee handelt und man vermei-
den möchte, dass die Bilder vom Konzert schneller als die Tournee selbst den
Erdball umrunden.
Das wohl zentrale Interesse dürfte allerdings in der möglichst ungestörten
Vermarktung des Künstlers und damit in der exklusiv ihm bzw. seinen Li-
zenznehmern vorbehaltenen Verwertung von Fotografien im Wege des Mer-
chandisings aller Art liegen.
- Das Interesse der Medienvertreter ist es vordringlich, den Beruf des Bildre-
porters ungestört und frei von Vorgaben ausüben zu können.
Hierzu gehört es, möglichst unkompliziert zum Konzert zugelassen zu wer-
den9. Um verwertbare Fotos herstellen zu können, benötigt der Fotograf eine
möglichst unbeschränkte Sicht auf die Bühne. Insbesondere für Presseagentu-
ren, aber auch für freie Journalisten, mag es auch bedeutsam sein, die einmal
gemachten Aufnahmen mehrfach zu verwerten, sei es durch Verkauf an ver-
schiedene Zeitungen oder aber auch zu weitergehenden Zwecken, wie bei-
spielsweise zur Veröffentlichung in Bildbänden. Möglicherweise wittert der
ein oder andere Fotograf auch ein lukratives Geschäft bei der Weitergabe sei-
nes Bildmaterials zur anderen gewerblichen Verwertung10.
- Diese soeben skizzierten Interessen haben dazu geführt, dass die Akkreditie-
rungsbedingungen für Popkonzerte immer detaillierter geworden sind. Die
Vermarktung der Person im Bild und mit ihrer Geschichte und ihren Ge-
schichten war immer schon wesentlicher wirtschaftlicher Bestandteil des Pro-
dukts „Popstar“. Das Bild, das der Popstar von sich in der Öffentlichkeit
zeichnet, ist damit unerlässliche Ergänzung zur Musik, die er vorträgt. Beides
zusammen führt erst zum Alleinstellungsmerkmal des Stars.
Durch immer häufigere und schnellere Verbreitungen von Künstlerportraits
auch in nicht-redaktionellem Zusammenhang wächst die Gefahr für den
Künstler, erhebliche Nachteile in der Vermarktung seiner Person in Kauf
nehmen zu müssen. Diese äußern sich einerseits in nicht-autorisierten Mer-
chandisingprodukten, die als Konkurrenz zur eigenen Merchandising-Serie
den Künstler wirtschaftlich schädigt. Andererseits stellt auch eine für den
L Künstler ungünstige Darstellung in der Presse (in Wort und/oder Bild) eine
5.5 Gefahr für seinen Ruf und damit für seine Vermarktungsstrategie dar.
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Für die Presse ist der Popstar ebenfalls ein nicht zu unterschätzender Ver-
marktungsfaktor. Ein bekannter Star ist für eine große Leserschaft interessant
und erhöht merklich und nachweisbar die Auflage11. Dabei ist die Art der Be-
richterstattung im Hinblick auf eine positive oder negative Darstellung für die
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