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Betriebswirtschaftliche Mandantenbetreuung 6/2003
163
Schwerpunktthema
Unternehmensbewertung
Die Bewertung von Unternehmen mit
dem Discounted Cash Flow-Verfahren
von Dipl.-Kffr. Dr. Anke Nestler und StB Dipl.-Kfm.Thomas Kupke*
In Deutschland wird auf dem Gebiet der Unternehmensbewertung
traditionell das Ertragswertverfahren bevorzugt. Auch das Institut der
Wirtschaftsprüfer (IDW) hat als berufsständischer nationaler Standard-
setzer auf dem Gebiet der Bewertung bis zum Jahr 2000 in seinen
Grundsätzen zur Durchführung von Unternehmensbewertungen (HFA
2/1983) lediglich die Anwendung des Ertragswertverfahrens für Zwe-
cke der Unternehmensbewertung anerkannt.
Seit einigen Jahren wird im Zuge von grenzüberschreitenden Unter-
nehmenszusammenschlüssen und der Internationalisierung der Ka-
pitalmärkte in Deutschland zunehmend das sog. Discounted Cash
Flow-Verfahren („DCF-Verfahren“) für die Bewertung von Unterneh-
men herangezogen. DasVerfahren stammt ursprünglich aus der ang-
lo-amerikanischen Bewertungspraxis und wird sowohl für die Unter-
nehmensbewertung bei Transaktionen als auch für die wertorientier-
te Steuerung von Unternehmen eingesetzt. Mit Verabschiedung der
aktualisierten Grundsätze zur Durchführung von Unternehmensbewer-
tungen des IDW (IDW Standard S 1 vom 28.6.00) ist das DCF-Verfah-
ren in Deutschland gleichberechtigt neben dem Ertragswertverfahren
für Unternehmensbewertungen durch Wirtschaftsprüfer anerkannt.
1. Darstellung des DCF-Verfahrens im Überblick
Mit Hilfe des DCF-Verfahrens wird derWert eines Unternehmens durch
Diskontierung von Cash Flows ermittelt.
Bei der DCF-Methode lassen sich grundsätzlich zwei Ansätze unter-
scheiden: die Bruttokapitalisierung und die Nettokapitalisierung.
Bei der Bruttokapitalisierung (Entity-Methode) wird zweistufig vorge-
gangen: Im ersten Schritt wird der Unternehmensgesamtwert durch
Abzinsung der erwarteten Free Cash Flows des zu bewertenden Un-
ternehmens bestimmt. Der Unternehmensgesamtwert ist unabhän-
gig von der Finanzierungsstruktur des Unternehmens (Eigenkapital,
Fremdkapital) und repräsentiert sowohl die Ansprüche der Eigenka-
pitalgeber als auch die der Fremdkapitalgeber. Um den Marktwert des
Eigenkapitals – den eigentlichen Unternehmenswert – zu ermitteln,
wird der Unternehmensgesamtwert im zweiten Schritt um den Markt-
wert des Fremdkapitals vermindert. Gängige Varianten der Bruttoka-
pitalisierung sind der Ansatz der gewogenen durchschnittlichen Kapi-
talkosten (WACC-Ansatz), der Total Cash Flow-Ansatz (TCF-Ansatz)
sowie der Adjusted Present Value-Ansatz (APV-Ansatz).
* Dipl.-Kffr. Dr. Anke Nestler, Öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständi-
ge für Unternehmensbewertung (IHK Frankfurt/M.), Geschäftsführerin der O&R
Corporate Finance Beratungsgesellschaft mbH, Frankfurt a.M.; Dipl.-Kfm. StB
Thomas Kupke, O&R Oppenhoff & Rädler AGWirtschaftsprüfungsgesellschaft
Steuerberatungsgesellschaft, München.
Traditionelles Be-
wertungsverfahren:
Ertragswertverfah-
ren
Mit der Globalisie-
rung der Märkte
kommt dem DCF-
Verfahren immer
mehr Beachtung zu
Man unterscheidet
zwei Ansätze
Bei der Bruttokapi-
talisierung erfolgt
die Ermittlung in
zwei Schritten...
Betriebswirtschaftliche Mandantenbetreuung 6/2003
164
Schwerpunktthema
Bei der Nettokapitalisierung (Equity-Methode) wird derWert eines Un-
ternehmens in einem Schritt ermittelt. Die erwarteten, den Eigenkapi-
talgebern zustehenden Cash Flows werden auf den Bewertungsstich-
tag mit Hilfe des Kapitalisierungszinses diskontiert. Als Kapitalisie-
rungszins wird die risikoäquivalente Renditeforderung der Eigentü-
mer zu Grunde gelegt. Grundsätzlich entspricht der Equity-Ansatz
damit der in Deutschland gängigen Ertragswertmethode.
Ein Überblick über verschiedene Bewertungsmethoden sowie über
die Varianten des DCF-Verfahrens gibt folgende Abbildung:
In der Praxis wird häufig das Konzept der gewogenen durchschnittli-
chen Kapitalkosten (Weighted Average Cost of Capital – oder WACC-
Ansatz) für eine DCF-Bewertung herangezogen. In den folgenden Aus-
führungen werden wir uns daher auf die Erläuterung des WACC-An-
satzes konzentrieren.
2. Konzept der gewogenen durchschnittlichen Kapital-
kosten (WACC-Ansatz)
Bei Anwendung desWACC-Ansatzes wird der Unternehmensgesamt-
wert durch Diskontierung der periodenspezifischen Free Cash Flows
ermittelt. Verfügt das Bewertungsobjekt zudem über nicht betriebs-
notwendigesVermögen („nbV“), wird dieses gesondert bewertet und
dem Unternehmensgesamtwert hinzugerechnet. Als nicht betriebs-
notwendiges Vermögen sind dabei Vermögensteile einzustufen, die
ohne Beeinträchtigung des operativen Geschäftes und der eigentli-
chen Unternehmensaufgabe frei veräußert werden können (z.B. nicht
genutzte Grundstücke und Gebäude, Freizeitanlagen). Im nächsten
Schritt ist der Marktwert des Fremdkapitals abzuziehen, um zumWert
des Unternehmens zu gelangen.
Zukunftserfolgs-
orientierte Bewertung
Ertragswert
(IDW)
Discounted
Cash Flow
WACC TCF
Netto
(Equity)
Brutto
(Entity)
APV
Zukunftserfolgs-
orientierte Bewertung
Ertragswert
(IDW)
Discounted
Cash Flow
WACC TCF
Netto
(Equity)
Brutto
(Entity)
APV
... bei der Nettoka-
pitalisierung in ei-
nem Schritt
Überblick der Be-
wertungsmethoden
WACC in der Praxis
am häufigsten an-
gewandt
Diskontierung der
perioden-
spezifischen
Free Cash Flows
Betriebswirtschaftliche Mandantenbetreuung 6/2003
165
Die Ermittlung des Unternehmenswertes nach dem WACC-Ansatz ist
in der folgenden Abbildung im Überblick dargestellt.
2.1 Ableitung der Free Cash Flows
Der Cash Flow ist grundsätzlich ein wichtiger Indikator für die Innen-
finanzierungskraft und gleichzeitig für die gegenwärtige und künftige
Ertragskraft sowie für dieAusschüttungsfähigkeit eines Unternehmens.
Beim WACC-Ansatz entspricht der Free Cash Flow den Einzahlungs-
überschüssen aus dem operativen Bereich des zu bewertenden Un-
ternehmens nach Durchführung von vorteilhaften Investitionen in das
Anlage- und Umlaufvermögen und vor Berücksichtigung der Finan-
zierung des Unternehmens. Es wird also eine vollständige Eigenfi-
nanzierung des Bewertungsobjekts unterstellt.
Der Free Cash Flow kann direkt oder indirekt abgeleitet werden. Die
Basis für die Ermittlung des Free Cash Flow ist die Plan-Gewinn- und
Verlustrechnung sowie die Planbilanz des zu bewertenden Unterneh-
mens. Bei der direkten Berechnungsmethode werden zahlungswirk-
same Aufwendungen und Erträge jeder Periode saldiert. Bei der indi-
rekten Methode wird der Free Cash Flow aus dem Jahresüberschuss
der Plan Gewinn- und Verlustrechnung durch Eliminierung aller zah-
lungsunwirksamen Buchungen und Berücksichtigung aller zahlungs-
wirksamen, aber nicht ertrags- und aufwandswirksamen Geschäfts-
vorfälle abgeleitet.
Schwerpunktthema
Unterstellung einer
vollständigen
Eigenfinanzierung
Möglichkeiten der
direkten oder indi-
rekten Ableitung
Ermittlung des Unternehmenswertes nach dem WACC Ansatz
Free Cash Flow (FCF)Free Cash Flow (FCF)
Diskontierung mit gewichteten
Kapitalkosten (WACC)
= Barwert der künftigen FCF
(Unternehmensgesamtwert
ohne nbV)
= Barwert der künftigen FCF
(Unternehmensgesamtwert
ohne nbV)
= Unternehmensgesamtwert
(mit nbV)
= Unternehmensgesamtwert
(mit nbV)
+ Wert desnbV+ Wert desnbV
./. Fremdkapital (FK)./. Fremdkapital (FK)
= Marktwert des Eigenkapitals
(Unternehmenswert)
= Marktwert des Eigenkapitals
(Unternehmenswert)
Free Cash Flow (FCF)Free Cash Flow (FCF)
= Barwert der künftigen FCF
(Unternehmensgesamtwert
ohne nbV)
= Barwert der künftigen FCF
(Unternehmensgesamtwert
ohne nbV)
= Unternehmensgesamtwert
(mit nbV)
= Unternehmensgesamtwert
(mit nbV)
+ Wert desnbV+ Wert des nbV
./. Fremdkapital (FK)./. Fremdkapital (FK)
= Marktwert des Eigenkapitals
(Unternehmenswert)
= Marktwert des Eigenkapitals
(Unternehmenswert)
FCF i
(1 + WACC ) i - FK
i=1
Betriebswirtschaftliche Mandantenbetreuung 6/2003
166
Bei einer indirekten Ableitung aus dem Jahresüberschuss ergibt sich
der Free Cash Flow bei unterstellter Eigenfinanzierung somit wie folgt:
Ausgangsbasis für die Ermittlung der Free Cash Flows sind Planungs-
rechnungen für die dem Bewertungsstichtag folgenden drei bis fünf
Geschäftsjahre, bestehend aus aufeinander abgestimmten Bilanzen,
Gewinn- und Verlustrechnungen sowie Kapitalflussrechnungen. Im
Anschluss an diese Planungsphase wird in eine nachhaltige Unter-
nehmensphase – die so genannte ewige Rente – übergegangen. In
der ewigen Rente wird unterstellt, dass sich die Vermögens-, Finanz-
und Ertragslage des zu bewertenden Unternehmens im Gleichge-
wichts- oder Beharrungszustand befindet und sich die jährlichen Free
Cash Flows nicht mehr verändern.
Um eine ausreichend aussagekräftige Bewertungsbasis zu erhalten, sind
die der Bewertung zu Grunde liegenden Planungsrechnungen der Ge-
sellschaft in ausreichendem Umfang einer Plausibilitätsprüfung zu un-
terziehen. Dies gilt insbesondere auch für die ewige Rente, da diese in
der Regel 70 Prozent bis 90 Prozent des Unternehmenswertes bestimmt.
Wesentliche Arbeitsschritte im Rahmen der Plausibilitätsprüfung bei
einer Unternehmensbewertung sind:
Abgleich der geplanten Free Cash Flows mit in der Vergangenheit
erzielten Free Cash Flows sowie Identifizierung und Erklärung von
wesentlichen Schwankungen und uneinheitlichen Entwicklungen,
gegebenenfalls Bereinigung vergangener Free Cash Flows um au-
ßerordentliche Effekte,
Analyse der Planungsprämissen (z.B. Umsatzwachstum, Aufwands-
quoten, Investitionsquoten),
Abgleich der Planung mit den aktuellen und erwarteten Marktent-
wicklungen,
Analyse der Qualität der zu Grunde liegenden Planung:
= Jahresüberschuss
+ Zinsen und ähnliche Aufwendungen
+/- Abschreibungen/Zuschreibungen
+/- Zuführung/Auflösung Rückstellungen
-/+ Zunahme/Abnahme aktivischer Rechnungsabgrenzungsposten
+/- Zunahme/Abnahme passivischer Rechnungsabgrenzungsposten
-/+ Zunahme/Abnahme des Bestands liquider Mittel
- Investitionen in immaterielle Vermögensgegenstände
- Investitionen in das Sachanlagevermögen
- Investitionen in das Finanzanlagevermögen
-/+ Zunahme/Abnahme des Working Capitals
= Operativer Einzahlungsüberschuss
- Unternehmensteuerersparnis wegen anteiliger Fremdfinanzierung
= Free Cash Flow
Schwerpunktthema
Ausgangsbasis ist
die Planungrech-
nung der nächsten
Jahre sowie die
Unterstellung einer
„Ewigen Rente“
Umfangreiche Plau-
sibilitätsrechnung
ist notwendig
Betriebswirtschaftliche Mandantenbetreuung 6/2003
167
Untersuchung des Planungswesens und des Planungsinstrumen-
tariums,
Analyse von Plan-Ist-Abweichungen in der Vergangenheit und
Abgleich von Plan-Ist-Zahlen im laufenden Geschäftsjahr.
Die Plausibilitätsprüfung nimmt bei Bewertungsarbeiten in der Regel
einen hohen Anteil des gesamten Zeitbedarfs ein. Auf diese Weise
können die Chancen und Risiken der erwarteten Rückflüsse im Be-
wertungsmodell ausreichend berücksichtigt und Unternehmenswer-
te für verschiedene Szenarien errechnet werden. Grundsätzlich gilt,
dass die Qualität der Unternehmensbewertung ganz maßgeblich von
den in die Bewertung eingehenden Daten und von der Sorgfalt bei
der Wahl der Bewertungsprämissen bestimmt wird.
2.2 Ableitung des gewogenen Kapitalkostensatzes
Zur Diskontierung der Free Cash Flows werden beim WACC-Ansatz
die gewogenen Kapitalkosten herangezogen. Die gewogenen Kapi-
talkosten lassen sich als Summe aus den gewichteten Eigen- und
Fremdkapitalkosten darstellen. In den gewogenen Kapitalkosten wird
zusätzlich derVorteil der steuerlichen Abzugsfähigkeit der Fremdkapi-
talzinsen (das sog.Tax Shield) berücksichtigt.
Die gewogenen Kapitalkosten ergeben sich vor Steuern wie folgt:
Die Eigenkapitalkosten berechnen sich aus der Summe eines (quasi)
risikolosen Basiszinssatzes zuzüglich einer unternehmensindividuel-
len Risikoprämie.
Der risikolose Basiszinssatz wird in der Regel aus dem Zinssatz öf-
fentlicher, inländischer Anleihen mit einer festen Laufzeit von zehn
oder mehr Jahren abgeleitet. Gemäß der Empfehlung des Arbeits-
kreises für Unternehmensbewertung des IDW von Januar 2003 kann
der Basiszins für den gesamten Planungszeitraum gegenwärtig mit
5,5 Prozent angesetzt werden.
V
D
r
V
E
rWACC DE ⋅+⋅=
mit: rE Eigenkapitalkosten
E Marktwert des Eigenkapitals
V Unternehmensgesamtwert
rD Fremdkapitalkosten
D Marktwert des Fremdkapitals
r-(rrr FMFE β⋅+= )
mit: rE Eigenkapitalkosten
rF risikoloser Basiszins
(rM -rF)·ß Risikoprämie
rM Marktrendite
(rM -rF) Marktrisikoprämie
ß Beta-Faktor
Schwerpunktthema
Bewertungsquali-
tät ist abhängig von
den Eingangsdaten
und Bewertungs-
prämissen
Zur Diskontierung
werden die gewo-
genen Kapitalkos-
ten herangezogen
Risikoloser
Basiszinssatz
Betriebswirtschaftliche Mandantenbetreuung 6/2003
168
Für die Ableitung der Risikoprämie wird in der Regel auf das sog.
Capital Asset Pricing Model (CAPM) zurückgegriffen. Bei der Ermitt-
lung der Risikoprämie wird zwischen dem unsystematischen Risiko
und dem systematischen Risiko unterschieden. Das unsystematische
Risiko kann ein einzelner Investor grundsätzlich durch Diversifikation
seines Portefeuilles aus unterschiedlichsten Anlagen (z.B. Aktien) re-
duzieren. Folglich wird eine Risikoprämie nur für das systematische,
dem nicht durch Diversifikation zu beseitigenden, allgemeinen Markt-
risiko (Marktrisikoprämie) bezahlt. Das systematische Risiko wird über
den sog. Beta-Faktor gemessen.
Der Beta-Faktor gibt den Risikobeitrag einer Investitionsmöglichkeit
(z.B. Aktie) im Vergleich zu dem allgemeinen Marktrisiko wieder. Ein
Beta-Faktor größer Eins bedeutet, dass das Risiko der zu bewerten-
den Investition größer als das Marktrisiko ist und die Rendite der In-
vestition stärker als die Marktrendite schwankt; ein Beta-Faktor klei-
ner Eins bedeutet dementsprechend, dass die Rendite der Investition
weniger als die Marktrendite schwankt und das Risiko somit kleiner
als das Marktrisiko ist. Der Beta-Faktor lässt sich aus Daten des Kapi-
talmarktes durch lineare Einfachregression ableiten. Bereits berech-
nete Beta-Faktoren lassen sich z.B. aus dem Kursteil von börsenori-
entiertenTageszeitungen ablesen. Die Daten werden auch von Finanz-
informationsdienstleistern zur Verfügung gestellt.
Bei der Bewertung nicht-börsennotierter Unternehmen können Beta-
Faktoren in der Regel nur anhand von börsennotierten Vergleichsun-
ternehmen (sog. Peer-Group) gewonnen werden. DieseVergleichsun-
ternehmen entsprechen im Idealfall dem zu bewertenden Unterneh-
men hinsichtlich der operativenTätigkeit, dem Geschäftsumfang und
der Kapitalstruktur. Dieser Idealzustand wird allerdings selten auftre-
ten, so dass Korrekturen der gewonnen Vergleichsdaten erforderlich
sind. Eine besondere Schwierigkeit ist dabei, dass die auf dem Kapi-
talmarkt beobachtbaren Beta-Faktoren aus verschuldeten Unterneh-
men resultieren und die für die Bewertung eines nicht-börsennotier-
ten Unternehmens maßgebliche Kapitalstruktur (Finanzierungsrisiko)
in der Regel nicht mit der Kapitalstruktur börsennotierter Vergleichs-
unternehmen übereinstimmt. Um nun eine risikoäquivalente Alter-
nativrendite (die Eigenkapitalkosten) ermitteln zu können, ist das im
Beta-Faktor enthaltene Finanzierungsrisiko derVergleichsunternehmen
an die Kapitalstruktur des zu bewertenden Unternehmens anzupas-
sen.
Durch Multiplikation des Beta-Faktors mit der Marktrisikoprämie er-
gibt sich die unternehmensindividuelle Risikoprämie. Folglich muss
neben der Bestimmung des Beta-Faktors die Marktrisikoprämie ab-
geleitet werden. Für eine Schätzung der künftig erwarteten Risikoprä-
mie wird auf die historische Differenz zwischen einem Aktienindex
und der Rendite (quasi) risikoloser Kapitalmarktanlagen zurückgegrif-
fen. Umfassende empirische Untersuchungen für den deutschen Ka-
pitalmarkt haben gezeigt, dass Investitionen in Aktien in der Vergan-
genheit durchschnittlich zwischen drei Prozent und sechs Prozent hö-
here Renditen erzielten als Investitionen in quasi risikofreie Anlagen.
Schwerpunktthema
Ermittlung des
systematischen
Risikos über den
Beta-Faktor
Beta-Faktor gibt
den Risikobeitrag
einer Investitions-
möglichkeit wieder
Ermittlung des
Beta-Faktors für
nicht-börsennotierte
Unternehmen
Unternehmens-
individuelle
Risikoprämie
Betriebswirtschaftliche Mandantenbetreuung 6/2003
169
Die Fremdkapitalkosten errechnen sich als gewogener durchschnittli-
cher Kostensatz der einzelnen zinstragenden langfristigenVerbindlich-
keiten des zu bewertenden Unternehmens.
Die Berücksichtigung zusätzlicher Kapitalkostenbestandteile kann auf
Grund unterschiedlichster Finanzierungsformen (hybride Finanzierun-
gen, Pensionsrückstellungen, Leasing) erforderlich werden. Diese sind
im Einzelfall eingehend auf mögliche Zahlungswirkungen und die
Verursachung von Kapitalkosten zu analysieren und können den Zeit-
bedarf für die Durchführung von Unternehmensbewertungen deut-
lich erhöhen. Gegebenenfalls sind zusätzliche Prognoserechnungen
von Versicherungsmathematikern als Grundlage für die Bewertung
von Pensionsverpflichtungen einzuholen.
Im Ergebnis errechnet sich der gewogene gewichtete Kapitalkosten-
satz durch die Gewichtung der Eigenkapitalkosten mit der Eigenkapi-
talquote und der Fremdkapitalkosten mit der Fremdkapitalquote. Um
den gewogenen gewichteten Kapitalkostensatz zu bestimmen, muss
jedoch die in Marktwerten gemessene Kapitalstruktur bekannt sein.
Da der Marktwert des Eigenkapitals – der Unternehmenswert – im
Zuge der Bewertung erst ermittelt werden muss, besteht somit beim
WACC-Ansatz grundsätzlich ein (lösbares) Zirkularitätsproblem.
Schwerpunktthema
WACC-Ansatz
beinhaltete ein
lösbares Zirkulari-
tätsproblem
(Vereinfachtes) Rechenbeispiel (vor persönlicher ESt)
2003 2004 2005 ab 2006
TEUR TEUR TEUR TEUR
Jahresüberschuss 100,0 115,0 120,0
+ Zinsaufwendungen 10,0 12,0 11,0
+ Abschreibungen 20,0 22,0 19,0
- Investitionen in Anlagevermögen -30,0 -15,0 -20,0
-/+ Zunahme/Abnahme des Working Capital 5,0 -4,0 -3,0
= Operativer Einzahlungsüberschuss 105,0 130,0 127,0
- Steuerersparnis wg. anteiliger Fremdfinanzierung -5,0 -3,0 -5,0
= Free Cash Flow 100,0 127,0 122,0 122,0
WACC (exemplarisch)
Barwertfaktor*
12,0% 12,0% 12,0% 12,0%
0,893 0,797 0,712 5,932
Barwert zum 01.01. 89,3 101,2 86,8 723,6
Unternehmensgesamtwert zum 01.01.2003 1.000,0 (gerundet)
- (verzinsliches) Fremdkapital -200,0
Marktwert des Eigenkapitals zum 01.01.2003**
(= Unternehmenswert) 800,0
* 2003: 0,893 = 1
(1 + 12 %)1
ab 2006: 5.932 = 1 __
12 % x (1 + 12 %)3
**Unternehmensgesamtwert zum 1.1.03 = Summe der Einzelbarwerte vom 1.1.03 bis 1.1.06
170
Betriebswirtschaftliche Mandantenbetreuung 6/2003
2.3 Kurze Würdigung des DCF-Verfahrens
Das DCF-Verfahren besitzt grundsätzlich international den höchsten
Bekanntheitsgrad unter den Bewertungsverfahren. Es spielt nicht nur
im Zuge von Transaktionen und als internes Steuerungsinstrument
von Unternehmen eine Rolle.Vielmehr wird gerade in den internatio-
nalen Rechnungslegungsstandards (IAS bzw. künftig IFRS und US-
GAAP) für die Kalkulation des beizulegenden Zeitwertes (dem sog.
Fair Value) die DCF-Methode als alternatives Bewertungsverfahren
anerkannt, wenn keine Marktpreise vorliegen.
Bei einer Gegenüberstellung des Ertragswertverfahrens und des
WACC-Ansatzes lässt sich zunächst feststellen, dass beide Bewertungs-
ansätze konzeptionell auf der gleichen Grundlage – der Ermittlung des
Unternehmenswertes anhand der Kapitalwertmethode – basieren. Im
amerikanischen Grundmodell des DCF-Verfahrens werden in der Re-
gel ausschließlich die Wirkungen der Unternehmenssteuern bei der
Bewertung berücksichtigt, während die Steuerwirkungen auf Ebene
des Anteilseigners nicht einbezogen werden. In Deutschland geht
demgegenüber grundsätzlich – sowohl bei Anwendung des Ertrags-
wertverfahrens als auch beim DCF-Verfahren nach IDW S 1 – die per-
sönliche Einkommensteuer des Investors in die Bewertung ein (s. zur
Berücksichtigung der persönlichen Einkommensteuer ausführlich:
Drukarczyk, Unternehmensbewertung, 4. Aufl. 2003, S. 145 ff., 237 ff.;
Baetge/Niemeyer/Kümmel in: Peemöller (Hrsg.), Praxishandbuch der
Unternehmensbewertung, 2. Aufl. 2002, S. 313 ff.). Ein weiterer Un-
terschied zum amerikanischen Grundmodell ist, dass bei der Anwen-
dung des WACC-Ansatzes auf deutsche Unternehmen die handels-
rechtliche Ausschüttungsfähigkeit zu prüfen ist. Zusätzlich sind die Fi-
nanzierbarkeit der Ausschüttung aus dem Bestand an Finanzmitteln
des Unternehmens sowie die Rückwirkungen auf die Bilanzplanung
zu prüfen. Das DCF-Verfahren und das Ertragswertverfahren lassen
sich bei der entsprechenden Ausgestaltung der in das Modell einge-
henden Bewertungsprämissen ineinander überführen. Auch hier zeigt
sich die Gleichwertigkeit der Methoden.
DieWahl zwischen der DCF-Methode und der Ertragswertmethode hat
somit bei gleichen Prämissen im Prinzip keinen Einfluss auf das Be-
wertungsergebnis. Die Entscheidung für eine der Bewertungsmetho-
den sollte daher von dem Adressatenkreis und dem Zweck der Be-
wertung abhängig gemacht werden.
Online-Service
Begleitender Service für den Abonnenten
Hinweisen möchten wir Sie auf unseren Online-Service für Abonnen-
ten in unserem Internet-Auftritt. Sie finden dort Musterverträge und
Musterschreiben, Übersichten, Checklisten und Rechenprogramme.
So gelangen Sie zum Online-Service: Gehen Sie auf unsere Internet-
Seite www.iww.de und klicken Sie den Link „online-Service“an. Eine
Eingabemaske erscheint. Geben Sie als Benutzername Ihre E-Mail-
Adresse und das aktuelle Kennwort für Juni 2003 ein. Es lautet Kosten-
rechnung. Dieses aktuelle Kennwort finden Sie jeweils unter dem In-
haltsverzeichnis Ihrer „Betriebswirtschaftlichen Mandantenbetreuung“.
DCF-Methode als
alternative Bewer-
tungsmethode
anerkannt
Nach IDW S 1 geht
die persönliche
Einkommensteuer
mit ein
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Die Bewertung von Unternehmen mit dem Discounted Cash Flow Verfahren

  • 1. Betriebswirtschaftliche Mandantenbetreuung 6/2003 163 Schwerpunktthema Unternehmensbewertung Die Bewertung von Unternehmen mit dem Discounted Cash Flow-Verfahren von Dipl.-Kffr. Dr. Anke Nestler und StB Dipl.-Kfm.Thomas Kupke* In Deutschland wird auf dem Gebiet der Unternehmensbewertung traditionell das Ertragswertverfahren bevorzugt. Auch das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) hat als berufsständischer nationaler Standard- setzer auf dem Gebiet der Bewertung bis zum Jahr 2000 in seinen Grundsätzen zur Durchführung von Unternehmensbewertungen (HFA 2/1983) lediglich die Anwendung des Ertragswertverfahrens für Zwe- cke der Unternehmensbewertung anerkannt. Seit einigen Jahren wird im Zuge von grenzüberschreitenden Unter- nehmenszusammenschlüssen und der Internationalisierung der Ka- pitalmärkte in Deutschland zunehmend das sog. Discounted Cash Flow-Verfahren („DCF-Verfahren“) für die Bewertung von Unterneh- men herangezogen. DasVerfahren stammt ursprünglich aus der ang- lo-amerikanischen Bewertungspraxis und wird sowohl für die Unter- nehmensbewertung bei Transaktionen als auch für die wertorientier- te Steuerung von Unternehmen eingesetzt. Mit Verabschiedung der aktualisierten Grundsätze zur Durchführung von Unternehmensbewer- tungen des IDW (IDW Standard S 1 vom 28.6.00) ist das DCF-Verfah- ren in Deutschland gleichberechtigt neben dem Ertragswertverfahren für Unternehmensbewertungen durch Wirtschaftsprüfer anerkannt. 1. Darstellung des DCF-Verfahrens im Überblick Mit Hilfe des DCF-Verfahrens wird derWert eines Unternehmens durch Diskontierung von Cash Flows ermittelt. Bei der DCF-Methode lassen sich grundsätzlich zwei Ansätze unter- scheiden: die Bruttokapitalisierung und die Nettokapitalisierung. Bei der Bruttokapitalisierung (Entity-Methode) wird zweistufig vorge- gangen: Im ersten Schritt wird der Unternehmensgesamtwert durch Abzinsung der erwarteten Free Cash Flows des zu bewertenden Un- ternehmens bestimmt. Der Unternehmensgesamtwert ist unabhän- gig von der Finanzierungsstruktur des Unternehmens (Eigenkapital, Fremdkapital) und repräsentiert sowohl die Ansprüche der Eigenka- pitalgeber als auch die der Fremdkapitalgeber. Um den Marktwert des Eigenkapitals – den eigentlichen Unternehmenswert – zu ermitteln, wird der Unternehmensgesamtwert im zweiten Schritt um den Markt- wert des Fremdkapitals vermindert. Gängige Varianten der Bruttoka- pitalisierung sind der Ansatz der gewogenen durchschnittlichen Kapi- talkosten (WACC-Ansatz), der Total Cash Flow-Ansatz (TCF-Ansatz) sowie der Adjusted Present Value-Ansatz (APV-Ansatz). * Dipl.-Kffr. Dr. Anke Nestler, Öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständi- ge für Unternehmensbewertung (IHK Frankfurt/M.), Geschäftsführerin der O&R Corporate Finance Beratungsgesellschaft mbH, Frankfurt a.M.; Dipl.-Kfm. StB Thomas Kupke, O&R Oppenhoff & Rädler AGWirtschaftsprüfungsgesellschaft Steuerberatungsgesellschaft, München. Traditionelles Be- wertungsverfahren: Ertragswertverfah- ren Mit der Globalisie- rung der Märkte kommt dem DCF- Verfahren immer mehr Beachtung zu Man unterscheidet zwei Ansätze Bei der Bruttokapi- talisierung erfolgt die Ermittlung in zwei Schritten...
  • 2. Betriebswirtschaftliche Mandantenbetreuung 6/2003 164 Schwerpunktthema Bei der Nettokapitalisierung (Equity-Methode) wird derWert eines Un- ternehmens in einem Schritt ermittelt. Die erwarteten, den Eigenkapi- talgebern zustehenden Cash Flows werden auf den Bewertungsstich- tag mit Hilfe des Kapitalisierungszinses diskontiert. Als Kapitalisie- rungszins wird die risikoäquivalente Renditeforderung der Eigentü- mer zu Grunde gelegt. Grundsätzlich entspricht der Equity-Ansatz damit der in Deutschland gängigen Ertragswertmethode. Ein Überblick über verschiedene Bewertungsmethoden sowie über die Varianten des DCF-Verfahrens gibt folgende Abbildung: In der Praxis wird häufig das Konzept der gewogenen durchschnittli- chen Kapitalkosten (Weighted Average Cost of Capital – oder WACC- Ansatz) für eine DCF-Bewertung herangezogen. In den folgenden Aus- führungen werden wir uns daher auf die Erläuterung des WACC-An- satzes konzentrieren. 2. Konzept der gewogenen durchschnittlichen Kapital- kosten (WACC-Ansatz) Bei Anwendung desWACC-Ansatzes wird der Unternehmensgesamt- wert durch Diskontierung der periodenspezifischen Free Cash Flows ermittelt. Verfügt das Bewertungsobjekt zudem über nicht betriebs- notwendigesVermögen („nbV“), wird dieses gesondert bewertet und dem Unternehmensgesamtwert hinzugerechnet. Als nicht betriebs- notwendiges Vermögen sind dabei Vermögensteile einzustufen, die ohne Beeinträchtigung des operativen Geschäftes und der eigentli- chen Unternehmensaufgabe frei veräußert werden können (z.B. nicht genutzte Grundstücke und Gebäude, Freizeitanlagen). Im nächsten Schritt ist der Marktwert des Fremdkapitals abzuziehen, um zumWert des Unternehmens zu gelangen. Zukunftserfolgs- orientierte Bewertung Ertragswert (IDW) Discounted Cash Flow WACC TCF Netto (Equity) Brutto (Entity) APV Zukunftserfolgs- orientierte Bewertung Ertragswert (IDW) Discounted Cash Flow WACC TCF Netto (Equity) Brutto (Entity) APV ... bei der Nettoka- pitalisierung in ei- nem Schritt Überblick der Be- wertungsmethoden WACC in der Praxis am häufigsten an- gewandt Diskontierung der perioden- spezifischen Free Cash Flows
  • 3. Betriebswirtschaftliche Mandantenbetreuung 6/2003 165 Die Ermittlung des Unternehmenswertes nach dem WACC-Ansatz ist in der folgenden Abbildung im Überblick dargestellt. 2.1 Ableitung der Free Cash Flows Der Cash Flow ist grundsätzlich ein wichtiger Indikator für die Innen- finanzierungskraft und gleichzeitig für die gegenwärtige und künftige Ertragskraft sowie für dieAusschüttungsfähigkeit eines Unternehmens. Beim WACC-Ansatz entspricht der Free Cash Flow den Einzahlungs- überschüssen aus dem operativen Bereich des zu bewertenden Un- ternehmens nach Durchführung von vorteilhaften Investitionen in das Anlage- und Umlaufvermögen und vor Berücksichtigung der Finan- zierung des Unternehmens. Es wird also eine vollständige Eigenfi- nanzierung des Bewertungsobjekts unterstellt. Der Free Cash Flow kann direkt oder indirekt abgeleitet werden. Die Basis für die Ermittlung des Free Cash Flow ist die Plan-Gewinn- und Verlustrechnung sowie die Planbilanz des zu bewertenden Unterneh- mens. Bei der direkten Berechnungsmethode werden zahlungswirk- same Aufwendungen und Erträge jeder Periode saldiert. Bei der indi- rekten Methode wird der Free Cash Flow aus dem Jahresüberschuss der Plan Gewinn- und Verlustrechnung durch Eliminierung aller zah- lungsunwirksamen Buchungen und Berücksichtigung aller zahlungs- wirksamen, aber nicht ertrags- und aufwandswirksamen Geschäfts- vorfälle abgeleitet. Schwerpunktthema Unterstellung einer vollständigen Eigenfinanzierung Möglichkeiten der direkten oder indi- rekten Ableitung Ermittlung des Unternehmenswertes nach dem WACC Ansatz Free Cash Flow (FCF)Free Cash Flow (FCF) Diskontierung mit gewichteten Kapitalkosten (WACC) = Barwert der künftigen FCF (Unternehmensgesamtwert ohne nbV) = Barwert der künftigen FCF (Unternehmensgesamtwert ohne nbV) = Unternehmensgesamtwert (mit nbV) = Unternehmensgesamtwert (mit nbV) + Wert desnbV+ Wert desnbV ./. Fremdkapital (FK)./. Fremdkapital (FK) = Marktwert des Eigenkapitals (Unternehmenswert) = Marktwert des Eigenkapitals (Unternehmenswert) Free Cash Flow (FCF)Free Cash Flow (FCF) = Barwert der künftigen FCF (Unternehmensgesamtwert ohne nbV) = Barwert der künftigen FCF (Unternehmensgesamtwert ohne nbV) = Unternehmensgesamtwert (mit nbV) = Unternehmensgesamtwert (mit nbV) + Wert desnbV+ Wert des nbV ./. Fremdkapital (FK)./. Fremdkapital (FK) = Marktwert des Eigenkapitals (Unternehmenswert) = Marktwert des Eigenkapitals (Unternehmenswert) FCF i (1 + WACC ) i - FK i=1
  • 4. Betriebswirtschaftliche Mandantenbetreuung 6/2003 166 Bei einer indirekten Ableitung aus dem Jahresüberschuss ergibt sich der Free Cash Flow bei unterstellter Eigenfinanzierung somit wie folgt: Ausgangsbasis für die Ermittlung der Free Cash Flows sind Planungs- rechnungen für die dem Bewertungsstichtag folgenden drei bis fünf Geschäftsjahre, bestehend aus aufeinander abgestimmten Bilanzen, Gewinn- und Verlustrechnungen sowie Kapitalflussrechnungen. Im Anschluss an diese Planungsphase wird in eine nachhaltige Unter- nehmensphase – die so genannte ewige Rente – übergegangen. In der ewigen Rente wird unterstellt, dass sich die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des zu bewertenden Unternehmens im Gleichge- wichts- oder Beharrungszustand befindet und sich die jährlichen Free Cash Flows nicht mehr verändern. Um eine ausreichend aussagekräftige Bewertungsbasis zu erhalten, sind die der Bewertung zu Grunde liegenden Planungsrechnungen der Ge- sellschaft in ausreichendem Umfang einer Plausibilitätsprüfung zu un- terziehen. Dies gilt insbesondere auch für die ewige Rente, da diese in der Regel 70 Prozent bis 90 Prozent des Unternehmenswertes bestimmt. Wesentliche Arbeitsschritte im Rahmen der Plausibilitätsprüfung bei einer Unternehmensbewertung sind: Abgleich der geplanten Free Cash Flows mit in der Vergangenheit erzielten Free Cash Flows sowie Identifizierung und Erklärung von wesentlichen Schwankungen und uneinheitlichen Entwicklungen, gegebenenfalls Bereinigung vergangener Free Cash Flows um au- ßerordentliche Effekte, Analyse der Planungsprämissen (z.B. Umsatzwachstum, Aufwands- quoten, Investitionsquoten), Abgleich der Planung mit den aktuellen und erwarteten Marktent- wicklungen, Analyse der Qualität der zu Grunde liegenden Planung: = Jahresüberschuss + Zinsen und ähnliche Aufwendungen +/- Abschreibungen/Zuschreibungen +/- Zuführung/Auflösung Rückstellungen -/+ Zunahme/Abnahme aktivischer Rechnungsabgrenzungsposten +/- Zunahme/Abnahme passivischer Rechnungsabgrenzungsposten -/+ Zunahme/Abnahme des Bestands liquider Mittel - Investitionen in immaterielle Vermögensgegenstände - Investitionen in das Sachanlagevermögen - Investitionen in das Finanzanlagevermögen -/+ Zunahme/Abnahme des Working Capitals = Operativer Einzahlungsüberschuss - Unternehmensteuerersparnis wegen anteiliger Fremdfinanzierung = Free Cash Flow Schwerpunktthema Ausgangsbasis ist die Planungrech- nung der nächsten Jahre sowie die Unterstellung einer „Ewigen Rente“ Umfangreiche Plau- sibilitätsrechnung ist notwendig
  • 5. Betriebswirtschaftliche Mandantenbetreuung 6/2003 167 Untersuchung des Planungswesens und des Planungsinstrumen- tariums, Analyse von Plan-Ist-Abweichungen in der Vergangenheit und Abgleich von Plan-Ist-Zahlen im laufenden Geschäftsjahr. Die Plausibilitätsprüfung nimmt bei Bewertungsarbeiten in der Regel einen hohen Anteil des gesamten Zeitbedarfs ein. Auf diese Weise können die Chancen und Risiken der erwarteten Rückflüsse im Be- wertungsmodell ausreichend berücksichtigt und Unternehmenswer- te für verschiedene Szenarien errechnet werden. Grundsätzlich gilt, dass die Qualität der Unternehmensbewertung ganz maßgeblich von den in die Bewertung eingehenden Daten und von der Sorgfalt bei der Wahl der Bewertungsprämissen bestimmt wird. 2.2 Ableitung des gewogenen Kapitalkostensatzes Zur Diskontierung der Free Cash Flows werden beim WACC-Ansatz die gewogenen Kapitalkosten herangezogen. Die gewogenen Kapi- talkosten lassen sich als Summe aus den gewichteten Eigen- und Fremdkapitalkosten darstellen. In den gewogenen Kapitalkosten wird zusätzlich derVorteil der steuerlichen Abzugsfähigkeit der Fremdkapi- talzinsen (das sog.Tax Shield) berücksichtigt. Die gewogenen Kapitalkosten ergeben sich vor Steuern wie folgt: Die Eigenkapitalkosten berechnen sich aus der Summe eines (quasi) risikolosen Basiszinssatzes zuzüglich einer unternehmensindividuel- len Risikoprämie. Der risikolose Basiszinssatz wird in der Regel aus dem Zinssatz öf- fentlicher, inländischer Anleihen mit einer festen Laufzeit von zehn oder mehr Jahren abgeleitet. Gemäß der Empfehlung des Arbeits- kreises für Unternehmensbewertung des IDW von Januar 2003 kann der Basiszins für den gesamten Planungszeitraum gegenwärtig mit 5,5 Prozent angesetzt werden. V D r V E rWACC DE ⋅+⋅= mit: rE Eigenkapitalkosten E Marktwert des Eigenkapitals V Unternehmensgesamtwert rD Fremdkapitalkosten D Marktwert des Fremdkapitals r-(rrr FMFE β⋅+= ) mit: rE Eigenkapitalkosten rF risikoloser Basiszins (rM -rF)·ß Risikoprämie rM Marktrendite (rM -rF) Marktrisikoprämie ß Beta-Faktor Schwerpunktthema Bewertungsquali- tät ist abhängig von den Eingangsdaten und Bewertungs- prämissen Zur Diskontierung werden die gewo- genen Kapitalkos- ten herangezogen Risikoloser Basiszinssatz
  • 6. Betriebswirtschaftliche Mandantenbetreuung 6/2003 168 Für die Ableitung der Risikoprämie wird in der Regel auf das sog. Capital Asset Pricing Model (CAPM) zurückgegriffen. Bei der Ermitt- lung der Risikoprämie wird zwischen dem unsystematischen Risiko und dem systematischen Risiko unterschieden. Das unsystematische Risiko kann ein einzelner Investor grundsätzlich durch Diversifikation seines Portefeuilles aus unterschiedlichsten Anlagen (z.B. Aktien) re- duzieren. Folglich wird eine Risikoprämie nur für das systematische, dem nicht durch Diversifikation zu beseitigenden, allgemeinen Markt- risiko (Marktrisikoprämie) bezahlt. Das systematische Risiko wird über den sog. Beta-Faktor gemessen. Der Beta-Faktor gibt den Risikobeitrag einer Investitionsmöglichkeit (z.B. Aktie) im Vergleich zu dem allgemeinen Marktrisiko wieder. Ein Beta-Faktor größer Eins bedeutet, dass das Risiko der zu bewerten- den Investition größer als das Marktrisiko ist und die Rendite der In- vestition stärker als die Marktrendite schwankt; ein Beta-Faktor klei- ner Eins bedeutet dementsprechend, dass die Rendite der Investition weniger als die Marktrendite schwankt und das Risiko somit kleiner als das Marktrisiko ist. Der Beta-Faktor lässt sich aus Daten des Kapi- talmarktes durch lineare Einfachregression ableiten. Bereits berech- nete Beta-Faktoren lassen sich z.B. aus dem Kursteil von börsenori- entiertenTageszeitungen ablesen. Die Daten werden auch von Finanz- informationsdienstleistern zur Verfügung gestellt. Bei der Bewertung nicht-börsennotierter Unternehmen können Beta- Faktoren in der Regel nur anhand von börsennotierten Vergleichsun- ternehmen (sog. Peer-Group) gewonnen werden. DieseVergleichsun- ternehmen entsprechen im Idealfall dem zu bewertenden Unterneh- men hinsichtlich der operativenTätigkeit, dem Geschäftsumfang und der Kapitalstruktur. Dieser Idealzustand wird allerdings selten auftre- ten, so dass Korrekturen der gewonnen Vergleichsdaten erforderlich sind. Eine besondere Schwierigkeit ist dabei, dass die auf dem Kapi- talmarkt beobachtbaren Beta-Faktoren aus verschuldeten Unterneh- men resultieren und die für die Bewertung eines nicht-börsennotier- ten Unternehmens maßgebliche Kapitalstruktur (Finanzierungsrisiko) in der Regel nicht mit der Kapitalstruktur börsennotierter Vergleichs- unternehmen übereinstimmt. Um nun eine risikoäquivalente Alter- nativrendite (die Eigenkapitalkosten) ermitteln zu können, ist das im Beta-Faktor enthaltene Finanzierungsrisiko derVergleichsunternehmen an die Kapitalstruktur des zu bewertenden Unternehmens anzupas- sen. Durch Multiplikation des Beta-Faktors mit der Marktrisikoprämie er- gibt sich die unternehmensindividuelle Risikoprämie. Folglich muss neben der Bestimmung des Beta-Faktors die Marktrisikoprämie ab- geleitet werden. Für eine Schätzung der künftig erwarteten Risikoprä- mie wird auf die historische Differenz zwischen einem Aktienindex und der Rendite (quasi) risikoloser Kapitalmarktanlagen zurückgegrif- fen. Umfassende empirische Untersuchungen für den deutschen Ka- pitalmarkt haben gezeigt, dass Investitionen in Aktien in der Vergan- genheit durchschnittlich zwischen drei Prozent und sechs Prozent hö- here Renditen erzielten als Investitionen in quasi risikofreie Anlagen. Schwerpunktthema Ermittlung des systematischen Risikos über den Beta-Faktor Beta-Faktor gibt den Risikobeitrag einer Investitions- möglichkeit wieder Ermittlung des Beta-Faktors für nicht-börsennotierte Unternehmen Unternehmens- individuelle Risikoprämie
  • 7. Betriebswirtschaftliche Mandantenbetreuung 6/2003 169 Die Fremdkapitalkosten errechnen sich als gewogener durchschnittli- cher Kostensatz der einzelnen zinstragenden langfristigenVerbindlich- keiten des zu bewertenden Unternehmens. Die Berücksichtigung zusätzlicher Kapitalkostenbestandteile kann auf Grund unterschiedlichster Finanzierungsformen (hybride Finanzierun- gen, Pensionsrückstellungen, Leasing) erforderlich werden. Diese sind im Einzelfall eingehend auf mögliche Zahlungswirkungen und die Verursachung von Kapitalkosten zu analysieren und können den Zeit- bedarf für die Durchführung von Unternehmensbewertungen deut- lich erhöhen. Gegebenenfalls sind zusätzliche Prognoserechnungen von Versicherungsmathematikern als Grundlage für die Bewertung von Pensionsverpflichtungen einzuholen. Im Ergebnis errechnet sich der gewogene gewichtete Kapitalkosten- satz durch die Gewichtung der Eigenkapitalkosten mit der Eigenkapi- talquote und der Fremdkapitalkosten mit der Fremdkapitalquote. Um den gewogenen gewichteten Kapitalkostensatz zu bestimmen, muss jedoch die in Marktwerten gemessene Kapitalstruktur bekannt sein. Da der Marktwert des Eigenkapitals – der Unternehmenswert – im Zuge der Bewertung erst ermittelt werden muss, besteht somit beim WACC-Ansatz grundsätzlich ein (lösbares) Zirkularitätsproblem. Schwerpunktthema WACC-Ansatz beinhaltete ein lösbares Zirkulari- tätsproblem (Vereinfachtes) Rechenbeispiel (vor persönlicher ESt) 2003 2004 2005 ab 2006 TEUR TEUR TEUR TEUR Jahresüberschuss 100,0 115,0 120,0 + Zinsaufwendungen 10,0 12,0 11,0 + Abschreibungen 20,0 22,0 19,0 - Investitionen in Anlagevermögen -30,0 -15,0 -20,0 -/+ Zunahme/Abnahme des Working Capital 5,0 -4,0 -3,0 = Operativer Einzahlungsüberschuss 105,0 130,0 127,0 - Steuerersparnis wg. anteiliger Fremdfinanzierung -5,0 -3,0 -5,0 = Free Cash Flow 100,0 127,0 122,0 122,0 WACC (exemplarisch) Barwertfaktor* 12,0% 12,0% 12,0% 12,0% 0,893 0,797 0,712 5,932 Barwert zum 01.01. 89,3 101,2 86,8 723,6 Unternehmensgesamtwert zum 01.01.2003 1.000,0 (gerundet) - (verzinsliches) Fremdkapital -200,0 Marktwert des Eigenkapitals zum 01.01.2003** (= Unternehmenswert) 800,0 * 2003: 0,893 = 1 (1 + 12 %)1 ab 2006: 5.932 = 1 __ 12 % x (1 + 12 %)3 **Unternehmensgesamtwert zum 1.1.03 = Summe der Einzelbarwerte vom 1.1.03 bis 1.1.06
  • 8. 170 Betriebswirtschaftliche Mandantenbetreuung 6/2003 2.3 Kurze Würdigung des DCF-Verfahrens Das DCF-Verfahren besitzt grundsätzlich international den höchsten Bekanntheitsgrad unter den Bewertungsverfahren. Es spielt nicht nur im Zuge von Transaktionen und als internes Steuerungsinstrument von Unternehmen eine Rolle.Vielmehr wird gerade in den internatio- nalen Rechnungslegungsstandards (IAS bzw. künftig IFRS und US- GAAP) für die Kalkulation des beizulegenden Zeitwertes (dem sog. Fair Value) die DCF-Methode als alternatives Bewertungsverfahren anerkannt, wenn keine Marktpreise vorliegen. Bei einer Gegenüberstellung des Ertragswertverfahrens und des WACC-Ansatzes lässt sich zunächst feststellen, dass beide Bewertungs- ansätze konzeptionell auf der gleichen Grundlage – der Ermittlung des Unternehmenswertes anhand der Kapitalwertmethode – basieren. Im amerikanischen Grundmodell des DCF-Verfahrens werden in der Re- gel ausschließlich die Wirkungen der Unternehmenssteuern bei der Bewertung berücksichtigt, während die Steuerwirkungen auf Ebene des Anteilseigners nicht einbezogen werden. In Deutschland geht demgegenüber grundsätzlich – sowohl bei Anwendung des Ertrags- wertverfahrens als auch beim DCF-Verfahren nach IDW S 1 – die per- sönliche Einkommensteuer des Investors in die Bewertung ein (s. zur Berücksichtigung der persönlichen Einkommensteuer ausführlich: Drukarczyk, Unternehmensbewertung, 4. Aufl. 2003, S. 145 ff., 237 ff.; Baetge/Niemeyer/Kümmel in: Peemöller (Hrsg.), Praxishandbuch der Unternehmensbewertung, 2. Aufl. 2002, S. 313 ff.). Ein weiterer Un- terschied zum amerikanischen Grundmodell ist, dass bei der Anwen- dung des WACC-Ansatzes auf deutsche Unternehmen die handels- rechtliche Ausschüttungsfähigkeit zu prüfen ist. Zusätzlich sind die Fi- nanzierbarkeit der Ausschüttung aus dem Bestand an Finanzmitteln des Unternehmens sowie die Rückwirkungen auf die Bilanzplanung zu prüfen. Das DCF-Verfahren und das Ertragswertverfahren lassen sich bei der entsprechenden Ausgestaltung der in das Modell einge- henden Bewertungsprämissen ineinander überführen. Auch hier zeigt sich die Gleichwertigkeit der Methoden. DieWahl zwischen der DCF-Methode und der Ertragswertmethode hat somit bei gleichen Prämissen im Prinzip keinen Einfluss auf das Be- wertungsergebnis. Die Entscheidung für eine der Bewertungsmetho- den sollte daher von dem Adressatenkreis und dem Zweck der Be- wertung abhängig gemacht werden. Online-Service Begleitender Service für den Abonnenten Hinweisen möchten wir Sie auf unseren Online-Service für Abonnen- ten in unserem Internet-Auftritt. Sie finden dort Musterverträge und Musterschreiben, Übersichten, Checklisten und Rechenprogramme. So gelangen Sie zum Online-Service: Gehen Sie auf unsere Internet- Seite www.iww.de und klicken Sie den Link „online-Service“an. Eine Eingabemaske erscheint. Geben Sie als Benutzername Ihre E-Mail- Adresse und das aktuelle Kennwort für Juni 2003 ein. Es lautet Kosten- rechnung. Dieses aktuelle Kennwort finden Sie jeweils unter dem In- haltsverzeichnis Ihrer „Betriebswirtschaftlichen Mandantenbetreuung“. DCF-Methode als alternative Bewer- tungsmethode anerkannt Nach IDW S 1 geht die persönliche Einkommensteuer mit ein Schwerpunktthema