Dr. Achim Gmilkowsky: Vertragsgestaltung für Fotografen, Teil 1
Dr. Susanne Keuchel: Anregungen einer Generation für sich selbst
1. H 2.14
Anregungen einer Generation für sich selbst
Empfehlungen aus dem Düsseldorfer Jugend-Kulturkonzept
Dr. Susanne Keuchel
Im Rahmen des Düsseldorfer Jugendkulturkonzepts wurden unter wissenschaftlicher Begleitung
Konzepte von Jugendlichen für Jugendliche entwickelt. Für zehn Kultureinrichtungen vom Schau-
spiel über die Oper bis hin zum Kunstmuseum erarbeiteten 34 junge Leute auf Basis wissenschaft-
licher Studien und im moderierten Dialog mit den Einrichtungen 50 Jugendkulturkonzepte im Be-
reich Vermittlung, Angebote und Marketing. Von der „Auf-den-letzten-Drücker-Karte“ bis hin zum
„Oper meets Hip-Hop“ Cross-Over-Projekt kann der Rückgriff auf ähnliche, sich immer wiederho-
lende Bausteine und Muster beobachtet werden. Das Zentrum für Kulturforschung analysierte diese
und thematisierte sie in einer Jugendumfrage von 1.000 Jugendlichen. Ein wesentliches Erfolgsre-
zept zieht sich dabei wie ein roter Faden durch alle Jugend-Kulturkonzepte: Selbstbeteiligung jun-
ger Leute an der Gestaltung des kulturellen Lebens und des kulturellen Angebots.
Gliederung Seite
1. Hintergrund – zum Status quo jugendlicher Kulturbeteiligung 2
2. Zur Idee des Düsseldorfer Jugend-Kulturkonzepts 2
3. Zur Methodik des Düsseldorfer Jugend-Kulturkonzepts 4
4. Zu den Ergebnissen: Wie gewinnt man junge Leute für Kunst und Kultur? 6
4.1 Maßnahmen für Angebotsgestaltung und Inhalte 6
4.2 Maßnahmen für Marketing und Öffentlichkeitsarbeit 10
5. Fazit: Jugendkonzepte mit und für Jugendliche gestalten 16
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2. H 2.14 Marketing, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Marketingkonzepte
1. Hintergrund – zum Status quo
jugendlicher Kulturbeteiligung
Junge Menschen Um es vorsichtig auszudrücken: Die gegenwärtigen strukturellen Ge-
wenden sich von gebenheiten begünstigen nicht gerade das Interesse junger Menschen,
klassischer Kultur ab eine Kultureinrichtung zu besuchen. Und tatsächlich wenden sich
junge Menschen zunehmend von den klassischen Kultureinrichtungen
und ihren Angeboten ab. Als das Zentrum für Kulturforschung (ZfKf)
2004 mit dem 1. Jugend-KulturBarometer1 die erste umfassende, re-
präsentative Studie zum Verhältnis von Jugend und Kultur vorstellte,
titelte unter anderem die Thüringer Allgemeine mit „Oper ist uncool“2
und reagierte damit auf das auffallend geringe Interesse der befragten
14- bis 24-Jährigen an klassischen Konzerten und Operninszenierun-
gen. Lediglich 2 % der Jugendlichen in NRW und 4 % deutschland-
weit geben an, sich für die Oper zu interessieren.3 Diese oder ähnliche
Beobachtungen wurden von Kulturveranstaltern vereinzelt mit dem
Verweis darauf bei Seite geschoben, dass die Jugendlichen sich im
Alter (wieder) für klassische E-Musik interessieren würden. Tatsäch-
lich aber ist dem klassischen Musik(theater)bereich nicht nur die jun-
ge Generation verloren gegangen.4 In den Altersgruppen der 25- bis
49-Jährigen verzeichneten die Anbieter klassischer E-Musikkonzerte
innerhalb von zehn Jahren spartenspezifische Besucherrückgänge von
bis zu 14 %.5 Im Gegenzug hat das Interesse an Rock-, Pop- oder
Jazzkonzerten in allen Altersgruppen deutlich zugenommen. Und das
KulturBarometer 50+ bestätigt, dass dieser Trend mittlerweile auch in
den Altersgruppen über 50 Jahre angekommen ist.6
Zielgruppenansprache Am Beispiel der klassischen E-Musik zeigt sich, wie eine Altersgrup-
in Jugendphase nicht pe, deren rechtzeitige Ansprache und Bindung von Seiten der Kultur-
versäumen einrichtungen versäumt wurde, sich anderen, medial präsenteren und
vergleichsweise freizeitorientierteren Kulturbereichen zuwendet – und
als jetzige Eltern- und teils sogar Großelterngeneration der aktuellen
Jugend als Vorbild und Multiplikator fehlt. Daher empfiehlt es sich,
nicht erst im Alter mit der Zielgruppenansprache zu beginnen, sondern
insbesondere die prägende Jugendphase zu nutzen.
2. Zur Idee des Düsseldorfer Jugend-
Kulturkonzepts
Von Jugendlichen für Die Grundidee des Jugend-Kulturkonzepts ist bestechend einfach:
Jugendliche Jugendliche Gruppen setzen sich aktiv mit dem kulturellen Bildungs-
angebot und der Marketingansprache junger Zielgruppen der Düssel-
dorfer Kultureinrichtungen auseinander und sagen, wovon sie sich
positiv angesprochen fühlen und wo ihrer Meinung nach von Erwach-
senen im besten Gewissen konzipierte Angebote an den eigentlichen
Interessen Jugendlicher vorbei zielen.
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3. Marketing, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit H 2.14
Marketingkonzepte
Zu diesem Zweck rief das Kulturamt der Stadt Düsseldorf eine Ko- Begleitung durch ZfKf
operation zwischen Düsseldorfer Kultureinrichtungen und Jugendli-
chen ins Leben, deren Moderation, fachliche Unterstützung sowie
Realisierung dem ZfKf übertragen wurde. Dem ZfKf kam hierbei die
Aufgabe zu, die Zusammenarbeit der Kultureinrichtungen und der
Jugendlichen auf eine empirisch gesicherte Basis zu stellen, die von
den Jugendlichen erarbeiteten Kulturkonzepte einer empirischen
Überprüfung durch die junge Stadtbevölkerung Düsseldorfs zu unter-
ziehen und, auf der Grundlage dieser empirischen Erkenntnisse, in
einer systematischen Analyse der Kulturkonzepte Bausteine auszuar-
beiten, welche für bestimmte Interessengruppen als vielversprechend
gelten können.
Für die Kulturkonzepte wurden folgende Parameter festgelegt: Die
Angebots- und Marketingkonzepte sollten so ausgelegt werden, dass
sie
• sich an junge Menschen im Alter von 16 bis 21 Jahren richten und
• für die außerschulische Freizeitgestaltung junger Menschen Inte-
resse wecken.
Der Fokus auf außerschulische kulturelle Freizeitangebote wurde im Außerschulische
Düsseldorfer Jugendkonzept bewusst gesetzt. Schulische Angebote Freizeitangebote binden
sind natürlich wichtig, um alle Bevölkerungsgruppen, insbesondere Jugendliche
kultur- und bildungsferne, zu erreichen. Beim Erreichen junger Er-
wachsener empfiehlt es sich jedoch, stärker in den Freizeitbereich zu
investieren. Zum Einen erreicht man Jugendliche nur noch begrenzt
über Schule, da sie in neue Ausbildungskontexte wechseln. Zum An-
deren belegen Ergebnisse einer Düsseldorfer Besucherumfrage unter
jungen Zielgruppen, dass die Bindung an die Kultureinrichtung stärker
ausgeprägt ist, wenn Besuche im Freizeitbereich erlebt werden.
So wurde im Rahmen der Befragung in den projektbeteiligten Kultur-
einrichtungen unter anderem gefragt, in wessen Begleitung der aktuel-
le Kulturbesuch vorgenommen werde. Unter „eigenmotivierten“ Be-
suchern werden in der folgenden Übersicht jene jungen Besucher zu-
sammengefasst, die mit gleichaltrigen Freunden oder allein, also in
der Freizeit, die Kultureinrichtung aufgesucht haben. Diese werden
der Gruppe der „fremdmotivierten“ Besucher gegenüber gestellt, wel-
che sich aus jungen Leuten zusammensetzt, die die Kultureinrichtung
gemeinsam mit der Schule, der Familie oder einem Verein besucht
haben.
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4. H 2.14 Marketing, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Marketingkonzepte
Abb. H 2.14-1 „Wohlgefühl“ junger Düsseldorfer mit unterschiedlichen Begleitungen
beim Kulturbesuch in der Besucherbefragung
Freiwillige Partizipation Während sich nur etwa die Hälfte der Jugendlichen, die die Kulturein-
schafft nachhaltige richtung im Rahmen einer Schulveranstaltung besuchten, dort „wohl-
Bindung fühlte“, ist der Anteil der jungen Leute, die gemeinsam mit Familien-
mitgliedern, gleichaltrigen Freunden oder allein die Institution besu-
chen und gern in der Kultureinrichtung sind, deutlich höher. Dies un-
terstreicht zwei Aspekte: zum einen den hohen Stellenwert von Fami-
lie und elterlicher Vorbild- und Vermittlungsfunktion und zum anderen
die Richtigkeit des Ansatzes des Jugend-Kulturkonzepts, vor allem auf
die freiwillige Kulturpartizipation zu setzen, wenn es darum gehen
soll, einen positiv erlebten Kulturbesuch und somit eine nachhaltige
Bindung der Jugend an die Düsseldorfer Kultureinrichtungen zu ge-
währleisten.
3. Zur Methodik des Düsseldorfer Jugend-
Kulturkonzepts
Empirische Basis: Um das Düsseldorfer Jugend-Kulturkonzept zu realisieren, rief das
Jugendumfrage Düsseldorfer Kulturamt eine Kooperation aus zehn Düsseldorfer Kul-
tureinrichtungen und 34 Düsseldorfern im Alter von 16 bis 21 ins Le-
ben. Als „Patengruppen“ besuchten die Jugendlichen hierbei die An-
gebote der ihnen zugeordneten Kultureinrichtungen und erarbeiteten
in moderierten Workshops Konzepte für jugendnahe kulturelle Bil-
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