Dr. Achim Gmilkowsky: Vertragsgestaltung für Fotografen, Teil 1
Gosche, Born: Datenschutzkonformes Marketing im Kulturbetrieb
1. G Presse- und Persönlichkeitsrecht
G3
Datenschutzkonformes Marketing im
Kulturbetrieb
Ein praktischer Leitfaden für datenschutzkonforme Werbe- und Mar-
ketingmaßnamen im Kulturbereich
Dr. Anna Gosche
Rechtsanwältin bei DLA Piper UK LLP in Hamburg, Tätigkeitsschwerpunkte:
Medien- und Urheberrecht, IT- und Datenschutzrecht
Tobias Born
Wissenschaftlicher Mitarbeiter bei DLA Piper UK LLP in Hamburg, Tätigkeits-
schwerpunkte: Medien- und Urheberrecht, IT- und Datenschutzrecht
Inhalt Seite
1. Einleitung 2
2. Anwendbares Recht 3
2.1 Bundesdatenschutzgesetz 3
2.2 Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb 3
2.3 Telemediengesetz 3
G
3. Welche Daten dürfen zu Marketingzwecken verwendet
werden? 4
3.3
3.1 Verbot mit Erlaubnisvorbehalt 4 S. 1
3.2 Personenbezogenen Daten 4
3.3 Gesetzliche Erlaubnisvorschrift – § 28 Abs. 3 BDSG 5
3.4 Einwilligung des Betroffenen 12
4. Wie darf geworben werden? 18
4.1 Briefkastenwerbung 18
4.2 Telefonwerbung 21
4.3 E-Mail-Werbung und E-Mail-Newsletter 24
4.4 SMS- und MMS-Werbung 26
4.5 Werbung per Telefax 26
4.6 Ansprechen in der Öffentlichkeit und Verteilen
von Werbematerial 27
4.7 Betrieb einer Webseite 29
5. Folgen bei Rechtsverstößen 32
6. Resümee 34
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2. G Presse- und Persönlichkeitsrecht
G3
1. Einleitung
In Zeiten leerer Kassen und schrumpfender öffentlicher Zuwendungen im Kul-
turbereich ist ein zielgruppengerechtes Marketing für Kulturbetriebe wichtiger
geworden denn je. Denn durch strategische Werbung und zielgruppenorientierte
Marketingmaßnahmen können Akteure im Kulturbereich ihre Interessentengrup-
pen zielgenau finden und entsprechend erfolgreich Zuhörer, Zuschauer, Besucher,
etc. für ihre Veranstaltungen gewinnen. Der Einsatz solcher Direktmarketing-
maßnahmen kann damit – gerade in Zeiten knapper Haushalte – über die Existenz
einer Kultureinrichtung entscheiden oder aber auch gerade ihr Schlüssel zum
Erfolg sein.
Zu den Marketingmitteln im Kulturbereich gehören schon lange nicht mehr nur
die traditionellen postalischen Anschreiben, Werbeflyer oder Telefonanrufe, son-
dern mittlerweile ebenso die E-Mail-Werbung, der digitale Newsletter-Versand,
SMS- und MMS-Werbung, der Betrieb eines eigenen Online-Portals sowie das
sogenannte Webtracking, um die Vorlieben der Besucherströme auf der eigenen
Webseite erkennen und das Online-Angebot sowie eventuelle geschaltete Online-
Werbung dementsprechend benutzer- bzw. kundenorientiert gestalten zu können.
Aber so verlockend es auf der einen Seite auch scheinen mag, beim Direktmarke-
ting alle erdenklichen Möglichkeiten der Kundenbewerbung tatsächlich auch
auszuschöpfen, kann Marketing auf der anderen Seite auch nicht völlig grenzen-
los bzw. im rechtsfreien Raum geschehen. Marketingmaßnahmen müssen immer
auch rechtliche Vorgaben einhalten. Hierzu gehören insbesondere die Vorgaben
G
des Datenschutzrechts. Denn insbesondere die vielen Datenschutzskandale der
3.3
letzten Monate und Jahre – in denen selbst renommierte Unternehmen geltendes
S. 2 Datenschutzrecht missachtet haben und aus diesem Grund zum Teil hohe Buß-
gelder zahlen mussten, ganz zu schweigen von den Imageschäden, die damit
jeweils einhergingen – haben gezeigt, dass Datenschutz kein unbedeutender
rechtlicher Randbereich ist. Zudem erzeugen in kaum einem anderen Rechtsbe-
reich sowohl die rechtlichen Entwicklungen in Gestalt von häufigen Gesetzesno-
vellen als auch die tatsächlichen Einflüsse durch neue Technologien so viel Dy-
namik wie im Datenschutzrecht. Hinzu kommt das steigende öffentliche Interesse
am Thema Datenschutz, das durch die öffentlichkeitswirksame Aufdeckung und
Sanktionierung von Datenschutzverstößen bei etablierten Unternehmen noch
verstärkt wird.
Vor diesem Spannungsverhältnis zwischen technisch möglichen und rechtlich
zulässigen Marketingmaßnahmen soll der folgende Beitrag insbesondere Kultur-
betrieben praktische Hinweise an die Hand geben, welche datenschutzrechtlichen,
aber auch wettbewerbsrechtlichen, Anforderungen sie im Bereich des Marketings
und der Werbung zu beachten haben, um nicht Adressat von Bußgeldern, Abmah-
nungen, Schadensersatz- oder Unterlassungsforderungen zu werden.
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3. G Presse- und Persönlichkeitsrecht
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2. Anwendbares Recht
Zunächst wird dargestellt, welche Rechtsnormen für Marketingmaßnahmen über-
haupt Anwendung finden.
2.1 Bundesdatenschutzgesetz
Hinsichtlich der Erhebung und Verarbeitung von personenbezogenen Daten findet
in erster Linie das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) Anwendung. Das BDSG
schützt nach § 1 Abs. 1 BDSG den Einzelnen davor, dass er durch den Umgang
mit seinen personenbezogenen Daten in seinem Persönlichkeitsrecht beeinträch-
tigt wird. Es ist das Recht des Einzelnen, selbst darüber zu bestimmen, wer von
seinen personbezogenen Daten Kenntnis haben und sie verarbeiten und nutzen
darf (Plath/Frey 2009, in: Betriebs Berater: S. 1763). Dieses Recht wird auch das
Recht des Einzelnen auf informationelle Selbstbestimmung genannt (BVerf-
GE 65, 1 ff.; Gola/Schomerus 2010: § 1, Rn. 6; Simitis 2006: § 1, Rn. 26 ff.).
2.2 Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb
Im Bereich der Werbung und des Marketings sollte das BDSG allerdings nicht
isoliert betrachtet, sondern immer auch im Zusammenhang mit dem Gesetz gegen
den unlauteren Wettbewerb (UWG) gesehen werden. Das UWG schützt im Ge-
gensatz zum BDSG nicht den Einzelnen vor Beeinträchtigungen seines informa-
tionellen Selbstbestimmungsrecht, sondern das UWG schützt nach § 1 UWG
Mitbewerber, Verbraucher sowie der sonstigen Marktteilnehmer vor unlauteren
geschäftlichen Handlungen sowie zugleich das Interesse der Allgemeinheit an G
einem unverfälschten Wettbewerb (vgl. Köhler/Bornkamm 2010: § 1, Rn. 6 ff.). 3.3
Im UWG wird zudem an einigen Stellen unterschieden, ob der Werbetreibende S. 3
einen Verbraucher oder ein Unternehmen ansprechen will. Gemäß § 2 Abs. 1
Nr. 6 UWG ist ein Unternehmer jede natürliche oder juristische Person, die ge-
schäftliche Handlungen im Rahmen ihrer gewerblichen, handwerklichen oder
beruflichen Tätigkeit vornimmt, und jede Person, die im Namen oder Auftrag
einer solchen Person handelt. Ein Verbraucher ist nach § 2 Abs. 2 UWG i.V.m. §
13 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) hingegen jede natürliche Person, die ein
Rechtsgeschäft zu einem Zwecke abschließt, der weder ihrer gewerblichen noch
ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann (vgl. Köh-
ler/Bornkamm 2010: § 2, Rn. 120, 134 ff.).
2.3 Telemediengesetz
Falls Werbe- und Marketingmaßnahmen mittels sogenannter Telemediendienste
erfolgen, ist zusätzlich zum BDSG und zum UWG noch das Telemediengesetz
(TMG) zu beachten. Unter solche Telemediendienste im Sinne von § 1 Abs. 1
Satz 1 TMG fallen z.B. Online-Ticketshops, Internetportale aber auch der Ver-
sand von E-Mails und E-Mail-Newsletter (Spindler/Schuster 2008: § 1 TMG,
Rn. 11; Plath/Frey 2009, in: Betriebs Berater: S. 1762).
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4. G Presse- und Persönlichkeitsrecht
G3
3. Welche Daten dürfen zu Marketing-
zwecken verwendet werden?
Nachdem zunächst überblickhaft dargestellt wurde, welche Rechtsnormen für
Marketingmaßnahmen Anwendung finden, stellt sich weiterhin die Frage, welche
Daten von Kunden oder Interessenten zu Marketingzwecken verwendet werden
dürfen. Hierzu ist es sinnvoll, einige im Datenschutzrecht geltende Grundsätze zu
erläutern.
3.1 Verbot mit Erlaubnisvorbehalt
Im deutschen Datenschutzrecht gilt als oberstes Prinzip der in § 4 Abs. 1 BDSG
festgelegte Grundsatz des generellen Datenverarbeitungsverbots mit Erlaub-
nisvorbehalt.
Danach ist die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Da-
ten nur zulässig, wenn der Betroffene eingewilligt hat oder es das Gesetz
erlaubt.
Ohne Einwilligung bedarf es daher stets einer gesetzlichen Erlaubnis, um perso-
nenbezogene Daten zu erheben, zu verarbeiten oder zu nutzen. Für Werbezwecke
wird dies auch nochmals ausdrücklich in § 28 Abs. 3 BDSG festgehalten.
G Nach § 28 Abs. 3 BDSG ist die Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener
3.3 Daten für Zwecke der Werbung entweder zulässig,
S. 4
soweit der Betroffene darin im Sinne von § 28 Abs. 3 Satz 1 BDSG eingewil-
ligt hat oder
die Anforderungen der Erlaubnisvorschriften in § 28 Abs. 3 Satz 2 bis 5
BDSG erfüllt sind.
3.2 Personenbezogenen Daten
Das heißt, im fraglichen Fall sollte immer erst geprüft werden, ob überhaupt
personenbezogene Daten erhoben, verarbeitet oder genutzt werden. Falls dies der
Fall ist, erfordert § 4 Abs. 1 BDSG – wie vorangegangen beschrieben – entweder
eine gesetzliche Erlaubnis oder eine entsprechende Einwilligung des Betroffenen.
Falls hingegen keine personenbezogenen Daten erhoben, verarbeitet oder genutzt
werden sollen, kann dies ohne gesetzliche Erlaubnis oder eine entsprechende
Einwilligung des Betroffenen erfolgen.
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