1. Wirtschaftspolitik ver.di
Konzept
Steuer-
gerechtigkeit
Mehr Steuergerechtigkeit, Gerechte Steuern
mehr Binnennachfrage 1
für mehr Zukunftsvorsorge
Einkommensteuer –
Tarif gerecht gestalten 4
Mehr brutto für mehr netto! 6
Familien fördern –
Reform des Ehegattensplitting 8
Reform der Entfernungspauschale 9
Zahlen die Reichen zu viel ? 10
Vermögen gerecht besteuern 12
Erbschaftsteuer reformieren –
aber richtig! 14
Unternehmensgewinne
wieder stärker besteuern 16
Gemeindefinanzen stärken:
G
emeindewirtschaftsteuer 22
Finanztransaktionsteuer 24
Kapital – das „scheue Reh“ 26
Verbesserung des Steuervollzugs 28
2. K o n ze p t S te u e rg e re chtigkeit
Gesamtüberblick
Hier soll etwas geändert So viel fließt mehr
werden (+) bzw. weniger (–)
in die Staatskasse
Lohn- und Einkommen-
± 0 Mrd. Euro
steuer
Vermögensteuer + 20 Mrd. Euro
Erbschaftsteuer + 6 Mrd. Euro
Unternehmensteuer + 20 Mrd. Euro
Gemeindewirtschaftsteuer + 3 Mrd. Euro
Finanztransaktionsteuer + 10 Mrd. Euro
Steuervollzug + 12 Mrd. Euro
insgesamt + 71 Mrd. Euro
Änderungen bei der Lohn- und Einkommensteuer
Die wichtigsten So viel fließt mehr
Ä
nderungen (+) bzw. weniger (–)
in die Staatskasse Herausgeber:
Tarifverlauf ver.di – Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft
– 13 Mrd. Euro
(ohne Reichensteuer) Bundesvorstand
Reform „Reichensteuer“ Ressort 1
+ 2 Mrd. Euro
(53 % ab 125.000 Euro; Paula-Thiede-Ufer 10
80 % ab 2 Mio. Euro) 10179 Berlin
Reform der Entfernungspau-
– 1 Mrd. Euro
schale Verantwortlich:
Realistische Frank Bsirske
+ 4 Mrd. Euro
ewinnermittlung
G
Vollständige Erfassung Bearbeitung:
und progressive esteuerung
B + 2 Mrd. Euro
Bereich Wirtschaftspolitik
von Kapitalerträgen
Michael Schlecht (Bereichsleiter)
Reform Ehegattensplitting + 6 Mrd. Euro
Ralf Krämer
insgesamt ± 0 Mrd. Euro Dr. Sabine Reiner
Dr. Norbert Reuter
Anita Weber
Kontakt:
Wirtschaftspolitik@verdi.de
www.wipo.verdi.de
Karikaturen:
Reinhard Alff
Gestaltung und Satz:
Hauer+Ege GmbH, Stuttgart
www.hauer-ege.de
Druck:
alpha print medien AG, Darmstadt
W-2131-12-1208
Januar 2009
3. Mehr Steuergerechtigkeit,
mehr Binnennachfrage
N
!
och im Sommer 2007 sah SPD- Aber auch wirtschaftspolitisch 1
D
er Sozialstaat muss
Kanzlerkandidat Steinmeier w
ieder ausgebaut werden. ist diese Entwicklung verheerend.
ein neues deutsches „Wirtschafts- Mehr Sozialleistungen, Der letzte Aufschwung hat nur
wunder“. Ein gutes halbes Jahr finanziert durch höhere Unternehmern, Reichen und Ver-
später drehte die Konjunktur jedoch Steuern für Reiche und mögenden etwas gebracht. In brei-
bereits in Richtung Rezession. Im V
ermögende. ten Teilen der Bevölkerung ist er
Herbst 2008 begannen die Auswir- nie angekommen. Zum ersten Mal
kungen der Finanzmarktkrise auf In den letzten zehn Jahren sind in der Nachkriegsgeschichte ist die
die ohnehin kränkelnde Wirtschaft außerdem rund 500 Milliarden Euro konsumtive Binnennachfrage nicht
durchzuschlagen. Der Export bricht aufgrund ungenügender Steige- angestiegen; weil die Einkommen
ein, die Kreditvergabe an die Be- rung der Arbeitseinkommen der stagnierten und vor allem bei tarif-
triebe wird restriktiver. Im Oktober Kapitalseite zusätzlich zugeflossen. lich nicht geschützten Beschäftig-
2008 peitscht die Bundesregierung Damit sind allein in diesem Zeitraum ten gekürzt wurde. Auch der Staat
innerhalb einer Woche ein gigan rund eine Billion Euro von unten blieb weiter auf Sparkurs. Dieser
tisches Rettungspaket für die Ban- nach oben umverteilt worden; eine Ausfall der Binnennachfrage führte
ken von 480 Milliarden Euro durch Art Enteignung der arbeitenden bereits seit Anfang 2008 dazu,
das Parlament. Viele Bürger und Menschen. Ein sozial-politischer dass der Aufschwung abgewürgt
Bürgerinnen fragen sich: üssen
M Skandal. wurde.
wir das am Ende bezahlen? Durch Ebenso verheerend ist, dass die
mehr Steuern und durch weiteren zunehmende Konzentration der
Sozialabbau? Einkommen und Vermögen und das
Die Kanzlerin sagt: Wir müssen Trommeln für die private, kapital-
alles tun, damit sich die gegen gedeckte Altersvorsorge die Finanz
wärtige Krise nicht wiederholt. Dem märkte weiter angeheizt haben.
kann man nur zustimmen. Aller- Ähnliche Entwicklungen sind in
dings ist dazu eine grundlegende vielen anderen Ländern gelaufen.
Kehrtwende in unserer Wirtschafts-
politik notwendig. Hierzu gehört
eine deutliche Stärkung der Binnen Öffentliche Investitionen in Deutschland gering
wirtschaft. 4,6%
2007, in Prozent des Bruttoinlandsproduktes
Rot-Grün und dann die Große
Koalition haben in den letzten zehn 3,9%
Jahren die Entstaatlichung massiv 3,4%
3,3%
vorangetrieben. Mit der Agenda
2010 wurde Sozialabbau und eine
2,6%
Verschlechterung der Arbeitsbedin- 2,4% 2,4%
gungen in bislang ungeahnter Weise
1,9%
durchgesetzt. Gleichzeitig wurden
1,5%
rund 500 Milliarden Euro den Rei-
chen und Vermögenden als Steuer- 1,0%
geschenke zugeschustert. Anstatt
für ein anständiges Bildungswesen,
ordentliche Infrastruktur und
enschenwürdige Sozialleistungen
m
n
n
e
ch
n
n
h
27
d
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zu sorgen.
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Ö
ie
oß
N
D
G
Deutschland leistet sich im Verhältnis zur Wirtschaftskraft nur sehr geringe öffentliche Investitionen.
Eine Erhöhung um rund 25 Milliarden Euro im Jahr würde die Investitionsquote gerade einmal auf den
europäischen Durchschnitt anheben.
Quelle: Europäische Kommission
K O N Z E P T S T E U E R G E R E C H T I G K E I T
4. Mehr Steuergerechtigkeit,
mehr Binnennachfrage
2 Während weltweit die Realwirt- Binnennachfrage stärken Maßnahmen zum Klimaschutz sind
schaft seit 1980 um das Sechsfache Die Binnenwirtschaft muss notwendig, ebenso wie die Sanie-
gewachsen ist, wurden die Finanz- gestärkt werden. Deshalb fordert rung von Gebäuden, Brücken,
märkte um den Faktor 17 aufge- ver.di ein Zukunftsinvestitionspro- S
traßen, des Abwassersystems und
bläht. Diese Kapitalmassen wollen gramm in Höhe von 50 Milliarden vieles andere mehr.
sich verwerten – auf Teufel komm Euro jährlich! Es ist mehr als eine Die Krankenhäuser brauchen
raus. Je größer die auf den Finanz- kurzfristige Konjunkturstütze. Es ist eine ausreichende Finanzierung,
märkten angelegten Vermögen, ein wichtiger Beitrag, um die Bin- die nicht durch die Entwicklung
desto größer die Verselbständigung nennachfrage langfristig zu stärken. der Lohnsumme begrenzt ist. Der
dieser Sphäre gegenüber der Real- Sozial und ökologisch sinnvolle Budget-Deckel muss weg. In der
wirtschaft, desto größer der gesell- Wachstumsimpulse von drei Pro- Krankenversicherung muss zur vol-
schaftliche Schaden, der angerichtet zent und eine Million zusätzliche len paritätischen Finanzierung
wird. Deshalb ist das Ausbremsen Arbeits lätze wären die Folge.
p zurückgekehrt werden.
der Reichtumskonzentration u. a. Das Zukunftsinvestitionspro- Um die Binnennachfrage kurz-
durch die Steuerpolitik nicht nur gramm verbindet die binnenwirt- fristig zu stärken sind weitere
sozial gerecht, sondern auch wirt- schaftliche Stärkung mit einer bes- Schritte notwendig:
schaftspolitisch notwendig. seren Versorgung der Bevölkerung. n as Arbeitslosengeld II muss auf
D
Die Daseinsvorsorge muss massiv mindestens 420 Euro erhöht wer
ausgebaut werden. Wir brauchen den. Dies ist sozialpolitisch mehr
25 Milliarden Euro mehr für Kinder als überfällig. Wirtschaftspolitisch
tagesstätten, Schulen und Hoch- wird so ein Kaufkraftschub von
schulen. Weitere 25 Milliarden s
ieben Milliarden Euro bewirkt.
Euro sind für Investitionen in die n ie Bundesregierung muss Gut-
D
Infrastruktur und den ökologischen scheine (Barschecks) in Höhe von
Umbau vorgesehen. Vielfältige 500 Euro mit sozial gestaffelten
Bedingungen an die Bürgerinnen
und Bürger ausgeben. Je nach
Ausgestaltung wird hierdurch ein
Steuer- und Abgabenquoten im Vergleich konjunktureller Impuls von rund
2007, in Prozent des Bruttoinlandsprodukts 20 Milliarden Euro ausgelöst.
!
48,2 %
Sozialabgabenquote Steuerquote
D
er Niedriglohnsektor muss
43,6% 43,3 %
41,9 % trockengelegt werden.
12,6 %
36,6 % 36,4 % 36,2 %
16,2 % 14,8 %
14,1 %
6,8 %
29,8 %
13,2 % 28,3 % Über die staatlichen Leistungen
16,1 %
6,7 % hinaus müssen deutlich höhere
11,9 %
Einkommenssteigerungen durch
35,6 % gesetzt werden. Hierzu brauchen
27,4 % 28,5 % 27,8 %
29,8 % wir die Stärkung der tarifpolitischen
20,3 %
23 ,0 % 21,6 % Handlungsmöglichkeiten wie zum
17,9 %
Beispiel die erleichterte Möglichkeit,
Tarifverträge für allgemeinverbind-
lich erklären zu können und Tarif
Schweden Frankreich Italien Österreich Groß- Tschechien Deutschland Slowakei USA treueregelungen. Lohndumping
britannien
durch Leiharbeit und Mini-Jobs muss
Die Belastung mit Steuern und Sozialbeiträgen liegt in Deutschland deutlich unter dem europäischen Durch- beendet werden. Beim Arbeits
schnitt. Insbesondere die Steuerquote ist niedrig, speziell die Steuerbelastung von Vermögen und Gewinnen. losengeld II muss der Zumutbarkeits
Quelle: OECD, Revenue Statistics 2008
schutz wiederhergestellt erden.
w
K O N Z E P T S T E U E R G E R E C H T I G K E I T
5. !
Gerade deshalb brauchen wir den n D
ie Steuereinnahmen müssen 3
D
ie Profiteure müssen zur
gesetzlichen Mindestlohn mit Kasse gebeten werden. ausreichen, um die notwendigen
7,50 Euro, der in schnellen Schrit- staatlichen Aufgaben, vor allem
ten auf neun Euro angehoben wird. die der Daseinsvorsorge und der
Hierdurch werden die Kaufkraft sozialen Sicherung sowie der
um mindestens zehn Milliarden Euro Zukunftsvorsorge zu gewährleis-
Bei den Kosten des Zukunfts
gestärkt und über 100.000 Arbeits- ten und so auch die Binnennach-
investitionsprogramms ist zu berück
plätze geschaffen. frage zu stärken.
sichtigen, dass es Selbstfinanzie- n D
as Steuersystem muss gerecht
!
rungseffekte von rund 50 Prozent
M
indestlohn bringt sein. Gering- und Durchschnitts-
gibt. Durch die steigenden Steuer-
100.000 Arbeitsplätze und verdiener müssen entlastet und
einnahmen und gleichzeitig sin-
über zehn Milliarden Euro Besserverdienende – vor allem
kende Sozialabgaben fallen damit
Kaufkraftschub. Reiche und Vermögende – wieder
Kosten von lediglich rund 25 Milli-
stärker zur Finanzierung öffent
arden Euro an.
licher Aufgaben heran ezogen
g
Wer soll das bezahlen? Die steuerpolitischen Vorstel-
werden.
Viele fragen sich: Wie soll das lungen von ver.di orientieren sich n D
ie steuerliche Entlastung von
alles bezahlt werden? Erst die an folgenden Grundsätzen:
Gering- und Durchschnittsverdie-
K
osten für die Bankenrettung und nern bei gleichzeitiger Gegen
dann auch noch das Zukunftsinves- finanzierung durch die stärkere
titionsprogramm sowie weitere Besteuerung von Reichen und
konjunkturelle Impulse. Vermögenden ist auch ein Instru-
Wir brauchen eine dauerhaft ment, um die Binnennachfrage
höhere Besteuerung großer Ver- zu stärken.
mögen und Erbschaften, hoher
Einkommen und Unternehmens
gewinne. Es muss Schluss sein mit
der seit Jahren fortgesetzten
s
teuerpolitischen Begünstigung der
Öffentliche Investitionen: stärkste Wirkung
Unternehmen, der Reichen und der
Über einen Zeitraum von drei Jahren würden sich auswirken*...
Vermögenden. Sie müssen zur
Finanzierung der Lasten der Krise
herangezogen werden. Sie haben Steuersenkung Erhöhung öffentlicher
Investitionen
von dem vorangegangenen Anstieg
bei Gewinnen und Vermögen auch Zunahme der Wirtschafts-
346.600
Erwerbstätigen wachstum
alleine profitiert. Das hoch konzen- 312.900
trierte private Vermögen muss 15,7 Mrd. �
gerechter verteilt werden. Damit
wird auch der Zustrom von Geld
auf die Finanzmärkte vermindert. 135.800 174.100
Dann bleibt auch mehr Einkommen 126.300
6,2 Mrd. �
für die Beschäftigten. Das stärkt
67.100
die binnenwirtschaftliche Nach-
frage. Sie hat es auch bitter nötig.
So kann unser Projekt – eine neue 1. 2. 3. 3-Jahres- 1. 2. 3. 3-Jahres-
Sozialstaatsoffensive – solide und Jahr Durchschnitt Jahr Durchschnitt
solidarisch gegenfinanziert werden.
Eine Steigerung der öffentlichen Investitionen hat eine weitaus stärkere Wirkung auf Wachstum und
Beschäftigung als etwa Steuersenkungen. Deshalb finanzieren sie sich auch zu über der Hälfte selbst.
Das Investitionsprogramm von ver.di würde eine Million zusätzliche Arbeitsplätze bringen.
*bei staatlichen Ausgaben in Höhe von jeweils 15 Mrd. Euro jährlich; Quelle: Heilemann u.a. 2008
K O N Z E P T S T E U E R G E R E C H T I G K E I T
6. Einkommensteuer –
Tarif gerecht gestalten
Einkommensteuer – Tarif gerecht gestalten
4
D ie Lohn- und Einkommensteuer
ist neben der Umsatzsteuer
die aufkommensstärkste Steuer.
Der 15.000ste im Jahr verdiente
Euro wird also höher besteuert
als der 10.000ste Euro. Wie hoch
betrag in Höhe von 920 Euro sowie
ein Teil der geleisteten Sozialver
sicherungsbeiträge.
Sie trägt zu rund einem Drittel zum jeder verdiente Euro besteuert Oberhalb des Grundfreibetrags
gesamten Steueraufkommen bei. wird, sagen die sogenannten Grenz setzt gegenwärtig die Besteuerung
Wie bei keiner anderen Steuer steuersätze. Die von den Beschäf- mit 15 Prozent ein. Allerdings ist
spiegeln sich in ihr Gerechtigkeits- tigten zu zahlende Steuer ergibt dieser niedrige Eingangsteuersatz
überlegungen wider: Beschäftigte sich dann als die Summe der jewei- irreführend, denn mit jedem
mit sehr niedrigen Einkommen ligen steuerlichen Belastung jedes w
eiteren verdienten Euro steigt die
zahlen gar keine Steuern. Mit stei- verdienten Euros. Besteuerung im unteren Einkom-
gendem Einkommen wird dann mensbereich steil an. Auf den
*
Alle folgenden Angaben
beziehen sich auf allein-
jeder zusätzlich verdiente Euro etwas Tarifverlauf heute* 12.700sten Euro werden bereits
stehende Steuerpflich höher besteuert. Hochverdiener Derzeit bleiben 7.665 Euro im 23,5 Prozent Steuern fällig. Erst
tige. Bei Verheirateten
sind für das gemeinsame
zahlen deshalb einen höheren Pro- Jahr steuerfrei. Das ist der soge- oberhalb dieser Marke knickt die
Einkommen jeweils die zentsatz an Steuern auf ihr Ein- nannte Grundfreibetrag. Brutto Steuerkurve deutlich ab. Die Steuer
doppelten Eurobeträge
anzusetzen. kommen als Beschäftigte mit nied- bedeutet das für alleinstehende belastung auf jeden weiteren
rigen Einkommen. Steuerexperten Beschäftigte ein steuerfreies Jahres erdienten Euro steigt dann lang-
v
nennen dies die Steuerprogression. einkommen von etwa 10.800 Euro. samer.
Denn vor der Berechnung der zu
!
S
teuergerechtigkeit heißt: zahlenden Steuern werden auto- Unten entlasten – oben belasten
Mit steigenden Einkommen matisch pauschale Beträge abge ver.di will den Knick bei der
steigt auch der Steuersatz. zogen: der Arbeitnehmer-Pausch - Be teuerung beseitigen: Der Ein-
s
Breite Schultern müssen gangsteuersatz bleibt bei 15 Pro-
mehr tragen als schmale. zent, wird aber erst ab Einkommen
von 8.500 Euro erhoben. Das ent-
lastet vor allem Beschäftigte mit
nied igen Einkommen. Die deutli-
r
che Erhöhung ist zudem notwen-
Tarifverlauf 2008 und ver.di-Tarifverlauf dig, weil wir auch für Erwerbslose
60 % das Arbeitslosengeld II auf 420
Euro zuzüglich Kosten der Unter-
kunft erhöhen wollen. Bei einem
50 % Grundfreibetrag von 8.500 Euro
Tarifverlauf
ver.di bleiben für Alleinstehende rund
40 %
11.600 Euro brutto im Jahr steuer-
Grenzsteuersätze
Belastung für frei.
Tarifverlauf Hochverdiener/-innen
!
2008
30 %
D
ie tatsächliche Besteue
rung liegt immer deutlich
20 % unter dem Höchststeuer
Entlastung vor allem für
satz und nähert sich diesem
Normalverdiener/-innen erst bei sehr hohen Ein
10 % kommen an.
0%
0 20.000 40.000 60.000 80.000 100.000 120.000 140.000
zu versteuerndes Einkommen
Beim Konzept Steuergerechtigkeit liegen die Steuersätze im unteren Einkommensbereich niedriger
als heute, bei den Großverdienern jedoch darüber. Damit werden Normalverdienende (gelb) ent- und
Großverdiener (rot) belastet.
K O N Z E P T S T E U E R G E R E C H T I G K E I T
7. Die Steuerbelastung steigt ab Tarifverlauf der Einkommensteuer: sachten Steuerausfälle jedoch nur 5
dem 8.501sten Euro für jeden wei- Oberhalb der zwei Millionen Euro- zu einem Teil gegenfinanzieren.
teren Euro geradlinig – also ohne Grenze soll jeder weitere Euro mit Denn im unteren Einkommens
„Knick“ – auf den Höchststeuersatz 80 Prozent besteuert werden. bereich befinden sich wesentlich
von 50 Prozent ab einem Einkom- mehr Menschen als im oberen.
men von 60.000 Euro an. Ab dem Es bleiben Steuerausfälle Deshalb bleiben trotz zum Teil deut
60.000sten Euro wird jeder weitere Durch diese Reform des Einkom licher Steuererhöhung im oberen
Euro konstant mit 50 Prozent be - mensteuertarifs werden Beschäf- Bereich Steuerausfälle in Höhe von
steuert. Das sind immer noch sechs tigte mit einem zu versteuernden elf Milliarden Euro. Diese Mehraus-
Prozentpunkte weniger als zuletzt Einkommen unter 66.800 Euro gaben durch den geänderten Tarif-
im Jahr 1989 zu zahlen waren. steuerlich entlastet, während ober- verlauf werden jedoch durch wei-
Bei einem zu versteuernden Jahres halb von 66.800 Euro mehr Steuern tere Reformen bei der Lohn- und
einkommen von 60.000 Euro liegt gezahlt werden müssen. Einkommensteuer – wie im Folgen-
dann die Steuerbelastung im ver.di- Durch die Höchststeuersätze von den dargestellt – vollständig
Tarif insgesamt – also beim Durch- 50 Prozent, 53 Prozent und 80 Pro gegenfinanziert.
schnittssteuersatz – bei 27,9 Pro zent für sehr hohe Einkommen
zent. l
assen sich die durch die Tarifsen- ver.di fordert:
kungen im unteren Bereich verur -
Reichensteuer Der Höchststeuersatz soll
Für besonders hohe private w
ieder auf 50 Prozent ange
hoben werden.
inkommen sind zwei weitere Stu-
E
fen vorgesehen: Wir greifen den Gering- und Normalverdiener
Vorschlag der SPD auf und setzen müssen dagegen entlastet
den Beginn der „Reichensteuer“ w
erden.
ebenfalls auf 125.000 Euro fest.
Ab diesem Einkommen wird für
jeden weiteren verdienten Euro
eine Steuer von 53 Prozent fällig.
Der Satz liegt damit wie beim SPD- Entlastung unten – Belastung oben
Konzept drei Prozentpunkte über Konzept Steuergerechtigkeit im Vergleich zum Tarif 2008
dem normalen Höchststeuersatz,
der nach der ver.di-Forderung bei
50 Prozent liegt. 38.402 �
!
Steuerliche Be- und Entlastung
M
illionengehälter sind
kein Ausdruck besonderer
Leis ung, sondern Resultat
t
von Macht. Hohe Steuern
bis 66.800 Euro wird entlastet ab 66.800 Euro wird belastet
sind hier ein notwendiges
Korrektiv.
Beschäftigte mit einem durchschnitt- 12.902 �
lichen Einkommen müssen im Jahr
In den letzten Jahren ist immer gut 1.000 Euro weniger Steuern zahlen
wieder der Skandal von extremen
2.652 �
Managergehältern diskutiert wor- 252 � 1.052 �
den. Geht man davon aus, dass –675 � – 548 �
–1.011 � –1.126 � –1.019 �
das Erwerbseinkommen Resultat
20.000 30.000 40.000 50.000 60.000 70.000 80.000 100.000 200.000 500.000
eigener, geleisteter Arbeit sein soll,
zu versteuerndes Einkommen
so sind Millionengehälter in keiner
Weise zu rechtfertigen. Deshalb Im Konzept Steuergerechtigkeit werden zu versteuernde Einkommen bis 66.800 Euro pro Jahr
fordert ver.di eine weitere Stufe im im Vergleich zu heute entlastet. Darüberliegende Einkommen werden belastet – je höher, desto mehr.
K O N Z E P T S T E U E R G E R E C H T I G K E I T
8. Mehr brutto für mehr netto!
Mehr brutto für mehr netto!
„L
!
6 ohnerhöhung lohnt sich nicht,
H
öhere Steuern für Mit „kalter Progression“ ist eine
die kalte Progression frisst höhere Einkommen ist ein schleichende Steuererhöhung
alles wieder auf.“ Mit solchen Aus- wesentliches Prinzip eines gemeint: Wenn eine Lohnerhö
sagen schrecken selbst ernannte gerechten Steuersystems. hung durch steigende Preise auf
Steuerexperten immer wieder die gefressen wird, rutschen die
Öffentlichkeit. Durch die Presse Beschäftigten dennoch auf der
geistern Milliardensummen, die der Mit „kalter Progression“ Steuerkurve nach oben. Durch die
Staat den Steuerzahlern angeblich gegen gerechte Besteuerung höheren Steuern können sie sich
zusätzich aus der Tasche zieht.
l Mit dem Hinweis auf die „kalte im Ergebnis sogar weniger leisten
Deshalb müssten dringend die Progression“ versuchen diejenigen als vorher.
für Steuersenkungen zu trommeln, Durch die Steuerreformen der Ver
Steuern gesenkt werden. „Weniger
denen die höhere Besteuerung von gangenheit, von denen zwar vor
Steuern für mehr netto“, so die allem Reiche und Besserverdienen
populistische Forderung. Reichen und Besserverdienenden
de profitiert haben, wurde der
Das Wesen einer gerechten schon immer ein Dorn im Auge ist. Effekt der „kalten Progression“
Besteuerung ist jedoch der anstei- „Mehr Gehalt – aber weniger Geld aber aufgehoben. Steuerliche Mehr
gende Tarifverlauf: Wer mehr in der Tasche“, heißt es ebenso belastungen für Gering- und Nor
erdient, soll einen höheren Ein-
v reißerisch wie falsch. Denn natür- malverdiener sind ausgeblieben.
kommensanteil an Steuern zahlen. lich bleibt nach einer Lohnerhö-
!
Dieses Prinzip gilt auch für Lohn hung immer mehr Geld im Port
erhöhungen. Für jeden zusätzlichen monee. Das wirkliche Problem ist M
it dem Hinweis auf die
nicht die „kalte Progression“, „kalte Progression“ wollen
Euro Lohn zahlt man einen etwas
s
ondern sind die zu geringen Lohn- Lobbyisten weitere Steuer
höheren Steuersatz. senkungen erreichen –
steigerungen der vergangenen
von denen dann vor allem
Jahre. die Reichen profitieren.
Kalt erwischt
Mehr Brutto für Unternehmer und Reiche Eine Verkäuferin mit 1.500 Euro
Reale Löhne sowie Gewinne und Vermögenseinkommen brutto im Monat zahlt 2008
132 Euro Steuern und Soli. Eine
953 Mrd. �
Brutto 920 Mrd. � Lohnerhöhung von zwei Prozent
bedeutet für sie brutto 30 Euro
mehr. Davon zahlt sie etwa neun
Lohnsteuern
338 Mrd. � und 321 Mrd. �
Euro an zusätzlichen Steuern und
Sozialbeiträge 670 Mrd. � Soli. Bitter ist das für sie dann, wenn
Brutto
die Lohnerhöhung gerade einmal
513 Mrd. � die Preissteigerung ausgleicht.
Dann greift die höhere Steuer
Private belastung als „kalte Progression“,
Gewinne und und die Verkäuferin kann sich
615 Mrd. � Vermögens-
Nettolöhne 599 Mrd. � wegen der höheren Steuer in der
einkommen
und -gehälter
Tat weniger kaufen.
2000 2007 2000 2007
Beschäftigte haben 2007 netto 16 Milliarden Euro weniger als im Jahr 2000. Das liegt aber nicht an
den Abzügen von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen, die sogar 17 Milliarden Euro niedriger sind.
Es liegt am Rückgang beim Brutto von über 30 Milliarden Euro. Unternehmer und Reiche dagegen
haben fast 160 Milliarden Euro mehr.
Quelle: Statistisches Bundesamt, Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen, eigene Berechnungen, in Preisen von 2005
K O N Z E P T S T E U E R G E R E C H T I G K E I T
9. ! !
Pro Stunde sind die Einkommen 7
N
icht die „kalte Progres D
ie Behauptung, die
sion“ ist das Problem, seither um knapp zwei Prozent „kalte Progression“ habe
s
ondern die zu geringen jährlich gestiegen – das ergibt ein alle Gehaltszuwächse
Lohnsteigerungen. heutiges Jahresbrutto von rund a
ufgefressen, ist falsch.
35.000 Euro. Darauf müssen
6.620 Euro Steuern und Soli bezahlt
Um diesen Effekt zu vermeiden, Konzept Steuergerechtigkeit
werden, macht netto 28.380 Euro.
muss von Zeit zu Zeit der Einkom- entlastet besonders unten
Vom Plus beim Brutto in Höhe von
mensteuertarif angepasst werden. Die von ver.di vorgeschlagenen
5.000 Euro bleiben netto also
Dies ist im Rahmen von Steuer Tarifänderungen entlasten vor allem
4.820 Euro übrig.
reformen auch immer wieder diejenigen, die unter den Preis
Bei verheirateten Durchschnitts-
geschehen. Von den Steuerentlas- steigerungen und den niedrigen
verdienenden sieht es noch besser
tungen haben zwar besonders die Lohnzuwächsen der vergangenen
aus: Betrugen Steuern und Soli auf
Reichen und Besserverdienenden Jahre besonders gelitten haben.
ein Einkommen von 30.000 Euro
profitiert. Wer zum Beispiel Sie spüren die Erhöhung des Grund
im Jahr 1998 noch 3.200 Euro, müs
500.000 Euro pro Jahr an Einkom- freibetrags und die Steuersenkung
sen heute auf 35.000 Euro sogar
men bezieht, zahlt heute fast im unteren Einkommensbereich
weniger Steuern gezahlt werden –
50.000 Euro weniger Steuern als am deutlichsten. Die Verkäuferin
nur noch 3.090 Euro.
1998. mit 1.500 Euro brutto zahlt nach
Aber auch im unteren Einkom- dem ver.di-Konzept fast 40 Euro
mensbereich kam es zu Entlas weniger Steuern im Monat als
tungen. So wurde über mehrere heute. Die Wirkung der „kalten
tufen die Summe erhöht, die ganz
S Progression“ ist somit auch mit
von der Steuer ausgenommen ist, Blick in die Zukunft auf Jahre hin
der sogenannte Grundfreibetrag. ausgeglichen.
1998 waren lediglich 6.322 Euro
steuerfrei. Der dann auf den ersten
weiteren Euro zu zahlende Steuer-
satz – der sogenannte Eingang-
steuersatz – betrug 25,9 Prozent.
Heute liegt der Grundfreibetrag bei
7.664 Euro, der Eingangssteuersatz
bei nur noch 15 Prozent.
Von diesen Steuerreformen hat-
ten Beschäftigte mit Durchschnitts-
einkommen zumindest so viel, dass
die „kalte Progression“ der vergan-
genen Jahre in etwa ausgeglichen
wurde.
Fakten gegen Propaganda
1998 zahlten Vollzeitbeschäf-
tigte mit einem Durchschnittsver-
dienst von 30.000 Euro brutto im
Jahr 6.440 Euro Steuern und Soli.
Netto blieben somit 23.560 Euro.
K O N Z E P T S T E U E R G E R E C H T I G K E I T
10. Familien fördern –
Reform des Ehegattensplittings
Familien fördern –
Reform des Ehegattensplittings
8
F ür das Ehegattensplitting – das
angeblich Ehe und Familie för-
dern soll – gibt der Staat 20 Milli-
Nach dem ver.di-Konzept soll
der Grundfreibetrag von 8.500 Euro,
der jedem zusteht – zusammen
Abschaffung des Ehegattensplit-
tings nicht zusätzlich belastet wer-
den. Erst oberhalb von 48.500 Euro
arden Euro im Jahr aus. Das Split- also 17.000 Euro –, je nach Ein- müssen mehr Steuern gezahlt wer-
ting fördert aber nicht Familien, kommen flexibel verteilt werden den. Diese Grenze gilt auch dann,
sondern Ehen mit ungleich verteil- können. Verdient nur eine oder wenn beide verdienen.
ten Einkommen. Der Steuervorteil einer, kann er oder sie den nicht
ist am größten, wenn nur einer genutzten Grundfreibetrag von Ehegattensplitting –
verdient – meistens der Mann. Im 8.500 Euro dem berufstätigen so funktioniert’s:
Jahr 2008 konnten so Hochverdie- Partner übertragen. Dieser muss Das gesamte zu versteuernde Ein
ner bis zu 15.414 Euro Steuern dann sein Einkommen erst ab kommen von Mann und Frau wird
sparen. 17.000 Euro versteuern. zusammengezählt und für die
Dies führt zusammen mit unse- Steuer wird unterstellt, dass beide
!
rer Reform des Steuertarifs dazu, gleich viel verdienen.
D
as Ehegattensplitting Hat zum Beispiel nur einer der
kostet den Staat jährlich dass Alleinverdienerehen bei Ein-
b
eiden Ehegatten ein Einkommen
20 Milliarden Euro. kommen bis 48.500 Euro trotz
von 100.000 Euro zu versteuern,
werden beide so behandelt, als ob
sie jeweils 50.000 Euro zu ver
steuern hätten. Wegen der Steuer
progression müssen für zwei
mal 50.000 Euro weniger Steuern
gezahlt werden als für einmal
100.000 Euro.
Verdienen beide tatsächlich
jeweils 50.000 Euro, ist der Steuer
spar ffekt gleich null.
e
Gute Arbeit, gutes Leben
Dieser Reformschritt ist ein
gebettet in weitere wichtige Ver-
änderungen: Die Kinderbetreuung
wird erheblich ausgebaut. Durch
das von ver.di geforderte Zukunfts
investitionsprogramm im Umfang
von 50 Milliarden Euro pro Jahr
würden außerdem eine Million
zusätzliche Arbeitsplätze geschaf-
fen. Damit wird es Eltern erleich-
tert, ihren Wunsch nach Berufs
tätigkeit zu erfüllen.
!
D
ie Rahmenbedingungen
müssen stimmen: Wer
arbeiten will, muss auch
arbeiten können.
K O N Z E P T S T E U E R G E R E C H T I G K E I T
11. Reform der
Entfernungspauschale
Von der Umstellung ausge
nommen bleiben die heute bereits
über 50-Jährigen. Meist haben sie
A nfang 2007 wurde den
Be chäftigten die Entfernungs
s
pauschale gekürzt. Fortan waren
In der bis Ende 2006 gültigen
Regelung reduzierte die Pendler-
pauschale lediglich das zu versteu-
9
bereits Kinder erzogen. Sie haben Fahrtkosten zum Arbeitsplatz erst ernde Einkommen. Hiervon profi-
nichts mehr von Verbesserungen ab dem 20. Entfernungskilometer tieren besonders Steuerpflichtige
bei der Kinderbetreuung. Außerdem absetzbar. ver.di hat die willkür mit hohem Einkommen, da auf das
ist es besonders für ältere Frauen, liche Streichung der ersten 20 Kilo- durch die Pendlerpauschale redu-
die sich Jahrzehnte nur der Familie meter von Anfang an kritisiert. Zu zierte Einkommen am oberen Ende
gewidmet haben, schwierig wieder Recht: Ende 2008 hat das Bundes- sonst ein vergleichsweise hoher
einen neuen Job zu finden. Zusätz- verfassungsgericht die gekürzte Steuersatz fällig geworden wäre.
lich wollen wir, dass auch in nicht Pendlerpauschale als verfassungs-
ehelichen Lebensgemeinschaften widrig erklärt. ver.di fordert:
der Grundfreibetrag übertragen
!
werden kann, wenn Unterhalts Statt einfach zur alten Rege
F
ahrten zum Arbeitsplatz lung zurückzukehren muss die
verpflichtungen zur Kürzung von sind notwendige Aufwen bisherige Entfernungspauschale
Sozialleistungen führen. dungen, die vollständig in eine Pendlerzulage von
Aufgrund der sozialen Abfede- steuerlich berücksichtigt 8,5 Cent je Entfernungskilometer
rung bringt diese Form der Strei- werden müssen. umgewandelt werden.
chung des Ehegattensplittings
keine Entlastung der Staatsfinanzen Damit erhält jeder Steuerpflich
Die Bundesregierung hatte tige unabhängig vom Einkom
in Höhe von 20 Milliarden Euro. argumentiert, die Arbeit beginne men den gleichen Betrag je
Aber es bleibt ein Effekt zusätz erst am Werkstor. Der Weg dorthin Kilometer vom Staat erstattet.
licher Steuereinnahmen von sei Privatvergnügen, das nicht
zu ächst rund sechs Milliarden
n s
teuerlich berücksichtigt werden
Euro. Aufgrund des langfristigen müsse. Eine abenteuerliche Begrün Die von ver.di geforderte
Auslaufens der Regelung für über dung. Insbesondere weil sonst Berücksichtigung der Wegekosten
50-Jährige wird sich dieser Betrag gebetsmühlenartig die Notwendig- vom ersten Kilometer an und die
jedoch nach und nach erhöhen. keit einer hohen Mobilität der parallele Umwandlung in eine
Beschäftigten beschworen wird. k
ilometerabhängige Entfernungs-
ver.di fordert: zulage würden den Staat mit
gut drei Milliarden Euro belasten.
Das bisherige Ehegattensplit Das ist nur knapp eine Milliarde
ting muss abgeschafft werden. Euro mehr als die Rückkehr zur
Jede und jeder Beschäftigte soll alten Regelung kostet.
im Prinzip einzeln besteuert
werden. Soziale Flankierungen
vermeiden Härten.
Einsparun en müssen vor
g
allem für eine bessere Kinder
betreuung genutzt werden.
K O N Z E P T S T E U E R G E R E C H T I G K E I T
12. Zahlen die Reichen zu viel?
Zahlen die Reichen zu viel ?
Z
!
10 ahlen die Reichen nicht ohnehin zahlen so über ihren Verbrauch noch
G
erechte Einkommen teuer
s
schon zu viel Steuern? Hört man heißt: Breite Schultern einmal Steuern auf ihr komplettes
immer wieder! Richtig ist: Zehn m
üssen auch mehr tragen. Nettoeinkommen. Nicht so Besser-
Prozent der Steuerpflichtigen zah- verdienende und Reiche. Sie geben
len etwas mehr als die Hälfte der nur einen Teil ihres Einkommens
Lohn- und Einkommensteuer. Dies aus und sparen den Rest.
Der Blick allein auf die Ein
liegt aber vor allem daran, dass
kommensteuer gibt ohnehin ein
knapp 30 Prozent der 35 Millionen An der Steuer vorbei…
schiefes Bild. Über die Hälfte des
Steuerpflichtigen weniger als Viele Einkommen tauchen zu -
Steueraufkommens kommt aus
10.000 Euro im Jahr zu versteuern dem gar nicht bei der Steuer auf.
Steuern, bei denen die unteren
haben. Deshalb zahlen sie fast Gerade Unternehmer und Frei
Einkommenschichten sogar stärker
keine Steuern. Die „oberen zehn berufler haben erhebliche Möglich-
belastet sind. Von der Umsatzsteuer
Prozent“ verfügen dagegen über keiten, die Steuern kleinzurechnen.
über die Energie- und Stromsteuer
35 Prozent des Einkommens aller Mehr als ein Viertel aller Steuer-
bis hin zur Tabaksteuer. Beschäf-
Steuerzahler. 110.000 Euro pro pflichtigen mit Einkünften aus
tigte mit niedrigen Einkommen
Jahr sind das im Durchschnitt. Und Gewerbebetrieb geben sogar Ver-
darauf müssen eben höhere Steu- luste an.
ern gezahlt werden – im Durch- In vielen Fällen stehen diese
schnitt 30 Prozent. Netto bleiben Verluste aber nur auf dem Papier.
immer noch 77.000 Euro im Jahr So werden Abschreibungen –
übrig – mehr als genug. also Wertverluste – von Immobilien,
Maschinen und anderen Gegen-
ständen abgezogen, auch wenn
deren Wert kaum oder gar nicht
gesunken, vielleicht sogar erheb-
lich gestiegen ist. So entstehen
unversteuerte „stille Reserven“.
Auch Aufwendungen der privaten
Wer finanziert den Staat? Lebensführung werden als steuer-
Anteil der Steuerarten am Gesamtsteueraufkommen 2008 mindernde Betriebsausgaben
a
bgezogen, von Einrichtungsgegen
Gewerbesteuer 7,5 % ständen bis zu Bewirtungskosten.
Lohnsteuer
25,2 % ver.di fordert:
Kapitalertrag- und
Zinssteuer 5,1 % Steuern auf
Gewinne und Möglichkeiten, die Steuern
Kapital- kleinzurechnen, sind massiv
einkommen
veranlagte 21,5 % einzuschränken und Steuer
Einkommensteuer 5,8 % erklärungen sind verstärkt zu
Umsatzsteuer
31,3 % kontrollieren.
Körperschaftsteuer 3,1%
Sonstige (Gewinnsteuer der AGs und GmbHs)
Steuern
12,6 % Im Bereich der Einkommen-
steuer rechnen wir mit Mehrein-
nahmen durch eine realistischere
Gewinnermittlung in der Größen-
Energiesteuer 7,0 %
Tabaksteuer 2,4 %
ordnung von vier Milliarden Euro
jährlich.
Den überwiegenden Anteil an der Finanzierung des Staates tragen die Beschäftigten und die
Verbraucherinnen und Verbraucher. Auf Kapitaleinkommen und Gewinne entfallen nur ein Fünftel
der Steuern.
Quelle: Steuerschätzung November 2008
K O N Z E P T S T E U E R G E R E C H T I G K E I T
13. Kapitalerträge realistisch Der Finanzminister rechnet trotz bei vermieteten Immobilien zur 11
b
esteuern besserer Erfassung deshalb mit Steuersenkung eingesetzt. Die pri-
Den reichsten zehn Prozent Steuerausfällen in Höhe von 1,3 Mil vat genutzte Immobilie wird hinge-
gehören knapp 60 Prozent des liarden Euro. gen mit dem gesamten verfügba-
gesamten Vermögens. Sie beziehen Statt Mindereinnahmen in Höhe ren Eigenkapital finanziert, häufig
jedes Jahr Vermögenseinkünfte von 1,3 Milliarden Euro in Folge der ist sie schuldenfrei.
von rund 100 Milliarden Euro. Doch Abgeltungsteuer ist im ver.di-Kon-
nur ein Bruchteil taucht in Steuer- zept mit Mehreinnahmen in Höhe ver.di fordert:
erklärungen auf. 2003 gerade ein- von zwei Milliarden Euro zu rechnen.
mal 17 Milliarden Euro. Das „Bank- Die Anrechnung von Verlusten
geheimnis“ schützt letztlich Steuer
- Schlupfloch Vermietung im Rahmen von Vermietungen
ist zu begrenzen.
hinterzieher und die Interessen der Clevere Steuerberater haben bei
Banken, die mit ihnen Geschäfte Einkünften aus „Vermietung und Abschreibungsmöglichkeiten
machen. Verpachtung“ ein weites Spielfeld. sind ein udämmen. Von der
z
Großzügige Abschreibungsmög- generellen Abschreibung von
!
lichkeiten von Baukosten, Baumaß- zwei Prozent sollte nicht abge
D
ie Entlastung von Kapital wichen werden.
einkünften durch die nahmen in Sanierungsgebieten
Abgeltungsteuer passt und an Baudenkmälern sind hier
nicht in eine Zeit mit einer der Hebel. Auch hohe Schuldzinsen Steuermehreinnahmen sind hier
immer skandalöseren Reich werden als „Vermietungsverlust“ schwer zu quantifizieren. Experten
tumskonzentration. gehen von Mehrerträgen von bis
zu sieben Milliarden Euro aus.
Seit 2009 gibt es die Abgeltung Wir haben in unserer Rechnung aus
steuer auf Kapitalerträge. Diese Vorsichtsgründen keinen Mehr
s
ollen so vollständiger erfasst und ertrag eingestellt.
besteuert werden. Doch der Steuer
satz beträgt nur noch 25 Prozent
zuzüglich Solidaritätszuschlag und
gegebenenfalls Kirchensteuer,
zusammen höchstens 28 Prozent.
Für Reiche bedeutet das eine mas-
sive Steuersenkung, denn ihr Höchst
steuersatz liegt heute bei 42 bzw.
inklusive Soli 45 Prozent.
ver.di fordert:
Banken müssen verpflichtet
werden, regelmäßig vollstän
dige Mitteilungen über die
Kapitaleinkünfte ihrer Kundin
nen und Kunden an die zustän
digen Finanzämter zu senden.
Kapitaleinkünfte müssen wie
Arbeitseinkünfte progressiv be-
steuert werden. Gleiches gilt auch
für Veräußerungsgewinne aus
Wertpapieren – unabhängig von
der Haltedauer. Der Sparerfrei
betrag soll beibehalten werden.
K O N Z E P T S T E U E R G E R E C H T I G K E I T
14. Vermögen gerecht besteuern
Vermögen gerecht besteuern
K
!
12 aum ein Land verschont Reiche Vermögensteuer entspricht
D
ie Besteuerung von Ver
und Vermögende bei der Be - mögen bringt in Deutsch der Verfassung
steuerung so sehr wie Deutschland. land weniger als halb so Die Vermögensteuer wurde in
Nach einer Studie der Organisation viel wie der Durchschnitt Deutschland bis 1997 erhoben.
für wirtschaftliche Zusammenarbeit der anderen Länder. Ein Urteil des Bundesverfassungs-
und Entwicklung – OECD – erzielen gerichts hatte nicht die Vermögen-
außer Österreich nur Mexiko, Tsche steuer selbst, sondern lediglich die
Vermögensteuer und Reform
chien und die Slowakei weniger Art ihrer Erhebung für rechtswidrig
der Erbschaftsteuer bringen nach
Einnahmen aus diesen Steuerarten. erklärt. Immobilien und Grund e
b
dem ver.di-Konzept zusammen zu -
Zu diesen Steuern gehören die sitz waren gegenüber Geldvermö-
sätzliche Einnahmen von 26 Milli-
Grund-, Vermögen-, Erbschaft- und gen steuerlich bevorzugt, weil sie
arden Euro pro Jahr. Eine recht
Schenkungsteuer. nicht nach ihren jeweiligen Markt-
große Zahl. Doch angesichts eines
Die Einnahmen aus den vermö- werten bewertet wurden. Der
Vermögensbestandes von weit
gensbezogenen Steuern betragen Gesetz eber hätte lediglich die
g
über fünf Billionen Euro – in Zah-
in Deutschland gerade einmal Ungleichbehandlung beseitigen
len: 5.400.000.000.000 – ist dies
0,9 Prozent des Bruttoinlands müssen. Obwohl im Koalitions
ein kleiner, aber wichtiger Beitrag
produkts. Das ist weniger als die vertrag 1998 vereinbart, ist auch
für Investitionen in unsere Zukunft,
Hälfte des OECD-Durchschnitts. Rot-Grün den Auflagen des Ver
für die Zukunft unserer Kinder.
Mit unseren Vorschlägen für eine fassungsgerichts nicht nachgekom-
gerechte Reform der Erbschaft- men. Seit dem Urteil haben sämt
steuer und der Wiedererhebung liche Bundesregierungen auf die
der Vermögensteuer würde der Erhebung einer gesetzeskonformen
Anteil etwas mehr als verdoppelt Vermögensteuer schlicht und ein-
und damit der internationale Durch fach verzichtet.
schnitt erreicht. Gegner der Vermögensteuer
behaupten immer wieder, der
bürokratische Aufwand für eine
gesetzeskonforme Bewertung von
Vermögensteuer für die Bundesländer Grund und Immobilien sei zu hoch.
Schleswig-Holstein Zur Frage der Bewertung hatte die
0,7 Mrd. � Thüringen 0,5 Mrd. � rot-grüne Regierung immerhin eine
Sachsen-Anhalt 0,5 Mrd. � Baden-Württemberg
2,7 Mrd. � Sachverständigenkommission ein-
Sachsen 1 Mrd. � gesetzt. Sie legte im Jahr 2000
Saarland 0,2 Mrd. � praktikable Vorschläge für Bewer-
Rheinland-Pfalz 0,9 Mrd. � tungsverfahren vor. Passiert ist
dennoch nichts.
Bayern 3,1 Mrd. �
20 Mrd. Fixe Idee
Euro
Nordrhein-Westfalen „
Halbteilungsgrundsatz“
4,3 Mrd. � Lange hielt sich auch die fixe
Berlin 1 Mrd. �
Idee des Professors Kirchhof über
Brandenburg 0,6 Mrd. � den sogenannten Halbteilungs-
Bremen 0,2 Mrd. �
grundsatz: Vermögen dürfe insge-
Hamburg 0,6 Mrd. � samt nur so hoch besteuert wer-
Niedersachsen 1,9 Mrd. �
Hessen 1,5 Mrd. � den, dass dem Besitzer mindestens
Mecklenburg-Vorpommern
0,4 Mrd. � die Hälfte der Einkünfte bleibt. Bis
das Verfassungsgericht auch hier
Vermögensteuer erhalten nicht nur die Orte mit den meisten Millionären. Sie ist eine Steuer der Bundes-
ein Machtwort sprach und diesen
länder, die sich ungefähr nach dem Anteil der Gesamtbevölkerung verteilt. Deshalb haben auch ärmere
Länder etwas davon. Die Länder geben einen Teil an die Gemeinden weiter. „Grundsatz“ zurückwies.
Quelle: Bundesministerium der Finanzen, eigene Berechnung
K O N Z E P T S T E U E R G E R E C H T I G K E I T
15. Normales Familienvermögen Seither ist das Vermögen nicht Das Geldvermögen der privaten 13
nicht betroffen nur weiter angewachsen. Auch Haushalte ist nach Angaben der
ver.di fordert die Wiederer die Verteilung hat sich – wie die Bundesbank zwischen 2000 und
hebung einer reformierten Vermö- Armuts- und Reichtumsberichte 2007 um 30 Prozent angestiegen.
gensteuer. Ausreichend hohe Frei- der Bundesregierung zeigen – Abzüglich aller Schulden sogar um
beträge sollen garantieren, dass eiter auseinanderentwickelt.
w 50 Prozent. Insgesamt gehen wir
normales Familienvermögen nicht Denn das Vermögen konzentriert anhand der Datenlage davon aus,
betroffen ist. Auch wenn Grund sich immer stärker bei denjenigen, dass die Vermögensteuer heute
und Immobilien zu ihrem tatsäch die vermögensteuerpflichtig sind. mindestens 20 Milliarden Euro ein-
lichen Wert bewertet werden. Kon- bringen würde.
!
kret schlägt ver.di einen Freibetrag G
erade einmal ein halbes
von 500.000 Euro für eine vierköp- Prozent der erwachsenen ver.di fordert:
fige Familie oder ein Rentnerpaar Bevölkerung verfügt über
vor. Alle Vermögen, die unter dem ein Viertel des gesamten Die Wiedererhebung der Ver
Freibetrag liegen, sind vermögen- Geldvermögens. mögensteuer mit einem Steuer
satz von einem Prozent.
steuerfrei. Bei höheren Vermögen
ist nur der über dem Freibetrag Ein Freibetrag von 500.000 Euro
Eine aktuellere Studie des DIW
l
iegende Anteil steuerpflichtig.* soll sicher stellen, dass normale *
Vgl. ver.di-Bundesvor-
zeigt: Rund zwei Drittel der Bevölke Familienvermögen nicht betrof stand (Hrsg.): Vermögen-
rung in Deutschland hat kein oder steuer, Erbschaftsteuer.
!
fen sind. Millionen zahlen Steuern –
A
ls Grundsatz muss gelten: nur ein sehr geringes Vermögen. Millionäre sollen es auch,
Normale Familienvermögen Berlin 2003. Darin sind
Umgekehrt besaßen die oberen konkrete Rechenbeispiele
bleiben steuerfrei. ver.di zehn Prozent fast 60 Prozent des enthalten, wer Vermö-
will nicht, dass eine Familie Vermögens. Für die Vermögen-
gensteuer zahlen muss.
Vermögensteuern zahlt, steuer kommt nur diese Gruppe
nur weil sie im eigenen
der oberen zehn Prozent in Frage,
Haus wohnt.
und darunter nur Familien, deren
Vermögen den Freibetrag über-
Millionen zahlen Steuern – steigt.
M
illionäre sollen es auch
Das Deutsche Institut für
W
irtschaftsforschung (DIW) hatte
bereits im Jahr 2002 berechnet,
wie viel Einnahmen mit der refor-
mierten Vermögensteuer erzielt
werden können. Ein Steuersatz von
einem Prozent ergab schon damals
ein Aufkommen von 16 Milliarden
Euro.
K O N Z E P T S T E U E R G E R E C H T I G K E I T