Ohde, Brendler-Lodigkeit: Steuerliche Aspekte im Hospitality- Bereich, Teil 2
Benclowitz: Bearbeitung von Theaterstücken
1. L Vertragsgestaltungen in den einzelnen Kultursparten
L2 Bühne
Bearbeitung von Theaterstücken
Joachim Benclowitz
Seit 1986 Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht und Fachanwalt für Urhe-
ber- und Medienrecht; seit 1991 Geschäftsführer und Syndikus des Landesver-
bandes Nord im Deutschen Bühnenverein mit Sitz in Hamburg; Dozent an der
Hochschule für darstellende Kunst und Musik, Hamburg
Inhalt Seite
1. Einleitung 2
2. Bühnenaufführung und Rechte Dritter 3
2.1 Bearbeitung von Theaterstücken: Konflikte mit dem Urheberrecht 3
2.2 Bearbeitung von Theaterstücken: Konflikt mit dem
Persönlichkeitsrecht 4
2.3 Bearbeitung von Theaterstücken: Abwägung im Einzelfall 5
3. Bearbeitung von Theaterstücken: Die Inszenierung als eigene
Bearbeitung im Sinne von § 3 UrhRG 8
4. Bearbeitung von Theaterstücken: Bearbeitung und freie
Benutzung (§ 24) 9
5. Bearbeitung von Theaterstücken: Problem der Entstellung
des Werkes 11
6. Bearbeitung von Theaterstücken: Abwägung bei
Persönlichkeitsrechtsrechtsverletzungen 13
Bearbeitung von Theaterstücken 8
Bearbeitung eines Theaterstückes durch den Regisseur 9
Abgrenzung der freien von der abhängigen Bearbeitung eines
Theaterstückes 10
Entstellungen 12
L
Bearbeitung von Theaterstücken bei Verletzung von 2.5
Persönlichkeitsrechten 15 S. 1
37 Kultur & Recht Mai 2007
2. L Vertragsgestaltungen in den einzelnen Kultursparten
L2 Bühne
1. Einleitung
Immer häufiger kommt es in den letzten Jahren bei der Bearbeitung von Bühnen-
aufführungen zu gerichtlichen Auseinandersetzungen mit Theatern. Anlass für
diese Auseinandersetzungen ist zum einen der Einwand von Autoren oder Büh-
nenverlagen, dass durch die Aufführung deren Urheberrechte verletzt werden; ein
besonders markantes Beispiel war hier die Auseinandersetzung über die Auffüh-
rung von Gerhard Hauptmanns „Die Weber“ am Staatsschauspiel Dresden. Zum
anderen sind Anlass für die Auseinandersetzungen auch Konflikte mit Persön-
lichkeitsrechten von Personen, auf die in den Aufführungen Bezug genommen
wird, ohne dass sie an der Entstehung der Theaterproduktion beteiligt sind. Bei-
spielhaft kann hier wieder auch die gerichtliche Auseinandersetzung mit der
ARD-Moderatorin Sabine Christiansen genannt werden, die sich durch dem
Stück hinzugefügte Äußerungen in ihren Persönlichkeitsrecht verletzt fühlte,
sowie die Aufführung des Lutz-Hübner-Stückes „Ehrensache“ durch das Schau-
spielhaus Hamburg.
Die zeitlich erste der genannten Auseinandersetzungen bezog sich auf die Auffüh-
rung „Der Weber“ durch das Staatsschauspiel in Dresden. Sabine Christiansen
hatte versucht, gerichtlich im Wege einer einstweiligen Verfügung eine Unterlas-
sung des sie betreffenden Mordaufrufs durch den Arbeiterchor zu erreichen.
Gleichzeitig hatte aber auch der Verlag gerichtliche Schritte eingeleitet, weil es in
diesem Mordaufruf, aber auch in anderen Szenen der Aufführung eine Verletzung
des Urheberrechts bzw. Urheberpersönlichkeitsrecht des verstorbenen Autors
beanstandet hatte.
Bei der Bearbeitung von Theaterstücken kann es also immer wieder zu Konflik-
ten mit Rechten Dritter kommen. Was sie bei Bearbeitung von Theaterstücken
beachten müssen, und welche Konsequenzen die Verletzung entsprechender
Rechte hat, erfahren Sie in diesem Beitrag.
Urheberrechtliches Konfliktpotential bei Bühnenaufführungen:
Rechteerwerb von Autoren (Verlagen) und Werkbearbeitung (§23 UrhG)
Beachtung von Rechten Dritter, hier insbesondere auch von Persönlichkeits-
rechten, Entstellung und Beeinträchtigung (§§ 14, 83 UrhG)
Rechtsgrundlagen neben allgemeinen Gesetzen:
L
2.5 Urheberrechtsgesetz(UrhG)
S. 2 Verlagsgesetz (VerlG)
Grundgesetz (GG)
Regelsammlung Verlage/Bühnen
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3. L Vertragsgestaltungen in den einzelnen Kultursparten
L2 Bühne
Rechtsbeziehungen im Bereich Bühnenaufführungen
Autor
Bühnen-/Musikverlag Verwertungsgesellschaft
Theater
Abb. 1: Rechtsbeziehungen im Bereich Bühnenaufführungen
2. Bühnenaufführung und Rechte Dritter
2.1 Bearbeitung von Theaterstücken: Konflikte mit dem
Urheberrecht
Üblicherweise werden den Theatern zum Zwecke einer Bühnenaufführung von
dem Autor eines Bühnenwerks bzw. Verlag sog. Aufführungsrechte übertragen.
Das Aufführungsrecht (§ 19 UrhG) ist das Recht, ein Musikwerk öffentlich zur
Gehör zu bringen oder ein Werk öffentlich bühnenmäßig (es muss sich um ein
für Auge und Ohr bestimmtes bewegtes Spiel) darzustellen. Literarische Werke –
also Theaterstücke, Romane, etc. – sind wie andere Werke bis zur Vollendung des
70. Kalenderjahres nach dem Tod des Autors urheberrechtlich geschützt (§64
Absatz 1 UrhG). Die Rechte gehen im Falle des Todes des Autors auf die Erben
über und werden in der Theaterpraxis regelmäßig von einem Verlag gegenüber
einer Bühne vertreten.
Vertragsbeziehungen im Bereich der Theater
1. Autor – Verlag
2. Verlag – Theater
Weitere: Autor – Verwertungsgesellschaft
Verlag – Verwertungsgesellschaft
Theater – Verwertungsgesellschaft
Der immer wiederkehrende Konflikt ist hierbei stets die Frage, ob die oben be-
schriebenen Änderungen bei der Bearbeitung von Theaterstücken noch zulässig,
insbesondere nicht von der Erlaubnis des Autoren oder Verlages abhängig waren. L
2.5
Bei der Inszenierung von Bühnenwerken muss zwischen dem zulässigen Inter-
S. 3
pretations- und Modernisierungsspielraum einerseits und den hiervon nicht
mehr vom Aufführungsrecht gedeckten Änderungen andererseits unterschieden
werden.
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4. L Vertragsgestaltungen in den einzelnen Kultursparten
L2 Bühne
Wenn nichts anderes mit dem Autor oder Bühnenverlag vereinbart ist, darf das
Bühnenunternehmen als Inhaber des ihm übertrageben Aufführungsrechts (Nut-
zungsrechts) grundsätzlich insbesondere keine Änderungen vornehmen (§ 39
Absatz 1 UrhG). Andererseits sieht § 39 Absatz 2 UrhG ausdrücklich vor, dass
„Änderungen des Werks und Titels, zu denen der Urheber seine Einwilligung
nach Treu und Glauben nicht versagen kann, zulässig sind“. Mit dieser Bestim-
mung wird vor allem für den Theaterbereich ein äußerst pragmatischer, aber auch
ein gesellschaftlich notwendiger Zweck verfolgt. Das Theater lebt von der Kon-
frontation des Textes nicht nur mit den künstlerischen Vorstellungen des Regis-
seurs, sondern auch von der Spiegelung des Aussagegehalts dieses Textes im
Lichte der heute existierenden gesellschaftlichen Zustände.
Beispiel: Das verbotene Bühnendrama „Die Weber“ von Gerhard Haupt-
mann. Regelmäßig prallen bei dieser Fragestellung zwei Grundrechte
aufeinander, nämlich das Grundrecht des Urhebers und das des Theaters oder
Regisseurs aus Art. 5 Absatz 3 GG (Kunstfreiheit).
Gegenstand der Werknutzung ist das Werk in der vom Urheber(Autor) konkret
geschaffenen Form und zwar mit dem konkreten geistig-ästhetischen Gesamt-
eindruck, mit welchem er sein Werk an die Öffentlichkeit entlassen will, so dass
jede Abweichung hiervon – sei es durch Kürzungen, Streichungen, Umformulie-
rungen oder andere Eingriffe – grundsätzlich unzulässig ist. Dies ist Ausdruck
des in § 2 UrhG verankerten alleinigen Veröffentlichkeitsrechts des Urhebers.
Beachte: Hierbei kann bei einem Bühnenwerk auch ohne Änderung des Textes
oder der Musik durch die Art der Wiedergabe des Werkes der Charakter der
dort auftretenden Figuren in einer unzulässigen Weise verändert werden, die mit
dem Wesensgehalt des Stückes nicht mehr vereinbar ist (BGH GRUR 1971,35,38
– Maske in Blau). In solchen Fällen schützt das Gesetz das Bühnenwerk durch
Entstellungen des Werkes (§ 14 UrhG), also den vom Urheber konkret mit sei-
nem Werk gewollten geistig-ästhetischen Gesamteindruck. Dies bedeutet, dass
der Urheber gegen Sie vorgehen und gerichtlich Unterlassung der Bühnenauf-
führung verlangen kann.
2.2 Bearbeitung von Theaterstücken: Konflikt mit dem
Persönlichkeitsrecht
Schließlich kann eine Bühnenfassung aber nicht nur Urheberrechte verletzen,
sondern können einzelne Aussagen darüber hinaus auch einen Eingriff in das
L
allgemeine Persönlichkeitsrecht von einzelnen Personen darstellen, weil diese
2.5
sich durch die Aufführung beispielweise negativ dargestellt oder verschmäht sehen.
S. 4 Ein solcher Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht muss hierbei nicht
immer rechtswidrig sein. So kann nämlich ein solcher durchaus durch das
Grundrecht der Kunstfreiheit (Artikel 5 Absatz 3 GG) gedeckt sein, falls nicht
überwiegende Interessen des Verletzten entgegenstehen. Ist beispielsweise die
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