Wie werden Visionen und Träume Wirklichkeit, wie erkennt und ergreift man seine Chancen? Mathias Krieger, erfolgreicher Unternehmer und erfolgreicher Spitzensportler zeigt, was uns wirklich voranbringt.
4. Inhalt
Vorwort ...................................................................................5
Prolog .....................................................................................7
Das Angebot ............................................................................9
Die Entscheidung .................................................................... 15
Die Übergabe .......................................................................... 21
Die Diagnose .......................................................................... 27
Der ist schon in Ordnung, der Chef! ............................................ 33
Was der menschliche Geist sich vorstellen kann, das kann er
auch erreichen ........................................................................ 45
Wir müssen gegen den Strom schwimmen ................................... 67
Wir sind auf dem richtigen Weg ................................................. 81
Unsere Kunden machen uns klüger! ......................................... 101
In guten wie in schlechten Zeiten .............................................115
Wir werden das Unternehmen retten ........................................ 129
Der Abschied ........................................................................ 143
Epilog .................................................................................. 149
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5. Anhang ................................................................................151
Literaturempfehlungen ..................................................... 152
Stimmen begeisterter Fürsprecher ....................................... 153
Tun Sie Gutes und profitieren Sie davon! ............................... 157
Danksagung .................................................................... 158
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7. Das vorliegende Buch ist ein weiteres Beispiel der Exzellenz
eines „Martin Ritters“, der nicht nur als Unternehmer viel er-
reicht hat, sondern der sich auch als Mensch treu geblieben ist.
Führung hat drei Dimensionen: Die Unternehmensführung, die
Führung von Menschen und letztlich die Führung des eigenen
Lebens. Alle diese Disziplinen werden in außergewöhnlicher
Weise in diesem Buch vereint. Die unternehmerische Erfolgs-
geschichte eines „Martin Ritters“ in Form einer erzählten Ge-
schichte ist sehr angenehm zu lesen und als Managementbuch
eine sehr angenehme Abwechslung. Der Bezug zur Praxis ist
für jeden Unternehmer und für jede Führungskraft sehr in-
spirierend. Ich wünsche dem Buch viel Erfolg, den Lesern sehr
gute Einsichten und „Martin Ritter“ und seinem Unternehmen
weiterhin so viel Erfolg.
Cay von Fournier
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9. Ein Traum war für Martin Ritter in Erfüllung gegangen: Aus
den Händen des Bundeswirtschaftsministers hatte er die lang
ersehnte Auszeichnung „Bester Arbeitgeber Deutschlands“ er-
halten. Als Erste hatte ihm die Bundeskanzlerin gratuliert. Es
war ein großartiger Moment gewesen, ein Brennpunkt seines
Lebens. All die Fotografen und Journalisten, die ein Inter-
view mit ihm machen wollten, die vielen Gespräche mit den
anderen Preisträgern, mit den Gratulanten – selbst jetzt, wo
er zwei Tage nach der feierlichen Preisverleihung wieder in
seinem Büro sitzt, ist ihm noch ganz schwindlig. Nie wird er
vergessen, wie glücklich er in diesen Stunden war – und stolz
auf das, was er und seine Mitarbeiter erreicht hatten. Mein
Vater wäre auch stolz auf mich gewesen, denkt er. Was hätte
ich darum gegeben, ihn bei der Preisverleihung dabei gehabt zu
haben. Dass ich diesen Preis bekommen habe, habe ich ihm zu
verdanken. Seine Gedanken gehen zurück in die Vergangen-
heit, in die Zeit vor zwanzig Jahren, als er gerade mit seinem
Bauingenieurstudium fertig geworden war und sich Gedanken
über seinen Berufseinstieg gemacht hatte. Damals war sein Va-
ter sein wichtigster Ratgeber gewesen. Martin erinnert sich
noch genau an den Tag, an dem alles angefangen hatte …
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11. Martin saß im Wohnzimmer, als das Telefon klingelte. Er hörte,
wie seine Frau Silvia mit dem Anrufer sprach. Kurz danach
kam sie mit dem Telefon zu ihm. Mit der Hand auf der Sprech-
muschel flüsterte sie: „Dein Onkel!“
Martin verdrehte die Augen und nahm den Hörer.
„Hallo, Onkel Karl-Heinz. Was verschafft mir denn die Ehre?“
„Hallo Martin, können wir uns treffen?“
„Um was geht’s?“
„Ich will mit dir übers Familienunternehmen sprechen.“ Karl-
Heinz hatte das großelterliche Bauunternehmen übernommen,
während sein Bruder, Martins Vater, Unternehmensberater ge-
worden war.
Martins Aversion gegen seinen Onkel bekam wieder Konturen.
„Ich arbeite nicht für dich“, war deshalb seine prompte Ant-
wort.
„Das sollst du auch nicht. Es geht um die Nachfolge.“
„Kein Interesse.“
„Bitte, Martin, lass uns zumindest darüber sprechen. Ich weiß,
dass du sowieso irgendwann ein eigenes Unternehmen haben
willst. Komm morgen in mein Büro, dann können wir uns da-
rüber unterhalten.“
„Nein, morgen geht es nicht. Frühestens nächste Woche.“
Der Onkel dachte nach.
„Mmh, einverstanden. Dann nächsten Mittwoch, um 10 Uhr?“
„Gut, bis dann.“
„Bis dahin“, sagte Karl-Heinz Ritter und legte auf.
Martin setzte sich hin und dachte: Was war das denn? Warum
hat er es so eilig? Und verdammt, warum habe ich überhaupt
zugesagt?
„Was wollte er denn?“, riss Silvia ihn aus seinen Gedanken.
„Ach, er will mit mir über die Unternehmensnachfolge reden.
Nächste Woche treffen wir uns in seinem Büro.“
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12. Silvia hob die Augenbrauen: „Und? Was ist dabei das Problem?“
„Du weißt, ich kann ihn nicht ausstehen. Zudem wird ge-
munkelt, dass das Unternehmen nicht mehr so gut läuft. Am
Freitag habe ich außerdem ein Vorstellungsgespräch bei einer
anderen Firma – ich glaube, die wollen mich haben.“
Silvia ließ sich in den Sessel fallen, nahm einen Keks von der
Schale auf dem Tisch und sagte: „Du kannst dort auf jeden
Fall um ein paar Tage Bedenkzeit bitten. Es ist dein Recht,
verschiedene Alternativen auszuloten. Außerdem verpflichtet
dich ein Gespräch über eine eventuelle Nachfolge im Familien-
unternehmen zu gar nichts und bietet vielleicht eine Chance.
Jedenfalls möchte ich nicht, dass du später einmal sagst, dass
du es dir zumindest hättest anhören können.“
„Stimmt. Dann rufe ich gleich Papa an. Mal hören, was er da-
von hält“, sagte er und wählte.
Sein Vater wollte natürlich alle Einzelheiten des Gesprächs von
ihm erfahren. Und er hatte einen guten Rat für Martin: „Hör
dir doch erst mal an, was er dir zu bieten hat. Aber triff keine
voreilige Entscheidung. Nenne ihm eine Frist, innerhalb derer
du es dir überlegst.“
Kurz vor dem Termin mit seinem Onkel fuhr Martin über die
Brücke in das kleine Gewerbegebiet im Osten der Stadt. Er
wusste von seinem Vater, mit wie viel Mühe der Großvater das
Unternehmen aufgebaut hatte. Als Martins Onkel das Bau-
geschäft übernommen hatte, war es außerordentlich erfolg-
reich am Markt platziert gewesen. Inzwischen galt es leider
als marode und als Übernahmekandidat. Martin war froh, dass
seine Großeltern das nicht miterleben mussten. Drei Jahre zu-
vor hatte er ein Praktikum im Unternehmen gemacht. Damals
war er auch zuletzt dort gewesen. Als er nun auf das Gelände
fuhr und seinen Wagen parkte, erschrak er: Das Gebäude samt
Gelände sah vernachlässigt aus. Über dem Eingang hing das
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13. inzwischen angerostete und verdreckte Firmenschild. Wie ein
Fremdkörper stand das Auto seines Onkels davor: ein nagel-
neuer BMW in der dicksten und protzigsten Variante.
Er betrat das Gebäude. Innen sah es nicht besser aus. Der
Boden war abgenutzt, die Farbe der Wände verblasst und ab-
gesplittert, links zeigte ein lieblos hingehängtes Schild „Zur
Anmeldung“. Martin war es unerklärlich, wie sein Onkel das
Unternehmen so hatte verrotten lassen können.
Er betrat das Vorzimmer, und Frau Schmidt, schon immer ein
Lichtblick im Unternehmen, begrüßte ihn freudig: „Guten
Morgen, Herr Ritter, das ist ja schön, Sie mal wieder hier zu
sehen. Wie geht es Ihnen?“
„Danke, mir geht es prima. Ich habe mein Diplom gemacht und
bin inzwischen verheiratet. Und wie geht es Ihnen? Ihre stets
positive Grundstimmung kann wohl nichts trüben?“
„Ich lass mich nicht unterkriegen. Aber herzlichen Glück-
wunsch. Von der Hochzeit hat Ihr Onkel gar nichts erzählt.“
Er beugte sich vor und flüsterte: „Ich muss zu seiner Entschul-
digung sagen: Er war nicht eingeladen.“
Frau Schmidt gluckste: „Jeder kriegt, was er verdient. Ich mel-
de Sie mal an.“
„Gleich, ich bin noch nicht soweit“, dröhnte die Stimme von
Martins Onkel aus der Sprechanlage. Beate Schmidt schaute
Martin an und verzog das Gesicht.
„Karl-Heinz Ritter, charmant wie immer“, sagte Martin und
schüttelte den Kopf. Er nutzte die Gelegenheit, Frau Schmidt
ein paar Fragen über das Unternehmen zu stellen. An den
Gerüchten schien was dran zu sein: Die Aufträge waren zu-
rückgegangen, sein Onkel arbeitete immer weniger und das
Arbeitsklima ließ schwer zu wünschen übrig. Martin war Frau
Schmidt dankbar für die Informationen.
„So kann er Ihnen keine Märchen erzählen“, flüsterte sie.
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14. Sollte ich wirklich das Unternehmen weiterführen, so habe ich
zumindest schon mal Frau Schmidt auf meiner Seite, dachte er.
Ein paar Minuten später betrat Martin das Büro seines Onkels.
Hier sah es wiederum recht nett aus: Mobiliar und Accessoires
vom Elegantesten. Der Onkel, in feinem Zwirn, thronte auf
einem großen Ledersessel hinter dem Schreibtisch.
„Hallo, Martin, setz dich“, nuschelte er und zeigte dabei auf
den Stuhl vor dem Schreibtisch. Martin nahm Platz und blickte
ihm direkt in die Augen. Dann griff Karl-Heinz Ritter nach der
Kaffeekanne und goss erst sich, dann seinem Neffen ein.
„Erzähl doch mal, was du genau von mir willst“, forderte Mar-
tin seinen Onkel auf.
„Ich will nichts von dir, sondern ich biete dir die Chance,
etwas aus deinem Leben zu machen. Genau das Richtige für
einen Jungspund, der noch alles vor sich hat.“
„Eines vorab, Onkel Karl-Heinz: Ich bin erwachsen. Mein Stu-
dium habe ich mit ‚sehr gut’ abgeschlossen und einer deiner
Mitbewerber bietet mir einen ordentlich bezahlten und über-
dies interessanten Job. Ich bin also nicht auf eine Chance von
dir angewiesen. Da musst du mir schon einen Vorschlag unter-
breiten, der mich meine Aversion dir gegenüber und das be-
stehende Angebot vergessen lässt.“
Karl-Heinz Ritter begann herzhaft zu lachen.
„Sehr gut gesprochen, junger Mann. Schon ganz wie eine Füh-
rungspersönlichkeit. Nun: Ich bin 65 Jahre alt und will in mei-
nen wohlverdienten Ruhestand. Eigentlich möchte ich, dass
das Unternehmen in der Familie bleibt. Wenn das nicht geht,
verkaufe ich es für gutes Geld an andere.“
„Gutes Geld? Nach meiner Information ist das Unternehmen
ziemlich marode. Und wenn ich mir den Zustand des Geländes,
des Gebäudes innen und außen anschaue, dann scheint mir
was dran zu sein. Ausgenommen dein eigener Fuhrpark, das
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15. Büro und dein persönliches Outfit, natürlich. Also, was sollte
mich dazu bewegen, die Firma zu übernehmen?“
Der Onkel dachte eine Weile nach und blickte dann Martin an.
In einem weicheren Ton sagte er: „Okay, okay. Lass uns offen
miteinander sprechen.“
Martin nickte.
„Du hast natürlich recht, das Unternehmen hat Konjunktur-
schwierigkeiten. Außerdem bin ich älter geworden und es wird
mir zu viel. Ich glaube, dass du das schaffen kannst. Du bist
ehrgeizig und hast im Studium großes Potenzial gezeigt. Kin-
der habe ich nicht und trotzdem wünsche ich mir, dass das
Unternehmen Ritter in die dritte Generation geht. Ob du es
glaubst oder nicht: Ich mag dich. Du erinnerst mich an meinen
Vater. Martin, werde mein Nachfolger. Ich verspreche dir, ich
ziehe mich komplett zurück.“
Na also, geht doch, dachte Martin.
Im weiteren Gespräch gab Karl-Heinz Ritter bereitwillig Aus-
kunft auf die Fragen, die Martin mit seinem Vater zusammen-
gestellt hatte.
„Ich muss das gut überlegen. Gib mir eine Woche, in der Zeit
werde ich eine Entscheidung fällen.“
Der Onkel nickte.
„Das klingt vernünftig und ich freue mich, dass du es zumin-
dest in Erwägung ziehst. Also sprechen wir uns in sieben Ta-
gen wieder.“
„Ja“, antwortete Martin.
Zuhause angekommen, griff er sofort zum Telefon und rief sei-
nen Vater an: „Papa, ich muss mit dir über meine Zukunft
sprechen. Können wir uns treffen?“
„Gerne. Komm doch morgen Nachmittag zu uns.“
„Super, danke. Bis dann.“
„Tschüss, mein Junge.“
Das wird spannend, dachte Martin.
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17. In der Einfahrt seines Elternhauses angelangt, stieg Martin aus
und schaute auf das parkähnliche Grundstück. Am Schwimm-
teich tollten Max und Moritz, zwei Promenadenmischungen.
Es war Frühling, und die Sonne hatte bereits viel Kraft. Rings-
herum begann es langsam grün und bunt zu werden. Martins
Mutter hatte nicht nur ein Händchen für den Garten. Hier
standen auch einige Skulpturen, die sie in ihrer Freizeit an-
gefertigt hatte. Alle strahlten Heiterkeit und Leichtigkeit aus.
Martin ging die Treppenstufen hinauf und klingelte. Er war
aufgeregt.
„Da bist du ja!“, begrüßte Ingrid Ritter ihren Sohn freudig.
Dieses Gefühl der vorbehaltlosen Liebe bekam Martin von ihr,
seitdem er denken konnte – selbst, wenn er als Kind irgendet-
was angestellt hatte. Das gab ihm stets Sicherheit und Selbst-
vertrauen.
Sie umarmten sich.
„Werner wartet bereits auf dich. Du scheinst ihn mächtig zu
beschäftigen. Seitdem ihr telefoniert habt, sitzt er jede freie
Minute am Schreibtisch. Kann ich ihn mir für das Wochenende
bei dir ausleihen?“, fragte sie mit einem Grinsen.
„Ab heute Abend kannst du mit ihm machen, was du willst“,
konterte Martin mit betont dunkler, kratziger Stimme.
Er ging durch den Flur und klopfte an die Tür des Arbeitszim-
mers. „Papa, ich bin’s und bitte um Einlass.“
„Komm rein, du Witzbold. Oder warte, ich komme gleich raus.
Wir fahren weg.“
Werner Ritter riss die Tür seines Arbeitszimmers auf und rief:
„Ingrid, wir sind dann weg. Bis nachher“.
„Wo geht’s denn hin?“, fragte Martin, als sie losfuhren.
„Entspann dich. Wir fahren an einen Ort, der dir früher be-
sonders wichtig war.“
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18. Also legte Martin den Kopf zurück, zog tief die Luft durch
die Nase ein und schloss die Augen. Als er sie wieder öffnete,
schaute er auf die Felder links und rechts der Allee, die sie
lang fuhren. Plötzlich setzte Werner Ritter den Blinker, ging
runter vom Gas und bog ab.
Keine fünf Minuten mit dem Auto vom Elternhaus entfernt lag
vor ihnen das alte Stadion. Martin spürte einen Stich.
Wie viel Zeit habe ich hier bloß verbracht und wie viel Schweiß
vergossen?, fragte er sich. In diesem Stadion hatte alles an-
gefangen – Martins Traum von Olympia. Schon als kleiner
Junge war für ihn Sport das Wichtigste überhaupt gewesen.
Olympioniken verkörperten alles, woran er glaubte: Sie unter-
warfen sich einem Ziel, nahmen Widrigkeiten in Kauf und ver-
krafteten Rückschläge. Abends beim Einschlafen und morgens
beim Aufwachen hatte er immer ein ganz bestimmtes Bild vor
Augen gehabt: Er stand ganz oben auf dem Siegertreppchen
und bekam eine Goldmedaille umgehängt. Das war sein sehn-
lichster Wunsch gewesen. Und er hatte alles dafür getan, dass
er in Erfüllung ging: Er trainierte wie ein Besessener, später
ging er auf ein Sportinternat, er absolvierte Wettkämpfe in
ungeahnter Zahl, gewann regionale, landes- und bundesweite
Preise im Zehnkampf und gehörte auch dem Nationalkader an.
Doch kurz vor seinem Abitur hatte sich herausgestellt, dass
sein Rücken zu schwach für den Leistungssport war. Das hatte
das Aus für seine Profikarriere und für seinen Traum von Olym-
pia bedeutet. Nach einer Zeit der Wut und der Enttäuschung
hatte er es allerdings geschafft, seine Energie und seinen Ehr-
geiz in sein Bauingenieurstudium zu legen. Und nun stand er
mit seinem Vater wieder vor diesem alten Stadion, in dem er
so viel Zeit verbracht hatte.
„Papa, was soll das?“, fragte er erstaunt.
„Komm einfach mit.“
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19. Kopfschüttelnd begleitete Martin seinen Vater ins Stadion. Sie
gingen an der Balustrade entlang und setzen sich auf die alte
Tribüne. In Martins Nase krochen langsam vertraute Gerüche.
Er blickte in den Innenraum. Vor ihm lag die Weitsprunggrube,
dahinter die Laufbahnen. Er erinnerte sich an die vielen Trai-
ningseinheiten zum Stabhochsprung auf der Gegengeraden.
Nacheinander wanderten seine Augen die Punkte entlang, an
denen die Disziplinen für den Zehnkampf stattfanden.
„Hier hat dein olympischer Traum begonnen“, durchbrach sein
Vater die Erinnerung. „Du warst jede freie Minute im Stadion.
Manchmal musste ich dich zum Essen holen, weil du einfach
die Zeit vergessen hattest. Hier warst du glücklich. Ich denke,
es ist genau der richtige Ort, an dem du deine Gefühle zulas-
sen kannst, um herauszufinden, was du wirklich willst.“
Das stimmt, hier bin ich mir selbst sehr nahe, stellte Martin
fest.
„Wie weit bist du denn mit deinen Überlegungen zum Fami-
lienunternehmen Ritter?“, fragte Werner.
„Seit dem Gespräch mit dem Alten habe ich eine Plus-Minus-
Liste gemacht. Aber die hilft mir auch nicht weiter. Nehme ich
die Stelle, die das andere Unternehmen mir angeboten hat, bin
ich finanziell und beruflich erst einmal gut aufgestellt, und
Silvia und ich könnten sogar über Kinder nachdenken. Über-
nehme ich die Nachfolge, so gehe ich ein Risiko ein. Die Firma
Ritter steht nicht gut da. Aber die Familientradition fortzu-
führen, indem ich das Unternehmen rette, reizt mich sehr.
Selbstständig machen möchte ich mich so oder so – allerdings
hatte ich das erst für später geplant. Ich bin noch so jung und
mir mangelt es an Berufserfahrung.“
„Ein altes Sprichwort lautet: ‚Ein Schiff im Hafen ist sicher.
Aber dafür werden Schiffe nicht gebaut.’ Jeder geht ein ge-
wisses Risiko ein, Martin. Es kommt darauf an, einzuschätzen,
wie hoch es ist. Was sagt dir denn dein Herz?“
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20. „Ich kann nicht darauf warten, dass der Erfolg zu mir kommt.
Ich muss zum Erfolg kommen. Deshalb möchte ich eigentlich
das Familienunternehmen. Das geht aber nur, wenn der Alte
abtritt und zwar so schnell wie möglich. Aber dann habe ich
keine gescheite Übergabe.“
„Ich will dich nicht beeinflussen. Deine größte Fehlentschei-
dung wäre allerdings, keine Entscheidung zu treffen.“
„Ich weiß, aber …“
„Denk an deinen olympischen Traum. Ist der Wunsch nach die-
ser Herausforderung so intensiv wie damals, als du als kleiner
Junge davon träumtest, ganz oben mit der Goldmedaille auf
dem Treppchen zu stehen?“
„Ja. Aber ich bin ängstlich und schaffe das nicht allein. Hilfst
du mir?“
„Nur wer Angst hat, entwickelt Mut. Und dass du mutig bist,
hast du schon oft bewiesen. Es war dir stets wichtig, dass ich
bei deinen Wettkämpfen dabei war. Und das tat ich gern. Das
ist heute nicht anders. Natürlich helfe ich dir, was glaubst du
denn?“
In Martin machte sich Erleichterung breit. „Also los, dann lass
uns mit der Arbeit beginnen!“, rief er begeistert.
„Ja, gerne. Aber ich muss zunächst über die Nachfolge nach-
denken. Es gibt kein Erfolgsrezept für eine ideale Übergabe
– wir brauchen eine individuelle Lösung. Deshalb stellen wir
zunächst alles zusammen, was dafür nötig ist. Die Übergabe
sollte schnell, am besten innerhalb eines Monats, durchgezo-
gen werden. Das wird klappen, weil mein Bruder Karl-Heinz
eine faule Socke ist und schnell aus dem Unternehmen ver-
schwinden will. Und wenn das geschafft ist, bringe ich dir al-
les andere nach und nach bei. In ein paar Jahren hast du alles
drauf. Und weißt du was? Ich freue mich darauf.“
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21. Auf der Heimfahrt fühlte sich Martin großartig. Er hatte einen
Entschluss gefasst und war völlig beseelt von seinem Vorha-
ben. Es war das gleiche Gefühl wie damals als Junge: Ich will!
Und dass mein Vater wieder mit dabei ist, macht mich glücklich.
Ein paar Tage später rief Martin seinen Onkel an und teilte ihm
seinen Entschluss mit.
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