Poser: Rechtsprechungsübersicht zu Verkehrssicherungs- und Betreiberpflichten...
Hendricks: Die Rechte des Urhebers in der Zwangsvollstreckung
1. B Urheber- und Leistungsschutzrechte sowie Verwertungsgesellschaften
B1 Urheberrecht
Die Rechte des Urhebers in der
Zwangsvollstreckung
Dr. Sven Hendricks
Rechtsanwalt und Justitiar im Deutschen Hochschulverband, Bonn
B
Inhalt Seite 1.18
S. 1
1. Einleitung 3
1.1 Das Urheberrecht 3
1.2 Die Zwangsvollstreckung 3
2. Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen 6
2.1 Zwangsvollstreckung in das Urheberrecht als Ganzes 6
2.2 Zwangsvollstreckung in das Urheberpersönlichkeitsrecht 6
2.3 Zwangsvollstreckung in die Verwertungsrechte 7
2.4 Problem: Einwilligungserfordernis des § 113 UrhG 8
2.5 Zwangsvollstreckung in Werkoriginale 11
2.6 Zwangsvollstreckung in Vervielfältigungsstücke 12
2.7 Zwangsvollstreckung in Wiedergabevorrichtungen 13
2.8 Zwangsvollstreckung in sonstiges Arbeitsmaterial 13
2.9 Zwangsvollstreckung in Vergütungsansprüche 13
2.10Zwangsvollstreckung in Bereicherungs- und
Schadensersatzansprüche 14
3. Zwangsvollstreckung wegen anderer Forderungen 15
4. Zuständigkeit 15
5. Rechtsschutz im Vollstreckungsverfahren 16
5.1 Anwendungsbereich des § 766 ZPO 16
5.2 Anwendungsbereich des § 771 ZPO 17
5.3 Sonstige Anwendungsfälle 17
6. Zusammenfassung 18
7. Ausblick 19
Checkliste Einwilligung 10
8-Punkte-Checkliste 18
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2. B Urheber- und Leistungsschutzrechte sowie Verwertungsgesellschaften
B1 Urheberrecht
Der Beitrag geht angesichts der stetig wachsenden wirtschaftlichen Bedeutung
des Urheberrechts der Frage nach, welche Zugriffsmöglichkeiten dem Gläubiger
im Rahmen einer Zwangsvollstreckung gegen den Urheber aus heutiger Sicht
grundsätzlich offenstehen und welche Rechte der Urheber dabei einer zwangs-
weisen Erfassung seines Werkes entgegenhalten kann. Darüber hinaus werden
einzelne praktische Aspekte des Verfahrens näher beleuchtet.
B
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3. B Urheber- und Leistungsschutzrechte sowie Verwertungsgesellschaften
B1 Urheberrecht
1. Einleitung
1.1 Das Urheberrecht
Das Urheberrecht ist von grundlegender Bedeutung für die Entfaltung der schöp-
ferischen Persönlichkeit sowie für das kulturelle Leben und die kulturelle Ent-
wicklung der Gesellschaft insgesamt. Ihm kommt aber insbesondere auch eine
enorme wirtschaftliche Bedeutung zu. Der Wert der schöpferischen Leistung des B
Kulturschaffenden zeigt sich eindrucksvoll an der Größe der urheberrechtsrele- 1.18
vanten Industrien, die in den vergangenen Jahren immer weiter angestiegen sind. S. 3
Auffallend ist dabei die Dynamik, mit der sich die Urheberrechtsindustrien ent-
wickelt haben. Von der EU-Kommission wurde der Beitrag der urheber- und
leistungsschutzrechtlich relevanten Tätigkeiten bereits im Jahr 2004 auf über 5 %
1
des Bruttoinlandsproduktes der EG geschätzt. Angesichts der hohen Wachstums-
rate dieser Industriezweige in der Informationsgesellschaft ist die Tendenz weiter
steigend.
Das gesamtwirtschaftliche Potential der Urheberrechtsbranche macht deutlich,
welchen enormen Wert die Rechte des Urhebers mitunter verkörpern. Es ist des-
halb nicht weiter verwunderlich, dass solche Rechte auch für etwaige Gläubiger
des Urhebers als Zugriffsobjekte im Rahmen einer Zwangsvollstreckung von
möglichem Interesse sind. Insbesondere dort, wo es an sonstigem pfändbaren
Vermögen des Urhebers mangelt, stellt sich für Gläubiger die Frage, ob und in-
wieweit auf spezifische Urheberrechte im Wege der Zwangsvollstreckung zuge-
griffen werden kann.
Der vorliegende Beitrag soll dieser Frage nachgehen und einen Überblick darüber
liefern, welche Zugriffsmöglichkeiten einerseits dem Gläubiger im Rahmen einer
Zwangsvollstreckung gegen den Urheber grundsätzlich offenstehen und welche
Rechte der Urheber andererseits in dieser Situation einer zwangsweisen Erfas-
sung seines Werkes entgegenhalten kann. Dabei soll auch geklärt werden, inwie-
weit die Rechte nutzungsberechtiger Dritter durch eine Zwangsvollstreckung
tangiert werden. Sind die Rechte eines Verlegers beispielsweise bei einer Voll-
streckung gegen den Schriftsteller geschützt?
1.2 Die Zwangsvollstreckung
Die Ausgangssituation für eine Zwangsvollstreckung gestaltet sich generell wie
folgt: Immer dann, wenn jemand (Schuldner) seinen Verpflichtungen gegenüber
einem anderen (Gläubiger) nicht freiwillig nachkommt, stellt sich für letzteren
die Frage nach den Möglichkeiten einer zwangsweisen Durchsetzung seiner An-
sprüche im Wege der Zwangsvollstreckung. Die Zwangsvollstreckung dient all-
gemein der Durchsetzung gerichtlich festgestellter oder förmlich dokumentierter
Gläubigerrechte durch hoheitlichen Zwang. Sie ist in den §§ 704ff. der Zivilpro-
zessordnung (ZPO) geregelt. Dabei ist die Zwangsvollstreckung zunächst an
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4. B Urheber- und Leistungsschutzrechte sowie Verwertungsgesellschaften
B1 Urheberrecht
einen Antrag geknüpft, den der Gläubiger bei dem jeweils zuständigen Vollstre-
ckungsorgan stellt. Abhängig von der Art der Zwangsvollstreckung, d.h. davon ob
der Gläubiger entweder in eine Forderung oder eine Sache des Schuldners voll-
strecken möchte, liegt die funktionelle Zuständigkeit entweder beim Amtsgericht
als Vollstreckungsgericht oder beim Gerichtsvollzieher (näher hierzu unter 4.).
Ferner müssen für eine Zwangsvollstreckung drei Voraussetzungen erfüllt sein:
B Erforderlich ist zum einen das Vorliegen eines sog. Vollstreckungstitels. Das ist
1.18 eine Urkunde, in der das Bestehen des jeweils durchzusetzenden Anspruchs fest-
gestellt wird (z.B. in Form eines Urteils). Der Gläubiger muss deshalb den
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Schuldner regelmäßig zunächst auf Leistung verklagen. Zweitens bedarf es einer
amtlichen Bescheinigung der Vollstreckbarkeit des Titels in Form einer sog. Voll-
streckungsklausel (Wortlaut: „Vorstehende Ausfertigung wird dem XY zum Zwe-
cke der Zwangsvollstreckung erteilt.“), welche auf formlosen Antrag – in der
Regel vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle – erteilt wird. Schließlich muss
eine Ausfertigung des Vollstreckungstitels dem Schuldner zugestellt werden.
Die Vollstreckung selbst erfolgt durch Pfändung und Verwertung unter Berück-
sichtigung des jeweiligen Vollstreckungsgegenstandes.
Im Rahmen der Pfändung einer Forderung wird beispielsweise einem Dritten, der
seinerseits Schuldner (sog. Drittschuldner) des Hauptschuldners ist, untersagt, an
den Hauptschuldner zu zahlen. Gleichzeitig wird dem Hauptschuldner untersagt,
über seine Forderung gegen den Dritten zu verfügen, insbesondere diese selber
einzuziehen. Im Rahmen der Verwertung wird dann wiederum dem Gläubiger des
Hauptschuldners die Möglichkeit eingeräumt, bis zur Höhe seiner Forderung die
Forderung unmittelbar vom Dritten einzuziehen. Mit der Befriedigung des Gläu-
bigers ist die Zwangsvollstreckung schließlich abgeschlossen.
Zur Veranschaulichung einer entsprechenden Situation im Kulturbereich folgen-
der Beispielsfall:
Ein Schriftsteller arbeitet an der Fortsetzung seines Erfolgsromans. Zur
Finanzierung seiner Arbeit hat er bei seiner Bank einen Kredit aufge-
nommen. Die Arbeit geht jedoch nicht so schnell voran wie geplant. Als die Bank
die fällige Rückzahlung des Kredits begehrt, ist das zweite Buch zwar abge-
schlossen, aber noch nicht erschienen, so dass dem Schriftsteller die nötigen
Mittel für eine entsprechende Rückzahlung des Kredites fehlen.
Für die Bank besteht hier nun die Möglichkeit, im Wege einer Zwangsvollstre-
ckung gegen den Urheber (hier: den Schriftsteller) vorzugehen. Hierfür muss sie
den Schriftsteller zunächst auf Rückzahlung verklagen. Da hierbei durch Ge-
richtskostenvorschuss und mögliche Anwaltshonorare erst einmal weitere Kosten
für die Bank entstehen, sollte diese im Vorfeld zunächst die Vermögenslage des
Schuldners (Urhebers/Schriftstellers) und damit die Frage klären, ob sich eine
Zwangsvollstreckung auch tatsächlich lohnt.
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