1. 1/12
Editorial
Vorhersage – Vorsprung durch
Einspeiseprognose
Wissen
Silvia Matz, Gruppenleiterin Vorhersage- für EEG-Laufwasserkraftwerke
systeme, & Oliver Stoschek, Niederlas-
sungsleiter Syke, DHI-WASY GmbH
der TenneT TSO
Es ist gute Ingenieurpraxis z. B. die finalen
Auswirkungen zukünftiger Bauzustände zu
betrachten. Aber warum nicht die nahe
Zukunft verwenden, um Prozesse zu steu-
Dr. Christian Schulz, TenneT TSO, Nils Dick, Meteomedia,
ern? Operative Vorhersagesysteme haben Tobias Drückler & Silvia Matz
einen hohen Standard erreicht und ermög-
lichen einen Blick in die Zukunft. So wie wir
jeden Tag einen Blick auf die Wetter- Die TenneT TSO GmbH ist ein Tochter- 5 MW sind Bestandteil dieser Vergütung.
vorhersage werfen, können wir auch hydro-
unternehmen des niederländischen Netz- Wasserkraftanlagen mit einer höheren
dynamische Prozesse betrachten.
betreibers TenneT B. und ist dafür verant- Nennleistung werden nur berücksichtigt,
Die Anforderungen an Vorhersagesysteme wortlich, die Energie aus erneuerbaren falls sie neu gebaut oder erneuert wurden.
sind dabei vielfältig. Neben Vorhersagen
Energien, welche nach dem Erneuerbaren- Jedoch unterliegt ihr Vergütungssatz der
von Wasserständen, Abflüssen und Strö-
Fortsetzung auf Seite 2 Energien-Gesetz (EEG) vergütet wird, in Degression, hierbei sinkt der festgesetzte
ihrer Regelzone bestmöglich an der Börse Vergütungssatz jährlich um 1 %.
zu vermarkten. Um die schwankende
Inhalt Energieeinspeisung aus erneuerbaren Konzept
Energien richtig zu prognostizieren und Als Grundlage der Laufwasserprognose
Einspeiseprognose für EEG- damit bestmöglich zu vermarkten, be- dient eine hydrologisch-hydraulische Be-
Laufwasserkraftwerke der
dient sich TenneT dabei für die verschiede- schreibung der gesamten Abflussprozesse
TenneT TSO 1
nen EEG-Energieträger seit längerem
Fertigstellung des transnatio- erfolgreich unterschiedlicher Einspeise-
nalen Hochwasservorhersage- prognosen verschiedener Prognoseanbie-
systems für die Raab 4 ter für Photovoltaik und Wind.
Wasserqualitätsvorhersagen
in Badegewässern 5 Hintergrund
Um die Einspeisung der Laufwasserkraft-
Optimierung von Wasser- anlagen besser abzuschätzen, geht die
kraftanlagen zur Steigerung
der Energieproduktion 6 TenneT hier einen neuen Weg für die
Erstellung von täglichen Laufwasserprog-
Umsetzung der EU-HWRM- nosen. Zusammen mit Meteomedia und
RL in Rumänien 8 DHI-WASY wurde 2010 eine Laufwasser-
prognose für die sich in der Regelzone von
Oberflächen- und Grund-
wassermodell für die TenneT befindlichen Laufwasserkraftwerk
obere Iller 10 entwickelt. Dieses Modell wurde Ende
2011 dahingehend erweitert, dass nur die
MIKE ZERO Energiemenge für die Laufwasserkraft-
Bestimmung von ungemessenen Zuflüssen
unter Verwendung der „Data Assimilation“ 12 werke prognostiziert wird, welche nach
dem EEG vergütet werden.
Überschwemmungsmodel-
lierung in Bergsenkungs- Das EEG verpflichtet die Netzbetreiber zur
gebieten – Beispiel Dinslaken 13
vorrangigen Abnahme von Strom aus
Nachrichten 15 erneuerbaren Energien, gegenüber dem
• UWM – Zentrum für aus fossilen Energieträgern produzierten
Urbanes Wassermanagement
• Personalien: Neue Mitarbeiter
Strom. Die Anlagenbetreiber erhalten
• Veranstaltungstermine 2012 darüber hinaus eine auf mehrere Jahre im
• MIKE by DHI – Anwendertreffen 2012 EEG festgesetzte Vergütung. Wasserkraft-
• FEFLOW 6.1 – Wir kommen zu Ihnen! Abb. 1: Schematischer Aufbau des Vorhersagesystems zur Laufwasserprognose
anlagen mit einer Nennleistung von bis zu der EEG-Laufwasserkraftwerke (verändert nach Matz et al, 2009)
2. 2 Lösung
in einem numerischen Modell. Die Prog- aus direktem Modelloutput numerischer 500 bis 1000 km² – gegliedert. In das
nose beruht dabei auf meteorologischen Wettermodelle (DMO). An de rerseits Niederschlagsabflussmodell gehen die
Messdaten und Vorhersagen, welche mit- werden über die Kombination der Messwerte und -prognosen von über 800
tels eines Niederschlagsabflussmodells in Messwerte der Wetterstationen mit den Niederschlagsstationen und rund 400
Oberflächenabfluss umgewandelt und Berechnungen numerischer Wet ter - Temperaturstationen ein. Als Nieder-
lateral den Gewässern zugeführt werden. modelle in einem aufwändigen MOS- schlagsabflussmodell wurde das konzep-
Dabei wird in dem Niederschlagsabfluss- Verfahren (Model Output Statistics) von tionelle 4-Speicher-Kaskadenmodell MIKE
modell unter anderem auch die Retention Meteomedia stationsgenau veredelte 11 NAM verwendet (vgl. DHI-WASY Aktuell
in der Fläche und durch den Schnee- Prognosen erstellt, die als weitere Ein- 3/2010), welches an das hydraulische 1D-
speicher berücksichtigt. Der Abfluss in den gangswerte dienen. Modell MIKE 11 gekoppelt wurde. Das
Gewässern wird über ein hydraulisches hydraulische Modell berücksichtigt die
1D-Modell berechnet. Aus den Abfluss- Hydrologisch-hydraulisches wichtigsten Gewässer der Regelzone
daten wird die Laufwasserprognose er- Modell (siehe Abbildung 2).
zeugt (vgl. Abbildung 1). Für die Berechnungen wurde das Gebiet
der Regelzone in rund 170 Einzugsgebiete Das hydrologisch-hydraulische Modell
Eingangsdaten – mit einer durchschnittlichen Größe von wurde mit meteorologischen Daten von
Eingangsgrößen für die Berechnung von
Laufwasserkraftprognosen sind Mess -
werte und Prognosen der meteorologi-
schen Parameter Niederschlag und Tem-
peratur für die jeweiligen Einzugsgebiete
innerhalb der Regelzone der TenneT
TSO. Diese Daten werden von Meteo-
media beigesteuert. Meteomedia ist ein
führender privater Wetterdienst, der in
Deutschland und der Schweiz ein eige-
nes Wetterstationsnetz betreibt. Die eng-
maschigen Messwerte des Stationsnetzes
sind eine wichtige Grundlage für die
Berechnung der Laufwas ser kraft prog -
nose. Die Prog no sen der me teoro -
logischen Parameter bestehen einerseits
Fortsetzung von Seite 1
mungen sind z. B. auch Parameter der
Gewässergüte von großem Interesse. Zu-
dem können auf Basis hydrologisch-
hydraulischer Modelle weitere Prognosen
wie z. B. für die Laufwasserkraft erstellt
werden.
DHI hat in den letzten Jahren verschiede-
ne Vorhersagesysteme aufgebaut. Einige
werden operativ im 24/7-Betrieb von DHI
selbst betrieben. Einen Einblick in die
Funktionsweise und Einsatzmöglichkeiten
der Vorhersagemodelle möchten wir
Ihnen mit diesem Heft gewähren.
Auch die Modellkopplung und die Model-
lierung großer und komplexer Systeme ist
immer eine Herausforderung. Wir haben
in dieser Ausgabe einige Beispiele für Sie
bereitgestellt.
Sollten wir Ihr Interesse geweckt haben
oder Sie weitere Fragen zu den vorge-
stellten Lösungen und Softwarepro-
dukten haben, melden Sie sich bei uns
oder besuchen Sie uns bei einem der
nächsten Anwendertreffen. Abb. 2: Übersicht der TenneT Regelzone mit Klimastationen, Pegelstandorten, Wasserkraftanlagen und Einzugs-
gebieten
3. Lösung 3
November 2008 bis November 2010
berechnet und dabei an den Daten von
über 80 Pegelstandorten kalibriert und
validiert.
Energiemodell
Dieses hydrologisch-hydraulische Modell
bildet die Grundlage für die Berechnung
der Laufwasserkraft. Zwischen dem Ab-
fluss in den Gewässern und der Energie-
produktion besteht ein Zusammenhang,
welcher sich über ein statistisches Modell
bestimmen lässt. Auf Basis der Einzugs-
gebietsabflüsse und der Abflussmess-
werte an den Abflusspegeln lässt sich die
Energieproduktion in dem Energie -
modell bestimmen. Das Energiemodell
wurde, wie das hydrologisch-hydrauli-
sche Modell, an der tatsächlichen Lauf-
wasserkraft für den Zeitraum November
2008 bis November 2010 kalibriert und
validiert.
Bevor die Prognose der Laufwasserkraft in
den operationellen Betrieb ging, wurden
zunächst das hydrologisch-hydraulische
und das Energiemodell an den Daten
Abb. 4: Fließwege des 4-Speicher-Kaskadenmodells MIKE 11 NAM
eines zurückliegenden Zeitraums getestet.
Hierzu wurden die damaligen meteorolo-
lichen Prognose. Die Startwerte für die flusspegel die Prognose der Laufwasser-
gischen Messwerte und Prognosen in dem
Berechnung liefern dabei die Ergebnisse kraftanlagen, welche Bestandteil des EEG
Modell verwendet, um eine Prognose der
des vorangegangen Laufes zum entspre- sind, für die Regelzone von TenneT für die
Laufwasserkraft für jeden Tag zu erstellen,
chenden Zeitpunkt (vgl. Abbildung 3). kommenden 72 h erstellt. Um das Prog-
genauso wie sie das Modell im operativen
nosemodell stets auf dem neusten Stand
Betrieb zum damaligen Zeitpunkt erstellt
zu halten und eine gleichbleibende
hätte. Nach diesem erfolgreich durchgeführten
Prognosegüte sicherzustellen bzw. diese
Test begann der operationelle Betrieb der
weiter zu steigern, wird das Prognose-
Die Prognosegüte wird zusätzlich über die Prognose.
modell kontinuierlich an aktuellen Daten
Verwendung einer Datenassimilations-
des Niederschlages, der Temperatur, des
technik – eines Kalman-Filters – erhöht. Vorhersage
Abflusses und vor allem der Energie-
Dabei werden die berechneten Werte mit- Es wird täglich mit den neusten meteoro-
produktion kalibriert. Zusätzlich werden
tels der Messwerte korrigiert. Jeder logischen Daten und Prognosen, sowie
monatlich die Daten der Laufwasser-
Prognoselauf beginnt 48 h vor der eigent- mit den aktuellen Messwerten der Ab-
kraftwerke, welche nach EEG vergütet
Dr. Christian Schulz
werden, aktualisiert. Netzführung |
Netzführungskonzepte
TenneT TSO GmbH
Somit erhält TenneT täglich die aktuelle Bernecker Strasse 70
Prognose der Laufwasserkraft der EEG- 95448 Bayreuth
www.tennet.eu
Anlagen mit einer Nennleistung bis zu
5 MW. Nils Dick
Meteomedia GmbH
Bessemerstraße 80
Literaturhinweis D-44793 Bochum
MATZ, S., STOSCHEK, O., GASSNER, A., LEHMANN, www.meteomedia-
A., 2009: Prognose der Gewässertemperatur zur energy.de
Steuerung von Kühlwasserkreisläufen. ew, Ausgabe
www.meteomedia.de
3-2009, S. 48-52
Abb. 3: Schematischer Ablauf aufeinanderfolgender Prognosen, hier für eine 36 h Prognose. Die Simulation beginnt
48 h vor dem Vorhersagezeitpunkt (Time Of Forecast), bis zum TOF wird die Simulation über die Datenassimilation
korrigiert und im Folgenden die Prognose erstellt. Die nächste Simulation beginnt 24 h später und verwendet die
Ergebnisse der vorhergehenden Simulation als Anfangswerte.
4. 4 Lösung
Fertigstellung des transnationalen
Hochwasservorhersagesystems
für die Raab
Gregers Jørgensen, DHI, Silvia Matz
Im Rahmen des Programms Ziel 3 – ETZ die operationellen Hochwassermelde- wurde nun auch der zweite Teil des
Österreich-Ungarn (Europäische Territo- dienste ein Werkzeug zur Verfügung zu Projektes, die Hochwasservorhersage für
riale Zusammenarbeit 2007 bis 2013 – AT- stellen, welches ermöglicht Entwicklungen den ungarischen Teil der Raab, fertigge-
HU-03-011/A) wurde von den Landes- im Abflussgeschehen für eine bestimmte stellt und wird für den operativen Betrieb
regierungen der Steiermark und dem Vorwarnzeit abzuschätzen. Des Weiteren genutzt. Dieser Teil des Vorhersage-
Burgenland ein Hochwasserprognose- sollte das System so konzipiert sein, dass modells wurde von DHI in Tschechien und
in Dänemark erstellt.
Das operative Vorhersagesystem wird von
der Hochwasservorhersagezentrale in Graz
betrieben (s. Abbildung 1).
Für die Erweiterung des Hochwasser-
vorhersagemodells der Raab um den
ungarischen Teil wurde die gleiche Soft-
warelösung, die bereits für das Hoch-
wasservorhersagemodell des österrei-
chischen Teils der Raab eingesetzt wurde,
angewandt. Diese setzt sich zusammen
aus dem Expertensystem FLOOD WATCH,
einem hydrodynamischen Modell MIKE
11 und einem hydrologischen Modell
MIKE 11 NAM. Somit konnte die Soft-
warehomogenität mit dem bereits zuvor
existierenden Hochwasservorhersagemo-
dell gewährleistet werden.
Das operationelle Vorhersagesystem für
die Raab, inklusive einiger Nebenflüsse,
erstellt automatisch Prognosen für die fol-
genden sechs Tage des Wasserstandes und
Abflusses an 94 Pegeln. Dafür nutzt das
System alle verfügbaren Echtzeitdaten der
telemetrischen Netzwerke in Österreich
und Ungarn in Kombination mit meteoro-
Abb. 1: Ausschnitt aus modell für die österreichische Raab (s. eine Erweiterung des Modellgebietes auf logischen Prognosen. Die Ergebnisse wer-
dem Online-Portal.
Gezeigt wird das Einzugs- Abbildung 1) ausgeschrieben, welches auf den ungarischen Teil des Raab-Einzugs- den auf einer Internetseite unter
gebiet der Raab (gelb) modernen Kommunikationstechnologien gebietes jederzeit möglich ist. Diese Beachtung benutzerbeschränkter Zugriffs-
sowie die modellierten
Gewässer inkl. der Prog- beruhen sollte. Wir berichteten ausführlich Erweiterung wurde nun fertiggestellt. rechte veröffentlicht und von den
nosepegel (blau). darüber in der DHI-WASY Aktuell 2/2011. Hochwasservorhersagezentralen in Graz,
Der erste Teil des Projektes, die Hoch- Eisenstädt, Györ und Szombathely zur
Ziel der Erstellung des Hochwasserprog- wasservorhersage für die österreichische Erstellung von Hochwasserwarnungen
nosemodells für die Raab war es, den Raab, wurde zuerst aufgebaut und in den genutzt.
jeweiligen hydrographischen Diensten für operativen Betrieb überführt. Vor kurzem
5. Lösung 5
Wasserqualitätsvorhersagen
in Badegewässern
Arne Hammrich
Saubere Strände und Badegewässer stel- berechnet werden. Die Badegewässer- Aussagen, auch zwischen den Messungen,
len sowohl für die Kommunen als auch für vorhersage stellt den Behörden damit ein zur Wasserqualität möglich. Die wichtigste
die Nutzer ein wertvolles Kapital dar. Es Entscheidungshilfesystem zur Verfügung, Quelle für Keime in dem Kopenhagener
wird daher viel unternommen, um die mit dem Gefahren frühzeitig erkannt Hafen sind Mischwasserüberläufe, welche
Wasserqualität der Badestellen sicherzu- werden. Die Informationen für die im Schnitt 3 – 5 Mal pro Badesaison statt-
stellen. In städtischen Gebieten stellen Bevölkerung werden im Internet (s. z. B. finden. Auf diesen Eintragspfad wurde bei
Mischwasserüberläufe im Zusammenhang http://oresund.badevand.dk/) veröffent- der Erstellung des Systems besonderen
mit starken Regenfällen eine potentielle licht. Zusätzlich können die Information Fokus gelegt.
Gefahr für Badegäste dar, da dort oft auf Smartphones (iPhone und Android)
große Mengen pathogener Keime in die und auf Facebook abgerufen werden. Der Kern des Systems wird von den
Gewässer eingeleitet werden. Als Indikator hydraulisch-ökologischen Modellen der Abb. 1: Website der
für die mikrobielle Belastung des Wassers Das System wurde 2002 ursprünglich für MIKE by DHI Serie gebildet. Im Modell Badegewässervorhersage
(http://oresund.bade-
werden üblicherweise E. coli und intestina- die Stadt Kopenhagen entwickelt. Seitdem wird der Abbau der Indikator-Keime (E. vand.dk/). An jedem
le Enterokokken (eine oder beide) als sind zahlreiche dänische und schwedische coli und intestinale Enterokokken) in Strand werden die aktuel-
le Badegewässerqualität,
Verschmutzungsanzeiger verwendet. Gemeinden dazugekommen. In der däni- Echtzeit in Abhängigkeit von äußeren Fak- Temperaturen und Strö-
schen Hauptstadt sollte der Hafenbereich toren wie z. B. der Temperatur berechnet. mungen angezeigt.
Die EU-Badegewässerrichtlinie regelt die nach 50 Jahren wieder als
Überwachung der Badestellen und Badegewässer freigege-
schreibt u. a. ein Monitoring in Form von ben werden. Um die
Wasseranalysen während der Badesaison Sicherheit der Badegäste
vor. Ziel des Monitorings ist es, geeignete auch in diesem stark be-
Gegenmaßnahmen zu ergreifen und die siedelten Gebiet zu ge-
Badegäste vor potentiellen Gefahren währleisten, wurde nach
durch schlechte Wasserqualität zu warnen. Möglichkeiten gesucht,
Gerade bei Letzterem stellen einzelne kontinuierlich Daten be-
Messereignisse jedoch einen Schwach- reitzustellen. Durch konti-
punkt dar. Monatliche Messungen geben nuierliche Berechnung
einen generellen Überblick über die der Keimbelastung und
Wasserqualität, eignen sich aber nur den Abgleich mit Moni-
bedingt, um Badegäste vor etwaigen toringdaten sind jederzeit
Gefahren durch Keimbelastungen zu war-
nen, da sie Momentaufnahmen der Be-
dingungen vor Ort darstellen. Keim-
belastungen für die kommenden Tage –
im Sinne eines Frühwarnsystems – können
aus Einzelmessungen nicht abgeleitet wer-
den. Einzelereignisse zwischen zwei Probe-
nahmen werden unter Umständen gar
nicht erfasst.
Hier setzt die von DHI entwickelte Bade-
gewässervorhersage an. Die Idee des
Systems ist es, die lokalen Behörden konti-
nuierlich über die Qualität der Bade-
gewässer zu unterrichten. Anhand von
Wettervorhersagen kann darüber hinaus
die Wasserqualität der kommenden Tage
6. 6 Lösung
In die Vorhersage gehen meteorologische Entwicklung des Wasserkörpers für die werden Daten aus möglichen Belastungs-
Prognosen ein, um eine möglichst präzise kommenden Tage zu erstellen. Zusätzlich quellen (z. B. aus Mischwasserüberläufen)
in Echtzeit in das System eingespielt. Die
Vorhersagen werden standardmäßig zwei-
mal täglich erstellt und rund um die Uhr
überwacht. Bei erhöhten Keimbelas-
tungen werden zusätzliche Modelläufe
durchgeführt, um die Vorhersagegenauig-
keit zu erhöhen. Wenn die Keimbelastung
wieder auf ein normales Niveau abgesun-
ken ist, wird die Anzahl der Modelläufe
wieder zurückgefahren.
Abb. 2:
Smartphone-App für die
Badegewässervorhersage Bei der Visualisierung der Ergebnisse für
die Bevölkerung wurde auf ein einfaches
und intuitives System in Form von farbco-
dierten Fähnchen gesetzt (Abbildung 1).
Abb. 3:
Hintergrundinformation Wesentlich detailliertere Informationen
für den Betreiber der können im Hintergrund für den jeweiligen
Badestelle – Zeitlicher
Verlauf einer Mischwas- Betreiber der Badestelle aufbereitet wer-
serentlastung in Kopen- den (Abbildung 2). Hier können genaue
hagen am 15.08.2011
um 1:00 Uhr (a.), 8:00 räumliche und zeitliche Informationen zu
Uhr (b.), 16:00 Uhr (c.) etwaigen Keimbelastungen abgerufen
und am 16.08.2011
um 1:00 Uhr (d.). werden. So kann der Betreiber z. B. Quel-
Die Farben bezeichnen len für Keimbelastungen identifizieren und
E. Coli-Konzentrationen
in KBE/100 ml. geeignete Gegenmaßnahmen ergreifen.
Forschung & Entwicklung
Optimierung von Wasserkraft-
anlagen zur Steigerung der
Energieproduktion
Silvia Matz
Im Zuge der Klimadiskussion und der durch die Optimierung der Steuerungs- das Klima regional unterschiedlich verän-
Wende in der Energiepolitik ist die regeln und eine verbesserte Zufluss- dern wird (vgl. IPPC, 2007). Im
Wasserkraft als Energiequelle wieder in prognose gelingen. Bei dieser Art der Allgemeinen wird mit einer Zunahme von
den Fokus gerückt. Verschiedene Unter- Optimierung werden keine „teuren“ Bau- Extremereignissen, einer Abnahme som-
suchungen beschäftigen sich mit dem maßnahmen an den Wasserkraftwerken merlicher Niederschläge und einer Er-
Ausbaupotenzial der Wasserkraft in notwendig. höhung der Niederschläge im Winter
Deutschland. Eine andere Möglichkeit die gerechnet (z. B. LAWA, 2007). In Bezug auf
Energieproduktion aus Wasserkraftanlagen Das Wasserdargebot wird sich im Zuge des die Reservoire und Stauanlagen bedeutet
zu erhöhen ist die Steuerung bestehender Klimawandels auch in Europa verändern. dies, dass der Niedrigwasserablass erhöht
Anlagen zu optimieren. Dies kann u. a. Dies zu konkretisieren ist schwierig, da sich werden muss, um den Mindestabfluss
7. Forschung & Entwicklung 7
Abb. 1: Wasserkraftanlage – Eine optimierte Steuerung von Wasserkraftanlagen wird nicht nur im Zuge des Klimawandels weiter an Bedeutung gewinnen, sondern hat
dabei weitere Funktionen der Anlagen, wie den Hochwasserschutz zu beachten.
sicherzustellen, und gleichzeitig ausrei- Zur Optimierung der Anlage werden Die Abbildung 2 zeigt Regeln für die
chend Stauraum für die Kappung von zunächst Daten abgelaufener Hoch- und Steuerung von Stauanlagen. In der
Hochwasserwellen bei Extremereignissen Niedrigwasserereignisse zusammengetra- numerischen Modellierung, wie sie z. B.
freizuhalten. Niedrigere Stauhöhen und gen, an denen die Steuerungsregeln der mit der Modellierungssoftware MIKE 11
höhere Lufttemperaturen bewirken zudem Anlage optimiert werden sollen. Da die vorgenommen wird, werden die gezeig-
höhere Wassertemperaturen und einen Anlagen, wie oben erwähnt, meist mehre- ten Kurven als Kontrollvariablen verwen-
geringeren Sauerstoffgehalt. re Funktionen erfüllen und entsprechende det, inkl. der entsprechenden Steuerung.
Anforderungen beachtet werden müssen,
Da Stauanlagen (Abbildung 1) meist meh- besteht ein multikriterielles Optimierungs- Im nächsten Schritt wird die Wasser-
rere Funktionen, wie z. B. die der Energie- problem. Die Daten der einzelnen kraftanlage in Echtzeit optimiert, d. h. die
erzeugung, des Hochwasserrückhalts und Kriterien liegen dabei oft in unterschied- in der „off-line“-Optimierung erstellten
des Trinkwasserspeichers haben, müssen lichen Einheiten vor, z. B. Wasserstand für Steuerungsregeln werden implementiert.
verschiedene Bedingungen bei der Opti- den Hochwasserrückhalt und Megawatt Als Beispiel soll hier das Hao Binh Reservoir
mierung der Steuerung beachtet werden. für die Energieproduktion. Es ist möglich
die Prioritäten der Kriterien vor der
Die Wasserhaushaltssysteme und daran Optimierung in einem aggregierten
gekoppelte Anlagen können mit numeri- Lösungsansatz (vgl. z. B. BURKE & LANDA
schen Optimierungsmethoden und Mo- SILVA, 2006) festzulegen. Ein anderer
dellen verbessert werden. Dies zeigten Ansatz ist der Pareto dominierte Lösungs-
schon Untersuchungen von z. B. OLIVEIRA ansatz (vgl. KHU & MADSEN, 2005)
& LOUCKS (1997), REDDY & KUMAR mittels „lokaler“ oder „globaler“ Such-
(2006), NGO ET AL. (2007)& CHANG ET methoden. Erstgenannte wird bei kon-
AL. (2007). Eine Steuerung von Wasser- vexen Funktionen mit einem Extrem z. B.
kraftanlagen als Funktion des Wasserstan- im Wasserressourcenmanagement ange-
des (Beziehung zwischen Zielwasserstand wendet, zweiter oft bei Funktionen mit
und Kontrollabfluss oder -wasserstand) mehreren Extrema und nicht-konvexen
wird heute durch weitere Kontrollmecha- Funktionen. Hier finden z. B. „shuffled in Vietnam dienen. Dort wurden u. a. die Abb. 2: Beispiel für
Regeln zur Steuerung
nismen, z. B. durch Echtzeit-Optimierun- complex evolution“(SCE) Algorithmen Minimierung der Abweichung des oberen von Stauanlagen (verän-
gen, ergänzt. Verwendung. SCE-Algorithmen sind in Wasserstandes im Speicherbecken am dert nach HØST-MADSEN
ET. AL., 2007)
dem Autokalibrierungstool AUTOCAL (by Ende des Vorhersagezeitraums zur oberen
Im Folgenden wird die Optimierung an- DHI) implementiert. Mit dieser Methode Wasserkraftregelkurve und die Maximie-
hand eines zweistufigen Systems vorgestellt. können optimale Steuerungsregeln für rung der Energieproduktion im Vorher-
einzelne Anlagen bestimmt werden, sagezeitraum (vgl. MADSEN, 2009) als
Zuerst werden die Anlagen an vorhande- wobei zu beachten ist, dass mehrere Regeln zur Steuerung verwendet. Wird ein
nen Daten „off-line“ optimiert, um später gleichwerte Lösungen gefunden werden Hochwasser vorhergesagt, werden die
im operationellen Betrieb anhand des können, welche unter Beachtung der Regeln zur Steuerung entsprechend ange-
prognostizierten Zuflusses geregelt zu Priorität der einzelnen Kriterien ange- passt. Ein Systemtest für einen Vorher-
werden. wandt werden. sagezeitraum von drei Tagen und mittels
8. 8 Forschung & Entwicklung
der Daten dreier Abflusspegel führte für Abfluss umgewandelt werden, welcher KHU, S. T. & H. MADSEN (2005): Multiobjective cali-
bration with Pareto preference ordering: an appli-
einen Zeitraum in 1996 zu der Kappung dem hydraulischen Gewässermodell late- cation to rainfall-runoff model calibration. – In: Water
des Hochwasserscheitels um 0,5 m in ral zugeführt und über dieses der Abfluss Resources Research 41 (2005) 3, W03004.
Hanoi und zu einer Steigerung der Ener- im Gewässer bestimmt wird.
LAWA (Hrsg.) (2007): Klimawandel – Auswirkungen
gieproduktion von 1,8 % (vgl. MADSEN, auf die Wasserwirtschaft. – 1. Entwurf eines Stra-
tegiepapiers gem. Beschluss Nr. 2 zu Top 6.2 a zur
2009). Mit den „off-line“ optimierten Steuer-
133. LAWA-VV, 07.09.2007, Trier.
regeln der Anlagen, unter Beachtung aller
Zuflussprognosen in Stauanlagen basieren Funktionen dieser, und einer Zufluss- MADSEN, H., RICHAUD, B., PEDERSEN, C. B. & D.
ROSBJERG (2009): Real-time optimisation in water
auf demselben System wie Abflussvorher- prognose kann die Energieproduktion resources management. Joint Conference Procee-
sagen (z. B. Hochwasservorhersagen, s. in erhöht werden. Dies kann nach benutzer- dings, HEIC 2009, Chile.
dieser DHI-WASY Aktuell auf S. 4 „Fertig- spezifischen Anforderungen für die ver- NGO, LL., MADSEN H. & D. ROSBJERG (2007):
stellung des transnationalen Hochwasser- schiedensten Wasserkraftanlagen erfolgen. Simulation and optimisation modelling approach for
operation of the Hoa Binh reservoir, Vietnam. – In:
vorhersagesystems für die Raab“ oder der Journal of Hydrology 336 (2007) 3-4, S. 269-281.
auf S. 1 „Einspeiseprognose für EEG-Lauf- Literaturhinweise/Referenzen
OLIVEIRA, R. & D.P. LOUKS (1997): Operating rules
wasserkraftwerke der TenneT TSO“ vorge-
BURKE, E.K. & J. D. LANDA SILVA (2006): The in- for multireservoir systems. – In: Water Resources
stellte hydrologisch-hydraulische Teil des fluence of the fitness evaluation method on the Research 33 (1997) 4, S. 839-852.
Modells). performance of multiobjective search algorithms. –
In: European Journal of Operational Research 169 REDDY, J. & N. KUMAR(2006): Optimal reservoir
(2006), S. 875-897 operation using multi-objective evolutionary algo-
Die Basis bilden auch hier meteorologi- rithm. – In: Water Resources Management 20 (2006)
HØST-MADSEN, J., BUTTS, M., MADSEN, H. & C. 6, S. 861-878.
sche Mess- und Prognosedaten, welche SKOTNER (2007): Hydro Power Optimisation.
über ein Niederschlagsabflussmodell in Interne Arbeit, DHI.
Consulting
Umsetzung der europäischen Hoch-
wasserrahmenrichtlinie (EU-HWRM-
RL) in Rumänien
Thomas Koch, Tobias Drückler & Anna Zabel
Die rumänischen Wasserbehörden (www. Kollegen von BLOM das Handwerkszeug besondere im zügigen Aufbau und in der
rowater.ro) haben für die Umsetzung der der Modellierung zu vermitteln und sie bei geringen Rechenzeit der Modelle. Die
europäischen Hochwasserrichtlinie (EU- der Umsetzung des Arbeitsauftrags zu Herausforderung bei dieser Vorgehens-
HWRL, 2007/60/EG) in Rumänien den unterstützen. Dabei wurde sowohl die weise ist es, die Überflutungsareale auch
international tätigen Dienstleister für geo- Hydrologie als auch die hydrodynamische im 1D-Verfahren gut darstellen zu können.
graphische Informationen BLOM (www. Modellierung direkt bei BLOM in Bukarest Neben der eigentlichen Gewässerachse
blomasa.com) mit der Bestimmung von bearbeitet. Ziel soll es sein, dass das rumä- wurden dazu idealisierte Gewässerverläufe
Überflutungsflächen für drei Flusseinzugs- nische Team in Zukunft eigenständig ähn- im Vorland (sogenannte „Floodplain-
gebiete (EZG) beauftragt. In Zusammen- liche Aufgaben bearbeiten kann. Branches“) erstellt, um das Überflutungs-
arbeit mit unseren tschechischen Kollegen verhalten naturgetreu nachbilden zu kön-
unterstützen wir die Firma BLOM bei dem Bei der instationären hydrodynamischen nen (siehe Abbildung 2). In dichter besie-
Aufbau eines hydrodynamischen Modells Modellierung wurde die nachfolgende delten Bereichen und in stark mäandrie-
für das EZG Buzau. Das Einzugsgebiet der Vorgehensweise umgesetzt. renden Abschnitten des Buzaus, in denen
Buzau liegt im Südosten von Rumänien. Es die Fließwege nur sehr schwer im Vorfeld
umfasst 5.505 km2, und 490 Flusskilo- In Bereichen, in denen die Ausbrei- abgeschätzt werden können, wurde ein
meter werden modelliert. tungsflächen der Überflutung als nicht gekoppeltes 1D- und 2D-Modell mit MIKE
sehr groß eingeschätzt wurden, wurde FLOOD realisiert. Hierbei wird im Ge-
Der Schwerpunkt der Aufgabe von DHI das Fließgewässer eindimensional mit wässerverlauf eindimensional (MIKE 11)
Tschechien und DHI-WASY war es, den MIKE 11 abgebildet. Der Vorteil liegt ins- und auf den Vorländern zweidimensional
9. Consulting 9
Abb. 1: Modelliertes Gewässernetz der Buzau – Die roten Bereiche wurden mit dem 2D-Modell MIKE 21 und die grauen Bereiche mit dem 1D-Modell MIKE 11 modelliert.
Abb. 2: Aufbau der „Floodplain-Branches“
(MIKE 21) gerechnet, wodurch die Nach-
teile der 1D-Berechnung bei großen
Flächenausbreitung und der langen
Berechnungsdauer bei reinen 2D-Model-
len dezimiert werden.
Neben den auch in Deutschland oft ver-
wendeten Szenarien HQ10, HQ20 und
HQ100 wurde auch für das HQ1000 Ereignis
der überflutete Bereich dargestellt.
Die Ergebnisse der Simulationsrechnun-
gen wurden mit Hilfe des neuen Tools Abb. 3: Übersicht aus den überschwemmten Bereichen bei verschiedenen Ereignissen – nicht klassifiziert dar-
gestellt, inkl. der Überschwemmungshäufigkeit (%)
„FloodToolBox“ (siehe DHI-WASY Aktuell,
4/2011) in ArcGIS bearbeitet und inte- können. Neben der Ausbreitung der Über- optional in Klassen oder nicht klassifiziert
griert, wobei sowohl die 1D-Ergebnisse schwemmungen können damit auch die dargestellt werden.
aus MIKE 11 als auch die 2D-Ergebnisse Wassertiefen dargestellt und ausgegeben
sehr komfortabel übernommen werden werden. Hierbei können die Wassertiefen
10. 10 Consulting
Oberflächen- und Grundwasser-
modell für die obere Iller
Matthias Pätsch & Silvia Matz
Projektbeschreibung konnten. Die Grundwasserstände sanken Aquifer und Oberflächengewässer gelegt
Die obere Iller (vgl. Abbildung 1) wird als allmählich auf das Niveau vor dem wurde.
Fluss in einem alpinen Einzugsgebiet Extremereignis von 1999. Im Zuge von
durch die hohe Dynamik der Abfluss- Hochwasserschutzmaßnahmen wird das Zunächst wurde ein Niederschlagsab-
ereignisse (Schneeschmelze und Regen) Wasserführungsvermögen der Ostrach in flussmodell (NAM) mit MIKE 11 NAM,
charakterisiert. Zukunft durch Vertiefungen und Erwei- aufgebaut. Zur Bestimmung der Grund-
Abb. 1 (links):
Einzugsgebiet (hellblau)
der Iller (dunkelblau)
[Abb.-Nachweis:
wikipedia.org/wiki/Iller]
(mitte [Detail]):
Gewässernetz des
Untersuchungsgebiets
Obere Iller bis zum Pegel
Iller/Immenstadt
[Abb.-Nachweis:
HOLZHAUSER, P. 2003
– Diplomarbeit, unveröff.,
Lehrstuhl für Allgemeine,
Angewandte und
Ingenieur-Geologie,
Technischen Universität
München]
(rechts [Detail]):
Lage von Punkt 1, Punkt
2 und Punkt 3 – Ostrach
[Abb.-Nachweis:
Google Inc., Google
Maps 2009]
Insbesondere extreme Hochwasserereig- terungen erhöht werden. Die Folge eines wasserneubildung und damit zur Be-
nisse führten zu erhöhter Sohlerosion mit derartigen Ausbaus ist z. B. die Auflösung rechnung des Nettoniederschlags, wurde
darauf folgender Erhöhung des hydrauli- einer nach dem Extremhochwasser von ein physikalisch begründetes Modell
schen Kontakts zwischen den Ober - 1999 neu entstandenen Kolmationsschicht. aufgebaut und mit MIKE SHE berechnet.
flächen- und Grundwasserkörpern. Die Zur Berechnung der Wasserspiegellagen
Grundwasserstände stiegen sehr schnell Für das Wasserwirtschaftsamt (WWA) im Flussschlauch wurde die Software
an und blieben auf hohem Niveau (vgl. Kempten/Allgäu sollte die DHI-WASY im MIKE 11 verwendet. Danach erfolgte die
Abbildung 2). An den Grundwasser- Jahre 2010 nachweisen, dass es in Folge Kopplung zwischen Grundwasser- und
messstellen ließ sich dabei nicht nur die dieser Maßnahmen nicht erneut zu Flussmodell.
gleiche Dynamik, sondern auch in etwa Grundwasserständen ähnlich denen von
die gleiche Amplitude der Grund- 1999 und den Folgejahren kommen kann. Für das Flussmodell wurde als betroffener
wasserspiegelschwankung im Vergleich Fluss die Ostrach für zwei Varianten be-
mit dem Flusswasserspiegel feststellen, Modellaufbau rechnet: Variante 1 mit den Ist-Quer-
eine Interaktion war offensichtlich. Dazu wurde ein integriertes hydrodynami- schnitten [Variante „IST“] und Variante 2
sches Modell des oberen Illereinzugs- mit den Planungsquerschnitten der Ost-
In den letzten Jahren traten im Einzugs- gebietes (Fläche EZG = 723 km²) bis zum rach [Variante „Ausbau Ostrach (HQ100)“].
gebiet keine weiteren extremen Hoch- Pegel Iller/Immenstadt verwendet, wobei
wasserereignisse auf, welche die Entwick- besonderes Augenmerk auf die Abbildung Das Ergebnis der Variantenberechnung lie-
lung einer neuen Kolmationsschicht stören der dynamischen Interaktion zwischen fert die Grundwasserstände im Bereich
11. Consulting 11
zwischen Ostrach und Ortwang an drei
definierten Stellen [Abbildung 1, rechts
(Detail)]. Betrachtet wurde die Differenz
zwischen den Grundwasserständen der
beiden Varianten.
Ergebnisse
Nachfolgend sind beispielhaft Ergebnisse
der Kalibrierung/Validierung (Jahr 2003 –
2005) sowie der Variantenberechnungen
(2000 – 2005) wiedergegeben.
Das physikalisch begründete Modell kann
dabei sowohl die Dynamik als auch den
Betrag der abgebildeten Grundwasserstände
sehr gut wiedergeben (vgl. Abbildung 3).
Abb. 2: Gemessener Wasserstand am Pegel Iller/Sonthofen (schwarz) und die gemessenen Grundwasserstände
verschiedener Grundwassermessstellen in Sonthofen (in blau, pink, grün, rot und lila). Die Ergebnisse der Berechnungen für den
Vergleich „IST-Zustand“ und „Ausbau
Ostrach (HQ100)“ zeigen, dass sich die
Gundwasserstände durch die geplanten
Maßnahmen kurzfristig – bis zum erneu-
ten Aufbau einer Kolmationsschicht –
erhöhen werden.
Die Veränderung der Grundwasserstände
an den drei definierten Punkten 1, 2 und 3
wird in Abbildung 4 dargestellt.
Die Differenz zwischen den beiden
Varianten ist zeitlich variabel und nimmt
mit der Entfernung zur Ostrach ab. Im
Durchschnitt wurde eine Zunahme der
Grundwasserstände an Punkt 1 um 31 cm,
an Punkt 2 um 15 cm und an Punkt 3 um
9 cm berechnet. Die Differenz dürfte sich
Abb. 3: Gemessener und simulierter Grundwasserstand an der Messstelle Blaichach
zudem schon kurze Zeit nach Umsetzung
der Maßnahmen verringern, in Folge des
Aufbaus einer Kolmationsschicht. Dies zei-
gen z. B. die sinkenden Grundwasserstän-
de in den Jahren nach dem Hochwasser
1999 und 2005.
In dem beschriebenen Projekt konnten
mit einem integrierten Oberflächen-
Grundwassermodell die Grundwasserstän-
de zunächst im IST-Zustand nachgebildet
werden und dann die – kurzfristigen –
Auswirkungen des Planungszustandes der
Ostrach auf die Grundwasserspiegellagen
in der Umgebung berechnet werden.
Weitere Einblicke in dieses Projekt gewäh-
ren wir Ihnen gerne, z. B. während der DHI-
WASY Tagung in München am 29.3.2012
Abb. 4: Grundwasserstandsdifferenz an Punkt 1 (blau), Punkt 2 (rot) und Punkt 3 (schwarz) für den Zeitraum (s. S. 16 in dieser DHI-WASY Aktuell.)
Anfang Januar 2000 bis Ende August 2005. – Gezeigt wird die Differenz als Grundwasserstand der Variante
Planung subtrahiert um den Grundwasserstand der Variante „Ist“.
12. 12 Consulting
MIKE ZERO
Bestimmung von ungemessenen Zuflüssen unter
Verwendung der „Data Assimilation“
Hans-Ulrich Otto & Christian Pohl
Für das Schweizer Bundesamt für Umwelt
(BAFU) wurde ein Verfahren entwickelt,
mit dem die ungemessenen Zuflüsse meh-
rerer Seen bestimmt werden können. Die
Zuflüsse werden für abgelaufene Hoch-
wasserereignisse ermittelt, für die gemes-
sene Wasserstände der Seen vorliegen. Die
Abb. 1 (mitte) und berechneten Zuflüsse werden im Nach-
Abb. 2 (ganz rechts):
Benutzerdialoge des ent-
gang für weitere Auswertungen des BAFU
wickelten Tools benötigt.
Im ersten Verfahrensschritt wird eine Volumen-Wasserstandstabelle des jeweiligen
MIKE-Simulation unter Verwendung der Sees in eine Zuflusszeitreihe [m³/s] umge-
„Data Assimilation“ durchgeführt. Der wandelt. Für diese Transformation wurde ein
„Data Assimilation“ können ein oder meh- eigenständiges Tool entwickelt. Das Tool bie-
rere Kontrollpunkte pro See vorgegeben tet wahlweise die Möglichkeit, eine einzelne
werden. Während der Simulation des oder alle Korrekturdateien in einem Ver-
Hochwasserereignisses korrigiert sie an zeichnis zu konvertieren (Abbildung 1). Wei- deaktiviert. Das Ergebnis dieser zweiten
den Kontrollpunkten den Wasserstand in terhin ermöglicht es das Einlesen, Bearbeiten Simulation kann in MIKE View mit gemes-
Abb. 3: Vergleich der Bezug auf die gemessenen Wasserstände. und Anzeigen der Volumen-Wasserstands- senen Eingangszeitreihen des Wasser-
gemessenen Wasserstän-
de mit den Simulations-
Die jeweiligen Abweichungen bzw. Kor- Beziehungen (Abbildung 2). standes verglichen werden (Abbildung 3).
ergebnissen m i t (Grafik rekturen [m] werden pro Kontrollpunkt
2) und o h n e (Grafik 1)
den ungemessenen
automatisch, zeitschrittweise in einer Die Kontrolle der erstellten Zu-/Abfluss- Solche benutzerdefinierten Auswertungs-
Zuflüssen Datei gespeichert. Zeitreihen erfolgt im dritten Verfahrens- werkzeuge programmiert die DHI-WASY
Der zweite Verfahrensschritt umfasst die schritt. Die erstellten Zuflusszeitreihen GmbH auf Anfrage für ihre Kunden.
Umwandlung der Korrekturzeitreihen in werden als Punktquelle an den Kon- Sollten Sie innerhalb eines Projektes
Zu-/Abflusszeitreihen nach der Simulation. trollpunkten in das MIKE-Modell einge- ein Auswertungswerkzeug benötigen,
Die Korrekturwerte werden mit Hilfe einer fügt, und die „Data Assimilation“ wird dann sprechen Sie uns bitte an.
13. Consulting 13
Überschwemmungsmodellierung in
Bergsenkungsgebieten – Beispiel Dinslaken
Christian Pohl & Tobias Drückler
Die Bezirksregierung Düsseldorf hat die
Emschergenossenschaft beauftragt ein
numerisches Berechnungsmodell als
Grundlage für die Erstellung der Hoch-
wassergefahren- und Hochwasserrisiko-
karten im Zuge der Umsetzung der
Hochwasserrisikomanagementrichtlinie zu
erstellen.
Die Stadt Dinslaken ist durch den Unter-
tagebau von Bergabsenkungen (Abbil-
dung 1) betroffen.
Die Fließgewässer Rotbach, Lohberger
Entwässerungsgraben und sein Neben-
gewässer, der Bruckhauser Mühlenbach,
liegen in diesem Gebiet. Bergsenkungen
haben in diesen Gewässern zu Sohl-
absenkungen geführt, so dass die
Notwendigkeit besteht die Gewässer über
Pumpen zu entwässern. Eine natürliche
Entwässerung in den Rhein ohne eine
Seenbildung im Bereich Dinslaken ist nicht
mehr möglich, da durch die Sohl-
absenkung des Gewässers das natürliche
Fließgefälle nicht mehr vorherrscht bzw.
sich umgekehrt hat.
bei geringer Fließgewässerbreite zum (Abbildung 3). Die Kopplung der beiden Abb. 2: Bergbau-
Museum Bochum mit
Für die Erstellung des Berechnungsmo- Einsatz, da bei reinen 2D-Modellen mit Modelle wird über die Benutzeroberfläche Baustelle Schwarzer
dells wurde durch die Emschergenossen- Rechtecksrastern eine hohe Zellauflösung von MIKE FLOOD erstellt. Diamant (Foto: Jochen
Jansen, http://de.wikipe-
schaft die Software MIKE FLOOD (by DHI) zur Repräsentation des Gewässerbetts dia.org)
verwendet. Hierbei handelt es sich um ein gewählt werden muss. Die Kopplung Grundlage für das aktuelle Berechnungs-
gekoppeltes 1D- (MIKE 11), 2D- (MIKE 21) erfolgt mittels Wehrgleichung am Über- modell stellt das Modell zur Bestimmung
Modell. Gekoppelte Modelle kommen oft gang vom Flussschlauch zum Vorland der Interaktion zwischen Kanalnetz,
Oberflächenabfluss und Fließgewässer
während Hochwasserereignissen (vgl. KW
Korrespondenz Wasserwirtschaft 2010 (3)
Nr. 10 S. 545 – 549) dar. Das Bestandsmo-
dell der in Korrespondenz Wasserwirt-
schaft vorgestellten Studie wurde um den
Bruckhauser Mühlenbach erweitert. Im
Gegenzug konnte das MIKE URBAN
Kanalnetzmodell entfallen, welches vorher
existentieller Bestandteil der Studie war.
Das 1D-Modell wurde anhand von Ver-
messungsdaten aufgebaut und umfasst 18
Abb. 1: Senkungsmulde als Folge von Untertageabbau von Kohle (schematische Abbildung) Flusskilometer. Es handelt sich hierbei um
14. 14 Consulting
die Aufnahme repräsentativer Flussquer- Das erstellte Modell dient der Berechnung
schnitte (in etwa 400 Querprofilen) die von Überschwemmungsszenarien. In den
durch zusätzliche Baupläne von Bau- verschiedenen Szenarien wurden jeweils
werken ergänzt wurden. die Überflutungsflächen, -tiefen und
-dauer sowie die Strömungsgeschwindig-
Das 2D-Modell basiert auf einem digitalen keiten berechnet, die im Nachgang durch
Geländemodell (DGM) mit einer Auf- die Bezirksregierung Düsseldorf weiter ver-
lösung von 5 m x 5 m (siehe Abbildung arbeitet werden. Einige Ergebnisse können
4). Es umfasst dabei eine Fläche von 42 den folgenden Abbildungen (Abbildun-
km2. In das DGM wurden die Gebäude gen 6, 7 und 8) entnommen werden:
mit einer synthetischen Höhe von 20 m
implementiert, um den durch sie blockier-
ten Retentionsraum zu berücksichtigen
(siehe Abbildung 5). Im Allgemeinen wird
durch die Implementierung der Häuser in
das Modell, die Strömungswege um diese
herum abgebildet und die tatsächliche
Abb. 3: Darstellung des Kopplungsschema in MIKE FLOOD – Die Kopplung erfolgt
Ausbreitung des Wassers im Siedlungs-
am Übergang vom Flussschlauch zum Vorland, hier repräsentiert durch die blauen
Kopplungspunkte, die an die roten Querschnitte angrenzen. raum korrekt dargestellt.
Abb. 6: Überflutungsfläche eines ausgewählten
Standorts unter den Bedingungen des Szenario
HQ100 mit einem Ausfall der Pumpen
Abb. 7: Überflutungsfläche eines ausgesuchten aus-
gewählten Standorts (vgl. Abbildung 6) unter den
Bedingungen des Szenarios HQ1000
Abb. 4 (oben):
Übersicht des
Modellgebiets (DGM)
mit den modellierten
Flussläufen
Abb. 8: Überflutungsfläche eines ausgesuchten aus-
gewählten Standorts (vgl. Abbildung 6) unter den
Abb. 5 (rechts): Bedingungen des Szenarios HQ100
Darstellung des
Modellierungsgebiets mit
implementierten Häusern
in 3D-Ansicht Hierbei handelt es sich um die Ergebnisse
der verschiedenen Hochwasserszenarien,
wobei auch Deichbrüche und Pump-
werksausfälle berücksichtigt wurden.
15. Nachrichten 15
UWM Zentrum für Urbanes Wasser-Management
Das DHI-WASY Büro in Köln ist seit dem Im Vordergrund der Betrachtung steht die wirkungen zwischen Kanal und Oberflä-
1. Januar 2012 Kompetenzzentrum für Analyse aller Kompartimente des städti- che und ermöglicht damit eine konkrete
Urbanes Wassermanagement der DHI- schen Wassers. Als Entscheidungsgrund- Schadensbewertung und Risikoanalyse.
WASY GmbH. Die Leistungsschwerpunkte lage nutzen wir die State-of-the-Art
liegen in der hydraulischen und hydroche- Softwareprodukte von DHI. Wir koppeln Das UWM der DHI-WASY berät von der
mischen Berechnung von Kanalnetzen, z. B. Kanalnetz- und Grundwassermodelle, Gewinnung und kontinuierlichen Mes-
Trinkwasserversorgungsnetzen und Klär- um den Einfluss von Fremdwasser auf das sung aller notwendigen Daten über den
anlagen mit dem Ziel der Planungs- und Kanalnetz und/oder die Drainagewirkung Aufbau und die Verknüpfung der Modelle
Betriebsunterstützung städtischer Infra- des Kanalnetzes auf den Grundwasser- bis hin zur Ergebnisanalyse und Entschei-
struktur. Dort, wo eine Interaktion mit stand abbilden und quantifizieren zu kön- dungsunterstützung. Als Kunden haben
Grund- und Oberflächenwassersystemen nen. Die Kopplung von Kanalnetz und wir u. a. Städte, Gemeinden, Ingenieur-
zum Wasserhaushalt beiträgt, kann dieser Oberflächenwasser hingegen erlaubt die büros und Wasserverbände.
Austausch zudem über eine Modell- Abbildung städtischer Überschwemmun-
kopplung abgebildet werden. gen unter Berücksichtigung der Wechsel-
Neue Mitarbeiter
Simon Christian Henneberg
Am 1. Januar 2012 hat Simon Christian wechselte. Dort baute er eine Einheit für auch immer
Henneberg seine Arbeit in der DHI-WASY länderübergreifende Fragestellungen im wieder mit der
Zentrale in Berlin als Direktor für Business Gewässerschutz auf, um 2003 die numerischen
Development aufgenommen, mit dem Ziel Geschäftsführung der Flussgebietsgemein- Modellierung in
Ende des Jahres die Nachfolge von Prof. Dr. schaft Weser zu übernehmen. Das Thema der Wasserwirt-
Stefan Kaden als Geschäftsführer anzutreten. Flussgebietsmanagement sowie die Umset- schaft beschäf-
zung der EG-Wasserrahmenrichtlinie und tigt. Zahlreiche
Simon Christian Henneberg ist 48 Jahre alt der Hochwasserrisikomanagementrichtlinie Veröffentlichun-
und hat in München und Hannover haben seine Arbeit in den letzten Jahren gen und Vorträ-
Bauingenieurwesen studiert. Nach seinem besonders geprägt. ge stellen seine
Studium hat er sich an der Technischen breite fachliche Kompetenz unter Beweis.
Universität München an der Versuchs- Sein Engagement ging dabei weit über die Nicht zuletzt wirkte er an einer Veröffent-
anstalt für Wasserbau in Obernach einige nationalen Grenzen hinaus. Neben einer lichung der Deutschen Vereinigung für
Jahre mit physikalischer und numerischer Vielzahl wasserwirtschaftlicher Frage- Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e. V.
Modellierung beschäftigt, bevor er an das stellungen hat sich Simon Christian zu Entscheidungsunterstützungssystemen
Niedersächsische Landesamt für Ökologie Henneberg in den vergangenen 20 Jahren im Flussgebietsmanagement mit.
Rebekka Lemb
Seit dem 1. Februar 2012 verstärkt Beendigung schäftigte sie sich als Praktikantin der
Rebekka Lemb das Kompetenzzentrum für ihres Studiums Generaldirektion Umwelt der Europäi-
Urbanes Wassermanagement der DHI- 2008 arbeitete schen Kommission in Brüssel mit Integrier-
WASY GmbH. An der Universität Münster Rebekka Lemb tem Küstenzonenmanagement. Anschlie-
und an der Universität Alicante in Spanien in der Stiftung ßend war sie, ebenfalls in Brüssel, für eine
studierte sie Geographie. NordWest Natur Umweltberatung tätig. In Köln ist Rebekka
in Bremen als Lemb für MIKE URBAN Schulungen,
Für ihre Diplomarbeit untersuchte sie wissenschaftliche Support im Bereich der Kanalnetz-
die Umsetzung der Wasserrahmenricht- Mitarbeiterin im Bereich Natur- und modellierung sowie für Kundenbetreuung
linie in Deutschland und Spanien. Nach Gewässerschutz. Ab Frühjahr 2011 be- zuständig.
Wir wünschen den neuen Mitarbeitern einen guten Start!