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Dr. Heimo Konrad: Landesmuseen in Österreich. Die rechtliche Struktur unter Berücksichtigung der Ausgliederungen
1. J 2.5
Landesmuseen in Österreich
Die rechtliche Struktur unter Berücksichtigung der Ausgliederungen
Dr. Heimo Konrad
Spätestens seit Beginn des Jahrtausends haben sich im Zuge zahlreicher Ausgliederungsverfahren
die rechtlichen Rahmenbedingungen der österreichischen Landesmuseen stark verändert. Dieser
Beitrag gibt einen Überblick über die vielfältigen rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten, die Hin-
tergründe und erste Erfahrungen, die sich daraus ergeben haben. Dabei ist anzumerken, dass der
Ausgliederungsprozess noch nicht völlig abgeschlossen ist.
Gliederung Seite
1. Die österreichische Museumslandschaft 2
2. Ausgliederung aus der öffentlichen Verwaltung 2
3. Landesmuseen und ihre Trägerschaft 4
3.1 Übersicht 4
3.2 Verein 5
3.3 Eigenbetrieb 6
3.4 Wissenschaftliche Anstalten öffentlichen Rechts 8
3.5 GmbH – gemeinnützige GmbH – Holdingkonstruktion 10
4. Exkurs: Staatliche Haftungen für Leihgaben Dritter 15
5. Zusammenfassung 17
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2. J 2.5 Best Practice
Fallstudien aus dem Ausland
1. Die österreichische Museumslandschaft
9 Länder, In jedem der neun Bundesländer Österreichs gibt es in ein Landesmu-
9 Landesmuseen seum. Ein Großteil davon verfügt über eine Vielzahl von Standorten.
Sie stehen bei rechtlichen Analysen und Überlegungen oft im Schatten
der acht ausgegliederten Bundesmuseen, die alle ihren Sitz und ihre
Standorte in Wien haben. Ausnahme ist eine Expositur des Kunsthisto-
rischen Museums in Tirol. Da dieses Rechtsgebiet bislang wenig be-
sprochen ist, soll der vorliegende Aufsatz einen ersten Beitrag dazu
liefern.
Dichte Museums- Österreich verfügt über eine vielfältige und komplexe Museumsland-
landschaft schaft, wobei die genaue Anzahl aller in Österreich bestehenden Mu-
seen nicht bekannt ist. Einer der Gründe liegt in der Tatsache, dass bis
dato keine bundesweite Museumsstatistik wie in Deutschland existiert,
obwohl es in einzelnen Bundesländern seit Jahren Bestrebungen dazu
gibt. Rudimentären Aufschluss über die Anzahl der Museen liefert der
österreichische Museumsführer, der in seiner jüngsten Ausgabe aller-
dings schon über zehn Jahre alt ist. Es werden darin über 1.400 Muse-
en, Sammlungen und Ausstellungshäuser gelistet, von denen aber
keineswegs alle der ICOM Definition „Museum“ entsprechen. Eine
andere Quelle, die jährliche Kulturstatistik, die von Statistik Austria
herausgegeben wird, nennt für das Jahr 2007 414 Museen (213 öffent-
lich, 201 privat) und 389 verwandte Einrichtungen. Die große Diffe-
renz zwischen 1.400 Museen auf der einen und 803 auf der anderen
Seite zeigt, wie verbesserungsbedürftig das derzeit vorliegende empi-
rische Datenmaterial ist.
2. Ausgliederung aus der öffentlichen
Verwaltung
Ziele Seit mehr als einem Jahrzehnt gibt es in Österreich bei Museen, die im
Eigentum einer Gebietskörperschaft stehen, einen verstärkten Trend
zu Ausgliederungen aus der öffentlichen Verwaltung. Vorrangige Zie-
le, die damit verfolgt werden, sind neben
– budgetpolitischen Zielen etwa die
– Straffung der Organisation,
– Erhöhung der Flexibilität sowie
– Verringerung des Personalstandes der Gebietskörperschaft durch
Übertragung auf bzw. Neuanstellung von Bediensteten bei einem
neuen Rechtsträger.
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3. Best Practice J 2.5
Fallstudien aus dem Ausland
Die erste Ausgliederung geht in Österreich auf das Jahr 1939 zurück, Entwicklung
als die Tabakregie in eine Aktiengesellschaft umgewandelt wurde. Die
erste Ausgliederung eines Kulturbetriebes war die Errichtung der
Schloss Schönbrunn Kultur- und Betriebsges.m.b.H. in Wien. Sie fand
im Jahre 1992 statt und ist seither das Vorzeigemodell einer gelunge-
nen Ausgliederung. Häufig wird angenommen, dass bei einer Ausglie-
derung die gesamte Kulturinstitution aus der öffentlichen Verwaltung
ausgelagert wird. Bei näherer Betrachtung ist jedoch festzustellen,
dass im Regelfall lediglich der Betrieb des jeweiligen Museums aus-
gegliedert wird. Die Sammlungen und die Immobilien verbleiben zu-
meist im Eigentum der jeweiligen Gebietskörperschaft.
Unter Ausgliederung ist ein rechtliches Instrument der Privatisierung Definition
im weitesten Sinn zu verstehen. Zieht man das geltende österreichi-
sche Verfassungsrecht heran, kann Privatisierung als jede Form der
Verlagerung von Kompetenzen von einer Gebietskörperschaft (Bund,
Länder und Gemeinden) als verfassungsrechtlichem Aufgabenträger
auf einen von der Gebietskörperschaft verschiedenen Rechtsträger
definiert werden.
Für unser Thema sind zwei Varianten der Ausgliederung von Belang,
die
– Finanzierungsprivatisierung und die
– Organisationsprivatisierung.
Bei einer Finanzierungsprivatisierung wird eine Kooperation zwischen Finanzierungsprivatisie-
der Gebietskörperschaft auf der einen und einem Privaten auf der an- rung (Public Private
deren Seite eingegangen – etwa durch gemeinsame Unternehmens- Partnership)
gründung und Finanzierung. Dieses Modell wird auch als Public Pri-
vate Partnership bezeichnet. Zur Begriffsbestimmung von Public Pri-
vate Partnership existiert jedoch keine allgemeingültige Legaldefiniti-
on. Im Allgemeinen geht man davon aus, dass die Partner einer sol-
chen Gemeinschaft eine gleichberechtigte Partnerschaft eingehen und
einerseits dem Bereich Gebietskörperschaften, öffentlich rechtliche
Anstalten und ausgegliederte öffentliche Unternehmen zuzuordnen
sind und andererseits private Unternehmen und Organisationen dar-
stellen. Dabei werden langfristig mit gleichen Rechten, Pflichten und
Risiken gemeinsame Vorhaben bewerkstelligt und abgewickelt. Da-
raus ergeben sich für beide Seiten folgende Vorteile:
– zusätzliches Kapital und Know-how,
– höhere Managementkapazität,
– Personaleinsparungen,
– Verminderung des politischen Einflusses,
– beschleunigte Verwaltungsabläufe usw.
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4. J 2.5 Best Practice
Fallstudien aus dem Ausland
Ein Beispiel für ein Public Private Partnership ist die rechtliche Kon-
struktion des Niederösterreichischen Landesmuseums, auf das später
noch eingegangen wird.
Organisations- Bei der Organisationsprivatisierung, auch „Formelle Privatisierung“
privatisierung genannt, wird eine Aufgabe, die eine Gebietskörperschaft schon bisher
durch eigene Organe besorgt hat, durch Gründung eines von ihr ver-
schiedenen Rechtsträgers auf diesen übertragen. Dabei stehen der
Gebietskörperschaft verschiedene Rechtskonstruktionen zur Verfü-
gung – etwa GmbH, AG, Anstalten etc. In diesem Fall wird demnach
kein Vermögen der Gebietskörperschaft übertragen, sondern lediglich
die Organisation einer bestimmten Aufgabenerfüllung privatisiert. Bei
der Aufgabenübertragung auf eigens dafür geschaffene öffentlich
rechtliche Rechtsträger in Form von Anstalten, Körperschaften, Stif-
tungen spricht man auch von einer schwächeren Form der Ausgliede-
rung bzw. von einer unechten Privatisierung, da es bei diesen Kon-
struktionen aufgrund der finanziellen bzw. organisatorischen Verknüp-
fungen nicht zu einer Entstaatlichung kommt.
3. Landesmuseen und ihre Trägerschaft
3.1 Übersicht
Rechtsformen Folgende Gruppen der Rechtsformwahl können heute bei den Lan-
desmuseen unterschieden werden:
– Eigenbetrieb
– Wissenschaftliche Anstalt öffentlichen Rechts
– GmbH bzw. gemeinnützige GmbH
– Holdingkonstruktionen
Von den neun Landesmuseen werden derzeit zwei in Form einer wis-
senschaftlichen Anstalt öffentlichen Rechts geführt. Drei Landesmu-
seen sind (noch) Einrichtungen der jeweiligen Länder. Ein Landesmu-
seum hat die Rechtsform einer gemeinnützigen GmbH gewählt, weite-
re drei die der GmbH, davon ist eine GmbH Bestandteil einer Hol-
dingkonstruktion eines Bundeslandes.
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