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Andrea Hausmann: Das Marktsegment Kulturtourismus – Handlungsstrategien für Museen
1. Marketing, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit H 2.5
Marketingkonzepte
Das Marktsegment Kulturtourismus –
Handlungsstrategien für Museen
Prof. Dr. Andrea Hausmann
Prominente Beispiele wie das „MoMa in Berlin“ oder „Caspar David Friedrich. Die Erfindung der
Romantik“ zeigen, dass der Kulturtourismus boomt und Museen einige Möglichkeiten eröffnet.
Aber auch kleinere Einrichtungen berichten von erfolgreichen Aktionen zur Erschließung dieses
Segments. Der vorliegende Beitrag untersucht, welche Rahmenbedingungen, Merkmale und Me-
chanismen den Markt für Kulturtourismus kennzeichnen und welche Marketingmaßnahmen erfor-
derlich sind, damit sich Museen erfolgreich auf diesem Markt etablieren können.
Gliederung Seite
1. Einführung 2
2. Grundlagen des Kulturtourismus 3
2.1 Begriffsbestimmung 3
2.2 Ökonomische Auswirkungen und weitere Effekte 4
2.3 Bedeutung des internen Marketing 6
3. Maßnahmen zur kulturtouristischen Vermarktung von Museen 9
4. Fazit 15
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2. H 2.5 Marketing, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Marketingkonzepte
1. Einführung
Blockbuster-Ausstellung Im Herbst 2006 präsentierte die Hamburger Kunsthalle für knapp vier
Monate die Blockbuster-Ausstellung „Caspar David Friedrich. Die
Erfindung der Romantik“ in ihren Räumen. Den Besuchern wurde
dabei eine große Anzahl an Meisterwerken geboten: Mit über 70 Öl-
gemälden aus mehr als 50 Museen und Privatsammlungen und zahl-
reichen Aquarellen, Sepien und Zeichnungen wurde das Oeuvre dieses
Malers in seiner ganzen Vielfalt gezeigt. Für die Hamburger Kunsthal-
le wurde die Ausstellung zu einem großen Erfolg – sowohl bei der
Fachwelt als auch dem breitem Publikum. Von den 325.000 Besu-
chern, die sich auf den Weg in die Hamburger Kunsthalle gemacht
hatten, kamen 75 Prozent von außerhalb der Hansestadt. Ein Viertel
dieser auswärtigen Besucher nahm dabei eine Entfernung von 250 km
und 27 Prozent eine Entfernung von über 250 km auf sich; 6 Prozent
der auswärtigen Besucher kamen aus dem Ausland. Für über die Hälf-
te der auswärtigen Besucher war die Ausstellung der Hauptanlass ih-
res Besuchs in Hamburg.1
Der Markt für Dieses Beispiel zeigt neben vielen anderen („Das MoMa in Berlin“,
Kulturtourismus boomt „Van Gogh in der Kunsthalle Bremen“ etc.), dass der Markt für boomt
und Museen einige Möglichkeiten eröffnet. Experten weltweit prog-
nostizieren diesem Tourismussegment ein großes Wachstum,2, nach
Auffassung der Deutschen Zentrale für Tourismus stellt der Kulturtou-
rismus sogar einen „Megatrend“ für den Deutschlandtourismus3 dar.
Diese Einschätzung spiegelt sich auch in einer Studie des Deutschen
Tourismusverbandes4 zu den wichtigsten Themen im Tourismusmar-
keting deutscher Städte wider. Als Erklärung für diese dynamische
Entwicklung des Kulturtourismus lassen sich verschiedene, vor allem
gesellschaftliche Entwicklungstendenzen heranziehen: So wird die
Freizeit als ein immer wichtigerer Bestandteil der Lebensqualität
wahrgenommen, den es sinnvoll zu gestalten und mit besonderen Er-
lebnissen anzureichern gilt. In Abhängigkeit bestimmter Einflussfak-
toren (steigendes Bildungsniveau, steigende Einkommen, Tendenz zu
mehr Kurzurlauben etc.) gewinnen vor allem auch die Erlebniswerte
im kulturellen Bereich an Bedeutung. Gleichzeitig ist bei vielen Bür-
gern ein steigendes Interesse an historischen Zusammenhängen und
Hintergründen festzustellen: Auf der Suche nach Halt und Identität in
der modernen Gesellschaft wächst die Nachfrage nach authentischen,
nationalen Kulturgütern; neben der Hochkultur verzeichnet dabei auch
die Regional- und Alltagskultur ein vermehrtes Interesse.5
Um auf dem Markt für Kulturtourismus langfristig erfolgreich agieren
zu können, sind jedoch einige Kenntnisse über die Mechanismen und
Akteure erforderlich. Diese sollen nachfolgend im Überblick darge-
stellt werden.
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3. Marketing, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit H 2.5
Marketingkonzepte
2. Grundlagen des Kulturtourismus
2.1 Begriffsbestimmung
Drei Merkmale sind charakteristisch für das Konzept des Kulturtou- Merkmale
rismus.6: Zum einen bezieht Kulturtourismus nur solche kulturbezo- des Kulturtourismus
genen Reisen und Aktivitäten ein, die von außerhalb einer touristi-
schen Destination lebenden Personen unternommen werden. Zum
anderen ist der Begriff 'Kultur' im Kontext des Kulturtourismus weit
gefasst: Hier dient Kultur nicht nur der menschlichen Bildung durch
die Angebote von Theatern, Museen, Festspielen etc. (Hochkultur),
sondern durchdringt jeden Lebensbereich und bezieht sich sowohl auf
Leben und Wohnen als auch auf Arbeit und Freizeitgestaltung sowie
auf zwischenmenschliche Beziehungen (Alltagskultur). Das kulturelle
Angebot kann dabei bereits vorhanden („originäre/endogene Angebo-
te“), das heißt natürlich gewachsen (z. B. Bauten, Relikte, Brauchtum)
oder auch eigens für den Tourismus geschaffen worden sein („deriva-
tive/exogene Angebote“). Als weiteres Merkmal spielt die Motivation
eine Rolle: Aus Sicht des Nachfragers ist Kulturtourismus mit dem
Wunsch verbunden, im Urlaub etwas – im engeren oder weiteren Sin-
ne – „Kulturelles“ zu erleben. Dieser Wunsch kann sowohl wesentli-
cher Auslöser für eine Reise sein als auch andere Urlaubsmotive be-
gleiten. Dem Aspekt der Motivation kommt dabei für die gesamte
Auseinandersetzung mit der Thematik eine besondere Bedeutung zu:
Aufgrund der unterschiedlichen Ausprägung und Intensität in der
Motivation zu kulturtouristischen Reisen gibt es entsprechend un-
terschiedliche Typen von Kulturtouristen; in der Literatur und
empirischen Forschung werden in der Regel die folgenden drei unter-
schieden. 7
• Kulturtouristen im engeren Sinne: Für dieses Segment ist der Typen
Besuch einer Kulturstätte der Hauptanlass ihrer Reise, in der Regel von Kulturtouristen
werden dabei mehrere Kulturangebote miteinander verknüpft. Ob-
wohl diese Zielgruppe relativ klein ist – der Anteil der spezifischen
Kulturtouristen beträgt nur etwa fünf bis zehn Prozent am gesam-
ten Kulturtourismusmarkt8, gilt sie bei touristischen Leistungsträ-
gern und Kommunalpolitikern als hochattraktives Segment. Hin-
tergrund hierfür dürften die Ergebnisse empirischer Untersuchun-
gen sein, nach denen Kulturtouristen im engeren Sinne über ein
höheres Einkommens- und Bildungsniveau als andere Touristen
verfügen. Sie geben in der Regel mehr Geld im Urlaub aus, bleiben
länger an einem bestimmten Aufenthaltsort und unternehmen dort
mehr. Dem Alter nach gehören sie überwiegend zur Gruppe der un-
ter 30- bzw. über 50jährigen.9
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4. H 2.5 Marketing, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Marketingkonzepte
• Gelegenheitskulturtouristen: Für die so genannten Gelegenheits-
kulturtouristen ist der Hauptreisezweck nicht kulturbezogen, viel-
mehr werden verschiedene Reiseanlässe miteinander verbunden.
Neben dem Erholungsurlaub, dem Besuch von Freunden oder einer
Geschäftsreise werden auch Kulturangebote wahrgenommen. In
empirischen Untersuchungen machte diese Gruppe der Kulturtou-
risten weit über die Hälfte der Befragten aus.10
• Zufallskulturtouristen: Für dieses Segment ist Kultur nur eine
touristische Aktivitätsform unter vielen anderen. Der Entschluss,
ein Kulturangebot wahrzunehmen, erfolgt bei diesen „Auch-
Kultururlaubern“ entsprechend kurzfristig, zum Beispiel weil auf-
grund der Wetterbedingungen andere (Outdoor-)Urlaubsaktivitäten
ausscheiden, wie zum Beispiel Wandern oder Wassersport. In die-
sem Fall ist der Besuch einer Kulturstätte nicht unbedingt im Vor-
feld eingeplant worden, sondern erfolgt eher zufällig.
Definition zum Kulturtourismus
Unter Berücksichtigung der oben genannten Erkenntnisse lässt sich –
in einer nachfrageorientierten Sichtweise – der Begriff des Kulturtou-
rismus auf folgenden Nenner bringen: Kulturtourismus umfasst alle
Reisen von außerhalb einer bestimmten Destination lebenden Perso-
nen, die entweder ganz oder bis zu einem bestimmten Grad motiviert
sind durch das kulturelle Angebot und Profil dieser Destination.11. Das
Spektrum kulturtouristischer Sehenswürdigkeiten ist dabei weit ge-
fasst, neben baulichen Relikten, Gebäuden und Kultureinrichtungen
gehören hierzu zum Beispiel auch historische Schauplätze, zeitge-
nössische Architektur, städtische Ensembles und, wie bereits er-
wähnt, diverse Veranstaltungen der Hoch- (Bayreuther Festspiele
etc.) und der Alltagskultur (Münchner Oktoberfest etc.).12..
2.2 Ökonomische Auswirkungen und weitere Effekte
Chancen Mit der Schaffung kulturtouristischer Angebote werden in den Desti-
nationen und bei den jeweiligen Kultureinrichtungen zahlreiche Effek-
te ausgelöst, die wie folgt klassifiziert werden können.13:
• Einkommenseffekte: Der kulturtouristisch bedingte Zuwachs an
Besuchern kann eine Steigerung der eigenen Einnahmen bei den be-
teiligten Museen bewirken. Die zusätzlichen Besucherausgaben
können zudem zu einer Erhöhung der Kaufkraft am Standort führen,
von der andere Kultur- und Freizeitunternehmen, aber auch der Ein-
zelhandel, das Gastgewerbe und sonstige Dienstleister (Fuhrunter-
nehmen etc.) profitieren. Am Kulturtourismus können außerdem all
jene Betriebe und Unternehmer partizipieren, die als Zulieferer für
die kulturellen und touristischen Betriebe agieren, wie zum Beispiel
Grafikdesigner, Druckereien, Museumspädagogen und -führer.
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