Am 1. Januar 2010 hat der Gesetzgeber das Beratungsprotokoll eingeführt. Die aktuelle Ausgabe von Kapital & Märkte analysiert dessen Folgen für den Beratungsprozess.
1. Kapital & Märkte
Ausgabe September 2014
Anlageberatung im Wandel
der Zeit
Vor fast genau sechs Jahren – im Herbst 2008 – erschütterte
die Pleite von Lehman Brothers die gesamte Finanzwelt. Ein
Risiko, von dem die Mehrzahl der Privatanleger bis dahin
wenig wusste, wurde von einem Tag auf den anderen omni-präsent:
Das Emittentenrisiko beziehungsweise das Adressausfallrisiko.
Viele Anleger erlitten mit Zertifikaten von Lehman Brothers
einen Totalverlust, obwohl sie glaubten, im Kern eine konser-vative
Anlage getätigt zu haben. Der Begriff der „Lehman
Oma“, der als Symbol für den unerfahrenen, deutschen Klein-anleger,
dem Bank- und Sparkassenberater Zertifikate von
Lehman Brothers verkauft hatten, war geboren.
Spätestens jetzt wurde der Ruf nach Regulierung so laut,
dass die Politik Maßnahmen in die Wege leiten musste, die
den Anleger besser vor Falschberatung schützen sollte. Das
führte zur Geburtsstunde des gesetzlich vorgeschriebenen
Beratungsprotokolls im Rahmen der Anlageberatung am
1.
Januar
2010. Damit wurde jede Abgabe von persönlichen
Empfehlungen an Kunden oder deren Vertreter, die sich auf
Geschäfte mit sogenannten Finanzinstrumenten beziehen,
protokollierungspflichtig. Die Anforderungen an den Inhalt
dieses Protokolls hat der Gesetzgeber im Laufe der vergan-genen
Jahre immer präziser formuliert und verfeinert. Neben
der Pflicht zu einer ausführlichen Kundenexploration (know
your customer) sowie der Informationspflicht steht vor allem
die Pflicht zur Prüfung der Geeignetheit des Finanzinstru-ments
für den jeweiligen Kunden (suitability test) im Mittel-punkt.
Banken und Sparkassen passten sowohl den Prozess
der Anlageberatung als auch alle nachgelagerten internen
Arbeiten mit hohem Aufwand auf diese neuen gesetzlichen
Rahmenbedingungen und Anforderungen an und schulten
das gesamte Personal in diesem Bereich. ❚
Wirtschaftlichkeit der Anlageberatung steht
auf dem Prüfstand
Im Laufe der letzten Monate erkannten jedoch einige Insti-tute,
dass die Wirtschaftlichkeit der Anlageberatung vor dem
Hintergrund dieser hohen administrativen Anforderungen
nicht oder nicht mehr ausreichend gegeben war und stellten
die Dienstleistung der Anlageberatung ein. Andere Institute
entwickelten neue Preismodelle oder formulierten eine
Mindestanlagesumme, die ein Kunde im Depot führen muss,
um Anlageberatung in Anspruch nehmen zu können.
Diese Tendenzen lassen den Schluss zu, dass die Dienst-leistung
der individuellen Anlageberatung in Zukunft nur
noch vermögenden Kunden offen stehen könnte. Weiter
deuten diese Umstände auch darauf hin, dass im Bereich der
Retailkunden, also bei Kunden mit einem liquiden Gesamt-anlagevermögen
von unter 250.000 Euro, weniger individu-elle
Produktlösungen sondern Produkte von der Stange an-geboten
werden.
Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob sich die
Qualität der Beratung durch die Einführung des Beratungsprotokolls
nachhaltig und langfristig im Kundeninteresse
verbessert, oder ob die Banken lediglich ihre aufsichtsrecht-lichen
Anforderungen erfüllen wollen, um keine Risiken zu
„produzieren“. Nach Rückmeldung von einigen unserer
Kapital & Märkte erhalten Sie sehr gerne auch per E-Mail.
Wenn Sie hiervon Gebrauch machen möchten, senden Sie uns bitte eine kurze E-Mail an:
KapitalundMaerkte@privatbank.de
2. Kunden konnten wir feststellen, dass der inhaltliche Mehr-wert
des Protokolls als sehr gering angesehen wurde. Einige
Kunden würden sogar ganz auf das Protokoll verzichten,
da es nur zusätzlichen Aufwand nach sich zieht. Diesem
Wunsch konnten und können wir jedoch aufgrund der ge-setzlichen
Verpflichtung zur Erstellung und Übergabe nicht
nachkommen. Lediglich durch die Einstufung eines Anlegers
als „professioneller Kunde“ kann auf das Erstellen eines
Beratungsprotokolls verzichtet werden.
Dabei muss ein „professioneller Kunde“ mindestens zwei von
diesen drei Basiskriterien erfüllen:
••Erstens muss er während des letzten Jahres durchschnittlich
zehn Geschäfte von erheblichem Umfang im Quartal
getätigt
haben.
••Zweitens muss er über Bankguthaben und Finanzinstru-mente
von mehr als 500.000 Euro verfügen und/oder
••drittens mindestens für ein Jahr einen Beruf am Kapital-markt
ausgeübt haben, der Kenntnisse über in Betracht
kommende Geschäfte voraussetzt.
Ohne Zweifel muss man im Gesamtkontext auch auf einen
weiteren, sehr wichtigen Aspekt eingehen. Neben dem
Beratungsprotokoll, das als rationale Kontroll- und Schutz-funktion
dienen soll, ist ein zweiter, wichtiger Baustein in
der Beziehung zwischen Kunde und Anlageberater von
größter Bedeutung: Das gegenseitige Vertrauen. Ab dem
Jahr 2000, in dem die New Economy Blase platzte, hatten
viele Banken und damit auch deren Berater keine Antworten
mehr auf die zunehmende Unzufriedenheit der Kunden.
Und dies hatten sie sich selbst eingebrockt. Denn in den
Jahren zuvor fand häufig keine strategische Vermögenspla-nung
statt. Somit konnte auch kein nachhaltiges Vertrauen
entstehen. ❚
Langfristige Kundenbindung
Seit einigen Jahren ist ein Prozess mit unterschiedlichen Ge-schwindigkeiten
in den verschiedenen Instituten vermehrt in
den Fokus gesetzt worden, der sich die langfristige Kunden-bindung
über Lebensphasen und Generationen hinweg zum
Ziel gesetzt hat. Hochqualifizierte Berater, die sowohl eine
hohe fachliche Kompetenz mitbringen als auch empathische
Fähigkeiten besitzen, sind die Grundlage für die weitere
Konzentration im Private Banking und speziell in der An-lageberatung
für die nächsten Jahre. Die Attraktivität und
das Image der Banken kann nur über eine vertrauensvolle
Zusammenarbeit mit langfristigen Interessengleichheiten
zum Kunden wieder verbessert werden.
Gerade in der aktuellen Marktphase von historisch niedrigen
Zinsen, stark gestiegenen Sachwertpreisen, extrem niedrigen
Anleiherenditen und hoch volatilen Währungsrelationen so-wie
Rohstoffpreisen sollten sich Banken und Anlageberater
ihrer Verantwortung genauso bewusst sein, wie es zum Bei-spiel
ein Arzt über den hippokratischen Eid, den er abgelegt
hat, ist. In diesem Zusammenhang sei auch erwähnt, dass
jeder Anlageberater namentlich bei der Bundesanstalt für
Finanzdienstleistungsaufsicht gemeldet ist.
Das BANKHAUS ELLWANGER & GEIGER bietet neben der
Vermögensverwaltung die individuelle, unabhängige An-lageberatung
weiterhin aus Überzeugung an. Neben der
provisionsbasierten Beratung auf Transaktionskostenbasis
wurden in den vergangenen Monaten auch immer häufiger
Preismodelle angeboten, bei denen eine Interessengleich-heit
von Kunde und Bank vorhanden ist. Gerade Aktienan-leger
fordern ein Flat Fee Modell, das einen fixen, prozen-tualen
Provisionssatz pro Jahr auf das gehaltene Volumen
unabhängig von Transaktionshäufigkeiten beinhaltet. Ist
der Kunde mit seinen Entscheidungen, die er sowohl auf
Basis von Beratungen als auch aus Eigeninitiative trifft,
erfolgreich, so verdient auch die Bank an dem Erfolg mit.
Im Gegenzug erhält die Bank weniger Provision, wenn sich
das Vermögen nicht so entwickelt, wie es sich der Kunde
vorgestellt hat.
Als kleinere Privatbank haben wir die Möglichkeit, mit un-seren
Kunden über eine individuelle Entgeltregelung zu
sprechen, die auf das Anlage- und Transaktionsverhalten
des Kunden einerseits und die wirtschaftlichen Anforde-rungen
des Bankhauses andererseits abgestimmt sind. Das
Schaffen von Transparenz wird zukünftig bei der Frage nach
der Provisionsgestaltung einen noch höheren Stellenwert
als bisher einnehmen.
Für alle Institute wird der Schlüssel zu einer langfristigen
Kundenbindung und damit auch zu wirtschaftlichem Erfolg
im notwendigen Kurswechsel vom reinen Bankenvertrieb hin
zur individuellen, unabhängigen Beratung liegen. Einige
Institute haben da noch einen weiten Weg vor sich, der
aktuell von starkem Gegenwind durch schwindende Zins-erträge
geprägt ist.
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3. Wir freuen uns über Kommentare, Rückmeldungen und Fragen
zu diesem Thema. Hierfür steht Ihnen Andreas Rapp, Leiter
des Private Bankings unter andreas.rapp@privatbank.de
gern zur Verfügung. ❚
Serie: Begriffe aus der Finanzwelt einfach
erklärt
An dieser Stelle erklären wir Ihnen künftig in loser Folge
Begrifflichkeiten aus der Finanzwelt, heute:
Cost-Average-Effekt
Auch: Durchschnittskosteneffekt
Der Cost-Average-Effekt oder auch Durchschnittskosten-effekt
ist für Anleger von Bedeutung, die mit regelmäßigen
Sparbeiträgen langfristig Vermögen aufbauen möchten.
Er beschreibt das mathematische Phänomen, dass sich
durch die regelmäßige Investition gleicher Anlagebeträge
in ein Anlageprodukt, dessen Wert Kursschwankungen
unterliegt, ein günstigerer durchschnittlicher Einstandskurs
ergibt. Der Vorteil dieses vergünstigten Einstiegsniveaus
gegenüber einem Anleger, der jeden Monat dieselbe An-zahl
Anteile erwirbt, nennt sich Cost-Average- oder Durch-schnittskosteneffekt.
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Was ist der Grund für diesen Cost-Average-Vorteil?
Ein Anleger, der jeden Monat denselben Betrag anlegt,
kauft in Phasen starker Kursrückgänge überdurchschnittlich
viele Anteile des gewünschten Wertpapiers. Er investiert
somit verstärkt, wenn die Kurse billig sind. Hat das Wert-papier
dagegen stark im Kurs gewonnen, kauft ein solcher
Anleger mit seinem festgelegten Budget nur weniger Stü-cke
ein. Er verhält sich somit antizyklisch und reduziert
seine Käufe, wenn die Kurse hoch sind.
Das Ergebnis aus der verstärkten Investition bei niedrigen
Kursen und der Zurückhaltung bei hohen Kursen ist, dass der
durchschnittliche Einstandskurs geringer ist, als wenn jeden
Monat dieselbe Anzahl Wertpapiere gekauft würde.
Der Vorteil des Cost-Average-Effekts verstärkt sich umso
mehr, je stärker der Kurs eines Wertpapiers schwankt. Daher
profitieren Anleger davon insbesondere dann, wenn die In-vestition
in Aktienfonds oder andere Investments mit einer
hohen Volatilität erfolgt. Eine Verstärkung des Effektes tritt
auch ein, je länger die Gesamtlaufzeit der Investitionen ge-staltet
wird. Daher spielt er vor allem im Bereich der Alter-vorsorge
eine wichtige Rolle.
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ABBILDUNG 1: ENTWICKLUNG DES DAX30 SEIT JANUAR 2000
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Dez 99 Dez 00 Dez 01 Dez 02 Dez 03 Dez 04 Dez 05 Dez 06 Dez 07 Dez 08 Dez 09 Dez 10 Dez 11 Dez 12 Dez 13
Quelle: Eigene Darstellung, Bloomberg
siehe auch Hinweis im Impressum zu (2)
4. Impressum Wichtige Hinweise
BANKHAUS ELLWANGER & GEIGER KG
Börsenplatz 1, 70174 Stuttgart
Amtsgericht Stuttgart HRA 738
Persönlich haftende Gesellschafter:
Dr. Volker Gerstenmaier, Mario Caroli
Ihr Ansprechpartner:
Michael Beck
Leiter Portfolio Management
Telefon 0711/2148-242, Telefax 0711/2148-250
Michael.Beck@privatbank.de
Redaktion:
Andreas Rapp
Leiter Private Banking
Björn Lenzner
Financial Planner, Anlageberater Private Banking
www.privatbank.de/kapitalmarkt
Die Darstellungen geben die aktuellen Meinungen und Einschätzungen zum
Zeitpunkt der Erstellung des Dokuments wieder. Sie können ohne Vorankün-digung
angepasst oder geändert werden. Die enthaltenen Informationen wur-den
sorgfältig geprüft und zusammengestellt. Eine Gewähr für Richtigkeit und
Vollständigkeit kann nicht übernommen werden.
Die vorliegende Information ist keine Anlageberatung oder Empfehlung. Für
individuelle Anlageempfehlungen und umfassende Beratungen stehen Ihnen die
Berater unseres Hauses gerne zur Verfügung.
Die vorliegenden Informationen sind keine Finanzanalyse im Sinne des Wertpa-pierhandelsgesetztes
und genügen nicht allen gesetzlichen Anforderungen zur
Gewährleistung der Unvoreingenommenheit von Finanzanalysen und unterliegen
nicht einem Verbot des Handels vor der Veröffentlichung von Finanzanalysen.
Die Urheberrechte für die gesamte inhaltliche und graphische Gestaltung liegen
beim Herausgeber und dürfen gerne, jedoch nur mit schriftlicher Genehmigung,
verwendet werden.
Ergänzende Hinweise:
(1) Angaben zur steuerlichen Situation sind nur allgemeiner Art.
Für eine individuelle Beurteilung der für Sie steuerlich relevanten
Aspekte und ggf. abweichende Bewertungen sollten Sie Ihren
Steuerberater
hinzuziehen.
(2) Wertentwicklungen in der Vergangenheit sind kein zuverlässiger
Indikator
für zukünftige Entwicklungen.
(3) Finanzinstrumente oder Indizes können in Fremdwährungen notiert
sein. Deren Renditen können daher auch aufgrund von Währungs-schwankungen
steigen oder fallen.
8 PLUS 1:
DIE BESTEN VERMÖGENSVERWALTER UND UNSERE KOMPETENZ. PERFEKT.
Eine sehr gute Wahl: Die ELLWANGER & GEIGER Vermögensstrategie Premium.
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BANKHAUS ELLWANGER & GEIGER KG
Börsenplatz 1, 70174 Stuttgart
www.privatbank.de
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