Die Grünlandverbesserung soll ertragsschwache Futterwiesen durch Einsaat, Nachsaat oder Übersaat verbessern. Die Grünlandbauern brauchen für gute Tierleistungen ertragreiche und hochwertige Futterwiesen mit dichten Grasbeständen. Vielen Futterwiesen fehlen für gute Milchleistungen heute megajoulereiche Futtergräser. Energiearmes Wiesenfutter verteuert die Futterkosten weil es den teureren Kraftfuttereinsatz verursacht. Der Energiegehalt von Wiesenfutter vermindert sich durch die Vielfalt an Ungräsern, Unkräutern sowie durch eine überständige Futterernte. Viehbauern, die hochwertige Futtergräser am Futtertisch haben wollen, sollten gute Wiesenfutterpflanzen schon mit einem diagnostischen Blick am Feld erkennen um sie nachhaltig durch Einsaaten zu forcieren. Dazu biete ich meinen bekannten „Gräserführerschein“ für Vorträge und Wiesenexkursionen an.
2018b HUMER Wasserkreuzkraut in Futterwiesen. Erfahrungen aus der Beratungsp...
J HUMER, Grünlanderneuerung – erfolgreich oder erfolglos? 2015 PDF.
1. J HUMER, Grünlanderneuerung - erfolgreich oder erfolglos? 03. März 2015 Seite 1/10
Futterwiesenexperte mit
30jähriger Landwirtschaftskammer
Erfahrung und Beratung
3 März 2015, Wien
Fachbeitrag für bessere Futterwiesen
Grünlanderneuerung – erfolgreich oder erfolglos?
Autor: Dipl.-Ing. Johann HUMER
Die Grünlanderneuerung soll ausgedünnte, verunkrautete Futterwiesen mit abgesunkenen Erträgen
durch Einsaat, Nachsaat oder Übersaat von Zuchtgräsern und Kleearten wieder in volle Leistung
bringen. Die Grünlandbauern brauchen für gute Tierleistungen ertragreiche und hochwertige
Futterwiesen mit dichten Grasbeständen. Vielen Futterwiesen fehlen heute für gute Milchleistungen
megajoulereiche Futtergräser. Energiearmes Wiesenfutter verteuert die Futterkosten weil es den
teureren Kraftfuttereinsatz verursacht. Der Energiegehalt von Wiesenfutter vermindert sich durch die
Vielfalt an Ungräsern, Unkräutern sowie durch eine überständige Futterernte. Viehbauern, die
hochwertige Futtergräser am Futtertisch haben wollen, sollten die guten Wiesenfutterpflanzen schon
mit einem diagnostischen Blick am Feld erkennen um sie nachhaltig durch Einsaaten zu forcieren. Dazu
biete ich meinen bekannten „Gräserführerschein“ für Vorträge und Wiesenexkursionen an.
In ertragsschwachen Wiesen mit hoher Artenvielfalt dominieren meist energiearme
Wiesenfutterpflanzen. Häufige ertragsmindernde Ungräser sind in Österreich: Gemeine Rispe, Wolliges
Honiggras, Flechtstraußgras, Weiche Trespe und Rasenschmiele. Auch Wiesen mit viel Ampfer,
Hahnenfußarten, Doldenblütlern, Lückenfüllern wie Löwenzahn oder Giftpflanzen sind für das Vieh
leistungshemmend. Die seit Jahren auffällig zunehmenden tödlichen Giftpflanzen in Futterwiesen und
die gleichzeitige Abnahme guter Futtergräser sind zumeist Indikatoren für jahrelangen Stillstand in
sachgerechter Düngung und das Fehlen eines regelmäßigen Samennachschubes hochwertiger
Futtergräser.
Viele Wiesen liefern nur mehr Bruchteile ihrer natürlichen Ertragsfähigkeit durch den laufenden
Schwund guter Futtergräser und die Zunahme von Unkräutern ohne Futterwert. Neu angelegte
Futterwiesen bringen Trockenmasseerträge um 12 t TM /ha. Ohne guter Futtergräser sinkt der
Viehfuttertrag langfristig auf etwa 6 t TM /ha – infolge der Ausbreitung und Vielfalt ertragsschwacher
und minderwertiger Wiesenpflanzen. So wie im Stall nur bestes Zuchtvieh beste Leistungen bringen
kann, führen nur junge Zuchtgräser in der Futterwiese zu Spitze in Ertrag und Qualität.
Ursachen des Rückganges guter Futtergräser
Die Hauptursache für minderwertiges Wiesenfutter ist die Abnahme oder das Verschwinden der guten
Massengräser wie Knaulgras, Englisches Raygras und Glatthafer. Der immer frühere und häufigere
Silageschnitt im Mai für hohe Megajoulewerte im Futter verbraucht die Lebenskraft der Gräser immer
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schneller. Stark betroffen sind dabei spätblühende und horstbildende Obergräser, weil ihnen die
natürliche Vermehrungsmöglichkeit genommen wird. In der Folge treten oft sehr anpassungsfähige
niedrigwüchsige, qualitätsmindernde Ungräser und Unkräuter auf. Wer bei immer früherer
Wiesenmahd im Frühjahr die Grünlanderneuerung unterlässt, muss sowie bei einseitig monotonen
Fruchtfolgen mit immer geringeren Erträgen rechnen, weil bei einer alten Graspflanze die Wurzeln
immer weniger Nährstoffe aufnehmen können. Das sieht man am viel geringeren Mineralstoffgehalt
alter Wiesen im Vergleich zu jungen Saaten sehr eindrucksvoll. Die Futteranalyse der
Mineralstoffgehalte des Grases (aber nicht der Kräuter!) degenerierter Wiesen ist eine ganz einfach
funktionierende Alarmglocke alte nährstoffarme Wiesen mit jungen Gräsern rechtzeitig aufzufrischen.
Auch Maulwürfe, Engerlinge, Schnakenlarven und mechanische Verletzungen der Narbe durch
Fahrspuren, Erntegräte und Wildschäden sind Gründe, warum Wiesen sowieso ständig ausgebessert
werden müssen.
Der Rückgang wertvoller Futtergräser und damit verbundene Ertragsabfall kann nur durch ständige
Begrünung der lückigen Grasnarben mittels Einsaat junger Zuchtgräser gestoppt werden. Nur der
regelmäßige hochwertige Saatgutnachschub führt zum Aufschwung in Richtung dichter Grasnarben
und ist der Wegweiser für bestmögliche Wiesenerträge und der natürlichste Weg zu höheren
Mineralstoffgehalten im Wiesenfutter. Der Narbenschluß mit einer dichten Grasnarbe führt gleichzeitig
zur natürlichen Unterdrückung der Unkräuter. Diese punktuelle Wiesenreparatur sollte ständig vom
Frühjahr an und nach jeder Ernte erfolgen. Solange Lückenfüller wie Löwenzahn die Lücken der
Wiesennarbe besetzen und einen gelben Blütenflor bilden, anstatt dass Futterwiesen grasgrün sind,
sind sie verbesserungsfähig.
Um dauerhaft hochwertiges Futter zu ernten, ist der regelmäßige Samennachschub von den örtlich
besten, wuchsfreudigen Futtergräsern zu fördern. Deshalb sollte man sie auch wirklich gut kennen.
Gute Futtergräser können aber nur anwachsen und hohe Leistungen bringen, wenn sie vom Unkraut
nicht bedrängt werden. Sie brauchen daher zum Aufwuchs viel Freiraum, also möglichst viel offenen
Boden als Wuchsfläche und viel Licht, sowie genug Wasser und Nährstoffe und keine parasitierenden
Schädlinge. Die Grünlandverbesserung wird erfolglos bleiben, wenn diese wichtigen
Nebenbedingungen und Voraussetzungen nicht erkannt und erfüllt werden.
Grünlanderneuerungsverfahren im Überblick
1. Wiesenneuanlage nach Umbruch
2. Wiesenneuanlage in einem Zug mit ROTOTILLER
3. Grünlanderneuerung mittels Einsaat, Nachsaat oder Übersaat
4. Selbstvermehrung durch natürlichen Samenausfall
Wiesenneuanlagen durch Umbruch
Wiesenneuanlagen bringen zuverlässig die besten Erträge und sind daher das sicherste
Wiesenanlageverfahren. Die gesäten Arten wachsen auf offenen Boden immer gut an. Die
Verunkrautung ist gering, wenn man zusätzlich eine Deckfrucht wie Hafer mit zirka 70kg/ha mitsät.
Der Umbruch im Frühsommer mit folgender Bodenbearbeitung für die Ansaat von etwa Mitte August
bis Mitte September führt zum geringsten Futterausfall. Erfolgt der Umbruch aber erst im Herbst,
kann die Ansaat erst im Frühjahr erfolgen. Beim Herbstumbruch verliert man aber den qualitativ
wertvollsten ersten Aufwuchs im Frühjahr. Die Ansaat im Frühjahr kann durchgeführt werden, wenn
der Boden gut befahrbar ist. Das ist im März bis April, wenn die ersten Gräser ergrünen. Als
Saattechnik verwendet man: Samenstreuer, Sämaschinen, Saatstriegel oder die Saat per Hand bei
Kleinflächen.
Saatgutmischungen für Wiesenneuanlagen
Für Neuanlagen von Dauerwiesen nimmt man nur Dauerwiesenmischungen des Typs A,B,C oder D
und bei Weideflächen die Dauerweidemischungen G oder H. Für Wechselwiesen die Mischungen WM
oder WR. Die Futterwiesenmischungen enthalten in Österreich 6-9 Grasarten. Diese Mischungen gibt
es in EU-Handelsqualität und in höherer ÖAG-Qualität. Die etwa 30% teurere ÖAG-Qualität verspricht
Ampferfreiheit und es werden nur in Österreich 3-6 Jahre lang geprüften und besten wüchsigen
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Zuchtsorten verwendet. Eine sehr übersichtliche Darstellung aller Standard- und ÖAG-Handels-
Saatgutmischungen finden Sie unter diesem Weblink
https://blaetterkatalog.lagerhaus.at/Lagerhaus/Feld-Forst-Wein/Fachblatt-fuer-Gruenland-
2014/blaetterkatalog/
Düngeempfehlungen für Wiesenneuanlagen
Zur Einhaltung der Richtlinien für die sachgerechte Düngung SGD6 empfehle ich den LK-Düngerechner
– ebenso eine Bodenuntersuchung auf pH, Phosphor und Kali vor der Anlage. Sie kostet grob nur
einen EURO je Jahr und Hektar und ist zweifellos die kostengünstigste Information zum optimalen
Nährstoffbedarf. Häufig liegt der Düngebedarf pro Jahr für viele 3- und 4- Schnittwiesen je ha
insgesamt bei: 100 kg N, 70 kg P2O5 und 200 kg K2O. Die beste Stickstoffverwertung erreicht man
mit der Kombination von 50% Wirtschaftsdünger-N und 50 % Mineraldünger-N. Diammonphosphat,
DAP stellt sich inzwischen in vielen Fällen als optimaler Mineraldünger für Wiesen heraus. Er fördert
zusätzlich auch den Wuchs und die Dichte der Grasnarbe deutlich. 100 kg DAP/ha enthalten 21kg N
und 48kg P2O5.
Neuanlage in einem Zug mit dem Rototiller
Der Rototiller ist ein Saat- und Bodenbearbeitungsgerät. Seine seicht rotierend arbeitenden Keilzinken
zerkleinern die alte Wiesennarbe und bringen sie sauber in die oberste Bodentiefe ein. Das Saatgut
wird in den offenen Boden oberflächennahe in der obersten Bodenschicht abgelegt. Der noch frisch
bodenfeuchte und offene Boden bietet gute Aufgangsbedingungen und hat keine Licht- und
Wasserkonkurrenz durch die großteils eingearbeitete Altnarbe. Die Keilzinken arbeiten auch auf
steinigen Böden gut, da nicht tief bearbeitet wird. Der größte Vorteil ist, dass Bodenbearbeitung und
Saat in einem Zug erledigbar ist. Die Wiesennarbe soll vorher möglichst kurz gemäht werden, damit
die Pflanzenreste und Wurzelstöcke gut in den Boden eingearbeitet werden. Die Nachteile der
Rototillersaat sind, dass bei einem Stopp während der Saat das Gerät angehoben werden muss, da
sonst Fräsmulden und Erdhaufen entstehen. Wenn der Altbestand viele Unkräuter hatte, können sie
teils auch wieder durchwachsen.
Rototiller mit Frontanbau, der Mittelweg zwischen Umbruch und Einsaat. Foto: HUMER
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Dauergrünlanderneuerung mittels Einsaat, Nachsaat oder Übersaat
Sie erfolgt umbruchslos mittels Schlitzsaat, Striegel oder Eggen. Einsaat, Nachsaat, Übersaat oder
Durchsaat bedeutet dass man Wiesensaatgut in eine bestehende Wiesennarbe sät. Je nach
Bodenbedeckung und Bodendurchwurzelung durch die Konkurrenz der Altnarbe und dem möglichen
Schädlingsbesatz im Boden durch verschiedene Schadinsekten und Mikroorganismen ist mit einem
sehr verschiedenen Erfolg von Keimung und Aufkommen der jungen Saat zu rechnen.
Schlüsselpunkte bei Einsaaten
Die gute Wasserversorgung, genug offener Boden und ein schädlingsarmer Boden sind bei Einsaaten
die Schlüsselpunkte für den Erfolg. Von allen Verfahren der Grünlanderneuerung haben Einsaaten den
höchsten Wasserbedarf. Die großen Rivalen für die junge Saat sind: die Altnarbe und diverse
Schädlinge im Boden. Ihr tieferes Wurzelsystem nimmt der jungen Saat viel Wasser wie Nährstoffe
weg. Weitere Widersacher der jungen Saat sind zahlreiche im Boden lebende Schädlinge und
Wurzelparasiten, sowie allelopathische keimhemmende Wurzelexsudate der Altnarbe, die auch die
jung gesäten Keimlinge der wüchsigsten Saatgräser hemmen oder gar dezimieren.
Ertragsschub von Einsaaten
Langjährige eigene Erfahrungen in Niederösterreich zeigen, dass Grünlanderneuerungen bei nur
einmaliger Saat eher selten gelingen. Die Erfolgsrate gelungener Einsaaten liegt nach meinen
Erfahrungen in NÖ etwa bei 50 % für die einzelne Einsaat. Keine der verschiedenen Einsaat-
Sätechniken zeigen reproduzierbare, evidenzbasierte bessere Ansaaterfolge. Der Erfolg für bessere
Erträge ist bei einmaliger Einsaat am geringsten. Wenn nach 3 Jahren keine spürbare
Ertragsverbesserung eingetreten ist, muß man davon ausgehen, dass die Einsaat erfolglos war. Häufig
werden Wiesen in NÖ meist in einem Abstand von 3 bis 8 Jahren eingesät. Damit sieht man, dass
viele Wiesen noch ein enorm hohes ungenutztes Potential für bessere Futterwiesenerträge haben. Erst
die mehrmals wiederholte Einsaat mit zirka 20 kg/ha Saatgut je Jahr, zeigte in meinen
Praxisversuchen einen unerwartet enormen Ertragsschub. Dazu brauchte es drei Jahre hintereinander
die jährliche Einsaat. Erst wer den enormen Ertragsschub wiederholter Einsaaten mit eigenen Augen
wie ich und meine Versuchsbetriebe gesehen haben, dem wird das schlummernde enorme ungenutzte
Ertragspotential vieler Wiesen bewusst.
Nach eigener Einschätzung könnte so die Ertragsleistung von Futterwiesen um 50% vielleicht bis
sogar 100% verbessert werden, nämlich von 6t TM/ha auf etwa 10t bis 12t TM/ha.
Einsaaten in Wiesenaltnarben - Provisorium und Kompromiss
Einsaaten in bestehende Wiesen sind deshalb ein Provisorium oder Kompromiss, weil alle Nachsaat-
Techniken keine gleichmäßige Saatgutablage haben und es an der zuverlässlichen
Keimlingsentwicklung mangelt. Es fehlt das klassische ordentlich vorbereitete Saatbett, wie man es im
Ackerbau hat. Somit ist kein zuverlässiger Samenaufgang in 1 bis 2 Wochen gewährleistet, so wie
man das bei einer klassischen Wiesenneuanlage mit Umbruch, Bodenvorbereitung und präziser
Samenablage kennt. Zusätzlich muß mit einer stärkeren unkalkulierbaren Dezimierung von Saatgut
und Keimlingen durch Schädlinge im Boden gerechnet werden, je wärmer die Lagen sind, wie
Versuche in England zeigen.
Trotz ihrer geringen Effizienz werden Einsaaten von vielen Grünlandbauern, vor allem in den
Bergregionen durchgeführt. Erklärbar ist das, weil die klassische Bodenbearbeitung für eine Neuanlage
in den bergigen Lagen, mit den heutigen immer schwereren Bodenbearbeitungsgeräten, in dem oft
recht hängigen und steinigen Gelände schwer möglich ist. In kühleren regenreicheren Lagen haben
Einsaaten bessere Chancen, da mehr Bodenfeuchte zur Verfügung steht und der Schädlingsdruck
deutlich niedriger ist.
Offener Boden - Voraussetzung für gute Einsaatwirkungen
Voraussetzung für eine gute Einsaatwirkung ist ein offener Boden, wo die Samen Platz zum Keimen
und Wachsen haben. Erst wenn die jungen Grassämlinge genug Licht erreicht, kommt es zum
Wachstumsschub. Ist aber die Saatfläche zudem noch mit vielen Graswurzelstöcken der alten Wiese
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bewachsen, verbrauchen sie das meiste Licht und Bodenwasser. Den zarten jungen Gräsertrieben
fehlen leicht Licht wie Wasser. Je nachdem wie viele Wurzelstöcke der alten Grasnarbe die junge Saat
bedrängen, wird sie sich gut oder gar nicht entwickeln. Ich erkläre mir damit den oft unbefriedigenden
Einsaaterfolg bei Grünlanderneuerungen im klimatisch wärmeren Niederösterreich. Dazu kommt noch
der höhere Schädlingsbesatz im Boden durch das wärmere Klima in NÖ.
Je öfter Wiesen eingesät werden, umso eher fällt der Samen auf offenen Boden und kann keimen. Mit
der geduldig wiederholten Saat baut sich außerdem ein gewisses Samenpotential gesäter und noch
ungekeimter Samen im Boden auf. Der Boden fungiert bekanntlich als eine besondere Samenbank.
Ähnlich wie für alle Samenunkräuter ist der Boden scheinbar ein unerschöpflicher Samenspeicher. Man
denke allein an den riesigen Samenvorrat die der Ampfer in vielen Wiesenböden hat. Wenn keine
günstigen Keim- und Wachstumsbedingungen herrschen, besteht mit der Samenbank die Chance,
dass ein Teil der ungekeimten Gräsersamen auch noch Monate bis Jahre nach der Saat keimen
(Schlafsaat), so wie bei vielen Unkrautarten. Deshalb hat die regelmäßige Saat eine hohe Bedeutung,
weil in der Regel mit einer einzigen Saat bei bewachsenen Wiesen selten ein guter Aufgang gelingt.
Die richtigen Einsaatzeitpunkte
Am ehesten sind in Niederösterreich Einsaaten im Sommer erfolgversprechend. In der Regel ist der
Sommer die niederschlagreichste Jahreszeit in Österreich und der Futternachwuchs der Altnarbe ist
nicht so stark wie im Frühjahr. Wichtig sind Einsaaten dann im Frühjahr, wenn die Grasnarbe zu lückig
und zu wenig dicht ist. Beispiele, wo in der Wiesennarbe leicht offener Boden auftreten kann sind:
Engerlingsbefall, Wildschäden, Auswinterung, selektive Unkrautbekämpfung, Lücken unter
großwüchsigen Unkräutern wie Ampfer, Hahnenfuß, Spitzwegerich, Bärenklau und Löwenzahn. Die
niedrige Erfolgsrate von Frühjahres-Einsaaten belegen nachfolgende wissenschaftliche
Untersuchungen.
Niedriger Mitteleinsatz bei Selbstvermehrung durch natürlichen Samenausfall
Eine Möglichkeit damit verkrautete Wiesen wieder zu ihrem Gräsergerüst mit guten Futtergräsern
Selbstverm
ehrung
durch
natürlichen
Samenausf
all,
Aussamung
sfläche in
Sankt
Georgen in
der Klaus
Foto:
HUMER
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kommen, ist das natürliche Aussamen der Wiesen. Die wenigen Erfahrungen, die bislang vorliegen
sind eher ermutigend. Interessanterweise vermehren sich dabei weniger die Problemkräuter sondern
vielmehr unsere wichtigen und ertragreichen Obergräser. Dazu muss eine Wiese bis Anfang Juli
ungemäht bleiben. Damit nicht der Bestand schon vorher zusammenbricht ist nur eine sehr mäßige
Düngung sinnvoll. Mehr als 20 bis 40 kg N/ha sollte nicht überschritten werden. Empfehlenswert ist
es, mit einem Streifen am Wiesenrand, oder einer kleineren Fläche zu beginnen. Man hat zwar nicht
den vollen Leistungseffekt von Zuchtgräsern, dafür halten sich Aufwand und Futterausfall aus dem
ersten Schnitt in Grenzen, da vor allem keine Technik für die Unkrautbekämpfung oder Saat
notwendig ist. Sinnvoll ist das Verfahren vor allem für Betriebe, die nicht unbedingt Spitzenerträge
anstreben, aber dennoch eine Verbesserung ihrer Futtererträge und -Qualitäten erreichen wollen,
wenn auch auf einem niedrigerem Investitionsniveau.
Wie die gesäte Grasart den Einsaaterfolg bestimmt
Umstritten ist überhaupt welche Nachsaatmischungen wirklich gut taugen. Es gibt dazu keine klaren
hilfebringenden Untersuchungen. Klar ist, dass sich in einer bestehenden Wiesenaltnarbe am ehesten
zunächst nur konkurrenzstarke und schnell anwachsende Arten durchsetzen. Konkurrenzstarke Arten
sind: Englisches Raygras, Rotklee, Knaulgras, Glatthafer und Goldhafer. Nachsaatmischungen mit
konkurrenzschwachen und langsam auflaufenden Arten wie die Wiesenrispe werden sich kaum oder
nur bei oft wiederholter Saat durchsetzen. Nach eigenen Erfahrungen setzen sich bei Einsaaten
folgende Arten kaum durch: Timothe, Wiesenschwingel, Rotschwingel, Luzerne und teils Wiesenrispe.
Diese konkurrenzschwachen Arten würde ich in gute Mähwiesen niemals einsäen, da sie chancenlos
sind durchzukommen und damit nutzlos hinausgeworfenes Geld sind. Sie haben sich nämlich in
meinen Praxisbeobachtungen bislang noch nie durchgesetzt. Dr. Karl Buchgraber von Gumpenstein
begründet ihre Beimischung in Nachsaatmischungen als Biodiversitätsmaßnahme und mit dem
schwachen Argument, weil sie manchmal vielleicht anwachsen könnten.
Ertragliche und botanische Wirkung von Einsaaten und Nachsaaten in
Exaktversuchen der alpenländischen Grünlandversuchsanstalt in Gumpenstein
Der wissenschaftlich untersuchte Einsaatversuchsblock in Gumpenstein und Piber von 2005 bis 2010
(PÖTSCH 2012) mit den ÖAG-Mischungen NA, NI, NIK und Ka (Kampfmischung) bei einer Saatmenge
von 15kg/ha bei Frühjahreinsaat zeigt in Abbildung 1, dass das konkurrenzschwach Gras Timothe zu
keiner klar signifikanten Zunahme der eingesäten Art geführt hat, vielmehr insgesamt 0,1% weniger
wurde, obwohl die Saatgutmischung 15% bzw. 20% Timothe enthielt! Zwischen Drei- und
Vierschnittwiesen nahm Timothe gering um 0,1% zu. Erfolgt in 6 Jahren im 2-Jahresabstand die
Nachsaat, nimmt der Timotheanteil auch um 0,1% zu. Durch die bekanntlich weniger wirksame
Frühjahreseinsaat und weil nicht im Ein-Jahresabstand eingesät wurde, ergab sich vermutlich nur diese
minimale Steigerungsrate bei Timothe. Zumindest ist angedeutet- öfter säen bringt mehr. Diese
6jährigen Ergebnisse mit extrem schlechter Einsaatwirkung bei Timothe stehen völlig im Widerspruch
zu den euphorischen ÖAG-Nachsaatempfehlungen von Buchgraber für Mischungen mit Timothe und
seiner bevorzugten Timothesorte TILLER. Das gilt im Wesentlichen auch für Wiesenschwingel und
Rotschwingel in Nachsaatmischungen. Die angesprochene sehr schlechte Wirkungseffizienz der vorher
genannter Gräser in ÖAG-Nachsaatmischungen, steht hier im klaren Widerspruch zu den immer
wiederholten enorm propagierten und gelobten Wirkungen in Vorträgen und ÖAG-Broschüren der ÖAG-
Grünlandexperten in Gumpenstein. Die unbefriedigende Wirkung von Einsaaten spiegelt sich eher in
den vielen Rückmeldungen und eigenen Befragungen aus der landwirtschaftlichen Praxis in
Niederösterreich. Das bestätigt auch der deutsche Grünlandexperte Dr. Martin Elsäßer. Er schreibt
2009: „Bei Nachsaaten wird häufig eine wirkungslose Übersaat vorgenommen.“
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Abbilung 1: Der Versuch zeigt die untaugliche Effizienz der Frühjahres-Einsaat von Timothe bei
einmaliger und dreimaliger Frühjahreseinsaat mit 15 kg/ha ÖAG-Nachsaatmischungen NI und NIK des
Wiesenverbesserungsversuchs von PÖTSCH (2012) in Gumpenstein und Piber. Die Median-Werte
unter dem Mittelwert zeigen, dass mehr Versuchsvarianten unter als über dem Mittelwert lagen.
Grafik:HUMER
x
Abbildung 2 zeigt den Mehr – oder Minderertrag der 12 Einsaatvarianten der 6 Versuchsjahre vom
Einsaatversuch Gumpenstein und Piber 2005-2010, (PÖTSCH 2012). Grafik:HUMER
6 der 12 Einsaatvarianten verursachen beim TM-Ertrag keine Ertragsänderung oder vielmehr
Mindererträge bis 100 kg TM/ha (siehe dazu die linke Hälfte der Balkengrafik). Die besten 6 Varianten
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liefern nur geringe Mehrerträge von 200-500 kg TM/ha (siehe dazu die rechte Hälfte der
Balkengrafik).
Wirtschaftlich signifikant sind aber erst Mehrerträge ab etwa 1000 kg TM/ha. Der Versuch zeigt keine
klaren Unterschiede welches Einsaatgerät oder welche Mischung zuverlässig besser ist oder ob man
mit ein- oder dreimaliger Einsaat besser fährt.
Es fällt nur auf, daß das Schlitzdrillsägerät und die Kampfmischung (mit Knaulgras und Englischem
Raygras 1:1) in die Gruppe höherer Mehrerträge fällt. Buchgraber propagiert aber im Widerspruch zu
den Exaktversuchen seiner Versuchsanstalt in Gumpenstein seit Jahren in seinen Vorträgen und
Artikeln a) nur einen der Einsaatstriegel und b) qualifiziert bestimmte seiner ÖAG-
Nachsaatmischungen mit 10-15 Jahren Erfolgsdauer. Dabei ist das nur eine nicht untersuchte
Vermutung aber kein Wissen aus der Wissenschaft.
Buchgraber disqualifiziert aber die Erfolgsdauer der Kampfmischung mit nur 2-3 Jahren in seinen
Lehrunterlagen, im Widerspruch was dieser Exaktversuch zeigt. In Abbildung 3 sticht die
Kampfmischung vielmehr durch gewisse Ertragsausschläge nach oben im zweiten, dritten und
sechsten Jahr mit Mehrerträgen von +10% leicht hervor.
Abbildung 3: 6 Jahre langer relativer Ertragsverlauf der jährlichen Mehr – oder Mindererträge von 12
Einsaatvarianten des Einsaatversuchs Gumpenstein und Piber 2005-2010, (PÖTSCH 2012).
Grafik:HUMER
Eindeutig ist nur, dass der Kombistriegel im ersten Jahr den Wiesenertrag statt zu steigern um 15%
senkt! Danach liegen im Mittel der Varianten die Erträge um +5% der Kontrolle.
Man fragt sich warum die Gumpensteiner Wiesenexperten, genau diesen mit viel Aufwand betriebenen
Exaktversuch des eigenen Instituts vor Bauern, Studenten und Berater bislang in Lehre und Beratung
und in Fachartikeln und Vorträgen nie breit erwähnten und nicht mit gewohntem Eifer hinaustragen
und zu keine Besichtigungen des Versuchs für Berater einluden – trotz der vielen jährlichen
Grünlandtage der ÖAG.
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Abbildung 4: Mehr- und Mindererträge mit Schlitzdrillmaschine der Düngungs- und Nutzungsversuche
Admont, Bischofshofen und Piber gegenüber Varianten ohne Nachsaat im Jahre 1983 (= erstes
Hauptnutzungsjahr der erneuerten Anlage) in dt TM je Hektar. Nachsaat-Mischung: Knaulgras,
Wiesenschwingel, Timothe, Wiesenrispe, Rotschwingel. Schnitte: 3, 4, 5 und 6mal. N-Düngung: 0,
30, 60, 90 und 120 kg N/ha (SCHECHTNER, 1984)
Abbildung 5: Wirksamkeit der Nachsaat mit Bastardraygas auf älteren Dauerwiesenneuanlagen.
Nachsaattermine: Frühjahr 1976, 1978 und 1980 (SCHECHTNER, 1984). Im Mittel aller drei
Versuchsstellen war das Ergebnis der Nachsaat enttäuschend schreibt Schechtner, denn es resultierte
daraus nur ein Mehrertrag von 130 kg TM je Hektar und Jahr.
Dass ist umso verwunderlicher, da zur Einsaat unser konkurrenzstärkstes und ertragsbestes Raygras
in Österreich zum Einsatz kam. Gerade Bastardraygras ist normalerweise in der Jugend unser
wüchsigstes und kampfstärkstes Futtergras, das im Feldfutter meist alle anderen gesäten Arten
verdrängt. Damit geht aus diesen älteren Versuchen aus 1976 bis 1983 der Abbildungen 4 und 5
hervor, dass Frühjahres-Einsaaten in Versuchen – OHNE REGELMÄßIGER NACHSAAT - keine
besondere hervorragende und zuverlässige Wirkung zeigen. Etwa die Hälfte der Raygras-Einsaaten
war sogar ertragsmindernd - also paradoxerweise schlechter als ohne Einsaat! Selbst die beste
Ertragsverbesserung lag beim Raygras bei nur etwa bloß 5%, liegt also im Bereich von Unsicherheit
und Unwirtschaftlichkeit. Es gibt also starke Faktoren in bewachsenen Wiesenboden, die das
Aufkommen von jungen Einsaaten behindern. Ich vermute es ist die starke Konkurrenz durch die
Wurzeln der Altnarbe, gepaart mit keimhemmenden Wurzelausscheidungen und Schädlingen, die
junge Samen, Keimlinge und Wurzeln vernichten.
Die Einsaatversuche der 80er Jahre zeigen, daß von 32 Einsaatvarianten 27 völlig unwirtschaftlich
waren und nur 5 von 32 Versuchsvarianten also 15% zumindest Mehrerträge lieferten. Diese
Mehrerträge von 460 bis 980 kg TM/ha waren aber ohne sichtbarer logischer Zusammenhänge bei
10. J HUMER, Grünlanderneuerung - erfolgreich oder erfolglos? 03. März 2015 Seite 10/10
unterschiedlicher Schnittzahl und N-Düngung. 10 von 32 Einsaatvarianten lieferten sogar
Mindererträge bis 650 kg TM/ha! Man bedenke, daß zirka 1000 kg Mehrertrag TM/ha/Jahr notwendig
sind damit Nachsaaten wirtschaftlich interessant sind. Werden typische Arten von Wiesensaatgut
verwendet, zeigte sich in 18 von 20 Einsaatvarianten keine wissenschaftlich abgesicherte
Verbesserung. Aus ungeklärten Gründen wurde die Erfolglosigkeit von Einsaaten in Gumpenstein nicht
weiter hinterfragt und aufgeklärt. Auf diese so lehrreichen und vergessenen Einsaatergebnisse der
80er Jahre auf die ich gestoßen bin, wurden ebenso nie in Vorträgen, Tagungen oder in Fachartikeln
zitiert oder Bauern, Berater und Lehrer nachhaltig darauf aufmerksam gemacht.
Fazit
Einsaaten scheinen also nur unter besonderen Bedingungen erfolgreich zu sein, da mir auch sehr
erfolgreiche Einsaaten gelangen. Den Schlüssel für erfolgreiche Einsaaten halte ich in der jährlich
wiederholten Einsaat, so wie es neuerdings deutsche Experten bei Raygräsern raten. Ich denke der
Erfolg stammt vom Überwinden der Schäden durch schnelleren Nachtrieb der jungen wüchsigen
Futtergräser ab, als die sämlings- und keimlingsfressenden Schädlinge oder Parasiten zerstören. Daher
gelingen Einsaaten auch im Sommer besser, wenn Gräser bei höheren Temperaturen rascher wachsen.
Der jährlich regelmäßige Saatgutnachschub ist dennoch auch im Frühjahr von höchster Bedeutung,
wenn Lücken in der Grasnarbe auffallen. Raschwüchsiges Wiesensaatgut repariert die lückigen Narben
am schnellsten und trägt schon im Sommer zum Jahresertrag bei. Buchgraber meint seit 2012
neuerdings auch - aber ohne statistisch abgesicherter und ohne evidenzbasierter publizierter Versuche
– „das erfolgreiche Grünlandbauern permanent JÄHRLICH 5-8 kg/ha Nachsaatmischung einsäen“.
Ich bin sehr an Zuschriften von Landwirten interessiert, wie erfolgreich oder erfolglos ihre Erfahrungen
mit Grünlandnachsaaten waren. Kommen genug Antworten zustande, informiere ich gerne die Leser
mit über die Breite der berichteten Erfahrungen in einem Folgebeitrag. Zuschriften erbeten an:
johann.humer@gmail.com