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Christoph Meier-Siem: „Alte“ Medien neu entdeckt
1. Marketing, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit H 3.2
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
„Alte“ Medien neu entdeckt
Printmedien, Radio und TV –
welche Vor- und Nachteile bieten sie heute
Christoph Meier-Siem
Zeitungen und Zeitschriften, Rundfunk und Fernsehen – all das sind Medien, die unseren Alltag so
selbstverständlich begleiten, dass wir sie kaum noch explizit wahrnehmen. Und dennoch lohnt es
sich, sie immer wieder neu zu entdecken. Das gilt nicht zuletzt für Kultureinrichtungen, denen hier
ein weites Feld mit bislang ungenutzten Potenzialen offen steht. Der Beitrag rückt – vermeintlich –
Bekanntes ins Bewusstsein und schärft damit den Blick für neue Perspektiven.
Gliederung Seite
1. „Alte“ Medien – was ist schon alt? 2
2. Totgesagte leben länger – Vor- und Nachteile von Printmedien 4
3. Kundenzeitschriften zur Information und Bindung 7
4. Warum das Radio so schön subtil ist 9
5. Jedem sein eigenes Radioprogramm 12
6. Hat die Kultur alles auf dem Schirm? Warum Kino und TV die ideale
Symbiose ergeben 13
7. Metropolen TV 17
8. Und was wird nun? 20
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2. H 3.2 Marketing, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
1. „Alte“ Medien – was ist schon alt?
Der Begriff „alt“ trifft kaum irgendwo so zu wie im Medienbereich.
Einerseits ist eine immer rasantere Entwicklung so genannter „Neuer
Medien“ zu beobachten, andererseits wird „alt“ auch sehr häufig mit
dem Begriff “konservativ“ gleichgesetzt und zugleich negativ wertbe-
setzt. Historisch ist das erklärbar, da mit neuen Medien häufig genug
gewachsene Besitzstände in Frage gestellt wurden. Doch inhaltlich ist
es nicht wirklich zutreffend.
Richtig ist vielmehr, dass sich alle Medien immer weiterentwickeln
mussten, um neue technische Möglichkeiten zur inhaltlichen Verarbei-
tung zu nutzen. Das gilt besonders für Medien, die großteils im 20.
Jahrhundert ihren Durchbruch hatten und weite Verbreitung fanden,
wie Zeitungen und Zeitschriften, das Radio und das Fernsehen.
Printmedien
Im mittleren Europa gab es zu Beginn des 17. Jahrhunderts die ersten
regelmäßig erscheinenden und vor allem aktuell berichtenden Dru-
ckerzeugnisse. Sie sind somit die ältesten Vorläufer unserer heutigen
Zeitungen und Zeitschriften. Doch besonders im Bereich des späteren
Deutschen Reiches wurden diese Printerzeugnisse einer sehr massiven
Zensur der staatlichen Stellen unterworfen. Viel später als in den
Nachbarländern Großbritannien und Frankreich wurden die Eingriffe
in die „Pressefreiheit“ erst Ende des 19. Jahrhunderts durch das
Reichspressegesetz eingedämmt. Durch die dezentralen politischen
Strukturen wurden gerade bei Printmedien starke lokale Bezüge ge-
fördert, die sich bis heute fortsetzen. So gibt es zahlreiche große Lo-
kalzeitungen mit guter bis sehr guter bundesweiter Verbreitung und
Bedeutung (u. a. Süddeutsche Zeitung, FAZ, Frankfurter Rundschau).
25,01 Millionen Tages- Dagegen gibt es nur wenige Tageszeitungen mit einer eindeutig bun-
zeitungen täglich desweiten Ausrichtung. Die Bild-Zeitung und die taz beschreiben
nicht nur das Spektrum, sondern stellen dieses fast allein auch inhalt-
lich dar. Sie machen gerade einmal ca. 5 % der Gesamtauflage aus, die
bei ca. 25,01 Mio./Tag liegt1.
Zeitschriften, die eine längere Lebensdauer haben (wöchentlich,
zweiwöchentlich, monatlich oder sogar ¼ jährlich oder jährlich) konn-
ten sich seit den 20er Jahren zügig weiterentwickeln und in den
1950er Jahren ihre erste Blüte erleben (u. a. HörZu, Spiegel, Stern,
Kristall, Quick).
122,37 Millionen Zeit- Heute zeichnet sich dieses Marktsegment durch eine stetig wachsende
schriften pro Woche Zahl von „Spezialtiteln“ aus, die das immer umfangreicher werdende
Informationsangebot und die damit einhergehende Vielfalt widerspie-
geln. Die Gesamtauflage aller deutschen Zeitschriften liegt bei
122,37 Mio. Exemplaren/Woche2.
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3. Marketing, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit H 3.2
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Audio-Medien
Der Hörfunk entstand in Deutschland 1923 aus dem drahtlosen Nach-
richtenverkehr und wurde hier von Beginn an durch die Post verwal-
tet. Diese bot Programm gegen Gebühr und übte auch eine erhebliche
Kontrolle auf die Inhalte aus.
Im Dritten Reich verkam der (national empfangbare) Reichsrundfunk „Vielfalt des
zur großflächigen Propagandamaschine. Erst nach 1945 entstand der Establishments“
Rundfunk mit Hilfe der Alliierten neu – ebenso wie die Zeitungen aus
föderalen Strukturen. Die damals sechs Sender gründeten 1950 zur
besseren Koordinierung die „Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-
rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland“
(ARD). Später wurden daraus neun Sender und nach der Wiederverei-
nigung 16 Sender. Obwohl der größte Teil der Senderfinanzen aus
Rundfunkgebühren stammt, wuchs die Bedeutung der aufkommenden
Rundfunkwerbung für die Senderbudgets.
Inhaltlich versuchten die Sender die gesellschaftliche Vielfalt wider-
zuspiegeln, was jedoch auf eine eher konservative „Vielfalt des Estab-
lishments“ hinauslief.
Mitte der 80er Jahre wurden die ersten kommerziellen Sender gegrün-
det (nicht zuletzt auch von Verlagen, die um ihre Werbeeinnahmen
fürchteten). Auch sie entstanden auf regionaler (z. B. Radio Schles-
wig-Holstein) und lokaler Ebene (vor allem in Bayern, z. B. in Mün-
chen). Diese orientierten sich an angelsächsischen Vorbildern und
favorisierten eine Formatierung ihrer Programme wie „TOP 100“3,
„AC“4 oder „MOR“5. Dadurch gerieten die öffentlich-rechtlichen Sta-
tionen unter großen Konkurrenzdruck und entwickelten ihrerseits Ni-
schenprogramme (z. B. 24-Stunden-Nachrichten, Lokalfenster, Kin-
der- und Jugendprogramme), um die Reichweiten zu maximieren.
Schließlich wurden auch „nicht kommerzielle Lokalstationen“ und Vielfältig und regional
offene Kanäle zugelassen, so dass die deutsche Radiolandschaft heute differenziert
vielfältig und stark regional differenziert wirkt.
Audiovisuelle Medien
Nazi-Deutschland war 1935 das erste Land, das ein allgemein emp- Fernsehen: 98 % aller
fangbares TV-Programm ausstrahlte. Hier war es erstmalig gelungen, Haushalte werden
die Kommunikationsformen Telegrafie, Film und Radio zu einem erreicht
eigenen Medium zusammenzuführen. Doch erst nach dem Krieg ent-
stand mit dem Wiederaufbau des Fernsehens (1948 in Hamburg) ein
wirklich „ernsthaftes“ Programm, das ab dem 25.12.1952 vom Nord-
westdeutschen Rundfunk (Vorläufer von NDR und WDR) ausgestrahlt
wurde. Am 1.11.1954 entstand daraus das Gemeinschaftsprogramm
der Rundfunkanstalten, das „Erste Programm“. 1957 erreichte man die
erste Teilnehmer-Million und danach entwickelte sich das Fernsehen
so zügig, dass bereits 1971 fast 16 Millionen Haushalte über ein Fern-
sehgerät verfügten. Heute erreicht das Fernsehen 98 % aller Haushalte.
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4. H 3.2 Marketing, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
1963 nahm das ZDF seinen Sendebetrieb auf und ebenfalls in den
1960er Jahren entstanden die Dritten Programme der ARD, ursprüng-
lich als Kulturprogramme definiert.
Die Gesellschaft forderte im öffentlich-rechtlichen Rahmen die Siche-
rung der Meinungsvielfalt. Neue Technik (vor allem Satellitenübertra-
gung und Kabel-TV) leisteten dazu einen wesentlichen Beitrag. Be-
reits 1984 konnten somit die ersten privatrechtlich organisierten Sen-
der (RTL und SAT 1) zugelassen werden. Seitdem gab es zahlreiche
weitere Zulassungen von bundesweit ausstrahlenden Sendern, die
mehr oder weniger spezielle Nischen abzudecken versuchten. Das
Finanzierungskonzept war und ist bei allen privaten Sendern ver-
gleichbar: Es beruht auf der Akquisition von Werbegeldern bzw. Se-
hergeldern (Premiere, 9Live). Die Rundfunkgebühren bleiben weiter-
hin ausschließlich den öffentlich-rechtlichen Sendern vorbehalten.
Ca. 100 Metropolen- Angesichts der heutigen Informationsflut ist zunehmend eine Kon-
sender versorgen mit zentration der Menschen auf Informationen aus ihrem engeren Umfeld
lokalen Information festzustellen. Seit 1995 sind daher fast 100 Lokalsender (auch „Bal-
lungsraumsender“ oder „Metropolensender“ genannt) zugelassen
worden. Sie sollen den wachsenden Bedarf nach lokaler Information
bedienen.
2. Totgesagte leben länger – Vor- und
Nachteile von Printmedien
Printmedien wird nachgesagt, sie hätten die
tiefgehendste Wirkung und den größtmöglich
erzielbaren Langzeiteffekt. Nur das Kino und
die persönliche Ansprache erreichen eine
vergleichbare oder gar bessere Effizienz.
Hilfestellung zur vertraglichen Umsetzung einer Wir alle kennen den Spruch: „Das muss
Medienpartnerschaft finden Sie im Handbuch stimmen, denn es ist ja schwarz auf weiß
Kultur & Recht, Ausgabe 2005, Beitrag L 7.9, gedruckt“. Jedoch verschwimmen leicht die
„Medienpartnerschaft ohne Reue“. Grenzen in der Erinnerung, ob die Informati-
on aus der Boulevard- oder aus der Fachpres-
se stammt. Hieraus resultieren Gefahr und
Chance gleichermaßen: Einerseits werden viele Dinge unreflektiert
aus den Medien übernommen. Andererseits muss „nur“ sichergestellt
Wenn etwas gedruckt
werden, dass die zu erreichende Zielgruppe den betreffenden Artikel
wurde, muss es doch
stimmen ...
liest, wo auch immer – damit hat man dann bereits einen großen
Schritt zur Meinungsbildung getan.
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