Soziale Medien haben die Kommunikation in vielen Organisationen grundlegend verändert. Sie ist schneller, interaktiver und vernetzter geworden. Während mit den neuen Möglichkeiten anfänglich oft nur experimentiert wurde, werden nun umfassende Strategien entwickelt. Auch steigen die Investitionen in den Aufbau von Kompetenzen und nachhaltigen Strukturen. Doch wie wird sich dieser Prozess in Zukunft entwickeln? Dieser Forschungsfrage geht die Studie Social Media Delphi 2012 nach. Sie kombiniert eine Befragung von 860 Kommunikationsmanagern in Unternehmen,
Institutionen und Non-Profit-Oganisationen mit einer zweistufigen Delphi-Befragung von 32 Experten aus Wirtschaft und Wissenschaft. Darauf aufbauend liefert der Bericht Zukunftsprognosen sowie Handlungsempfehlungen für die Praxis. Das Gemeinschaftsprojekt der Universität Leipzig mit Fink & Fuchs Public Relations (Wiesbaden) und dem Magazin „pressesprecher“ (Berlin) schließt an frühere Untersuchungen an und zeigt Entwicklungsperspektiven im Zeitverlauf auf.
Der Berichtsband kann unter www.socialmediadelphi.de als PDF oder Druckexemplar kostenlos angefordert werden.
3. Vorwort
Fakten und Prognosen
Soziale Medien wie Online-Communitys, Weblogs, Kurznachrichten- Media Delphi 2012 an und geht einen wissenschaftlich fundierten
dienste und andere Plattformen haben die Kommunikation mit Weg, um Zukunftstrends zu ermitteln.
Kunden, Mitarbeitern, Journalisten und anderen Bezugsgruppen
in vielen Organisationen grundlegend verändert. Sie ist schneller, In einem mehrstufigen Verfahren wurde zunächst der Status quo der
interaktiver und vernetzter geworden. Kommunikationsabteilungen Social-Media-Kommunikation durch eine quantitative Erhebung in
setzen zunehmend Social Media ein, um größere Reichweiten für deutschen Organisationen erhoben. 860 Kommunikationsmanager
ihre Botschaften zu erreichen oder um gezielt mit Bezugsgruppen nahmen daran teil. Im Anschluss folgte ein zweistufiges Delphi-
zu interagieren. Während mit den neuen Möglichkeiten anfänglich Verfahren mit 32 Experten aus Wissenschaft und Praxis, in dem die
oft nur experimentiert wurde, werden nun zunehmend umfassende Resultate qualitativ zu konkreten Zukunftsprognosen verdichtet
Strategien entwickelt. Auch steigen die Investitionen in den Aufbau wurden. Der vorliegende Studienbericht umfasst die Ergebnisse
von Kompetenzen und nachhaltigen Strukturen. aller Verfahrensstufen und liefert auf Basis dessen konkrete Zu-
kunftsprognosen sowie Handlungsempfehlungen für die Praxis.
Doch wie wird sich dieser Prozess in Zukunft entwickeln? Dieser
Forschungsfrage geht die Studie Social Media Delphi 2012 nach. Unser Dank gilt allen Teilnehmern der Studie sowie den Experten, die
Neben vielfältigen Momentaufnahmen zur Nutzung einzelner sich an der aufwendigen Erhebung des Delphi-Verfahrens beteiligt ha-
Plattformen kursieren bislang unterschiedliche, meist auf Be- ben. Im Sinne der besseren Lesbarkeit und zur Anonymisierung von
fragungen gestütze Prognosen zur künftigen Entwicklung. Viele Zitaten haben wir in diesem Bericht alle Positions- und Berufsbezeich-
von ihnen zeichnen ein sehr positives Bild. Alle Langzeiterhebungen nungen in männlicher Form verwendet. Selbstverständlich umfasst
belegen allerdings, dass die Durchsetzung neuer Praktiken in der diese jeweils Kommunikationsmanager/-innen beiderlei Geschlechts.
Organisationskommunikation deutlich länger dauert als von der
Mehrheit der Praktiker erwartet. Auch Empfehlungen vieler Social- Wir wünschen eine spannende und anregende Lektüre!
Media-Protagonisten sind wenig belastbar, da ihnen häufig der Blick
für die Sachzwänge in etablierten Unternehmen und Non-Profit-
Organisationen fehlt. An diesem Punkt setzt die Studie Social
Ansgar Zerfaß Stephan Fink Anne Linke
3
5. Inhalt
Inhalt
Vorwort 3
1. Einführung: Social-Media-Kommunikation zwischen Aufbruchstimmung und Routine 6
2. Methodik der Studie 8
3. Strukturelle Rahmenbedingungen: hohe Relevanz, aber viele Hindernisse 13
4. Kooperationsformen: Kombination aus dezentraler Kommunikation und zentraler Verantwortung 19
5. Social Media Guidelines: mehr Akzeptanz durch Einbindung der Mitarbeiter 27
6. Evaluation: schwierige Suche nach validen Kennzahlen 33
7. Investitionen für Social Media:steigende Budgets für strategische und operative Aufgaben 41
8. Zusammenfassung der Ergebnisse und Trends 46
9. Handlungsempfehlungen für die Praxis 48
Teilnehmer des Delphi-Expertenpanels 55
Autoren 56
Partner und Initiatoren der Studie 57
Impressum 58
5
6. 1. Einführung
1. Einführung: Social-Media-Kommunikation zwischen
Aufbruchsstimmung und Routine
Die flächendeckende Verbreitung von Social Media birgt zahlreiche auszutesten. Erst langsam begannen sie, in die notwendigen Rah-
Erfolgschancen für Unternehmen und andere Organisationen. Das menbedingungen für erfolgreiche Kommunikation zu investieren.
Spektrum der Anwendungsfelder reicht vom Innovationsmanagement Beispielsweise wurde zunehmend fachkundiges Personal geschult
über Kundenservices bis zur internen Prozessgestaltung.1 Ein Schwer- und eingestellt, es wurden übergreifende Strategien entwickelt und
punkt ist vielfach die interne und externe Kommunikation. Kommuni- 2
es wurden Guidelines geschaffen, um Mitarbeitern eine Orientie-
kationsabteilungen versprechen sich zahlreiche Vorteile für ihre Arbeit, rung für die Kommunikation im Social Web zu geben. Dieser Trend
beispielsweise eine enorme Reichweite für Informationen, die sie über ist nicht nur in Deutschland, sondern auch in anderen Regionen
Twitter verbreiten, oder authentische und sympathische Interaktionen empirisch nachweisbar.5 Bei der Betrachtung des Zeitverlaufs je-
mit ihren Zielgruppen auf Facebook. Auch ansprechende sowie sich doch zeigt sich zwar einerseits ein ständiger Entwicklungsprozess,
viral verbreitende Videos auf YouTube sind gefragt. Viele Studien be- andererseits aber auch, dass sich Social-Media-Kommunikation
legen, dass der Einsatz neuer Kanäle in Marketingkommunikation und weniger schnell etabliert und notwendige Rahmenbedingungen
Public Relations kontinuierlich steigt.3 Der Umgang mit der digitalen langsamer geschaffen werden, als es Kommunikationsverantwortli-
Evolution und dem Social Web wird inzwischen europaweit als wich- che in der Breite prognostiziert haben.6
tigste Herausforderung für Kommunikationsmanager verstanden. 4
Vor diesem Hintergrund stellen sich zwei Fragen: Wie sieht der
Anfänglich verfolgten viele Organisationen das Ziel, überhaupt im Status quo der Social-Media-Kommunikation in Deutschland heute
Social Web präsent zu sein und die neuen Möglichkeiten erst einmal aus – und wie wird der Entwicklungsprozess in Zukunft verlaufen?
1 Vgl. Back, A., Gronau, N., & Tochtermann, K. (2012): Web 2.0 und Social Media in der Unter- 4 Vgl. Zerfass, A., Vercic, D., Verhoeven, P., Moreno, A. & Tench, R. (2012): European Commu-
nehmenspraxis, 3. Auflage. München; Hauptmann, S. (2012): Social Media in Organisationen: nication Monitor 2012. Challenges and Competencies for Strategic Communication. Results
Strukturation und computervermittelte Kommunikation. Wiesbaden. of an Empirical Survey in 42 Countries. Brüssel.
2 Vgl. die Beiträge in Zerfaß, A. & Pleil, T. (2012): Handbuch Online-PR. Strategische Kommu- 5 Vgl. Macnamara, J. & Zerfass, A. (2012): Social Media Communication in Organizations:
nikation In Internet und Social Web. Konstanz. The Challenges of Balancing Openness, Strategy, and Management. International Journal of
Strategic Communication, 6(4), S. 287-308.
3 Vgl. stellvertretend für viele BITKOM (2012): Social Media in deutschen Unternehmen. Berlin.
6
7. Diese Thematik untersucht die vorliegende Studie, um zu den fol-
genden Fragestellungen wissenschaftlich fundierte Zukunftstrends
zu ermitteln und mögliche Handlungsfelder zu identifizieren:
• Welche Rahmenbedingungen (Regeln und Ressourcen) für die
Social-Media-Kommunikation werden von Organisationen ge-
schaffen?
• Wie sind die Prozesse und Zuständigkeiten für die Social-Media-
Kommunikation geregelt?
• Inwiefern sind spezifische Budgets für Social Media vorhanden
und wo liegen die Investitionsschwerpunkte?
• Welche Kennzahlen werden für die Evaluation von Social-Media-
Maßnahmen eingesetzt?
Wie mehrere Vorgängerstudien zeigen, eignen sich diese Dimen-
sionen und Fragekomplexe besonders gut, um die Einflussgrößen
für die nachhaltige Etablierung von Social-Media-Kommunikation
zu beschreiben.7
6 Vgl. Fink, S. & Zerfaß, A. (2010): Social Media Governance 2010. Ergebnisse einer Studie
bei Kommunikationsverantwortlichen in Unternehmen, Behörden und Non-Profit-Organisati-
onen in Deutschland. Leipzig/Wiesbaden, sowie Fink, S., Zerfaß, A. & Linke, A. (2011): Social
Media Governance 2011. Kompetenzen, Strukturen und Strategien von Unternehmen, Behör-
den und Non-Profit-Organisationen für die Online-Kommunikation im Social Web. Ergebnisse
einer empirischen Studie bei Kommunikationsverantwortlichen. Leipzig/Wiesbaden.
7 Vgl. die in Anmerkung 6 genannten Studien.
7
8. 2. Methodik
2. Methodik der Studie
Um die genannten Forschungsfragen zu beantworten, wurde eine
dreistufige deutschlandweite Studie mit einer quantitativen Befra-
gung von Kommunikationsverantwortlichen im Frühjahr 2012 und
einer darauf aufbauenden Delphi-Befragung (zwei Befragungswel-
len) von Experten aus Wissenschaft und Praxis im Sommer 2012
durchgeführt.
Quantitative Befragung
In einem ersten Schritt wurde eine Befragung von Entscheidern in angeschriebenen Kontakten konnte eine bereinigte Stichprobe von
Kommunikationsabteilungen von Organisationen realisiert. Mitar- 860 Kommunikationsmanagern erreicht werden. Dies entspricht
beiter in Agenturen, Berater, Studierende und andere Probanden, einer Ausschöpfung von 21,5 Prozent. Das Durchschnittsalter der
die in vielen anderen Erhebungen mitwirken und die Ergebnisse Kommunikationsverantwortlichen in der Stichprobe beträgt 39 Jah-
möglicherweise verzerren, wurden nicht berücksichtigt. Für die Erhe- re. Hinsichtlich der Berufsposition und des Organisationskontextes
bung wurde ein Online-Fragebogen mit 27 Fragen auf Basis wissen- ergeben sich folgende Werte: 30,2 Prozent der Befragten sind Leiter
schaftlicher Hypothesen konstruiert. Die Teilnehmer wurden mithilfe Kommunikation/PR, 40,1 Prozent PR-Manager/Pressesprecher und
einer persönlichen Einladung über die Verteiler des Magazins „pres- 13,6 Prozent Social Media Manager. Ferner arbeiten 14,6 Prozent
sesprecher“ und an die Mitglieder des Bundesverbandes deutscher in börsennotierten Unternehmen, 48,1 Prozent in nicht börsenno-
Pressesprecher (BdP) im April und Mai 2012 rekrutiert. Von 4.000 tierten Unternehmen, 22,7 Prozent in Behörden, politischen Orga-
nisationen und Verbänden sowie 14,5 Prozent in Non-Profit-Orga-
nisationen. Da die Grundgesamtheit der Kommunikationsmanager
in deutschen Organisationen nicht bekannt ist, können die Daten
keine Repräsentativität beanspruchen. Sie ermöglichen allerdings
aufgrund der hochwertigen und bereinigten Stichprobe begründete
Aussagen zum Status quo im Untersuchungsfeld.
8
9. Position Organisation
Leitung PR/Unternehmenskommunikation 30,2 % In der PR-/Kommunikationsabteilung
• eines börsennotierten Unternehmens 14,6 %
PR-Manager/Pressesprecher 40,1 % • eines nicht börsennotierten Unternehmens 48,1 %
• einer Behörde, einer politischen Organisation
oder eines Verbandes 22,7 %
Social Media Manager 13,6 %
• einer Non-Profit-Organisation 14,5 %
Volontär, Trainee 1,9 %
Alter
Sonstige 14,2 %
Durchschnittsalter (Jahre) 39
< 50 50 - 250 250 - 1.000 1.000 >
Mitarbeiter Mitarbeiter Mitarbeiter Mitarbeiter
Börsennotiertes Unternehmen 0,7 % 1,0 % 2,3 % 10,6 %
Nicht börsennotiertes Unternehmen 8,3 % 12,9 % 13,1 % 13,8 %
Behörde, politische Organisation oder Verband 5,6 % 4,7 % 6,9 % 5,6 %
Non-Profit-Organisation 5,0 % 4,4 % 2,9 % 2,2 %
Insgesamt 19,6 % 23,0 % 25,2 % 32,2 %
Abb. 1: Teilnehmer an der quantitativen Studie (n = 860 Kommunikationsmanager)
9
10. 2. Methodik
Delphi-Befragung
Vor dem Hintergrund der enormen Dynamiken im Social Web inte- Für die erste Befragungswelle wurde ein Fragebogen mit zehn Fra-
ressiert jenseits des Status quo, welche Zukunftstrends sich in den gen auf Basis der Ergebnisse der quantitativen Befragung konstru-
untersuchten Dimensionen aufzeigen lassen. iert, für die zweite ein Fragebogen mit neun Fragen auf Grundlage
der ersten Delphi-Welle. Die Panelrekrutierung lief über persönliche
Zu diesem Zweck wurde in einem zweiten Schritt eine Delphi- Einladungen zur Teilnahme im Mai und Juni 2012. Hierzu wurde in
Befragung realisiert. Bei dieser Methode der empirischen Sozial- einem mehrstufigen Verfahren auf Grundlage von externen Analysen
forschung handelt es sich um einen „vergleichsweise stark struk- der jeweiligen Social-Media-Expertise eine Liste von 46 Experten er-
turierten Gruppenkommunikationsprozess, in dessen Verlauf mittelt, die unterschiedliche Organisationshintergründe, Branchen
Sachverhalte, über die naturgemäß unsicheres oder unvollständi- und Positionen abbildeten. Diese erhielten auf dem Postweg eine
ges Wissen existiert, von Experten beurteilt werden“. Der Name 8
personalisierte Einladung zur Teilnahme. Mit Hilfe dieser theore-
der Methode erinnert an das antike Orakel von Delphi, das Rat- tischen Stichprobenziehung wurde eine Stichprobe von 32 deut-
schläge für die Zukunft erteilte. Durch die mehrmalige Befragung schen Experten aus Praxis und Wissenschaft realisiert. Vertreten
der Teilnehmer und die Konfrontation mit den bisherigen Befra- sind sowohl Non-Profit-Organisationen als auch Hochschulen und
gungsergebnissen soll ein Meinungskonsens in einer Experten- Forschungsinstitute sowie Unternehmen. Die vollständige Liste
gruppe erreicht werden.9 der beteiligten Experten findet sich auf Seite 55. Die beiden Delphi-
Befragungen wurden ebenfalls online realisiert; alle teilnehmenden
Experten erhielten hierzu jeweils einen Zugangscode, sodass eine
vollständige Beteiligung sichergestellt werden konnte.
8 Häder, M. (2002): Delphi-Befragungen. Ein Arbeitsbuch. Wiesbaden, S. 21.
9 Vgl. Dalkey, N. & Helmer, O. (1963): An Experimental Application of the Delphi Method to
the use of Experts. Management Science, 9(3), S. 458-467.
10
11. Abb. 2: Ausgewählte Organisationen mit Beteiligung an der qualitativen Studie (n = 32 Experten)
11
13. 3. Strukturelle Rahmenbedingungen
3. Strukturelle Rahmenbedingungen:
hohe Relevanz,
aber viele Hindernisse
„Organisationen müssen ihre Rahmenbedingungen schneller anpassen,
da sich das Web permanent weiterentwickelt und es ad hoc zu neuen
Kommunikationsformen kommen kann.“
Web-Manager, globale Non-Profit-Organisation
13
14. 3. Strukturelle Rahmenbedingungen
In den vergangenen Jahren haben viele Organisationen beim hebung in den meisten Organisationen vorhanden. Eher selten
Aufbau ihrer Social-Media-Kommunikation verschiedene Ent- sind hingegen spezifische Kennzahlen für Social Media (23 Pro-
wicklungsstufen durchlaufen: Während zunächst vor allem die zent) anzutreffen; dieser Aspekt bildete auch in den Vorjahren das
Beobachtung der Meinungsbildung im Social Web und die reine Schlusslicht. Die größten Fortschritte im Zeitverlauf können bei
Präsenz auf entsprechenden Plattformen zählte, folgte im Laufe der der Bereitstellung spezifischer Budgets (+ 22 Prozentpunkte) und
Auseinandersetzung mit dem neuen Kommunikationsumfeld ein beim Commitment des Top-Managements (+ 21 Prozentpunkte)
stärker strategisches Vorgehen. Heute wird zunehmend in Gover- beobachtet werden. Auch in allen anderen Dimensionen hat die
nance-Strukturen für Social Media investiert: Diese umfassen alle strukturelle Verankerung von Social Media zugenommen: Unter-
formellen oder informellen Rahmenbedingungen für das Handeln nehmen haben ebenso wie andere Organisationen die Professiona-
der Mitglieder einer Organisation im Social Web,10 also Aspekte lisierung ihrer Aktivitäten vorangetrieben, sodass sie mittlerweile
wie Guidelines für die Social-Media-Kommunikation, Verantwort- besser aufgestellt sind als noch vor wenigen Jahren. 55,5 Prozent
lichkeiten und Zuständigkeiten oder auch Strategiepapiere und aller Organisationen verfügen inzwischen über mittlere bis fortge-
Trainingsprogramme. schrittene Governance-Strukturen. 2010 waren es gerade einmal
16,1 Prozent, 2011 bereits 29,4 Prozent.11 Da die Etablierung von
Status quo. Die derzeitige Verbreitung von Governance-Strukturen Governance-Strukturen zugleich Voraussetzung und kritischer Er-
für Social Media verdeutlicht Abbildung 3. Technische Möglichkei- folgsfaktor für Social-Media-Kommunikation ist, kann die zuneh-
ten für Mitarbeiter, um während der Arbeitszeit auf Social Media mende Verbreitung als Indikator für eine Verstetigung und weitere
zuzugreifen (76 Prozent) sowie die Unterstützung durch das Top- Verbreitung von Social Media in der Organisationskommunikation
Management (69 Prozent) sind ausweislich der quantitativen Er- interpretiert werden.
10 Fink, S., Zerfaß, A. & Linke, A. (2012): Social Media Governance. In: A. Zerfaß & T. Pleil
(Hrsg.), Handbuch Online-PR. Strategische Kommunikation in Internet und Social Web.
Konstanz, S. 99-110.
11 Alle Vergleichswerte beziehen sich auf die in Anmerkung 6 genannten Studien.
14
15. Abb. 3: Heutige strukturelle Voraussetzungen für Social-Media-Kommunikation
Technische Möglichkeit für Mitarbeiter, auf Social 76 %
Media während der Arbeitszeit zuzugreifen 69 % 7%
Befürwortung von Social Media 69 %
durch das Top Management 48 % 21 %
Definierte Zuständigkeiten und Kooperations- 50 %
strukturen der Social-Media-Verantwortlichen
Budget/finanzielle Ressourcen für Social Media 39 %
17 % 22 %
Social Media Guidelines 39 %
31 % 8%
Social-Media-Workshops, -Seminare oder -Trainings 33 %
27 % 6%
Zielformulierungen oder Strategiepapier für 33 %
den Social-Media-Einsatz 23 % 10 %
Kennzahlen für die Erfolgskontrolle von 23 %
9%
Social-Media-Aktivitäten 14 %
0 % 20 % 40 % 60 % 80 %
Social Media Delphi 2012 / n = 860 Kommunikationsverantwortliche / F 7:
2012 Verbesserung in
Gibt es in Ihrer Organisation folgende Rahmenbedingungen für die Social-
Media-Kommunikation? (Mehrfachnennungen) / Angegeben ist die Diffe- 2011 Prozentpunkten
renz der Prozentangaben für die 2011 (Social Media Governance Studie)
bzw. 2012 vorhandenen Rahmenbedingungen (nur für Aspekte, die in beiden
Jahren abgefragt wurden).
15
16. 3. Strukturelle Rahmenbedingungen
Perspektiven. Auf Grundlage der quantitativen Erhebung wurde in ist jedoch unstrittig: Nahezu alle in der Delphi-Runde befragten
der Delphi-Befragung folgende positive Prognose zur Diskussion Experten betrachten die Etablierung von Rahmenbedingungen für
gestellt: „Die Mehrheit aller Unternehmen und anderer Organisa- Social Media als sehr wichtig (durchschnittliche Zustimmung von
tionen in Deutschland wird bis Mitte 2013 konkrete Regeln und 4,34 auf einer 5er-Skala). Der Leiter Unternehmenskommunikation
Ressourcen (z. B. Social Media Guidelines, spezifische Budgets eines globalen ITK-Unternehmens formuliert es treffend: „Generell
und Strategien für Social Media) bereitstellen.“ Nicht alle Experten gilt es, klare Ziele abzustecken, basierend darauf Ressourcen bereit-
teilen diese Sicht. Im Durchschnitt zeigen sich die Befragten unent- zustellen und Aufgabenbereiche klar zu definieren. Hier zählt nicht
schieden, mit leichter Tendenz zur Zustimmung (siehe Abbildung der olympische Gedanke, sondern was das Unternehmen erreichen
4). Der bisherige positive Trend sollte also nicht extrapoliert werden, er möchte. Anhand dieser Zielsetzung lassen sich auch Ressourcen
könnte an Grenzen stoßen. Die Bedeutung von Governance-Strukturen (Zeit, Geld, Personal) rechtfertigen und einfordern.“
Für wie realistisch halten Sie folgende These:
Die Mehrheit aller Unternehmen und anderer Organisationen in Deutschland
wird bis Mitte 2013 konkrete Regeln und Ressourcen (z. B. Social Media 3,47
Guidelines, spezifische Budgets und Strategien für Social Media) bereitstellen?
4,34
Wie wichtig sind spezifische Regeln und Ressourcen?
Wie einfach ist das Bereitstellen solcher Regeln und Ressourcen? 2,72
1 2 3 4 5
Zustimmung [gar nicht] [sehr]
Abb. 4: Prognose zur Entwicklung von Governance-Strukturen für Social Media Social Media Delphi 2012 / n = 32 Experten / Angegeben
ist die durchschnittliche Zustimmung auf einer Skala
von 1 „gar nicht“ bis 5 „sehr“.
16
17. Die vorherrschende Diskrepanz zwischen erkannter Relevanz, aber • „Die Regeln werden an bislang gewohnten Standards/Praktiken
dennoch geringer Umsetzung erklären die Experten mit dem Ver- rühren q Allgemeiner Widerwillen gegenüber Change-Prozessen.
weis auf zahlreiche Hindernisse, die im Organisationsalltag über-
wunden werden müssen. Am häufigsten wird auf nicht zusammen- • Abteilungen mit Kommunikationsaufgaben werden gezwungen
passende Strukturen und Prozesse, mangelnde Kompetenz und sein, sich stärker abzustimmen (es reden plötzlich auch noch
Verständnis sowie auf Probleme bezüglich der Messbarkeit verwie- Andere mit) q Angst vor (internem) Kontroll- und Machtverlust.
sen. „[Bereits] vorhandene Strukturen und fehlendes Verständnis
erschweren die Integration von Social Media“, so der Leiter Media • Es weiß heute noch niemand genau, wie das Wechselspiel von
Relations eines DAX-Konzerns. Ein großes Hindernis sei die „Igno- einerseits mehr Koordination und andererseits notwendiger De-
ranz im Unternehmen“ (Director Online & Social Media, globales zentralität (diese bringen Social Media notwendig mit sich) funk-
ITK-Unternehmen). Ein anderer Experte beschreibt die Probleme tionieren soll q Setzen von neuen Rahmenbedingungen hängt
wie folgt: „Hindernisse sind fehlendes Know-how in der eigenen wesentlich davon ab, wie klar das Top-Management hier weiß,
Organisation und somit auch fehlende Veränderungsbereitschaft. was zu tun ist und Implementierung treibt.“
Strategien und Budgets können nur bereitgestellt werden, wenn
das Personal an Bord ist, das den Veränderungen begegnen kann Damit wird deutlich, dass die Einführung von Governance-Struktu-
und auch will.“ (Manager Social Media Strategy, DAX-Konzern). ren eine strategische Aufgabe ist, auf die Vorstände und Geschäfts-
Ähnliche Erfahrungen werden ebenfalls in anderen Prozessen orga- führungen besonderen Wert legen sollten. Dies wird naturgemäß
nisatorischen Wandels berichtet. Selten wird erkannt, dass Social- nur dann der Fall sein, wenn die Bedeutung strategischer Kommuni-
Media-Kommunikation nicht einfach die Nutzung eines weiteren kation für den Organisationserfolg per se erkannt wurde: „Wichtig ist
Kommunikationskanals bedeutet, sondern Kommunikationspro- der Wille, in gute Kommunikation mit entsprechenden Ressourcen
zesse, interne Abläufe sowie Wissens- und Machtverhältnisse zu investieren. Das ist kein neues Problem des Internetzeitalters,
so stark verändert, dass ein mehr oder minder weitreichender sondern eine historische Schwierigkeit der Unternehmenskommu-
Change-Prozess initiiert werden muss. Auf diese Parallelen weist nikation generell.“ (Bereichsleiter Social Media, Wirtschaftsver-
ein Medienforscher hin: band). Die Durchsetzung partizipativer Kommunikationsformen im
Internet ist demnach eng gekoppelt an die vielfach diskutierte Frage
nach der Verknüpfung von Kommunikations- und Organisationszie-
len sowie der Wertschöpfung durch Kommunikation.
17
19. 4. Kooperationsformen
4. Kooperationsformen:
Kombination aus dezentraler Kommunikation
und zentraler Verantwortung
„Governance, Richtlinienkompetenz und Expertise (Beratung) gehören
in die Zentrale, operative Dialoge und Umsetzung »in die Fläche«.“
Referent Online-Kommunikation, DAX-Konzern
19
20. 4. Kooperationsformen
Organisationskonzepte und Kooperationsmodelle spielen auf der Status quo. Die quantitative Erhebung zeigt, dass jede zweite Or-
Ebene der Rahmenbedingungen für Social Media eine zentrale Rol- ganisation mittlerweile über definierte Zuständigkeiten und Koope-
le. Denn die Kommunikation in sozialen Netzwerken kann dauer- rationsstrukturen für Social-Media-Kommunikation verfügt. Mit
haft nur dann gelingen, wenn die Integration in vorhandene Pro- zunehmender Erfahrung und wachsenden Aktivitäten etablieren
zesse von PR/Marketing und anderen beteiligten Einheiten gelöst sich konkrete Kooperationsmuster und Organisationskonzepte.
wird. Das betrifft insbesondere die Frage, wie die Erstellung von Allerdings werden, wie Abbildung 5 verdeutlicht, dabei sehr unter-
Inhalten für entsprechende Plattformen, Reaktionen auf externe schiedliche Lösungsansätze verfolgt. In mehr als der Hälfte aller
Kommentare und Meldungen, aber auch das Beziehungsmanage- Organisationen ist eine zentrale Abteilung für die Koordination der
ment zu Bloggern und Community-Moderatoren in die täglichen Social-Media-Aktivitäten zuständig. Fast ebenso häufig werden auch
Abläufe eingebunden werden. Da auf der einen Seite die interne dezentrale Vorgehensweisen genannt, in Form eigenverantwortli-
Expertise häufig jenseits der Kommunikationsfunktionen in den cher Zuständigkeiten der verschiedenen Bereiche oder autonomer
Fachabteilungen liegt, im Internet jedoch schnelle, authentische Aktivitäten unter gemeinsamem Namen. Knapp ein Sechstel der be-
Kommunikation gefragt ist, können dezentrale Lösungen sinnvoll fragten Organisationen verfügt inzwischen über ein interdisziplinä-
sein. Andererseits spricht das Streben nach konsistenten Aussa- res Social-Media-Board – eine enorme Steigerung im Vergleich zum
gen, kontinuierlichem Erfahrungsaufbau und Synergiegewinnen Vorjahr. Solche Expertenteams treten vornehmlich beratend auf und
für zentrale Zuständigkeiten. Wichtig ist also zunächst, dass das kooperieren mit dezentral kommunizierenden Abteilungen.
Handlungsfeld überhaupt erkannt und bearbeitet wird.
Bei einem Drittel der Organisationen erfolgt die Zusammenarbeit
im Bereich der Social-Media-Kommunikation insgesamt sehr spon-
tan und experimentell, nur ganz wenige (4,2 Prozent) haben klare
Regeln eingeführt. Einige der an der Delphi-Diskussion beteiligten
Experten sehen dies und die daraus resultierende „fehlende Einig-
keit“ (Online-Forscher, Forschungszentrum) jedoch als problema-
tisch an. Aus ihrer Sicht ist das ein wesentliches Hindernis auf dem
Weg zu zielführenden Governance-Strukturen.
20
21. Social Media Delphi 2012 / n = 621 Kommunikationsverantwortliche in Organisatio-
nen, die Social Media bereits aktiv verwenden / F 15: Wie erfolgt in Ihrer Organisation
die Zusammenarbeit bei Social-Media-Aktivitäten? (Mehrfachnennungen möglich).
Eine zentrale Abteilung verantwortet und koordiniert
53,1 %
alle Social-Media-Aktivitäten.
Die Zusammenarbeit erfolgt spontan und experimentell. 32,0 %
Social-Media-Kommunikation wird eigenverantwortlich
22,9 %
von unterschiedlichen Bereichen betrieben.
Die Zuständigkeiten sind nicht explizit geklärt. 18,5 %
Ein interdisziplinäres Social Media Team oder
14,7 %
Board ist dafür verantwörtlich.
Einzelne Teilorganisationen führen autonome
14,2 %
Social-Media-Aktivitäten unter gemeinsamen Namen durch.
Ein spezialisiertes Team hilft vornehmlich beratend. 11,1 %
Die Zusammenarbeit ist stark reguliert. 4,2 %
Jeder Mitarbeiter ist autonom tätig, unabhängig 2,9 %
von Hierachien oder Bereichsgrenzen.
0 % 10 % 20 % 30 % 40 % 50 % 60 %
Abb. 5: Heutige Organisationsmodelle der Social-Media-Kommunikation
21
22. 4. Kooperationsformen
Perspektiven. Aufgrund der stark divergierenden Angaben in der wird sich ausbreiten und zur am weitesten verbreiteten Organisati-
quantitativen Studie wurde das am häufigsten angegebene Organi- onsform für Social-Media-Kommunikation werden.“ Die Einschät-
sationsmodell in der Delphi-Befragung mit folgender These noch- zung der Experten zu dieser Aussage zeichnet ein sehr heterogenes
mals zur Diskussion gestellt: „Das Modell der zentralen Steuerung Bild: 37 Prozent der Befragten stimmen der Prognose zu, 31 Prozent
Für wie zutreffend halten Sie folgende Prognose:
Das Modell der zentralen Steuerung wird sich aus-
3% 28 % 31 % 28 % 9%
breiten und zur am weitesten verbreiteten Organisa-
tionsform für Social-Media-Kommunikation werden.
Für wie Erfolg versprechend halten Sie dieses zentrale
6% 25 % 34 % 28 % 6 %
Organisationsmodell für die Social-Media-Kommuni-
kation?
Wie einfach ist die Implementierung solcher oder an-
derer Organisationsstrukturen für die Social-Media- 6% 53 % 41 %
Kommunikation in Organisationen?
0 % 10 % 20 % 30 % 40 % 50 % 60 % 70 % 80 % 90 % 100 %
1 [gar nicht] 2 3 4 5 [sehr]
Abb. 6: Prognose zur Entwicklung von Kooperationsmodellen Social Media Delphi 2012 / n = 32 Experten / Angegeben ist die durchschnittliche
Zustimmung auf einer Skala von 1 „gar nicht“ bis 5 „sehr“.
22
23. lehnen sie ab und ebenso viele sind unentschlossen. Ähnlich geteilt zentrale Herausforderung. Letztendlich wird integrierte Kommu-
ist die Einschätzung, ob dieses zentrale Modell Erfolg verspre- nikation nicht nur Buzzword, sondern notwendig zu lebende Re-
chend ist oder nicht. Unabhängig von den favorisierten Lösungs- alität.“ (Medienforscher, Hochschule)
ansätzen wird die Implementierung von Organisationskonzepten
für die Social-Media-Kommunikation durchweg als schwierig be- In der zweiten Delphi-Befragung wurde dieses kombinierte Modell
wertet (siehe Abbildung 6). explizit nochmals zur Diskussion gestellt. Alle Experten bis auf zwei
Unentschiedene bewerteten dieses letztlich als sinnvoll. Auch die
In der Konsequenz sehen die Experten in der ersten Phase der Internationalität des Social Webs gebiete dies, so ein Leiter Presse-
Delphi-Befragung mehrheitlich eine Kombination aus dezentralen und Öffentlichkeitsarbeit aus einem Familienkonzern. Dass dabei
und zentralen Elementen als sinnvoll an: die klassischen Grenzen zwischen den Kommunikationsabteilun-
gen fließend ineinander übergehen, belegt folgendes Zitat: „Public
• „Es muss eine zentrale Stelle und zentrale Verantwortung geben. Relations und Unternehmenskommunikation werden für die Pla-
Dennoch wird und muss das Thema Social Media in fast allen nung des Einsatzes von Social Media entscheidend wirken, jedoch
Fachbereichen integraler Bestandteil werden. Dabei übernimmt muss ein harmonischer Konsens mit anderen Fachbereichen ge-
die zentrale Social-Media-Stelle eher eine strategische, überge- funden werden. Die Rolle der Führung obliegt künftig nicht dem
ordnete Rolle.“ (Senior Manager Digital Engagement, globales Marketing oder Vertrieb, sondern Public Relations und Unterneh-
Markenartikelunternehmen) menskommunikation.“ (PR-Manager, Wirtschaftsverband)
• „Dezentrale Verantwortung bei zentraler Koordination, das ist die Auf die Frage, wie die Zusammenarbeit zwischen zentralen Teams
Lösung.“ (Leiter Unternehmenskommunikation & Marketing, oder Experten und dezentralen Kommunikatoren in der Praxis ab-
Dienstleister) laufen soll, werden unterschiedliche Antworten gegeben. Knapp
und zielführend lässt sich die Aufgabe der Spezialisten wie folgt
• „Nur strategische Steuerung zentral. Ansonsten operativ in den beschreiben: „Grundlagen erklären. Verständnis schaffen. Vertrau-
Einheiten, da zentrale Steuerung zu langsam, komplex und auch en aufbauen.“ (Leiter Unternehmenskommunikation, globales ITK-
nicht Social-Media-gerecht. Organisation ist in jedem Fall eine Unternehmen). Konkret bedeutet das: „Die »Zentralen« sollten ein
23
24. 4. Kooperationsformen
Grundgerüst vorgeben, die Koordination der Themen überwachen „Es muss eine klare Regelung mit beiden Elementen »Hol- und
und steuern, »Trend-Monitoring« betreiben, Schnittstelle für die Bringschuld« auf allen Seiten geben. Dezentral muss schnell re-
unterschiedlichen Disziplinen darstellen, übergreifende Corporate- agiert werden können und zentral muss immer transparent sein,
Themen bereitstellen und die globale Social-Media-Strategie vor- was gerade dezentral passiert. Es wird wohl ein zentrales Moni-
geben. Den dezentralen Kommunikatoren kommt eine ähnliche toring-/Social-Media-Cockpit geben müssen. Dezentrale Einhei-
Rolle zu, wobei ihre Ansprechpartner inhaltlich verantwortlich sind ten haben klare Regeln, was sie ohne Rücksprache/Koordination
für die Themen. In regelmäßigen Abstimmungsrunden sollten re- machen können und was Koordination/Absprachen erfordert.
levante Themen in Redaktionskonferenzen besprochen und ver- Notwendig ist eine Gesamtstrategie zum Einsatz von Social Me-
abschiedet werden können. Die »Zentralen« sprechen nach dem dia, die vom Top-Management kommt und nicht selektiv von PR,
»Arm‘s-Length«-Prinzip Handlungsempfehlungen aus.“ (Leiter Marketing oder anderen Bereichen getrieben ist.“ (Medienforscher,
Online-Kommunikation, DAX-Konzern) Hochschule)
Ähnlich diesem Zitat wird von vielen Experten der regelmäßige Aus- Zur Regulierung des Prozesses wird an anderer Stelle jedoch rela-
tausch in mehr oder minder institutionalisierten Gremien betont. tivierend angeführt: „Social Media [bedeuten] Kontrollverlust der
Die Zweiseitigkeit des Austauschprozesses ist dabei wichtig: Kommunikation. Jeder Versuch, das zu kontrollieren, kann nicht
funktionieren. Man kann nur Leitplanken und Regeln aufstellen. Der
Rest läuft komplett dezentral. Einer zentral gemanagten Brand folgt
man nicht in Social Media, da Marken nicht sozial sind und keine
Personen sind.“ (Leiter Online-Kommunikation, DAX-Konzern)
24
27. 5. Social Media Guidelines
5. Social Media Guidelines:
mehr Akzeptanz durch
Einbindung der Mitarbeiter
„Es sollten zentral zwar strategische Rahmenbedingungen und Guidelines er-
arbeitet werden, Geschäftsfelder oder regionale Teilorganisationen werden aber
nicht umhinkönnen, den strategischen Rahmen selbst angepasst auszufüllen.“
Medienforscher, Hochschule
27
28. 5. Social Media Guidelines
Die inhaltliche Steuerung von Social-Media-Kommunikation ist punkte. Thematisch werden in Guidelines mehrere Dimensionen
eine Gratwanderung zwischen notwendigen Vorgaben und der für behandelt, durchschnittlich handelt es sich um sieben unterschied-
partizipative sowie dialogische Interaktionen typischen Flexibilität. liche Themenkomplexe. Am häufigsten wird auf „Benimmregeln
Diese findet ihren Ausdruck in Social Media Guidelines, die für die für Social Media“ (10,5 Prozent der Nennungen), Ansprechpart-
Aktivitäten der Organisationsmitglieder im Social Web Orientie- ner für Social-Media-Aktivitäten (9,4 Prozent der Nennungen) und
rung und Aufklärung bieten sollen, ohne die Kreativität durch allzu die Trennung beruflicher und privater Aktivitäten (9,8 Prozent der
starre Regelungen einzuengen. Nennungen) verwiesen.
Status quo. Die quantitative Erhebung zeigt, dass 39 Prozent der Social Media Guidelines durchlaufen wie viele andere organisato-
befragten Organisationen über Social Media Guidelines verfügen. rische Regelungen unterschiedliche Entwicklungsstadien. Von den-
Im Vergleich zum Vorjahr ist das eine Steigerung um acht Prozent- jenigen Organisationen, die über solche Regeln verfügen, befinden
Planung & Abstimmung
In Kraft
In Überarbeitung
14,2 %
30,6 %
Social Media Delphi 2012 / n = 337 Kommunikationsverantwortliche, die angeben, in
ihrer Organisation über Social Media Guidelines zu verfügen / F 11: Welche der folgen-
den Aussagen beschreibt den Stand der Dinge in Ihrer Organisation am besten?
49,9 %
Abb. 7: Entwicklungsstadien von Social Media Guidelines
28
29. sich 30,6 Prozent in einem frühen Stadium der Planung und Ab- zent der Delphi-Experten attestieren, dass die Implementierung sehr
stimmung, bei 49,9 Prozent sind die Guidelines in Kraft und bei aufwendig sei. Worin die Schwierigkeiten liegen, verdeutlich folgen-
14,2 Prozent in Überarbeitung oder bereits wieder abgeschafft (vgl. de Expertenmeinung:
Abbildung 7). Hier sind für die Zukunft weitere Entwicklungen und
Verschiebungen der prozentualen Anteile zu erwarten. Die empi- „Social Media [sind] eben gerade kein weiterer Kommunikations-
rischen Daten belegen zudem, dass Governance-Strukturen einen kanal, sondern ein Culture Change. Jeder Mitarbeiter vertritt per
Rahmen auf Zeit bilden. Das bedeutet zugleich, dass dieser sich Social Media sein Unternehmen nach außen und vernetzt sich mit
immer wieder selbst revidiert und der Entwicklung angepasst wer- seinen Peers. Dies ist ein (bewusster) Kontrollverlust der zentra-
den muss. len Unternehmenskommunikation, der so gefördert werden muss
− Stichwort »Trainings statt Kontrolle«.“ (Leiter Online-Kommuni-
Perspektiven. Die heutige und künftige Bedeutung von Guidelines kation, DAX-Konzern)
wird durch die Delphi-Befragung unterstrichen. 62 Prozent der be-
fragten Experten halten Guidelines für wichtig oder sehr wichtig
(vgl. Abbildung 8). Diese sollten von einer zentralen Stelle in der
Organisation als grobe Leitplanken für den Arbeitsalltag dezentral
organisierter Kommunikatoren vorgegeben werden, so der Leiter
Social-Media-Evaluation eines Analyseinstituts.
Bei der praktischen Umsetzung hapert es allerdings. Die Entwick-
lung von Guidelines wird häufig als kompliziert beschrieben. 47 Pro-
29
30. 5. Social Media Guidelines
Doch nicht nur die inhaltliche Gestaltung der Guidelines ist rele- Experten ist die Meinung hierzu allerdings nicht so eindeutig: 56,3
vant, sondern auch deren Akzeptanz im Arbeitsalltag. Um von Mit- Prozent der Befragten halten es für sinnvoll, Mitarbeiter bei der
arbeitern berücksichtigt zu werden, bedarf es wie bei allen Verän- Erstellung von Social Media Guidelines einzubeziehen, da die Re-
derungen und Neuerungen zunächst einmal einer grundsätzlichen geln ansonsten schwerer Akzeptanz finden und ihre Wirkung nicht
Zustimmung. Im Rahmen des Change Managements wird diesbe- entfalten können. 18,8 Prozent unterstützen diese These nicht. Die
züglich empfohlen, die beteiligten Akteure bereits bei der Entwick- Partizipation stößt an Grenzen, wenn die Anbindung an übergeord-
lung künftiger Vorgaben gezielt zu involvieren. Unter den Delphi- nete Organisationsziele sichergestellt werden soll.
Abb. 8: Relevanz von Social Media Guidelines
Wie aufwendig ist die Entwicklung von 3% 19 % 31 % 38 % 9%
Social Media Guidelines?
Wie wichtig sind Social Media Guidelines für den
3% 9% 25 % 34 % 28 %
Kommunikationserfolg im Social Web?
Social Media Delphi 2012 / n = 32 Experten / Angegeben
ist die durchschnittliche Zustimmung auf einer Skala von 0 % 10 % 20 % 30 % 40 % 50 % 60 % 70 % 80 % 90 % 100 %
1 „gar nicht“ bis 5 „sehr“.
1 [gar nicht] 2 3 4 5 [sehr]
30
33. 6. Evaluation
6. Evaluation:
schwierige Suche nach
validen Kennzahlen
„Reichweiten-Kennzahlen sind leicht darzustellen − das hilft insbesondere bei
der Argumentation um Budgets. Qualitative Zahlen und die Darstellung des
spezifischen Nutzens, also der RoI, sind weiterhin sehr schwer abzubilden.“
Senior Manager Digital Engagement, globales Markenartikelunternehmen
33
34. 6. Evaluation
Um den Wertschöpfungsbeitrag von Social-Media-Kommunikation Status quo. Nahezu acht von zehn Befragten der quantitativen
beurteilen zu können, ist eine Evaluation der eigenen Maßnahmen Studie geben an, dass ihre Organisationen noch nicht über not-
unabdingbar. Dadurch werden Informationen generiert, die für wendige Kennzahlen für die Social-Media-Evaluation verfügen. Ob-
eventuelle Anpassungen und Optimierungen hilfreich sind, und der wohl dieser Wert eine Verbesserung um neun Prozentpunkte seit
Kreislauf des Kommunikationsmanagements wird geschlossen – dem Vorjahr bedeutet, muss der positive Trend kritisch hinterfragt
die Planung neuer Aktivitäten kann beginnen. werden. Denn 40,2 Prozent derer, die bereits evaluieren, tun dies
Wir evaluieren vereinzelt und in
40,2 %
unregelmäßigen Abständen.
Wir verwenden eher subjektive Eindrücke
29,2 %
als quantitative Maßzahlen.
Wir erheben einzelne spezifische
26,0 %
Kennzahlen für Social Media.
Wir experimentieren gerade mit einem umfassenden
14,5 %
Evaluationssystem, speziell für Social Media.
Wir haben ein etabliertes und umfassendes
4,0 %
Evaluationssystem, speziell für Social Media.
Wir haben Kennzahlen traditioneller Medien
2,0 %
auf Social Media übertragen.
0% 5% 10 % 15 % 20 % 25 % 30 % 35 % 40 % 45 % 50 %
Abb. 9: Praxis der Evaluation von Social-Media-Kommunikation Social Media Delphi 2012 / n = 650 Kommunikationsverantwortliche aus Organisationen, die
bereits im Social-Media-Bereich evaluieren / F 25: Wie wird die Social-Media-Kommunikation in
Ihrer Organisation evaluiert? (Mehrfachnennungen möglich)
34
35. nur sporadisch und 29,2 Prozent primär auf Grundlage subjektiver • „Messbarkeit, Erfolgskontrolle und Beitrag zur Wertschöpfung
Eindrücke. Nur 26,0 Prozent verwenden einzelne spezifische Kenn- liegen noch längst nicht vor.“ (Leiter Unternehmenskommunika-
zahlen für Social Media und 18,5 Prozent setzen auf umfassende tion, MDAX-Unternehmen)
Social-Media-Kennzahlensysteme (vgl. Abbildung 9).
• „Insbesondere die Messung des Effektes von Kommunikation
Perspektiven. Wie sich an den Zahlen ablesen lässt, gibt es an vie- und dessen quantitative Beschreibung ist generell schwer und
len Stellen noch Handlungsbedarf. Dies wird von den Experten in im Social Web noch komplizierter.“ (Head of Public Relations &
der Delphi-Befragung unterstrichen: Investor Relations, MDAX-Unternehmen)
Bis Ende 2013 6,3 %
In 1 bis 3 Jahren 40,6 %
In 4 bis 6 Jahren 28,1 %
In 7 bis 9 Jahren 9,4 %
Ich sehe das langfristig nicht 15,6 %
0% 5% 10 % 15 % 20 % 25 % 30 % 35 % 40 % 45 % 50 %
Abb. 10: Prognose zur Etablierung von Social-Media-Kennzahlensystemen Social Media Delphi 2012 / n = 32 Experten / F 10: Bis wann werden
umfassende Kennzahlensysteme für die Social-Media-Kommunikation
flächendeckend verbreitet sein?
35
36. 6. Evaluation
Die an der Delphi-Befragung beteiligten Experten gehen mehrheit- Auf der einen Seite stimmen die Experten der These, dass eine spe-
lich nicht davon aus, dass sich dies in naher Zukunft ändern wird zifische und systematische Social-Media-Evaluation für den Kom-
(vgl. Abbildung 10). Zwar erwarten 40,6 Prozent der Befragten laut munikationserfolg im Social Web wichtig ist, klar zu (durchschnittli-
den Ergebnissen der zweiten Delphi-Welle eine flächendeckende che Zustimmung von 4,2 auf einer 5er-Skala). Auf der anderen wird
Verbreitung umfassender Kennzahlensysteme für die Social-Media- die Entwicklung entsprechender Kennzahlen als schwierig bewertet
Kommunikation in den kommenden drei Jahren, doch 53,1 Prozent (durchschnittliche Zustimmung von 3,9). Als Gründe dafür be-
halten einen längeren Zeithorizont für realistisch oder gehen sogar schreiben die Experten unterschiedliche Sachverhalte: Einige davon
davon aus, dass dies gar nicht eintreten wird. treffen auf die Evaluation von Kommunikation im Allgemeinen zu,
wie zum Beispiel, dass einheitliche Patentrezepte nicht ausreichen,
Die Delphi-Diskussion weist auf eine Diskrepanz hin, die den Hand- sondern unternehmens- und zielangemessen vorgegangen werden
lungsbedarf beim Thema Erfolgsmessung sichtbar untermauert. müsse (Web-Manager, globale Non-Profit-Organisation). Andere
Wie schwierig ist es, die Evaluation von Social Media 3% 9% 31 % 41 % 16 %
mit strategischen Zielen zu verbinden?
Wie stark wird Ihrer Meinung nach der Fokus der
6% 31 % 25 % 56 % 6 %
Evaluation auf die Reichweitenmessung gelegt?
0% 10 % 20 % 30 % 40 % 50 % 60 % 70 % 80 % 90 % 100 %
1 [gar nicht] 2 3 4 5 [sehr]
Abb. 11: Expertenmeinungen zur Social-Media-Evaluation Social Media Delphi 2012 / n = 32 Experten / Angegeben ist die durch-
schnittliche Zustimmung auf einer Skala von 1 „gar nicht“ bis 5 „sehr“.
36
37. Hindernisse beziehen sich speziell auf die Eigenarten des Social wird die mangelnde Verknüpfung der Social-Media-Kommuni-
Webs. Dieses zeichne sich durch „hohe Komplexität (Social Me- kation mit den strategischen Zielen der jeweiligen Organisation
dia-Aktivitäten sind oft Beziehungsmanagement, reine Reichwei- von den Delphi-Experten als besonders schwierig angesehen (vgl.
tenmessungen etc. sind da aussagearm) und Wechselwirkungen“ Abbildung 11). Dies dürfte der Grund dafür sein, warum der Fokus
aus, was die Evaluation erschwere (Medienforscher, Hochschule). auch in Zukunft überwiegend auf die Reichweitenmessung gelegt
Einer der befragten Experten konkretisiert dies wie folgt: „Es fehlen wird, etwa indem Follower bei Twitter und Fans bei Facebook ge-
noch valide Kennzahlen, die beispielsweise den Vernetzungsgrad zählt werden. Die mangelnde Aussagekraft solcher Daten liegt je-
oder die Meinungsführerschaft von einzelnen Multiplikatoren be- doch auf der Hand.
rücksichtigen. Die alten Reichweitenzahlen für Kommunikation ge-
nügen hier nicht.“ (Manager Social Media Strategy, DAX-Konzern) Weiterhin werde die Social-Media-Evaluation durch die Fülle ver-
fügbarer Online-Daten und die notwendige Selektion anhand von
Ein weiterer Teilnehmer des Expertenpanels, PR-Manager eines Relevanzkriterien erschwert (Geschäftsführer, Unternehmensbe-
Wirtschaftsverbandes, gibt zu bedenken: „Bislang mangelt es an ratung), obwohl es doch vor allem auf eine rasche Ableitung von
Anerkennung und Akzeptanz einzelner Evaluationsmethoden. Ver- Maßnahmen ankomme (Leiter Unternehmenskommunikation,
bände, Gremien und Organisationen wie der BVDW, AGOF und globales ITK-Unternehmen). Outsourcing und der Einkauf von ex-
IVW werden bei der Findung von Marktstandards eine entscheiden- ternem Know-how bergen nach Ansicht der Experten nur ein be-
de Rolle spielen.“ Hinzu komme, dass man „nur das messen kann, grenztes Verbesserungspotenzial: „Die Dienstleister sind derzeit
was man vorher festlegt. Sprich: Welche Ziele verfolgt mein Unter- noch nicht in der Lage, ein auf die individuellen Bedürfnisse exakt
nehmen mit seinen Social-Media-Maßnahmen? Ich befürchte, dass zugeschnittenes Monitoring anzubieten“, so der Leiter Unterneh-
die meisten Unternehmen nur schwer messbare Ziele verfolgen, menskommunikation eines MDAX-Unternehmens. Sobald Hür-
zum Beispiel einen Imagegewinn.“ (Pressesprecher, globales ITK- den wie etwa mangelnde Kenntnisse über Zusammenhänge und
Unternehmen). Folglich falle auch die Erfolgsmessung sehr schwer Stellschrauben überwunden sind, locken allerdings Chancen wie
(Head of Public Relations & Investor Relations, MDAX-Unterneh- ein potenziell „höherer Erkenntnisgewinn über Kommunikations-
men). Die Analysen würden meist auch nicht konsequent genutzt themen und -wege“ (Leiter Unternehmenskommunikation, MDAX-
für die Optimierung und künftige Gestaltung der Kommunikation, Unternehmen). Ausführlicher wird dieser Sachverhalt in folgendem
so der Geschäftsführer einer Unternehmensberatung. Insgesamt Expertenzitat beschrieben:
37
38. 6. Evaluation
„Social-Media-Evaluation bietet die große Chance des direkten Er- Die Entwicklung spezifischer Kennzahlen und Evaluationssysteme
mittelns aktueller Meinungsbilder von relevanten Stakeholdern, die steht diesen Ergebnissen zufolge und ungeachtet vieler gegentei-
im Social Web aktiv sind. Außerdem können durch die Evaluation liger Versprechungen von Dienstleistern erst am Anfang. Vielfach
Strategien und Maßnahmen zielorientierter durchgeführt werden. wird nur experimentiert. Ein Experte, der PR-Manager eines Wirt-
Hürden sind auf operativer Ebene die großen Datenmengen und die schaftsverbandes ist, resümiert deshalb: „Manchmal muss man
kaum vorhandenen Standards der Messung. Die Standardisierung den Dingen ihren Lauf geben und die Entwicklung beobachten.“
scheitert aus meiner Sicht derzeit sowohl an der fehlenden verbands- Wichtig ist es aber, die übergreifende Problemlage zu lösen:
und unternehmenspolitischen Durchsetzbarkeit als auch am fehlen- „Evaluation im Allgemeinen fällt im täglichen Geschäft der Un-
den wirtschaftlichen Modell zur Etablierung eines Messverfahrens. ternehmenskommunikation hinten runter. So wird es auch der
Derzeit vorhandene Evaluationsmethoden sind außerdem noch re- Evaluation von Social-Media-Aktivitäten gehen.“ (Unternehmens-
lativ kostenintensiv und in vielen Unternehmen/Organisationen, die sprecher, Industrieunternehmen)
ihre Social-Media-Kommunikation kürzlich aufgebaut haben, nicht
budgetiert.“ (Leiter Social-Media-Evaluation, Analyseinstitut)
38
41. 7. Investitionen für Social Media
7. Investitionen für Social Media:
steigende Budgets für strategische
und operative Aufgaben
„Wir Deutschen trennen Social Media noch sehr stark von unserem
Berufsalltag; entsprechend stellt diese Art der Investition noch für viele
»die Kür« der Kommunikation dar.“
Leiter Online-Kommunikation, DAX-Konzern
41
42. 7. Investitionen für Social Media
Ungeachtet aller Zielvorstellungen und Strategien werden in ar-
beitsteiligen Organisationen immer Ressourcen und Budgets be-
nötigt, um Aktivitäten auf Dauer zu etablieren. Dies gilt auch für
die Kommunikation in sozialen Netzwerken. Denn der Aufwand
für die Aufrechterhaltung entsprechender Strukturen und die Um-
setzung von Maßnahmen ist nicht zu unterschätzen. Naturgemäß
gibt es nur wenige öffentlich zugängliche Angaben zu diesem wett-
bewerbskritischen Thema. Daher widmet die vorliegende Studie
diesem einen gesonderten Fragenblock.
Status quo. 39 Prozent der Befragten geben in der quantitativen
Erhebung an, über ein spezielles Social-Media-Budget für Kommu-
nikationsaufgaben zu verfügen. Das ist eine deutliche Steigerung
um 22 Prozentpunkte seit 2011. Die Mehrheit der Befragten (64
Prozent) glaubt, dass dieses Budget in den kommenden drei Jah-
ren weiter steigen wird. Investiert wird vor allem in Inhalte sowie
in Strategien, den Aufbau von Kanälen und die Entwicklung von
Netzwerken – ein typisches Muster für neu entstehende und sich
allmählich durchsetzende Handlungsfelder (vgl. Abbildung 12).
42
43. Erstellung und Verwaltung von Inhalten 68,5 %
Konzeption und strategische Entwicklung 54,2 %
Technischer Kanalaufbau und -gestaltung 43,9 %
Aufbau und Pflege von Kontakten im Social Web 43,0 %
Monitoring und Erfolgskontrolle 30,6 %
Aus- und Weiterbildung 12,4 %
Sonstiges 1,8 %
0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70%
Social Media Delphi 2012 / n = 332 Kommunikationsverantwortliche in Organisationen, Abb. 12: Derzeitige Investitionsschwerpunkte bei der
die über ein Social-Media-Budget verfügen / F 10: In welche Dimensionen von Social
Media investiert Ihre Organisation primär? (Mehrfachnennungen möglich) / Angege- Social-Media-Kommunikation
ben sind die relativen Häufigkeiten, bezogen auf alle Nennungen.
43
44. 7. Investitionen für Social Media
Perspektiven. Die positive Entwicklung der Budgets wird in der Del- Den Zusammenhang zwischen Budget und Kommunikationserfolg
phi-Befragung bestätigt (vgl. Abbildung 13). Die Experten vermuten, sehen die Experten ambivalent. Sie betonen ferner, dass es schwierig
dass finanzielle Mittel vor allem für Maßnahmen in den Bereichen sei, gesonderte Budgets für die Social-Media-Kommunikation zu er-
Human Resources, Marketing, Unternehmenskommunikation, halten (vgl. Abbildung 13).
Kundenservice, (Social) Media Relations, Interne Kommunikation,
E-Commerce und Produktentwicklung bereitgestellt werden. Ein Als Gründe für diese Schwierigkeiten werden unter anderem ange-
Experte relativiert jedoch: „Wobei ich eher davon ausgehe, dass die führt: ein geringes Verständnis für das Thema in der Geschäftslei-
Budgets eher umgeschichtet werden als zusätzlich bereitgestellt.“ tung beziehungsweise Organisationsführung, Kompetenzmangel,
(Leiter Social-Media-Evaluation, Analyseinstitut). Zwei weitere Exper- fehlende Relevanz der Online-Kommunikation im Vergleich zu klas-
ten drücken dies noch drastischer aus: sischen Kommunikationsinstrumenten oder das Fehlen von Erfolgs-
nachweisen, die auch vor dem Top-Management standhalten. Letz-
• „Ich halte dezidierte Social-Media-Budgets für Quatsch. Gute Kom- teres wird in folgendem Zitat näher beschrieben:
munikationsbereiche allokieren ihre Gesamtmittel je nach Anfor-
derung flexibel über alle Kanäle − und sind groß genug, um die „Das Problem: keine Darstellung und Beweisführung für den RoI
als relevant und wertschöpfend erkannten Kanäle dauerhaft zu (Return on Investment) von Social-Media-Maßnahmen. Sprich:
bedienen.“ (Leiter Unternehmenskommunikation & Marketing, hohe Kosten ohne klare Belegung des Mehrwerts für den Ge-
Dienstleister) schäftserfolg.“ (Senior Manager Digital Engagement, globales
Markenartikelunternehmen).
• „Es wird sich aus meiner Sicht zunehmend in den Arbeitsalltag
aller Kommunikatoren integrieren. Social Media wird in drei Jahren
kein eigenständiger Zweig mehr sein, sondern ein Kommunikati-
onstool, das alle Kommunikatoren nutzen.“ (Social Media Mana-
ger, DAX-Konzern)
44
45. Für wie zutreffend halten Sie folgende Prognose:
Aufwendungen für Social-Media-Kommunikation in Unternehmen und ande-
ren Organisationen in Deutschland werden in den kommenden drei Jahren 4,41
steigen.
Wie stark hängt Ihrer Meinung nach der Erfolg von Kommunikationsmaß- 3,26
nahmen in sozialen Medien mit dem dafür bereitgestellten Budget zusammen?
Ist es einfach, in Organisationen gesonderte Budgets für Social-Media- 2,62
Kommunikation zu erhalten?
1 2 3 4 5
Zustimmung [gar nicht] [sehr]
Abb. 13: Prognose zu Budgets für die Social-Media-Kommunikation Social Media Delphi 2012 / n = 32 Experten / Angegeben ist die durch-
schnittliche Zustimmung auf einer Skala von 1 „gar nicht“ bis 5 „sehr“.
45
46. 8. Zusammenfassung & Trends
8. Zusammenfassung
der Ergebnisse und Trends
Die Analyse der quantitativen und qualitativen Entwicklungsten-
denzen ermöglicht es, einige zusammenfassende Trendaussagen
festzuhalten:
1. Evolution vom Aktionismus zur Social Media Governance 2. Kombination aus dezentralen und zentralen Zuständigkeiten
Die Rahmenbedingungen für die Kommunikation in sozialen Für die Integration von Social Media in vorhandene Organisations-
Netzwerken haben sich in deutschen Organisationen deutlich ver- strukturen und Abläufe gibt es kein Patentrezept. Zwar überwiegt
bessert: Etwas mehr als die Hälfte verfügt mittlerweile über fort- bei knapp einem Drittel der quantitativ befragten Kommunikati-
geschrittene Governance-Strukturen. Die an der Delphi-Befragung onsmanager die spontane, experimentelle Zusammenarbeit. Aller-
beteiligten Experten halten solche Strukturen für sehr wichtig dings agieren nur noch 19 Prozent der befragten Organisationen
(durchschnittliche Zustimmung von 4,34 auf einer 5er-Skala), aber komplett ohne jede Regelung. Oft werden zentrale Expertise und
auch für schwierig umsetzbar. Die Prognose besagt, dass trotz vie- dezentrale Umsetzung kombiniert. Nahezu alle Experten aus der
ler Hindernisse immer mehr Organisationen die notwendigen und Delphi-Befragung empfehlen dieses Modell. Auch wenn diese Vor-
erfolgskritischen Rahmenbedingungen für die Kommunikation im gehensweise in Deutschland noch nicht flächendeckend verbreitet
Social Web schaffen. ist, experimentieren einige Organisationen bereits damit. Aufgrund
der spezifischen Vorteile halten Experten dieses Organisationsmo-
dell für am sinnvollsten, empfehlen aber: „Let the people find their
way!“ (Leiter Unternehmenskommunikation, MDAX-Unternehmen)
46
47. 3. Social Media Guidelines kommen 5. Steigende Investitionen
Social Media Guidelines gibt es in vier von zehn der befragten 39 Prozent der befragten Organisationen haben inzwischen spe-
Organisationen. Inhaltlich geht es dabei am häufigsten um Be- zifische Budgets für Social Media (plus 22 Prozentpunkte gegen-
nimmregeln im Social Web, die Trennung beruflicher und privater über 2011). Investiert wird vor allem in Inhalte sowie in Strategien,
Kommentare sowie Ansprechpartner für Social-Media-Aktivitäten. den Aufbau von Kanälen und die Entwicklung von Netzwerken –
Unter den Delphi-Experten besteht keine Einigkeit darüber, ob Mit- ein typisches Muster für neu entstehende Handlungsfelder. Mehr
arbeiter bei der Erstellung von Guidelines involviert werden sollen. als drei Viertel der befragten Experten glauben allerdings, dass es
Der Zukunftstrend lautet, dass sich Guidelines in den Organisatio- schwierig ist, spezifische Budgets für Social-Media-Kommunikati-
nen weiter verbreiten. on bereitzustellen. Genannte Hindernisse sind beispielsweise das
fehlende Verständnis für die neuen Kommunikationskanäle oder
4. Nachholbedarf bei der Evaluation der Mangel an Erfolgsnachweisen. Für die Zukunft wird vermutet,
Nur jede fünfte Organisation setzt bislang Kennzahlen oder Kenn- dass Budgets für Social-Media-Kommunikation weiter steigen. Es
zahlensysteme ein, um den Erfolg der Social-Media-Kommunika- werden jedoch häufig Mittel umgelagert und der langfristige Sinn
tion zu bestimmen. Die meisten Experten erwarten diesbezüglich spezifischer Budgets angezweifelt, da die Nutzung entsprechender
kurzfristig keine flächendeckenden Verbesserungen. In ihren Augen Plattformen überall zum Mainstream wird und daher nicht mehr
werden die mangelnde Verbindung zwischen Evaluation und stra- gesondert investiert werden muss.
tegischen Zielen der Organisation (57 Prozent Zustimmung) sowie
die Schwerpunktsetzung bei der Reichweitenmessung (62 Prozent
Zustimmung) die Diskussion weiter bestimmen.
47
48. 9. Handlungsempfehlungen
9. Handlungsempfehlungen für die Praxis
Die vorliegende Studie untersucht die Entwicklung von Gover- Aufkommen von Social Media oft zitierte „Kulturwandel“ in der
nance-Strukturen für Social Media in Organisationen und die Nut- Kommunikation und Zusammenarbeit steht noch immer an An-
zung von sozialen Medien in der Organisationskommunikation. fang. Das Fehlen echter „Killerapplikationen“ und die aufwendigen,
Nach wie vor werden diese, wie die Vorjahresstudie „Social Media mit Social Media verbundenen Veränderungsprozesse sorgen da-
Governance 2011“ und andere Untersuchungen zeigen, primär in für, dass Organisationen meist eher vorsichtig investieren.
den Bereichen Corporate Communications, Produkt- und Marken-
kommunikation und Employer Branding angewendet. Die tiefere Dennoch sind Social Media keine Modeerscheinung: Akzeptanz und
Verzahnung mit Geschäftsprozessen und der Einsatz für die interne Nutzung nehmen in allen Gesellschaftsbereichen kontinuierlich wei-
Zusammenarbeit stehen bei vielen Unternehmen noch am Anfang. ter zu, immer neue Plattformen drängen auf den Markt und setzen
neue Anwendungsphantasien frei. Auch bei den Werkzeugen für das
Zwar weist die vorliegende Studie bei den meisten Parametern für Social Media Management, ob für Monitoring und Analyse oder die
die Gruppe der Befragten eine tendenziell positive Entwicklung Steuerung von Communitys und Inhalten, schreitet die Entwicklung
aus. Jedoch muss auch davon ausgegangen werden, dass ein sehr erfreulicherweise weiter voran. Doch wie sollten Unternehmen mit
großer Teil der Unternehmen, NGOs oder staatlichen Organisatio- der nicht mehr umkehrbaren Entwicklung umgehen?
nen in Deutschland das Thema Social Media überhaupt noch nicht
aufgegriffen hat oder erst ganz am Anfang steht. Die wachsende Strategische Orientierung
Zahl an erfolgreichen Fallbeispielen liefert Anhaltspunkte, wo die Grundsätzlich muss sich jede Organisation fragen, ob soziale Me-
Entwicklung hingehen könnte. Darüber hinaus belegt die diesjäh- dien für die eigenen Ziele überhaupt relevant sind, ob die Entwick-
rige Delphi-Befragung, dass trotz zunehmendem Social-Media- lung Auswirkungen auf das eigene Umweltsystem und die eigenen
Engagement die Anpassung der Strukturen, die Dialogfähigkeit Geschäftsprozesse hat und ob damit auch Implikationen für die
von Unternehmen und die inhaltliche Ausgestaltung der Social- eigenen Unternehmensziele zu erwarten sind.
Media-Aktivitäten noch oft durch klassische Denkmuster behindert
werden. Know-how-Defizite, interne Widerstände wie Silodenken, Erst im Anschluss an die Beantwortung der in Abbildung 14 skiz-
die Verhaftung in klassischem Kommunikationsgebaren und das zierten strategischen Fragen ist zu klären, ob und wie in Social Me-
Fehlen belastbarer Betrachtungen zur Wertschöpfung durch Kom- dia investiert werden sollte und wie das Thema in der Organisation
munikation sind nur einige der genannten Gründe. Der mit dem verankert werden kann.
48
49. Können wir das leisten? Ist das für uns sinnvoll?
Werden Social
Media bei uns /
in unserem Eco-
System genutzt?
Wird über uns/
Wie messen wir unsere Themen im
unsere Ergebnisse? Social Web disku-
tiert/berichtet?
Welche Wie beinflussen
Strategie
Ressourcen werden Social Media unsere
entwickeln
dafür benötigt? Geschäftsprozesse?
Verantwortung Welche
Wie gelingt die
klären, ggf. Unternehmensziele
Integration von
Social Media können via Social
Social Media in die
Board Media unterstützt
Organisation?
werden?
Welche Chancen
Gibt es ein
und Risiken sind
Commitment des
mit Social Media
Managements?
verbunden?
Gibt es geeignete
Pilotanwendungen?
Abb. 14: Strategische Fragen für den Einstieg in Social Media
49
50. 9. Handlungsempfehlungen
Auch wenn die Entscheidung gefällt wird, sich nicht aktiv im Soci- Es muss von Anfang an durchdacht werden, in welchen Aufgaben-
al Web zu engagieren, empfiehlt es sich, das Social Web dennoch feldern Social-Media-Aktivitäten sinnvoll und welche Chancen und
kontinuierlich hinsichtlich Erwähnungen des eigenen Unterneh- Risiken damit verbunden sind, wie und mit welchen Ressourcen
mens, unternehmensrelevanten Themen und gegebenenfalls auch diese in der Organisation zu verankern sind und wie Erfolge ge-
Mitbewerbern zu beobachten. Entsprechende Monitoring-Dienste messen werden sollen. Nicht zuletzt sollte gerade bei den meist
können relevante Entwicklungen und damit verbundene Chancen auf den Dialog mt Stakeholdern ausgerichteten Engagements der
offenbaren oder frühzeitig auf potenziell gefährliche Diskurse hin- Unternehmens- und Marktkommunikation über Content-Strate-
weisen. Auch empfiehlt es sich, den in Abbildung 14 genannten gien und eine Social-Media-adäquate Kommunikationsmethodik
Relevanz-Check zyklisch zu wiederholen. nachgedacht werden. Die häufig zu beobachtende Distribution be-
reits vorhandener Inhalte läuft oft an der Interessenslage der Stake-
Nicht zuletzt sollten Organisationen in Ergänzung zu anderen be- holder vorbei und trägt weder zu den gewünschten Dialogen noch
trieblichen Regelungen grundsätzlich Social Media Guidelines ein- zur Mobilisierung der adressierten Zielgruppen bei. Damit bleiben
führen. Da statistisch mittlerweile knapp die Hälfte aller Arbeitneh- zentrale Wertschöpfungspotenziale des Social Webs wie Weiter-
mer im Social Web aktiv ist, ist eine Organisation gefordert, zum empfehlung, Bindung, Feedback oder Ideengewinnung ungenutzt.
Schutz von Mitarbeitern und auch des Unternehmens für Aufklä-
rung zu sorgen und verbindliche Regelungen zu schaffen. Ernsthafte, zielgerichtete Social-Media-Engagements bedeuten
einen nicht unerheblichen personellen und finanziellen Aufwand.
Zielgerichtetes Vorgehen Die Studie zeigt, dass es mittlerweile bei deutlich mehr Organisa-
Im Abgleich mit der Praxis überrascht es nicht, dass nur ein Drittel tionen dezidierte, wenn auch überschaubare Budgets gibt. Es wird
der Studienteilnehmer über klare Zielformulierungen oder Strategie- erwartet, dass diese Budgets weiter zunehmen. Dennoch werden
papiere für das Social-Media-Engagement verfügt. Wer nicht formu- die notwendigen Ressourcen auch künftig zu einem guten Teil
liert, was via Social Media erreicht und welche Ziele verfolgt werden über die Umschichtung vorhandener Budgets bereitgestellt werden
sollen, wird es schwer haben, die Leitungsebene seines Unterneh- müssen. Aus Sicht der befragten Experten werden Social Media in
mens beziehungsweise seiner Organisation nachhaltig von Inves- absehbarer Zeit zum Arbeitsalltag aller Kommunikatoren gehören
titionsnotwendigkeiten zu überzeugen. Auch bei Social Media ist und nicht in einer gesonderten Spezialfunktion abgebildet.
spontanes „Dabeisein“ nicht alles und das oft beobachtbare Prinzip
des „Trial & Error“ nur in einer ersten Explorationsphase tragfähig.
50
51. Organisatorische Einbindung
Perspektivisch werden zunehmend mehr Mitarbeiter aus unter- erheblich mehr Aufklärung und Fortbildung notwendig, als in der
schiedlichen Abteilungen einer Organisation mit Social Media betrieblichen Praxis zu beobachten ist. Laut der vorliegenden Er-
konfrontiert werden, insbesondere wenn entsprechende Werkzeu- hebung werden bislang nur von jeder dritten Organisation Semi-
ge und Plattformen in der internen Kommunikation und Zusam- nare, Trainings oder Workshops für Social-Media-Kommunikation
menarbeit Einsatz finden sollen. Dazu ist nicht nur das Commit- angeboten. Die niedrigen Einstiegsbarrieren bei Twitter, Facebook
ment der obersten Führungsebene erforderlich. Auch müssen die oder YouTube verleiten anscheinend zum Irrglauben, dass „man ja
Mitarbeiter für die sinnvolle Nutzung von Social Media motiviert einfach mal so loslegen“ kann. Aufgrund der kontinuierlich wach-
werden, indem sie schon in die Entwicklung entsprechender Stra- senden Komplexität des Social Webs muss verstärkt in die Kompe-
tegien einbezogen werden. Wenn kognitive und emotionale Blocka- tenzentwicklung investiert werden.
den abgebaut werden sollen, sind neben Regelungen wie Guidelines
51
52. 9. Handlungsempfehlungen
Social Media betrifft neben der Kommunikation auch andere Funk- die weit über die Möglichkeiten zentral gesteuerter Plattformen hi-
tionsbereiche in Organisationen wie etwa Vertrieb, Service oder nausgehen. Entsprechend werden sich auch die internen Organisa-
Forschung und Entwicklung. Darüber hinaus sind bei international tionsformen wandeln müssen. Immer häufiger gibt es interdiszipli-
tätigen Organisationen regionale Bedürfnisse abzudecken. Bei vie- när zusammengesetzte Teams oder Social Media Boards, die in der
len Organisationen ist deshalb eine wachsende Differenzierung der Rolle eines Kompetenzzentrums die strategische Ausrichtung ver-
Social-Media-Aktivitäten nach Marken, Funktionsbereichen oder re- antworten und Leitplanken für die dezentrale Social-Media-Kom-
gionalen Erfordernissen zu beobachten. Nur so sind dezentral auf munikation setzen (vgl. Abbildung 15). Neben der Bündelung von
die jeweiligen Bezugsgruppen zugespitzte Angebote realisierbar, Kompetenz bieten solche Boards die Chance, bereichszentriertes
Übergreifende Koordination
Social Media Board
Vertreter der wichtigsten betroffenen Abteilungen
Strategieentwicklung, übergeordnete Empfehlungen und Koordination: Guidelines, Trainings, Empowerment der Mitarbeiter,
Best Practices, Plattformen, Vorgehen, Verzahnung mit bestehender Kommunikationsinfrastruktur, klare Zuständigkeiten,
tagesgeschäftliche Koordination: Kampagnen, Aktionen, Synergien, PR-Check (sozial-)mediale Vermittelbarkeit, Monitoring,
offener Kanal für Alerts
HR, F&E, andere Public Relations Marketing
Mitarbeiter
Externe Stakeholder
Abb. 15: Aufgaben eines Social Media Boards
52
53. Silodenken zu überbrücken, organisationsweit Synergien zu heben betrachtung setzt jedoch eine stärker auf die Geschäftsprozesse
und vor allem die mit der Nutzung von Social Media verbundenen bezogene Analyse voraus und wird unverzichtbar, wenn soziale
Change-Prozesse zu moderieren. Medien zunehmend enger mit den Kernzielen der jeweiligen Orga-
nisation verzahnt werden. Ohne die Erweiterung des Betrachtungs-
Monitoring und Analyse von Kennzahlen winkels, den Aufbau entsprechender Kennzahlensysteme oder zu-
Monitoring, Analyse und Erfolgskontrolle erfolgen in der Praxis mindest die Definition ausgesuchter qualitativer Erfolgskriterien
nach wie vor meist subjektiv ohne ausgefeilte Kennzahlensysteme. wird es Social-Media-Verantwortlichen perspektivisch schwerfallen,
Sie beschränken sich überwiegend, wie bereits in früheren Studi- weitere Investitionen durchzusetzen.
en ausgewiesen, auf Kommunikationskennzahlen wie Reichweite
(Follower, Freunde, Abonnenten, Web-Traffic, Mentions) oder Inter- Perspektiven und Herausforderungen
aktionsvolumen (Likes, Kommentare). Dies hat zum einen seine Social Media erfordern eine grundsätzliche Veränderung der von
Ursache in fehlenden verbindlichen Kennzahlen, in der nach wie Unternehmen genutzten Kommunikationsansätze. Statt der stark
vor stark kommunikationslastigen Nutzung von Social Media, ge- kontrollierten Einbahnstraßen-Information der Vergangenheit sind
ringen Budgets, dem Mangel an adäquaten Tools und vor allem Vorgehensweisen notwendig, die sich auf Dialoge und auf ver-
auch in der meist auf Kommunikation und nur wenige Parameter schiedene Interessen der Stakeholder einlassen. Dies erfordert die
beschränkten Sichtweise vieler Verantwortlicher. Finanzkennzahlen Bereitschaft zur kommunikativen Offenheit und die Abkehr von
oder wertschöpfende Beiträge werden oft aufgrund fehlender Mess- Kontrollillusionen. Es geht um die Legitimation organisatorischen
systeme und -möglichkeiten – wie so oft bei Kommunikation – nicht Handelns und um die Anschlussfähigkeit der eigenen Organisation
in die Betrachtung aufgenommen. an die veränderte Welt des Social Webs. Diese wird weitere Verän-
derungsprozesse induzieren, denen sich künftig nicht nur Kommu-
Dennoch müsste mehr Qualität in die Erfolgsmessung einfließen nikationsmanager stellen müssen.
können. Immerhin analysiert schon heute eine Minderheit der Un-
ternehmen die Auswirkungen von Social-Media-Aktivitäten: Auf
Kundenzufriedenheit, Empfehlungsverhalten, auf Kundenanfragen
und Verkaufszahlen, wertschöpfendes Kunden-Feedback, mehr
und bessere Bewerber, Mitarbeiterzufriedenheit, via Social Media
gewonnene Anregungen zu Innovationen oder auch Beiträge zur
Prozessverschlankung und Kostendämpfung. Die Form der Erfolgs-
53
55. Teilnehmer
Teilnehmer des Delphi-Expertenpanels
Arns, Tobias, BITKOM e.V., Berlin Knaus, Uwe, Daimler AG, Stuttgart
Atchison, Annabelle, Microsoft Deutschland GmbH, Kuntze, Dr. Roland, Telefónica o2 Germany, München
Unterschleißheim Lampe, Benjamin, Nokia GmbH, Ratingen
Bachem, Dr. Christian, Web Excellence Forum, Berlin Pirlich, Julia, Porsche Leipzig GmbH, Leipzig
Balázs, Stefan, RWE Aktiengesellschaft, Essen Pleil, Prof. Dr. Thomas, Hochschule Darmstadt, Dieburg
Balioglu, Zeynep, Infineon Technologies AG, München Kolo, Prof. Dr. Dr. Castulus, Macromedia Hochschule für
Bartelheimer, Hermin, Coca Cola GmbH, Berlin Medien und Kommunikation, München
Beck, Dr. Christina, Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung Santjer, Dr. Ulf, Puma AG, Herzogenaurach
der Wissenschaften e.V., München Schmidt, Charles, Krones AG, Neutraubling
Böttger, Nina Valesca, Volkswagen AG, Wolfsburg Schmidt, Dr. Jan-Hinrik, Hans-Bredow-Institut, Hamburg
Dittrich, Fabian, DWS Finanz-Service GmbH, Frankfurt am Main Schmidt-Kühnle, Patrick, BASF SE, Ludwisghafen
Eck, Klaus, Eck Kommunikation, München Schnoor, Mike, Bundesverband Digitale Wirtschaft
Fischer, Bettina, Henkel AG & Co. KgaA, Düsseldorf (BVDW) e.V., Düsseldorf
Gress, Dr. Felix, Continental AG, Hannover Skogstad, Silje, Deutsche Post DHL, Bonn
Hattendorf, Kai, Messe Frankfurt GmbH, Frankfurt am Main Sommer, Claudia, Greenpeace e.V., Hamburg
Heltzsche, Maren, AUSSCHNITT Medienbeobachtung, Berlin Stronk, Florian, Konami Digital Entertainment GmbH,
Hießl, Florian, Siemens AG, München Frankfurt am Main
Keuchel, Stefan, Google Deutschland GmbH, Hamburg Woehl, Markus, Voith GmbH, Heidenheim
Kiss, Patrick, Deutsche Euroshop AG, Hamburg
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56. Autoren
Autoren
Ansgar Zerfaß
Prof. Dr. Ansgar Zerfaß ist Universitätsprofessor für Kommunikationsmanagement am Institut für
Kommunikations- und Medienwissenschaft der Universität Leipzig sowie Executive Director der Euro-
pean Public Relations Education and Research Association, Brüssel.
» www.twitter.com/SocMediaScience » E-Mail: zerfass@uni-leipzig.de
Stephan Fink
Stephan Fink ist Sprecher des Vorstands der Fink & Fuchs Public Relations AG, Wiesbaden, Mitglied
der Medienpolitischen Kommission Hessen sowie Lehrbeauftragter für Online-Kommunikation an der
Universität Leipzig.
» www.twitter.com/stephanfink » E-Mail: stephan.fink@ffpr.de
Anne Linke
Anne Linke M.A. ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Leipzig. Sie forscht zum Thema
Online-Kommunikation und Social Media. Im Herbst 2012 wirkt sie als Gastdozentin an der University
of Technology, Sydney, Australien.
» www.twitter.com/annelinke » E-Mail: anne.linke@uni-leipzig.de
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57. Partner und Initiatoren
Partner und Initiatoren der Studie
Universität Leipzig,
Abteilung Kommunikationsmanagement und Public Relations
Die Universität Leipzig gilt als einer der führenden Forschungsstandorte und Think Tanks für Kommunikationsmanagement und Public Re-
lations in Europa. Im Master-Studiengang Communication Management (Nr. 1 im Ranking der deutschen PR-Studiengänge 2012) werden
Unternehmensführung und Kommunikation konsequent integriert. Die Forschungsleistung der Abteilung kommt in über 70 deutsch- und
englischsprachigen Büchern und über 340 Fachbeiträgen zum Ausdruck.
» www.communicationmanagement.de
Fink & Fuchs Public Relations AG
Fink & Fuchs Public Relations AG ist die Agentur für erfolgreiche Technologie- und Innovationskommunikation. Das 1988 gegründete Un-
ternehmen beschäftigt in Wiesbaden und München 70 Mitarbeiter. In den Marktfeldern Informationstechnologie und Telekommunikation,
Consumer sowie Industrie, Energie und Umwelt betreut die Agentur derzeit etwa 60 Kunden, darunter Adobe Systems, Cisco Deutschland,
Computacenter, Fonic, Samsung und Techem.
» www.ffpr.de
Magazin pressesprecher
Das Magazin pressesprecher ist die zentrale Plattform der deutschsprachigen Kommunikationsszene. Das Magazin berichtet über wissen-
schaftliche Hintergründe, aktuelle Ereignisse und über medien- und berufspolitische Entwicklungen. pressesprecher erscheint zehn Mal
im Jahr im Verlag Helios Media.
» www.pressesprecher.com
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